Chasing Demons von yezz ================================================================================ Kapitel 54: A Marriage of INconvenience --------------------------------------- Renji verließ Byakuyas Büro und ging zurück auf den Übungsplatz. Er nahm die 9. Offizierin zur Seite und sagte ihr, dass sie so weitermachen und den Rest der nachmittäglichen Übungen leiten soll. Er hatte einige Schichten, die er neu einteilen musste als Nachwirkung des ziemlich öffentlichen Abgangs ihres 3. Offiziers, Miisho Ōta. „Ist Miisho endgültig gegangen, Vizekommandant?“, fragte sie und klang dabei geschockt und untröstlich. Sie war blond, klein und trug ihre Haare in einem sehr mädchenhaften Stil. Sie anzublicken, ließ Renji immer fühlen, als würde er mit einer jüngeren Schwester reden und er hasste den Gedanken, sie anzulügen… irgendeinen von ihnen anzulügen. „Ich weiß es nicht. Ich vermute, dass wir abwarten müssen und es dann sehen werden.“ „Was ist mit ihm passiert?“, versuchte sie ihn auszupressen. „Er war immer so ruhig und ausgeglichen. Ich habe ihn noch nie so explodieren sehen.“ „Ja, ich auch nicht“, stimmte Renji zu und spürte, wie eine plötzliche Welle der Erschöpfung an seinen Schultern zog. „Er war ziemlich sauer auf dich wegen etwas, huh?“ „Ja, war er“, Renji blickte zum Rest der Einheit. Sie taten so, als würden sie nicht aufpassen, doch alle Ohren waren in ihre Richtung gedreht. „Ich kann darüber jetzt nicht reden“, sagte er ihnen allen. „Aber es scheint, als müsse ich eine Art öffentliche Ankündigung machen oder der Kommandant macht eine öffentliche Stellungnahme oder so etwas. Vermutlich am Morgen, sobald der Kommandant und ich eine Möglichkeit hatten, alles zu sortieren.“ Sie blinzelte ihn immer noch an, in der Hoffnung, mehr zu erfahren. „Morgen, in Ordnung? In der Zwischenzeit, geh zurück an deine Arbeit.“ Sie verbeugte sich in Anerkennung des Befehls und kehrte auf ihren Platz auf dem Trainingsplatz zurück. Er beobachtete sie stirnrunzelnd, als sie ging. Was zum Teufel werden sie den Leuten erzählen? Renji hatte die Schichtplanung fast abgeschlossen, als die 4. Offizierin Nanako Imai in seinem Büro erschien. Er blickte bei ihrem leisen Klopfen auf. „Keine Überraschung. Wir konnten Soi Fons Lücke nicht finden“, berichtete sie und kam herein, um gegenüber von Renjis Tisch Platz zu nehmen. Sie war groß und schlaksig, mit einer tiefbraunen Haut und leuchtenden blau-grünen Augen. Ihre geraden, schwarzen Haare waren an den Seiten geteilt und fielen ihr fast bis zur Taille. Sie hielt ihre Haare mit zwei dünnen Zöpfen, rechts und links von ihrem Gesicht, aus den Augen, während der Rest frei ihren Rücken hinunterfloss. Die Zöpfe waren mit knallorangenen Bändern durchzogen, die zu dem Tsuka ito ihres Zanpakutō passten. „Ich hörte, ich habe eine ziemliche Show auf dem Trainingsplatz verpasst. Die Leute sagen, der 3. Offizier wäre durchgedreht und du hast ihn am Ende auf die Straße geworfen. Was ist passiert?“ Renji legte die Formulare zur Seite, um sie später ins Büro des Kommandanten mitzunehmen, und blickte Nanako für eine lange Zeit an. Mit einem Nicken fällte er eine Entscheidung. „Ich glaube, es ist besser, wenn du die Tür schließt.“ Sie blickte ihn von der Seite mit ihren schmalen, mandelförmigen Augen, an und stand dann auf, um sich darum zu kümmern. Sobald sie die Tür zugeschoben hatte, sagte sie: „Ist es so ernst?“ „Ja“, gab er zu. Sie nahm ihren Platz wieder gegenüber von ihm ein und er starrte sie an, versuchte dabei, alles in Worte zu fassen. Er wusste nicht, wie sie die Neuigkeiten aufnehmen würde, aber gottverdammt, es lag leider nicht in seiner Natur, nicht ehrlich zu sein oder keinen reinen Tisch zu machen. Renji fand einen Punkt auf dem Tisch, auf den er sich fokussieren konnte. „Ich habe keine Ahnung, was der Kommandant möchte, dass ich morgen der Division sage, aber du musst die Wahrheit kennen.