Blinded By You von Yuugii (Kaiba/Yuugi) ================================================================================ Kapitel 5: Kapitel 5 -------------------- Er hatte die Krankenschwester darum gebeten, den Fernseher auszuschalten. Nachdem er sich beruhigt hatte, wollte er einfach nur Ruhe haben und die Stimmen aus dem Fernseher machten ihn nervös. Lag es daran, dass er diese Stimmen keinen Gesichtern zuordnen konnte oder eher daran, dass die Nachrichten immer wieder neue Berichterstattungen über ihn brachten? Es ging niemanden etwas an, wie sein Zustand war. Selbst seinen armen Großvater hatten die Reporter belästigt und ihn dazu genötigt, etwas zu sagen. Kein Kommentar hatte sein Großvater jedes Mal geantwortet und dann die Ladentür abgeschlossen, um diese aufdringlichen Männer und Frauen mit ihrem Blitzlichtgewitter loszuwerden. Keine Stunde verging, in der Kaibas Name nicht fiel. Das ganze Fernsehprogramm war voll davon, dass Kaiba ein potentieller Mörder war. In einem Interview wurde sogar gesagt, dass Kaiba seinen eigenen Vater in den Selbstmord getrieben hätte, doch Yuugi wollte von all dem nichts wissen. Er kannte Kaiba besser als diese Leute aus dem Fernsehen. Und er wusste, dass sie alle logen, nur um irgendetwas zu diesem Fall beisteuern zu können. Yuugi rümpfte die Nase. Kaiba-kun hat sich wohl auch zurückgezogen. Ob er bei der Explosion verletzt wurde? Ich wüsste gerne, was er denkt... was er dazu zu sagen hat. Aber ich will ihn nicht sehen. Ich kann ihn im Moment nicht ertragen. Yuugis Kopf war in Richtung des Fensters gewandt. Er konnte das Treiben der Stadt aus der Ferne hören. Die Geräusche von fahrenden Autos beruhigten ihn irgendwie, da sie ihn an den ganz normalen Alltag erinnerten. Er spürte, dass das Licht von der Seite kam und obgleich er wusste, dass er nichts sehen konnte, versuchte er sich vorzustellen, was da draußen vor sich ging. Irgendwie musste er sich ablenken. Diese Erinnerungen vertreiben. Niemand sollte ihn so sehen. Vor allem Kaiba nicht. Kaiba war sein Rivale und er sollte ihn nicht so hilflos sehen müssen. Er wollte sein Mitleid nicht. Oder gar eine Entschuldigung. Dann hörte er Schritte. Sofort versteifte er sich, versuchte die Richtung auszumachen, aus der die Schritte herkamen. Es schien, als kamen sie auf ihn zu. Er wollte keinen Besuch. Hatte er das nicht laut und deutlich gesagt? Oder war es wieder der Arzt, der ihm Mut zusprechen wollte? Von wegen, dass das Leben weiterginge und er sich keine Sorgen machen solle? Vor nur wenigen Stunden hatte man ihm offenbart, dass er seinen Arm verlieren würde. Auch seine Augen waren beschädigt. Es war zu früh um Genaues zu sagen, hieß es. Der Verband um seinen Kopf und die pochenden Schmerzen in seinem Gesicht ließen ihn bereits das Schlimmste erahnen. Menschen, die ihm Mut machen wollten, brauchte er jetzt am aller wenigsten. Es gab keine Worte, die ihn in dieser Situation aufheitern konnten. Alles war ihm egal. All die Träume und Wünsche, die er für seine Zukunft hatte, waren zerstört worden. Als wäre das nicht schlimm genug gewesen, so würde er zur Last für seinen Großvater und seine Mutter werden. Wie sollte er akzeptieren, was geschehen war? Es ging nicht. So sehr er auch versuchte sich selbst einzureden, dass alles gut werden würde, waren es Zweifel und Angst, die ihn festhielten. Angst vor der Zukunft. Einer Zukunft die ungewiss war und sämtliche Herausforderungen in seinem Leben in den Schatten stellen würde. Es war immerhin nicht so, dass man sich auf so etwas umstellen konnte. Yuugi wagte es nicht einmal, selbst auszusprechen, was ihn erwartete, denn allein die Vorstellung ließ ihn panisch werden. „Wer ist da?