Clan oder Liebe - Entscheide dich! von Edphonse15 ================================================================================ Kapitel 1: 01 ------------- Clan oder Liebe? Entscheide dich!     Ihre Begegnung war Schicksal, doch das wussten sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Sie kannten sich nicht. Auch wussten sie nichts voneinander. Und hätten sie ein normales Leben geführt, hätten sie sich nie getroffen. Dass es doch noch dazu gekommen war, verdankten sie dem Umstand, dass ihre Familien miteinander konkurrierten.   Es war Nacht in den hell erleuchteten Straßen Tokyos, als der Boss der russischen Mafia - sein Name war wie ein strenges Geheimnis gehütet - einen ausnüchternden Spaziergang machte. Dabei wurde ihm die Schönheit des Landes erneut bewusst. Der Alkohol mochte seine Sinne getrübt haben, doch fasste er in diesem Augenblick den Entschluss, sein Gebiet auch hier in Japan zu erweitern. Nicht ohne seinen besten Mann, verstand sich. Diesen kontaktierte er noch am selben Abend und weckte den Platinblonden damit unsanft. Mit den Worten "Es gibt Arbeit" rief er den Mann zu sich nach Japan. Schon am nächsten Tag erreichte der gerufene Mann das Land der aufgehenden Sonne. Gleich nach seiner Ankunft begab sich der Russe zu seinem Boss, dem er einiges zu verdanken hatte und nicht minder viel für diesen tun würde. Viktor Nikivorov, so sein Name, war im kalten Russland kein unbeschriebenes Blatt. Im Gegenteil. Er war Teil der Medien und war aus diesen kaum mehr wegzudenken. Sicherlich war es seltsam, wenn man darüber nachdachte, aber es war mehr als nur Taktik. Zumal Viktor - alias Vitya - schon immer präsent war. Würde er plötzlich von der Bildfläche verschwinden, wäre das noch viel unnatürlicher gewesen. So kam es, dass sie es dabei beließen.   Japan als solches kannte der Russe nicht. Aber es faszinierte ihn, wie die Menschen hier miteinander umgingen und wie es sich hier lebte. Bei seiner Anreise war er über den Ausdruck "Onsen" gestolpert und schon sehr gespannt darauf. Bereits bei ihrem ersten Treffen erklärte ihm sein Boss, was er zu tun habe. Da sie in diesem Land praktisch keinen Einfluss hatten, solle er sich bei der hiesigen Mafia - welche sich als Yakuza bezeichnete - einschleichen und dort die nötigen Informationen zusammentragen. Es war eine riskante Aktion, doch versprach er sich viel davon. Viktor sagte nichts dazu. Er wusste, dass Widerworte nichts brachten. Und wenn er es richtig anstellte und den Job erfolgreich hinter sich brachte, hatte er genug Zeit um sich zu erholen. Daher machte er sich bald auf: auf die Suche nach einem Mitglied dieser Yakuza.   Die Suche gestaltete sich jedoch ungeahnt schwierig. Letzten Endes beschloss Viktor einem dieser Onsen einen Besuch abzustatten und so den Kopf wieder frei zu bekommen. Im Nahe gelegenen Ort Hasetsu, davon hatte er in dem Reiseführer gelesen, solle ein traditionelles Ryokan sein. Dort bekam er auch gleich ein Zimmer zugeteilt. Hoch erfreut bedankte sich der Russe und sah sich ausgiebig um. "Wow!", rief er laut aus und wandte den Kopf um. Dass ihm just in dem Moment ein junger Mann entgegen kam, bemerkte Viktor zu spät. Und auch der Schwarzhaarige, der einige Kisten auf den Armen trug, bekam es nicht mit. Erst nachdem Beide unsanft auf dem Boden aufkamen. Doch da war es bereits zu spät. "Ah! E-Entschultigung! Ich hoffe, Ihnen ist nichts passiert!", brachte der junge Mann panisch zu verstehen und verbeugte sich mehrmals. Die Kisten, die ebenfalls auf dem Boden gelandet waren, waren schon in Vergessenheit geraten. Viktor fuhr sich durch die Haare, die durch den Sturz etwas durcheinander gekommen waren, ehe er sein Gegenüber ansah und erheitert lächelte. "Alles okay, junger Mann. Ist mit dir