Das Zeitalter des Schicksals von -Rinni- (Der Platz an deiner Seite) ================================================================================ Kapitel 1: Da treffen, wo es weh tut ------------------------------------ Reglos saß Hao auf einem Ast der mächtigen Eiche im Zentrum der Gartenanlage des Palastes von Neu-Tunarea und beobachtete den Renda'Dal-Gelehrten, der unter inzwischen zornigem Rufen nach ihm suchte. Als sich die Stimme des Gelehrten langsam entfernte, verlagerte Hao vorsichtig das Gewicht und nahm eine entspanntere Haltung an. Die spärlichen Sonnenstrahlen, die durch das dichte Blätterwerk der Eiche drangen, ließen sein satt orangenes Haar leuchten und er wandte den Kopf, um seine kastanienbraunen Augen für einen Fünfjährigen ungewöhnlich berechnend über die Gartenanlage schweifen zu lassen. Nachdem er sich versichert hatte, dass sich momentan kein einziger Renda'Dal mehr in der Parkanlage befand, schlich sich ein schelmisches Lächeln auf Haos Züge und er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und lehnte sich mit dem Rücken gegen den Stamm der Eiche. Doch kaum hatte er die Augen geschlossen, ertönte von unten eine Stimme, die ihn hochschrecken und beinahe vom Baum fallen ließ. „Hier bist du also, Hao!“ Als Hao sein Gleichgewicht wieder gefunden hatte, warf er einen verärgerten Blick nach unten – und erkannte dort wie erwartet seinen jüngeren Zwillingsbruder Yokun, der vorwurfsvoll die Hände in die Hüften gestemmt hatte und zu ihm hochstarrte. „Der Unterricht hat bereits begonnen!“, rief Yokun zu seinem Bruder hinauf, doch als dieser keine Reaktion zeigte, fügte er hinzu: „Wenn wir uns beeilen, dann sind wir vielleicht noch vor Lord Ferrith im Lehrsaal!“ „Nö.“, antwortete Hao. „Der ist gerade eben fuchsteufelswild unter mir vorbeigelaufen. Er hat uns wohl gesucht.“ Yokun wurde bleich. „Dann lass uns jetzt gehen, bevor es Ärger gibt!“ „Keine Lust.“, entgegnete Hao trotzig und schloss die Augen. Seit einer Woche wurden die Zwillinge nun bereits in Magiekunde unterrichtet, mit dem Schwerpunkt auf der Elementarmagie. Doch schon in der ersten Lehrstunde hatte sich herausgestellt, dass Yokun ein unwahrscheinlich ausgeprägtes Talent für die Kunst der Elementarmagie besaß – und Hao im Gegenzug gänzlich ungeeignet dafür schien. Dementsprechend hatte der ältere Zwilling bereits nach einer Woche die Lust an der Ausbildung zum Elementalisten verloren. Ehe Hao sich versah, war sein Bruder ebenfalls den Baum hochgeklettert und ließ sich neben ihm nieder. Verdutzt starrte er Yokun an, welcher ihn nur streng anschaute und erneut auf ihn einredete und ihm zum Mitkommen bewegen wollte. „Wir werden Ärger bekommen, wenn wir schwänzen!“, drängelte Yokun und zerrte am Arm seines Bruders. „Du hättest mich ja nicht suchen müssen!“, fauchte Hao zurück und versuchte sich derart grob loszureißen, dass beide Geschwister das Gleichgewicht verloren und unter lautem Geschrei vom Baum fielen. Stöhnend rieb Hao sich den Hosenboden, auf dem er gelandet war, und sein Bruder tat es ihm gleich – bis sich jemand vor den beiden aufbaute und sie verwundert aufsahen. „Ich wusste doch, dass ihr beiden Bengel euch hier herumtreibt.“, fuhr Lord Ferrith die Zwillinge an, die – Yokun entgeistert, Hao verdrossen – zu ihm hochstarrten. „Der Unterricht fällt heute aus.“, erklärte Lord Ferrith wütend. „Stattdessen wechseln wir heute ein paar Worte mit euren Eltern, meint ihr nicht?“ Yokun warf Hao einen besorgten Blick zu, während dieser nur die Augen verdrehte, bevor beide widerstrebend ihrem Lehrmeister ins Innere der Palastanlage folgten.   * * *   „Es ist einfach unfassbar!“ Kailin Asakuras erzürnte Stimme scholl durch das spärlich beleuchtete Kaminzimmer im Palasttrakt der Familie Asakura. Er war erst zu später Stunde nach Hause gekommen und hatte dort von seiner Frau Nurielle erfahren, was seine Söhne am Vormittag angestellt hatten. Nun saßen Yokun und Hao beide auf dem Sofa und während Yokun ängstlich auf seine Knie starrte, zog Hao es vor mehr oder minder gleichgültig seine Füße zu beobachten. Kailin schritt ruhelos vor dem Kamin hin und her, während Nurielle in einem Sessel saß, ihrem Gatten lauschte und ihre Söhne streng musterte. Kailin blieb erneut vor den Zwillingen stehen und setzte seine Schelte lautstark fort. „Das Geschlecht der Asakura ist eine alteingesessene, HOCH ANGESEHENE Elementalisten-Familie! Ihr solltet euch wahrlich glücklich schätzen, in diese Familie hineingeboren worden zu sein und die Kunst der Elementar-Magie erlernen zu dürfen! Es ist eure PFLICHT, als ein Asakura diese Magie zu erlernen!“, donnerte Kailin und wandte sich zornig Hao zu, der heimlich die Augen verdreht hatte. „Gerade DU hast es nötig, auf Bäume zu klettern und den Unterricht zu schwänzen! Du tätest besser daran, dich hinter die Bücher zu klemmen, um wenigstens halb so gut zu werden, wie dein Bruder es im Moment ist!" Hao sah zu seinem Vater hoch. Seit er denken konnte, begleitete ihn stetig das Gefühl, dass seine Eltern ihn nicht mit derselben Zuneigung behandelten, die sie seinem Bruder Yokun entgegenbrachten. Kailin war ihm gegenüber schon immer kühl und außergewöhnlich streng gewesen, doch auch seine Mutter Nurielle schien sich immer mehr von ihm zu distanzieren. Es erweckte fast den Eindruck, dass die beiden der Überzeugung waren, sie hätten nur einen Sohn - und Hao war nur ein Kuckucksei, das unglücklicherweise in ihr Nest gelegt worden war.  Hao senkte betreten den Kopf. Er konnte nicht einmal sagen, was er falsch gemacht hatte. Was auch immer er tat - ob er nun stets und ständig Unsinn anstellte oder gehorsam seinen Eltern folgte - nichts brachte ihm die Aufmerksamkeit, die er sich von ihnen wünschte. Haos Blick wanderte zu seinem Bruder hinüber, der noch immer auf seine Knie starrte. Es klopfte an der Tür. Kailin sah auf und wandte sich um. "Herein." Hao und Yokun drehten sich nun ebenfalls Richtung Tür und erblickten dort Lord Ferrith, der gerade den Raum betrat. Seine dunkelroten Roben raschelten leise, als er die Tür hinter sich schloss.  Er trat in den Schein des Kaminfeuers, das den Raum nur spärlich beleuchtete, und sein silbernes Haar, das in einem langen Zopf in seinem Nacken zusammenlief, schimmerte im tanzenden Licht der Flammen. Seinem jungen Antlitz war kaum anzusehen, wie lange Lord Ferrith bereits auf Norrath weilte, nur sein aufmerksamer, undurchsichtiger Blick ließ vage erahnen, dass er bereits mehrere hundert Jahre lebte. Doch für das Volk der Renda‘Dal war dies nichts Besonderes; die Lebensspanne der Elfen konnte sich über einige tausend Jahre erstrecken. "Habt Ihr einen Augenblick Zeit, Lord und Lady Asakura? Ich möchte kurz mit Euch sprechen.", erklärte Lord Ferrith und sein Blick huschte kurz zu Hao und Yokun. "Unter sechs Augen, bitte." Nurielle stand auf. "Ich bin gleich zurück." Mit einem Nicken forderte sie ihre beiden Söhne auf, ihr zu folgen. Als Hao hinter seiner Mutter aus dem Raum trat, warf er einen verstohlenen Blick auf Kailin und Ferrith. Zu gern würde er wissen, was seine Eltern und Lord Ferrith zu besprechen hatten, was für seine Ohren nicht bestimmt war. Wortlos trotteten die Zwillinge ihrer Mutter hinterher, den langen Flur entlang, an dessen