0011001110010 - Prelude of Cybermatrix von abgemeldet
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Kapitel 1:
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1100011010100011000011010000101001000111111110101010100001011010.......
Bytes. Tausende von Bits rauschen durch meinen CPU. Daten. Information. Ich muss
sie finden. Doch es strengt an.
01110011110....
Mein Kopf brennt.
0011101010011110010.....
Anscheinend hab ich meinen RAM überlastet.
0111011000011111000........
Ich fühle mich, als wenn mein Inneres zu schmelzen beginnt.
0100100110110........
Es ist viel zu gefährlich, sich ohne gewisse Vorkehrungsmaßnahmen in die
Hauptzentrale des St. Lowell Main Towers einzuklinken als mit nichts mehr als
einem Palmtop, ein paar IDE Kabeln und ein paar direkt Kontaktadaptern für
meine Schaltkreisanschlussstellen.
1010101111100000010.....
Meine Fingerkuppen jucken unter den synaptischen Kurzschlüssen.
1001...1001001110....
Es ist zuviel. Zu viel für heute. Ich reisse das Connect-Kabel aus meiner
Halsbeuge, werde von den Unterbrechungsstromstössen zu Boden gerissen. Blut
tritt aus dem klaffenden Loch, es mit der Hand abzudrücken, würde nur eine
säureähnliche Reaktion hervorrufen und mir ein Riesen Ding in meinen hübschen
Hals ätzen. Leise krächze ich ein sarkastischen Lächeln in den Raum.
"Verdammt, Julian! Du warst so nah dran!"
Das Kältespray aus meiner Jackentasche hilft, bringt den Blutrinnsaal zum
erstarren. Ärger steigt in mir auf. Mir fehlen einfach differente bessere
Konstanten, die mein System auf maximale Stabilität justieren könnten.
"Ich brauch diese verdammte Liste!"
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Mein Cache spult die Digitalmail in mir wieder ab. Sie ist von einem Dr. V.
D'anclaude. Er bräuchte Plutos Hilfe. Meine Hilfe. As irgendeinem Grund braucht
er die Seriennummern-Liste aller je gebauten Thirds, inklusive mir, was ich
jedoch wahrscheinlich vertuschen werde. Auftrags-Prioritäts-Stufe 1. Er selber
hätte an dem Projekt nur sekundäre Beteiligung, doch es wäre von dringender
Wichtigkeit die Daten für einen gewissen Dr. A. zu beschaffen, am besten direkt
von Conception, dem Hersteller. Ihm sei es nicht gelungen, von außerhalb an die
Liste heranzukommen, denn sie schien gelöscht worden zu sein. Aus
Sicherheitsgründen? Was war hier los? Erfahre ich endlich die Wahrheit? Doch
ein Hacker stellt keine Fragen: er operiert!
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Es ist kalt. Nacht. Sogar hier in der Bar, trotz des Trubels. Night Life im
Sünden Viertel von St. Lowell. Kalt. Aber es liegt bestimmt nur an mir. Mir
geht es seid dem "Failed on Logout" nicht so gut. Meine Filter machten schlapp.
Ich bräuchte mehr Schlaf. Doch Schlaf find ich kaum.
Hier also sollte ich D'aunclaude treffen. Synthesizer mit passenden Polygon
Hologrammen und den dazugehörigen Gesangsverfechtern dringen an meine Ohren und
Augen. Die Musikentwicklung war und ist mir immer noch ein Graus. Ich drehe mich
ab, nippe an einem Strohhalm, der angeknabbert aus meinem Milchglas ragt.
Eigentlich bräuchte ich keine Menschlichkeit nachzuahmen, doch ich muss mein
Bild wahren. Thirds sind noch nicht bekannt, nur wenige wissen davon. Alle sind
mit ihren Seconds zufrieden. Jedenfalls erkennt man sie noch. Mich nicht. Ich
seh nur aus wie ein ganz gewöhnlicher 16jähriger Junge. Violette Haare, grüne
Augen, 1,68 gross.
Ich lächele. Wenn ihr wüsstet, dass ich, kein menschliches Wesen, hier meine
Milch trinke und im Geheimen eure privaten Systeme perfidisch absuche, würdet
ihr dann noch an so was wie einen Gott glauben?
Das diffuse Neonlicht erzeugt wieder nette Hitzewallungen in meinen Adern.
Tausende von blinkenden Riesen Reklame-Tafeln blinken hoch an den
Wolkenkratzern, die sich in all dem Glas der Stadt immer und immer wieder
brechen. Von dem Lärm ganz zu schweigen. Eine Stadt, die niemals schläft. Es
klingt kitschig, aber es ist so.
"Hey Kleiner, bist du frei?" Ein schiefnasiger Riese stützt sich mit beiden
Händen auf meinem Tisch ab und haucht mir seine dreckige Beleidigung ins
Gesicht.
"Seh ich so aus, als wenn ich deine stinkende Morchel nur anfassen würde?"
Abweisend dreht er sich um, macht kehrt, stampft aus der Bar durch die offene
Seite zur Strasse hinaus. Und gibt den Blick frei auf einen blonden Mann. In
einem langen schwarzen Mantel. Sonnenbrille. Ich schluckte. Er schaut mich an.
