15 Pairs -15 - Szenarios - 15 random Words von HlMURO (KnB Challenge 2018) ================================================================================ Kapitel 1: NebuReo - THE FATE I CAN'T ESCAPE -------------------------------------------- Kaum dass er sich von Teppei in dessen bereits in die Jahre gekommenen Geländewagen führen und sich in den aufgewetzten Beifahrersitz fallen ließ, fielen Reo automatisch die unangenehm brennenden Augen zu. Er wollte gar nicht wissen wie sein Make-Up nach seinem heftigen Weinkrampf aussah, aber das spielte ohnehin gerade keine Rolle mehr. Wie konnte es nur so weit kommen? Ryōta würde heiraten. Irgendeine Frau, von der bis dato kaum einer etwas gewusst hatte. Jemanden, den er vermutlich nicht mal liebte. Und für was? Für ein lächerliches Schmierentheater, das er hinter so edlen Worten wie Liebe, Sicherheit und Zuverlässigkeit tarnte. Wäre es nicht so ungemein tragisch, würde Reo fast lachen. Aber ihm war gerade nicht mal nach Weinen zumute, so bestürzt war er über diese Worte, die Ryōta so leichtfertig in der Bar von sich gegeben hatte, als hätte er sich gerade dazu entschlossen sich einen neuen Haarschnitt verpassen zu lassen. Es brach ihm einfach das Herz daran zu denken, dass Ryōta seine Chance auf ein persönliches Glück wegwarf um irgendeine ausdatierte gesellschaftliche Vorstellung zu erfüllen, die einem vordiktieren wollte, wie man zu leben und wen man zu lieben hatte. Es widerstrebte seiner gesamten Natur, das einfach zu akzeptieren. Er glaubte an Schicksal, an eine Fügung des Schicksal, an Seelenverwandtschaft, an Horoskope und Tarot-Katen und nicht an so etwas kalkuliertes und unromantisches wie eine aufgezwungene Schein-Ehe. Wen würde das zufrieden stellen? Ryōtas Eltern? Diese Frau, die es irgendwie geschafft hatte ihm das einzureden? Ryōta selbst? Er biss sich auf die zitternde Unterlippe, um die erneut hochkommenden Tränen zu unterdrücken. Ja, würde ihm das alles nicht so verflucht nah gehen, hätte er vielleicht wirklich darüber lachen können.   Eine Welle der emotionalen Erschöpfung brach über ihn herein und er lehnte sich mit noch immer geschlossenen Augen mit der Schulter gegen die Beifahrertür, während Teppei sich neben ihn setzte und den Motor des Wagens startete. Nur entfernt hörte er das aggressive Zischeln der dort vergessenen Klapperschlangen auf der Rückbank, die in ihrem zugebundenen Leinensack angefangen hatten sich gegenseitig aufzufressen, aber er dachte sich nichts dabei. Langsam driftete er in einen schlafähnlichen Zustand ab, immer wieder unterbrochen durch ein paar einzelne Satzfetzen und verschwommenen Bildern, wenn er zwischendurch die Lider träge öffnete. Teppei hatte ihn auf der Fahrt durch die Dunkelheit irgendwas gefragt, auf das er nur mit einem unverständlichen Murmeln geantwortet hatte. Danach spürte er wie die großen, warmen Hände des Anderen über seinen Körper tasteten, was sich schön anfühlte. Aber diese angenehme Sensation hielt nicht lange an, da recht rasch wieder von ihm abgelassen wurde. Du darfst ruhig weitermachen, Mr. Good Boy~♥ , wollte er schon verführerisch sagen, aber sein Mund gehorchte ihm ausnahmsweise nicht, obwohl er sonst um kein Wort verlegen war. Teppei schien sein Handy zu benutzen und sprach mit jemanden, aber Reo konnte nicht sagen mit wem, da er schon wieder wegdämmerte. Irgendwann öffnete sich seine Beifahrertür, ein Paar starker Arme hoben ihn hoch, die ihn sicher und ohne Mühe festhielten, der irritiert vertraute Geruch von Schweiß, Motoröl und irgendwas das man am ehesten wohl mit der Hormonausschüttung eines wilden Tiers vergleichen konnte stieg ihm in die Nase und er verzog etwas das Gesicht, unfähig die Augen zu öffnen. Zwei tiefe Stimmen tauschten noch ein paar Worte aus, dann setzte sich die Person, deren intensive Körperwärme durch seine Kleidung drang und ihm jeden Rest Anspannung nahm, immer noch mit ihm auf den Armen in Bewegung. Es war seltsam, aber Reo fühlte sich ungemein sicher, beschützt. Ihm würde nichts passieren. Und das lag vermutlich nicht nur an dem abschreckenden animalischen Gestank, der da verströmt wurde. Mit einem letzten tiefen Aufseufzen schlief Reo endgültig ein, kaum dass er wenig später auf einen weichen Untergrund gelegt wurde, vermutlich ein Bett. Alles war gut. Er war jetzt Zuhause. Zumindest fühlte es sich so an.     „Fuck“, war das erste was Reo unerwartet unfabelhaft rau aus der Kehle entkam, als er am nächsten Morgen die Augen zum ersten Mal öffnete und sich zwar in einer vertrauten Umgebung, aber ganz sicher nicht bei sich in der Wohnung befand. Er starrte hoch zur weiß gestrichenen Decke, an der kein opulenter Kristallleuchter hing, sondern ein geschickt angebrachtes Metallgestell aus Chrom mit integrierten Hotspots. Irgendwo in seinem Gehirn hatte er noch die vage Hoffnung, dass er vielleicht doch in Teppeis Schlafzimmer gelandet war, am Besten durch eine gestern spontan entflammte Leidenschaft, aber auch da wurde er enttäuscht, als er das Gesicht zur anderen Bettseite drehte. Sie war zwar leer, aber dafür sah er an der gegenüberliegenden Wand eine fast schon lächerlich große Anzahl an ordentlich aufgereihten Hanteln und Gewichten aufgehängt. Und dieser unerträgliche Geruch! Reo setzte sich schlagartig im Bett auf und stöhnte mit einem frustrierten Grummeln auf. Die Wohnung war zwar aufgeräumt und unerwartet sauber, was man beinahe nicht glauben konnte wenn man wusste wer hier wohnte, aber der Geruch war trotzdem überall, den er selbst blind erkannt hätte. Er war bei Nebuya Zuhause und so gern er das Gegenteil behaupten würde, es war nicht das erste Mal, das ihm das passierte. „Fuck“, fluchte er nochmal leise und stand dann auf. So sehr es ihn auf aufregte, dass er den Weg dorthin ohne nachdenken zu müssen wusste, führte ihn sein Weg zuallererst in das Bad, damit er sich das Gesicht waschen konnte. Sein eigener Anblick im Spiegel war kein besonders schöner. Er hatte noch geschwollene Augen, durch die noch verschmierte Schminke war seine Haut irritiert und obwohl er sich gestern erst rasiert hatte, konnte er jetzt schon die ersten Stoppeln an seinem Kinn spüren, als er mit den Fingern darüber fuhr. Reo wusste, dass er attraktiv war und er tat auch alles, damit es so blieb, schließlich lebte er von seinem extravaganten Aussehen, die ihm viel Kundschaft in der Bar einbrachte. Aber im Gegensatz zu Tatsuya, der vermutlich schon mit dem perfekten Teint aus dem Mutterleib gekommen war und dem wie aus dem Reagenzglas gezüchteten Ryōta, der noch vor einigen Jahren selbst als Model diverse Magazin-Cover mit seinem 1-Millionen-Dollar-Lächeln geziert hatte, war es bei Reo hart erarbeitet. Sein tägliches Beautyregime war brutal und konsequent durchgeplant, angefangen von der Kalorienzufuhr bis zu den sorgsam ausgewählten teuren Cremes und Lotionen, die er für seine regelmäßige Hautpflege benutzte, da er sonst zu unansehnlichen Unreinheiten neigte. Normalerweise ließ er sich auch nie anmerken, dass er für seinen „natürlichen Look, wie frisch aus dem Bett gekrochen“ morgens zwei Stunden brauchte, aber gerade war ihm das scheißegal, als er sich grob mit einem Handtuch über das feuchte Gesicht rubbelte und sich schließlich barfuß in die Küche aufmachte. Als ob er sich für so einen unzivilisierten Gorilla zurechtmachen würde, der vermutlich nichts anderes konnte als mit der eigenen Scheiße rumzuwerfen, pah! Es überraschte ihn nicht mal, dass Nebuya ihm anscheinend sein kompliziert geschnürtes Outfit ausgezogen und dafür in ein Paar bequemere, aber gänzlich unmodische Sporthosen und ein ausgewaschenes Shirt gesteckt hatte. Wie gesagt, es war nicht das erste Mal, das ihm das passierte. Das Spiel wiederholte sich schon länger mit frustrierender Regelmäßigkeit zwischen ihnen. Besser gesagt seit dem Zeitpunkt, als er den Fehler gemacht hatte sich aus Liebeskummer selbst die Karten zu legen um endlich zu wissen, ob er jemals eine Chance auf ein erfüllendes Liebesglück hatte oder ob er besser darauf hoffen sollte, dass es in der Zukunft Katzen-Hybride gab, die aussahen wie attraktive junge Männer und von denen er sich dann gleich 13 Stück anschaffen würde, wenn er schon als fabelhaft gekleidete, einsame Catlady endete. Tja, die Karten waren damals eindeutig gewesen. Seine vom Universum vorherbestimmte True Love würde schon bald durch seine Tür kommen und sich ihm unleugbar zu erkennen geben.   Eine Woche später walzte geradewegs von der frisch eröffneten Autowerkstatt DRIVE um die Ecke in einer unerträglichen Gestankwolke aus Schweiß, Motoröl und dem konzentrierten Testosteronspiegel eines paarungsbereiten Rhinozeros gehüllt Nebuya Eikiichi in seine Bar und damit auch unwiderruflich in sein Leben.   