Tödlicher Charme von HibiMidori (nur Potter stellt sich mal wieder quer) ================================================================================ Kapitel 3: Der älteste Zauber ----------------------------- Leise schritt der Eisprinz die nächtlichen Regale der Bibliothek entlang, das Licht seines Zauberstabes glitt sanft über die Buchrücken der Verbotenen Abteilung. Am Tag hatten seine Freunde begonnen, sich in seiner Gegenwart seltsam zu benehmen. Während Blaise ihn noch häufiger versehentlich berührt oder den Arm um seine Schulter gelegt hatte, als er das sonst schon immer tat, hatte Pansy eher Abstand gesucht, Vinc sich vorsorglich im Krankenzimmer einquartiert. Gregory hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, den Blonden stumm anzustarren. Nachdem ihm einige Syltherinmädchen außerdem heimlich mit den unmöglichsten Zaubern versehene Geschenke gemacht hatten, gestand er, fühlte er sich in den Kerkern kaum noch sicher. Das harmloseste was ihm untergekommen war, waren Kaugummis mit Liebestrankextrakt. Das schlimmste ein als Fruchtsaft getarntes Medikament, das, so hatte man ihm eröffnet, auch bei Muggeln recht bekannt war. Dabei war ein Etikett mit Telefonnummer und eine Karte, die ein verruchtes „Call me“ hauchte, bevor sie sich selbst verbrannte. Wäre ihm die Sache nicht ganz so unheimlich und im schlimmsten Fall sogar gefährlich vorgekommen, hätte er sich bestimmt geschmeichelt gefühlt. Doch so konnte er von Glück reden, dass er ein Händchen für Zaubertränke hatte, und jeden Trank auf einen Kilometer Entfernung identifizierte. In der Verbotenen Abteilung hatte der Slytherin bisher noch nicht nach Lektüre zu seinem Problem gesucht und eine schlaflose Nacht war die richtige Gelegenheit das nachzuholen. Er schlenderte zwischen den hohen Regalen noch ein paar gemächliche Schritte nach vorne, wandte er den Kopf plötzlich weg von den Regalen und schaute einen Moment lang in den leeren Gang vor ihm. Abrupt griff er in die Luft, bekam ein Stück Stoff zu fassen, riss es herunter. „Potter, was hast du hier zu suchen?!“, zischte Malfoy zornig. Vor ihm stand der schockierte Held der Zaubererwelt, eine verzweifelte Hand immer noch am Zipfel seines Unsichtbarkeitsumhangs, die andere hielt krampfhaft ein ranziges Stück Papier, dass der Dunkelhaarige eilig in seine Tasche steckte, als er Dracos Blick bemerkte. Der Slytherin war ihm bedrohlich nah. „Woher wusstest du, dass ich hier bin?“, fragte der Auserwählte vorlaut, „Du hast mich unmöglich sehen können“ Der anmutigere Zauberer runzelte einen Moment lang nachdenklich die Stirn, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder dem Störenfried zuwandte. „Verschwinde, Potter“, kommentierte er schlicht. Umging offensichtlich die schlichte, noch dazu berechtigte Frage, worauf Harry skeptisch die Augenbrauen krauste. Ehe der Gryffindor schließlich die Chance hatte zu erklären, dass er hier nur versuchte, für Recht und Ordnung zu sorgen, unterbrach eine dritte, scharrende Stimme ihr Gespräch. „Ist da jemand??“, krächzte es hinter einer Regalreihe. Füße kratzten über den Boden, näherten sich unaufhaltsam. Harry reagierte sekundenschnell. „Filch“, formte er überdeutlich den lautlosen Namen mit seinen Lippen nach. Dann deutete er Draco an, mit ihm unter den Unsichtbarkeitsumhang zu schlüpfen. Versorglich zog der pragmatische Zauberer ungeduldig an dem Ende, das er noch in der Hand hielt. „Vergiss es, Potter“, empörte sich der Blonde lautlos, zog seinerseits heftig am magischen Stoff. Gleich packten sie sich an den Kragen, gleich schubsten sie sich gegenseitig gegen die Regale. Das alte Holz murrte, Bücher segelten zu Boden. Als Harry endlich den Umhang aus Dracos blassen Fingern wandt, den zerknüllten Stoff ausschüttelte, den Blonden bei der Hand packte, war es zu spät. „Wen haben wir denn da?