Er geht auf mich zu. Seine Hände in den Manteltaschen vergraben, mir unwissend,
welchen Blick er hinter den schwarz getönten Brillengläsern aufsetzt. Mir
schauderte.
"Pluto?" Seine Stimme jagt mir eine Brise der Ehrfurcht über meinen Rücken.
Gelassen, sein Blick auf mein Gesicht fixiert, geht er langsamen Schrittes auf
mich zu. Erhaben in seinen 2 Metern.
Er taucht uns in Schatten, lässt mich den Kopf in den Nacken legen, um sein
Gesicht besser betrachten zu können. Sein muskulöser Oberkörper, den ich
deutlich unter der schwarzen Mantelpracht nicht nur erahnen kann, prophezeit
über mir einen Mann mit Präsenz , Stil, Kraft, der gewissen Selbstbeherrschung
und einer großen Portion Ausstrahlung.
Nur zögernd antworte ich ihm: "Wer will das wissen?" Panik. Er sieht nicht
danach aus, sich von kleinen Jungs wie mir zu lange aufhalten zu lassen. Einen
jeden Moment erwartete ich Vorhersehbares.
"D'aunclaude!
<>
Seine Hand bringt ein säuberlich gefaltetes Stück Papier aus seiner
Mantel-Innen-Tasche hervor, reicht es mir. Mein Herz verfängt sich in einem
Stakkato aus schnellen Schlägen. Mein Hand ergreift zitternd das Schriftstück.
Seine ledernen Handschuhe streifen meinen Handrücken. Wieder Schauder.
Aufregung?
Ich überfliege die Lettern auf dem Papier. Es ist meine persönliche Codierung
der Email. Er hatte sie also entschlüsselt, was sein Erscheinen hier an unserem
Treffpunkt, den ich ausgewählt hatte, bestätigt.
"Ok, D'aunclaude! Was begründet ihre dringend, geforderte audiovisuelle Audienz
mit mir? Gelten die primären Sicherheitsrisiko-Regeln nicht mehr? Mein Leben
könnte in Gefahr sein, würde jemand mich erkennen!" meine Worte versuchen
locker zu klingen, aber meine Stimmbänder vibrieren im Einklang mit meiner
immer noch präsenten Unsicherheit.
Er nimmt seine Brille ab, beglückt mich mit einem mehr als emotionslosen
kühlen Blick.
"Lass uns woanders hingehen, wenn es dir besser behagt.....Julian!"
<>
Schauder. Mein Selbsterhaltungstrieb warnt mich. Gefahr. Irgendetwas stimmt hier
nicht.
Mir wird übel. Krämpfe. Mit gespielter Leichtigkeit folge ich ihm aus der Bar
hinaus ins Nachtleben. Immer mit Sicherheitsabstand.
<>
Wirre Gedanken zermürben mich. Ich folge ihm, durch belebte Strassen, durch
Menschenmengen hindurch und über die mir viel zu abstrakt gebauten
Verbindungsschächte der verschiedenen Ebenen von St. Lowell.
Stumm wandere ich hinter ihm her, betrachte aus meiner gesenkten Kopf-Position
seinen Rücken, seinen blonden Nacken-Ansatz, seinen unerschütterlichen
zielbeflissenen Gang. Alles um mich herum verschwimmt zu einem auf ihn fixierten
Lichtkegel. Leises Knistern meines Verteidigungs-Schockers, den ich in meiner
linken Hand verstecke, stärkt mit seinen leichten violetten Tönen nicht
wirklich mein Wohlgefallen an der Situation.
"Verbrenn dir nicht die Finger damit! Ich brauch sie noch, Pluto!"
Er dreht sich um, lugt aus seinem bebrillten Blickfeld hervor und weist mich mit
ihm in eine der dunkleren Seitengassen abzubiegen. Glasiger Asphalt erhallt
unsere Schritte. Berstende Stille umgab uns. Schützend, vor dem Üblem der
Slums, schiebt er mich vor sich her, verlangsamt aber nicht seinen Schritt. Ob
ich Angst habe? Natürlich!
Er streckt nach mehreren Abzweigungen seinen Arm aus, bringt einen Transmiter zu
Lichte, betätigt eine der Tasten und ein Tor öffnet sich. Mein Verstand setz
ein. Ich folge blind einem Fremden, mit dem ich nicht mehr in Verbindung setzen
kann als einem Auftraggeber, ein paar Emails und der Erkenntnis, ihm zwar
vielleicht geistig, aber nicht körperlich überlegen zu sein. Die
grundsätzliche Regel, nie Kontakt mit Klienten aufzunehmen, flackert über
meine membralen Netzhäute. Bei Panik flackerten sie immer. Ich will umkehren,
ich vertraue ihm nicht. Mit voller Wucht zwänge ich mich an ihm vorbei, will
zur Flucht ansetzen. Doch er hält mich wortlos fest, schiebt mich auf seine
Schulter, betritt mit mir, aggressiv wehrend, das dunkle Gebäude. Meinen Hals
erforschend, zwingt er seine Finger in meine Schläfen und ich spüre den
elektrischen Schocker ... meinen Schocker ...
Error. Shut Down Mode....
...............................................