Das Alles war schon fünf Jahre her und Reo weigerte sich immer noch, sich seinem vermeidlichen Schicksal zu ergeben, während Nebuya mit einer starrköpfigen Vehemenz jede Abfuhr, jedes kalte Wort und jede Beleidigung an sich abprallen ließ und aus seinen Gefühlen keinen Hehl machte. Würde es Reo nicht so auf die Nerven gehen, wäre er davon ein klitzekleines bisschen beeindruckt. Normalerweise gaben die paar ernsthaften Verehrer, die sich nicht nur auf ihn einlassen wollten weil er exotisch wie ein seltener Paradiesvogel war, relativ schnell auf, wenn sie erst merkten dass Reo hinter seiner schillernden Fassade eine waschechte Diva war, die hohe Ansprüche hatte und diese auch durchzusetzen wusste. Aber Nebuya war anders. Es schien ihn absolut nicht zu kümmern, wie herrisch, launisch und unansehnlich Reo auch zu ihm war, er nahm es einfach an. Auch jetzt verzog Nebuya kein nennenswertes Gesicht, als Reo mit der Laune des Todes ohne ein Wort der Begrüßung in den Raum kam und sich mit einem Schnaufen auf einen Barhocker an der Küchentheke setzte. Nebuya war anscheinend erst vor Kurzem von seiner täglichen Joggingsrunde zurückgekommen, da er noch verschwitzte Sportkleidung trug und stellte mit einem gegrunzten „Morgen“ einen noch heißen Becher Soja-Chai-Latte von Starbucks vor ihn, zusammen mit einer Tüte frischer Brötchen. Reo verzog abermals das Gesicht, aber nahm das wohlriechende Getränk an sich um widerwillig einen Schluck zu nehmen. Verfluchter Mist, warum war dieser Tee genauso wie er es am liebsten mochte?! Er hasste diesen Typen! „Was hast du mir gestern bitte angetan, damit ich wieder bei dir lande?“, fragte Reo dann mit einem unleidigen Knurren nach einer quälend langen Zeit, in der er nur stur geschwiegen und sein Frühstück vertilgt hatte, während Nebuya in der Zwischenzeit zwanzig rohe Eier und Unmengen an Proteinpulver in einem Mixer in ein widerlich aussehendes dickflüssiges Etwas verwandelt hatte, das er mit wenigen Schlucken hinunterspülte. Reo warf ihm eine Küchenrolle an den Kopf, bevor der Idiot sich wie ein Tier den Mund mit der Hand abwischen konnte. Nebuya befolgte seine nicht gerade dezente Aufforderung und knüllte das Papier dann zusammen, um es zusammen mit den Eierschalen in den Müll zu werden. „Ich habe gar nichts getan“, antwortete Nebuya nur unbeeindruckt und räumte auch Reos Geschirr in die Spülmaschine. „Irgendein Typ hat mich gestern Nachts angerufen und dich dann hergebracht, weil er nicht mehr wusste wo du wohnst. Außerdem meinte er, dass sich ein paar vom Aussterben gefährdete Giftschlangen durch ihren Sack gefressen haben und entkommen sind und er die wieder einfangen muss, bevor sie die ganze Bevölkerung ausrotten. Komischer Kerl.“ Reo starrte Nebuya aggressiv an, als wäre er selbst eine dieser entkommenden Reptilien, auch wenn er das gerade gekonnt überhört hatte. Mit einem bissigen Auflachen zischte er nur: „Und das soll ich dir glauben?! Warum sollte er ausgerechnet dich anrufen! Da hätte er mich lieber auf einer Mülldeponie aussetzen sollen, du bist der Allerletzte den ich nach dem gestrigen Abend sehen will. Nicht dass ich dich sonst um mich haben will, du hirnloser Gorilla!“ Natürlich wusste er, dass Nebuya nicht log. Er log nie, vermutlich reichten seine Gehirnzellen, die noch nicht zu Muskelmasse geworden waren, zum Lügen nicht mal aus. Er wusste auch, dass Nebuya es immer wieder schaffte in seinen schwächsten Stunden für ihn da zu sein, wie das eine Mal als er sich wegen Personalmangels in der Bar komplett überarbeitet hatte und dabei in Ohnmacht gefallen war. Auch damals war Nebuya derjenige gewesen, der ihn wie selbstverständlich aufgefangen und sich um ihn gekümmert hatte, ohne irgendeine Art von Gegenleistung oder Dankbarkeit zu erwarten, die Reo ohnehin niemals offen für ihn übrig haben würde. Trotzdem war er froh gewesen, dass es Nebuya gewesen war, der ihn in die Wohnung mitnahm. Nebuya würde seine Schwäche nie ausnutzen, nie etwas tun, das ihm schadete, ihn nie einfach wehrlos irgendwo zurücklassen, im Gegensatz zu Imayoshi, der das Ganze mit einem stillen Fuchslächeln beobachtet hatte. Ihm überkam beim Gedanken daran dass er vielleicht nochmal in die Fänge dieses Bastard gekommen wäre