“ Er blickte dann auf, um Nanako ein aufmunterndes Lächeln zu schenken. „Du wirst nun die Verantwortung haben, weißt du. Sobald ich in der Welt der Lebenden bin, wirst du mehr oder weniger stellvertretender Vizekommandant sein. Mach es richtig und du kannst den Rang vielleicht behalten.“ „Den Rang behalten? Du meinst nicht als Vizekommandant, oder? Ist Miisho gegangen? Werde ich nun dauerhaft 3. Offizier?“ Renji versuchte die Zukunft fortzuwinken, für die er jetzt noch nicht bereit war. „Ja, wer weiß? Aber… bleib am Ball, ok? Nimm es ernst. Das ist eine Gelegenheit, die du nicht vergeuden solltest. Zum Teufel, es soll wenigstens etwas Gutes dabei rauskommen.“ Nanako blickte ihn für eine Weile stirnrunzelnd an, versuchte offensichtlich, alles zu verdauen und die Puzzleteile zusammenzusetzen. Schlussendlich fixierte sie ihn mit diesem unheimlichen, intensiven Blick aus ihren blau-grünen Augen. „Was ist passiert, Renji?“ Tausend Antworten gingen Renji durch den Kopf und ließ ihn die Zähne zusammenbeißen. Am Ende zuckte er mit den Schultern und senkte schuldbewusst den Kopf. „Ich… uh, schau, es war so: Ich wurde mit heruntergelassenen Hosen erwischt. Da gibt es vermutlich eine Anklage wegen Unzucht mit Untergebenen.“ Erst war Stille und dann ein verärgertes Seufzen. „Oh, Renji! Du dummer, dummer Kerl. Wie kannst du nur so…? Ugh!“ Also sie keine Antwort darauf hatte, schnalzte sie mit der Zunge und schüttelte ihren Kopf vorwurfsvoll. Nach einem Moment fuhr sie fort: „Also gut, das erklärt etwas davon, was ich gehört habe, dass der 3. Offizier gesagt haben soll, wie die ganze dreckiger-Hund-Nummer. Aber nicht, warum er davongestürmt ist. Ich bin sicher, du hast das Ganze beendet oder du wirst sie versetzen, richtig?“ Renji kratzte sich den Nacken. Zuckend sagte er: „Ja, schau, ich habe nicht wirklich die Autorität, das zu tun.“ „Natürlich hast du das! Tatsächlich ist das sogar deine Pflicht! Wenn es Unzucht ist, dann ist sie deine Untergebene und du musst…“ Renji unterbrach sie. „Tatsächlich sogar ist er mein Befehlshaber.“ „Dein Befehlshaber? Aber das macht keinen Sinn. Das ist der Kommandant…“, Nanako kam stotternd zum Halt. Ihr Mund formte ein perfektes ‚Oh‘ und ihre Augen wurden bei der Erkenntnis groß. „Der Kommandant? Du meinst…? Nicht du und der Kommandant! Auf… auf keinen Fall. Du, das könnte ich glauben… aber er?! Nein. Du nimmst mich auf den Arm.“ Renji sammelte einige Formulare seufzend ein. „Ja, nun ja. Fang an, dabei durchzublicken, 4. Offizier. Die Sache ist, dass es egal ist, ob du es glaubst oder nicht. Das wird die Anklage sagen, wenn sie eintrifft. Das ist, was die Gerüchte sagen werden. Und du musst wissen, dass es wahr ist.“ Nanakos Blick fiel auf ihren Schoß und sie schien nicht in der Lage, zu atmen. Renji stand auf und suchte im Büro nach etwas, worin er den geänderten Dienstplan aufbewahren konnte. Er überließ Nanako ihren eigenen Gedanken und durchsuchte den Schreibtisch des 3. Offiziers nach Arbeit, die noch erledigt werden musste. Einige Minuten vergingen, bis Nanako wieder sprach. Ihre Stimme war unsicher und leise, als sie fragte: „Verlieren wir dich, Vizekommandant?“ Renji schaute auf und über seine Schulter. Ihre braune Haut hatte einen aschenen Hauch und ihr gewöhnlich fester Blick bebte vor untypischem Zweifel. Er drehte sich um, um sie anzuschauen und lehnte sich mit dem Hintern gegen den Tisch des 3. Offiziers. „Ich weiß es nicht“, sagte er dumpf. „Ich habe keine Ahnung, wie sich das entwickeln wird. Der Kommandant macht keine sofortigen Pläne, um mich nach der Mission in der Welt der Lebenden zu versetzen. Danach…?