“, fragte Yuugi, nachdem die Schritte zielgerecht auf ihn zukamen. Ein Arzt oder ein Pfleger hätte sich vorher angekündigt, aber hier stand jemand, den er nicht hier haben wollte. Er machte sich nicht die Mühe, seinen Kopf zu dem unerwünschten Besucher zu drehen. Es war eine Geste, die sehr deutlich zeigte, dass er keine Lust auf irgendwelche Gespräche hatte. Sein Gegenüber sollte das verstehen. „Yuugi.“ Diese tiefe melodische Stimme, die seinen ganzer Körper zum Beben brachte, ihn einnahm und ihn selbst bis zum Grund des Meeresboden noch erreichen würde. Er kannte den Klang. Die Tonlage war vertraut, so unglaublich schön und anziehend. Eine Stimme, die er gerne hörte. Eine Stimme, in der er sich allzu oft verlor und dessen Besitzer er über alles bewunderte. Er spürte ein Stechen in der Brust. Die Realität holte ihn ein. Nein, all das gehörte der Vergangenheit an. „Kaiba-kun.“ Yuugis Stimme war nichts weiter als ein Hauch. Wieso war er ausgerechnet jetzt gekommen? Noch immer war er verwirrt und überfordert mit der ganzen Situation. Niemand sollte ihn so sehen. So verletzlich und am Boden. Er war nur noch ein Schatten seiner Selbst. Kaiba sollte nicht wissen, wie schwach er war. So sollte sein Rivale ihn nicht sehen müssen. Er kannte Kaiba immerhin schon seit Jahren und wusste, dass dieser keinen Respekt vor Leuten hatte, die nicht von selbst wieder aufstanden. Yuugi erinnerte sich an ein bestimmtes Duell, als sein Anderes Ich, der Pharao, sich gegen Osiris duelliert hatte und dabei war die Hoffnung vollends aufzugeben. Es war ausgerechnet sein Rivale, der ihn dazu anstachelte, weiter zu machen. Und auch während des Battle City Turniers, als sein lieber Freund Jounouchi im Koma lag und nicht mehr atmete, war es Kaiba, der ihnen sagte, dass er den Tod seines Freundes überwinden und sich seinem Duell stellen sollte. Yuugi wusste nur zu gut, dass Kaiba keine Entschuldigungen duldete. Für ihn war Stärke das wichtigste. Er war einfach unerschütterlich. Kaiba schenkte seine Aufmerksamkeit lediglich starken Personen. Schwache Personen verdienten es nicht einmal mit ihm zu reden. Umso mehr erstaunte es Yuugi, dass ausgerechnet jemand wie Kaiba, der Schwäche so sehr verachtete, ihn hier besuchte. Es erstaunte ihn, ja. Aber es machte ihm auch Angst. War er gekommen, um ihr Duell zu Ende zu bringen? Diesem Mann war wirklich alles zuzutrauen. Genau dies machte ihn so unglaublich faszinierend. Yuugi konnte sein Gesicht nicht sehen, aber er vermutete, dass er wie sonst auch seinen gewöhnt distanzierten Blick auf ihn warf. Musternd, herablassend und vielleicht war er sogar nur gekommen, um ihm zu sagen, dass er nun kein Interesse mehr an ihm hatte. In Yuugis Kopf drehte sich ein Gedankenkarussell, das er selbst nicht mehr anhalten konnte. „Wie...