Die Nacht der Krähe von Phinxie (Phinxies Bloodborne Lores) ================================================================================ Kapitel 2: Erste Begegnung -------------------------- Als ich aufwachte, wusste ich sofort, dass etwas… anders war. Ich konnte es nicht direkt sagen, doch etwas war in mir; ich fühlte es leicht pulsieren, so, als sei etwas Fremdes in meinem Blut. Klar liegt etwas Fremdes in deinem Blut. Yharnam-Blut. Ich schluckte bei diesen Gedanken und richtete mich langsam auf; zögernd sah ich mit um, starrte mehrere Sekunden lang auf den Fleck, wo in der Nacht dieser seltsame Blut-Dämon herausgekrochen kam… Aber ich sah nichts. Kein Blut, keinen Wolfskörper oder dergleichen, sondern nur die alten, knarrenden Dielen der Klinik. Auch diese seltsamen Wesen, die mich überall am Körper berührt hatten, waren nirgends zu sehen. Die Erinnerung an die unheimlichen, kleinen Monster ließ eiskalte Schauer über meinen Rücken jagen und ich schauderte, wünschte mir urplötzlich eine Decke, die ich um meine Schultern schlingen konnte. Warum hatte ich mich noch einmal dazu gezwungen, diesen Vertrag zu unterschreiben? Ach ja. Weil ich darauf gehofft hatte, ein besseres Leben zu kriegen. Um in Yharnam sesshaft zu werden… und weil es kein zurück mehr gegeben hatte. Ich hatte diesen einen Mann getötet, der den Zettel bei sich gehabt hatte. Statt meiner sollte er eigentlich hier sitzen und sich fragen, ob alles, was in der Nacht geschehen war, ein Traum gewesen war, oder nicht. Ich hoffte es doch wohl. Und jegliche Indizien sprachen auch dafür – dennoch, es hatte sich alles so verdammt… real angefühlt. Ich schlang die Arme um mich selbst und setzte mich aufrecht hin; die Liege war so groß, dass ich den Boden mit meinen Füßen beinahe nicht berührte und ich sah mich zögernd um. …war der alte Mann noch da? Die Klinik wirkte so… leer und verlassen. Als wäre niemals jemals hier gewesen. Ich stand auf und verdrängte den Gedanken schnell aus meinem Kopf. Das war völliger Unsinn; der Mann war KEINE Einbildung meinerseits gewesen, sonst hätte er mir ja schlecht das Blut transferieren können, was? Es war kalt in der Klinik und ich rieb mir ein wenig die Oberarme, während ich vorsichtig ein paar Schritte umher ging; die knarrenden Dielen begleiteten mich bei jedem Schritt und ich sah mich aufmerksam um: Es sah nicht viel anders aus als vor wenigen Stunden und schlussendlich blieb ich ratlos stehen und setzte eine verwirrte Miene auf… Was war jetzt genau anders an mir? Oder war überhaupt etwas anderes? Klar, ich hatte irgendeine seltsame Bluttransfusion bekommen, aber mehr auch nicht… Hatte das jetzt sehr viel zu bedeuten oder war das nur ein nettes Extra, damit die Menschen aus Yharnam mich mehr akzeptierten als sonst? Ich wusste es nicht und würde am liebsten nach dem alten Mann rufen, doch ich traute mich nicht. Außerdem sagte mir irgendetwas in meinem Kopf, dass jener gar nicht mehr da war und dass ich ihn auch nicht mehr finden würde, egal, wie lange ich suchen würde. Ich biss mir auf die Lippe und blickte dann zu der Tür, von wo ich den großen Raum aus betreten hatte. Schließlich konnte ich ja nicht ewig blöd hier rumstehen und warten, dass etwas passierte… Als ich die Hand ausstreckte, um die Klinke runterzudrücken, fiel mein Blick auf einen kleinen Zettel, der da am Schreibtisch lag. Neugierig geworden hob ich ihn sofort auf – vielleicht hatte der alte Mann mir ja doch eine Botschaft hinterlassen, damit ich mich besser zurechtfinden würde! Suche Bleichblut, um die Jagd auszubreiten. Bleichblut. Die Jagd. Was sollte das? Ich konnte mit dem Begriff Bleichblut ja nur wenig anfangen und mit Die Jagd noch weniger und drehte sogar den Zettel herum, um zu schauen, ob irgendetwas auf der Rückseite stand, doch nichts, abgesehen von einem alten, verblichenen Kaffeefleck war zu sehen. Ich ließ den Arm