Anata ni Aitakute von Lady_Shanaee (あなたに逢いたくて 〜Missing You〜) ================================================================================ Anata ni Aitakute ~ Missing you eine Yuri!!! on ICE - FanFiction von Kapitel 1 "YUUURI!!!" Der Angebrüllte schlief noch, als Minako und Yûko in sein Zimmer gestürmt kamen, ihn unsanft wachrüttelten und dem Verwunderten sowohl eine Zeitung als auch Yûkos Smartphone direkt vor die Nase hielten. Yûri blinzelte verwirrt. „Lies!“, befahl Minako und drückte ihm die lokale Tageszeitung von Hasetsu ins Gesicht. „In Tôkyô ist eine große Eiskunstlauf-Show geplant!“, rief Yûko. „Yurio, Victor, Chris, dein Freund Phichit-kun...“ Den Moment, den sie brauchte, um Luft zu holen, nutzte Yûri, um die Brille vom Nachttisch zu nehmen und aufzusetzen. Endlich wurde die Welt nicht mehr in Weichzeichner getaucht, und die Kanjis wurde lesbar. Er nahm seiner ehemaligen Ballettlehrerin die Zeitung aus der Hand und las: Happy Valentine! Große Figure-Skating-Show im Tôkyô-Dome! Die Besten der Besten werden unabhängig von Richtern und Juroren in einem aufregenden Programm für ihre Fans laufen! Es ist zu erwarten, dass Ausschnitte aus ihren Weltmeisterschaftsküren zu sehen sein werden, doch Victor Nikiforov, Christophe Giacometti und Jean-Jaques Leroy haben angekündigt, zum Dank für die Treue und Unterstützung ihrer Fans eine besondere Show zu bieten! Wir dürfen also gespannt sein! Leider liegen der Redaktion noch keinerlei Informationen darüber vor, ob der japanische Silbermedaillengewinner Yûri Katsuki ebenfalls die Schönheit unseres Landes repräsentieren und teilnehmen wird. Werden wir dann wieder einen herausragenden "Eros" sehen oder wird Yûri Katsuki uns etwas "Ai" vorführen, wie es sein Thema beim Rostelecom Cup und den World Finals in Barcelona war? „Mou, wie langsam liest du denn?“, stöhnte Minako, riss ihm die Zeitung aus den Händen und schaute ihn gemeinsam mit Yûko aus vor Erwartung funkelnden Augen an. „Und?“, fragte Yûko. „Was und?“, fragte Yûri verwirrt zurück, der sich zu fragen begann, was der Aufruhr sollte. „LÄUFST DU MIT?!“, kam es von beiden vor Aufregung gleichzeitig. Dem Gefragten fielen beinahe die Ohren ab, und vermutlich hatte jeder Gast im „Yu~topia“ diesen Aufschrei mit angehört. „Eeh…“ Yûri kratzte sich verlegen am Hinterkopf und lächelte entschuldigend. „Ich… ich weiß nicht.“ „WIE, DU WEISST NICHT?“, brüllte Minako. „Du MUSST laufen!“ „Hat man dich etwa nicht eingeladen?“, wollte Yûko leise wissen. „Äh, d-doch, ich glaube, man hat angefragt…“ „Willst du denn nicht auftreten?“ Neben Victor war Yûko sicherlich die Einzige, die den Grund für Yûris Zögern nachvollziehen konnte: Die Blasen und dunkelblauen Druckstellen an den Füßen, die Rückenschmerzen vom ewigen Hohlkreuz und die gegen die immer höher geforderten Sprünge rebellierenden Knie… Wenn er ehrlich war, genoss Yûri die Pause nach der Weltmeisterschaft. Einfach nur gedankenverloren über das Eis gleiten, die Drehungen weitläufig und ausladend, ohne auf den Takt irgendeiner Musik achten zu müssen… Nur er und Hasetsus nächtliche Stille, lediglich unterbrochen durch das Geräusch der in das Eis schneidenden Kufen… In Gedanken an Victor dessen kraftvoll-elegante Bewegungen nachahmend, die ihn zu dem Ausnahmeläufer machten, der er war. Es war wie… Yûri hatte keine Worte, um das zu beschreiben. „Warum läufst du dann nicht mit?