Die Konkurrenz schläft von Hotepneith (Der 29. Fall Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 2: Gedankendiebstahl ---------------------------- Der Daimyo sah ins Nichts: „Euch ist natürlich bekannt, Herr der westlichen Länder, dass es hier in der Hochebene gerade zu bestimmten Jahreszeiten zu gewissem Wassermangel kommt. Um dies zu beheben, wandte ich mich vor knapp einem Jahr an den Shogun. Es existiert eine kaiserliche Schule für Architekten und Ingenieure, und ich hoffte von dort jemanden zu erhalten. Dies geschah auch. Ein, zugegeben recht junger, Mann namens Hitori wurde mit Empfehlungen zu mir geschickt. Er sei der beste Schüler gewesen und habe gerade zum Thema tiefe Brunnen eine Idee gehabt. Nun, Hitori reiste mit einem Diener hier an und präsentierte mir seinen Bauvorschlag. Ich war durchaus angetan, wollte aber sichergehen und verlangte eine Probebohrung. Um es kurz zu machen, seine Erfindung, wie man möglichst rasch Brunnen bohren kann, war überaus effektiv – und günstig. So wollte ich ihm das zustehende Geld auch auszahlen, wies jedoch die mir untergebenen Fürsten gleichzeitig an, zukünftig ebenfalls diese Brunnenbauerfindung zu nutzen. Es handelte sich um ein oberirdisches Gestell und eine Schraube die in die Erde gedreht werden kann. Vier Männer genügen und maximal zwei Tage, wenn der Boden nicht zu felsig ist.“ Hidemaru Takahashi blickte zu seinem hohen Gast: „Es mag Euch nicht überraschen, mich schon, als ich auf diese Anweisung hin Besuch erhielt. Fürst Shinichi, einer meiner Untergebenen, reiste irritiert, um nicht zu sagen wütend, an. Einer seiner Bauern hatte diese Schraube zum Brunnenbohren bereits vor vielen Jahren entwickelt, und Fürst Shinichi klagte Hitori des Gedankendiebstahls an. Er hat den Bauern mitgebracht und redete für ihn – nun, zum einen fürsorglich, zum zweiten, wenn dieser Akira das Erfindungsgeld erhielte, wäre er wohl auch dabei. Allerdings musste er zugeben, dass der obere Teil nicht von seinem Bauern stammte. Nur kurz darauf traf jedoch ein Beamter eines anderen Kleinfürsten ein, ein gewisser Masa. Dieser legte mir Zeichnungen des oberen Teils vor. Ebenso Nachweise, Bestätigungen seines Herrn und dessen Kanzlei, dass er dieses klappbare Gestell vor ungefähr fünf Jahren entwickelt hatte, allerdings für den Bergbau seines Fürsten. Wem steht also nun das Geld, gegebenenfalls anteilig, aus dem Brunnenbau als Erfinderpreis zu: Hitori, Fürst Shinichi samt Akira oder Masa und natürlich damit auch dessen Fürsten? Ich befragte gestern erst Hitori noch einmal. Dieser gibt an noch nie die Hauptstadt verlassen zu haben und nichts von den Anderen zu wissen. Das sei dahingestellt, denn auch, wenn er sowohl Masas als auch Akiras Erfindungen kannte, so hätte er sie doch wohl eigenständig zusammengestellt und wäre damit der alleinige Erfinder von etwas Neuem. Oder? Ich muss zugeben, mächtiger Herr der westlichen Länder, dass ich noch nie vor einer solchen Entscheidung stand. Und bedenkt, dass es sich bei Hitori zusätzlich um einen hervorragenden Absolventen der kaiserlichen Schule handelt, ja, einen Günstling des Shogun. Ihn um sein gerechtfertigtes Geld zu bringen wäre unklug. Andererseits wäre es auch ungeschickt meine untergebenen Fürsten und ihre Leute um ihr zustehendes Geld zu bringen, ja, zu düpieren. Ich hoffe auf Euren erfahrenen Rat.“ „In der Tat eine komplizierte Lage, Hidemaru,“ erwiderte der Inu no Taishou gelassen: „Ich würde vorschlagen, Ihr lasst mir die Unterlagen in mein Zimmer bringen. Es ist doch noch da?“ „Wie seit Jahrhunderten, natürlich.