Ende die Gemächer der beiden lagen. Hao betrachtete stumm die Portraits, die die Wände des Flurs säumten und seine Vorfahren bei diversen Errungenschaften und Entdeckungen zeigten. Die männlichen Familienmitglieder waren ohne Ausnahme allesamt rothaarig. Gedankenverloren berührte Hao die Spitzen seines eigenen, orangefarbenen Haars. Sein Blick wanderte zu seinem Bruder und blieb an dessen Haaren hängen, die exakt denselben satten, dunkelroten Ton besaßen, wie die seiner Vorväter auf den Gemälden. Nurielle blieb vor dem Eingang zu den Gemächern der Zwillinge stehen und Hao war derart in Gedanken versunken, dass er dies nicht bemerkte und unsanft gegen seine Mutter prallte. Diese warf ihm einen wütenden Blick zu. "Gib besser Acht!", fuhr sie ihn an, dann öffnete sie die Tür und schob ihre Kinder in das Zimmer. Dann rief sie nach der Bediensteten Serenya, beauftragte diese, ihre Söhne bettfertig zu machen und verließ den Raum. Hao sah ihr wortlos nach, während die Renda'Dal-Magd sich bereits Yokun annahm und ihm half, sich umzuziehen. Als sie fertig war, wandte sie sich Hao zu. "Lasst mich Euch helfen, Euer Nachtgewand anzuziehen, junger Herr.", bat sie, während sie Hao bereits aus seinen Gewändern half. Nachdem sie sich gewaschen hatten, brachte Serenya jeden der beiden zu Bett, wünschte eine gute Nacht und löschte das Licht, bevor sie den Raum der beiden verließ. In der Dunkelheit herrschte Stille; nur der ruhige Atem von Yokun war zu hören, doch Hao wusste, dass sein Bruder noch wach war. Eigentlich hatte Hao vorgehabt, abzuwarten, bis Yokun eingeschlafen war, um sich dann aus dem Zimmer zu schleichen und dem Gespräch seiner Eltern mit Lord Ferrith zu lauschen, doch nun befürchtete er, dass dies zu lange dauern und er einen wesentlichen Teil der Unterhaltung verpassen könnte. Also schlüpfte er so leise wie möglich aus seinem Bett und schlich lautlos zur Tür, doch bevor er diese öffnen konnte, packte ihn jemand am Arm. Hao drehte sich erschrocken um und blickte in das Gesicht seines Bruders. "Du willst sie belauschen, nicht wahr?", fragte Yokun ohne Umschweife und musterte seinen Bruder forschend. Hao zögerte, doch dann durchzuckte ihn ein wütender Stich und er zischte: "Kann dir doch egal sein, über dich werden sie bestimmt nicht sprechen, Yo!" Yokun sah ihn erschüttert an und war für einen Moment lang sprachlos. Dann erwiderte er jedoch: " ... Dann lass mich mit dir kommen, damit du nicht alleine lauschst. Mutter und Vater sind immer so gemein zu dir." Ein Stich des schlechten Gewissens durchzuckte Hao und er murmelte kaum hörbar: "... Tut mir leid ..." Yokun grinste, dann nahm er Hao bei der Hand und zog mit ihn hinaus in den Flur, wo sie so leise wie möglich zurück vor die Tür zum Kaminzimmer schlichen. Dort angekommen hielten sie kurz inne und lehnten sich lautlos gegen die Tür, mussten jedoch rasch feststellen, dass kein Laut durch diese hindurch drang. Daher stand Hao leise auf und öffnete die Tür einen Spalt breit. Yokun sah ihm mit angehaltenem Atem zu, doch die Insassen des Raumes schienen nichts zu bemerken. Kailins Stimme ertönte von drinnen. " ... Ihr damit sagen, Lord Ferrith?" "Dass ich nicht glaube, dass es Sinn macht, Hao weiterhin in der Kunst der Elementarmagie zu unterrichten, Lord Asakura.", antwortete die Stimme Ferriths sachlich. Yokun warf seinem Bruder einen entgeisterten Blick zu, während sich Haos Gesicht verdüsterte. Er schluckte und spitzte weiter die Ohren. Kailin schien die Wahl seiner Worte zu überdenken, denn es dauerte etwas, bis er wieder zu sprechen begann. "Laut Euren vorhergehenden Berichten über die