Sanfte Sehnsucht von Varlet ================================================================================ Kapitel 8: Erkältet ------------------- Jodies Kopf dröhnte. Ihre Glieder taten weh. Sie konnte kaum richtig atmen. Ihr Körper fühlte sich träge an. Sie brauchte ein Bett. Ganz dringend. Jodie fühlte sich wie ein Häufchen Elend. Nur mit Mühe war sie heute Morgen aus dem Bett gekommen. Schon am Abend zuvor spürte sie die anfänglichen Halsschmerzen und trank vorsorglich eine heiße Tasse Tee. Bei jedem Schlucken fühlte sie den Schmerz. Obwohl das Wetter draußen angenehm war, trug sie warme Kuschelsocken und hatte ihren plüschigen Bademantel um den Körper geschlungen. Hätten doch bloß die Vorsorgemaßnahmen geholfen. Letzen Endes lag Jodie zitternd im Bett und wünschte sich noch mehr Wärme herbei. Und als sie am frühen Morgen wach wurde, waren die starken Halsschmerzen noch immer nicht verschwunden. Ihre Augen waren gerötet, die Nase geschlossen und dann waren da noch die Gliederschmerzen. Jodie fühlte sich ausgelaugt. Fix und fertig. Dennoch musste sie sich aus dem Bett quälen und sich für die Arbeit fertig machen. Natürlich wäre eine Krankmeldung in Ordnung gewesen, allerdings konnten die Auswirkungen verheerend sein. Hätte sie einen normalen Job, wäre es kein Problem. Aber sie hatte nun einmal keinen normalen Job. Sie war FBI-Agentin und in Japan im Dienst. Meistens stand sie für ihre Kollegen auf Abruf bereit. Und wenn dies nicht der Fall war, recherchierte sie selbst. Entweder sie ging alte Akten durch oder sie suchte nach einer neuen Spur die zur Organisation führte. Es war nicht einfach und sie fanden selten einen Anhaltspunkt. Dennoch war es wichtig, dass sie nicht mit der Suche aufhören. Die Organisation arbeitete gern in der Versenkung und genau so gern liebten sie das Töten. Eine Auszeit konnte sich das FBI nicht leisten. Vor allem dann nicht, wenn nur wenig Agenten im aktiven Dienst waren. Betrachtete es man genau, waren es nur vier Agenten - Jodie, Camel, James und Akai. Die restlichen in Japan stationierten Agenten, saßen auf der Ersatzbank und wurden erst aktiviert, wenn man sie brauchte. Es durfte schließlich nicht zu auffällig werden. Selbst wenn die Organisation um ihre Arbeit wusste, sollte die wahre Identität der Agenten geheim bleiben. Sie durften nicht infiltriert werden. Und auch die japanische Polizei durfte keinen Zweifel hegen. Allein die Tatsache, dass mindestens drei FBI-Agenten in Japan waren, hätten sie stutzig machen sollen. Stattdessen aber schluckten sie die Lügen. Nur wollte das FBI dennoch kein Risiko eingehen. Je weniger die Polizei wusste oder ahnte, desto besser war es. Nur mühsam schleppte sie sich in das Badezimmer und stieg unter die Dusche. Das warme Wasser fühlte sich gut auf ihrer Haut auf und für einen winzigen Moment konnte sie ihre Erkältung vergessen. Kaum das sie aus der Dusche herausstieg und sich anzog, wurde ihr wieder kalt. Mit ein wenig Schminke sah Jodie wieder einigermaßen vorzeigbar aus. So konnte sie sich wenigstens draußen blicken lassen. Jodie wusste, dass sie so eigentlich lieber nicht in ihr Auto steigen sollte, aber anders kam sie nicht vom Fleck. Zumindest nicht schnell. Gerade wenn ihre Kollegen sie brauchten, musste sie sich auf Konstitution und ihren Wagen verlassen können. Jodie stieg ein und legte den Gurt um sich. Mit etwas Musik im Hintergrund fuhr sie schließlich los. Penibel achtete sie auf die Umgebung und versuchte jedes Hindernis zu umschiffen. Es dauerte zwar ein wenig länger, doch sie kam heil am Haus der Kudos an. Noch immer lief ihr ein merkwürdiger Schauer über den Rücken. Sie wollte nicht daran denken wie Shuichi seinen Tod vortäuschte. Und dann lebte er noch als Subaru Okiya ganz in der Nähe. Gerade die Person die er nun spielte, war so anders. Unbekannt. Irgendwann aber würde sie darüber hinweg kommen. Es brauchte nur seine Zeit. Jodie parkte den Wagen und stieg aus. Sie blickte auf das große Haus. Er hatte so viele Zimmer für sich alleine und dennoch wollte er keinen Besuch empfangen. Außer es ließ sich nicht vermeiden. Und selbst dann sollte sie darauf achten, dass keiner sie sah. Dumm nur, dass ihr Wagen unverkennbar war. Langsam schritt sie auf die Villa zu. An der Haustür betätigte sie die Klingel und wartete ab. Wenige Sekunden später ging die große Tür auf. Und da stand er. Subaru Okiya. „Komm rein.“ Jodie tat wie ihr aufgetragen wurde und zog sich im Flur die Stiefel aus. Dann schlüpfte sie in ein paar Hausschuhe und sah zu ihm hoch. Shuichi war einen Kopf großer als sie und wenn sie ehrlich war, gefiel ihr das Hochblicken. „Du wolltest mich sprechen?