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Faint.

von

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Prolog

Die Stimmung am Weasley- Tisch war angespannt. Alle Familienmitglieder aßen schweigend ihr Mahl, nur Molly Weasley stand manchmal auf, schaute nach den übrigen Hähnchenschenkeln in der Küche und stellte Kleinigkeiten auf den Tisch, die sie vergessen hatte zu servieren. Aufgeregt wuselte sie zwischen den Stühlen umher und tat jedem etwas von dem Kartoffelsalat auf den Teller, wobei die Portion für die Männer natürlich doppelt so groß war.

 

„Vielen Dank, Mrs. Weasley“, sprach der Blondhaarige gedehnt und sah die rundliche Frau höflich an.

Jedes Mal, wenn Ron diese Stimme hörte, verrollte er innerlich seine Augen. Allerdings ließ er sich davon nichts anmerken.

 

„Ach, Draco mein Guter. Du isst viel zu wenig“, tadelte Weasleys Mutter sanft. „Kochst du zuhause nicht gut, Ginny?“, fragte ihre Mutter mit einem leichten Vorwurf in der Stimme und die Angesprochene senkte ihren Blick.

„Du kannst gerne öfter vorbeikommen, Liebes, und ich bring dir bei, wie man den saftigsten Braten zaubert.“ Ihre Mutter meinte es nur gut und lächelte sie herzlich an, doch die Zwillinge nutzten diese Vorlage für einen ihrer Scherze.

 

„Ist das nicht eher Malfoys Aufgabe?“, fragte George scheinheilig und Fred ergänzte mit einem dreckigen Grinsen.

„Den Braten in die Röhre zu zaubern?“

 

Auf Ginnys Gesicht hätte man jetzt Spiegeleier braten können und die Zwillinge brachen in tosendes Gelächter aus, Draco zwang sich zu einem aufgesetzten Grinsen und Ron hatte das Gefühl, ihm war der Appetit vergangen.

„Jungs!“, herrschte Mrs. Weasley die Zwillinge wütend an und versuchte die Stimmung zu retten, indem sie die kleinen Törtchen aus der Küche in das Esszimmer schweben ließ, die sich dann auf dem Tisch auftürmten.

 

„Sie muss nicht kochen. Die Hauselfen übernehmen das“, erklärte Malfoy von oben herab, mit seiner wie üblich gelangweilten Stimme. Als sich das Gelächter der Zwillinge gelegt hatte, hob der Blonde kurz seinen Kopf und blickte seinen Gegenüber an.

„Und wie kocht Ron?“, fragte er mit einer Spur kühlem Interesse - um das Thema von sich weg zu lenken. Auf jemand anderen. Er sah den Schwarzhaarigen am Tisch distanziert an. Dieser wischte sich mit der Serviette über den Mund und grinste.

„Gut.“ Ron war innerlich zusammengezuckt bei der Frage und verwünschte den Blonden, weil er es wagte nach etwas zu fragen, was ihn überhaupt nichts anging.

 

„Wir grillen. Machen Lagerfeuer, weil wir im Zelt unterwegs sind. Stimmt's?“

Als Ron plötzlich eine große Hand auf seiner Schulter spürte, zuckte er zusammen. Keinem war es aufgefallen.

Keinem, außer dem Schwarzhaarigen, der die Hand wieder zurückzog und versuchte, ein ausdrucksloses Gesicht beizubehalten.

Und Draco Malfoy, dessen grauen, scharfen Augen nichts entging. Für einen Moment hatte der Blonde das Gefühl, dass die Gabeln auf dem Tisch kurz bedrohlich zitterten. Aber das konnte auch genauso gut Einbildung gewesen sein. Ron schluckte und zwang sich zu einem Lächeln, das ihm aber in einer Sekunde wieder aus dem Gesicht gefegt werden würde.

„Wie waren die Flitterwochen?“

Der Kürbissaft, an dem er gerade genippt hatte, schoss Ron beinahe aus der Nase heraus und er musste husten. Heiße Tränen trieben ihm in die Augen, weil seine Lunge brannte. George klopfte ihm sanft auf den Rücken.

„Zu unserer Zufriedenheit“, war die knappe Antwort des Schwarzhaarigen und Ron rang nach Luft.

 

„Ronald?“, Malfoy wandte sich jetzt direkt an ihn, sah ihn fragend an. Keuchend drückte Ron sich die Serviette auf die Lippen und legte sie dann zur Seite. Zum ersten Mal an diesem Tag blickte er in diese grauen Augen, in welchen er Neugierde brennen sehen konnte. Und irgendetwas Drängendes. Aus irgendeinem unvorstellbaren Grund wollte Draco Malfoy unbedingt wissen, wie Ronald Weasley seine Flitterwochen fand.

Diese Schlange sollte an ihrer Neugier ersticken! Nur weil sie beide jetzt am gleichen Tisch saßen und ein Teil derselben Familie waren, nutzte Malfoy den Vorwand, um sich insgeheim über ihn lustig zu machen. Ihn zu demütigen. Weil er mit einem Mann verheiratet war. Die Tränen wollten immer noch nicht verschwinden. Und Ron wusste, dass es nicht nur war, weil seine Lunge so brannte.

„Wenn …Marcus“, er stockte kurz, dieser Name ging ihm immer noch unheimlich schwer über die Lippen. Doch er musste sich zusammen reißen, um diese Situation nicht noch unangenehmer für alle Beteiligten zu machen. Deswegen setzte er wieder an, jedoch nicht minder verärgert.

„Wenn er schon sagt, dass sie gut waren, dann wird es ja wohl so gewesen sein. Oder?“, fauchte er jetzt und es schien den anderen am Tisch so, als ob er den Malfoy mit seinem Blick erdolchen wollte. Hass loderte in seinen Augen auf. Und ein bedrohliches Zittern erfasste seine Arme.

Konnte sich das boshafte Frettchen nicht ein einziges Mal zurückhalten? Jetzt, wo er mit seiner Schwester verheiratet war? Und er ihn seinen Schwager nennen musste?

Nein, natürlich war diese erniedrigende Schmach nicht genug. Er musste ihn vor seiner ganzen Familie und seinem ‘Ehemann‘ auch noch verhöhnen.

Sich auch noch darüber lustig machen, dass er – Ronald Weasley- vom Ministerium gezwungen worden ist, eine Ehe mit einem Reinblüter einzugehen. Um dessen Erbe weiterzuführen. Bevor diese reinblütige Familie auch noch aussterben würde, wie so viele zuvor auch.

Er konnte es nicht länger ertragen. Diese grauen Augen, die sich tief in seine bohrten, so als ob sie dort nach der Wahrheit suchten.

Mit einem Ruck erhob er sich. „Vielen Dank für die Gesellschaft“, sprach er anteilnahmslos, scheinbar wieder gefasst. „Wie immer kein Vergnügen.“

Laut fiel die Tür ins Schloss und Molly Weasley zuckte auf ihrem Stuhl zusammen. Fred und George wollten schon aufspringen, doch der gut gebaute Mann hatte sich bereits erhoben.