Fortschritte meines ältesten Sohnes verstehe ich Euer Anliegen, Lord Ferrith, aber ist so eine drastische Maßnahme wirklich zwingend erforderlich? Besteht keine Möglichkeit, Hao dennoch den Künsten vertraut zu machen?" Er machte eine kurze Pause, um erneut zu erwägen, wie er fortfahren sollte. "Immerhin ist er ein Mitglied der Asakura. Es wäre eine Schande für unser Geschlecht, wenn er nicht imstande wäre, die Ausbildung zum Elementalisten zu vollenden." Hao hatte bereits die geringste Lust verloren, diesem Gespräch weiterhin zu lauschen, doch er zwang sich auszuharren, denn trotzdem wollte er hören, was seine Eltern noch zu sagen hatten. Er spürte, dass sein Bruder Yokun ihn musterte, doch er tat, als würde er es nicht bemerken. Er wollte ohnehin nie zum Elementalisten ausgebildet werden - wahrscheinlich hatte er schon unterbewusst gespürt, dass ihm dafür schlicht und einfach das Talent fehlte. Doch nun nach bereits einer Woche das Urteil von Lord Ferrith zu hören schmerzte doch, zumal das bei seinen Eltern wohl kaum ein besseres Licht auf ihn werfen würde. Eher im Gegenteil. Er unterdrückte ein Seufzen und starrte betreten vor sich hin. "Nun, ich möchte keinesfalls behaupten, dass Euer Sohn dumm ist. Die Theorie hat er wesentlich schneller begriffen als Yokun und dazu muss gesagt werden, dass auch Yokun im Schnitt viel rascher versteht als meine anderen Schüler in diesem Alter. Schon als ich den beiden das Lesen und Schreiben beigebracht habe, war auffällig, dass Hao eine überdurchschnittliche Auffassungsgabe besitzt und darin seinen überaus klugen Bruder sogar noch übertrifft." Lord Ferrith machte eine kurze Pause und seufzte. "Als es jedoch an die ersten praktischen Übungen ging wie etwa die Luftfeuchtigkeit zu bündeln und damit ein paar Tropfen Wasser zu erzeugen oder aber die Luft zu erhitzen, um eine kleine Flamme zu entzünden, war Yokun ohne Zweifel der erste Schüler, dem es sofort gelang. Hao hingegen ... Er beherrscht es bis heute noch  nicht, obwohl wir es jeden Tag erneut versuchten und meine Schützlinge es eigentlich innerhalb von drei Tagen beherrschen." Schweigen machte sich breit und Hao konnte vor dem geistigen Auge sehen, wie seine Eltern viel sagende Blicke tauschten. Schließlich äußerte sich Nurielle. "Und was gedenkt Ihr, was wir nun tun sollen?" Lord Ferrith räusperte sich. "Nun, ich denke, dass Ihr das Talent Eures Sohnes verschwenden würdet, wenn Ihr ihn dazu zwingen würdet, eine Ausbildung fortzusetzen, die offensichtlich keine Zukunft für ihn hat. Stattdessen solltet Ihr Euch nach andern Formen der Magie umsehen, die er erlernen könnte, denn ich bin mir sicher, dass er ein unwahrscheinlich hohes magisches Potential besitzt - eben nur nicht für die Elementar-Magie." "Doch wie Ihr wisst, hat sich die Asakura-Familie auf eben diese Form der Magie spezialisiert - was haben wir also denn davon, wenn unser Sohn einen anderen Zweig der Magie einschlägt?", fragte Kailin geringschätzig, es war ihm geradezu anzuhören, dass er die Elementar-Magie über alle anderen Formen der Magie stellte. "Es scheint sich nicht ändern zu lassen, Kailin.", ertönte Nurielles Stimme, die ihren Mann zu beschwichtigen versuchte, doch auch in ihrer Stimme schwang unüberhörbar Verdruss mit, wie Hao fand. "Wir sollten stolz darauf sein, dass Yokun ein solch großes Talent für Elementar-Magie besitzt, dass er sogar seine Vorväter und uns noch übertreffen könnte, was bedeutet, dass unsere Familie einen würdigen Erben vorweisen kann - auch wenn er nur der Zweitgeborene ist ..." Yokun änderte neben Hao unruhig seine Sitzposition und Hao warf ihm einen