The Light von robin-chan (In Our Darkest Hour) ================================================================================ Worst Case ---------- Sommer 2032 Der Schrei wanderte durch Mark und Bein; das letzte qualvoll röchelnde Aufbäumen ehe der Körper erschlaffte und sich seinem Peiniger auslieferte, der gierig seinen Hunger stillte. »Fuck! Jacko hat’s erwischt!«, rief ein Soldat. Wutentbrannt zielte er auf das Monster, das seinem treuen Partner das Leben nahm; Salven durchlöcherten den vom Virus infiziertem Leib. Ein Fehler, das Magazin entlud sich rasch; kostbare Munition für ein Ziel, wo sie doch um ihr Überleben kämpften; eingekesselt von der besessenen Meute. »Hör auf, du verschwendest deine Munition!«, ertönte eine hektisch schnaufende Stimme. Sie hatten einen Fehler begangen, einen mächtigen und hier, am Rande der Kleinstadt, wo ein Zaun und der dahinter liegende Wald bereits so greifbar erschienen, zollten sie Tribut. Der Fährmann wartete. Acht Soldaten wurden auserkoren. Zwei blieben übrig, doch wie lang? »Beeil dich, Fullbody!« Das Gewehr war leer geschossen; schnell auf den Rücken geschnallt. Die Pistole verblieb, zwanzig Kugeln, die zwischen Leben und Tod entschieden und vor ihnen unbekanntes Terrain. Sie rannten, flohen vor der Horde, die sich trotz der bisherigen Anstrengungen kaum verringert hatte. Sie waren direkt in ein Nest gelaufen. Aus einer routinemäßigen Aufklärungsmission wurde der blanke Horror; ihre Vorgesetzten hatten sie in den sicheren Tod geschickt. »Nami, da kommen wir rauf!«, deutete der First Lieutenant auf eine Feuerleiter, die für sie gerade noch so erreichbar war, während er rückwärts lief und in die Meute schoss; zwei Runner stolperten zu Boden, blieben liegen. »Mach!«, befahl er und seine Kameradin benötigte keine zweite Einladung, fand an der ersten Sprosse Halt und hievte sich fluchend und mit letzter Kraft hoch. Fullbody folgte ihrem Beispiel, fand jedoch nur eine Hand den notwendigen Halt und so taumelte er. Ein Schrei erstickte in dessen Kehle als ein Runner sich in seinem Bein festbiss. Dann verschwand der Widerstand. Keuchend lugte Fullbody hoch, Nami schoss in die Reihen; wieder prallten Körper nacheinander zu Boden. »Komm schon!«, schrie sie lautstark, »Komm endlich hoch!« »Scheiße!«, entwich dem Frist Lieutenant keuchend, sein Gesicht schmerzhaft verzogen. Er nahm Sprosse für Sprosse, ließ sich am Ende aufs Gitter fallen und warf angsterfüllt einen ersten Blick auf seine blutverschmierte Hose; das Loch war erkennbar und frustriert schlug sein Hinterkopf gegen die Hausmauer. »Der Arsch hat mich gebissen!«, wiederholte er mehrmals der Verzweiflung nahe. Auch sein Schicksal war besiegelt. »Wir müssen höher!« Mit einem Knall prallte die Feuerleiter unten auf, Nami hatte sie aus der Verankerung gelöst und trat zu ihrem Kameraden. Der Versuch, ihn auf die Beine zu hieven, misslang, er half kein Stück, machte sich schwerer als er war. »Fullbody!«, fauchte sie; ein zweckloses Unterfangen. Statt auf die Beine zu kommen, griff er an seinen Gürtel und streckte ihr ein noch volles Magazin in die Hand. »Ein paar Kugeln habe ich noch. Ich lenke sie ab und du verschwindest über das Dach.