“, er schüttelte den Kopf. „Danach ist es ungewiss.“ Ihr Gesicht verzog sich in einen abgehärmten Ausdruck. Sie stand auf und verpasste ihm eine harte Ohrfeige. Renji ließ zu, dass sich sein Gesicht bei dem Schlag drehte und ihre Worte auf ihn einprasselten. „Du hättest deine gottverdammte Hose anlassen sollen! Mit was, zum Teufel, hast du dir gedacht, Kerl? Denn es war nicht mit deinem Kopf!“ Er nickte nur. Leise, mit immer noch weggedrehten Kopf, sagte er ihr: „Du wirst ein toller Vizekommandant abgeben, Nanako.“ „Halt die Klappe! Ich möchte das jetzt nicht hören. Ich bin sauer auf dich. Ich habe dich wirklich… wirklich respektiert und jetzt weiß ich nicht mehr, was ich denken soll.“ Das war gerecht. Er atmete tief durch und fand die Kraft, ihr wieder in die Augen zu blicken. Er stand auf und ließ sie damit einen Schritt zurückgehen. „Das ist der Grund, warum ich dich vorwarnen wollte. Die Division braucht einen starken Rückhalt, wenn das alles ans Tageslicht kommt. Es ist mir egal, was du am Ende über mich entscheidest, denn ich bezweifle keine Sekunde, dass du hinter der Division stehst. Du wirst tun, was auch immer richtig für die Sechste ist. Ich weiß, dass du mir wahrscheinlich jetzt gerade nicht glaubst, aber das ist auch das, was ich möchte. Das ist, was der Kommandant möchte.“ „Das ist der Grund, warum es so weh tut, Renji“, sagte sie. „Ich verstehe nicht, warum du uns so etwas antun kannst. Warum würdest du… nur für… nur für was, ein Quickie auf dem Schreibtisch des Kommandanten?“ „Ich liebe ihn“, sagte Renji einfach. „Ich bin in ihn verliebt.“ Ihre Augen musterten sein Gesicht, als wolle sie versuchen, die Wahrheit darauf zu lesen. „Besser wäre das. Das ist die einzige Möglichkeit, wie das überhaupt Sinn ergeben könnte“, sagte sie dann. Renji nickte. Es schien, als würde eine Art Entspannung zwischen ihnen für einen Moment herrschen, also sagte er: „Hör zu, du wirst es nur noch für ein paar Tage mehr mit mir aushalten müssen. Dann bin ich weg und der Kommandant und du haben alle Zeit, die ihr braucht, um die Dinge zwischen euch klarzustellen. Du musst nur aushalten, bis ich weg bin.“ „Du verstehst es nicht, oder?“ Er tat es nicht. Also wartete er darauf, dass sie ihm auf die Sprünge half. Nanakos Fäuste waren auf Höhe ihrer schmalen Hüften geballt und Renji beobachtete sie behutsam, nur für den Fall, dass sie ihn noch einmal schlagen wollte. Einen hatte er eingesteckt, ein zweiter war an der Grenze zum Ungehorsam. „Ich möchte nicht, dass du gehst“, sagte sie endlich, Wut klang in ihrer Stimme mit. „Ich möchte nicht, dass das kaputt geht. Das ist das Beste für die 6. Division, Renji: Du und der Kommandant, Seite an Seite. Das ist, was sein selbstsüchtiges Rumgevögel zerstört. Wir sollten alle zusammen sein, als ein Team und nun ist das nicht möglich.“ Renji wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Der Gedanke daran, all das zu verlieren, brachte ihn auch um. Als zur Hitze ihres Blicks auch noch das Feuer ihres Zanpakutō hinzukam, ob Renji friedvoll die Hände. Er wollte nicht mehr kämpfen, vor allem, weil er nicht gewinnen konnte. „Ich habe das kapiert, wirklich“, sagte Renji ruhig. „Aber ich kann nicht aufhören, ihn zu lieben, Nanako. Es ist selbstsüchtig – denn, auch wenn ich könnte, würde ich nicht damit aufhören.“ Ihre Augen schienen etwas weicher zu werden. „Du meinst es ernst mit der Liebe? Du bist schon so weit?“ Renji nickte. „Ich bin verloren. Hoffnungslos.