„Ich mache das“, seine Stimme gab den Zwillingen zu verstehen, dass er jetzt alleine zu ihrem Bruder gehen würde. Und nicht gestört werden wollte.

Ginny schwieg betreten. Arthur Weasley legte seine Stirn in tiefe Sorgenfalten und Molly versuchte immer wieder ein hilfloses Lächeln.

„Du musst ihn entschuldigen, Draco. Es ist doch noch so frisch.“ Aber ihre Worte drangen nicht bis zu dem Blondhaarigen durch. Seine Gedanken hatten sich schon längst verabschiedet. Mit dem Moment, als Weasley aus dem Raum gestürmt war.

Sie hingen ihm nach.

Genauso wie sein Blick, der ihm nach draußen aus dem Fenster folgte.

Er sah, wie Flint draußen zu ihm trat.

Der Schwarzhaarige war groß gewachsen und breit gebaut. In den letzten Jahren hatte er sich optisch gemacht, erinnerte seine Gestalt nicht mehr an einen Troll so wie damals in Hogwarts. Und auch die Zähne hatte er magisch richten lassen.

Doch auch wenn er besser aussah als damals, Malfoy mochte ihn weniger als früher. Neben seiner großen Gestalt ging der Rothaarige fast unter. Obwohl Weasley etwa so groß war wie er selbst -vielleicht sogar ein Stückchen größer, man konnte es nicht genau sagen, da der Rothaarige nie so aufrecht stand wie Draco - so sah er neben dem großen Jäger ungewohnt klein und schmal aus.

Er würde sich wohl nie an den Anblick der beiden zusammen gewöhnen.

Draco konnte sehen, wie Flint Ron zu sich ziehen wollte. Doch der Rothaarige wandte sich ab. Stur wie eh und je.

So wie Draco ihn einschätzte, würde sich Flint noch lange an ihm die Zähne ausbeißen. Kaputt beißen.

Ein kaum erkennbares Lächeln huschte über Dracos Gesicht.

 

Dieses Gesetz war eine Farce. Und es würde sie alle langsam kaputtmachen. Früher oder später.

Es gab diejenigen, die eine Maske der Gleichgültigkeit aufsetzten und dann die anderen, die nicht fähig waren, sich zu dem ganzen Theater noch eine Maske aufzuzwingen.

Weasley gehörte eindeutig zu den Letzteren.

 

Nachdem das frisch verheiratete Paar wieder eintrat, machten sich die Zwillinge über die Törtchen her und fingen eine rege Unterhaltung über Quidditch an.

Dieses Thema war immer gut. Besonders, da sie jetzt einige professionelle Spieler in der Familie hatten.

„Gegen wen spielt ihr nächstes Wochenende?“, fragte Marcus interessiert an Ginny gewandt und zum ersten Mal öffnete sie ihren Mund zum Sprechen.

„Ballycastle Bats.“ Sie lächelte mit einer Spur Stolz auf ihren Lippen und die Zwillinge pfiffen laut durch die Zähne.

 

"Ihr verliert”, meinte Marcus daraufhin und lehnte sich selbstbewusst zurück.

„Das werden wir noch sehen“, antwortete Ginny und in ihren Ton hatte sich etwas Herausforderndes gemischt.

„Wir haben letzten Monat gegen sie gespielt. Keine Chance. Haushoch verloren. Ich hatte das Gefühl ihr Hüter hatte zehn Arme, so schnell war der. Keinen einzigen Quaffel hat er reingelassen.“

Die Zwillinge lachten und auch Dracos Mundwinkel zuckten kurz in die Höhe. Jedoch sah es eher mechanisch aus.

„Ihr Falmouth Falcons seid ja auch nur gut im Schädelspalten und nicht im Tore machen“, war ihre schnippische Antwort.

 

Marcus grinste hämisch. „Da sieht man wieder, wie zart besaitet die Frauenmannschaft ist.“

Die Zwillinge stimmten dem früheren Slytherin- Kapitän zu und die Wortgefechte gingen weiter. Nur Ron und Draco hielten sich heraus. Bis Ginny den Blonden erwähnte.

„Übrigens, vielleicht steigt Draco nächste Saison auch in eine Mannschaft ein.“

„Wirklich?“, fragten die Zwillinge begeistert wie aus einem Mund und Draco nickte leicht zur Antwort.

 

„Montrose Magpies“, verkündete Ginny jetzt aufmerksamkeitsheischend und Ron hatte das Gefühl, ihm würde schlecht bei dem Anblick. Anscheinend hatte Malfoys prahlerisches Gehabe schon auf seine kleine Schwester abgefärbt.

Draco beachtete die anderen nicht weiter, sondern wollte selbst eine Frage stellen. An Ron gewandt.

„Und gegen wen spielen die Chudley-“ Doch er wurde jäh von Ron unterbrochen, dessen Frage schneller war.

„Und wie ist es so, im Malfoy Anwesen zu leben, Ginny?“ Obwohl es eine scheinbar harmlos gestellte Frage war, hörte sich Rons Ton leicht angriffslustig an. Sie wandte sich ihrem Bruder zu und versuchte zu lächeln.

 

„Man muss sich umgewöhnen“, meinte sie ehrlich. Doch Ron ließ nicht nach.

„Also ich könnte mich nie an ein Haus gewöhnen, in dem Hermine gefoltert wurde.“

Seine Mutter stieß einen erschrockenen Laut aus und Malfoy verengte seine Augen.

„Und in welchem Du-weißt-schon-wer gehaust und wahllos Leute umgebracht hat.“ Die Salatschüssel fiel aus Mrs. Weasleys Händen und ging mit einem lauten Bersten zu Bruch.

„Ronald, es reicht. Findest du nicht?“ Marcus‘ Stimme war ruhig, aber so bestimmt, dass Ron es nicht noch einmal wagte, ein Wort zu sagen.

 

Draco schüttelte innerlich seinen Kopf. Weasley war mal wieder der absolute Stimmungskiller. Insgeheim wusste er, dass das die Rache für seine Frage nach den Flitterwochen war. Merlin sei Dank gab es noch die Zwillinge, die die Stimmung mit einem Scherz auflockerten, während Ginny sich -mit gekränkten Tränen in den Augen- erhob, um ihrer Mutter in der Küche zu helfen.

 

Nachdem alles abgeräumt war, machten sie sich zum Gehen bereit. Marcus Flint schüttelte höflich die Hand von Mr. Weasley und die Zwillinge warfen sich Ron um den Hals und flehten ihn theatralisch an, nicht zu gehen.

„So stellen die sich bei mir aber nie an“, maulte Ginny an Draco gewandt, doch dieser hörte ihr nicht zu. Stattdessen trat er auf den Rothaarigen zu und hielt ihm die Hand hin. „Weasley.“

 

Ron blickte auf die ausgestreckte Hand herab und machte keinerlei Anstalten sie zu nehmen. Fred und George grinsten Draco vielsagend an. „Vielleicht reagiert er ja auf seinen neuen Namen.“

Ron sah so aus, als ob er kurz vor einer Ohnmacht stand. So wie er jetzt aussah, genauso fühlte Draco sich innerlich.

