Die Konkurrenz schläft von Hotepneith (Der 29. Fall Lord Sesshoumarus) ================================================================================ Kapitel 6: Sonnenuntergang -------------------------- Sakura glaubte für einen Moment sterben zu müssen, aber dann nahm sie doch noch einiges wahr: ein Name, scharf ausgesprochen, etwas, das sich um sie schlang, sie in die eisige Kälte dämonischer Energie hüllte, dann wirbelnde Schwärze um sich, die sie noch als Portal identifizieren konnte, ehe sie im Strudel und vor panischer Angst doch das Bewusstsein verlor. Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als sie realisierte, dass sie auf dem Boden lag, im Gras. Etwas knurrte und sie hatte das Gefühl, dass dies kein gewöhnlicher Hund sei. Was sollte sie nur tun? Augen aufmachen, sich ordnungsgemäß hinknien, das war bestimmt nicht falsch. Nur, wo war sie, was war geschehen?   Oh du je, ja. Der Saft und Seine Lordschaft. Nun, dessen Stimmung war mit mörderisch wohl noch am Besten umschrieben. Was sollte sie nur tun? Der Herr hatte noch „Sesshoumaru“ gesagt, jetzt erst kam ihr das zu Bewusstsein, und dann hatte einer der Beiden, Vater oder Sohn, sie mit dämonischer Geschwindigkeit gepackt und mit sich genommen. Sie tippte eigentlich auf den Inu no Taishou. Vorsichtig öffnete sie ein wenig die Augen. Die Dämmerung war hereingebrochen. Sie entdeckte ein Stück weit vor sich liegend einen ziemlich großen, weißen Hund mit einer blauen Mondsichel auf der Stirn, der das dumpfe Knurren von sich gab. Sie konnte durchaus noch den rosa Schimmer auf seinem Kopf und an seiner Schulter entdecken, den ein deutlich größerer weißer Hund mit einem dichten Schulterfell, über ihm stehend, gerade ableckte. Sie hatte solch eine Szene im Takaeda-Schloss einst gesehen – ein Hund schlabberte seinen Welpen sauber! Da waren wohl bei dem Hundefürsten und dessen sichtlich unwilligen Erben die Instinkte durchgegangen. Wenn sie jetzt das tun würde, was sie wollte: quietschen: „oh wie niedlich“, und lachen, wäre das eine überaus törichte Selbstmordvariante. Sie vermutete stark, dass in diesem Fall Vater und Sohn darum wetteifern würden, wer seine Klauen langsamer durch sie ziehen konnte. So wandte sie das Gesicht zum Boden und biss in das Gras, im wahrsten Sinne des Wortes, um es nicht im übertragenen Sinn zu tun. Dieses Bild! Dieser Anblick! Und sie würde nie jemandem davon erzählen dürfen.   „Sakura.“ Sie kniete sich hastig ordnungsgemäß hin, die Stirn auf dem Boden, die Hände vor sich. Hoffentlich hatte der Herr der Hunde nicht bemerkt, dass sie gesehen hatte … Nun ja. Er hatte sicher. Hoffentlich kam keine Strafe und sie hatte sich geziemend beherrscht. Herrschaften, dämonisch oder nicht, auszulachen war ein tödlicher Fehler. Der Taishou sagte jedoch nur: „Bleibe bei Lord Sesshoumaru“, ehe er selbst verschwand. Er wusste, dass bei den Menschen bereits für einen kleinen Fehler grausame Strafen verhängt wurden. Den Daimyo vor seinen Gästen das Gesicht verlieren zu lassen war sicher ein sehr großer Fehler, und er hoffte, dass er der unglücklichen Dienerin einen raschen Tod gewähren konnte. Aber zunächst einmal hatte er Sesshoumaru auch den Blicken Hidemaru Takahashis entziehen wollen, denn er vermutete schwer, dass sein Sohn zunächst die Dienerin und dann den Fürsten getötet hätte, hätte er selbst nicht eingegriffen.   Sakura blickte vorsichtig auf. Wo war denn der Hundeprinz? Sie fand sich hier allein. Aber, da sie keine andere Anweisung erhalten hatte, musste sie eben warten. Erst jetzt fiel ihr in der zunehmenden Dunkelheit auf, dass keine zehn Schritte von ihr entfernt ein Bach floss, der offenbar sehr warm war, denn er dampfte. Nur ein Stück entfernt konnte, musste, sich eine heiße Quelle befinden und sie vermutete, dass Lord Sesshoumaru dort sich und seine Kleidung abwusch. Kein Wunder, dass er sie dabei nicht als Zeugin wollte. Es war allerdings ein wenig unheimlich so allein in der zunehmenden Nacht zu knien und die eigenartigen Laute zu hören, die hoffentlich nur von Tieren stammten. Bestimmt von Tieren, beruhigte sie sich. Für Dämonen war doch schon die Energie des Prinzen eine Mahnung nicht zu nahe zu kommen.   „Was tust du hier?“ Oh, ihr Götter, war der zornig. Von ihm ging die Kälte einer Winternacht aus. „Befehl des Herrn, Lord Sesshoumaru“, brachte sie irgendwie hervor. Hoffentlich würde das sie schützen. „Komm.“ Gegen Vaters Anweisungen durfte sie nicht verstoßen, das war klar. Hoffentlich hatte sie nicht mitbekommen ... Sie hatte, sie war schließlich recht aufmerksam. Aber sie würde schweigen. Da sie auch nur aufstand, packte er sie um die Taille und nahm sie so mit sich durch das Portal, zurück in das Schloss der Takahashis. Dort waren die routinemäßigen Vorbereitungen für den Abschlussabend und die Verabschiedung Prinzessin Izayois bereits getroffen worden. Nichts sollte die Peinlichkeit des Hausherrn verraten, den das Gesicht vor dem Brautgeleit, und damit dessen Herrn verlieren lassen. Uveda, der Haushofmeister, erwartete trotz seiner mannigfaltigen Pflichten den Dämonenprinzen auf dem Hof und verneigte sich tief, als dieser die Heilerschülerin nachlässig zu Boden fallen ließ. „Darf ich Euer Lordschaft zu den Fürsten begleiten? Der Empfang findet wie angekündigt statt.“ Da dahinter ein Befehl seines Vaters steckte, geruhte Seine Eisigkeit dem Haushofmeister wortlos zu folgen. Sakura ging hinterher – ihre letzte Anweisung hatte gelautet, sie sollte bei dem … Ach du Schande, dachte sie. Wie sollte sie ihn je wieder ansehen ohne an einen rosa Hundewelpen zu denken? Das musste sie jedoch, wollte sie am Leben bleiben, das war klar.   Sesshoumaru nahm neben seinem Vater Platz, der auf der Empore mit Hidemaru Takahashi, dem Fürsten, saß. Da Sakura keine anderen Befehle erhalten hatte, kniete sie sich hinter ihre beiden Herren. Der Inu no Taishou meinte leise: „Das dort ist der Leiter des Brauteskorte. Der Daimyo teilte mir mit, dass dieser, wie auch alle anderen, wohlweislich nichts von den möglichen Fälschungen erfahren haben sollten. Sie werden morgen früh abreisen. - Der Mann dort links im roten Kimono ist Fürst Shinichi. Er unterhält sich gerade mit Prinz Daichi.“ Sesshoumaru betrachtete den vielleicht um die Vierzig zählenden Fürsten, dessen Borten und Verzierungen gerade noch angemessen waren: „Weiß er, dass Akira tot ist?“ „Bislang nicht. Er fragte nicht.“ Hm. Akira war tot – und damit auch die Chance des Kleinfürsten an die Belohnung zu kommen. Wieso wunderte der sich nicht, dass sein Bauer nicht auftauchte? Oder nahm der an, dass der rangniedere Akira eben nicht zu solch einem noblen Empfang geladen worden war? Ja, das musste es sein. Daichi war der zweite Sohn des Daimyo. Sakura hatte gehört, dass der nicht sonderlich glücklich über diese Rolle war. Er sah zu ihr und meinte leise: „Sakura – Shinichi und Daichi.“ Sie verstand sofort, was er meinte, dachte er zufrieden, als sie sich verneigte und aufstand, sich dezent einen Weg durch die Menschen bahnte. Sie hatte – natürlich – sein Gespräch mit seinem Vater verfolgen können, da sie hinter ihm niedergekniet war. Für einen Menschen war sie wirklich brauchbar.   Sakura entdeckte im Vorbeigehen Prinzessin Reika, diesmal natürlich ohne ihre Tochter, und verneigte sich höflich, ehe sie sich möglichst unauffällig von hinten an Fürst Shinichi und Prinz Daichi anschlich. In der Tat war sie als Mensch eher unbemerkt als es der Dämonenprinz gewesen wäre, und würde vielleicht etwas zu hören bekommen, das nicht für sie oder gar ihre Herren bestimmt war. Sie blieb neben einer Holzsäule stehen, möglichst außer Sicht, und versuchte die Stimmen der Beiden aus dem Gewirr herauszufiltern. „... meine sozusagen Schwägerin“, erklärte Daichi soeben. Fürst Shinichi lächelte, Sakura hörte es an seiner Stimme. „Ja, Austausch der Mädchen ist stets gut für die Familien. Man bindet sich. Wobei ich, Euer Einverständnis vorausgesetzt, auch gern mit Eurem werten Vater über eine Eheschließung sprechen würde. Meine jüngere Tochter dürfte Euer Alter haben.