“ „Ich habe dich niemals so gesehen“, gab sie zu und trat noch einen Schritt zurück, um ihn von oben bis unten zu mustern. „Es tröstet mich ein wenig mehr zu denken, dass du deinem Herzen und nicht nur deinem Schwanz gefolgt bist.“ Nun ja, das einem folgte dem Anderen, doch das würde er ihr nicht sagen. „Kannst du hier übernehmen?“, fragte er sie. „Ich meine, zumindest für heute Nacht? Wenn du Zeit brauchst, um darüber nachzudenken, kann ich zusehen, dass…“ „Nein“, sie unterbrach ihn scharf. „Geh. Wir haben bereits einen 3. Offizier verloren. Es wird nicht noch ein 4. folgen. Ich kümmere mich um alle.“ Sie blickte ihn fest an. „Du weißt, dass ich das tue, egal was. Ich werde das im Auge behalten.“ Renji hatte nicht weniger erwartet. „Der 5. Offizier löst dich um 22:00 Uhr ab.“ Sie ging bereits hinter seinen Schreibtisch. Sie schüttelte über ihn den Kopf, was ihre Zöpfe umherwirbeln ließ. „Geh schon, du und der Kommandant solltet das besser klären. Es ist ein ganz schönes, verdammtes Chaos.“ Renji sammelte alle seine Sachen auf und ging zur Tür. Auch wenn er wusste, dass sie ihn anmeckern würde, sagte er: „Danke.“ Renji streifte vor dem Kommandantenbüro seine Sandalen ab. Er hatte noch nicht einmal die Möglichkeit, seine Hand zum Klopfen zu heben, bevor Byakuya sagte: „Komm rein, Renji.“ Er schob die Tür auf und schob den Ordner mit den Dienstplänen, um sie Byakuya zu zeigen. „Ich denke, ich hab die meisten Dinge geklärt, doch als ich Miishos Schreibtisch durchsucht habe, habe ich gemerkt, dass wir ein potenziell ernstes Loch haben.“ „Oh?“, Byakuya war aufgestanden, um nach einem Diener zu klingeln, doch nun dirigierte Renji ihn mit einer Geste zurück zum Schreibtisch. „Was ist es?“ „Deine Familie und dein Personal“, sagte Renji. Er warf den Ordner auf Byakuyas Schreibtisch und setzte sich im Schneidersitz auf den Boden. „Miisho war unser Verbindungsglied. Ich habe niemals etwas davon gemacht. Ich weiß noch nicht einmal, was das alles beinhaltet, aber sein Journal ist voll mit dem Zeug.“ Renji zog es aus dem Stapel und legte es nach oben. „Verdammt“, zischte Byakuya durch die Zähne, nachdem er das Buch genommen und die Seiten durchgeblättert hatte. „Ich hatte keine Ahnung, dass der 3. Offizier so gut mit so vielen meiner Verwandten bekannt ist. Aber, natürlich, hätte ich mich daran erinnern sollen, dass die Division die Sicherheit ihrer Reisen übernimmt.“ Renji konnte sehen, wie Byakuyas mentale Zahnräder bezüglich der Familienpolitik, ineinander griffen, während er durch die Seiten blätterte und die Einträge begutachtete. Renji fühlte sich fehl am Platz. Er fand eine zusätzliche Schale auf dem Teetablett und schenkte sich selbst ein. „Ja, aber er wird wohl nicht irgendwen von selbst kontaktieren, oder? Er ist…“, Renji versuchte sich daran zu erinnern, ob er überhaupt irgendetwas von Miishos Hintergrund wusste, fand aber nichts. „Warte, was? Er ist nicht adlig, oder?“ „Nein, noch nicht, doch schau dir das an“, Byakuya hielt eine gefaltete Notiz hoch, die Renji als einfaches Lesezeichen missverstanden hatte. „Persönliche Korrespondenz mit Tante Masama. Sie sind Freunde, Renji. Nicht nur das, sie hat auch eine Ehe für sie arrangiert. Sogar eine sozial Vorteilhafte. Wusstest du überhaupt, dass Miisho mit meiner Cousine 5. Grades verlobt ist?“ Renji schüttelte den Kopf. „Ich habe nie mit dem Typen rumgehangen. Wir haben es rein beruflich gehalten.“ Um ehrlich zu sein hatte Renji den 3. Offizier auf einer persönlichen Ebene nie wirklich sehr gemocht. Sie waren miteinander ausgekommen und er war extrem kompetent in seinem Rang, doch Zabimaru hatte Miishos Zanpakutō, Hōmushi, sofort nicht gemochte. Auch wenn sein echter Name ‚Krieger des Rechts‘ war, hatte Zabimaru es immer abfällig bei seinem Homonym genannt, ‚Kleiner Blattkäfer‘. Byakuya las den Brief noch einmal genau durch. „Ich weiß noch nicht einmal, was eine Cousine 5. Grades ist. Ist das eng verwandt?