 

Ronald Flint.

Nie würde ihm der Name über die Lippen kommen.

„Danke, aber ich bleibe bei Weasley. Die Macht der Gewohnheit“, meinte der Blonde nur höflich. Und der Ohnmachtsausdruck auf Rons Gesicht wich allmählich einem wütenden Blick.

Nachdem Malfoy seine abgewiesene Hand wieder zurückgezogen hatte, nickte er seinem ehemaligen Mannschaftskapitän zum Abschied zu.

Mit Ginny zusammen ging er nun aus der Tür und drehte seinen Kopf noch einmal zurück.

Ron anblickend sagte er mit einer Spur Häme in der Stimme. „Vielen Dank für die Gesellschaft. Wie jedes Mal - unerträglich.“

Wie immer sollte Draco Malfoy auch dieses Mal Recht behalten.

Marcus Flint schien sich an dem Rothaarigen die Zähne auszubeißen.

Aus diesem Grund war der große Jäger der Falmouth Falcons heute bei ihm im Büro.

„Und was erwartest du jetzt von mir?“, war Dracos Frage auf das Problem des anderen.

„Dein Büro ist doch dafür zuständig, oder?“ In den blassen Augen des Jägers brannte ein Entschluss.

„Nun, indirekt ja. Aber das heißt noch lange nicht, dass es zu meinem Aufgabenbereich gehört, deinem widerspenstigen Angetrauten zu erklären, was seine Pflichten sind.“

Dracos Augen hätten den Blick des anderen nicht gelangweilter erwidern können.

Damit war das Gespräch für ihn eigentlich auch schon erledigt und er erhob sich, um seine Akten betreffend der Carrow- Zwillinge durchzusehen.

„Hör zu, Malfoy. Ich verlange ja nicht, dass du in der Ministeriumsrobe aufmarschierst und ihm seine Pflichten vorliest - sondern als sein Schwager ein vertrauliches Gespräch mit ihm führst.“

Da war es wieder, das Wort, das ihm seit einem halben Jahr nun schon bitter aufstieß. Entnervt, mit dem Rücken zu dem anderen gedreht, schloss er kurz die Augen.

„Auch als Schwager“, er musste das Wort fast schon herauswürgen, damit es überhaupt seine Lippen verließ „gehört es nicht zu meinen Pflichten, Weasley zu erklären wie der Beischlaf vonstatten geht.“

Seine Stimme wurde mit jedem Wort unfreundlicher. Er merkte schon, wie die aufkeimende Ungeduld in ihm seine professionelle Fassade bröckeln ließ.

Wieso hatte er bloß das dumme Gefühl, dass der grobe Zauberer nicht so schnell locker lassen würde?

„Malfoy. Du kennst ihn besser als ich. Ihr wart in einem Jahrgang, du musst ihm nur-“

„Bei Salazar, Flint! Stell dich nicht so an wie ein Muggel!“

Gereizt drehte er sich wieder zu dem anderen.

„Du beherrschst doch Magie, oder? Lass deiner Fantasie freien Lauf, es gibt Tränke, es gibt Zaubersprüche – Amortentia, Incarcerus, Imperius – nur um einige Hilfsmittel zu nennen, mit denen du dir deinen Spielgefährten im Bett gefügig machen kannst.“

Hiermit war das Gespräch für ihn aber nun wirklich beendet, der andere sollte dankbar sein, dass Draco sich noch großzügigerweise die Zeit nahm, ihm diese Tipps zu nennen. Schnaubend wandte er den Blick seiner Akte zu und als er aus den Augenwinkeln bemerkte, dass der andere die Dreistigkeit besaß, immer noch nicht aus seinem Büro zu verschwinden, machte er eine lockere, gelangweilte Handbewegung, um dem anderen zu bedeuten, dass er hiermit entlassen war.

„Und nun, entschuldige mich bitte. Ich würde mich jetzt gerne wichtigeren Dingen widmen, die meiner Aufmerksamkeit weitaus mehr bedürfen.“

Er hatte noch nicht einmal von seinem Stapel Pergament aufgesehen, so sehr interessierte ihn der andere.

Bis zwei Fäuste auf den Tisch donnerten und ihn hochfahren ließen.

„Ich will es mal so ausdrücken, Malfoy.“ In die trüben Augen des brutalen Quidditch- Spielers hatte sich ein gefährliches Blitzen geschlichen.

„Ich weiß aus sicheren Quellen, dass du und er etwas gemeinsam habt.“

Ein boshaftes Grinsen umspielte seine Lippen, doch Malfoy schien nichts zu verstehen. Verwirrt hatte er seine Augenbrauen zusammengezogen und Marcus lehnte sich über den Tisch ein Stück vor.

„Wissen deine Eltern eigentlich davon? Oder deine kleine hübsche Frau?“

Mit jeder Sekunde, die verging, fühlte sich Draco zunehmend unwohl und verunsichert in seiner Haut- allerdings ließ er sich das nicht anmerken. Perfekt war die kalkulierende, abschätzende Maske, die er sich aufgesetzt hatte.

Flint konnte doch unmöglich- nein, das war tatsächlich ausgeschlossen. Woher denn auch? Er hatte es niemandem gesagt... doch wenn Flint damals etwas mitbekommen haben könnte...

Bei dessen nächstem Satz rutschte Draco die unsichtbare Maske vom Gesicht und offenbarte einen entsetzten Ausdruck. Gut, das war nicht abzusehen. Damit hatte er nun tatsächlich nicht gerechnet. Oder irgendwie schon.

Das von Flint ausgesprochene verbotene Geheimnis hing nun schwer in der Luft. Verschob das Kräfteverhältnis. Bei dem Draco nun die schlechtere Ausgangsposition hatte.

Jedoch hatte Draco sich schnell gefasst und setzte ein kühles Lächeln auf. Auch Flint lächelte. Boshaft.

„Ich sehe, wir verstehen uns.“

Marcus Flint war nun eindeutig in der vorteilhafteren Position und richtete sich siegessicher auf. Der Blick aus Dracos Augen wurde eiskalt. Und dann amüsiert. Er wusste ganz genau, wie er von seiner Position am Boden, scheinbar geschlagen, wieder ablenken konnte.

Flint kannte sein Geheimnis. Aber Draco kannte nun auch seins.

„Sieh an. Das also meintest du mit ‚sehr guten Flitterwochen‘? Der Junge hat dich nicht mal rangelassen!“ Er lachte gehässig auf.

Ein verdächtiger Schatten zuckte über Flints Gesicht und er knirschte mit den Zähnen.

„Wenn ihm einer seine scheue Zurückhaltung ausreden kann, bist das sicher du.“ Berechnend, mit einem Hauch von Drohung, war die Stimme des Älteren.

