Bis ans Ende der Welt von Shayuna (Inspector Gadget Fanfiction) ================================================================================ Kapitel 6: Verpasste Chancen ---------------------------- Gute anderthalb Stunden zuvor fuhr Titus in seinem doch sehr engen und, wie er bedauerlicherweise zugeben musste, sehr ungemütlichen U-Boot in Richtung eines New Yorker Hafens. Es hatte ein Leck! Ironischerweise passte das ja zu einem Titanic Besuch. Die war schließlich ebenfalls kaputt und das Grammophon lag leider auch nicht dort, wo es sollte. Zum Glück hatte er nahe des New Yorker Ufers einige metallische Objekten orten können. Die Drohnenfische waren schon ziemlich praktisch, aber bevor er den Gegenstand bergen konnte musste er sein Boot, oder eher Bötchen, in die Reparatur geben. Missmutig hockte er hinter dem Steuerrad. Seine Knie reichten ihm beinahe bis zu den Ohren, seine Schultern musste er einziehen und sich fast zu einer Kugel zusammenrollen, damit er nirgendwo aneckte. Das verdammte Budget! Er hatte gewusst, dass er mehr Geld investieren sollte, aber sein Onkel war ja immer so knauserig und gab lieber alles für ein Heimsolarium aus. Und zudem war er seit dem letzten Jahr deutlich gewachsen, das hatte er beim Bau nicht berücksichtigt. Der Blick des Jungen wurde noch grimmiger, während ihm das Wasser weiterhin unaufhörlich auf den Kopf tropfte und seine zuvor so aufwändig gegelten Haare dermaßen auflöste, dass ihm die Spitzen vollgesogen vor sein Gesicht hingen. Großer Gott, ein Glück, dass Sophie ihn nicht in diesem jämmerlichen Zustand zu sehen bekam. Was würde sie bloß von ihm denken? Bevor er das weiter ausführen konnte, rammte ihn etwas von der Seite, sodass sich das U-Boot überschlug und ihn für einen kurzen Augenblick aus seinem Gedankengang riss. „Entschuldigen Sie! Wir haben es eilig.“ Erklang es aus dem Megafon, das auf dem Dach befestigt war und Titus meinte die Stimme von Gadget vernommen zu haben. Nein, nicht jetzt! Wo er war, war Sophie nicht weit! Was, wenn sie ihn jetzt tatsächlich so gesehen hatte. Oh, was für eine Katastrophe! Die nassen Haare an sich waren nicht das Problem, die kannte Sophie ja schon... aber diese Nussschale war seiner absolut nicht würdig. Er musste wie eine Witzfigur aussehen. Mit einem tiefen Seufzer erreichte er schlussendlich die Werft, die von MAD betrieben wurde und ihm, als Mitglied, eine kostenfreie Reparatur versprach. Hoffentlich verstanden sie etwas von ihrem Job. Titus hätte das Tauchmobil zwar am liebsten selbst repariert, denn sich traute er am Meisten zu, aber er hatte einen Auftrag und musste wohl zurück ins Meer, nur diesmal ohne technische Unterstützung. Bevor er sich wieder in die Tiefen des Meeres stürzte kam er aber nicht um einen Abstecher ins Badezimmer herum. Erstens hatte sein U-Boot keine Toilette und zweitens musste er sich die Haare richten. So. Nun fühlte er sich wenigstens wieder wie ein Mensch. Zufrieden musterte er sich im Spiegel der Herren-Toilette und verließ danach frohen Mutes die Werft. Die Mitarbeiter hatten gesagt es könne etwas dauern bis es fertig war, also hatte er genügend Zeit und das Grammophon zu bergen. Als er am Steg ankam und das dunkle Wasser so vor sich liegen sah, war er ein weiteres Mal fasziniert. Wasser hatte seine ganz eigene, sanfte, aber dennoch auch leicht bedrohliche Art. Es gefiel ihm. Schnell drückte er den Knopf, der eine Luftblase um seinen Kopf erscheinen ließ und nicht nur sein Leben, sondern auch seine Frisur schützte. Mit einem Hechtsprung ließ er das Land hinter sich und stürzte sich kopfüber in das kalte Nass. Immer tiefer tauchte er, bis der Boden zu sehen war, überwachsen mit Seegras und was die Meere sonst noch boten. Sein Monitor zeigte einen metallischen Gegenstand in der Nähe an, doch als er ihn erreichte hielt er nur eine alte Konservendose in den Händen. Um ihn herum lag Vieles, was Schiffe im Laufe der Jahre verloren hatten. Beinahe wäre er an einem alten Anker hängen geblieben und hatte Glück, dass er den Fuß noch rechtzeitig weggezogen bekam. Es gab schon merkwürdige Dinge am Meeresgrund vor einer Metropole. Das Skurrilste, was er während seiner brotlosen Suche zu Gesicht bekam, war ein alter Kühlschrank. Wer verlor seinen Kühlschrank ohne es zu merken? Nach einer halben Stunde fand er schließlich etwas, das