Kopfschmerzen. Brüllend zerreisende Kopfschmerzen. Stechende Impulse
verursachen zeitweilige Lähmungen meiner Gliedmaßen, doch ich kämpfe gegen
die Ohnmacht an, kann meine Augen öffnen, meinen Arm anheben, mich gegen das
aufdringliche Licht wehren. Ein Kabel klemmt an meinem Hals. Mein System wird
gefiltert. Der Stromstoss von vorhin hatte anscheinend nicht nur meinen
zentralen Schaltkreis ausser Gefecht gesetzt, sondern auch den Datenpuffer, kann
mich also an wenig erinnern. Nur an dieses Gesicht und den Stromstoss.
Meine Hand reisst das 8MBit Kabel heraus und pfeffere es auf den Boden. Der
daran angeschlossene Laptop reagiert sofort mit einem hellen Piepton. "Broken
Line - Disconnected - Regenaration Transfer incomplete 67% - Checking new
Data....."
"Ach Klappe!" wüte ich, schnippe lässig durch den Polygonen Hologramm
Bildschirm, der sich leise knisternd verabschiedet und ein rauschendes Konzert
hinterlässt.
Mein Körper schmerzt. Meine Knie wackeln, muss mir vor Schwindel die Augen
zuhalten, wanke umher, um ein Bad zu finden. Kühlung, mir ist so heiss.
Mein feines Gehör vernimmt plätschernde Geräusche; verfolge sie. Dampf,
heiße Nebelschwaden fliegen mir entgegen.
"Hallo?" Keine Antwort. Ich traue mich in die Nebelwand hinein, spüre rutschige
Badfliesen unter mir, atme sterile heiße Luft ein. Rieche ich Chlor?
Meine zwei vorderen Haarsträhnen wellen sich leicht, mein violettes Muskelshirt
klebt an meiner Haut, die Jeanshotpants saugen die Feuchtigkeit regelrecht auf,
meine nackten Füsse schreiten kleinlaut vorwärts.
"Hallo?" Meine Hände finden Halt an chrombeschlagenen Handtuchhaltern, an
marmornetten Waschbeckenrändern, an nun angelaufenen großflächigen Spiegeln.
"Ist da jemand?" mein Blick schweift umher. Als mein Gesicht eine 180° Kurve
meistert, zielt ein Lauf auf mich. Ich erschrecke, verliere das Gleichgewicht,
falle an die Wand hinter mir, klammere mich an zwei metallene Rohre, die sich
vom Boden zur Decke erstrecken.
Die mir unsichtbare Person mit der Waffe in der Hand löst sich aus dem
Wasserdampf, gibt einen nassen, entblößten blonden Mann frei. Ohne jeglichen
Gesichtsausdruck. Nur ich werde rot.
"D'aunclaude!"
Mein Herz pocht wie wild. Endlich senkt er die Waffe ab, reicht mir seine Hand.
"Verdammt!" Wütend schlage ich seine Hand zur Seite, schlittere unbeholfen aus
dem Bad hinaus. Weg, nichts wie weg, denke ich mir. Meine Schuhe, die schwarze
Bomberjacke mit den Metallnieten an den Schulter und meine schwarze
Offiziersschirmmütze finde ich schnell, ziehe alles an. Doch eine Tür finde
ich nicht. Nur Wände, Wendeltreppen zu den differenten 3 Ebenen, diese
Riesenfenster, die einen Rundumblick auf St. Lowell freigeben, spartanische
Metall Möbel, technische Geräte hier und da. Jetzt fallen mir auch die vielen
Waffen auf: von Laser bis zu STI Eagle, von Western M37 bis zu durchschlagenden
SIG Pro 9mm, S&W M629c Magnum 44er Kaliber oder Benelli M39 mit
Explosionsgeschossen. Ganz zu schweigen von den scharfgeschliffenen Bajonette
und Kampfmessern.
In meiner Hysterie bemerke ich nicht, wie D'aunclaude, nun in einer schwarzen,
langen Jeanshose steckend, sich hinter mich schleicht, mich ohne weiteres
hochhebt und an einer Küchen Bar auf einen Hocker absetzt.
Wortlos schiebt er mir, ohne jegliche Großrederei, ein Glas Milch unter meine
Nase, rubbelt mit der anderen Hand und einem Handtuch weiter seine Haare
trocken. Sogar an den Strohhalm hat er gedacht.
"Shit, was soll das?" wieder schimpfe ich los. "Erst werde ich in diese riskante
Sache mit der Liste hineingezogen, dann muss ich einen Klienten treffen, der
mich KO setzt, in seine Residenz ohne Türen schleift, mich durchfiltert und
mich mit Waffen bedroht. Kann mich jemand aufklären, bitte?"
D'aunclaude greift unter die Theke, bringt einen Briefumschlag hervor, schiebt
ihn mir neben das Milchglas.
"Was ist das schon wieder?" entnervt greife ich danach, reisse ohne jegliche
Vorsicht den Umschlag auf, fingere nach dem Inhalt, überfliege den Text.
"Scheisse....scheisse scheisse scheisse!"
Zerknüllt werfe ich den Papierknäuel an die Wand, rudere fluchend durch das
Zimmer, setze mich energisch auf den Fenstersims eines geöffneten Fensters,
blicke 50 Etagen tief in endlose Leere der Stadt. Wut brennt auf meinen Lippen.
Ein Milchglas taucht wieder in meinem Blickfeld auf, wird mir in die Hände
gedrückt. Schamesröte steigt in mir auf. Hält der Kerl mich für ein Kind?