„Erzähl ihm einfach von deinen Erfahrungen und beschönige sie zusätzlich, wenn nötig.“

„Flint, auch wenn ich es tue- das wird an seiner Einstellung trotzdem nichts ändern. Du schätzt ihn komplett falsch ein.“ Seine Stimme war fest und bestimmt.

Der Blonde meinte es ernst. Wie stellte sich der Troll das vor?

„Wir hassen uns. Er wird sich von meinen Geschichten nicht beeindrucken lassen.“

„Dann streng dich gefälligst an, dass sie es tun.“

Aus seiner Umhangtasche zog der Größere einen verzauberten Schlüssel und legte diesen auf den Tisch, schob ihn mit einer bestimmten Siegessicherheit Malfoy zu.

„Hier, fühl dich wie zu Hause.“ Mit einem gehässigen Grinsen verließ er das Büro und Malfoy schlug seine flache Hand gegen die Tischplatte.

Verdammt!

Er wusste, er hatte keine Wahl.
 

Und so saß er nun im Flint- Anwesen auf der Veranda.

Unentspannt und missvergnügt.

Ja, das konnte gleich heiter werden. Wenn der Rotschopf ihn hier erblicken würde. Nur zu gut konnte er sich das Szenario vorstellen, wenn man an das Theater dachte, das der sturköpfige Weasley letzte Woche bei seinen Eltern veranstaltet hatte.

Aber was hatte er denn eigentlich Schlimmes zu befürchten?

Weasley war der Zauberstab abgenommen worden. Vorläufig. Er sollte sich erst mal anpassen. Zu groß war das Risiko. Nicht auszudenken, was er in seiner Wut alles damit anstellen konnte. Es war zwar grausam, aber es handelte sich hierbei um eine reine Sicherheitsmaßnahme. Würde sich der Rothaarige bewähren, hatte er seinen Zauberstab bald zurück.

Seufzend massierte er sich die Schläfen. Dabei hatte er noch genug anderes zu tun. Wichtigeres. Und weniger Nerven Raubenderes.

Weasley war scheinbar nicht im Haus, er hatte nach ihm gerufen, doch es gab keine Antwort. Also schlief er – was er sich sehr gut bei diesem nichtsnutzigen Faulpelz vorstellen konnte- oder er war irgendwo im Garten oder im angrenzenden Wald. Also hieß es erstmal warten und sich mental auf das Kommende vorbereiten.

Vor sich auf dem Gartentisch hatte er schon zwei Flaschen Butterbier und eine Flasche Feuerwhiskey bereitgestellt. Das brauchten sie sicher. Zumindest er. Im Haus der Flints war er während der Schulzeit einige Male gewesen. Deswegen kannte er sich schon etwas aus. Hier hatte sich das Slytherin- Team in den Sommerferien getroffen, um zu trainieren. Flint war damals nämlich besessen von der Idee gewesen, seinen ehemaligen Erzrivalen Oliver Wood zu besiegen. In Nostalgie versunken nahm Draco jetzt einen Schluck Butterbier und ließ seinen Blick über den großflächigen Garten schweifen, der von Wald umgeben war.

Das Anwesen war sehenswert, nicht so imposant und palastähnlich wie sein eigenes, aber es hatte seine Reize und eine lange Geschichte.

Gerade als er einen zweiten Schluck nehmen wollte, entdeckte er etwas rot Aufflammendes zwischen den Bäumen am Waldesrand. Weasley.

Als er zwischen den dunklen Baumstämmen hervortrat, lief er in Richtung Anwesen und erstarrte plötzlich. Er hatte den ehemaligen Slytherinprinzen entdeckt.

Draco erhob sich, seinen Zauberstab fest im Griff, und richtete sich seine Robe.

Bevor ihm plötzlich sein Zauberstab aus der Hand flog. Was in Merlins-

Wutentbrannt stürmte der Rothaarige auf ihn zu.

„Was machst DU hier?“, keifte er außer sich und erstarrte kurz. Draco blickte irritiert von seiner nun leeren Hand auf seinen Zauberstab, der auf dem Steinboden lag. Wie war das auf einmal passiert?

War ihm vor Schreck etwa der Zauberstab aus der Hand gefallen?

„Was ist mit meiner Schwester?“, rief Ron jetzt mit einer gewissen Panik im Gesicht und Draco fischte seinen Zauberstab mit einer eleganten Bewegung vom Boden auf.

„Sachte, sachte Weasley“, sprach er mit einem süffisanten Grinsen, doch Ron ließ sich nicht besänftigen.

„Wo ist sie? Ginny?“, verlangte er zu wissen.

„Keine Sorge, Weasley. Sie ist zu Hause. Es geht ihr gut“, ließ der Blonde knapp vernehmen. Das ausgesprochen hörte sich komisch an, aber er teilte nun mal schon seit einem Jahr sein Zuhause mit ihr.

So ganz war Ron aber nicht überzeugt.

„Und wieso bist du dann hier?“, blaffte er ihn unfreundlich an.

„Wo bleibt nur deine Gastfreundlichkeit, Weasley?“, tadelte Draco ihn in seiner typisch überheblichen Manier.

„Ich erinnere mich nicht, dich eingeladen zu haben! Wie bist du hier überhaupt hereingekommen?“

„Wer wird denn hier gleich unhöflich werden? Begrüßt man so einen alten Freund?“

Draco grinste hämisch und Ron hatte das dringende Bedürfnis etwas in die Luft jagen zu müssen.

„Wir sind keine Freunde“, zischte er jetzt leise und darauf fing der Blonde tatsächlich an zu lachen.

Ron war kurz davor, zu explodieren. Der hatte ja Nerven! Kreuzte einfach hier auf und provozierte ihn noch!

„Das hatte ich fast ganz vergessen, wir sind jetzt viel mehr als das, nicht wahr?“

Rons Blick hätte töten können, als er zum letzten Mal fragte, zischend. „Wieso.bist.du.hier.“

Bei jedem Wort sprühte ein heißer Funken aus Malfoys Zauberstabspitze.

Verwirrt blickte der Blonde auf seinen verrückt spielenden Zauberstab. Was war denn heute auf einmal los?

Ron jedoch sah alles andere als überrascht aus. Es schien fast so, als ob er Malfoys Zauberstab kontrollierte. Innerlich schüttelte Draco bei diesem abwegigen Gedanken den Kopf. Das war absolut lächerlich.

Trotzdem spürte er förmlich eine Gefahr, die von Ron ausging und deswegen hob er beschwichtigend die Hände, eine hielt wieder seinen Zauberstab fest umklammert - darauf hoffend, dass er nicht weitere Funken sprühen würde – und die andere tauchte langsam in seine Umhangtasche hinein.

Ron ließ die Hand des anderen nicht aus den Augen.

Draco, immer noch ein aufgesetzt überlegenes Grinsen auf den Lippen, zog die Hand langsam heraus und präsentierte den Schlüssel, den er heute Morgen von dem Herren des Anwesens bekommen hatte.
 

