Status Quo von xCxJx ================================================================================ Kapitel 7: ----------- Am Nachmittag, Kyle hatte Potter und Draco dazu genötigt, ein Gesellschaftsspiel zu spielen, ertönte plötzlich eine dumpfe Melodie. Draco atmete auf, endlich hatte diese Tortur ein Ende. Eigentlich hätten sie in die Winkelgasse gewollt, aber bevor sie aufbrechen konnten, war Kyle von seiner Arbeitsstelle kontaktiert worden. Und jetzt hatten sie den ganzen Nachmittag auf einen weiteren Rückruf gewartet und dieses unsinnige Spiel gespielt. Kyle griff in die Hosentasche, um das flache, rechteckige Etwas hervorzuholen, das Draco bereits zuvor gesehen hatte. Er sah auf die Seite dieses Dinges, die hell und farbig aufleuchtete und blickte dann entschuldigend zu den beiden anderen.   „Das sind sie, ich geh' mal ran.“ „Kein Problem“, sagte Potter.   Kyle stand mit dem Ding in der Hand auf und ging raus. Dracos Augen folgten dem Muggel-Ding, das munter vor sich hinklingelte und leuchtete.   „Das ist ein Handy. Mit dem kann man jemanden erreichen, der sich an einem anderen Ort befindet und mit ihm sprechen. Ungefähr so ähnlich, wie bei einem Kamingespräch. Nur viel praktischer, weil es eben kaminunabhängig ist. Ich habe auch eins.“ Er nestelte in seiner Hosentasche herum und zog schließlich ein ähnliches Ding – Handy heraus, um es Draco hinzuhalten. Draco gestattete sich selbst nur einen Blick darauf, unterdrückte aber den Drang, es in die Hand zu nehmen und näher anzusehen. Potter steckte es schließlich wieder ein.   „So ruhig und schön es ist, in einer Muggel-Gegend zu wohnen, manchmal ist es ganz schön lästig“, seufzte Potter. Draco folgte seinem Blick zum Fenster. Draußen fielen seit einigen Stunden wieder dicke Schneeflocken.   „Wie gerne würde ich den Schnee einfach wegschmelzen. Aber das ist wohl der Preis dafür, damit ich nicht das Gefühl habe, ich stünde ständig unter Beobachtung.“ Noch ein Seufzen. „Ich geh' dann mal Schnee schippen. Wenn ich das jetzt nicht mache, wird das bei dem Schneefall später eine echte Qual.“ Resigniert erhob er sich aus dem Sessel und verließ das Wohnzimmer.   Eine Weile blickte Draco zum Fenster raus und hing seinen Gedanken nach, bis sich die Tür wieder öffnete und Kyle eintrat.   „Ist Harry weg?“ „Schnee schippen“, antwortete Draco immer noch leicht abwesend.   „Manchmal versteh' ich wirklich nicht, wieso er ausgerechnet in einer Muggel-Gegend leben will“, griff Kyle unbewusst Potters vorher angeschnittenes Thema auf. Dann blickte er zu Draco. Letztgenannter überkam ein ungutes Gefühl, denn es dauerte eine Weile, bis Kyle etwas sagte. „Wie stehst du eigentlich zu Harry?“ Draco zog die Augenbrauen hoch. „Müsstest du das nicht wissen? Als sein Freund?“ „Schon“, gab er zu, „aber wie denkst du darüber? Ich hab' das Gefühl, als gäbe es zwischen euch Spannungen.“   Unruhig setzte Draco sich auf und legte den Arm auf die Lehne. Gleich darauf nahm er ihn wieder herunter.   „Dann täuscht dich dein Gefühl nicht, zwischen Potter und mir hat es schon immer Spannungen gegeben. “   „Und welche Art von Spannung ist es diesmal?