"Ich soll dich ab jetzt beschützen. Die Bullen wissen seid deinem letzten
Versuch von dir. Conception hat geplaudert. Hast deine Digital DNS Spuren nicht
verwischt. Leider handeln korrupte Leute mit diesen Daten. Vor allem auf dem
Schwarzmarkt. Du bist nicht mehr sicher, Kleiner!"
Er steckt einen zweiten Strohhalm in das Glas, nippt daran.
"Ich brauch keinen Schutz, verdammt! Lass mich! Wo geht's hier raus?"
"Wenn du rausgehst, schützt dich deine Anonymität kein Stück mehr."
"Red keinen Scheiß, ich kündige unseren Deal, zieh dein Ding allein durch, ich
hau ab! Und nun lass mich gehen!"
Wütend kicke ich alles um, was mir vor die Füsse kommt, schreie mehr als ich
verhandel.
"Du willst meine Hilfe also nicht?" D'aunclaude schwingt sich ebenfalls vom Sims
herab, stellt das Glas auf einen Marmorengel, der ein Tablett auf der
hochgehobenen Hand hält, ab.
"Nein! Ich brauch niemandes Hilfe! Ich komme alleine klar. Weder die Bullen noch
die anderen Schweine werden mich erwischen. Genies wissen sich immer zu helfen.
Und jetzt lass mich verdammt noch mal gehen!"
Meine Stimmung liegt beim Gefrierpunkt. Meine Augen flackerten wieder.
Drohstellung.
"Wie du meinst! Aber hier, nimm die mit, nur als Sicherheit!" er reicht mir
eine verchromte Magmun.
"Pass auf den Laser auf! Tu dir nicht selber weh!"
"Von mir aus, gib her! Werd ich zwar nicht brauchen, bringt aber Kohle!"
hämisch grinsend stecke ich die Waffe ein, stelle mich
-Hände-in-Jackentaschen-vergrabend- vor D'aunclaude hin.
"Bekomm ich einen Abschiedskuss? Schließlich sehen wir uns nie wieder!"
D'aunclaude stutzt etwas, schiebt mich dann aber vor eine dieser Metall
Wände, eine Fahrstuhltür öffnet sich aus der ebenen Fläche. Ich staune, wie
gut versteckt der Fahrstuhl liegt. "Nein, den heb ich mir auf!" haucht er ohne
Mimik und verfrachtet mich in den Fahrstuhl; die Türen gleiten zu. Er sieht
mein hochrotes Gesicht anscheinend nicht. Ich bin wütend, weiß aber nicht, ob
ich wütend darüber bin, dass er mich wie ein Kind behandelt hat oder mich die
ganze Zeit nicht ernst nahm oder mir den Kuss nicht gegeben hat. Es ist mit
sowieso jetzt egal. Jetzt nach Hause. Raus aus dem Fahrstuhl, hinein in die neue
Nacht.
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9 Tage sind vergangen. 9 Tage, in denen ich versuche, D'aunclaudes Warnungen zu
ignorieren und Erfolg genieße. 9 Tage ohne jegliche Vorfälle. In Ruhe kann
ich meine üblichen Tätigkeiten wieder aufnehmen, kleine feine Jobs annehmen,
Systeme lahm legen, Codes knacken, Daten löschen, Rache an differenten Personen
üben. Sprich, meine Credits auf meinem Konto nehmen langsam gewinnbringende
Formen an. Die Anzahl der Nullstellen hinter den Zahlen gefiel mir.
Der einzige Nachteil an der ganzen Sache ist nur, dass meine Haut durch das
nicht gerade hautfreundliche Kontaktmittel für die Dioden mit roten Flecken
übersäht ist. Doch meine Haut heilt immer schnell ab.
Ich mache es mir in meinem kleinen Ein-Zimmer-Apartment gemütlich, verbringe
mehr Zeit im dimensionalen Raum als in der Wirklichkeit, denn diese ist mir eh
schon viel zu lang fremd geworden.
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Der alljährliche saure Regen hüllt St. Lowell in Trübsal wie er mich jedoch
in helle Aufregung stürzt. Die nun horrable Zusammensetzung der Luft verdreckt
meine sensiblen Sensoren, mein Gehör scheint zu platzen, meine Haut kribbelt
noch mehr, mein Wahrnehmung synchronisiert falsch mit meinen Werten. Ich fühle
mich, als wenn 250 Herzschläge pro Minute dickklumpiges Blut durch meine Adern
pumpt. Mir ist ständig schlecht, nur die mit Elektrolyt gefüllten Kapseln
lindern mein Leid. Und am 11 Tag gehen sie mir aus. Thirds haben beschissene
Abwehrmechanismen, die überhaupt nicht funktionierten. Jedenfalls nicht bei
mir. Auf nichts kann man sich mehr verlassen, ausser auf die einzige Sprache,
die jeder spricht: Geld!
Es wist wieder kalt. Ich kuschle mich eng in meine Jacke, schiebe mir die Mütze
extra tiefer ins Gesicht, reibe beim Laufen meine Schenkelinnenflächen gegen
den Frost. Mars Nächte. Ich liebe und hasse sie zugleich. Wie wohl auch die
anderen 500 Millionen Einwohner.