immer noch eine Gänsehaut. Nebuya ließ sich gar nicht auf seinen emotionalen Ausbruch ein, sondern lehnte sich mit ruhigem Gesichtsausdruck mit der Hinterseite gegen die Spüle, die muskulösen Arme vor der breiten Brust verschränkt. Allein der Gedanke, dass Reo gestern genau in diesen Armen hierher getragen worden und er nicht instinktiv dabei in Flammen vor Ekel aufgegangen war, frustrierte ihn immens. Er zog die Augenbrauen zusammen, die Zähne aufeinander gepresst. Er war einfach nur wütend. Wütend, verletzt und frustriert. Und diesmal war nicht Nebuya der Schuldige. Es war Ryōta. Ryōta. Was dachte sich dieser Idiot nur dabei dabei, seinem ganzen Freundeskreis einfach so zu verkünden, dass er in wenigen Monaten heiraten würde?! Wieder stiegen Reo die heißen Tränen in die Augen. Ein hässliches Aufschluchzen entkam ihm aus der Kehle, das er nicht unterdrücken konnte, als er die Augen zusammenkniff. Er hasste gerade alles und jeden. Aber besonders sich selbst, als Nebuya leise zu ihm trat und ihm die immer noch verschwitzte, grobe Hand sanft auf den Rücken legte, um ihn dann zu sich an die Brust zu ziehen. Schweiß. Motoröl. Noch irgendwas anderes, vermutlich Nebuyas Eigengeruch. Er hasste es. Er hasse es so sehr und trotzdem presste er das Gesicht dagegen, um hemmungslos anzufangen zu weinen. Es war ihm egal, wie er dabei aussah oder ob er eine hässliche Fratze dabei zog, während er Rotz und Wasser heulte. Es war ohnehin nur Nebuyas verschwitztes Oberteil, das dabei vollgesaut wurde. Wie auch immer es dieser Kerl schaffte, all seine unattraktiven, erbärmlichen, unschmeichelhaften Seiten in ihm hervorzuholen, es tat ausnahmsweise mal gut es einfach rauszulassen, ungeachtet dessen was für ein Bild es auf ihn selbst warf. Nebuya würde nichts davon jemals gegen ihn verwenden, egal wie hässlich er sich auch zeigte. Dieser hirnlose, stinkende, bescheuerte Kack-Gorilla!   Er wusste nicht, wie lang er sich hatte festhalten und sich von seinen Gefühlen hatte überwältigen lassen, aber irgendwann war er so ausgetrocknet und ausgelaugt, dass die Tränen von selbst aufhörten. Unfähig überhaupt noch etwas zu empfinden, ließ er sich von Nebuya zurück in das Schlafzimmer führen und legte sich ohne Widerspruch wieder hin. Die empfindlich gewordenen Augen fielen ihm zu und nur langsam beruhigte sich sein Atem komplett. Er reagierte nicht, als Nebuya irgendwann aus dem Zimmer ging, als seine Atemzüge regelmäßig wurden und er reagierte auch nicht, als er irgendwann wahrnehmbar frisch geduscht wiederkam und sich auf die Bettkante neben ihn setzte, mit dem Rücken zu ihm gewandt. Eine Zeitung raschelte. Reo hatte sich auf die abgewandte Seite gedreht und sah ohne etwas zu fixieren auf die gegenüberliegende Wand. Nach einiger Zeit der Stille, die immer wieder von den Blättern der Zeitung unterbrochen wurde, die Nebuya anscheinend gerade las, fing er wieder an zu sprechen, diesmal mit leiser, angeschlagener Stimme. „Ein Freund von mir wird bald heiraten.“ Keine Antwort, aber das Rascheln der Zeitung hörte auf. Er wusste, das Nebuya ihm zuhörte. Reo redete weiter. „Es ist eine Frau, die er nicht liebt.“ Bei seinen eigenen Worten rollte Reo sich etwas zusammen. Wie von selbst floss es dann langsam aus ihm heraus. Er erzählte Nebuya alles. Was gestern passiert war, der fürchterliche Streit zwischen ihm und Ryōta, der irgendwie eskaliert war, wie sehr der Gedanke ihn schmerzte, dass einer seiner engsten Freunde sich aus irgendeinem dummen Verantwortungsgefühl heraus einfach so wegwarf. Aber irgendwann verlor er sich in seinen eigenen Worten, die ohne Sinn und Kontext aus ihm kamen. „Vielleicht nimmt es mich auch nur so mit, weil es mich daran erinnert wie es war als er geheiratet hat.