warnenden Blick zu, während er einen Finger an die Lippen legte, um ihm zu bedeuten, dass er still sein sollte. Doch die Worte seiner Eltern hatten ihn mehr getroffen, als er zugeben und zeigen wollte - das was sie gesagt hatten, hieß nichts anderes, als dass, selbst wenn er auf dem Gebiet des neuen Magiezweiges, den er einschlagen würde, ein absolutes Genie sein sollte, sie ihm doch nie die Anerkennung schenken würden, die er sich eigentlich von ihnen wünschte. In diesem Moment fühlte Hao, wie etwas in ihm zerbrach und er wusste nicht, ob dies jemals wiederhergestellt werden konnte. Mit gesenktem Kopf stand Hao auf. Er hatte genug gehört und machte sich auf den Weg zurück in seine Schlafgemächer. Sein Bruder folgte ihm wortlos.   * * *   Nachdem die beiden sich unbemerkt zurück in ihre Betten geschlichen hatten, lag Hao noch lange wach und starrte gedankenverloren an den Baldachin seines Himmelbettes. Die Worte seiner Eltern gingen ihm einfach nicht aus dem Kopf und er fragte sich einmal mehr, was um alles in der Welt er getan haben konnte, dass sie ihm eine solche Abneigung entgegenbrachten. Bedrückt zog er sich die Decke über den Kopf, dann spürte er, wie sich weiteres Gewicht auf seinem Bett niederließ und jemand zu ihm unter die Bettdecke schlüpfte. Hao lag mit dem Rücken zu diesem Jemand, doch er brauchte nicht lange fragen, er wusste, dass sein Zwillingsbruder gerade zu ihm gekrabbelt war. Und dennoch schwieg er. Auch Yokun sagte eine Weile nichts, bis ihm die Stille wohl unerträglich geworden schien. "Was haben Mutter und Vater wohl gegen dich?", fragte er leise und an seinem Tonfall war nicht genau zu erkennen, ob er nun mit Hao oder lediglich mit sich selbst sprach. Hao blieb stumm; er wusste nicht recht was er sagen sollte. Dem Jungen, der gerade neben ihm lag, wurde all die Liebe entgegengebracht, die Hao verwehrt wurde - er war es, der nicht nur alleinig die rote Haarfarbe vererbt bekommen hatte, sondern dem auch das gesamte Talent einverleibt wurde, das bisher jedem Sohn der Asakura zuteil geworden war. Neben Yokun, der augenscheinlich alles besaß und konnte, sah Hao sich umso mehr als völlig unbegabt und nutzlos. Er zuckte zusammen, erschrocken über sich selbst und die düsteren Gedanken, die ihm durch den Kopf gingen. Er biss die Zähne aufeinander und machte sich bewusst, dass Yokun sein Zwillingsbruder war und ihm sicherlich nichts Böses wollte. Als wäre dieser seinen Gedankengängen gefolgt, meldete Yokun sich erneut zu Wort. "Ich verstehe es nicht.", murmelte er und rückte näher an Hao heran. "Du hast ihnen nie etwas getan ... ich weiß nicht, was sie ständig an dir auszusetzen haben ..." Er machte eine kurze Pause, denn es schien ihm schwer zu fallen, die richtigen Worte zu finden. " ... Ich fühle mich jedes Mal so ... unwohl, wenn mir jede Menge Lob ausgesprochen wird und sie für dich ... nicht einmal ein paar wenige freundliche Worte übrig haben ... So bekomme ich Angst ..." Er schwieg erneut kurz. "... dass du irgendwann beginnst, mich zu hassen." Eine jähe Zuneigung gemischt mit gleichzeitigen Gewissensbissen durchflutete Hao und er drehte sich zu seinem Bruder um. Innerlich hasste er sich dafür, dass er zuvor im Begriff gewesen war, wie Yokun bereits befürchtete hatte, eine derartige Abneigung gegen seinen Bruder aufzubauen, wo dieser doch wie es schien, die einzige Person war, die Hao verstand. "Entschuldige.", murmelte Hao so leise, dass Yokun ihn kaum hören konnte. Dieser schien verwirrt. "Weshalb?" "Nur so.", antwortete Hao nicht weniger undeutlich. "Danke ..." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)