“, riss Minako ihn aus seinen Gedanken. Weil er es nicht wagte, neben Victor aufzutreten, wenn seine alte Kür blass… alt… gewöhnlich und linkisch neben seinem Genie aussehen würde. Aber das konnte er den beiden Frauen niemals sagen. „Oi, Katsudon! Davai!“ Die Tür krachte fast aus der Wand, als Juri Plisetsky ins Zimmer gestampft kam. Yûko und Minako starrten ihn an, als wäre er ein Tyrannosaurus Rex - oder zumindest etwas, das nicht hier und jetzt an diesem Ort erscheinen konnte. Dafür, dass der 16-jährige Blondschopf so zart und fragil auf dem Eis aussah und nahezu traumhaft wirkende Küren lief, bewegte er sich außerhalb der Eisbahn wie ein Straßenschläger. Keine Spur der „russischen Elfe“. „Anziehen! Ausdauertraining!“ Hätte Yûri nicht gewusst, dass sein talentierter Rivale auch eine nette Seite besaß, hätte er Angst vor ihm gehabt. Sicherheitshalber kam er dennoch der Aufforderung nach, während die beiden Frauen von „Yurio“ energisch aus dem Zimmer geschoben wurden. ~Kapitel 1 Ende~ Anata ni Aitakute ~ Missing you eine Yuri!!! on ICE - FanFiction von Kapitel 2 „Wieso bist du hier und nicht in Tôkyô?“, fragte Juri während sie mit einem großen Umweg zur Eishalle joggten. „Du musst doch für deine Kür trainieren, oder nicht?“ „Ich laufe nicht mit…“ Juri explodierte. „Bist du bescheuert oder senil?!“, fauchte er. „Natürlich läufst du mit! Victor hat es gesagt, also bist du registriert!“ Yûri blieb vor Überraschung ruckartig stehen, vergaß zu atmen und verschluckte sich. Die kalte Januarluft schmerzte in seinen Lungen als der Hustenanfall endlich vorüber war. „I-ich habe mi-mich nicht für das Festival angemeldet“, erklärte er keuchend. „Also, i-ich meine, ich… habe noch nicht zugesagt…“ Juri schnaubte gereizt. „Erst bringst du Victor dazu, das Eislaufen an den Nagel zu hängen, um für dich Schwachkopf den Trainer zu spielen, in einer Aktion, die absolut oberpeinlich war! Dann entscheidet sich der Rentner überraschend für einen außersaisonalen Auftritt, weil er mit dir laufen will und… UND DU WEISST NIX DAVON?!“ Juri ähnelte mit seinem vor Wut roten Kopf immer mehr einem pfeifenden Teekessel, fand Yûri, doch er war zu fassungslos, als dass er sich darüber Gedanken machen konnte, ob dieser explodieren würde. „Nein“, stammelte er entsetzt. Der Boden schien unter ihm nachzugeben, und er ging in die Knie. Victor liebte es zu überraschen, und Juris nächste Worte bestätigten die Katastrophe. „Victor hat seine Teilnahme an deine geknüpft! Läufst du, läuft er. Läufst du nicht… Sag‘ mal, HAST DU DIE LETZTEN WOCHEN UNTER ‘NEM SCHEISS STEIN GELEBT?“ Er hatte nichts davon gewusst. Gar nichts. Yûri fühlte, wie ihm die Tränen in die Augen stiegen. Er hatte keine Kür, keine Musik, keinen Coach… und sein Idol Victor wollte unbedingt, dass er an dieser Show teilnahm… gemeinsam mit ihm… Ein Traum wurde wahr. Juri zog sein Smartphone aus der Jackentasche, tippte darauf herum und zeigte Yûri einen Clip aus einem der größten Eiskunstlauf-Foren: Ein Interview mit einem fröhlich lächelnden Victor umringt von strahlenden Fans. „Was hat Sie bewogen, wieder aufs Eis zurückzukehren?