« Unten verblieb der letzte Rest, den konnte er lange genug in Schach halten, aber für ihn war es vorbei. »Der hat mich erwischt«, setzte er schwer atmend nach. Kalter Angstschweiß kroch aus seinen Poren hervor, sein Gesicht wurde kreidebleich. Solch ein Ende, das hatte er sich nicht gewünscht. »War nett mit dir«, lachte er und brachte sie an der Wand abstützend selbst auf die Beine. Nami hatte noch eine Chance und die musste sie annehmen. »Nimm und geh!« Nami schluckte. Warf einen Blick auf die Straße, hörte ihr Lechzen nach ihrem Fleisch, das wildgewordene Fauchen; weiß traten die Kieferknochen hervor. Sie hatte keine andere Wahl. »Verschwende nicht alle für die«, meinte zähneknirschend, nahm das Magazin und verstaute es. »Bestimmt nicht«, grinste Fullbody verschmitzt. Ein letztes Zögern, ein letztes verständnisvolles Nicken und Nami eilte davon. Der First Lieutenant verfolgte ihre Bewegungen bis sie außer Sicht für ihn war; erst dann zog er das Magazin aus seiner Pistole, zählte die verbliebenen Kugeln. »Was für ein Abgang«, nuschelte er. Humpelnd trat er vor, lugte nach unten. Seine linke Hand wanderte zur Brusttasche, angelte eine Zigarette hervor. Ein richtiger Raucher, das war er nie, eher gelegentlich um seine Nerven zu beruhigen oder hie und da neben seiner Lieblingsvorgesetzen, Hina, die ihm die Leviten lesen würde, hätte sie seinen Fehler gesehen. Welch passender Moment. Vier. Fünf. Sechs. Eine Pause trat ein. Nami sprang erneut auf ein gegenüber liegendes Dach, rollte sich gekonnt ab und warf nach Atem ringend einen Blick zurück. Bei diesem Abstand, da durfte sie sich ein, wenn auch nur kurze, Pause genehmigen. Fullbody hatte sie nie als einen Freund angesehen. Seine schmierige Art, die er allzu gern an den Tag legte, hatte sie nie gemocht. Während der Zeit, die sie in derselben Einheit verbrachten, sah sie in ihm einen Kameraden im Kampf, einen höherrangigen Soldaten. Dasselbe galt für die sechs Gefallenen und doch empfand sie Trauer. Zeit verband; auf die unterschiedlichste Weise. »Sieben«, nuschelte die Soldatin als ein weiterer Schuss ertönte. Sie wusste, was dieser bedeutete. Fullbody hatte sein Schicksal selbst in die Hand genommen, seinem Leben ein Ende bereitet. Tief atmete sie ein, unterband das aufkeimende Beben ihres Körpers. Nami sackte auf die Knie, ihre Finger vergruben sich in ihrem zerzausten Pferdeschwanz; trotz zusammen gebissener Zähne entwich ihr ein Schluchzen, Tränen verschleierten ihre Sicht. »Hör auf«, murmelte sie zu sich, schüttelte vehement den Kopf; sie durfte sich nicht gehen lassen. Dafür hatte sie keine Zeit, nicht zu dieser Stunde, nicht hier. Vorsichtig ließ sie den Blick schweifen; die Sonne verschwand allmählich hinter dem Horizont. Sie brauchte einen Unterschlupf, musste ihr Vorhaben neu bedenken. Nicht länger kam ihr der Gedanken sofort die nächstbeste Gelegenheit zur Flucht zu nehmen. Irgendwo musste sie hier einen Platz finden, dort die Nacht verbringen und dann, dann wusste sie mehr. Ein Schritt nach dem anderen, kein unüberlegtes Handeln, denn sonst war all das wertlos. Ein, aus atmen, Kontrolle war notwendig. Minuten später raffte sie sich auf. Aufmerksam, lauschend balancierte Nami am Rand des Daches entlang, studierte genauestens die darunter liegende Straße. Niemand erkennbar. Weder ein