„Flint?“, fragte der Rothaarige ungläubig und Draco nickte mit einem vielsagenden Grinsen. Er konnte nicht glauben, dass Flint diese blonde Ratte auf ihn gehetzt hatte!

„Und was willst du hier?“, fragte er misstrauischer als zuvor. Sein Blick fiel auf den Gartentisch.

„Wie ich sehe hat sich der Herr auch schon selbst bedient.“

Wieso kam Malfoy hierher und spielte sich auf, als würde das Anwesen ihm gehören? Soweit er wusste, waren Flint und er befreundet – ja, aber nicht so eng, dass Malfoy hier ein und ausgehen konnte.

„Bitte, setz dich doch“, meinte Draco, immer noch mit diesem kalten Grinsen und Ron verengte seine Augen.

Wie großzügig, dass ihm in seinem eigenen Haus Platz angeboten wurde. Schweigend nahm er Platz, obwohl er nur zu gern etwas gesagt hätte und wartete nun ab, was sein früherer Erzfeind ihm zu sagen hatte. Wenn er nicht sogar extra vorbei kam, um sich bei ihm persönlich zu erkundigen, wie die Flitterwochen gelaufen waren!

„Nun, du weißt sicher, für welche Abteilung im Ministerium ich zuständig bin.“

Als Antwort verengte Ron seine Augen zu noch engeren Schlitzen. Natürlich, wie konnte er das je vergessen. Die ‚Abteilung für die Erhaltung des reinen Blutes‘, die in erster Linie für diese Farce verantwortlich war. Dass er jetzt mit diesem Troll verheiratet war.

Ein Grund mehr, Malfoy bis zum Rest seines Lebens zu hassen.

„In unserem Aufgabenbereich liegt es auch, bei den frisch verheirateten Pärchen nachzusehen, ob alles in Ordnung ist. Und dank unseres neuen Verwandtenstatus‘ ist mir diese Ehre zuteil geworden.“

Der Sarkasmus troff nur so hämisch aus seiner herablassenden Stimme.

Da Ron nicht so aussah, als ob er sich in den nächsten Minuten dazu äußern würde, fuhr Draco scheinbar unbeirrt weiter.

„Deswegen Weasley, muss ich dich fragen. Ist alles in Ordnung zwischen dir und Flint?“ Trotz seiner Anspannung hatte er es sogar geschafft, seinen Ton etwas vertrauenswürdiger klingen zu lassen.

Doch seine starren Augen verrieten ihn.

Ron antwortete nicht. Er war in einer Zwangsehe gefangen. Mit Marcus Flint.

Und ausgerechnet Draco Malfoy kam vorbei, um zu fragen ob alles in Ordnung war? Wollte sein Schicksal ihn verhöhnen?

„Zufällig weiß ich, dass eure Hochzeitsnacht doch nicht so berauschend war wie behauptet.“

Rons Hände fingen an zu zittern- vor unterdrückter Wut. Also hatte er mit seiner unterbewussten Vermutung Recht. Diese Ratte versuchte sein Leben auszuspionieren und es dann im Auftrag des Ministeriums zu kontrollieren! Deswegen hatte er auch gestern nach den Flitterwochen gefragt.

Seufzend fuhr sich Malfoy durch sein hellblondes Haar.

„Weasley, ich muss dich doch nicht daran erinnern, was deine Pflichten sind?“

Ron sah alles andere als erfreut aus.

Draco hätte schwören können, dass irgendetwas an dem anderen rauchte.

Entweder seine Ohren, oder seine Haare. Sein Gegenüber erinnerte ihn an einen Vulkan, der jede Sekunde auszubrechen drohte. Und zu allem Übel fing der Zauberstab in seiner Hand an, bedrohlich zu zittern. Als ob die nächsten Funken bereit wären, ausgespuckt zu werden. Außerdem wurde es hier draußen zunehmend ungemütlich. Wo vorher noch am blauen Himmel die Sonne gestrahlt hatte, zogen nun dunkle Wolken auf. Es wurde frischer und ein Wind pfiff Unheil verheißend über die dunklen Baumwipfeln.

Langsam fing die Situation aber wirklich an, an seinen Nerven zu zerren. Er wollte es einfach hinter sich bringen, dem Rothaarigen nochmal klar machen, wo ab jetzt sein Platz war, und dann einfach nur noch verschwinden. Denn eigentlich wollte er damit nichts zu tun haben.

Während Draco immer ungeduldiger wurde, sah Ron mit jeder Sekunde verstörter und aufgebrachter aus.

Panik kroch langsam Rons Kehle empor, wenn er noch etwas sagen wollte - jetzt war dies nicht mehr möglich. Wie konnte Malfoy es, wagen- sich erdreisten- ihn auf seine angeblichen Pflichten zu verweisen?

„Eins muss dir bewusst sein: Es ist Flints Recht, dich besteigen zu dürfen“, sagte Malfoy jetzt mit einer harten Ungeduld in der Stimme und kaum hatte er das letzte Wort ausgesprochen, zerbarsten die Butterbierflaschen auf dem Tisch.

Weasley bewegte sich keinen Millimeter, er war wie in eine Art Schockstarre gefallen.

Erschrocken wich Malfoy zurück, doch die Glasscherben auf dem Tisch fingen an bedrohlich zu zucken und er wusste, das konnte nichts Gutes verheißen.
 

„Weasley, hör auf“, zischte er eindringlich.

So langsam schien ihm zu dämmern, dass die Gefahr von Weasley selbst ausging. Er wusste zwar nicht wie der andere das anstellte ohne Zauberstab, aber es gab keine andere Erklärung hierfür. Und das Bedrohliche an der Situation war die Tatsache, dass Draco nichts unternehmen konnte. Er konnte weder den Zauber stoppen, noch Ron entwaffnen – zumal dieser keinen Zauberstab besaß und Draco wusste, dass ein gewöhnliches Finite gegen unsichtbare Zauber nichts ausrichten konnte.

Er musste irgendwie an Weasleys Vernunft appellieren. Der Himmel verdunkelte sich so sehr, dass er fast schwarz wurde. Er musste die Situation unter Kontrolle bekommen und dann mit Weasley schleunigst ins Haus verschwinden.

Langsam streckte er seinen Arm aus, wollte den anderen an der Schulter berühren, um ihn wieder zur Besinnung zu bringen.

Weasleys Zustand beunruhigte ihn. Wenn er ihn angeschrien hätte, oder sich wütend auf ihn gestürzt hätte… aber so etwas - sah dem Rothaarigen gar nicht ähnlich.

Ein Teil von ihm machte sich Sorgen, Weasley schien ihn jedoch gar nicht mehr zu beachten. Das änderte sich auch nicht, als seine Finger sachte dessen Schulter berührten.

Doch in genau diesem Moment stürzten sich die Glasscherben auf dem Tisch aufgebracht auf ihn und versenkten sich in dem Arm, welchen er nach dem Rothaarigen ausgestreckt hatte.

