Morgen vielleicht von Jaelaki (Seto & Joey | Puppyshipping) ================================================================================ Kapitel 8: Verschlingen -----------------------   In dem Arbeitszimmer herrschte Stille. In seinem Kopf jagten Gedankenfetzen und Ideensplitter einander. Wenn er sie fassen wollte, verschwanden sie wie Atemdunst auf einer Fensterscheibe. Jemand klopfte an seine Bürotür und trat ein. Er hörte seine zögerlichen Schritte, doch wandte sich nicht um, schrieb weiter Codes und Befehle und hielt seinen Blick starr auf die Bildschirme gerichtet. Er hatte keine Zeit. »Seto, du kannst es nicht ewig herauszögern.« Er hielt für einen Augenblick inne, hielt die Luft an, als würde es helfen, sich zurückzuhalten. Er kam nicht weiter. Da war eine Grenze, die er nicht schaffte zu durchbrechen, als ketteten ihn seine Konzentration und der Schwindel. »Von ewig kann keine Rede sein, Mokuba. Ich bin kein inkompetenter Trottel. Ich werde es in wenigen Wochen abgeschlossen haben und dann –« Er wusste, er könnte es schaffen. Aber zwischen den Schmerzattacken verschlang ihn die Leere. Sein kompletter Kopf pulsierte. Schon seit Stunden. Seit Tagen? Die Zeit floss ohne willkürliche Einteilungen ineinander. Er biss die Zähne aufeinander, um das Ächzen zu dämpfen. »Hast du mal in den Spiegel geschaut?« Er wusste, wenn er nur ansatzweise so aussah, wie er sich fühlte, musste er ein ziemlich unästhetisches Bild darbieten. Aber er hatte keine Zeit für Banalitäten. »Seit wann bist du so oberflächlich«, spöttelte er, doch Mokuba kicherte nicht. Das hatte er schon lange nicht mehr. Stattdessen schwieg Mokuba und beobachtete, wie er den Blister aus seiner Hemdtasche fischte und eine Tablette in den Mund schob. »Wie viele Tabletten hast du heute schon genommen, Seto?« Seit wann klang Mokuba so vorwurfsvoll? Er zuckte die Schulter. Es war nicht so, dass er ihm eine Erklärung schuldig war. Er war kein ungezogener Junge. Das war er noch nie gewesen. Er wusste genau, was er tat. »Wieso?«, fragte er und die unausgesprochene Herausforderung lag zwischen den Silben. »Ich weiß, dass –«, die Stimme seines Bruders wurde hier dünn, aber er vollendete den Satz, den er gar nicht hören wollte trotzdem, »es nicht leicht ist für dich.« Nicht leicht, als würde es vorübergehen, wie eine Erkältung. Seine Augen zogen sich zu Schlitzen. Seit wann gab Mokuba solche Parolen von sich? Seit wann war die Stille zwischen ihnen so voller Ketten, die sie festhielten, wo sie waren? So voller gebrochener Versprechen? »Ich werde nicht aufhören.« Er wollte die Worte seines Bruders nicht hören, die dort zwischen ihnen standen und er wollte seinen Blick nicht sehen, weil es alles nur noch unerträglicher machte. Den Schmerz und die Leere. »Seto.« Dieser Ton, der zu viel ausdrückte. »Ich glaube, ich weiß ziemlich genau, was du planst, aber es wird nicht funktionieren. Und du weißt das, oder?« »Geh.« Es war keine Bitte. »Seto, du musst –« »Geh, Mokuba!« Er befürchtete, er würde seine Kontrolle verlieren, ihn anschreien, ihn verbal zertrümmern und danach würde er sich dafür hassen. »Du solltest ihn nicht so abblitzen lassen, Geldsack.« Mit einem Schnauben quittierte er Wheelers überflüssige Meinung, verkrampfte die Finger um die Tischkante und versuchte, sie nicht in die nächste Mauer zu schlagen. Wheeler klopfte nie. Stets rauschte er, ohne den Hauch eines Verständnisses für Etikette, in sein Büro, beanspruchte so viel Raum in seinem Leben, dass es ihn erstickte, und tat so, als wäre es selbstverständlich. »Du weißt, dass er Recht hat.« »Ich werde nicht –« Die Migräne durchschnitt seinen Satz und er drückte noch eine Tablette aus der Verpackung, spülte sie mit Kaffee herunter. »Ich bin mir sicher, dass das voll nicht gesund ist.« Er sah Wheelers Mimik vor sich, wie er seinen Mund verzog und die Stirn in Falten legte und es hätte ihn amüsiert, wäre das Pochen in seinen Adern nicht so laut und das Zittern seiner Glieder so ablenkend gewesen. »Was ist los?« Wheelers Silhouette verschwamm. Er konzentrierte sich auf die Stimme, aber sie klang verzerrt. »Du solltest aufhören, dich zu bestrafen, Seto.« »Ich bestrafe mich nicht«, murmelte er. »Es ist nicht deine –« »Sag es nicht«, knurrte er. »Du weißt, was du tun musst, oder?«, flüsterte Wheeler ganz nah an seinem Ohr. »Seto, mit wem –« Grenzen lösten sich auf, während der Boden wegschwamm und sich sein Unterkörper dehnte wie Gummi. Es hätte ihn amüsiert, wäre es nicht so beängstigend gewesen. Er wollte es nicht. »Ich bin noch nicht so weit.« Niemals. Er würde es niemals verzeihen. »Du bist nicht der einzige, der leidet, weißt du. Du bist nicht allein, arroganter Eisschrank.« Aus Wheelers Mund klangen Beleidigungen wie Versprechen. »Seto? Seto!« Jemand packte seinen Kopf und schmetterte ihn gegen die nächste Wand. Ein Zittern krallte sich in seine Hände, jagte in seine Beine. Er blinzelte, versuchte die Orientierung zu behalten, aber die Decke kippte zur Seite. Er wollte ihm versichern, dass es ihm gut ginge, aber dann entglitt ihm die Realität, wie ein Band, dass jemand wegriss und er nahm nur noch einen Schmerz wahr, der sich bis in seine Schläfen bohrte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)