“, fragte Renji, nachdem er an seinem lauwarmen Tee getrunken hatte. „Nicht wirklich“, erklärte Byakuya, seine Augen glitten immer noch unruhig über das Journal. „Doch sie hat ihm damit eine große Ehre erwiesen, vor allem indem sie ihn zum Kuchiki macht.“ „Aber sie sind noch nicht verheiratet“, bemerkte Renji. „Nein, aber es ist arrangiert. Es gibt einen Vertrag“, sagte Byakuya, brachte abwesend seine Teeschale an die Lippen und schien überrascht davon zu sein, dass sie leer war. Er setzte die Schale wieder ab und suchte Renjis Blick. „Er wird direkt zu ihr gegangen sein. Yamamoto wird nicht unser Problem werden, Renji. Sondern meine Tante.“ Irgendwie stach die Neuigkeit wie eisige Spitzen in Renjis Eingeweide. In Byakuyas Kopf drehte es sich. Sie hatte einen Spion. In der Mitte seiner eigenen Division, direkt unter seiner Nase… Die ganze Zeit hatte Tante Masama einen Spion. Und Byakuya hatte keine Ahnung gehabt, dass der 3. Offizier sozial ambitioniert gewesen war. Miisho war immer so ausgeglichen gewesen, eher ein uninteressanter Soldat. Hoch genug positioniert, aber mit keinem wirklichen Wunsch, noch weiter zu gehen. Byakuya hatte immer vermutet, dass Miisho bereits so weit gekommen war, wie er gewollt hatte. Doch offensichtlich hatte er seine Kraft in eine andere Richtung von Fortschritt gesetzt. Nun, nachdem Renji ihn auf die Straße geworfen hatte, würde er direkt in die einladenden Arme von Tante Masama laufen. Zu Byakuyas Familie. Seine Familie… Seine Familie wurde von einem weiteren Partner aus Inuzuri hören. Doch dieser würde all das sein, wovor sie sich immer gefürchtet hatten. Es würde kein gutes Zureden geben, indem man ihnen einen Gefährten mit perfektem Verhalten, sanfter Stimme, Demut und Gehorsam zeigte. Nein. Renji mit seinen Tattoos, schnoddrigen Manieren und unleugbarer Kraft würde sie bis ins Mark verängstigen. Das Fehlen irgendeiner Kraft hatte Hisanas Gnade gerettet. Sie hätte niemals eine große Bedrohung darstellen können, so fragil und kränklich. Doch selbst davor, hatte Hisana als leuchtendes Beispiel dafür gedient, was seine Familie von jemandem erwartete, der aus dem Rukongai kam. Unterwürfigkeit und Dankbarkeit. Sie haben Rukia viel stärker abgelehnt, da sie bewaffnet mit einem Zanpakutō und Akademie-Training kam, doch Byakuya hatte sie überzeugt, dass sie niemals einen Rang erreichen würde und war durch viel Schmerz gegangen, um sicherzugehen, dass sie vor ihnen immer angemessen trainiert im Kimono erschien. Und ohne Sode no Shirayuki. Es half, dass sie so sehr nach Hisana aussah: klein, filigran und… weiblich. Renji auf der anderen Seite… Gott bewahre, wenn sie ihn jemals in Aktion sahen, Zabimarus Gebrüll hörten. Sie wären absolut verschreckt. Es würde nicht helfen, dass Miisho vor ihnen erschien, verletzt und geschlagen, von Renjis Hand. Byakuyas Familie würde jeden Kratzer auf Miishos Körper als persönliche Attacke gegen ihre Adligkeit ansehen. Byakuya konnte schon fast ihren Aufschrei hören. Renji wäre nicht würdig, ihren Saum zu berühren, wie konnte er sich wagen, eine Faust gegen einer der ihren zu erheben. Gott sei Dank würde Renji in der Welt der Lebenden sicher sein. Denn sie würden ihn wie einen Streuner niederschlagen wollen. Und trauriger Weise würde kaum ein Adelshaus nicht zustimmen. Byakuya bekam nur am Rande Renjis Stimme mit, wie er mit der Dienerin Aio sprach. „Ich denke nicht, dass er viel essen wird, doch wir sollten versuchen, irgendetwas in ihn hereinzubekommen. Vielleicht kannst du Miki sagen, irgendetwas Einfaches zu machen, wie sie mir gestern Abend gemacht hat?