“ Auch jetzt sagte Nebuya nichts, aber Reo machte sich keine Illusionen, dass der Andere wusste, von wem er sprach. Er hatte es ihm gesagt, vor einigen Jahren. Genau wie jetzt war es einfach über ihn gekommen. Ein rarer Moment der Schwäche. Auf dem Rückweg von Akashis Hochzeit war er alleine in seine geschlossene Bar gegangen und hatte sich mit dem dort lagernden Baileys hemmungslos betrunken und irgendwann aus purem Masochismus Nebuya angerufen, damit dieser ihn gefälligst abholte. Reo war kein Idiot, er hatte gewusst, dass seine Gefühle für Akashi niemals dazu bestimmt waren erfüllt zu werden. Es war nur eine dumme Schwärmerei gewesen. Ryōta hatte mal ein Treffen seiner alten Gruppe organisiert und dort hatte er Akashi und Reo einander vorgestellt. Für Reo war es Liebe auf den ersten Blick gewesen. Akashi verkörperte all seine peinlichen mädchenhaften Fantasien eines perfekten Prinzen, der mit einem weißen Schimmel angeritten kam um ihn auf den Armen mit in sein Königreich zu nehmen und ihn dann zu seiner Königin machte. Als irgendeiner der Gruppe noch scherzhaft meinte, ob Akashi mit dem Auto oder doch mit seinem Pferd Yukimaru gekommen war, war es bei Reo endgültig vorbei gewesen. Den ganzen Abend lang waren seine Augen nur auf Akashi haften geblieben, jedes der gewählten Worte hatte er beinahe inhaliert, obwohl nur selten eines direkt an ihn gerichtet gewesen war und wenn sein Traummann ihn dann doch aus Höflichkeit ansprach, war ihm jede Schlagfertigkeit mit klopfenden Herzen abhanden gekommen. Doch die Treffen, auf denen Akashi ebenfalls anwesend war, wurden seltener und Reo hatte schließlich irgendwann seine Karten zu seinen heimlichen Gefühlen befragt. Aber derjenige, der schließlich dann durch seine Tür kam war nicht Akashi sondern Nebuya gewesen. Zwei Tage später war die Hochzeitseinladung in seinem Briefkasten gelandet. Wie hatte er da nicht mit seinem Schicksal hadern können? Wie zum Teufel hätte er es akzeptieren sollen, dass sein Auserwählter ausgerechnet ein aus dem Wildreservat ausgebrochener Affenmensch war und nicht etwa der elegante rote Prinz, der mit nur einem Blick jemand stolzen und unabhängigen wie Reo in die Knie gezwungen hatte? Es war unerträglich damals für ihn gewesen. Ihm war nach der Hochzeit alles egal gewesen, er hatte einfach nur die erstbeste Nummer gewählt und obwohl er ihn eigentlich nur am Telefon beschimpft hatte, war Nebuya wirklich gekommen um ihn abzuholen. Anstatt des Prinzen hatte er einen stinkenden Gorilla bekommen, der statt eines weißen Pferds und eines ganzen Königreiches nur einen schwarzen Jeep und eine kaum wirklich eingerichtete Wohnung besaß, deren einzige Dekoration irgendwelche Trainingsutensilien waren und statt der Königin war Reo ein besoffener Haufen Elend gewesen. Damals war er so fertig gewesen, Nebuya hätte alles mit ihm anstellen können, es wäre ihm egal gewesen, solange es nur aufhörte wehzutun. Aber er hatte ihn nicht angerührt. Stattdessen hatte er zugelassen, das Reo sich wie eine hysterische Furie aufführte. Er ließ sich mit irgendwelchen Gegenständen bewerfen, ließ sich anschreien, erduldete den gesamten Frust, den Reo ihm entgegenschleuderte und am Ende hörte er ihm zu, wie er von Akashi sprach, obwohl er wusste, dass er damit Nebuyas Gefühle verletzte, wenn er tatsächlich welche besaß. Trotzdem blieb Nebuya die ganze Nacht bei ihm, bis Reo irgendwann heiser im Bett zusammensank und bis zum nächsten Morgen durchschlief. Alles was Nebuya dazu gesagt hatte, war ein gegrunztes „Morgen“, zusammen mit einem mitgebrachten Kaffee und Brötchen. Wie konnte er diesen Kerl also nicht hassen?   „Ich denke noch manchmal an ihn. Gestern habe ich gehofft, dass er kommt, aber wie immer kam er nicht.“   Reo merkte gar nicht, dass er weitergesprochen hatte.   „Naja, jemand wie er ist eben immer beschäftigt, der hat sicher anderes zu tun als in meiner Bar abzuhängen. Er hat mittlerweile ein Kind. Ob es ihm ähnlich sieht? Bestimmt. Ein kleiner Lord, hehe.“   Ein kleines Lachen entkam ihm. Es klang gezwungen. Langsam setzte er sich wieder im Bett auf, die Knie etwas angezogen. Mit dem Handrücken wischte er sich über sein vermutlich komplett aufgedunsenes Gesicht. Ohne wirkliche Kraft im Körper lehnte er sich mit der rechten Schulter an Nebuyas breiten Rücken an. Normalerweise vermied er jeden Körperkontakt und auch Nebuya fasste ihn nie ungewollt an, obwohl er stark genug wäre, um ihn gegen jeden Widerstand komplett zu überwältigen.   „Liebe, Sicherheit und Zuverlässigkeit. Ob Sei-chan ebenfalls an so etwas gedacht hat, als er seiner Frau den Schwur gab? Ich frage mich, ob er es nicht doch manchmal bereut. Auch wenn es wohl nichts daran geändert hätte, dass ich wie immer hier lande.