“ „Gut. Dann unterhalten wir uns ein wenig noch über Neuigkeiten – und lasst doch Sakura unterdessen die Damen untersuchen.“ „Ja.“ Der Daimyo klatschte in die Hände und wies den eintretenden Diener an den Haushofmeister zu holen, ehe er meinte: „Uveda wird Sakura zu den Damen begleiten und meine Anweisung weitergeben, dass das in Ordnung geht.“ „Sakura.“ Sie verstand und verneigte sich tief, ehe sie sich erhob. Natürlich. Sie sollte draußen auf den Haushofmeister warten. Und sie sollte sich in dieser Zeit besser noch einmal gut das einprägen, was Fürst Takahashi erzählt hatte. Wenn sie ihre Hundeherrschaften richtig einschätzte, würde der Inu no Taishou später von ihr alle Namen und Fakten wissen wollen. Wann genau hatten der Fürst und sein Sohn eigentlich begonnen sie als eine Art Notizbuch zu nutzen? Nun ja, es gab wohl Schlimmeres – unbefugt in das Zimmer Seiner Eisigkeit zu gehen, dessen Mutter schräg anzureden, auf einem Spieß auf kleiner Flamme geröstet zu werden... Ja. Es GAB Schlimmeres.   Uveda, der Beamte, der den Inu no Taishou bereits auf dem Hof begrüßt hatte, begleitete Sakura auch prompt zu den Damen, nicht im Zweifel, dass diese Anweisung von Hidemaru Takahashi stammte. Eine ältere Frau, in der die Heilerschülerin zu Recht die Haushofmeisterin des Frauentraktes vermutete, stellte sich als Kaede vor und wies ihr ein leeres Zimmer zu.   Nur kurz darauf erschien eine junge Frau. Sakura schätzte sie ungefähr ihr Alter – achtzehn, neunzehn? Da sie ein kleines Mädchen von höchstens zwei an der Hand führte, war das also kaum die unverheiratete Prinzessin Izayoi sondern die Frau des Erbprinzen, die eine Fehlgeburt erlitten hatte. So verneigte sich Sakura höflich. „Wie kann ich Euch behilflich sein, Prinzessin Reika?“ Die junge Dame im hellblauen, bestickten Kimono stutzte, ehe sie sagte: „Mein Schwiegervater, der mächtige Fürst Takahashi, hat Euch bereits informiert?“ „Nein. Ich diene dem mächtigen Inu no Taishou. Dieser vermutete, eine weibliche Heilerin könnte den Damen hier eher zusagen, und nahm mich mit. Fürst Takahashi war so freundlich dies zu erlauben.“ Da hatte jemand Respekt oder auch Angst vor dem Daimyo. Nun, nicht verwunderlich. Er besaß umfassende Rechte nicht nur über Diener und Bauern sondern auch seine Familienangehörigen. Umso wichtiger war es die junge Dame zu beruhigen, vor allem in deren Interesse. „Ich unterliege einer Schweigepflicht, edle Prinzessin.“ Reika Takahashi ließ sich nieder: „Euer Name?“ „Vergebt. Sakura. Dies ist wohl Prinzessin Izayoi?“ „Ja. Izayoi, die Kleine, bis meine Schwägerin dieser Tage abreist..“ Die Mutter sah rasch zu dem Kind, das Sakura aufmerksam betrachtete. Daher rechnete die Heilerschülerin fast mit etwas, wurde aber dennoch von der Frage überrascht. „Inu Taishou...Hundi?“ Prinzessin Reika packte den Arm ihrer Tochter und riss daran. „Das darfst du nicht sagen!“ Es wäre lebenserhaltender das nicht zu tun, ja, vor allem, falls der Sohn des derart Titulierten das zu hören bekam. „Der Inu no Taishou ist der Fürst der westlichen Länder, Prinzessin Izayoi,“ erklärte Sakura sachlich. „Ihr wisst, wie man einen Fürsten anspricht?“ Diese war noch jung und konnte sicher kaum zusammenhängende Sätze bilden. Moment. Hundi? Woher wusste dieses kleine Kind, dass der Mann, der ihren Großvater besuchen kam, in seiner wahren Gestalt ein riesiger Hund war? Das jüngste Mitglied des Hauses Takahashi neigte eilig den Kopf. Ihre Mutter atmete tief durch: „Ihr unterliegt einer Schweigepflicht, Sakura.“ „Ja. - Darf ich Euch oder Eure Tochter untersuchen?