Easy Street von nyma (Sanctuary) ================================================================================ Kapitel 3: Sanctuary III ------------------------     Ein Drink (200 Doubledrabble) Der Fausthieb traf seinen Kiefer wie ein Vorschlaghammer. Ein knirschendes Geräusch folgte und beinahe hätte Daryl aufgeschrien. Doch ein weiterer Schlag auf den Kopf kam dem zuvor und ließ ihn k.o. zu Boden sinken. "Da habe ich Carson gerade erlaubt, dir ein wenig Erleichterung zu verschaffen und das einzige was du im Sinn hast, ist eine Rauferei mit meinen Jungs anzuzetteln. Daryl Dixon!", erklang Negans Stimme mit seufzendem Bedauern dicht an seiner Seite. "Hoch mit dir, mein Freund!" Daryl wusste nicht, wie lange er bewusstlos gewesen war. Doch er konnte ein leises Stöhnen nicht verhindern, als kräftige Hände ihm nun unter die Arme griffen und hochzerrten. Man lehnte ihn gegen eine Wand. Blinzelnd versuchte er etwas zu erkennen. Der Hof um ihn herum schien leer, nur die Person neben ihm, die ihn noch immer mit einer Hand am Nacken aufrecht hielt, schien da zu sein. "Heilige Scheiße! Hast du dich verprügeln lassen." Er zuckte beim Klang von Negans Stimme zusammen. "Na na, mach dich mal locker! Hier, trink." Glas presste sich gegen Daryls aufgesprungene Lippen und der beißende Geruch nach hartem Alkohol stieg ihm in die Nase, schien ihm seinen Mund zu verätzen, bevor er brennend seine Kehle hinab rann.     Eine Frage der Loyalität (123 Straßendrabble) Lange saß er dort neben Negan an die Mauer gelehnt, mit der Sonne im Gesicht, und griff immer wieder nach dem Glas, das der Dunkelhaarige ihm reichte. "Du musst langsam wissen, wem deine Loyalität gehört, Alter. Ich hab das ernst gemeint, als ich sagte, dass es für dich hier echt geil werden kann. Heiße Bräute, hammermäßige Bikes und nicht mehr nur dieses beschissene Überleben da draußen. Hier geht es ab." Daryl hörte die Worte, doch sie bedeuteten ihm nichts. Als Negan sich hochstemmte und Anstalten machte, auch Daryl auf die Beine zu hieven, schüttelte dieser gequält den Kopf. Er wollte nicht zurück in die kalte, dunkle Zelle. "Sorry, Alter. Du brauchst noch ne Weile in der Partybox. Du hast dich lange genug ausgeruht."     Bilder (111 Schnapsdrabble) Mit einem Krachen schlug die Zellentür hinter Dwight zu. Daryl zog seine Beine noch etwas dichter an seinen Körper, bevor er den Kopf umwandte und versuchte zu erkennen, was das Polaroid zeigte, das neben ihm an der Wand hing. Er sah nur Schemen, doch er wußte, was ... wer auf dem Bild zu sehen war. Er riss es runter - doch er besah es noch einmal. Sofort lief es in Gedanken wie ein Film ab. Glenns Tod. Übelkeit wallte in ihm auf und Daryl wandte sich ab. Gab sich mit aller Kraft seiner Erschöpfung hin, in der Hoffnung der Erinnerungen zu entfliehen. Doch das Einsetzen von Musik setzte dem ein Ende.     Crying (100 Drabble) Daryl hatte geglaubt, dass es nur eine Frage des Willens sei: Man konnte immer aufhören zu weinen. Natürlich konnte man das. Doch diese Nacht belehrte ihn eines Besseren. Er konnte es nicht. Die Verzweiflung hielt ihn so fest in ihren eiskalten Klauen, dass er sie nicht abschütteln konnte. Er weinte, bis er sich übergeben musste. Sein Schluchzen verschmolz mit der dröhnend lauten Musik. Ein weiteres Mal rief er in seiner Pein nach seinen Freunden. Doch er sah sie nicht. Er fand ihre Gesichter nicht in seinen Erinnerungen. Es gab nur die schwarze Leere. Um ihn herum und vorallem in ihm.     