alles in Ordnung?" Nur langsam hob der Japaner den Blick. Der Akzent des Mannes sagte ihm, dass er es hier wohl mit einem Europäer zu tun hatte. Da er in diesem Onsen aufgewachsen war, war sein Englisch relativ gut. Dennoch bemühte er sich um eine gute Aussprache. "Alles gut. Vielen Dank. Ich hoffe, dass Ihnen der Aufenthalt bei uns gefällt." Wieder verbeugte sich der Schwarzhaarige, sammelte nun die Kisten zusammen und erhob sich langsam. Freundlich lächelte er den Größeren an. Viktor wiederum legte sich einen Finger an seine Wange und bedachte den Japaner mit heiterem Blick. "Es ist wirklich schön hier", gab er lächelnd kund. "Gehörst du zum Personal hier?" "Eh?", brachte der Japaner irritiert zu verstehen und richtete sich die verrutschte Brille mit blauem Gestell. "Nicht direkt. Meine Eltern betreiben das Ryokan." "So ist das also", murmelte Viktor und schmunzelte. "Dann werden wir uns sicher noch einmal über den Weg laufen." Der Russe half dem Schwarzhaarigen noch, die letzte Kiste aufzuheben, ehe er weiter seines Weges ging. Der Japaner sah dem Gast ganz verwirrt hinterher. Was war das nur für einer? Und was hatte er eben damit gemeint? Dem würde er aber erst später nachgehen können - im Moment hatte er anderes zu erledigen.   Später am Abend genoss Viktor das heißen Bad, das er ganz für sich hatte. Dass niemand sonst hier war, war wohl Zufall, aber das kam ihm nur gelegen. So konnte er in aller Ruhe über sein weiteres Vorgehen nachdenken. Dass seine Gedanken allerdings des öfteren abwichen, konnte er kaum vermeiden. Irgendwie kam ihm der junge Mann von zuvor immer wieder in den Sinn. Viktor fragte sich, wieso dem so war. So etwas war ihm noch nie zuvor passiert! "Hah", seufzte er und legte sich das mitgebrachte nasse Handtuch über die Augen. Eine Lösung musste er finden, sonst würde sein Boss ziemlich ungehalten. Dessen konnte sich Viktor sicher sein. "Ist bei Ihnen alles in Ordnung?" Die junge, männliche Stimme ließ den Russen aufschrecken, wobei ihm das Tuch von den Augen direkt ins heiße Wasser fiel. Als er den Schwarzhaarigen erkannte, nickte er eifrig. "Alles Bestens." Kurz betrachtete er ihn. Allem Anschein nach war er gerade dabei das Waschzeug aufzufüllen. "Wie ist dein Name?" Der Japaner hatte gerade gehen wollen, als erneut die freudige Stimme des Russen erklang. "Katsuki Yuuri." Yuuri also. Der Name hatte einen schönen Klang. "Yuuri~", wiederholte Viktor sogleich und lächelte breit. "Wunderbar!" Yuuri wusste nicht, was hier gerade geschah. Seine Wangen färbten sich etwas rötlich, während er den Kopf senkte. Bevor er jedoch näher darauf eingehen konnte, bemerkte er, dass Viktor vor ihm stand und ihn intensiv ansah. Oder vielmehr anstarrte. "W-was...?", stammelte der Japaner nur und wich roten Kopfes zurück. Der Platinblonde gab ein leises Schnurren von sich. "Du gefällst mir, Yuuri. Komm. Lass uns etwas Spaß haben." Yuuri blinzelte einige Male. Hatte er sich da gerade verhört? Spaß? Was bitte meinte dieser Fremde damit? Lange konnte der Schwarzhaarige nicht darüber nachdenken, da Viktor ihn an der Hand ergriffen und zu sich gezogen hatte. Tief sah er ihm in die Augen, ehe er nur Sekunden später Yuuris Lippen mit den seinen versiegelte. Mit geweiteten Augen sah Yuuri in das Gesicht des Russen, der ihm so plötzlich näher gekommen war. Dass er unbewusst die Luft angehalten hatte, merkte er erst, als sie ihm - im wahrsten Sinne - wegblieb. Mit einem Ruck schob er den Größeren von sich und sah ihn ungläubig an. "Was sollte das?", fragte er und verengte leicht seine Augenbrauen. Viktor war überrascht über die plötzliche Reaktion, die eigentlich ganz normal war. "Was spricht dagegen?", fragte Viktor seinerseits und zuckte mit den Schultern. Yuuri fehlten die Worte. Mit einem "Guten Abend noch!" wandte sich der Schwarzhaarige um und verließ das Bad. Er konnte nicht glauben, was der Russe da eben gemacht hatte. Es war zwar - zugegeben - gar nicht so schlecht gewesen, aber hier ging es ums Prinzip! Man küsste niemanden ohne dessen Zustimmung! Viktor lachte leise auf und fuhr sich mit den Fingern genüsslich über die Lippen. Den jungen Mann für sich zu gewinnen würde einiges erfordern, aber sicherlich Spaß machen - dessen war er sich sicher. Er wusste immer genau was er wollte. Und in diesem Fall war es Yuuri.   