wieder sinken und hätte am liebsten enttäuscht gegen einen der Schränkte getreten. Doch ich ließ es sein (wer wusste schon, ob nicht doch jeden Moment jemand reinkommen konnte) und stieß dann mit einem Mal die Tür auf, ging die Treppe runter und wollte diesen verfluchten Ort endgültig verlassen. Ja, verflucht. Ich hätte niemals herkommen sollen – ich hätte den armen Menschen einfach am Leben lassen sollen, hätte seine Taschen nie durchsuchen sollen, denn jetzt war ich hier gelandet. Natürlich wollte ich mich irgendwo niederlassen, aber in jeder anderen Stadt wäre dies einfach so geschehen und niemand hätte von mir irgendein seltsames Ritual verlangt. Ich rieb mir kurz die Augen, ging aber weiter. Vielleicht… vielleicht sollte ich einfach das Beste aus meiner Situation machen – viel geändert hatte sich meiner Meinung nach nämlich nichts. Abgesehen von meiner besseren Kleidung war ich noch immer ohne Hab und Gut… vielleicht sollte ich mir irgendeine Unterkunft für die Nacht suchen. Vorerst. Als ich nach unten in die Eingangshalle der Klinik kam, hörte ich, wie eine Dose zu Boden fiel. Sofort blieb ich stocksteif stehen, spitzte die Ohren und lauschte in die Dunkelheit hinein. Ich hörte ein Kratzen und Scharren, danach ein Geräusch, das sich wie das Schnüffeln eines Hundes anhörte und ich entspannte mich direkt wieder. Nur ein einfaches Straßenköter, der sich hier wohl zurückgezogen hatte, um zu hoffen, etwas zu Fressen zu finden oder sich einen Schlafplatz für die Nacht zu suchen. Nichts Besonderes, nichts Schlimmes. Eindeutig entspannter ging ich weiter, sah mich aber um, in der Hoffnung, den Hund zu entdecken. Wenn ich eines au der Straße gelernt hatte, dann, trotz allem vorsichtig zu sein. Mein Fuß berührte eine leere, halb zerbrochene Glasphiole und sie rollte über das Holz, bis sie schließlich liegen blieb. Ich schüttelte den Kopf; der Hund hatte wirklich eine Menge – Etwas riss mich zu Boden. Ich stieß einen erstickten Schrei aus und versuchte, mich mit den Händen abzustützen, doch das plötzliche Gewicht auf meinem Rücken war zu viel und ich knallte auf den hölzernen Boden. Ein schwaches Stöhnen verließ meine Kehle und ich spürte die Krallen an meiner Schulter – mächtige Krallen. Viel größer als die eines normalen Hundes. Ein Wimmern verließ meine Kehle und der Druck auf meinem Rücken ließ einen kurzen Moment nach; sofort bäumte ich mich auf und versuche auf allen Vieren, wegzukrabbeln. Ich ahnte, dass das Wesen hinter mir kein normaler Hund war, wie anfangs gedacht, und mache zu allem Überfluss auch noch den Fehler, nach hinten zu schauen. Was ich sah, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren: Das Wesen vor mir hatte glühend rote Augen; Lange, gebogene Zähne ragten aus dessen Unterkiefer hervor und langes, zotteliges Fell bedeckte den kompletten, langgliedrigen Körper. Die Krallen, jede einzelne fast so lang wie mein Unterarm, gruben tiefe Furchen in das Holz und die Rute des… Monsters zeigte geradewegs nach oben auf die Decke; das Vieh war unheimlich wachsam gerade. Er verzog die Lefzen ein wenig und legte die Ohren aggressiv an. Ich schluckte und sah dabei zu, wie Blut und Speichel an den lagen Fangzähnen runterlief und auf den Boden tropfte. Alles in allem starrte ich dem Monster wohl nur den Bruchteil einer Sekunde in die grauenvollen Augen, ehe ich einen stummen Schrei ausstieß und zusah, dass ich raus aus der Klinik kam. Ich hörte ein Heulen und dann setzte der Hund mir nach. Ein lauter Schrei verließ meine Kehle und ich rannte aus der Klinik heraus; überquerte den Friedhof, über den ich auch herein gekommen war und keuchte schwer – es war zwar kalt und die Sonne stand nah am Horizont, sodass der Himmel in die verschiedensten rot- und Rosatöne getaucht wurde, dennoch bekam ich Schweißausbrüche und wünschte mir, ich wäre niemals von dieser verdammten Liege aufgestanden. Hinter mir hörte ich das Knurren des …Monsters und das Scharren der Krallen auf Stein. Ich lief weiter, bis ich zu einem großen, schmiedeeisernden Tor kam; ich wusste noch, es war geöffnet gewesen, als ich zur Klinik gegangen war, doch jetzt… war es zu. „Nein!