“ Ihre Stimme war belegt. Erst jetzt bemerkte Jodie, dass sie fast heiser war. Shuichi legte den Kopf schief. „Bist du krank?“ „Nur heiser“, log die Agentin. „Das geht wieder weg.“ Shuichi musterte sie, nickte dann. „Komm mit.“ Er ging auf das Wohnzimmer und wies auf das Sofa. „Setz dich. Willst du einen Kaffee?“ „Ich würde lieber einen Tee nehmen.“ Shuichi nickte und verschwand kurz darauf in der Küche. Jodie hörte das Teewasser kochen und wartete. Das Sofa war wirklich weich. Sie konnte verstehen, wie man es in einer großen Villa aushalten konnte. Sie schloss kurz die Augen, öffnete sie aber wenige Sekunden später wieder. „Danke“, sprach sie leise und nahm den Tee, den Akai auf den Couchtisch stellte zu sich. „Also…warum wolltest du mich sprechen?“ Akai setzte sich auf den Sessel und sah sie besorgt an. „Ich habe mit den Kudos telefoniert“, begann er. „Ich finde es immer noch nicht gut, dass wir Außenstehende in unsere Probleme mit der Organisation einbeziehen, aber wir haben keine andere Wahl. Die Kudos befinden sich momentan in Vancouver bei einer Buchvorstellung. Sie haben mir erzählt, dass…“ Shuichi blickte auf Jodie. „Jodie?“ Sie rührte sich nicht. Jodies Augen waren geschlossen, ihre Hände ruhten auf ihrem Schoss und sie atmete gleichmäßig durch den Mund ein und aus. Shuichi stand auf und trat näher an sie heran. Sie schlief. Ruhig und friedlich. Im ersten Moment blickte er sie ungläubig an. Er war nicht darüber erfreut und presste die Zähne aufeinander. Der Agent wollte etwas sagen, ließ es dann aber doch sein. Nur heiser…bestimmt sagte er sich selbst und schüttelte den Kopf. Jodie war ihm nicht unähnlich. Auch er wäre mit einer Erkältung oder Grippe zum Dienst erscheinen. Genau so hätte er sich komplett ausgepowert und wäre am Abend so gut wie tot ins Bett gefallen. Jodie war es nur viel früher so ergangen. Langsam legte Shuichi seine Hand auf die Stirn seiner Kollegin. Sie glühte und doch konnte er ihr keinen Vorwurf machen. Auch er wäre mit Fieber gekommen, wenn sie ihn brauchte. Ob er wollte oder nicht, er musste lächeln. Und dann wieder Seufzen. Manchmal machte sie es ihm wirklich schwer. Vorsichtig legte Shuichi Jodies Arm um seinen Hals, dann hob er sie hoch. Wenn sie schlief, war sie wie ein Stein. Manchmal war es gut, da sie sich dann richtig ausruhte. Andererseits war es in einer Gefahrensituation nicht von Vorteil. Shuichi versuchte nicht an die Gefahr zu denken und trug sie nach oben in das Zimmer welches er bewohnte. Langsam legte er Jodie in das Bett und legte die Decke über sie. Dann verließ er den Raum. Jodie öffnete langsam die Augen. Sie spürte einen kalten Lappen auf der Stirn und sah sich um. Wo war sie? Was war passiert? Warum erinnerte sie sich nicht in diesen Raum gekommen zu sein? Und warum lag sie in einem fremden Bett? Fremdes Bett? Sofort richtete sich Jodie auf und zog die Bettdecke von sich runter. Sie begutachtete sich selbst und war erleichtert, dass sie ihre Sachen noch an hatte. Der kalte Lappen fiel nach vorne und sie beäugte diesen misstrauisch. Jodie fuhr sich mit der Hand an die Stirn. Sie war etwas feucht, sonst aber im normalen Temperaturbereich. Komm schon, Jodie, erinnere dich. Was ist passiert? Du bist zu Shu gefahren. Und dann? Alles was dort passierte, war weg. Sie erinnerte sich an das Sofa und dann war alles schwarz. Vielleicht war sie noch in der Villa. Langsam stand Jodie auf. Ihr Kopf dröhnte. Wie lange hatte sie geschlafen? Ihr Blick ging sofort zum Fenster. Die Dunkelheit hatte bereits begonnen, die Villa aber war erhellt. Jodie schritt den langen Flur entlang. Als sich eine Tür öffnete, wich sie erschrocken nach hinten. „Shu, Herrgott…willst du mich zu Tode erschrecken?“, wollte sie von ihm wissen. Shuichi musterte sie. Zur Abendstunde sah er wieder aus wie der Agent den sie kannte. „Du bist auf dem Sofa eingeschlafen.“ Jodie überlegte. „Das war…heute…Morgen?“, wollte sie wissen. Akai nickte. „Du hast den ganzen Tag geschlafen.“ „Den ganzen Tag“, wiederholte Jodie leise. „Geh zurück ins Bett. Du brauchst noch Erholung.“ „Es geht mir gut.“ Shuichi trat zu ihr heran. Er war nur wenig Millimeter von ihr entfernt. Er war so nah. Dicht. Sie spürte seinen Atem und starrte ihn an. Jodie fühlte sich komisch. Ihre Beine zitterten, in ihrem Magen wurde alles flau und ihr Herz raste. Nur die Erkältung…das ist deine Erkältung…, wies sie sich selbst an, wohlwissen, dass es nicht daran lag. Jodie durfte es nicht wieder zulassen. Nicht jetzt. Shuichi legte seine Hand auf ihre Stirn. Genau so, wie er es in der Frühe tat. „Nur noch leichtes Fieber.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)