Da sie sich an diesem Abend nicht mehr begegnet waren, schmollte Viktor etwas. So ganz alleine auf diesem Zimmer zu verweilen, war doch recht langweilig. Wäre es nicht so Spät gewesen, hätte er nach dem Japaner Ausschau gehalten. So blieb ihm jedoch nichts anderes übrig, als auf den nächsten Tag zu warten. Früh am darauffolgenden Morgen, direkt nach dem üppigen Frühstück, verließ Viktor das Ryokan - schließlich musste er ja seiner Arbeit nachgehen. Allerdings tat sich auch dieses Mal nichts. Wo auch immer sich die hiesige Mafia versteckte, es wurmte den Russen, dass er so gar keine Informationen zu deren Aufenthalt herausfand. Auch der Anruf seines Bosses machte es ihm nicht leichter. Im Gegenteil. Nun stand er wirklich unter Druck! Eine Woche? Wie sollte das gehen, wo er doch keinen einzigen Anhaltspunkt hatte... Erschöpft und ausgelaugt kehrte Viktor am Abend ins Ryokan zurück. Er wollte nur noch ein heißes Bad und dann ins Bett! Doch kaum, dass er die Schiebetür seines Zimmers hinter sich geschlossen hatte, lief ihm Yuuri über den Weg. Sofort hellten sich seine Gesichtszüge auf. "Yuuri ~" Der Japaner schien darüber weniger erfreut. Dennoch blieb er höflich und verneigte sich leicht. "Guten Abend." Damit war es das auch schon von seiner Seite, wandte sich ab und ging seiner Wege. Viktor sah dem Schwarzhaarigen noch nach, bis er um die Ecke gebogen war. Erst dann setzte sich der Russe wieder in Bewegung und folgte Yuuri - auf möglichst leisen Sohlen verstand sich. Doch kaum, dass er die Ecke passiert hatte, blieb er irritiert stehen. "Nanu?", fragte er und legte den Kopf etwas schief. Wo war Yuuri denn hin? Er war doch gerade hier entlang gegangen? Und andere Zimmer gab es in diesem Teil des Hauses nicht. Gab es hier etwa ein verstecktes Schlupfloch? Langsam ging Viktor weiter, sah sich dabei gründlich um. Er ahnte, dass Yuuri nicht weit gekommen sein konnte. Ein Blick nach Rechts, ein kurzer Blick nach Links. Und siehe da! Da war tatsächlich eine versteckte Tür in der Wand. Ganz unscheinbar und kaum sichtbar, da es sich um eine Schiebetür mit derselben Wandfarbe handelte. Einmal noch sah sich Viktor um, ehe er die Tür leise öffnete und hinein lugte. Ein langer, gerader und kaum beleuchteter Flur tat sich vor ihm auf, aber es befand sich eindeutig ein Raum am anderen Ende. Bevor der Platinblonde diesen Geheimweg betrat, sah er sich noch einmal um. Denn schließlich sollte er ja nicht dabei beobachtet werden, wie er hier in diesem Haus herumschnüffelte. Da aber keiner in der Nähe zu sein schien, konnte er nun weiter nachsehen, was es hiermit auf sich hatte. Die Tür schloss er leise hinter sich, nachdem er eingetreten war. Leider hatte das den Effekt, dass er kaum noch etwas sah. Das bisschen Licht am anderen Ende des Ganges reichte kaum, die eigene Hand vor Augen zu sehen. Geschweige denn den Boden. Viktor ging einfach davon aus, dass es hier keine Stolperfallen oder ähnliches gab – das wäre auch für den Eigentümer ein Problem. Dennoch wagte sich der Russe nur sehr langsam vor und tastete sich langsam an der Wand entlang. Gut hundert Meter war der Gang lang. Erstaunlich viel, dafür, dass er so versteckt lag. Sicher hatte das einen