“   Draco fuhr mit seiner Hand nervös durch die Haare. Er hatte den Verdacht, dass Kyle eigentlich von etwas ganz anderem sprach als es den Anschein hatte, ihm war die Betonung nicht entgangen. Aber er konnte sich keinen Reim darauf machen, was das sein sollte. Und wo war der Sinn der Differenzierung, welche Arten gab es schon? Die Art von Spannung, bei der man sich gegenseitig an den Kragen ging? Oder bei der die Luft vor Spannung flirrte? Wo war da der Unterschied? Unruhig legte er den Arm wieder auf die Lehne. Kyle, der seine Bewegungen beobachtet hatte, zog daraufhin seine Mundwinkel nach oben und Draco widerstand dem Drang, den Arm sofort wieder von der Lehne zu nehmen.   „Was auch immer du implizierst, Potter und ich haben nichts dergleichen.“   „Ah, so frustriert, dass du wieder beim Nachnamen bist?“, bemerkte Kyle spitzbübisch.   „Ich wiederhole mich nur ungern, denn ich betrachte das als Zeitverschwendung, aber du scheinst es nötig zu haben. Also werde ich dir ausnahmsweise mal behilflich sein: Du verrennst dich in ein Hirngespinst. Die Spannungen zwischen Pot- Harry und mir sind nicht anders als beispielsweise die zwischen Grindelwald und Dumbledore. Oder viel mehr waren es, der Ausmaß ist mittlerweile ein anderer. Vielleicht kennt ihr euch doch nicht so gut, wenn du das nicht weißt“, erwiderte Draco und ging ohne einen weiteren Blick raus.   „Wo gehst du hin? Das Gespräch war noch nicht beendet“, rief ihm Kyle hinterher.   Draco blieb im Türrahmen stehen, ohne sich umzudrehen.   „Spannungen entladen“, antwortete er mit einem süffisanten Grinsen und ging dann weiter. Sollte Kyle sich doch darüber den Kopf zerbrechen.   Im Flur riss er den Schal beinahe mitsamt dem Haken von der Wand. Er war wütend, nein, genervt. Wieso war immer alles, das auch nur im Entferntesten mit Potter zu tun hatte, so kompliziert, so unangenehm? Vielleicht sollte er seine Sympathien für Kyle ja noch mal überdenken, wenn dieser ständig nur von der Brillenschlange sprechen konnte.   Aber jetzt erstmal gab es kein Entkommen vor ebenjenem einfältigen Idioten, denn das war die einzige schnelle Ausrede, die ihm eingefallen war. Und wieso dann, bemerkte er irritiert mit einem Blick in den gegenüber hängenden Spiegel, war da so etwas wie ein Lächeln in seinem Gesicht? Er holte tief Luft, um sich zu beruhigen. Es wird Zeit, dass er endlich wieder seine Slytherin-Seite auskehrte und einen Vorteil aus einer unbequemen Sache zog.   Vor dem Haus schloss Draco vorsichtig die Tür, damit der Schwarzhaarige, der mit dem Rücken zu ihm stand, nichts davon mitbekam. Leise ging er weiter, griff in einen Schneeberg, den Potter vermutlich aufgehäuft hatte, und formte ein paar Schneebälle. Er legte sie auf seinen Arm und schlich noch etwas näher an den Anderen ran, zielte, warf und traf ihn im Nacken. Strike!   „Iiieääh!“, rief sein Opfer erschrocken aus und griff sich an den Nacken. Er drehte sich um und der zweite Ball traf ihn ins Gesicht. Diesmal wurde der Aufschrei vom Schnee verschluckt.   „Malfoy!“, spuckte er schließlich aus.   Draco feuerte schon den nächsten Ball ab, der jedoch sein Ziel verfehlte, da sich Harry genau in diesem Moment zu der Schneeschaufel hinter sich gebeugt hatte. Sein ehemaliger Schulfeind hob die Schaufel hoch und lud sie voll. Dann drehte er sich zu Draco um und ging mit einem unheilverkündeten Grinsen auf ihn zu.   „Oh-oh“, sagte er und kehrte um, um den Rücktritt ins Haus anzutreten. Eigentlich hatte er vorgehabt, sich für das dritte Schuljahr zu revanchieren, als ihn Potter versteckt unter dem Tarnumhang mit Schlamm beworfen hatte. Aber das hier drohte eine andere Wendung zu nehmen. Er sah gerade noch Kyle aus einem der Fenster winken, da leerte Potter die Schaufel über ihm aus und er stand nach Luft schnappend da. Draco spürte, wie der eiskalte Schnee auf seiner Haut schmolz und die Tropfen an ihm hinunterliefen. Hinter ihm lachte Harry herzhaft und Draco schwor Rache. Er bückte sich und klopfte schnell eine Handvoll Schnee zusammen, richtete sich ruckartig auf und ging auf Potter zu, der sofort ein paar Schritte zurückwich. Aber Draco war schneller und rieb ihm den Schnee ins Gesicht. Dabei riss der Schwung Harry mit, sodass sie beide in einen Schneehaufen fielen. Draco ergriff die Gelegenheit und schaufelte mit seinen Händen Harry noch mehr Schnee ins Gesicht und schob es auch unter seine Jacke.   „Das ist kalt, Malfoy!“, rief Harry aus, lachte aber.   „Das hat Schnee so an sich, Potter“, triumphierte Draco und fühlte sich siegessicher. Endlich konnte er sich für die Schmach an der Heulenden Hütte rächen. Doch genau durch diese Gedanken war er einen Moment unvorsichtig und Harry ergriff die Gelegenheit und schmiss Draco auf den Rücken, um sich selbst auf ihn zu werfen. Sofort begann er nun seinerseits den Unterlegenen mit Schnee zu bedecken. Draco sah durch seine schneeverklebte Augen in Harrys lachendes Gesicht. Seine Wangen glühten und seine grünen Augen leuchteten. Für einen kurzen Moment schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, dass Potter attraktiv war. Er verdrängte ihn – denn es war unmöglich, dass er Potter attraktiv finden könnte – da wurde er von Harry in die Gegenwart geholt.   „Hallo? Alles okay?“ Erst jetzt fiel Draco auf, dass er mittlerweile über und über mit Schnee bedeckt war und sich noch nicht einmal dagegen gewehrt hatte.   „Nein... Ja, alles okay. Ich bin nur etwas... müde. Wahrscheinlich sollte ich in meinem Zustand einfach nicht im Schnee liegen.“   „Oh, ja, vielleicht hast du Recht. Gehen wir rein. Auf Schneeschippen habe ich sowieso keine Lust mehr.“ Harry stand auf und klopfte den Schnee von seiner Kleidung. Dann reichte er Draco die Hand, die dieser zu seinem eigenen Erstaunen sogar ergriff, bevor er darüber nachdenken konnte. Zusammen gingen sie wieder rein.   „Ahh“, sagte Harry, „und jetzt eine schöne heiße Dusche.“   „Lass dir nicht so viel Zeit, ich will auch duschen gehen.“ Er hätte wirklich nicht im kalten Schnee liegen sollen. Hoffentlich bekam er nicht noch eine Erkältung.   Harry winkte ab und ging zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hoch.   „Na, hatten die Kinder ihren Spaß?“ Draco sah zur Seite. In der Tür zum Wohnzimmer stand Kyle. Sein blondes Haar hing ihm ins Gesicht und mit einer geübten Bewegung strich er es sich aus dem Gesicht.   „Wozu die Frage, du hast uns doch beobachtet, während du dich feige im Haus verkrochen hast.“ „Natürlich, ich will ja nicht so aussehen wie du“, grinste Kyle unverschämt.   Draco nahm seinen nassen Schal und drückte ihn in Kyles Gesicht.   „Weißt du, vielleicht sollte ich darüber nachdenken, mehr Dinge mit anderen Leuten zu teilen.