erfolgversprechend aussah. Im Sand vor ihm guckte etwas Metallisches und rundliches heraus, umgeben von Holzsplittern, die einem Boot gehört haben mochten. Es war zwar über die Hälfte im Untergrund versunken, aber konnte es sich durchaus um das gesuchte Objekt handeln. Titus war einerseits glücklich endlich etwas gefunden zu haben, was wenigstens ansatzweise aussah als sei es etwas wert und etwas mehr als eine Dose, aber andererseits wollte er nicht das komplette Grammophon aus dem Sand buddeln. Ihm blieb dennoch keine andere Wahl. Onkel Kralles schlechte Laune war noch unangenehmer. Somit begann er den Sand weg zu schaufeln und das Grammophon langsam frei zu legen. Es dauerte länger als es ihm lieb war, doch nach einiger Zeit hielt er das komplette Kunstwerk, und das war es tatsächlich, in den Händen. Es hatte funktioniert! Titus hatte es doch von Anfang an gesagt. Es konnte nichts schief gehen. Selbst sein kaputtes U-Boot hatte ihn nicht davon abgehalten seinen Auftrag zu erledigen. Ein Grinsen schlich sich langsam auf sein Gesicht, als er sich mit dem wertvollen Zusatzgewicht gen Oberfläche bewegte. Er hatte kaum 50 Meter geschafft als sein Blick auf einen rot-blauen Taucheranzug nicht weit von ihm fiel. Sophie! Schon wieder. Nein, das Grammophon bekam sie nicht. Und diesmal würde er auch darum kämpfen wenn es sein musste. Mit Schwung schwamm er weiter, hielt den Blick aber fixiert auf seine Verfolgerin. Sie hatte ihn wohl auch bemerkt, denn sie zündete irgendeine Art Spezialantrieb und kam wie eine Rakete auf ihn zu geschossen. Verdammt, jetzt hat sie mich! Dachte sich Titus noch, als sie plötzlich stoppte und die Richtung änderte. Sie schwamm nun senkrecht nach oben, nicht mehr auf kürzestem Weg auf ihn zu. Was war ihr Plan? Hatte sie einen, oder improvisierte sie mal wieder genial? Er würde ihr jedenfalls nicht in die Falle laufen, so viel war sicher. Titus schwamm noch immer in die Richtung des Lichteinfalls und beobachtete seine Erzfeindin weiterhin genau. Doch er war zu weit entfernt um zu sehen was wirklich geschehen war. Erst als die Energie aus Sophies Körper wich und sie kraftlos zu sinken begann begriff er, dass irgendetwas nicht stimmen konnte. Nein! Das war unmöglich! Entsetzt starrte er in Richtung seiner großen Liebe, die zu ertrinken drohte. Es dauerte keinen Bruchteil einer Sekunde um zu begreifen, dass ihm ihr Leben mehr am Herzen lag, als das goldene, diamantbesetzte Grammophon, das ihm nun, beinahe unbewusst, aus den Händen glitt und den kompletten Weg zurück zum Meeresgrund zu sinken begann. Kaum hatte es seine Hände verlassen eilte er seiner Erzfeindin zu Hilfe und betete, dass es nicht zu spät war. Sophie, halte durch! Mit dem Mädchen in seinen Armen schwamm er der Oberfläche entgegen. Er war verzweifelt, beinahe panisch. Sie konnte und durfte nicht sterben. Erfolglos versuchte er die Tränen zurückzuhalten, die nun über seine Wangen rollten. Verdammt Titus! Das ist nicht sonderlich maskulin! Schalt er sich selbst, konnte aber nichts gegen diesen Gefühlsausbruch tun. Er machte sich Sorgen, hatte Angst, dass sie plötzlich aus seinem Leben verschwinden könnte. Und das nicht nur für 4 Wochen, sondern für immer. Bei diesem Gedanken zog sich alles in ihm schmerzhaft zusammen, er durfte es nicht zulassen. Nach kurzer Zeit, die ihm aber wie eine Unendlichkeit vorkam, erreichte Titus die rettende Luft und den Strand. Nun lag Sophie nass, kalt und leblos vor ihm im feuchten Sand. Ihre sonst so hübschen, roten Lippen waren blau angelaufen und als er mit zitternden Fingern nach dem Puls suchte fand er keinen. „Komm schon Sophie. Bleib bei mir!“ Murmelte der Junge in weinerlichem Ton, bevor er mit der Herzmassage begann, in der Hoffnung, sie retten zu können. Mund zu Mund Beatmung wollte er nur machen, wenn nichts anderes mehr half. Wenn es nötig war um ihr Leben zu retten, und so schien es zu diesem Augenblick. Kein Weg schien drum herum zu führen. Aber den ersten Kuss sollte sie doch bei vollem Bewusstsein bekommen! „Mach deine Augen auf!“ flehte Titus, während er weiter das Blut durch ihren Körper pumpte. Tatsächlich vernahm er ein leichtes Röcheln und bemerkte, dass das Herz wieder selbstständig schlug. „Sophie!