“, begann der Brünette, biss sich auf die Unterlippe und versuchte nicht daran zu denken, in welchem Zustand sich sein Rivale befand. Trotzdem konnte er den Blick von dem Bild, das sich vor ihm bot, einfach nicht hinnehmen. Beinahe hypnotisiert starrte er seinen Gegenüber an. Er nahm seinen Mut zusammen und beendete schließlich seinen Satz. „...geht es dir?“ Yuugi antwortete nicht. Er drückte seinen Kopf trotz des pochenden Schmerzes noch fester ins Kissen, vermied es zu dem Mann zu sehen, den er noch bis vor Kurzem seinen Rivalen nannte. Sie waren sich ebenbürtig und verfolgten beide ihre Träume. Doch Yuugi war nicht mehr der, der er einst war. Er war beschädigt. Es fühlte sich nicht einmal so an, als würde Kaiba mit ihm sprechen. Yuugi war sich sicher, dass Kaiba kein Interesse an kaputten Werkzeugen hatte. Und wenn Yuugi es nicht besser wusste, so hatte die beiden nie mehr als ihr Interesse an Duel Monsters verbunden. Natürlich hatte Yuugi den Firmenchef als Freund angesehen und sie teilten so viele Erinnerungen, so dass er sich diesen Mann aus seinem Leben nicht einmal mehr wegdenken konnte, aber er wusste nie, was Kaiba dachte. Nach all den Jahren fiel es Yuugi immer einfacher seine wahren Beweggründe zu erkennen. Diese azurfarbenen Augen, die ihre Gefühle und Intentionen zu verbergen versuchten, hatte Yuugi schon längst durchschaut. Ein Blick reichte ihm aus, um Kaibas Kaibas wahres Wesen zu erkennen. Er war nicht mal halb so unnahbar und geheimnisvoll wie er sich selbst einredete. Schon bei ihrer ersten Begegnung hatte Kaiba dieses falsche Lächeln aufgesetzt und heuchelte sein Interesse nur.[1] Yuugis Instinkt hatte ihm gesagt, dass irgendetwas nicht stimmte. Schweißperlen liefen ihm übers Gesicht und missmutig hatte er Kaiba seinen Weißen Drachen übergeben, wissend, dass dieser etwas vorhatte. Die Fälschung des Weißen Drachen hatte er sofort erkannt. Eine täuschend echt wirkende Farbkopie. Schon in ersten Moment hatte Yuugi seine Absicht durchschaut, doch er wollte ihn nicht vor ihren Klassenkameraden bloßstellen und hatte daher nichts gesagt. Es war sein Anderes Ich, Pharao Atem, der die Karte zurück erkämpfte und Kaiba mit einem Mind Crush bestrafte. Die Strafe des Schicksals, die Kaiba seinen eigenen Tod durch Duel Monsters mehrmals erleben ließ. Es war nur eine Illusion, die ihn eine Nacht lang heimsuchte, doch letztendlich hatte dies dazu geführt, dass Kaiba Rache schwor und das Virtual Reality Hologrammsystem entwickelte. [1] siehe Manga, Band 2, Kapitel 9 „Die Karte mit der Klaue (Teil 1)“ Ich weiß, dass du dein wahre Persönlichkeit versteckst, Kaiba-kun. Das macht es mir so unglaublich schwer, deinen Worten Glauben zu schenken. Dir geht es nicht um mich. Dir ist egal, dass ich verletzt worden bin. Oder? Geht es dir um deinen Ruf oder...?, überlegte Yuugi weiterhin und zwang sich selbst dazu, ihm nicht zu antworten. Kaiba war sehr gut darin, seinen Gegenüber zu manipulieren und sich anzupassen. Doch Yuugi wollte daran glauben, dass nach all den Dingen, die sie erlebt hatten und all ihren gemeinsamen Kämpfen, eine wahre Verbindung ihrer Seelen bestand. Dass Kaiba nicht mehr der eiskalte und herzlose Firmenleiter