“ „Mein Herr?“ Byakuya winkte sie weg. „Hör auf den Vizekommandant. Ich kann über solche Details gerade nicht nachdenken.“ Nach einem Augenblick sagte Renji sanft: „Siehst du, was ich meine, Aio? Vielleicht kannst du auch eine Flasche Sake für ihn bringen, ja? Es war ein harter Tag.“ Renji klang so erschüttert, wie sich Byakuya fühlte. Byakuya blickte, von seinem unfokussierten Starren auf die Blätter des 3. Offiziers, auf. Renji stand an der Tür, ein Arm ruhte am Türrahmen und lehnte sich hinunter, während er zu Aio sprach, die pflichtbewusst draußen kniete. „Sake, ja“, sagte Byakuya. „Sag Eishirō, ein einfacher Muroka, egal welcher Sorte, wird ausreichen.“ Aio schien sehr erleichtert darüber zu sein, eine genaue Aussage direkt von Byakuya zu bekommen. Sie verbeugte sich und schritt etwas zurück, um die Bitten auszuführen. Renji beobachtete, wie sie ging und etwas für einen Moment auf dem Trainingsplatz sah. Tiefe Traurigkeit trat in ihr Gesicht, bevor sich behutsam die Tür schloss. Renji ging zurück auf seinen Platz gegenüber von Byakuya und ließ sich schwerfällig sinken. Er sah so aus, als würde er seinen Kopf auf den Tisch fallen lassen, doch stattdessen straffte er seine Schultern mit einem kleinen Schütteln. „Also wird deine Familie ausrasten, huh?“ Byakuya konnte nicht anders, als kurz zu lachen. „Ein wenig. Aber das ist meine Sorge, Renji. Auf einer praktischen Ebene gesehen, kann Tante Masama nicht in weniger als einen Tag anreisen und das setzt voraus, dass sie nichts packt und ohne ihr übliches Gefolge aufbricht. Du wirst wahrscheinlich weg sein, wenn sie ankommt.“ Renji sammelte die Sachen vom Tee zusammen, um sie auf das Tablett zu stellen. „Ich vermute, das ist eine gute Sache“, sagte er. „Aber du wirst ihnen dann alleine gegenübertreten müssen.“ Byakuya musste daraufhin einfach lächeln. „Du wünschst dir also, in meinem Interesse zu intervenieren, doch ich kann mir nicht vorstellen, dass das gut gehen würde. Du?“ Renji lachte schnaubend, als er die letzte Schale auf das Tablett stellte. „Ja, nein. Nicht mit meinem Temperament.“ Exakt. Byakuya würde genug Mühe damit haben, seine eigenen Emotionen zu kontrollieren. Renji nahm das Tablett mit dem Tee und setzte es vor die Tür nach draußen. Byakuya bewunderte, wie schnell Renji verstanden zu haben schien, was für ein Benehmen von ihm erwartet wurde. Mit Sicherheit war es von ihm niemals verlangt worden, etwas Derartiges für Kenpachi Zaraki zu tun. Er musste all das in den paar Monaten gelernt haben, die er hier im Dienst war. Würde doch nur seine Familie diese Seite des Mannes sehen… Aber das würden sie nicht. Sie würden niemals in der Lage sind, weiter als auf die raue Oberfläche zu blicken. Alleine die Tattoos würden sie ins Trudeln bringen. Byakuya schüttelte seinen Kopf. Eine Krise nach der anderen. Das war der einzige Weg, durch all das zu kommen. Renji schien mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, als er sich wieder auf den Platz Byakuya gegenüber fallen ließ. „Irgendetwas beunruhigt dich“, sagte Byakuya. „Was ist es?“ Renji schielte zu Byakuya hinauf und rieb sich dann den Nacken. „Was wird die offizielle Geschichte? Ich meine der Division gegenüber. Ich wurde bereits gefragt, was passiert ist.“ „Ich würde vorziehen, nichts zu sagen“, sagte Byakuya. Er setzte das Journal zur Seite, um es sich später durchzusehen. Wenn er es jetzt noch weiter anschauen würde, würde er psychisch krank werden. „Ich vermute, dass ist dein Vorrecht, Kommandant“, Renji blickte den Dienstplan auf dem Tisch für einen Moment stirnrunzelnd an. Dann blickte er mit einem matten Lächeln auf. „Aber ich kann diese stille, unerreichbare Nummer, die du kannst, nicht durchziehen. Ich muss irgendetwas sagen. Was möchtest du, das ich den Leuten erzähle? Wir sollten uns irgendeine offizielle Verkündung überlegen, findest du nicht auch?