Benommen vor Schmerz taumelte der Blonde zurück, blickte den anderen aus großen erschrockenen Augen an.
 

„Was…was tust du?“, keuchte er leise. Die Bäume am Waldrand wiegten sich bedrohlich im Wind und das unheilvolle Pfeifen des Windes wurde lauter.

Weasley gab immer noch keine Antwort, scheinbar leblos saß er da, starrte ins Leere. Warmes Blut floss träge Dracos Unterarm hinunter und benommen blickte er auf die Schnitte in dem teuren Stoff und seiner Haut. Einige Scherben steckten noch in der Haut und er zischte gepresst durch seine Zähne. Er sollte zurück, um sich das anzusehen. Nicht auszudenken, wenn die Scherben irgendeine wichtigere Ader erwischt hatten.

Verdammt. Der Rothaarige war doch wahnsinnig! Immer noch schien er nicht zu reagieren, und Malfoy war sich nicht sicher, ob es klug wäre ihn sich selbst zu überlassen. Denn zu allem Übel wurde der aufziehende Sturm immer tosender.
 

„Weasley…wir sollten vielleicht besser rein gehen“, sprach er keuchend. Am liebsten würde er ihn hier im Unwetter vergehen lassen, aber ein Teil in ihm fühlte sich sehr unwohl bei dem Gedanken.

Bestrafen müsste er ihn eigentlich! Und was tat er? Riet ihm ins Haus zu gehen!

Als der Rothaarige sich immer noch nicht rührte, packte er Rons Arm.

Immer noch rührte er sich nicht. Doch endlich hob er seinen Blick. Vielleicht war ihm jetzt endlich das bedrohliche Unwetter aufgefallen. Oder die unwichtige Tatsache, dass er Dracos Arm halb aufgeschlitzt hatte!

Doch der Blick, den Ron ihm schenkte, sprach genau das Gegenteil.

Purer Hass lag in den bedrohlich dunklen Augen.

Ein eiskalter Schauer rann Dracos Rücken hinab und wie automatisch ließ er Rons Arm los.

Zum ersten Mal fehlten ihm jegliche Worte. Und alle rationalen Gedanken verdünnisierten sich.

Das hier war nicht der Weasley, den er kannte.

Das hier war etwas anderes.

Und er würde sich sicher nicht von dem Besessenen umbringen lassen, nur weil er zu gutmütig war und den Rothaarigen nicht so herzlos im Sturm verrecken lassen wollte.

Aber ehrlich gesagt, sollte er doch. Verrecken.

Der Schmerz in seinem Arm pochte immer unerträglicher und breitete sich schon bis zu seinem Hals aus.

Er musste es noch irgendwie schaffen, aus dem Haus zu laufen und dann zu apparieren. Innerhalb des Flint Anwesens konnte er nicht apparieren. Er war noch so geistesgegenwärtig, dass er das nicht vergessen hatte.

Er schaffte es gerade noch, in Malfoy Manor in die Arme seiner rothaarigen Frau zu fallen. Die Anstrengung und die heißen Wellen des Schmerzes trieben ihn in die Ohnmacht.

Bevor ihm schwarz vor Augen wurde, flammte Weasleys hasserfüllter Blick vor seinem inneren Augen auf. So dunkel. Und kalt. Alles wurde schwarz.

Viele Dinge gingen in Draco Malfoy vor, als er am nächsten Tag in seinem Büro stand. Überwiegend war es immer noch Schock, der seine Gedanken gefangen hielt. Aber in einem kleinen Teil von ihm pochte die Sorge um den Rothaarigen. Was, wenn er immer noch dort saß? Auf der Veranda. Festgefroren in seiner leblosen Starre? Und im Unwetter untergegangen war? Was erzählte er Weasleys Mutter? Und seiner Schwester? Was, wenn herauskäme, dass er an diesem Unglückstag bei ihm gewesen war?

Nein, Weasley hatte es sicher überlebt…so schnell starb man nicht. Und auch wenn er den ganzen Tag dort im Unwetter gesessen hatte, höchstens eine Erkältung hätte er davontragen. Oder sogar eine Lungenentzündung. Die - wenn es nach Draco ginge - er auch redlich verdient hatte.

Immerhin hatte das Wiesel ihn angegriffen! Auch wenn es ein Schweres sein würde, das zu beweisen. Denn diesmal hatte er weder seine Fäuste, noch seinen Zauberstab benutzt.

Und genau das bereitete ihm solches Kopfzerbrechen. Wie hatte Weasley das angestellt? Das war eindeutig er gewesen, Draco konnte sich nur nicht erklären wie. Sein eigener Zauberstab hatte sogar verrückt gespielt. Wie zur Hölle konnte Weasley seinen Zauberstab kontrollieren. Es war höchst beunruhigend. Immer wieder überlegte er und dachte scharf nach.
 

Es gab alte Phänomene, zum Besipiel den Obskurus, wo es Zaubererkindern möglich war, auch ohne Zauberstab zu zaubern. Doch Weasley war kein Kind mehr.
 

Dann gab es auch noch die Magie die Zauberstablose Magie. Doch ihr Praktizieren war höchst selten. Nur einige ganz wenige Zauberer ihrer Zeit beherrschten diese Art von Magie. Darunter Dumbledore, der Lord höchstpersönlich und Gellert Grindelwald. Alle mittlerweile verschieden oder verschwunden. Draco wusste nur, dass diese Magie zur Zeit seines Urgroßvaters Darael, vor fast hundert Jahren sehr angesagt war, bevor sie jedoch unterbunden wurde. In falschen Händen und falsch praktiziert konnte diese Macht großes Unheil anrichten. Deswegen war die Zauberstablose Magie irgendwann in Vergessenheit geraten. Mit einem Zauberstab war die Magie sowieso viel besser zu kanalysieren und zu kontrollieren.
 

Da Weasley seines Zauberstabes jedoch entledigt wurde, blieb seiner Magie vielleicht gar keine andere Wahl, als sich in ihrer ursprünglichen Form zu äußern. Das machte Sinn. Es musste so sein. Weasleys Magie machte sich wahrscheinlich selbstständig, brach einfach aus, auch ohne Zauberstab. Also musste er sich eigentlich gar keine Sorgen um Weasley machen. Wenn er in der Lage war, ihn ganz ohne Zauberstab zu kontrollieren, dann müsste er auch in der Lage sein, sich selbst zu beschützen. Aber ehrlich gesagt hatte das gestern so ausgesehen, als ob sich Weasley gar nicht selbst retten wollte. Als ob er von dem Unwetter verschlungen werden wollte. So hatte das ausgesehen.
 

So gut es ging versuchte er die Gedanken, die sich ständig um den Rotschopf drehten, zu verdrängen. Er hatte gestern Abend schon genug Zeit damit verschwendet. Und wenn es wirklich ernst wäre, würde früher oder später sicher eine Eule eintreffen.
 