Doch jetzt brauch ich diese Regenerations-Kapsel für mein Kühlungs- und
Filtermodul, sonst werde ich die Regenphase nicht überleben. Ich bin eben doch
nur das letzte... das letzte Modell.
D'aunclaudes Geschenk wird wohl dafür seinen Wert offenbaren.
Metallene Geräusche durchziehen die Gassen, ein stetiges Wummern von schnellen
Schlägen. Feuertonnen. Gewisse Dienstleistungsanbieter, neuartige
Interpretationen von Musikgeschmack, Hightech Vehikel, Dealer. Die soziale
Struktur wird sich wohl nie ändern. Warum auch. Sie hat bis jetzt überlebt.
Die Seele der Großstadt zerschmettert dich, bevor du deinen nächsten Atemzug
andeutest.
Ich beginne wieder zu schwitzen. Meine Haut vibriert unter dem Einfluss meines
Versuches, Kühlung durch hechelnde Konzentration zu erlangen. Flüsternd seufze
ich mein Unwohlsein der Anonymität der Nacht zu. Ohne Hilfe wird der stechende
Schmerz in den Lungen langsamer nachlassen in Form einer Ohnmacht,
wahrscheinlich gefolgt von epileptischen Krämpfen bis zum Kurzschluss.
Hoffentlich schaffe ich es noch.
"Ja wenn haben wir denn da?" Mein Arm wird nach oben gerissen, eine Hand presst
sich auf meinen Mund, wertvoller Atem wird mir somit verwehrt, 4 Schatten
umzingeln mich. Mein Bezwinger spart nicht mit schmerzbringenden Griffen.
D'aunclaudes Waffe, nein, meine Waffe, schliddert zu Boden, wird ins Dunkle
getreten. Mich kann man ja so leicht zu bezwingen.
"Sag kleiner Stricher, hast du heute Zeit? Hast deinen süssen Hintern für uns
alle heut' eingeplant? Los, beweg dich!" der Kerl von damals. Der widerliche
Kerl aus der Bar. "Mhhhhh ... mmhhhhhh ..." meine Stimme prallt an einer
Handfläche ab, die mich zum Schweigen zwingt. Strampeln und Zappeln, Treten und
Zerren, nichts hilft.
Er zerrt mir meine Jacke unsanft von den Schultern, zerreisst mein Hemd, meine
Arme werden von dem anderem Kerl noch weiter nach oben gerissen. Die Schatten um
mich herum erfreuen sich meines nun halbnackten Anblicks.
Hände... Widerliche Hände... eklige Lippen... Gestank... und ich kann nicht
einmal um Hilfe schreien. Warum muss ich so schwach sein. Warum bin ich so? Was
hat man sich dabei gedacht, als man mich schuf?
"Das wird gut! Lass mich ihn zuerst ficken!"
Sie sehen meine Tränen nicht. Sie hören mein Winseln hinter der starken Hand
nicht. Sie sehen meine Versuche nicht, aus dem Griff des Mannes zu entkommen,
der mich eisern in der Luft hält.
Ein Messer an meiner Kehle, langsam fährt es tiefer. Zum Bauchnabel. Bis zum
Rand meiner Hotpants. Mein Hosenknopf fliegt davon, mein Reisverschluss wird
schnell aus dem Saum gerissen, der Rest von mir gezerrt.
Der erste hebt meine Schenkel an, platziert sich stoßbereit, lässt einen
Kampfschrei ertönen und zerbärstet im nächsten Augenblick vor mir in einer
Riesen Blut Fontäne.
Plumpe Körperfetzen fliegen durch die Luft.
Kugeln zischen durch die Luft.
Leises Pfeiffen und singen einer Todeswaffe.
Todesschreie.
Blut.
Schattengestalten in Form von roten Bächen zu Boden.
Mir wird schlecht. Mein Körper versagt mir nun endgültig. Nur das Gesicht von
D'aunclaude und seinem blutigen Katana begleiten mich in einen tiefen Schlaf.
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Wärme holt mich zurück. Jemand spricht zu mir, ruft meinen Namen, fragt mich,
ob es mir nun besser ginge. Ich will antworten, doch ich träume noch zu tief.
Ein Traum von meinen Eltern, die ich nie hatte, nie dieses Fürsorgegefühl
erlebte. Warm. So Warm. Ja, streichle mich weiter, lass meine Hand nie mehr los.
Bleib bei mir, wer immer das tut. Es macht mich glücklich. Zum ersten Mal bin
ich ein wenig glücklich.
Als ich meine Augen öffne, ist es dunkel... und ich liege wieder auf der Couch
in D'aunclaudes Wohnung. Der Blick aus den Fenstern verrät mir eine neue
Nacht.
Wie lange ich wohl geschlafen habe?
"Jetzt hat er doch gewonnen, Julian!" beleidigt ziehe ich die Thermodecke von
mir, bemerke, dass ich in einem übergroßem neuem Muskelshirt und ein paar
schenkelhohen Strümpfen stecke. "Der Kerl hat sie ja nicht mehr alle, mich so
einzupacken! Perverser!" nur mürrisch gestehe ich mir ein, dass es sich um
spezifische Kleidungsstücke mit Wärmesensoren handelt.
Ich schwinge mich wie neu geboren von der Couch, tigere zu einem der kolossalen
Glasfenstern und betrachte meine Schmollbacken im Reflektionslicht.