Wer bist du? (111 Drabble) "Wer bist du?" Der Raum war hell und angenehm warm. Es gab ein Bett. Saubere Kleidung. Er würde in die Sonne gehen dürfen, wann immer er wollte. Es war absolut still hier. Keine Musik. Lebensmittel ... Er würde auf dem Bett liegen können - unter den Decken versuchen die Kälte aus seiner Seele zu vertreiben. Man würde ihn schlafen lassen. Mehr als nur diese Minuten vorhin, die Dwight ihm zugestand, um seine Qualen schließlich nur zu vervielfachen. Er würde dort liegen können, bis die Magenschmerzen endlich nachließen. Bis sein geschundenes Gesicht aufhörte zu schmerzen. Nein! - Ricks Stimme klang wehklagend in seinen Erinnerungen. Nein! Er holte Luft. Suchte Negans Blick. "Daryl!"     Unterwegs (123 Straßendrabble) Die Männer auf der Ladefläche des Lastwagens waren still und ließen ihn kaum aus den Augen. Alles in Daryl schrie nach Schlaf. In den Bemühungen die Augen offenzuhalten tränten sie. Sobald er den Kampf gegen den Schlaf verlor, stieß einer von Negans Männern den Gewehrlauf in seine Seiten. Ganz besonders hart fielen die Hiebe des fetten Joey aus. Er bedachte den Hünen mit einem mörderischen Blick. Irgendwann wurde abgerechnet - nicht heute, nicht morgen. Aber eines Tages würde er sich seine Würde zurückholen. Das Zittern seiner Glieder wurde immer heftiger und ließ sich kaum verhindern. Er würde sich zusammenreißen müssen. Jedes Fehlverhalten seinerseits würden seine Freunde büßen müssen. Mit jedem Meter, der sie Alexandria näher brachte, wuchs seine Furcht vor den bevorstehenden Stunden.     Alexandria 200 Doubledrabble Sie stießen Daryl vom Wagen und lachten amüsiert auf, als er das Gesicht verzog. "Kein Wort! Kein Wimmern! Kein Laut! Sonst wird Lucille ihren Durst an deinen Freunden stillen." Dann hatte Negan ihm Schuhe gegeben - ihre Innenseiten voller Glasscherben. Sie waren mindestens zwei Größen zu klein. Sie zerrten ihn in die Gruppe von Negans Männern. Dwight hielt ihn an seinem Oberteil und presste ihm schmerzhaft den Lauf der Waffe in die Nierengegend. Schweiß rann Daryl in Sturzbächen über den Körper. Doch er würde nicht vor ihnen einbrechen. Er würde Negan nicht den Gefallen tun. Heute würde keiner seiner Freunde verletzt oder getötet werden. Er würde diese Schuld nicht noch einmal tragen. Daryl glaubte festen Willens zu sein, doch als sein Blick auf den von Rick traf, drohte er zusammenzubrechen. Ein leises Schluchzen entfuhr ihm. Er spürte wie Dwight hinter ihm zusammenzuckte. Eine Hand legte sich auf Daryls bebende Schulter. "Ruhig, Mann!", wisperte der Blonde eindringlich. Der Armbrustschütze zwang sich zur Selbstbeherrschung. Er versuchte alles auszublenden. Suchte in seinen Erinnerungen nach Beths' Gesicht. Versuchte sich ihre Stimme vorzustellen. Und als er schon aufgeben wollte, weil sie fort zu sein schien, spürte er den Nachhall ihrer schmalen Hand tröstlich in seiner.   Nebel (222 Schnapsdrabble) "Vielleicht möchte Daryl seinen Fall vortragen?" Wankend stand Daryl in Negans Nähe, doch er nahm dessen Worte kaum wahr. Er spürte die warmen Sonnenstrahlen, das war gut. Manchmal drang Ricks tiefe Stimmmelodie an sein Gehör, aber er machte sich keine Mühe Worte rauszufiltern. Es war gleich geschafft. Es war niemandem etwas passiert. Als die Stimmen verklangen, wagte er es einen momentlang aufzublicken. Negan und Rick starrten ihn erwartungsvoll an. Ihm schien etwas entgangen, doch dann ebbte das Interesse an seiner Person spürbar ab und er gab sich wieder dem Nebel hin, der seine Sinne schützend einhüllte. Er wusste, wenn er noch mehr sehen würde, mehr von Zuhause an sich heranlassen würde, dann könnte er Negans Anweisung nicht Folge leisten. Doch schließlich schien es geschafft. Sie stießen ihn in Richtung der Ladefläche und er glaubte die Besinnung zu verlieren, als er endlich in saß, jeden einzelnen Schnitt in seinen Füßen spürend. Dwights Gesicht tauchte vor ihm auf. Seine Worte konnte Daryl kaum hören. Unsanft griff der Blonde an seinen Kiefer, erzwang Daryls Aufmerksamkeit. "Sie lassen dich schlafen! Sobald wir da sind, bringe ich dich zu Carson!" Unendliche Erleichterung flutete Daryls Sinne. "Danke", murmelte er rau. Als Daryl den Blick hob, sah er Rick verloren auf der Straße stehen - sich immer weiter von ihm entfernend. Daryl spürte kaum, dass er anfing zu weinen.      