“ „Mag sein“, dehnte der Prinz. „Aber mein Herr und Vater wird sicher einen Vorteil sehen wollen.“ „Ich bin überzeugt, dass er auf Euch hören wird. Und Mariko ist ein sehr ... einfaches, gehorsames Mädchen. Ich bin gewiss, dass sie Euch keinerlei Probleme bereiten wird.“ „Und Euer Vorteil, Fürst Shinichi?“ „Nun, eine Familienverbindung dieser Art mit einem Daimyo ist nie schlecht, nicht wahr? Und, da Euer Bruder bislang nur ein Mädchen hat … Man kann ja hoffen, eines Tages der Großvater eines Daimyo zu sein.“ Daichi klang geschmeichelt. „Das mag natürlich sein. Aber, wie sollte ich meinem Vater eine solche Ehe schmackhaft machen?“ „Oh, werter Prinz. Natürlich ist Euch und Eurem mächtigen Vater bekannt, dass ich nur Töchter habe.“ „Eure älteste Tochter ist dennoch bereits verheiratet.“ „Ja. Aber nicht mit einem Daimyo.“ „Ich verstehe.“ Daichi lächelte hörbar.   Verstanden hatte auch Sakura. Shinichi versuchte sich raffiniert an den jüngeren Sohn des Daimyo heranzumachen. Reika hatte wahrlich durchaus Grund zur Sorge, sollte sie keinen Jungen bekommen. Hoffentlich würde der Prinzessin ihr medizinischer Rat helfen. Hm. Natürlich stand die Bewertung ihren Herren zu, aber, wenn der Kleinfürst Akira getötet hätte, hätte er seine Möglichkeit Geld zu gewinnen umgebracht. War Akira ihm in die Quere gekommen, hatte sich verweigert? Unwahrscheinlich. Für einen einfachen Bauern war das die Chance seines Lebens. Aber Fürst Shinichi schien auf alle Fälle auf die Zukunft zu setzen, das Leben als Opa eines Daimyo, zumal wenn der Enkel entsprechend erzogen worden war, oder man gar als Vormund agieren konnte. Und Daichi: das war eine Intrige gegen seinen älteren Bruder. Prinz Hidemaru sollte darüber nicht sehr glücklich sein. Eine Schlange im eigenen Haus bedeutete stets Ärger – für ihn oder auch Reika und mögliche männliche Nachkommen. Sie sollte besser wieder zuhören.   Fürst Shinichi meinte leise: „Ich würde ja auch darauf hoffen, dass ein künftiger Daimyo sich...bessere Umgebung sucht.“ „Als diese Beiden da? Ja, eine Abfallgrube wäre ausgezeichnet. - Ich muss meinen Pflichten nachkommen, werter Fürst. Vater sieht bereits zu mir.“ „Ja, natürlich. Ich hoffe doch, wir können uns in den nächsten Tagen noch sprechen, bis ich mein Geld, ich meine, Akiras Geld habe.“ „Ach ja, diese Bohrer. Wie lästig, dass Euch noch nicht Gerechtigkeit widerfuhr.“   „Heilerin.“ Sakura fuhr herum und neigte sich eilig tief vor dem menschlichen Erbprinzen. Hidemaru Takahashi betrachtete sie: „Meine Gemahlin teilte mir mit, dass Ihr ihr sagtet, ich solle sie ... schonen.“ Aua. Saß sie gerade in der Patsche? Oder Reika? „Nur solange die Therapie dauert.“ „Und Ihr seid sicher, dass Reika dann wieder empfangen kann.“ „Das liegt in der Hand der Götter, edler Prinz. Aber ja, es gibt dann kein körperliches Hindernis mehr.“ „Was würde geschehen, wenn ich es nicht tue?“ „In diesem Fall solltet Ihr Euch nach einer neuen Gemahlin umsehen“, entfuhr es ihr. Am liebsten hätte sie das unverzüglich zurückgenommen. Das war unhöflich, taktisch unklug, und dem Blick des Menschenprinzen nach zu urteilen sah der das mindestens ebenso. „Würdest du auch Lord Sesshoumaru so antworten?“ fragte er jedoch nur sachlich. Und wenn er sich bei dem Inu no Taishou über ihr unpassendes Verhalten beschwerte, würde sie Ärger bekommen. Sie sollte es entschärfen. „Seine Lordschaft geruht zumeist meine medizinische Beurteilung zu berücksichtigen.“ „Ihr seid Schülerin.“ „Frauen, zumal menschliche Frauen, obliegen zwischenzeitlich mir.“ Hidemaru Takahashi betrachtete das junge Mädchen. „Ihr seid Eurer Sache sicher. - So werde ich auch Eure Meinung berücksichtigen.“ Sakura neigte sich.„Vielen Dank, edler Prinz.“ Puh.     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)