"Na dann schauen wir mal, wo unser perverser Retter steckt!"
Er sitzt auf seinem Bett. Leise schleiche ich mich hinein, stelle mich vor das
Bettende. Er liest sich gerade durch käufliche Polizeiberichte und ähnlichen
Papierkrams durch.
"Die Brille steht dir nicht!" ich setze wieder mein
"Julian-mag-dich-kein-Stück-nicht" Blick auf.
D'aunclaude sieht auf.
"Geht's dir besser?"
Die Brille steht ihm eigentlich gut. Er lässt seine Hand mit einem der Berichte
sinken, greift nach der Tasse Milch, die auf dem Nachtisch steht und trinkt
daraus, sieht mich die ganze Zeit weiter ausdruckslos an. Und ich betrachte ihn.
Er hat nur eine schwarze enge Lederhose an und ein offenes weißes Hemd.
Einladend! Versöhnend? Bestechend? Protzt er? Soll ich?
Ich ziehe mir ohne große Worte das Shirt über den Kopf, schaue ihn weiter mit
meinem Antipathie Blick an, stehe wie angewurzelt vor seinem Bett. Warum ich das
tue, weiß ich nicht. Muss man für alles einen Grund haben? Kann man nicht mal
etwas tun, was dem spontanen, durch gewisse Reize hervorgerufenen, triebhaftem
Verlangen zu Grunde liegt?
Sein Blick, unverändert ruhig und sachlich.
"Komm her!" er streckt mir seine Hand entgegen, lässt seine Stimme ruhig und
sachlich wie immer klingen, sogar jetzt keine Regung seiner Mimik.
Ich krabble auf seinen Schoss, setze mich mit gespreizten Beinen über seine
Hüfte, nestle, ohne ihn aus den Augen zu lassen, an seinen Hosenknöpfen rum,
greife mir seine bereits pralle Erektion. Jegliche Konversation vermeiden wir.
Ich senke meinen Mund herab, lasse mich ebenfalls willig stimulieren während
meines oralen Libido für ihn. Seine Hände dirigieren mich. Ich spüre den
Druck, der sich anbahnt. Es solle genügen, lasse ab von ihm.
Ich richte mich wieder auf, lass meinen Körper mit seinen Händen begutachten,
nehme aber Besitz von seiner Männlichkeit, führe ihn selber in mich ein, reibe
mich dominant auf ihm. Ich will nicht schwach sein.
Die ganze Zeit betrachten wir uns wie zwei Feinde, die sich hier und jetzt ihrer
Überlegenheit messen. Vielleicht bin ich zu kindisch, nicht zu bemerken, dass
eigentlich nur ich kämpfe. Er geniest es jedenfalls, mich wildes kleines Ding
auf seinen Schenkeln vögeln zu können. Und das macht mich wütend. Wütend
über mich selber. Doch ich lasse ihn weiter gewähren. Es ist einfach zu
entspannend.
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"Also los!"
Das senkrechte Verdeck des Lüftungsschachtes gleitet aus dem Rahmen. Mein
Körper rutscht hinein, studiere skeptisch den groben Bauplan des Gebäudes in
meinem Speicher. Kalte, zugige Luft reißt leises Jammer in meine Lippen, das
spendende Licht der Taschenlampe verfängt sich an öligem Stahl.
"Rechts, dort befindet sich der Lastenaufzug. Ebene 35."
D'aunclaude's Stimme knistert. Der Empfang ist grässlich. Ein kurz geübter
Griff in die Innenmontur des Kommunikationsgerätes, eine kurze Überbrückung.
"Verstanden, Houston!" lächelnd füge ich ein -Zunge-heraus-strecken- hinzu.
Schade, dass er es nicht sehen kann, mich sehen kann, nur ein periodisch
blinkender, kleiner roter Punkt auf seinem Überwachungs-Monitor am
Netzwerkterminal draussen.
Ich springe aus dem Schacht, direkt in einen Verbindungsgang, öffne problemlos
die Code-Verriegelte Tür zum Aufzug, gelange seitwärts an den Rand der
Plattform. Um zu vermeiden, Zeit mit der In-Gangnahme des Transportweges zu
verlieren, wähle ich den zwar unbequemeren, aber unbewachten Abstieg an den
Seitenschächten mittels der rostigen Notfalltreppe. Der schwarze Schlund lädt
ein zu einem Sprung ohne Wiederkehr. Kreisförmige Lichter der verschiedenen
Eben ließen mich auf ca. 3 Meilen abwärts schätzen.
"Kann dauern, halt mir die Sicherheitsluken offen!"
Keine Reaktion. Seufzend hüpfe ich von der Abstiegsrampe auf die Treppe,
ignoriere die pfeifenden Winde, die wegen der Länge des Schachtes und den
Druckunterschieden zu ungewöhnlichen Stürmen ausarten können.
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Mein Display schaltet mir den Weg frei. 100% überspielt. Die Liste gehört mir,
oder uns. Grinsend, Erfolg spürend, entkopple ich mich, doch meine Neugierde
treibt mich. Wer war dieser Dr. A. aka Asakura? Oder noch besser: wer war
D'aunclaude? Vielleicht kann ich noch mehr Daten herausfinden, wenn ich eh schon
mal hier bin.
["Daten für die Zukunft, Julian!"]