“   Eine kurze Pause. Reo war unglaublich müde geworden. Nebuyas Rücken gab keinen Zentimeter nach, als er sich mit dem ganzen Gewicht dagegen lehnte. „Vielleicht solltest du dir auch irgendein grenzdebiles Frauchchen suchen, um sie zu heiraten. Dann wäre ich dich wenigstens los. Egal wie lange du mir noch hinterherläufst, ich werde dich niemals akzeptieren, sondern nur weiter alle meine erbärmlichen Probleme auf dich abladen.“   Auch jetzt sagte Nebuya nichts. Beinahe tat es Reo leid, aber er konnte nicht anders. Diese nutzlosen Gefühle, die ausgerechnet diese muskelbepackte Fleischberg ihm mit solcher Offenheit entgegenbrachte waren so verschwendet an ihn. Irgendjemanden würde Nebuya schon wollen, es gab genug Affenweibchen, die angetan davon wären, das sich jemand so um sie bemühte. Jemand, der egal zu welcher Tages-und Nachtzeit immer da war, wenn man ihn brauchte. Der nichts einforderte und wie ein dressierter Hund immer wieder zurückkam, egal wie sehr man ihn auch von sich wegstieß. Der sich seit fünf Jahren den ganzen Scheiß anhörte, den Reo von sich gab und ihn trotzdem nie leid zu sein schien, sondern einfach akzeptierte, dass Reo nun mal eine unerträgliche Diva war, die prädestiniert für theatralische Auftritte und heftige Gefühlsausbrüche war.   „Das macht nichts“, ertönte es plötzlich und Reo öffnete überrascht die vorhin noch geschlossenen Augen, als Nebuyas tiefe Bassstimme erklang. „Gib mir so viel ab, wie du willst. Ich kann es tragen. Und wenn du es brauchst, dann trag ich auch dich.“   In Reos Brust wurde es plötzlich eng. Seine Unterlippe zitterte, aber dann stieß er ein heiseres Auflachen aus. Ein paar Momente lachte er leise in die erneute Stille zwischen ihnen hinein. Nebuya sah über die Schulter zu ihm nach hinten, aber Reo erwiderte den Blick nicht. Ein vages Lächeln war noch auf seinen Lippen.   „Aus welcher Proteinriegel-Werbung hast du den Spruch den geklaut, du Gorilla?“   „Hm“, grunzte Nebuya nur als Antwort.   „Danke.“   „Hm.“   Nebuya reagierte auf Reos Worte nur minimal. Als wäre die Tatsache dass er sich freiwillig zu Reos Prügelknaben machte für ihn eine absolute Selbstverständlichkeit, die nichts Besonderes und keines Dankes wert war. Reo schlang die Arme um seine Knie.   „Was soll ich tun?“   „Wegen was?“ „Ryōta. Wir sind im Streit auseinander gegangen. Ich weiß nicht, wie ich ihm jetzt begegnen soll. Er macht einen Fehler, das weiß er. Aber er ist stur. Genau wie du. Also, was soll ich tun, um ihn von dieser bescheuerten Idee mit der Hochzeit abzubringen?“   Kurz schien Nebuya tatsächlich zu überlegen, was er Antworten sollte. Wow, er besaß anscheinend tatsächlich so was wie ein etwas weiter entwickeltes Primatengehirn, das zum Denken fähig war. Oder auch nicht, denn sein Ratschlag war genauso simpel wie unbefriedigend.   „Nichts. Wenn er so ist wie ich, wird er sich von niemanden davon abbringen lassen.“   „...Danke für das aufbauende Gespräch. Ich weiß nicht, was ich Anderes von einem Typen erwartet habe, der Morgens zwanzig Eier runterext als wäre es Schnaps.“   Kurz schnaufte Nebuya und plötzlich bewegte sich die vorhin noch unbewegliche Muskelmasse, aus der sein Körper bestand. Er drehte sich abrupt mit dem Oberkörper zu Reo, der sich mit dem ganzen Gewicht noch an ihn gelehnt hat und deshalb drohte nach vorne zu kippen, als Nebuya sich ihm mit dem Rücken entzog. Aber wie immer, bevor Reo ernsthaft umfallen konnte, hielten ihn starken Arme fest. Er sah zu Nebuya, eine Hand auf dessen Schulter abgestützt und ihre Blicke begegneten sich.   „Alles was du tun kannst, ist für ihn da sein und ihn aufzufangen, wenn er fällt.“   Ein absolut von sich selbst überzeugtes Grinsen zierte dabei die Lippen des Anderen, als gäbe es an seinen nächsten Worten keinen Zweifel. Vielleicht gab es auch gar keinen. Vielleicht war die Antwort wirklich so simpel und einfach, das sogar ein Gorilla wie Nebuya mal ausnahmsweise Recht hatte. Reo starrte ihn mit leicht geöffneten Mund an, als könnte er gar nicht glauben, was er da hörte. Im nächsten Moment schoss ein Schwall Hitze in sein Gesicht. Sein Herz klopfte unnatürlich laut in seiner Kehle. Ein ganz seltsames Gefühl kam in ihm hoch. Es war nur ein flüchtiger Gedankenfetzen, der ihn streifte, als er den Blick zu den Lippen des Anderen schweifen ließ, aus denen unerwarteterweise doch so schöne Worte kommen konnten.   Vielleicht ist das hier doch mein Schicksal.   