“ Er wollte eine Reaktion bekommen, irgendeine. Die bekam er auch, in Form einer gepfefferten Backpfeife. Verdutzt wich Titus etwas zurück, während sich Sophie aufrichtete und eine ordentliche Menge Wasser aushustete. Sie holte einige male ordentlich Luft, ehe sie in der Lage war zu sprechen. „Verdammt Titus, ich wäre fast gestorben!“ „Und ich habe dich davor bewahrt.“ Stellte der Angesprochene fest, der den Moment zuvor genutzt hatte um seine Tränen weg zu wischen. „Deshalb frage ich mich grade auch wofür der Schlag eben war.“ Irritiert blickte er in die blauen Augen des Mädchens, das nun ein wenig kleinlaut in sich zusammensank. „Ach, du weißt schon... Zu der Rettung von Ertrinkenden gehört ja auch die Mund zu... naja, wie auch immer. “ Titus musste den Vorwurf vehement von sich weisen, wurde bei dem Gedanken an den beinahe Kuss aber deutlich rot. Das Mädchen dachte sich ja auch Sachen aus. „Wenn es darauf hinaus läuft, dass ich dich `geküsst´ haben soll.... Humbug. Ich habe nur dein Blut in Zirkulation gebracht, den Rest hast du erledigt.“ Sophie lächelte leicht. „ Ich muss das wohl so hinnehmen und glauben. Da siehst du mal, so leicht bin ich nicht klein zu kriegen!“ „Ich musste dich trotzdem retten.“ Schmiss Titus dazwischen und biss sich auf die Zunge um nicht raus zu posaunen wie sehr er sich gesorgt und geängstigt hatte. Das konnte er seiner Erzfeindin doch nicht sagen. Zumindest nicht jetzt, in dieser Situation! Sophie sah ihn ein wenig dankbar, aber auch etwas motzig an. „Danke dafür.“ murmelte sie. „Aber du musst doch gesehen haben, dass ich abgedreht habe, wieso warst du nicht schon früher bei mir?“ „Herrgott noch mal, ich habe gedacht du hast wieder einen deiner tollen Pläne und lenkst mich in eine Falle. Ich kann doch nicht damit rechnen, dass dein Equipment so instabil ist.“ Das schien sie getroffen und zum Nachdenken angeregt zu haben, denn sie starrte nur stumm auf den Boden. „Wie auch immer“ fuhr Titus fort „ Ich bin froh, dass du lebst. Die Missionen wären ohne dich ziemlich langweilig geworden. Pass demnächst ein bisschen besser auf dich auf, ich bin nicht immer zur Stelle um das Fräulein in Nöten zu retten.“ So, hatte er es doch noch geschafft zu sagen, dass sie ihm mehr bedeutete als wenn sie bloß seine Erzfeindin wäre. Mehr war aber nicht machbar, das konnte er nicht verantworten. Er hatte Angst, dass sie erst recht zu Erzfeinden wurden, wenn es scheiterte. Scheinbar ging es seiner Sophie langsam wieder besser, wie er froh feststellen durfte, da sie kicherte, den Kopf hob und ihm Kontra bot. „Wer sagt, dass das Fräulein immer Rettung bedurft? Manch dunkler Ritter mag auch mal einen schlechten Tag erwischen und um die Hilfe der Jungfrau bitten. Und jetzt vergiss nicht wie oft ich dich schon aus unglücklichen Situationen gerettet habe! Oder Schuld daran war... “ Der letzte Satz ging in ihrem Flüstern beinahe unter, traf den Nagel aber auf den Kopf. Viele Situationen, die durch Sophie oder Kämpfe mit ihr entstanden sind, haben sein Leben nicht unbedingt leichter gemacht. Und das umschloss nicht nur Kralles Reaktion auf Fehlschläge... Aber er war ja nicht so. Eine Chance zu beweisen, dass sie besser war, als der super Titus, hatte sie alle male verdient. Er wusste schließlich, dass auch sie viel auf dem Kasten hatte und freute sich immer über einen Schlagabtausch mit ihr. „Wir können es ja so machen: Wir zählen, wie oft wir uns gegenseitig aus brenzligen Situationen helfen. Wenn wir denjenigen in eine solche Situation bringen gibt es Minuspunkte. Alles klar?“ Sophie nickte und Titus grinste selbstbewusst zurück. „Na dann steht es schon mal 1:0 für mich. Da du wieder auf den Beinen bist kann ich mich ja meinen anderen Aufgaben widmen, die zu kurz gekommen sind. Man sieht sich, Schnuckelchen!“ Mit diesen Worten machte er auf dem Absatz kehrt und stapfte den Strand entlang in Richtung der Werft, wo sein U-Boot lag. So ein Mist. Die Situation war doch perfekt gewesen. Er hätte ihr doch sagen können, was er für sie empfindet, aber nein, der Feigling Titus hat sich ein weiteres Mal nicht getraut. Wie in Paris...oder sonst immer. Währenddessen kam ihm das immer wie eine schlechte Idee vor, erst danach empfand er es als verpasste Situation. Jedes Mal. Ob er es wohl jemals schaffen würde ihr zu beichten, dass er sie liebte? Bestimmt, dessen war er sich sicher. Der Tag würde kommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)