“ „Ist ja gut“, lachte Kyle in den kalten, nassen Schal, aber Draco ließ nicht locker. „Ah, geh weg, du nasser Hund! Los, sonst verpasst du das Beste. Wenn du dich beeilst, kannst du noch einen Blick auf einen halbnackten Harry werfen, der gerade aus der Dusche kommt.“   „Was?“, fragte Draco und gab tatsächlich nach. Es drängten sich ihm verschiedene Bilder von Harry auf. Bilder, die seiner Meinung nach nichts in seinem Kopf zu suchen hatten. Kyle konnte das unmöglich gemeint haben.   „Wenn Harry duschen geht, trocknet er sich nicht richtig ab und läuft mit Handtuch um der Hüfte zu seinem Schlafzimmer.“   Hatte Kyle doch.   „Aha“, machte Draco. Zu mehr war er erbärmlicherweise nicht in der Lage.   „Lass dir den Anblick nicht entgehen. Er lohnt sich“, sagte Kyle und schob Draco Richtung Treppe. Dann ging er selbst ins Wohnzimmer zurück.   Immer noch leicht verstört, begab Draco sich nach oben in sein Gästezimmer, denn er war jemand, der seine frische Kleidung mit ins Badezimmer nahm. Er ging nicht nach oben, um das zu machen, wozu ihm Kyle geraten hatte. Also nahm er die frische Kleidung aus dem Schrank und wartete, dass Potter aus der Dusche kam. Die Tür zu seinem Zimmer hatte er auch nur deshalb nicht geschlossen, weil er sonst nicht mitbekam, wann das Bad frei wurde. Und nicht, um zu sehen, ob Kyle Recht hatte. Er fragte sich, woher Kyle das überhaupt wusste. War er etwa so oft hier, um das beurteilen zu können? Wenn ja, wieso war er so oft hier? Schließlich waren sie Zauberer und Distanzen somit kein Problem. Ob es einen anderen Grund dafür gab? Vielleicht...? Mit einem leicht flauen Gefühl im Magen verscheuchte er jegliche Gedanken an Kyle und sein Privatleben. Viel wichtiger war, warum um alles in der Welt hatte der ihm das überhaupt gesagt? Dachte Kyle etwa, er stünde auf Potter? Nervös legte er seine Kleidung von dem einen Arm in den anderen. Was hatte er getan oder gesagt, dass Kyle auf solche abstruse Ideen kam? Das wäre ja völlig... abstrus. Verwirrt über seine eigenen Gedanken, schüttelte er den Kopf. Schließlich öffnete sich endlich die Badezimmertür und Harry, dem tatsächlich die Tropfen am Körper herunterliefen bis sie in seinem um die Hüfte geschlungenes Handtuch verschwanden, trat aus der Tür. Seine Haare standen ausnahmsweise nicht in alle erdenklichen Richtungen, sondern lagen nass und schwer am Kopf an. Unwillkürlich dachte Draco daran, dass es wild durcheinander tatsächlich besser aussah. Er ließ seinen Blick weiter über Harrys Gesicht gleiten und zuckte erschrocken zurück, als er bemerkte, dass die grünen Augen ihn ansahen.   „Du kannst jetzt rein“, sagte der Grünäugige und verzog seinen Mund zu einem charmanten Lächeln. Nein, es war kein charmantes Lächeln, korrigierte sich Draco, es war eher debil.   Draco sah ihm nach, bis sich die Tür des Schlafzimmers hinter dem Schwarzhaarigen schloss. Er schüttelte den Kopf noch einmal. Potters Körper war nicht viel anders als sein eigener. Oder der von Kyle. Ihm wuchs kein dritter Arm, er hatte keine gefleckte Haut. Im Prinzip war er überhaupt nicht anders als seiner. Und ganz genau genommen, war sogar sein eigener Körper sehenswerter, denn immerhin trug er das Dunkle Mal, dachte er bitter. Was also sollte die ganze Aufregung darum?     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)