“, fragte eine Frauenstimme. „Es wird immer die Liebe sein, die mich aufs Eis „zurückkehren“ lassen wird“, war Victors charmante Antwort. „Aber wollten Sie nicht der Trainer von Yûri Katsuki sein?“ „Ich betrachte mich immer noch sowohl als Läufer als auch als Yûris Coach. Das eine schließt doch das andere nicht aus, oder?“ „Victor, Sie trainieren in Tôkyô und haben Ihren Fans eine neue Kür versprochen. Wie wird sich Ihr Schützling ohne Sie auf die Show vorbereiten?“ Ein Schatten huschte über Victors Gesicht, bevor das übliche Lächeln wieder erschien. „Erwarten Sie auch von ihm etwas Neues?“, fragte die Interviewerin weiter, die es offenbar nicht bemerkt hatte. Victors Lächeln wurde strahlend, und selbst Handykameras fingen das Leuchten in seinen blauen Augen ein, als er antwortete: „Ich bin sicher, Yûri wird etwas tun, was uns alle begeistert. Er hat seine eigene Musik und das Talent, etwas Wunderbares auf dem Eis zu vollbringen… Yûri on Ice…“ Yûri zitterte bei diesen Worten. Victor glaubte immer noch an ihn! Er konnte beinahe fühlen, wie seine Arme sich um ihn schlangen und ihm jene fehlende Zuversicht gaben, die er selbst nicht aufbringen konnte. „Yûri Katsuki hat die Fähigkeit, die Zuschauer in seinen Bann zu ziehen und zu berühren. Ich möchte auch von ihm berührt werden…“ Juri schaltete mit angewidertem Gesicht das Smartphone ab. „Begreifst du jetzt?“, knurrte er und blies sich eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht. „Er hat dich angemeldet, gleich nach dem China-Cup, als du dich qualifiziert hast.“ Yûri brach in Tränen aus. „Ich hab‘ nichts davon gewusst“, schluchzte er. „Ich brauchte eine Pause nach dem Stress der Finals in Spanien und hab‘ zu Hause das Handy abgeschaltet.“ Juri fasste sich nachdenklich ans Kinn. „Ja, Victor hat sowas gestern schon gesagt. Aber er hat so viel zu tun neben dem Training, dass er keine Zeit hat, herzukommen und rauszufinden, was in deinem Katsudon-Schädel vorgeht. Er brabbelte irgendwas von „vertraglichen Verpflichtungen“ und „kann mit Druck nicht umgehen“ oder so. Na ja, du bist halt ein Idiot.“ Yûri wusste nicht, was er sagen sollte. Juri stieß mit dem Fuß gegen einen Kieselstein und stemmte die Hände in die Seiten. „Victor hat mich gebeten, nach dir zu gucken, ob alles okay ist… und glücklicherweise habt ihr in dem Kaff hier ‘ne Bahn! Sonst wär‘ ich nich‘ gekommen.“ „Danke“, brachte Yûri erstickt hervor. „Echt mal, ihr zwei seid absolut peinlich, weißt du das? Jetzt steh‘ endlich auf und wisch dir das Gesicht ab.“ Ein Taschentuch erschien vor Yûris Nase. „Wenn du dich dann endlich eingekriegt hast, können wir weiter.“ ~Kapitel 2 Ende~ Anata ni Aitakute ~ Missing you eine Yuri!!! on ICE - FanFiction von Kapitel 3 In Hasetsus „Ice Castle“ wurden die beiden Sportler bereits von Yûko erwartet, die sich gerade mit einem Mann unterhielt. Der Unbekannte trug einen dunklen Anzug, sein ebenfalls dunkles Haar war straff zurückgekämmt. Alles in allem sah er zwar älter als Vierzig aus, wirkte aber sehr gepflegt. „Was will denn der Bonze hier?