“, keuchte ich entsetzt und stemmte meinen schmalen Körper mit wenig Gewicht gegen die viktorianischen Gitterstäbe. Das hundeähnliche Monster kam immer näher. „Bitte nicht!“ Ich drückte verzweifelt, aber das Tor bewegte sich keinen Millimeter. Ich versuchte es kurzzeitig mit Ziehen, wusste aber, dass es ebenso nichts nützen würde. War ich aus reiner Panik so schwach oder hatte das ganz andere Gründe…? Immerhin hatte der alte Mann mir ja auch nicht gesagt, wie lange ich in der Klinik verweilen sollte oder ob Iosefka noch einmal nach mir sehen kam (obwohl ich bezweifelte, dass die Frau überhaupt wusste, was da in ihrer Klinik vonstatten gegangen war). Das Monster kam näher und ich spürte, wie mir die Tränen hoch kamen. Ich wollte nicht sterben! Ich wollte nicht! Ich- Ein Knall ertönte – so laut, dass ich aufschrie und die Hände über den Kopf zusammenschlug, und mich hinkauerte. Es hatte sich wie der Schuss einer Pistole angehört – einer dieser großen Dinger mit Schwarzpulver und Kugeln, die man fünf Minuten lang nachladen musste. Und selbst das war schon schnell. Ich hatte mal jemanden gekannt, der so etwas besessen hatte… Ein zweiter Schuss folgte, dann ein Jaulen. Und als ich die Augen vorsichtig öffnete, erkannte ich, dass der Wolf, der sich eine blutige Schulter leckte, immer weiter zurückzog, anschließend umdrehte und davon galoppierte. Vorsichtig nahm ich meine Arme wieder runter und sah mich um. …wer hatte mich gerettet? Das musste ein verdammt guter Mensch sein! Ich entdeckte jemanden auf der nahen Mauer stehen. Sein langer, schwarzer Mantel umwirbelte seine Beine und der Hut war ihm tief ins Gesicht gezogen; ein Schal flatterte ein wenig im Abendwind, doch da er mit der Sonne im Rücken zu mir stand, erkannte ich nur eine Silhouette. Wer war das? Ich öffnete den Mund, um zu rufen, mich zu bedanken, doch die Silhouette wandte den Kopf, sprang von der Mauer. Er war groß. Und trug eine ziemlich beeindruckende Axt bei sich, die er jetzt lässig über die Schulter schwang. Die Absätze seiner Schuhe klapperten über die alten Backsteine und direkt vor mir blieb er stehen; ich legte den Kopf in den Nacken, schluckte schwer. Würde er mich jetzt auch töten…? Ich rechnete mit dem schlimmsten und wollte irgendetwas sagen, doch kein Wort drang über meine Lippen; meine Kehle war wie ausgetrocknet und noch nie im Leben hatte ich mir so dringend etwas zu trinken gewünscht. Der seltsame Mann ließ einen Dolch in meinen Schoß fallen. „Komm mit“, sagte er mit dunkler Stimme und wandte sich um. Ich starrte eine Weile perplex auf die Waffe auf meinen Oberschenkel, dann schnappte ich sie mir, rappelte mich auf und folgte dem seltsamen Mann. Ich wusste nicht, ob es das richtige war, was ich tat. Aber ich ‘kannte‘ nur ihn und jener schien mir helfen zu wollen. Ich rannte jenen hinterher, der einen anderen Weg aus der Klinik zu wissen schien, und hielt den Dolch dabei fest umklammert; es war ein schöner Dolch, mit gebogener Klinge. Ich war mir sicher, ich würde gut damit umgehen können. Der Mann wartete am Eingang der Klinik. Als er sah, dass ich ihm folgte, ging er weiter, jedoch nie so schnell, dass ich ihn aus den Augen verlieren konnte. Ich ging ihm hinterher, mit einigen Metern an Abstand, falls er mich packen und doch töten wollte, und war wachsam, ob nicht noch so eines von diesen Monstern auftauchten würde. Taten sie aber nicht. Ob der Mann etwas damit zu tun hatte…? Ich wusste es nicht. Ich wusste nur, dass ich mich jetzt in Yharnam nicht mehr so einsam und verlassen fühlte, wie am Anfang. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)