war, der ohne jede Skrupel Menschenleben opferte, um seine Ziele zu erreichen. Kaiba hatte sich verändert. Seine verzweifelte Suche nach Atem und sein Wunsch diesen ein letztes Mal wiedersehen zu können, war doch Grund genug anzunehmen, dass Kaiba menschliche Bindungen weitaus mehr schätzte, als er zugab. Oder hatte Yuugi sich geirrt? In den letzten drei Jahren hatten sie sich so oft gesehen und Yuugi wollte daran glauben, dass er in Atems Fußstapfen treten konnte und Kaibas Seele ebenso berührte, wie Atem einst. Er wusste, wie sehr Kaiba ein gutes Duell schätzte, weshalb er sich bereits wochenlang im Voraus auf ihre Duelle vorbereitete, um Kaiba zu beweisen, dass auch er ein gnadenloser Kämpfer war, der in seinen Fähigkeiten Kaibas ehemaligen Rivalen in nichts nachstand. Yuugi hatte Atem bewiesen, dass sie ebenbürtig waren und auch Kaiba sollte dies sehen. Kaiba hatte immer den Anschein geweckt, dass er sich wahrhaftig auf ihre Duelle freute und Yuugi wollte daran glauben, dass Kaiba ihn als Rivalen ebenso sehr schätzte wie Yuugi ihn. Yuugi hatte so viel Zeit mit Kaiba verbracht, dass er sich gar nicht vorstellen konnte, wie sein Leben sein würde, wenn diese besondere Bindung, die sie fast schicksalshaft aneinander band, zerbrach. Kaiba gehörte einfach in sein Leben. Aber empfand dieser genauso? Der Gedanke, dass Kaiba nur gekommen sein könnte, um sich zu verabschieden und ihn wie ein kaputtes Spielzeug zu entsorgen, versetzte ihn einen grausamen und äußerst schmerzhaften Stich im Herzen. All das war nur Gedankenspielerei, doch Gedanken hatten eine Macht, die die Rationalität in den Schatten stellten. Ein Gedanke, so unwichtig und unrealistisch er auch sein mochte, konnte einen Menschen beherrschen. „Hast du große Schmerzen? Kann ich dir irgendwie helfen?“ Noch immer keine Antwort. Der Raum war erfüllt von unangenehmen Schweigen und dem stetigen Piepen der medizinischen Überwachungsgeräte. Kaiba sah Yuugi genau an. Sein schmaler und zierlicher Körper war gezeichnet von den Geschehnissen. Noch nie hatte er es so sehr bereut, Yuugi um ein Duell herausgefordert zu haben. All die Niederlagen waren schmerzhaft und kratzten an seinem Ego, aber zu sehen, wie der Mann, der ihn stets in die Schranken gewiesen und ihn dazu ermutigt hatte, an seinem eigenen Können zu arbeiten, hier lag und litt, machte ihm einmal mehr schmerzlich bewusst, wie unglaublich zerbrechlich Menschen waren. Wie dünn die Bindung zwischen ihnen. Alles konnte so schnell zerstört werden. Was man einmal verloren hatte, kam nicht mehr zurück. Zunächst hatte er Yuugi nur als Rivalen genommen, da ihm keine andere Möglichkeit blieb. Er brauchte etwas oder jemanden, mit dem er die Lücke füllen konnte, die der Pharao in seinem Herzen übriggelassen hatte und Yuugi sollte nur ein Ersatz sein. Ein kläglicher Ersatz, um seinen sonst so berechenbaren Alltag aufzufrischen. Eine Ablenkung von dem Verlust, den er erlitten hatte, aber niemals offen zugeben würde. Dass auch Yuugi ein Spielgenie war, hätte er nie erahnen können. Er wusste nicht, wie unheimlich talentiert und klug Yuugi war. Im Laufe der Zeit hatte sich Mutou Yuugi zu jemanden entwickelt, der mit ihm auf Augenhöhe stand und den er als Duellanten, aber