Grund. Was er hier wohl finden würde? Als Viktor das Ende erreichte, ging er in die Hocke. Tief atmete er durch, ehe er um die Ecke linste. Der Raum schien nicht sonderlich groß zu sein und enthielt auch kaum Möbelstücke. Er erkannte einen Tisch und zwei Stühle. Und wenn er sich nicht irrte, war da noch eine große Kommode an der gegenüberliegenden Mauer. Außerdem brannte Licht. Ungewöhnlich hell noch dazu. Nur wofür? Da im ersten Moment niemand hier zu sein schien, stellte sich Viktor wieder hin. Dennoch musste er aufpassen. Gerade weil Licht brannte, musste hier jemand sein. Und außer Yuuri kam doch eigentlich keiner infrage. Stellte sich nur die Frage, warum er hier war. Und gerade als Viktor einen Schritt nach vorn machen wollte, hörte er die Stimme des Schwarzhaarigen. „Ja. Es ist alles erledigt. Gut. Verstehe. Bis morgen“, sprach der Schwarzhaarige, der sich nun dem Tisch näherte und wenig später sein Handy auf diesen ablegte. Anschließend ging er an die Kommode und öffnete die oberste Schublade. Aus dieser holte er schwarzen Stoff. Viktor, der sich nicht vom Fleck rührte, sah Yuuri zu, wie dieser sich seinen moosgrünen Kimono auszog. Dabei fiel ihm eine große Tätowierung auf dessen Schulterblatt auf – sie zeigte einen schwarzen Drachen, der etwas zu halten schien. Lange hielt er sich aber nicht damit auf, da er zu sehr von dessen Konturen beeindruckt war. Dass Yuuri so gut trainiert war, hatte er nun wirklich nicht erwartet. Und je mehr er zu sehen bekam, desto mehr gefiel ihm, was er sah. Viktor war sich nun sicher: Er musste ihn sich zu eigen machen! Allerdings kam er nicht weiter dazu, für Yuuri zu schwärmen. Der Japaner hatte sich umgezogen und trug nun einen schwarzen Anzug mit weißem Hemd und dazu eine hellblaue Krawatte. Im ersten Moment erschauderte der Russe. Diese Krawatte ging gar nicht! Wer hatte die ihm nur gegeben? „Dann mal los“, hörte man Yuuri sagen, als er sein Handy einsteckte und sich augenscheinlich auf den Weg machte. Viktor begriff schnell und hastete zurück. Dank der Dunkelheit gelang es ihm, rechtzeitig aus diesem tunnelähnlichem Gang zu entkommen, ohne dass er bemerkt wurde. Jedoch war er nicht schnell genug, um zu seinem Zimmer zurückzugelangen und so erhob er sich nur und tat, als ginge er bloß spazieren – war ihm Yuuri doch dicht auf den Fersen. Wäre er zu seinem Zimmer gelaufen, das wusste Viktor, hätte er nur verdächtig gewirkt und das musste er zwingend vermeiden! Natürlich lief er Yuuri unweigerlich über den Weg, als dieser um die Ecke bog. „Ah. Yuuri~! So sieht man sich wieder“, frohlockte der Russe und lächelte. „Aber wozu dieser Anzug?“ Der Japaner verzog das Gesicht. Ihn erneut hier zu begegnen hatte er nicht erwartet. „Das lassen Sie mal meine Sorge sein. Aber sagen Sie... Warum so verschwitzt?“ Streng musterte Yuuri den Platinblonden. Einen kurzen Moment lang, kaum mehr als ein Augenaufschlag, sah Viktor überrascht aus. Doch fing er sich schnell wieder. „Nun. Es ist recht warm hier, im Vergleich zur Heimat.“ Und das war noch nicht einmal gelogen... Skeptisch betrachtete Yuuri den Gast, der weiterhin fröhlich lächelte. Aber genau das passte ihm nicht. Nicht nach der Aktion letztlich. „Verstehe. Guten Abend noch“, gab der Schwarzhaarige zu verstehen, verneigte sich ein wenig und ging dann zielstrebig an Viktor vorbei. „Bis bald~“, rief ihm der Russe noch hinterher. Als Yuuri nicht mehr in Sichtweite war, kehrte er wieder zur Geheimtür zurück. Lange betrachtete er diese. „Ich frage mich, was er damit bezweckt...“ Eine Idee kam ihm nicht, daher beließ er es vorerst dabei. Erst einmal wollte er sich seinem eigentlichem Plan widmen: im Onsen ausspannen.     [Fortsetzung folgt...] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)