“, zischte Juri und biss die Zähne zusammen. „Privatstunden für seine Tochter von einer „Koryphäe“ wie dir?“ Yûri war da anderer Meinung. Eiskunstläufer waren schließlich keine Popstars oder Idols, die man für Geburtstagsfeiern oder als Privatlehrer engagieren konnte… Andererseits redete der Mann so begeistert auf Yûko ein, dass er am liebsten wieder kehrtgemacht hätte. Doch Juri packte ihn am Ärmel und stapfte vorneweg, den Ängstlichen hinter sich herziehend. „Ich hab‘ ihn mitgebracht!“, platzte er in das Gespräch, und Yûri wäre vor Scham über diese Unhöflichkeit am liebsten im Boden versunken. Der Mann im Anzug drehte sich um und musterte die beiden jungen Männer skeptisch. Es dauerte eine Weile, bis er sie erkannte – doch dann breitete sich ein strahlendes Haifischlächeln in seinem Gesicht aus, und er klatschte in die Hände. „Wunderbar, Sie beide hier anzutreffen, wirklich ganz wunderbar!“ Enthusiastisch schüttelte er Juri die Hand, bevor dieser sie wegziehen konnte und verbeugte sich vor Yûri formell, bevor er diesem den Arm um die Schultern legte. Diese ebenso  unerwartete wie unerwünschte Vertraulichkeit entsetzte den schüchternen Eiskunstläufer so sehr, dass er sich widerspruchslos an den nach Aftershave riechenden Körper ziehen ließ. „Wer ist das?“ fragte Juri leise mit angewidertem Gesicht. „Kanagawa Hirose-san vom japanischen Eislaufverband“, kam Yûkos ebenso leise Antwort. „Verraten Sie mir, Katsuki-kun, wie werden Sie laufen?“, flüsterte Kanagawa diesem ins Ohr und blinzelte verschwörerisch. „Mit den Beinen“, spottete Juri, und Yûri sah, wie ein Grinsen an Yûkos Mundwinkeln zupfte. „Haben Sie auch ein neues Musikstück? Oder wollen sie wieder zu „Yuri on Ice“ laufen?“ „I-ich verstehe nicht“, stammelte Yûri. „Bi-bis vor einer halben S-stunde wusste ich noch v-von gar nichts…“ Kanagawa tat überrascht und riss die Augen auf. „Seit einem Jahr ist diese Show in Planung, und es hat eine Ewigkeit gedauert, die Großmeister dieser Zunft zu einer Zusage zu bewegen! Erst als wir Victor hatten, kamen auch die anderen!“ „Logisch“, knurrte Juri, doch der Mann ignorierte den Kommentar. „Das ist natürlich gut und schön“, sprach er unbeeindruckt weiter, „aber da wir hier in Japan sind und Sie einer unserer besten Eiskunstläufer… Sie verstehen sicher, Katsuki-kun, dass es mir und auch den anderen, die unser schönes Land in der Welt vertreten, ein wichtiges Bedürfnis ist, wenn Sie eine formidable, aufregende und neue Kür laufen, die den Stolz und das Talent Japans repräsentiert.“ Yûri stand da und überlegte, was der Initiator dieses Monologs eigentlich sagen wollte. Er hatte sich nie als Repräsentant Japans in der Welt gesehen, schon zu hören, dass er dieser sein sollte, ließ ihm die Knie weich werden. Außerdem sollte er für dieses angekündigte Großereignis eine neue Kür entwickeln? Innerhalb weniger Wochen? Yûri fühlte sich sehr klein angesichts der Riesenhaftigkeit dieser Aufgabe. Er hatte doch noch nicht einmal seine Teilnahme bestätigt… „Sind Sie ein Idiot?