auch als Person, schätzte und respektierte. Er brauchte Yuugi, so wie er einst den Pharao gebraucht hatte. Ohne Yuugi, ohne ihre Duelle, was blieb ihm denn da noch? Was gab ihm die Motivation weiter zu machen? Es war ihre Leidenschaft für Spiele, die sie aneinander band. Es war das inbrünstige Feuer, das jedes Mal aufloderte, wenn sie eine Karte zogen und sich in ihrer Welt verloren. Dieses Gefühl, das sie teilten. In all den Jahren gab es nie jemanden, der es auch nur ansatzweise mit seinem Können aufnehmen konnte. Der einzige, der ihn mit einem triumphierenden Grinsen herausforderte war Atem gewesen und er wusste, dass es Menschen wie ihn, die seinem Können und seinem Talent das Wasser reichen konnten und ihm ebenbürtig waren, nur wenige gab. Atem war ein Genie, doch der kleine und liebenswerte Yuugi stand ihm in nichts nach. Der Gedanke, erneut einen Rivalen zu verlieren, versetzte Kaiba ein unangenehmes Stechen in der Brust. Er verabscheute Schwäche. Er hatte nie an den okkulten Unsinn geglaubt, es stets verleugnet dass diese Dunkelheit echt war oder irgendetwas an dem übersinnlichen Quatsch mit den Milleniumsgegenständen, aber die Existenz des Anderen Yuugi hatte er nie bezweifelt. Seine Stärke und sein Mut immer wieder aufzustehen und niemals aufzugeben und bis zur letzten Karte zu kämpfen inspirierte Kaiba. Er wollte den Anderen Yuugi mit seiner eigenen Kraft besiegen. Er wollte derjenige sein, der ihn besiegte! Derjenige sein, der ihn übertraf. Seine Niederlage sollte den Weg seines Ruhms schmücken. Das hatte er sich vor fünf Jahren geschworen. An dem Tag, an dem der Andere Yuugi ihn zum ersten Mal in Duel Monsters besiegt hatte. Diese Inspiration war nun Yuugi. Es war Mutou Yuugi der es nun schaffte sein Herz in Wallung zu bringen und ihn dazu motivierte, aufzustehen und an sich selbst zu arbeiten. Ihre Rivalität, diese eine Leidenschaft war es, die Kaiba antrieb. Er senkte den Blick, denn der Anblick vor ihm drohte alles, wofür er die letzten Jahre gelebt hatte, zu zerstören. Dieses unglaublich beklemmende Gefühl war etwas, das er niemals wieder erfahren wollte. Diese Ohnmacht. Diese Hilflosigkeit. Diese... Schwäche. Kaiba kniff die Augen zu, verdrängte die aufkommenden Erinnerungen und warf erneut einen Blick auf den schweigenden jungen Mann vor sich. Wer auch immer es gewagt hatte ihr Duell zu stören, würde durch Kaibas Hände sein Ende finden. Da Yuugis Körper zum Großteil unter der weißen Decke verdeckt war, konnte er das volle Ausmaß noch nicht einmal sehen. Ein Stechen in seiner Brust. Schon wieder. Wer auch immer das hier Yuugi angetan hatte, hatte eines nicht bedacht: dieser Angriff war eine Kriegserklärung an Kaiba Seto persönlich. Das hier war nur der Anfang einer Schlacht und der wohl reichste und meist bekannte Mann ganz Japans würde diesen feigen gar hinterhältigen Angriff nicht auf sich beruhen lassen. Kaiba ließ sich seinen Unmut nicht ansehen. Wie ein Fels in der Brandung stand er da, selbstsicher und stark. Nichts und niemand konnte ihn erschüttern. Kaiba war wütend. Als er versuchte einen Blick in Yuugis Gesicht zu erhaschen, sah er, wie sich der junge Mann vor ihm sich vehement auf die Unterlippe biss, um sich selbst daran zu hindern, etwas zu sagen. Dieser Anblick ließ den starken Firmenchef zusammenbrechen. Nach außen hin war er immer noch ruhig und gefasst, doch er wusste absolut nicht, wie er mit dieser Situation umgehen sollte. „Was geschehen ist, tut mir leid.