“ Der runzelige Hausmeister stand hämisch grinsend, ein Lämpchen in der Hand, am Ende der Regalreihe, versperrte den einzigen Fluchtweg. ------------------- Solange Draco zu den Kerkern zurückschlenderte, um sich ein frisches T-shirt überzustreifen und einen Blick in den Spiegel zu werfen, brach der Morgen herein. Diebisch grinsend wartete Filch in seinem Büro darauf, ihm und seinem Erzrivalen eine umfangreiche Strafarbeit aufzubrummen. Nachdem er die beiden Übeltäter in der vergangenen Nacht auf frischer Tat ertappt hatte, hatte er sie zurück zu ihren Schlafsäälen begleitet und angeordnet, sofort nach dem Frühstück zu seinem Büro zu kommen. Draco hatte das Frühstück ausfallen lassen und sich stattdessen die Zeit mit einem Spaziergang durch die Gänge begnügt, solange alle anderen in der Großen Halle versammelt saßen. Menschenmengen wollte er vorerst lieber meiden. Er hatte es nicht besonders eilig, blätterte als er sein Zimmer erreichte nebensächlich in einem angefangenen Buch, das auf seinem Nachttisch lag, blickte scheinbar interessiert aus dem Fenster in die Tiefe des Sees. Gerade, als er das Buch zurück auf den Tisch legen wollte, fiel ein abgerissenes Stück Papier heraus, mit mädchenhafter Handschrift beschrieben. Er hob es auf, las die wenigen Zeilen, während sein Mut sank. „Es ist Potter, Draco. Er muss es sein, niemand sonst ist immun. Du musst es noch heute tun, Draco. Es bleibt kaum noch Zeit.“ Seine braunhaarige Freundin hatte sich von ihnen allen am meisten in die Bücher gestürzt, als das Problem des Slytherin aufgekommen war. Sie mochte Recht haben, dass die Zeit knapp wurde. Er zerknüllte das Papier und steckte es sich in die Hosentasche. Dann machte er sich mit einem beunruhigenden Knoten im Magen auf den Weg zu Filchs Büro. -- Das Schicksal wollte es, dass Draco an einem stürmischen Morgen mit dem, dessen Namen er lieber nicht nennen wollte, hinter dem Schloss an einem Hang stand, um biestige kleine Bäume zu pflanzen. Obwohl ihm die jungen Pflanzen kaum bis ans Knie gingen, schlugen sie heftig um sich, sobald man sich in ihre Nähe wagte. Dracos unbenutzte Harke hing ihm lose in der Hand, er stand auf dem ebensten Fleckchen, das er in der näheren Umgebung hatte finden können, und beobachtete seinen dilettantischen Leidensgenossen. Während der Wind Potters Haare zu ungeahnt dynamischen Höchstformen auflaufen ließ, kniete der Gryffindor in der feuchten Erde und bemühte sich, ein besonders agiles Exemplar in ein viel zu kleines Loch zu pressen. Dracos Augenbrauen zuckten, doch die ausführende Stelle in ihrer Agenda war zu beschäftigt, um seinem Mienenspiel die angemessene Beachtung zu schenken. Wenigstens konnte der grauäugige Junge so in Ruhe seine Strategie überdenken. Zum einen hatte Pansy vermutlich Recht. Potter wäre, was sein Veelaproblem anbelangte, eine plausible Idee. Natürlich war ihm aufgefallen, dass das Halbblut als einziger nicht auf den Aurazauber reagierte. Allein diese Tatsache könnte genügen, um die geerbte Magie zu brechen. Andererseits aber war die Sache nicht so einfach. Wie sollte er ausgerechnet Potter küssen, der sich selbst für den größten Zauberer der Welt hielt? Auch wenn der Slytherin es liebte, Potters Ego regelmäßig den nötigen Dämpfer zu verpassen, so würde der Dunkelhaarige mit Sicherheit unschicklich die Nase rümpfen, wenn Draco ihm auf diese Weise näher kam. Der blonde Zauberer biss sich nachdenklich auf die Lippe. Nicht zu vergessen, wollte er den ignoranten Helden auf gar keinen Fall küssen. Er wanderte mit den grauen Augen über das Profil des anderen. Die zerzausten Haare, dichten Augenbrauen, zu schlitzen verengten Augen. Der tapfere Held murrte, als ihm ein dürrer Ast einen langen Kratzer über den Arm zog. Draco neigte aufmerksam beobachtend den Kopf zur Seite. Es verwirrte ihn, dass Potter seine Veränderung nicht zu bemerken schien. Irgendetwas schien ihn wirklich dagegen immun zu machen. Aber was? „Potter“, rief der Blonde dem anderen aus einiger Entfernung zu. Harry sah genervt auf. Malfoy war sich anscheindend zu fein für körperliche Arbeit und hatte noch keinen Handschlag geholfen. Harry schenkte dem Eisprinzen einen knappen bösen Blick, widmete sich dann der nächsten peitschenden Weidenpflanze. „Potter, was genau magst du an mir?