Runner, Stalker noch bemerkte sie einen Clicker. Wie leer gefegt, aber alle hatten sie unter Garantie nicht getötet. Nami wusste somit, sie musste aufpassen. Wollte sie hinunter, so kam sie dieses Mal nicht an einer Kletterpartie vorbei und das sagte ihr weniger zu. Zwar warf sie für einen kurzen Moment den Blick zurück, in jene Richtung, aus der sie geflüchtet war, aber den dortigen Anblick wollte sie lieber vermeiden; und zur Not lebte noch der eine oder andere Infizierte. Nami kam auf dem Asphalt auf; stützte sich mit den Händen an ihren Knien ab und rang nach Atem; sie war durchgeweicht, der Schweiß drang aus den Poren. Mittlerweile verspürte sie auch Müdigkeit. Noch vor Sonnenaufgang war der Trupp bereits aufgebrochen, bei der Ankunft hatten sie kaum Rast erhalten und der Adrenalinschub, der sie vorhin auf Trab hielt, klang immer mehr ab. Hinzu kam der Durst. Der Fluss, dem sie tagsüber gefolgt waren, der musste in der Nähe sein, denn ihren Rucksack holen, das war eine Option, die sie ungern in Erwägung zog. Denn dort, wo dieser lag, hatte das Unglück seinen Anfang genommen. Alles hatten sie dort liegen gelassen. »Hey!«, hörte sie aus dem Nichts heraus als sie die Straße überquerte. Zum zweiten Mal an diesem Tag nahm ihr Herzschlag an Fahrt auf. Blitzartig zückte sie ihre Pistole, machte eine Kehrtwendung; sie suchte und fand die Quelle der Stimme. In der Nebenstraße, auf einem alten Müllcontainer, saß ein Junge, dessen Beine taumelten. Er trug ein ärmelloses, offenes Hemd; eine kurze Jeanshose und … Irritiert hob sich eine Augenbraue. Sandalen? Gab es in diesem Ort tatsächlich Überlebende? Denn niemand würde mit solchem Schuhwerk größere Distanzen auf sich nehmen. Am Ende fiel ihr noch ein alter Strohhut auf, den er zwischen den Händen spielend drehte. Wer war er? »Hast du den Lärm veranstaltet?«, fragte er breit grinsend und lachte herzhaft. Als hatten sich die Schüsse nach Spaß angehört. »Wer bist du?«, stellte Nami die Gegenfrage, ihr Arm blieb dabei ausgestreckt, der Lauf zielte weiter auf den Jungen, dessen Alter sie schwer einzuschätzen wusste. Auf jeden Fall war er nie und nimmer älter als sie. »Nenn mich Luffy! Wer bist du?« Er stieß sich ab, klopfte den Dreck von seiner Jeans, den Hut behielt er in einer Hand. Bevor er auf sie zu trat, schulterte er noch seinen Rucksack, den er an den Container gelehnt hatte. »Also, hast du geschossen?« »So in der Art«, nuschelte die Soldatin gepresst. »Lebst du hier?« »Nein, bin auf der Durchreise«, griente Luffy und deutete nun auf die Pistole, »Die kannst du ruhig einpacken, ich tue dir nichts.« »Ich fühle mich wohler dabei, dann machst du keinen Blödsinn«, gab Nami gekonnt zurück und dachte nicht daran, so einfach ihre Waffe in den Holster zu geben. Sie kannte ihn nicht und sie alle hatten gelernt, wie oft man in eine Falle laufen konnte. Vielleicht gehörte der Junge Banditen an. »Wäre besser, sie mag das nicht«, meinte er schulterzuckend. Nami brauchte gar nicht fragen, wen er meinte, denn sogleich hörte sie etwas sehr vertrautes. Sie schloss die Augenlider, hielt die Luft an. Das Entsichern eines Gewehres hatte sie verinnerlicht. Dieses eine unverkennbare Geräusch, das augenblicklich alles andere vergessen ließ. »Dem kann ich zustimmen.