“ „Denkst du eine Entschuldigung macht das wieder gut? Ich... ich kann dir nicht verzeihen!“, keifte Yuugi wütend und drehte sich zu seinem Gegenüber, nur um im nächsten Moment vor Schmerz zu keuchen. Yuugis Atem ging schwer. Jede Bewegung schmerzte. Doch dass Kaiba die Dreistigkeit hatte, sich zu entschuldigen, war schmerzhafter als alles, was er in seinem Leben erlitten hatte. Es war doch gar nicht sein Stil, sich zu entschuldigen! Es war doch gar nicht seine Schuld, warum also glaubte er, dass er sich entschuldigen musste? Ich will nicht, dass du dich entschuldigst. Das passt nicht zu dir. Das einzige, was ich will, ist... dass wir auch weiterhin gegeneinander spielen können. Ich will, dass du mich weiterhin ansiehst und mich deiner ebenbürtig ansiehst. Ich möchte von dir hören, dass sich nichts geändert hat, schoss es ihm durch den Kopf. Kaiba riss seine Augen weit auf. Diese Worte trafen ihn so sehr, dass er unwillkürlich schluckte. Verdammt, er wollte in sein Gesicht sehen und ihm von Auge zu Auge sagen, was er dachte. Doch da war diese Dunkelheit. Ganz egal, wie oft er die Augen unter seinem Verband öffnete, nichts drang zu ihm. Kein Licht. Nur Finsternis, die ihn zu verschlingen drohte. Er ließ seinen Kopf fallen, voller Wehmut und Verzweiflung. Es brachte ihm nichts, seine Wut an Kaiba auszulassen. Er wusste doch, dass Kaiba ihm niemals schaden würde. Er wusste es und trotzdem...! Er brauchte etwas oder jemanden, den er für das, was man ihm angetan hatte, Schuld geben konnte. Natürlich wollte er nicht, dass Kaiba dieser Jemand war, aber je mehr dieser sich in sein Bewusstsein drängte, desto eher gaukelte ihm sein Verstand vor, dass Kaiba vielleicht doch etwas mit der Explosion zu tun hatte. Kaiba war ein ehrenhafter und stolzer Mann. Er würde eher sterben, bevor er auf solche Mittel zurückgriff und seinen Kontrahenten sabotierte. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass er durch Betrug einen Gegner ausschaltet! Kaiba ist skrupellos und vielleicht wollte er mich wirklich loswerden... Oh mein Gott. Was habe ich da gerade gedacht? Kaiba hat sich verändert! Er würde mir niemals absichtlich schaden! Yuugi war selbst am meisten schockiert darüber, dass sich dieser Gedanke in sein Bewusstsein schlich. Kaiba hatte sich verändert. Nein, er durfte sich nicht in diese Vorstellung verrennen. Der Kaiba von damals existierte nicht mehr. Atem hatte seine Seele zerschmettert und sicher gestellt, dass er seine Seele aus eigener Kraft wiederaufbaute. Die Boshaftigkeit in ihm war besiegt worden. „Bitte geh jetzt, Kaiba-kun.“ Hilflos stand Kaiba ihm gegenüber und er fand keine richtigen Worte. „Ich komme morgen wieder und bringe dir etwas mit.“ Mit diesen Worten drehte er sich um. Er hörte Yuugis Schluchzen, das mit jedem Schritt, mit dem er sich entfernte, immer lauter und schmerzhafter wurde. Jetzt verstand er, was der Arzt mit seinen Worten zuvor meinte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)