Ginny Weasley von Liliputh (Wie fühlt es sich an, besessen zu sein?) ================================================================================ Kapitel 8: Geschwisterbande --------------------------- Das Wetter am Montagmorgen spiegelte Ginnys Stimmung sehr gut wider: Blitze zuckten, heftiger Regen schlug gegen die Fenster, die Korridore waren dunkel und selbst die Fackeln konnten der düsteren Atmosphäre nicht beikommen. Zusammengedrängt lief Ginny inmitten einer Traube von Mitschülern zur Großen Halle. Lediglich Schüler aus höheren Jahrgängen schienen den Mut zu haben, allein oder zu zweit durch das Schloss zu gehen. „Meinst du, wir dürfen Colin besuchen?“ Eine Gänsehaut kroch über Ginnys Haut, als Laura sie ansprach. Ihre ohnehin recht helle Stimme klang beinahe schaurig, da sie aufgrund der unterdrückten Anspannung um einige Oktaven höher rutschte. „Ich hoffe“, murmelte Ginny und spürte, wie ihre Lippen zu zittern begannen. Laura ergriff ihre Hand und drückte sie kurz. „Du kannst in Zauberkunst gerne zu uns hinter kommen.“ Ginny bemühte sich um ein Lächeln und nickte dankbar. Heute würden sie endlich den Schwebezauber beginnen. Und Colin hat sich so darauf gefreut. Ginnys Herz krampfte sich zusammen. Hoffentlich wacht er bald wieder auf. Mit zugeschnürter Kehle saß sie kurz darauf vor einer Schale Haferbrei und rührte gedankenverloren darin herum. Wenn ich nur wüsste, was am Samstag geschehen ist, dachte sie niedergeschlagen. Sie hatte Tom befragt, doch seine Schilderungen vermochten die große Erinnerungslücke nicht gänzlich zu schließen. Undeutliche Bilder des Spiels und der im Anschluss stattgefundenen Party traten vor ihr inneres Auge. „BUH!“ Ginny stieß einen spitzen Schrei aus. Sie meinte, das Blut müsse ihr in den Adern gefrieren und zuckte so heftig zusammen, dass sie die Tasse fallen ließ. Laura und sie sprangen im selben Moment auf, als die Milch den Rock durchnässte. „FRED!“ Ginny wusste nicht, ob sie vor Schreck weinen oder vor Wut auf ihn losgehen sollte. Fred stand mit schiefem Grinsen vor ihr. „Dad meint, die Muggel vertreiben mit Lärm und Schrecken böse Geister“, informierte er sie. „Also genau das Richtige für dich. Schönen Tag noch.“ Mit offenem Mund starrte Ginny ihrem Bruder nach, der sich kichernd zwischen George und Lee niederließ. „Die haben Humor“, murmelte Laura schwach. „Was ist denn hier los?“ Missbilligend glitt Percys Blick über Ginny und blieb am durchweichten Rock hängen. „Fred… Hat mich erschreckt… Und die Tasse...“, stammelte sie. „Nicht zu fassen!“ Percy streckte seinen Rücken durch und zog den Zauberstab aus dem Umhang. „Ratzeputz.“ Ginny beobachtete erschöpft, wie die Milch in die Tasse zurück floss. Unter normalen Umständen hätte ihr dieses Zauberstück Freude bereitet, doch heute… Percy sah sie mit gerunzelter Stirn an. „Sowas unsensibles“, knurrte er dann wütend, drehte sich um und marschierte zu Fred. „Hab doch nur Spaß gemacht“, tönte die Stimme des Bruders aufgebracht. „Soll sich nicht so anstellen.“ Ginny ließ den Kopf sinken, erhob sich und ging mit schweren Schritten zum Verwandlungsraum. Wünschte, ich könnte diesem Schlammblüter einen Tritt geben. Wenn nur die verfluchte Kamera nicht gewesen wäre! Frustriert trat Ginny gegen eine Rüstung, es schepperte laut und Peeves stieß daraus hervor. „Oooh, ein putzi putzi Erstklässler. Warum so wütend, warum so ungehalten?