Nacht (234 Straßendrabble) Daryl schreckte auf aus dem Schlaf und rieb sich orientierungslos über das Gesicht. Sein Kiefer schmerzte, an seinen Füßen brannten die Schnitte und sein ganzer Körper schien wund und geschunden. Der Nachteil daran, dass Negan ihn hatte schlafen lassen: Er spürte sich wieder. Sein Verstand war lebendiger. Die Dunkelheit in der Zelle verschlang alles. Nacht. Mit einem ungenierten Stöhnen suchte er nach einer Position, in der er schmerzfreier liegen konnte. Doch der steinerne Boden, die feuchten Wände waren wenig komfortabel. Ein Geräusch ließ ihn aufhorchen. Hektisch richtete er sich auf, rutschte in eine Ecke des Raumes und lauschte angestrengt in die Dunkelheit. Doch nach dem tagelang anhaltenden Lärm der Musik spielten seine Ohren ihm nun Streiche. Mit einem Seufzen lehnte er den schmerzenden Kopf an die Wand und ließ sich erneut in Morpheus Arme sinken. Er schlief unruhig. Träumte von Beth, die als Beißer zurückgekommen war. Von Maggie, die von ihm verlangte, sich selbst mit Negans Baseballschläger zu erschlagen, als Pfand für Glenn. Plötzlich waren sie Beißer. Griffen nach ihm. Ihre Hände an seinem Körper. Grapschten nach ihm. Keuchender Atem drang an sein Ohr ... Er fuhr zusammen. Kein Traum. Er war wach. Doch es änderte sich nichts. Schneller Atem fuhr über sein Gesicht. Hände glitten über seinen Körper. "Nein!" Er versuchte den Berührungen zu entfliehen und stieß nur hart mit dem Kopf gegen die Wand. Das Blut rauschte entsetzlich laut in seinen Ohren. Redneck, Redneck turn around (300 Tripledrabble) Daryl riss ein kleines Stück von dem Brot ab, das man den Arbeitern als Mahlzeit zugestand. Er saß etwas abseits und schob sich den drögen Brocken zwischen die Lippen. Dr. Carson glaubte, dass sein Kiefer gebrochen sein könnte. Er schaffte es kaum den Mund zu öffnen - vom Kauen des harten Brotes ganz zu schweigen. Er griff nach der kleinen Wasserflasche und ließ etwas davon zwischen seine Lippen laufen. Er musterte Negans Männer voller Hass. In der vergangenen Nacht hatten sie ihre Abscheulichkeit auf ein neues Level gehoben. Ganz gleich, ob sein Wille sich gegen Negan stellte - sie demonstrierten ihm einfach, dass nichts an ihm noch frei war. Er wußte, wer in der Nacht zu ihm gekommen war. Derjenige würde elendig verrecken, sobald Daryl die Möglichkeit dazu bekam. Eine Handvoll Männer kam feixend auf ihn zu. Eine schwere Eisenkette in den Händen. "Komm her!", rief einer von ihnen. Daryl reagierte nicht - starrte den Savior bloß an. Eine fleischige Hand legte sich um seinen Nacken, weckte Bilder der vergangenen Nacht in ihm, und stieß ihn in den Kreis der Männer. "Lust auf Spielchen, Redneck?" Daryl erwartete einen Angriff, Fausthiebe, Tritte. Doch die Männer begannen die Eisenkette zu schwingen. "Spring, Dixon!", brüllte einer von ihnen, während er anfing einen Reim zu singen. Die Eisenkette schnellte auf seine Beine zu. Redneck, Redneck, feel so sad Unter dem Grölen der Saviors hatte er keine andere Wahl. Entweder er ließ sich die Schienbeine zertrümmern, oder er sprang. Redneck, Redneck feel so bad Blinde Wut kochte in ihm hoch. Immer mehr Männer intonierten den Reim. Schwangen die Kette schneller. Redneck, Redneck all alone Er keuchte vor Anstrengung. Sein Kopf würde beim nächsten Sprung zerbersten. Redneck, Redneck never go home In den Schuhen wurde es rutschig vom Blut, das aus den Schnitten quoll. Er taumelte.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)