"Flutung in 20 Minuten, du wirst wohl den Rückweg umbuchen müssen!"
D'aunclaude kündigt mir eh bereits wissendes an.
"Ich weiß. Jeden Tag werden die unteren Ebenen per Automatik verschoben, die
Schleusen spülen Wasser durch die Schächte. Verriegelung des gesamten
Komplexes. Kühlung des Systems. Reine Sicherheitsmaßnahme!"
Doch wer interessiert sich schon dafür, dass hier unten Tonnen von Terrabyte
Daten liegen. Daten, für die man töten würde. Oder mit jemanden schlafen?
"Wenn ich zurück bin, werde ich klingeln. Halt mir was warm!"
"Ok, ich zähl auf dich!"
"Schlaf lieber noch mal mit mir!"
Nun gut. Lassen wir das Hacken für heute. Das Rauschen der Wassermassen in der
Nähe dezimieren mein Zeitumfeld eh um mehr als das Benötigte Pensum, dass es
in Anspruch nehmen würde, meinen Wissensdurst mit dem meiner Vernunft
auszubalancieren oder mindestens um eine Note zu übersteigen.
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Die Fahrstuhltür gleitet Zentimeterweise auf, gibt mir Stück für Stück mehr
von D'aunclaude frei, der lässig, mit einem Glas Milch in der Hand, am Rahmen
lehnt und mit mir lüsternden Blickkontakt bestreitet. Ihn nachahmend, lehne ich
mich ebenfalls an den Innenrahmen, scheue mich nicht, ihn exakt zu kopieren.
Mein Unterleib kribbelt. Nervosität.
"Hi!" D'aunclaude ohne Gesichtsregung.
"Hi!" ich hingegen mit einem süffisanten Schmilzen im Gesicht, doch im Versuch
bestehend, seinen Tonfall zu treffen.
Stolzierend schreite ich an ihm vorbei, lasse den pelzigen Kragen meiner Jacke
über meine Schultern ein Stück herunter rutschen, posiere kokett am
chrombeschlagenem Treppengeländer. Mein Hut wird abgenommen, ein heißer Kuss
folgt darauf, direkt an meinen Nacken.
Tänzelnd kreise ich mein Becken, lasse mich von seinen Armen umschlingen,
meinen empfindlichen Halsansatz verzehren, lecke dagegen neckisch an seinen
Fingern. Meine Jacke wird abgestreift, wieder treibt D'aunclaude seine Zunge in
meine Schulterblätter, streichelt elegant die Träger meines Shirt zur Seite,
reibt seine Hände an meiner Brust, knetet mich fest unter seinem Griff.
Die Ruhe berstet. Mein Körper wird gewendet, hochgehoben, energisch die Treppe
hinabgetragen, zielstrebig ins Schlafzimmer befördert, mehr als eindeutig wild
aufs Bett geworfen. Diesmal steht nun D'aunclaude vor dem Bett, legt in Zeitlupe
sein Hemd ab. Mit halbgeöffneter Hose stürzt er sich auf mich, verbrennt meine
Lippen mit ungehemmter Überlegenheit, formt meinen Körper sich zurecht,
schält mich ruckartig aus meinen Kleidungsstücken. Ob ich es so will? Mein
Verstand setzt aus, mein Verlangen übernimmt die Kontrolle.
Seine Hände teilen meine Gesäßbacken, massieren zur Entspannung die Enge, die
ihn erwarten wird. Mein williges Jammern; ob es ihm wohl gefällt? Mein Körper,
überall bedeckt mit feuchten Spuren; ob es ihn reizt?
Ein Kuss erstickt die leichte Vehemenz des Eindringens. Doch, Sekunde später,
dieses Feuer, dieses Lodern, überall. Und über mir D'aunclaude. Meine Hände
krallen sich an seine muskulöse Statur, an seinen Hintern, kette mich bebend an
seine Lippen, zerre ihn so nah es geht zwischen meine Schenkel. Mehr von ihm,
ich will mehr von ihm, mehr in mir, mehr von ihm in mir. Mein Becken gleitet
höher und höher, meine Beine werden noch weiter gespreizt; meine Stimme mehr
und mehr stöhnend. Er labt sich an mir, erzeugt Lust in beiden Körpern, reibt
sich in mir zu einem ersten Orgasmus. Hart, kurzstössig, meiner jauchzenden
Salven lauschend, spielend befriedigt fürs erste.
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Ich kraule seine Brust, liege verschnaufend auf ihm.
"Hab die Daten zu Hause!" Erschöpfung zerbröselt meine Gedanken. Ich plauder
zuviel.
"20 Uhr!" mehr kommt nicht über seine Lippen. Doch das stört mich nicht, ich
angle mir einen Pigment Stift aus seinem Papierhaufen neben dem Bett, beginne
auf seine Brust meine Adresse zu malen.
"Ebene C, Sub-Level 4, Apartment 16/2053!" jeden einzelnen Buchstaben betone ich
dabei, versuche durch die weichen Konturen des Stiftes Stimmung zu schaffen.
Der Stift wird mir aus der Hand genommen.
"Dessert?"
Eine Antwort brauche ich von ihm nicht zu erwarten.
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Lässig codiere ich meinen Spinnt neu. Die Sicherheitskopie sicher wissend,
schiebe ich die übliche Rate durch den Diskretionsbereich am Schalter.
