Easy Street von nyma (Sanctuary) ================================================================================ Kapitel 2: Sanctuary II ----------------------- "Töte mich!" (333 Schnapsdrabble)   Daryls Nervenbahnen schienen in Flammen zu stehen. Das Fieber war zurück und ließ ihn so sehr zittern, dass seine Zähne hart aufeinander schlugen. Er hatte entsetzliche Magenschmerzen. Wieder und wieder versuchte er sich Beth vorzustellen, die ihn wärmte und ihm Trost spendete. Er suchte in seinen rasenden, vor Erschöpfung kaum beherrschbaren Gedanken nach Ricks Gesicht und versuchte sich Carols unbändigen Lebenswillen vorzustellen, doch sein Kopf schien leer. Leer, bis auf Glenn und Abraham, die sich nicht vertreiben ließen. Er sah Maggie in seiner Vorstellung, wie sie mit Negans bluttropfenden Baseballschläger über ihm stand und ihn voller Hass und Verachtung musterte. "Töte mich, Maggie. Töte mich endlich!", nuschelte er undeutlich seinem Gedankenspiel entgegen und glaubte innerlich zu zerbrechen. Gab es denn überhaupt noch etwas wofür es sich lohnte, dieses Martyrium durchzustehen? Oder hatte Negan sie längst alle umgebracht? Vielleicht war er bereits der Letzte. Ein heftiger Magenkrampf ließ ihn aufstöhnen. Er schlang die Arme um seinen Leib und krümmte sich. Ob Negans Leute etwas in sein letztes Brot getan hatten? Ein Gift vielleicht. Sicher nichts was ihn umbringen würde. Sie wollten ihn brechen - nicht töten. Die Krämpfe kamen in Wellen und vereinnahmten all seine Sinne. Er konnte es nicht verhindern. Schaffte es nicht länger still die Qualen zu ertragen. Ein heiserer Schrei entfuhr seiner Kehle. Wie ein kleines Kind, das nach seiner Mutter weinte, rief er nach Rick. Nach Carol. Nach Beth. Bis seine Stimme ihren Dienst versagte. Als sich die Tür öffnete, schaffte er es kaum aufzublicken. Dwight warf ihm das Brot entgegen und Daryl zuckte zusammen, als hätte er ihn geschlagen. Das Brot fiel ihm aus den zitternden Händen, während er es, trotz der schier unerträglichen Magenschmerzen, versuchte zu essen, und er brauchte einen Moment um zu erkennen, was der Blonde ihm noch entgegen warf. Kleidung. Beißender Uringestank haftete den vor Dreck starrenden Klamotten an, doch das war Daryl gleichgültig. Endlich konnte er seinen Körper verhüllen. Seine Erleichterung darüber war so groß, dass er sich um ein Haar bedankt hätte.     "Was immer sie sagen ..." (300 Tripledrabble)   Nur Dwights Hand an Daryls Rücken hielt ihn aufrecht. Doch er würde sich nicht anmerken lassen wie viel Kraft jeder Schritt ihn kostete. Er hatte es zunächst nicht bemerkt, doch sein Oberteil hatte am Rücken einen ledernen Streifen eingenäht, an denen Negans Leute ihre Gefangenen herumführten wie Vieh. Eine weitere Form der Erniedrigung, die Daryl in seiner Benommenheit kaum berührte. Immer wieder verschwamm die Umgebung vor seinem Blick, während die nackten Füße unsicher über den Betonboden tappten. Dwight brachte ihn zu einem Arzt. Zunächst versuchte Daryl noch dem Gespräch zwischen dem Mediziner, Sherry und Dwight zu folgen, doch er schaffte es nicht, seinen Verstand so weit zu klären. Die Wortfetzen vermischten sich zu einem monotonen Einheitsbrei - erreichten ihn nicht. Taumelnd ließ er sich von Dwight auf den Untersuchungsstuhl stoßen - froh, nicht länger die Kraft aufbringen zu müssen, auf seinen Beinen zu stehen. Er umklammerte seinen rechten Arm - seine Schulter brannte wie Feuer - doch er lockerte seinen Griff, bevor einer der Anwesenden es bemerkte. Erst als die hübsche Brünette ihn ein weiteres Mal direkt ansprach, hob er kurz den Blick. "Was immer sie sagen ..." Ihre Stimme