“, fauchte Juri. „Glauben Sie, dieser Katsudon fressende Kerl kann innerhalb von vier Wochen eine „formidable, aufregende und neue Kür“ auf die Beine stellen? Keiner kann sich ein neues Programm so einfach aus dem Ärmel schütteln! Nicht mal Victor Nikiforov!“ „Yurio-kun!“, schimpfte Yûko. „Du kannst die Leute nicht einfach so beleidigen!“ Mit einem mitfühlenden Lächeln wandte sie sich an Yûri, der immer noch wie ein von Autoscheinwerfern hypnotisiertes Reh einfach vor sich hinzustarren schien. „ Keine Sorge, ich helfe dir…“ „Dann glaubst du also, dass dieser Haufen Elend es schafft?“, fauchte Juri. Kanagawa trat einen Schritt zurück, ließ aber seine Hand auf Yûris Schulter liegen und drückte zu. Dieser war erstaunt, wie viel Kraft er in die Geste legte. „Natürlich schafft er das!“, verkündete er voller Stolz. „Sie werden schon noch sehen, wozu wir Japaner im Stande sind!“ „Danke“, knurrte der Blondschopf. „Was der kann, hab‘ ich gesehen.“ „Meine Frau und meine Töchter sind große Fans von Ihnen, Katsuki-kun“, sagte Kanagawa da plötzlich kühl. „Ich kann also um Ihretwillen nur hoffen, dass Sie niemanden enttäuschen.“ Damit drehte der Mann sich um und verließ zügig die Vorhalle. Juri starrte ihm wütend nach. „Klugscheißer“, zischte er. „Haben keine Ahnung von gar nichts und fordern einen Haufen Mist.“ „Yurio-kun!“, rief Yûko, doch dieser erstach sie förmlich mit dem Blick, den er ihr zuwarf. ~Kapitel 3 Ende~ Anata ni Aitakute ~ Missing you eine Yuri!!! on ICE - FanFiction von Kapitel 4 Wie betäubt tappte Yûri ins Innere des Gebäudes zur Eisbahn, fort von dem Streit und den Erwartungen der anderen. Gedankenverloren zog er sich die Schlittschuhe an und trat auf die glitzernde, weißblaue Fläche. Was sollte er tun? Das kratzende Geräusch seiner Kufen auf dem Eis brachte keine Antwort. Was würde Victor sagen? Er würde lächeln… vielleicht aufmunternd mit dem Kopf nicken… aber was würde er sagen? Irgendetwas an ihm gab Yûri stets Zuversicht, die Kraft, sich selbst nicht aufzugeben, selbst wenn ihm ein Fehler passierte. Nun würde Victor auch laufen. Endlich wieder. Ohne den Druck des Wettkampfs und ohne Preisrichter würde er seinen ganzen Charme, sein Geschick und seine Eleganz… seine ganze Einzigartigkeit auf dem Eis zum Ausdruck bringen können… Sicher würde er auch springen, formvollendet und kraftvoll… Yûri streckte die Arme aus, als in seinem Geist das Bild des Mannes erschien, der so bedeutend für seine Karriere – und für ihn – geworden war. „Zeige mir dein Eislaufen, von dem du ehrlich sagen kannst, es sei dein Bestes…“ Yûri fuhr rückwärts an, holte mit dem linken Bein Schwung, sprang mit dem rechten ab und wirbelte durch die Luft. Beim Landen zog er das rechte Bein nach hinten hoch und balancierte seinen nach vorn gebeugten Oberkörper mit weit ausgebreiteten Armen aus. Es fühlte sich an, als flöge er. „Überrasche mich…“ Yûri umgriff die Kufe des linken Schlittschuhs und zog das Bein nach hinten hoch über seinen Kopf, wie Juri es mit so spielerischer Leichtigkeit tat, als bestünden seine Knochen aus Gummi. „…und zeige mir die Liebe, von der du gesprochen hast.