Oder Flint.

Der seine großen Hände auf den Tisch fallen ließ, Schweiß rann ihm über sein Gesicht, seine trüben Augen rasend vor Wut. Der grau-weiße Quidditch-Umhang triefnass von dem Unwetter, das draußen herrschte. Der bedrohliche Falkenkopf auf seiner Uniform funkelte ihn genauso zornig an, wie Flint selbst. Scheinbar ungerührt von der aufgebrachten Aura des älteren Zauberers verzog Malfoy nur missbilligend sein Gesicht bei dem Anblick der Schlammspur, die Flint in sein Büro gebracht hatte. Anscheinend kam dieser gerade vom Quidditch- Training oder ihr Trainer gönnte ihnen eine kurze Pause.
 

„Was.hast.du.getan?“, zischte der Schwarzhaarige durch seine gepressten Zähne.

Unbeeindruckt zog Draco eine wohl geformte Augenbraue in die Höhe.

„Ich nehme an, deinem Gemahl geht es gut?“ Scheinbar uninteressiert widmete er sich nach dieser Frage wieder seinen Akten zu. Sein Herz raste etwas unangenehm in seiner Brust. Hatte Weasley es nicht geschafft? War er draußen im Sturm erfroren?

„Gut?“, bellte Flint jetzt noch wütender. „Gut? Es geht ihm bisschen zu gut würde ich behaupten!“

Jetzt hob Draco seinen Kopf. Überrascht.

„Er hat sich gestern geweigert, mit mir in einem Bett zu schlafen. Alle Versuche, ihn in unser Gemach zu zerren, blieben erfolglos!“

Bei diesen Worten ertappte sich der Blondhaarige dabei, wie seine Mundwinkel nach oben zuckten.

Vor einem Tag noch, hätte er sich über Flints Unfähigkeit, Weasley nicht richtig im Griff zu haben, lustig gemacht. Wie konnte auch ein Schrank von einem Mann mit den aufgebrachten Fäusten eines schwachen Wiesels nicht fertig werden? Aber nach gestern, da war Draco auf einmal einiges klar geworden.

Auch wieso Flint ihn nicht schon in ihrer Hochzeitsnacht unter seine Gewalt gebracht hatte. Er konnte gar nicht!

„Es ist nicht meine Schuld, dass du dir eine Furie ins Haus geholt hast“, meinte Draco nur kühl.

„Was hast du ihm gestern erzählt?“ Flints Augen bohrten sich unerbittlich in die grauen seines Gegenübers.

„Ich habe ihm nur verdeutlicht, dass es zu deinen Rechten gehört, ihn zu besteigen.“

Flint war sprachlos. Sein Mund stand ihm offen. Für einen ganzen Moment.

„Bist du eigentlich wahnsinnig geworden, Draco?“, zischte er bedrohlich leise.

„Ich habe dir doch gesagt, du sollst ihm nicht seine Pflichten runter beten! Sondern ein vertrauliches Gespräch mit ihm führen!“

Jetzt war es jedoch an Draco, die Beherrschung zu verlieren.

„Woher sollte ich wissen, dass Weasley bei so einem harmlosen Spruch die Glasflaschen zerbersten lässt und mir den halben Arm aufschlitzt!“

Mit einem wütenden Finger deutete er auf seinen Umhang, unter welchem sein linker bandagierter Arm ein Stück hervorlugte. Flint grinste wissend.

„Also daher die Scherben auf der Veranda. Ich habe mir so was in der Art schon gedacht. Kein Wunder nach diesem Satz.“

„Ich muss schon sagen, Flint, dein Mitgefühl rührt mich. Wie wäre es mit einer Vorwarnung gewesen?“ Den letzten Worten hatte er besonders viel bissigen Nachdruck verliehen.

„Wer hat -mich- vorgewarnt?“, fragte der Ältere daraufhin und fing an seinen Quidditchumhang aufzuknöpfen.

„Merlin, Flint! Ich bitte dich, erspare mir diesen Anblick!“ Zischend hatte Draco seine Augenbrauen zusammengezogen. Flint in seinem Büro stehen zu haben, war einer der letzten Dinge, die er sich wünschte. Doch dass dieser nun eine Auszieh-Einlage hinlegte, überbot wirklich alles.

Als sein Qidditchpullover unter dem Umhang zum Vorschein kam, hob Marcus ihn ein Stück in die Höhe.

Draco musste schlucken bei diesem Anblick. Der Schrank hatte Muskeln, von denen er nicht mal träumen konnte. Ein merkwürdiges Ziehen pochte in seiner Magengrube, wenn er sich vorstellte, dass Weasley so jemanden zum Mann hatte. Doch außer den Muskeln und dem durchtrainierten Oberkörper erregte noch etwas anderes seine Aufmerksamkeit. Wunden. Schnitte. Stichverletzungen.

Allesamt relativ frisch.

Nein, das konnte doch nicht…

Mit einem Finger deutete der Schwarzhaarige auf eine Brandwunde auf seiner linken Brust. „Das war letzte Woche beim Lagerfeuer. Ich hab mich nur vorgebeugt, um ihm etwas Unschuldiges ins Ohr zu flüstern. Und ehe ich es mich versehe, werde ich von dem Grillspieß in meiner eigenen Hand angegriffen!“ Amüsiert hob Draco eine Braue.

„Ganz unschuldig, also? Was hast du ihm denn ins Ohr geflüstert, wenn ich fragen darf. Damit ich es selbst vermeiden kann, von Weasley ‚gebrandmarkt‘ zu werden.“

Er musste es schon zugeben, ein wenig lustig war die ganze Geschichte schon. Würde Flint nicht so ein ernst verbissenes Gesicht machen, hätte er laut und schallend losgelacht. Aber hier in seinem Büro musste er für wenigstens ein wenig Professionalität sorgen.

„Nun…nur, dass ich es endlich mit ihm treiben wollte.“

„Unschuldig. Aha.“, erwiderte Draco trocken.

Kein Wunder, dass Weasley da vor Schreck einen Grillspieß auf ihn losjagte. Flint war der ‚geborene Verführer‘, das musste Draco ihm lassen. Würde sich ein trollartiger Muskelprotz so stumpfsinnig an ihn heranmachen, würde er, so wie Weasley, sich auch zu verteidigen wissen. Ohne das weiter zu kommentieren, fuhr Flint fort.

„Und diesen Schnitt hier, habe ich einem Küchenmesser zu verdanken, das mich verfolgt hat- bis ins Badezimmer.“

Kurz musste Malfoy sich wegdrehen, um ein Grinsen zu verbergen.

„Ach und nicht zu vergessen, die hier.“ Er gab den Blick auf vier kleine Einstiche frei. „Mein Rücken ist voll davon. Das war in der Hochzeitsnacht. Das antike Hochzeitssilber meiner Urgroßmutter. Spitze Gabeln sind auf mich herab geregnet.“

Dracos Mundwinkel zuckten bedrohlich und ein Schnauben brach über seine Lippen, weil er das Lachen einfach nicht mehr zurückhalten konnte.