“ Es war ein schwieriges Problem. Die Leute hatten den Beginn einer Anschuldigung gehört, die deutlich an Renji gerichtet war, auch wenn, glücklicher Weise, es vage genug gewesen war. Wie auch immer, sie würden bald den Gerüchten gegenübertreten müssen, auch wenn womöglich nicht durch das Militärgericht, es sei denn natürlich, dass der 3. Offizier seinen Einsatz absichern möchte und auch noch zu Yamamoto gehen würde. Wie auch immer, sie sollten anfangen darüber nachzudenken, wie sie sich verteidigen würden. Die Wahrheit war, dass Unzucht eine schwierige Sache zum Beweisen war. Wenn die 12. Division keine geheime Kameras in Byakuyas privaten Gemächer installiert haben sollte, würde es für den 3. Offizier schwierig werden, körperliche Beweise zu finden, die die Anklage stützten. Natürlich waren sie in der Welt der Lebenden indiskret gewesen, doch die Wahrscheinlichkeit, dass Miisho daran denken würde, den verstoßenen Kommandanten Urahara nach einem Sexvideo zu fragen, war gering. Es war also ein Spiel des Rufes. Würde die Leute Miisho glauben? Außerhalb der Division war Byakuya ohne jeden Zweifel, dass die Leute es ausdrücklich nicht tun würden. Die Leute schelteten Byakuya immer noch für seine gezeigte Härte, als Renji selbstständig Ichigo gestellt hatte. Byakuya hatte ihn eingesperrt und öffentlich seine Entlassung gefordert. Dann hatten sie einen sehr zerstörerischen, blutigen Kampf. Für einen außenstehenden Beobachter würde es aberwitzig erscheinen, dass sie jemals Liebhaber sein könnten. Das einzige Problem war die Angelegenheit mit Renjis Bestrafung. Die war, offiziell auf dem Papier, perfekt in den vorgeschriebenen Parametern darüber, was ein Soldat erwarten konnte, wenn er für Ungehorsam und Dienstpflichtverweigerung belangt wurde. Allerdings konnte ein ziemlich starkes Argument sein, dass der ‚Hausarrest‘ offenkundig nicht durchgesetzt wurde, und damit ‚Ordnung und Disziplin‘ von Moral untergraben wurde. Das würde ein schlechtes Urteil auf Byakuyas Seite aufzeigen, doch konnte es direkt mit Unzucht in Verbindung gebracht wurde? Nein, nicht so einfach. „Vielleicht“, sagte Byakuya nach einer Weile. „Wir sollten einfach sagen, dass da eine persönliche Differenz zwischen euch beiden gewesen war. Der 3. Offizier war mit meiner Entscheidung unzufrieden und hat uns verlassen.“ Es war jedenfalls wahr, doch sehr vereinfacht. Das Schöne daran war, dass es perfekt zu jeder Anschuldigung der Bevorzugung passte, die, sollten sie erhoben werden, Byakuya einfach zugeben würde. Es ist zwar nicht korrekt, einen Soldaten anders als die anderen zu behandeln, aber es war per se keine Straftat. Byakuya war es erlaubt, seine Division so zu leiten, wie er es wollte. Es war schlecht für die Moral, doch es war innerhalb seiner Rechte, jemanden zu unterstützen, falls er es wollte. Andere Kommandanten benahmen sich auch immer so. In Anbetracht von Byakuyas Ruf würde es zwar ein kleiner Schock sein und Yamamoto würde sich vielleicht dazu verpflichtet fühlen, ihn zu maßregeln, doch es war nichts Illegales daran. Renji blinzelte einige Male. Schlussendlich sagte er: "Das war’s? Das ist alles, was wir sagen? Er ist sauer geworden und ist gegangen?" Byakuya konnte sofort sehen, wie schwierig es für Renji werden würde. "Ich mache die Verkündigung, Renji. Niemand wird mich in Frage stellen und du musst nur mein Wort aufrecht halten." Renji sah