“ Ginnys Antwort war ein eisgekühlter Blick. Erst die Katze und jetzt Creevey. Und Potter habe ich auch noch nicht erwischt. Was für eine Niederlage! In dieser Nacht muss nachgebessert werden. Wenn schon nicht Potter, so liegt wenigstens Creevey ungeschützt und wehrlos, wie auf dem Silbertablett da. „Gib auf die Geister acht!“ Hinter einem Mauervorsprung sprangen zwei Monster laut heulend hervor. Sie schlugen die Hände auf Münder, die große dunkle Untiefen zu sein schienen und gaben hohe, schrille Töne von sich. Ginny erstarrte in der Bewegung und spürte, wie ihre Beine nachgaben. Desorientiert sah sie sich um. Fred und George standen lachend vor ihr, zwei identische Masken in der Hand, neben sich die Schulsachen. „Das war knapp“, rief George, streckte ihr die Hand entgegen und zog sie auf die Füße zurück. „Hinter dir stand schon das Monster, um dich mit seinen langen Greifarmen zu packen.“ Ein Beben ging durch Ginnys Körper. Wie war sie vom Frühstückstisch nur in diesen Gang geraten? Und wo kamen die Geschwister schon wieder her? „He, jetzt heul' nicht gleich.“ Verlegen sah Fred sich um. „Wenn Percy vorbeikommt...“ Doch Ginny konnte nicht anders, die Tränen liefen und liefen. „Fred! George! Es reicht endgültig!“ Ginny wischte sich über die Augen und konnte sich nur mühsam davon abhalten, dem Vertrauensschüler um den Hals zu fallen. Seine Ader an der Schläfe pulsierte, das Gesicht war dunkelrot verfärbt, als er im Laufschritt auf sie zu eilte. „Ich habe es euch bereits gesagt, lasst Ginny in Ruhe! Zehn Punkte Abzug für Gryffindor und lasst euch das gesagt sein: Noch eine derartige Aktion und ich schreibe an Mum. Seht sie doch an, sie durchleidet Alpträume und ihr macht noch Witze auf ihre Kosten!“ Ginny hatte den Bruder nie zuvor so wütend erlebt. Eine Welle von Dankbarkeit überkam sie, während die Zwillinge beschämt zurück wichen. „Sorry, Ginny“, murmelte George und rieb sich die Nase. „Und jetzt ab in den Unterricht.“ Fred sah seinen Bruder empört an, doch George stieß ihm mit hochgezogenen Brauen in die Seite und sie gingen. Schwer atmend sah Percy ihnen nach, doch beim Blick auf Ginny besänftigte sich seine Miene. Schweigend zog er sie an sich und strich ihr über das Haar. „Wehr dich“, riet Percy eindringlich. Ginny befreite sich gerade aus der Umarmung, als Hermine, Harry und Ron an ihnen vorbei gingen. Hermine lächelte aufmuntert, doch Ginnys Kiefer verkrampfte sich. Dass diese Schlammblüterin dieses Schloss immer noch besudelt! Sie müsste ausgeschaltet werden! Noch vor dem penetranten Creevey! Mit kalter Wut wandte sich Ginny dem Bruder zu. „Mit denen werde ich schon fertig, verlass dich drauf“, fauchte sie. Percy nickte zufrieden. „So gefällst du mir schon viel besser. Halt die Ohren steif, Kleine.“ Er verschwand und Ginny machte sich grimmig auf den Weg zu Zauberkunst. Laura redete, doch Ginny ignorierte es. Überheblich beobachtete sie, wie Laura mit konzentrierter Miene den Zauberstab schwang und die Feder müde zuckte. Ginny räusperte sich: „Wingardium Leviosa.“ Laura warf ihr einen neidischen Blick zu und seufzte dann. Ginny kicherte und sah mit einem boshaften Grinsen auf die beiden leeren Plätze in der ersten Reihe. Tja, Creevey. Du wirst für sehr lange Zeit nicht mehr Flitwicks Liebling sein… --- Anhören könnt ihr das Kapitel hier: https://www.youtube.com/watch?v=LT7r3aritdc Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)