« Eine Frauenstimme mischte mit und Nami wusste, sie stand direkt hinter ihr und hatte wiederum sie ins Visier genommen. »Wo sind deine Leute?«, fragte diese süffisant und Nami spürte das flaue Gefühl in ihrer Magengrube, das sich langsam ausbreitete und schwer wog. »Ihr habt die Schüsse gehört … dürfte die Frage beantworten, oder?« »Ich sagte doch, wir sollten uns den Radau ansehen!«, sprach Luffy nun an seine Begleiterin gewandt und seufzte laut. »Tut mir leid mit deinen Freunden.« Nami zog die Brauen zusammen, sah wie er sich unschlüssig am Nacken kratzte, als ob er tatsächlich Mitleid empfand. Sie suchte nach Anzeichen einer Heuchelei, denn Soldaten waren nicht gerade gern gesehen. Selbst in den Großstädten spürte sie stets die ablehnenden Blicke der Bevölkerung. Und so sehr sie auch suchte, fand sie nur Aufrichtigkeit, die in seinen Gesten lag. »Scheiße!«, fluchte sie leise und ließ ihren Arm sinken, sicherte die Pistole und steckte sie in den Holster. »Ich habe echt keine Lust auf weitere Komplikationen, okay?« Zuerst sah sie Luffy an, der wieder ein breites Grinsen aufgesetzt hatte, dann drehte sie langsam ihren Rumpf und konnte einen ersten Blick auf die Frau werfen, die hinter ihr stand, aber weiterhin auf sie zielte. Anhand der Stimme hatte sie bereits geahnt, dass diese wesentlich älter sein durfte als ihr Begleiter, aber staunte sie über den Unterschied. Sie war ein gutes Stück größer als Nami und auch von der Kleidung her wirkte sie eher auf eine Reise vorbereitet und bildete vom Auftreten her das vollkommene Gegenteil zu Luffy. Das schwarze – konnte Nami tatsächlich einen Blauschimmer erkennen? – lange Haar zusammengebunden zu einem perfekt, strengen Pferdeschwanz, aus dem kein einziges auszubrechen schien. Im Ausschnitt des Tops hang eine Sonnenbrille; saubere Kleidung und definitiv keine Sandalen. Namis Augen wanderten tatsächlich auf und ab und sie verbot sich den Drang zwischen den beiden hin und her zu sehen. Ein merkwürdiges Duo, das so überhaupt nicht zueinander passte. »Komm schon, Robin, sie sucht keine Auseinandersetzung«, lachte der Junge und fuhr sich durch sein ebenfalls schwarzes, aber kurzes und zerzaustes Haar ehe er sich den Strohhut aufsetzte. »Vielleicht ist sie infiziert?«, säuselte Robin unverblümt, setzte ein provokantes Lächeln auf. Provozieren, darin lag auch eine Stärke von Nami. Ohne Umschweife entledigte sie sich ihres schwarzen Shirts, das jeder Soldat trug. »Hose auch?« Verachtend schnaufte Nami und schüttelte den Kopf. »Wäre ich infiziert, wäre das meine Angelegenheit. Da brauche ich keine Fremden, die mir die Arbeit abnehmen!« Während die Frau nicht einmal mit der Wimper zuckte, drang ein lachendes »Ich mag dich!« seitens Luffy zu ihren Ohren durch. Der Typ hatte echt eine Macke und vermutlich brachte er durch seine sorgenfreie Art noch Infizierte aufs Radar. »Entweder erschießt du mich auf der Stelle oder du packst endlich dieses beschissene Gewehr zur Seite!«, wurde sie nun forscher. Nami ließ sich hier unnötig aufhalten und sie hasste nichts mehr als eine Waffe aus sich gerichtet zu haben. Zu ihrer Verwunderung lächelte die andere und schulterte das Gewehr tatsächlich. »Danke«, brummte sie. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)