sichtlich erleichtert aus. "Ja, ok. Ich glaube, das kann ich tun und zumindest ist es keine Lüge." Aio kam mit dem Abendessen zur Tür und Byakuya nahm sich einen Moment Zeit, bevor er sie herein rief. Sie setzte das Tablett ab und bot ihm die Flasche Sake an, damit er sie begutachtet. "Ja, der es tun. Danke." Nachdem Aio sich verbeugt und sie verlassen hatte, öffnete Byakuya die Flasche. "Nun ist die einzige Sache, in der wir sofort handeln sollten, die mit deinem Bruder und Soi Fon." Renji hielt seine Schale hin, damit sie gefüllt wird. In dem Moment, als Sake darin war, leerte er sie mit einem Zug und hielt sie erneut hin. "Ich möchte darüber nicht nachdenken", gab er zu. "Ich meine, was zum Teufel? Warum tut er mir das an? Es wird fürchterlich sein, da zu stehen und ihm als den Mist zu fragen, den die Zweite wissen will, während die uns beide beobachten. Weiß er denn nicht, dass ich härter über ihn richten muss, als fast alle anderen? Und wie soll ich das bitteschön anstellen? Er ist mein Bruder." Byakuya nickte, während er Renjis Schale auffüllte. "Ich bin mir sicher, dass das genau der Grund ist, warum er auf dich wartet." "Ja, toll. Er weiß, wie er mich erreichen kann", schnaubte Renji und stellte die Schale lang genug ab, um unter die Körbe zu blicken. Es schien, als hätte die Köchin Renji beim Wort genommen und sich für ein einfaches Suppengericht entschieden, einem Tonjiru. Eine Art Eintopf mit in Ingwer eingelegtem Schweinefleisch und verschiedenem Gemüse. Renji begann, ihnen das Essen auszuteilen, während er weiter grollte. „Die in der Zweiten müssen ihren Verstand verloren haben, wenn sie glauben, ich bin der Typ für den Job. Ich werde nicht in der Lage sein, das durchzuziehen, wenn sie... Ah, scheiße und du weißt, dass sie das auch wissen. Er wurde bereits durchgenommen. Ich sollte noch nicht einmal dorthin gehen. Es wird mich anpissen.“ „Ja“, stimmte Byakuya zu. Vielleicht war das der Grund, warum Soi Fon entschieden hatte, eine Art Transfer der Befehlsgewalt zu erfragen? Vielleicht wollte sie alle Autorität haben, Renji zu bestrafen, wenn er seinen Bruder nicht zum Reden bringen würde? Oder... hoffte sie, dass Renji seine Loyalität zugunsten seines Bruders aufgab? Dieser Gedanke ließ Kälte an Byakuyas Wirbelsäule hinaufklettern und bestätigte sein Gespür erneut, dass er das Richtige getan hatte, als er verlangt hatte, an Renjis Seite zu sein. „Aber ich weiß nicht, wie wir das vermeiden können. Du musst sehr, sehr vorsichtig sein, Renji.“ Nachdem er seine Schale zu den Lippen gebracht hatte, seufzte Renji. „Ich werde Glück brauchen. Ich konnte noch nicht einmal mein Temperament zurückhalten, als Miisho mit dem Hundemist anfing, den ich schon eine Millionen Mal gehört habe. Wie werde ich erst drauf sein, wenn ich Seichis eingeschlagenes Gesicht sehen werde?“ „Ich bezweifele, dass sie ihn an eine offensichtlichen Stelle verletzt haben. Das ist kaum ihre Art.“ Renji hielt mitten im Kauen inne und starrte Byakuya lange an. Dann schluckte er schwer. „Genau das ist der Grund, warum sie mir eine verfluchte Angst einjagen.“ „Das sollten sie auch“, stimmte Byakuya zu und probierte von dem Eintopf. „Ich werde mein möglichstes tun, um so viel der Situation zu kontrollieren, wie ich kann. Ich werde auf deine Wünsche beharren, wo ich nur kann, doch wir gehen in die Höhle des Löwens. Gib dich da keiner Täuschung hin.“ „Wann machen wir das in letzter Zeit nicht? Himmel, ich kann nicht glauben, dass ich mich darauf freue, gegen, was auch immer, Arrancars sind, zu kämpfen.“ Byakuya nickte. „Ich beneide dich. Ein direkter Feind wäre eine Erleichterung.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)