verschwand im Nebel seiner Sinne, das einzige was er deutlich wahrnahm, war ihr frischer, blumiger Duft. Wie lange war es her, dass er etwas so angenehmes gerochen hatte? Plötzlich hörte er Beths' Lachen und sah blinzelnd auf. Doch es war nur der Nachhall einer Erinnerung. Beth ... Sie hatte im Golfclub eine Tube Shampoo gefunden und sich in einem Bach das Haar gewaschen. Er hatte sich kaum mehr von ihr abwenden mögen. Beth ... Die Worte des Arztes und die Handgriffe seiner Behandlung ließen sich gut ausblenden. Die Ruhe und Wärme, diese schöne Erinnerung, lullten ihn ein und als seine Augenlider zufielen, gab er sich keinerlei Mühe das zu verhindern.     Kniefall (234 Straßendrabble)   Daryl hatte kaum wahrgenommen, dass der Mediziner ihm ein Medikament verabreicht hatte. Doch das Einsetzen dessen Wirkung bemerkte er sofort. Seine Sinne wurden klarer und er nahm seine Umgebung intensiver wahr. Die Schmerzen ebbten ab - selbst die in seinem Hals. Er tat einige befreite Atemzüge, dann beendete Dwight sein Gespräch mit Dr. Carson und zerrte Daryl erneut an seinem Oberteil hinaus in das Labyrinth der Gänge. Dieses Mal hob Daryl immer mal wieder den Blick und sah sich um. Eine innere Stimme riet ihm dazu, sich die Umgebung einzuprägen und nach einem Fluchtweg Ausschau zu halten. Es wurde Zeit, dass er sich gegen all dies wehrte! Er hatte lange genug wie ein Jammerlappen erduldet, was man ihm antat. Dort draußen war seine Familie und sie brauchten ihn. Er brauchte sie! Ein harter Ruck durch die Hand des entstellten Blonden brachte Daryl aus dem Gleichgewicht. Er krachte mit seiner versehrten Schulter gegen die Wand und wurde zu Boden gerissen. Irritiert nahm er wahr, dass auch Dwight zu Boden sank. Jetzt erst bemerkte er Negan vor sich und senkte hastig den Blick. Gingen seine Anhänger vor ihm auf die Knie, wann immer sie ihm begegneten? Warum taten diese Schlappschwänze das? Warum taten sie sich nicht zusammen und schlugen diesem Drecksack die Fresse ein? Wenn er es nicht schaffen würde zu entkommen, dann würde er diesen Scheißkerl von innenheraus zur Strecke bringen! Das schwor er sich.     Die Sonne auf der Haut (234 Schnapsdrabble)   Daryl hatte erwartet, sofort zurück in seine Zelle gebracht zu werden, doch mit Dwights festen Griff an seinem Pullover verließen sie den Zellenblock. Helles Sonnenlicht traf ihn so überraschend, dass seine Augen anfingen zu tränen und er kaum etwas erkennen konnte. Die Oberfläche der Eisengittertreppe machte ihm das Gehen schwer und nur die Hand seines Häschers verhinderte, dass er die Stufen kopfüber nahm. Dr. Carsons Medizin hatte nun endgültig den Nebel aus seinem Kopf vertrieben und er verfolgte eine Weile aufmerksam den Kampf mehrerer Männer mit Beißern, die vor dem Zaun des Geländes in Ketten lagen. Körper und Geist schienen sofort kampfbereit und beinahe hoffte er, dass Dwight ihn in die Menge der Untoten stoßen würde. Doch er schalt sich selbst einen Idioten. Sie wollten nicht seinen Tod. Er zwang sich das Geschehen auszublenden und sich nur auf die wohlige Wärme der Sonne zu konzentrieren. Es schien, als hatte ihm jemand eine Decke aus Licht um die Schultern gelegt. Der Gedanke daran, dass man ihn in wenigen Augenblicken zurück in sein feuchtes, dunkles Gefängnis sperren konnte, bereitete ihm Übelkeit. Er musste einen Weg finden hier rauszukommen! Als hätte Dwight seine Gedanken gelesen, packte er ihn grob und stieß ihn gegen den Maschendrahtzaun. Zischend spie er ihm die Möglichkeiten entgegen - doch für Daryl gab es nur eine Option: Er würde hier rauskommen!   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)