“ Der Auserwählte stockte, während sein Herzschlag aussetzte gefror sein Gehirn zu Eis. Vor seinem geistigen Auge ratterten die Zahnräder. Genaugenommen fand Harry Dracos zynische Art meist ziemlich amüsant,- wenn er ihr nicht gerade selbst zum Opfer fiel. Und selbst dann, so gab er insgeheim zu, linderte seine sadistische Ader den Ärger. Außerdem war sein Erzrivale unberechenbar, was seine grünen Augen ständig dazu verleitete, dem Slytherin bei der kleinsten Bewegung zu folgen. Harry fand es tatsächlich ziemlich interessant, wann immer er konnte einen unbeobachteten Blick auf Malfoy zu erhaschen, der ihn mit seinem mannigfaltigen Mienenspiel und lautlosen Kommentaren das ein ums andere Mal zum Grinsen gebracht hatte. Natürlich überspielte der treue Gryffindor schnell solch seltsame Anwandlungen, bevor er seinen guten Ruf verlor. „Was soll der Quatsch, Malfoy. Ich mag gar nichts an dir. Und jetzt komm endlich her und pack mit an!“, der Schwarzhaarige runzelte konzentriert die Stirn, ließ den Blick nicht von dem schwächlichen Bäumchen in seiner Hand. Er setzte es in die aufgewühlte Erde und klopfte den Boden drum herum fest. Draco hockte sich tatsächlich neben ihn und schaufelte an einem geometrisch einwandfreien Loch. Es wurde deutlich tiefer als das was Harry bisher bewerkstelligt hatte. Nachdem Draco etwas abgerückt war, setzte Harry eine der peitschenden Pflanzen hinein und glättete die Erde um sie herum. Als sie fertig waren, überkam Harry ein leichtsinniger Anflug von Neugierde. „Was magst du an mir, Malfoy?“ Dracos Gesicht verzog sich zu einem herablassendem Lächeln mit hochgezogenen Augenbrauen. „Deine Selbstverliebtheit ist beachtlich, Potter“, höhnte der Eisprinz und wandte sich eilig ab. Nichtsdestotrotz war Harry der kurze Schreckmoment in der Reaktion des Slytherin aufgefallen. Er rätselte über seine Bedeutung. Um dem aufziehenden Regen zu entkommen, rannten sie bald den rutschigen Hang zum Schloss hinauf. Als Harry stürzte griff Dracos Hand unwillkürlich nach Potters Arm, glaubte einen Moment lang, sie beide auf dem unebenen Gelände stabilisieren zu können. Doch Sekunden später verlor auch Malfoy das Gleichgewicht, wurde von Potters Fall mitgerissen, landete unsanft auf dem Bauch seines Rivalen. Sie rollten mit einiger Geschwindigkeit den Hang hinab, bis sie auf einer Schanze zum Liegen kamen. Potters Gewicht drückte auf Dracos Brustkorb, sein Knie zwischen Potters Schenkeln. Einen Moment lang waren sich ihre Gesichter so nah, dass Dracos' fast Potters Nasenspitze berührte. Ihre erschrockenen Blicke trafen sich einen Moment zu lang. Sein Herz klopfte wild, als der Grünäugige sich umständlich aufrappelte. Als er stand streckte er dem reinblütigen Zauberer mit abgewandtem Blick die Hand entgegen, zog ihn auf die Füße. Dracos Robe war voll mit Dreck. Potter war dreckige Kleidung gewöhnt. Nun vorsichtiger, setzten sie ihren Rückweg fort. Als sie in die Nähe des Schlosses kamen, läuteten die Glocken vom Astronomieturm dreizehn Uhr. Schlagartig wallte Panik durch Dracos Körper. Es blieb keine Zeit mehr. Es durfte nicht zu spät sein. „Potter, küss mich!“ Der Angesprochene wandte sich mit verständnislosem Ausdruck um. Er hatte nicht richtig verstanden. Die Glocken waren so laut. Der Blonde trat mit schreckensbleichem Gesicht zögerlich auf den anderen zu, legte seine kalte Hand in dessen Nacken, hielt die Luft an, zog eilig Harrys Kopf zu sich hinunter,- drückte seine zusammengepressten Lippen auf die sanft geschwungenen des berühmten Zauberers. Sie erstarrten während das Klingen der Turmuhr allmählich verklang. Draco löste mit pochendem Herzen den Griff seiner klammen Finger, löste die Lippen von denen des anderen Jungen. Hatte es funktioniert? Er war sich nicht sicher. Sein fragender Blick traf blitzende grüne Augen. Potter schaute ihn durchdringend an. Was dachte er jetzt von ihm? Draco wusste nicht einmal, was er von sich selber dachte. Wenn er ehrlich war, war es gar nicht so schlimm, ja vielleicht sogar recht angenehm, Potter zu küssen. Vielleicht sollte er es noch ein zweites Mal versuchen? Um sicher zu gehen, dass der Zauber auch wirklich gebrochen war. Seine Gedanken überschlugen sich. Indes legte Potter die warmen Hände sacht auf Dracos Wangen, näherte sein Gesicht. Als Harry seine Lippen auf Dracos legte, öffnete er überrascht den Mund. Harrys Lippen waren weich, streiften atemlos über seine. Unwillkürlich bewegten sich ihre Münder gegeneinander, Harrys Zähne kniffen frech in Dracos Unterlippe. Als der Gryffindor ihn mit einem Arm um seine Hüfte an sich zog, entwich seiner Kehle ein formloser Laut. Die Wärme, die von dem anderen ausging, ließ beide den endlich einsetzenden Regen vergessen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)