“ Yûris Hände ließen die Kufe los und legten sich über sein heftig schlagendes Herz als er die Pirouette begann, die Augen schloss und noch während der Drehung in die Knie ging. Ai, Love, Liebe… Auch Victor hatte immer von „Liebe“ gesprochen. Aber nie davon, wie schmerzhaft es war, sie zu vermissen. Nie davon, dass einem tatsächlich das Herz wehtat. Wie sie einem den Atem raubte. Und nie davon, wie einen die Lethargie des Verlassenfühlens zu verschlingen drohte. Victor war in Tôkyô und lächelte mit jugendlichem Charme in die Kameras der Reporter… und fehlte Yûri, wo immer dieser nur hinsah. „Ich flieg' zurück nach Tôkyô und trete Victor dafür in den Arsch, dass er mich zu diesem Katsudon geschickt hat“, flüsterte ein sichtlich aufgeregter Juri Yûko mit roten Wangen und glänzenden Augen zu. „Sorg' du dafür, dass er dort läuft.“ Yûko nickte geistesabwesend, ebenso fasziniert und beeindruckt von dem, was sie sah, wie der junge Läufer neben ihr. Was auch immer Victor getan hatte – wie auch immer er das getan hatte – es hatte Yûri nicht nur in technischer Hinsicht verbessert. Jahrelang war sie mit ihm Victors Küren nachgelaufen und hatte so hart trainiert wie er, um irgendwann unter den ersten zehn Plätzen der Weltrangliste zu sein… doch es war hart gewesen, mit anzusehen, wie ihr der ewig an sich Zweifelnde irgendwann einfach davonlief – seinem Idol Victor entgegen. Nun erkannte Yûko jedoch, dass Yûri diesen nicht nur erreicht und eingeholt, sondern sogar übertroffen hatte: Er vereinte „Eros“ und „Agape“ in einer Person, war Leidenschaft und Hingabe zugleich. Victors Auftritte waren Tänze auf dem Eis. Schön. Elegant. Kraftvoll und dennoch geschmeidig. Sexy. – Aber fern wie ein Stern am Nachthimmel. Yurio war technisch brillant. Wie Victor. Voller Stolz und Selbstvertrauen. Wie Victor. Seinen grazilen Bewegungen sah man die Kraft nicht an, die sie kostete. – Aber er war so kühl wie eine Schneeflocke an einer gefrorenen Fensterscheibe… Yûko blickte unter gesenkten Augenlidern kurz zu ihm hin und sah, dass auch Yurio sich nicht von dem Anblick losreißen konnte, obwohl er eigentlich gehen wollte. Sie wunderte sich, ob auch er sehen konnte, was sie sah: Die pure Liebe zum Eislaufen auf dem Eis. Diese Liebe, die man wirklich sehen, die ein Zuschauer wahrhaftig spüren konnte. Die jeden bewegte, der Yûri einmal so gesehen hatte… Yûri Katsukis Liebe gehörte dem Eis und sein Herz Victor Nikiforov, der ihn dorthin zurückgebracht hatte. „Der Kerl liebt ihn“, murmelte Juri wie zu sich selbst, die Hände auf dem Rand der Eisbahn verschränkt, das Kinn darauf gestützt. „Jeder von uns liebt den alten Knacker auf seine Weise: Aber der Katsudon liebt Victor. Den Mann.“ Yûko blickte ihn erstaunt an. Was sie hier sahen, ebenso wie was Yurio sagte, war mehr als privat, und so wusste sie nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Yurios Augen hafteten an der schmalen Silhouette Yûris mit einem Blick, der die Eisbahn schmelzen wollte. ~Kapitel 4 Ende~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)