"Stufe B wie immer?" Das Gesicht hinter der gespiegelten Scheibe habe ich noch
nie gesehen, doch in diesen Händen weiß ich mir meine Credits und Daten
sicher.
"Nicht zu knapp diesmal! Ich bekomm bald Zinsen, Zeit für ein neues Konto!"
"Wird erledigt!" er schiebt mir neue Aufträge zu. Ich pfeife.
"Bis Seite 4 dann! Tschüss Romeo!"
Das Wortspiel gefällt mir. Fröhlich gelaunt verlasse ich durch den
Hintereingang das Gebäude, fädle mich nach wenigen Metern in die Masse aus
Menschen und Seconds ein.
"20 vor!" das Kind in mir bricht wieder aus. Vorfreude! Ich beginne zu laufen.
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Mit einem beherzten Hüftenschwung kracht meine Haustür hinter mir zu. Die zwei
Einkaufstüten mit allen möglichen Krimskrams stecken schwer unter meinen
Armen.
Sofort vernehme ich die Veränderung. Zigarettenrauch.
"Ich hab auf dich gewartet!"
Der Schreck lässt mich herumfahren. Er steht hinter der Tür, nur das Glimmen
seiner Zigarette im Dunkeln verrät ihn.
"D'aunclaude, du hast mich erschreckt!"
Er löst sich aus der Dunkelheit, atmet bissigen Qualm in kleinen Wölkchen
aus.
"Ich mag das nicht!"
"Oh!" er schnippt die Zigarette aus dem offenen Fenster hinaus.
"Tut mir leid!"
"Seid wann rauchst du?" ich bekomme Angst. Irgendwas stimmt hier nicht, stelle
die Tüten vorsichtig ab.
"Schon immer!"
Seine Mimik. Seine Mimik verrät ihn. Er lächelt. Und das auf eine
absonderliche Art und Weise.
"Ich brauch die Daten....Julian!"
"Oh...die Daten...die...sind noch nicht fertig bearbeitet! Konnte in der Eile
den Filterungs- und Decodierprozess noch nicht fixieren!"
"Ist das so?"
Mein Herz rast. Ich verstehe: das ist nicht D'aunclaude. Vielleicht eine
Biohülle, vielleicht ein Täuschungsmanöver. Alles unklar, nur eins weiß ich:
mein Leben ist in Gefahr. Ich setze zum Spurt an, erreiche die Tür, doch ich
werde herumgerissen, quer durch den Raum geschleudert. Meine Stirn blutet.
"Du bist nicht D'aunclaude...Was.... Wo ist er?"
"Achso ist das ... Du meinst den Verräter!"
"Verräter?"
"Tststs, ist im Besitz wertvoller Daten und hat noch keinen Blick reingeworfen,
wie unvorsichtig!" Er bückte sich nach mir, griff nach meinem Hals, hob mich
daran hoch und drückte mich grob gegen die Wand.
"Lass mich...bitte...ich....aaaaaaa!"
"Dann gib mir die Daten!"
"Das kann ich nicht....nicht..."
Mein Kopf schmerzt.
"Ist auch egal, ich hab sie längst!"
Er hält mir eine kleine Compact-Flash-Disc vor die Nase, doch mein Blick fällt
auf seinen Mantel, sein Hemdärmel. Blut.
"Ist D'aunclaude....tot?"
"Warum willst du das wissen? Vermisst du ihn? Oder vermisst du das?" Ein großer
Armschlenker wischt meinen Tisch leer, worauf ich unsanft gepresst werde. Mein
Tritt in seine Weichteile wird mit einem Schlag mitten in mein Gesicht gerächt.
Doch es schmerzt nicht im geringsten so sehr, als das, was er mir daraufhin
antut. Ich halte nur still, versuche wegzusehen, während es geschieht.
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Er zündet sich eine neue Zigarette an, würdigt mir keinen einzigen reuigen
Blick. Schmerz. Überall Schmerz. Meine Gedanken klammern sich an Fakten,
Informationen, Zusammenhänge. Wenn er den echten D'aunclaude getötet hatte,
ist es logisch, dass er meine Adresse weis. Meinen Namen herauszufinden wird
auch keine große Kunst gewesen sein, ging ja anscheinend recht leicht in
letzter Zeit. Die Disc war eine meiner persönlichen, mehreren Kopien. Er hatte
genug Zeit, zu suchen und mindestens eine zu finden. Doch warum sah er so aus
wie D'aunclaude? Warum?
Er öffnet die Tür, dreht sich ein letztes Mal um, betrachtet meine kauernde
Gestalt auf dem Boden.
"Die Liste ist lang, aber wir sehen uns wieder.......Third!"
Das letzte Wort betont er mit gar schrecklicher Abscheu, fast wie eine Drohung!
Das Blut von der Stirn wischend, bricht plötzlich alles auf mir nieder.
Tränen.
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Ich weinte stundenlang, tagelang, wochenlang und dann geschah der erste Mord der
Thirds. Kelly McCannon, die erste auf der Liste. Sowie mein Name auch wieder
darauf auftauchte. Vielleicht kann mir jemand helfen. Vielleicht aber auch
nicht.
Zeit für mich mein Testament zu machen. Oder ein Backup.
End of Prelude
Start of Cybermatrix OVA Part 1
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