„Lach du nur“, blaffte Marcus Flint unfreundlich, während er sich seinen Quidditchumhang wieder zuknöpfte.

„Er ist jetzt deine Sorge. Dieses Büro ist verantwortlich dafür, dass ich mit einem Wahnsinnigen für Nachwuchs sorgen muss. Und wenn sich bald nichts an der Situation ändert, bin ich nicht fähig einen Erben zu produzieren!“

Herablassend wurde jetzt der Blick des Blonden. Je länger er diese Geschichten hörte und darüber nachdachte, sollte es ihm sogar recht sein, wenn Weasley diesen Klotz nie an sich heranlassen würde.

„Ich weiß, dass ich auf dich zählen kann, Draco.“

Sein Grinsen wurde wieder boshaft.

„Mach es ihm schmackhaft, sich mir hinzugeben. Oder ich erzähle deiner Familie, wie schmackhaft du es findest, dich anderen Männern hinzugeben.“
 

Mit diesen Worten verschwand sein ehemaliger Kapitän und hinterließ eine lange Dreckspur in Dracos Büro. Und einen sehr verstimmten Malfoy-Erben.

Nach seinem Feierabend war Draco durch den Kamin in sein Anwesen gekommen. Dort suchte er nach dem Schachbrett, das er damals extra hatte er anfertigen lassen. Als Hochzeitsgeschenk. Allerdings hatte sich das Blatt auf seiner eigenen Vermählung damals so sehr zum Unfassbaren gewendet, dass er es nie verschenken konnte. Na dann konnte es auch genauso gut jetzt zum Einsatz kommen. Als Mittel zum Zweck. Wenn er nämlich etwas über den Rothaarigen wusste, dann dass dieser Zauberschach liebte.

Mit dem Brett unter seinem verschonten Arm geklemmt machte er sich daran, das Anwesen zu verlassen.

„Du gehst?“, vernahm er hinter sich eine verwirrte Stimme. Kurz holte er Luft und drehte sich dann mit einem aufgesetzten Lächeln zu der Rothaarigen um. „Blaise hat mich zu sich zu einer Runde Zauberschach eingeladen“, log er sehr überzeugend.

„Und das Essen?“, fragte sie weiter.

„Tut mir leid, ich muss sofort los. Heute musst du mich leider entschuldigen.“

Sie nickte. War das Enttäuschung in ihren Augen? Oder eher die Angst davor, heute alleine mit seinen Eltern speisen zu müssen? Was auch immer es war, Draco hatte keine Zeit dafür. Und erst recht keine Lust darauf.

Zwar war er gestern kraftlos in ihre Arme gefallen und hatte sich anschließend von ihr die Wunden versorgen lassen, von denen er ihr erzählte, dass eine Vase, auf der ein Fluch gelegen hatte, ihn in der Nokturngasse angegriffen hatte. Sie glaubte es ihm sofort, war das für die Nokturngasse nicht ungewöhnlich. Dafür wollte sie aber ständig wissen, was er dort zu suchen hatte. Lästig, dieses Mädchen. Wäre es nicht Weasleys Schwester, wäre er weitaus unfreundlicher ihr gegenüber. Er ließ sie einfach stehen und setzte seinen Weg fort. Heute hatte er weitaus Wichtigeres vor, als sich mit seinen eigenen Eheproblemen herum zu schlagen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von:  Corona_2407
2018-03-29T08:18:35+00:00 29.03.2018 10:18
DM×RW sucht man ja beinahe schon fast vergebens im deutsprachigen Raum. Umso schöner, dass ich hierauf gestoßen bin. Interessante Idee. Zwangsheiraten ist zwar im FF Bereich nicht neu, aber dass man direkt schon in die Geschichte geworfen wird und dann auch noch Flint mit dabei ist, finde ich ja prima! Draco und Ginny mag ich zusammen. Beinahe schade dass du das irgendwie zerstören musst im Laufe der Story (aber nur beinahe *g*)
Ich bin auf jeden Fall gespannt was hieraus wird im Laufe der Story !
Von:  Zebran20121
2018-02-28T10:51:24+00:00 28.02.2018 11:51
Okay das war krass! Wie hat Ron das angestellt? Im ersten Moment dachte ich der benutzt die Macht, aber das kann nicht sein. Immerhin ist das hier kein Crossover. (aber Ähneln tat sich dass schon etwas), jedenfalls war das sehr beeindruckend hätte ich nicht erwartet. Ich bin schon auf das nächste kapitel gespannt.

LG Zebran
Antwort von:  YouLi
28.02.2018 13:37
Vielen Dank für deinen Kommentar, das freut mich sehr!
Obwohl ich leider nicht wirklich weiß, was genau "die Macht" sein soll :'D
Also nein, ich hab mich nicht aus anderen Fandoms bedient ;)
Antwort von:  Zebran20121
28.02.2018 14:43
ah tut mir leid ich vergas dass das nicht jeder kennt. naja auch egal aber ich bin trotzdem neugierig was er da angestellt hat?
Von:  Dragon1
2018-01-10T06:34:02+00:00 10.01.2018 07:34
Draco und Ginny? O...kay... ein Pairing, was ich mit nicht mal vorstellen will!! (Nichts für Ungut ;) )
RonxDraco finde ich hingegen schon ziemlich ansprechend. Habe aber bisher leider nicht viele FFs dazu lesen können. Ich bin sehr gespannt, wie du die beiden zusammen bekommst.

Ich verstehe nur nicht so richtig, warum Flint und Ron zusammen sind und heiraten mussten. Wenn es um die Erhaltung des reinen Blutes geht, dann können doch keine gleichgeschlechtlichen Paare zusammen bestimmt werden.
BITTE ist das keine FF wo einfach Männer schwanger werden können *fleh*
Ein bisschen Realismus muss man auch bei Harry Potter belassen!


Antwort von:  YouLi
01.02.2018 13:53
Vielen Dank für deinen Kommentar <3
Also zu Ginny kann ich nur sagen, dass sich selbst mir beim Schreiben der Magen umdreht x'D
Aber ich habe mich für eine Konstellation entschieden, die es für mich beim Schreiben spannend macht und so kann ich eventuell zwischenmenschliche Konflikte ausbauen.
Zu dem zweiten Punkt - ich hab mir natürlich Gedanken darüber gemacht und die nächsten Kapitel wird es verständlicher. Bei dem schwanger werden habe ich mir was eigenes ausgedacht, was das Ganze realistisch bleiben lässt.
Solche Zwangsehen-FF's hab ich einige gelesen, ich wollte daraus aber mal etwas Neues versuchen.
Ich hoffe die nächsten Kapitel überzeugen dich ;)
Von:  Remi-cookie
2017-12-25T03:15:46+00:00 25.12.2017 04:15
uuiiiiiii
ich freu mich *-*

Antwort von:  YouLi
01.02.2018 13:53
<3


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