“ Die Prinzessin war sehr nervös, das verriet ihr gesamtes Benehmen. Eine Dame solchen Standes zupfte nicht an ihren hochgesteckten Haaren. „Zunächst Izayoi. Sie ist noch klein.und nicht sehr geduldig.“ Nur kurz darauf konnte Sakura bestätigen, dass das Mädchen gesund sei. Reika schickte sie hinaus, ehe sie zögernd meinte: „Ich...Vor sechs Wochen erlitt ich eine Fehlgeburt. Yoshifumi, der Heiler hier, half mir, so gut er es konnte, aber natürlich war es ein Schock, zumal es ein Sohn geworden wäre. Ich...Ihr seid ein Mädchen in meinem Alter. Als Heilerin wohl nicht verheiratet?“ Sakura verstand, was nicht gefragt wurde – aus reiner Höflichkeit, vermutlich. „Nein. Dennoch: mein verehrter Lehrer hat viele weibliche Patienten und ich lerne dort sehr viel.“ „Nun gut. Ich habe seither Schmerzen und...ich fühle mich nicht gut.“ „Ihr fühlt Euch schwach, Prinzessin, schlaft immer mehr? Und die Schmerzen liegen hier?“ Die Heilerschülerin legte ihre Hand auf ihren eigenen Bauch. „Ja.“ Die Erbprinzessin atmete durch. „Ihr wisst...? Ich habe Angst,“ gestand sie dann. „Haben Euch Euer Gemahl oder gar der mächtige Daimyo für Euer Versagen getadelt?“ „Nein. Sie...sie waren beide recht freundlich, wenngleich enttäuscht. Aber schon als Izayoi geboren wurde, sagten sie mir, dass es besser sei neun Monate nach der Hochzeit ein gesundes Mädchen zu haben als nichts. Es würde schon. Aber ich weiß nicht, wie es wird, wenn ich erneut versage. Der jüngere Bruder, Daichi, soll auch heiraten.“ „Und dessen Sohn könnte dann der Erbe werden.“ Und dessen Mutter die Fürstinmutter, während eine Frau, die nur ein Mädchen geboren hatte, zu einem Schattendasein verdammt wäre. Natürlich. Alle Frauen hatten derartige Befürchtungen. Nicht zu Unrecht, sie hatte doch schon bei Menschen und Dämonen diese schattenhaften Wesen gesehen, um die sich keiner kümmerte, die ihr Leben vor sich hindämmerten. „Ich denke, ich wüsste, was Ihr tun müsst, Prinzessin, aber es wird einige Tage unangenehm.“ Reika richtete sich etwas auf, merklich hoffnungsvoller. „Was soll ich tun?“ „Ich werde Euch einen Tee geben. Diesen trinkt, drei Tassen jeden Tag, bis er zur Neige geht. Ihr werdet noch mehr Schmerzen bekommen, aber dann Erleichterung finden. Es ist eine Folge Eurer Fehlgeburt. Wenn Euch Euer Gemahl diese Zeit und auch noch, sagen wir, vier Wochen, schont, denke ich, dass es Euch gelingen wird erneut schwanger zu werden.“ Die Erbprinzessin atmete durch: „Seid Ihr sicher?“ „Das liegt in der Hand der Götter, aber ..“ Die Heilerschülerin überlegte kurz, ehe sie sagte: „Frauen reden immer lieber mit mir als mit meinem verehrten Lehrer, Prinzessin, zumal menschliche Frauen. Ich glaube, ich habe mittlerweile gewisse Erfahrungen.“ „Dann bereitet mir den Tee. Danach werde ich meine Schwägerin zu Euch schicken. - Sie ist aufgeregt.“ „Nun, Ihr wart es sicher auch. Ein neues Schloss, neue Menschen, ein Ehemann, wer wäre das nicht.“ Sakura wandte sich zu dem Heilerkoffer. „Ja, natürlich. - Was tut Ihr anschließend?“ „Das weiß ich nicht. Nun, ich gehe zu dem mächtigen Inu no Taishou und berichte, dass ich seine Anweisung ausgeführt habe. Danach werde ich sehen, ob er weitere Befehle für meine Wenigkeit hat. Ich hoffe allerdings, dass mir der Herr erlaubt mit Yoshifumi zu sprechen. Ich lerne gern weiter.“ Reika seufzte ein wenig. Es musste schön sein etwas lernen zu dürfen, außer den so genannten weiblichen Beschäftigungen. Ob ihr der Daimyo erlauben würde auch ein wenig über Heilkunde zu erfahren? Vielleicht konnte sie ihn fragen, wenn sie einen gesunden Erben zur Welt brachte.     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)