Nebuya blinzelte etwas fragend, als Reo die Lider mit einem verkrampften Gesichtsausdruck und hochroten Wangen zufallen ließ und sich ein klitzekleines bisschen mit gespaltenen Lippen vorlehnte, wie als indirekte Einladung. Aber wie man es von einem mit Testosteron vollgepumpten Affen erwartete, war er absolut unfähig die bedeutungsvolle Stimmung zu lesen, die zwischen ihnen in diesen paar Augenblicken entstanden war. Stattdessen drückte Nebuya Reo einfach von sich weg und stand dann von der Situation absolut unbeeindruckt auf. „Okay, Zeit für meine 200 Sit-Ups.“   Und damit legte sich Nebuya ernsthaft neben dem Bett auf den nackten Boden und begann seine Sportübungen zu machen. Reo starrte ihn von oben ungläubig ein paar Momente lang an, fassungslos was gerade passiert war. Ihre Blicke begegneten sich wieder und Nebuya hielt kurz inne. „Was?“, grunzte er und Reo könnte schwören, ein neckendes Grinsen auf Nebuyas Gesicht entdecken zu können. „Hätte ich dich etwa vorhin ernsthaft küssen sollen?“   Reo blinzelte. Einmal, zweimal. Dann trat er mit der Ferse seines rechten Fußes in die vermutlich noch einzige Stelle in Nebuyas Körper, die noch nicht von einer undurchdringlichen Schicht an Muskeln geschützt war. Nämlich in seinen Schritt. Ein glatter Volltreffer, als Nebuya sich wie ein elender gedopter Wurm am Boden wand.   „ALS OB, DU VERDAMMTER GORILLA!“   Niemals würde er sich seinem Schicksal mit Nebuya ergeben, nur über seine fabelhafte, wunderschöne Leiche! Da verbrachte er sein Leben lieber mit seinen 13 genmanipulierten Catboys, die wenigstens nicht sein Ästhetikempfinden vergewaltigten. Reo schnaufte nochmal und stieg dann über den stöhnenden Nebuya hinweg, um sich im Bad den Fuß zu waschen, der jetzt vermutlich mit allerhand Keimen infiziert war. Fast schon aggressiv schrubbte er sich die Haut an der Stelle wund, die vorhin unbarmherzig mit Nebuyas Weichteilen in Kontakt gekommen war. Trotzig ignorierte er das heftige Herzklopfen in seiner Brust, das sich einfach nicht beruhigen wollte.   Kapitel 2: KiNao(OC) - CALM WATERS ---------------------------------- „Bist du dir wirklich sicher, dass es eine gute Idee ist?“   Naokos ruhige Stimme hallte leicht gegen die gefliesten Wände des Badezimmers als sie sprach und Ryōta öffnete langsam die Lider. Sie hatten für eine Weile nicht miteinander gesprochen, sondern waren ihren eigenen Gedanken nachgehangen, das einzige Geräusch zwischen ihnen das ab und zu träge Plätschern des heißen Wassers in der Wanne. Der angenehme Geruch von Sandelholz und Lavendel hing zusammen mit den gerade ausgesprochenen Worten in der Luft, während der Schaum des Badezusatzes mittlerweile eine fast durchgängige Decke auf der fast gänzlich unbeweglichen Oberfläche gebildet hatte. Für ein paar Momente schwieg Ryōta darauf und legte stattdessen die Arme von hinten um die schmalen Schultern von Naoko, die mit dem Rücken gegen seine Brust lehnte. Er küsste ihre rechte Halsseite, die sich ihm so ergeben entblößte und strich mit den Lippen an der feuchten Haut bis zum Ohr hoch. Fast wirkte es, als würde er allein damit jede Unsicherheit bei ihr zerstreuen wollen, aber Naoko wartete immer noch seine Antwort ab. Auch wenn sie sich von Außen nichts anmerken ließ, so kannte Ryōta sie mittlerweile gut genug um zu wissen, dass sie schon länger gewisse Zweifel hegte, was seinen grenzgenialen Plan anging. Leise stieß er ein melodisches tiefes Lachen gegen ihr Ohr aus, das wie das Schnurren eines zufriedenen Katers klang.   „Mach dir keine Sorgen, Naoko. Sie werden sich sicher mindestens genauso darüber freuen, wie ich es tue. Schließlich verkünde ich ihnen, dass ich bald mit der wundervollsten Frau der Welt den glücklichsten Tag meines Lebens teilen werde und nicht etwa, dass ich unheilbar krank bin. Höchstens liebeskrank~“   Auch wenn er ihr Gesicht dabei nicht sah, konnte er fast schon spüren wie sie ihm wegen seines unerschütterlichen Optimismus gedanklich einen skeptischen Blick zuwarf. Sie ließ sich dann mit einem kaum hörbaren Seufzen etwas tiefer in das Wasser sinken, das durch die plötzliche Bewegung unruhig bis zum Rand der Badewanne schwappte. Ryōta musste erneut zärtlich Auflachen. Es war wirklich selten, dass Naoko diejenige von ihnen war, die sich unnötig den Kopf über etwas zerbrach. Aber es zeigte ihm auch, wie ernst sie die ganze Situation nahm. Trotzdem hatte er nicht vor, sich davon in seinem Entschluss verunsichern zu lassen. Er hatte seine Entscheidung längst getroffen.   „Und was ist, wenn sie es ganz furchtbar finden? Oder wenn sie mich ganz furchtbar finden?“, warf Naoko ungewohnt starrsinnig ein und richtete sich wieder etwas auf, um sich nun zu ihm zu drehen, damit sie sich ansahen. In ihren sonst so klaren Augen zeigte sich ein ungestümes Meer der Gefühle. „Ich kenne niemanden von deinen Freunden persönlich. Bei der letzten Vernissage wollte ich mit einem deiner Bekannten reden, aber bevor ich ihn ansprechen konnte, war er plötzlich verschwunden. Vielleicht hasst er mich bereits.“   „Niemand wird dich hassen“, summte Ryōta beruhigend wie ein Vater der sein quengelndes Kind in den Schlaf wiegen wollte. Er schlang die Arme locker um ihre Hüfte, als er sie näher auf seinen Schoß zog, den Kopf etwas in den Nacken gelegt, da sie nun etwas erhöht auf ihm saß. Ein sanftes Lächeln zierte seine Lippen, das nicht von seinen Zügen wich, selbst als Naoko ihren Blick von ihm abwandte und sich auf die Unterlippe biss. „Sie werden dich alle ganz wunderbar finden, wenn sie dich erst richtig kennenlernen. Wahrscheinlich werden sie höchstes eifersüchtig sein, wie ich neben meinem blendenden Aussehen auch noch so ein unverschämtes Glück haben kann, dich heiraten zu dürfen.“   „Ryōta...“   „Shh“, hauchte er ihr dann zu, bevor sie weitersprechen konnte und küsste erneut ihre Halsbeuge, diesmal mit entwaffnender Nachdrücklichkeit, die jedes weitere unsichere Wort in ihrer Kehle erstickte. Seine Hände fuhren an ihren Seiten entlang, die Linie ihrer Taille hoch, über die Rippen zu ihren Brüsten. Ein leises Keuchen entkam ihr, so zart der Flügelschlag eines zerbrechlichen Schmetterlings. Es wäre gelogen, wenn er behaupten würde, dass er sich nicht einmal überlegt hatte das baldige Treffen in der Bar abzusagen und seine Hochzeitspläne doch noch länger für sich zu behalten, aber er wollte es nicht mehr hinauszögern. Es gab nichts, für das er sich schämen musste oder was es rechtfertigen würde, dass er Naoko vor seinen Freunden wie eine heimliche Affäre behandelte. Sie hatte es verdient, als offizieller Teil seines Lebens anerkannt zu werden, die in wenigen Monaten seinen Namen teilen und irgendwann in der Zukunft seine Kinder bekommen würde. Das war er ihr neben vielen anderen Dingen einfach schuldig.   Seine Hände hatten sich mit ihrem Körper schon lange vertraut gemacht und wie man es von ihm erwartete, hatte er schnell gelernt an welchen Stellen es sich für sie am Besten anfühlte. Er ging komplett auf ihre Bedürfnisse ein, verwöhnte sie mit völliger Hingabe, passte sich an jede ihrer Bewegungen und Atemzüge an, als hätte er nie etwas anderes getan. Nie sollte sie auch nur der leiseste Gedanke streifen, dass sie nicht genug für ihn sein könnte. Egal wie sehr sich ein Teil von ihm manchmal danach sehnte selbst von einem Mann berührt zu werden, sich von ihm überwältigen zu lassen, den rauen Atem an seinem eigenen Hals zu spüren, während sich eine harte, fordernde Erregung in den tiefsten Punkt in ihm versenkte, er würde es nicht zulassen, das irgendetwas davon nach Außen drang. Naoko sollte irgendwann vergessen, dass es überhaupt diese Seite an ihm gab, als hätte sie niemals existiert. Er würde sie glücklich machen, bis an ihr Lebensende, egal was es kostete und was für Opfer er dafür bringen musste. Sie hatte ihm mittlerweile wieder den Rücken zugedreht, die Unterarme am Badewannenrand zitternd vor Erregung abgestützt, während er sich dicht von hinten an sie schmiegte, eine Hand an ihrer angehobenen Hüfte. Als er nach und nach in sie eindrang, vergrub er sein Gesicht an ihren blassen, mit feinen Schweiß überzogenen Nacken.   „Es wird alles gut“, flüsterte er gegen ihre angefeuchteten Haarsträhnen. In ihr war es heiß und eng. Sie gab sich ihm vollkommen hin, ihre Haut vor Hitze leicht gerötet. Ihre vorhin noch so leisen, zarten Laute entkamen ihr nun deutlich hörbar aus ihrer Kehle und gaben ein deutliches Echo an den Kacheln des Badezimmers wieder. Er ließ gar nicht zu, dass sie auch nur einen einzigen geräuschvolleren Atemzug zurückhielt, als er ihr mit sanfter Bestimmtheit die Finger zwischen die leicht gespaltenen Lippen schob, damit sie den Mund nicht schließen konnte. Wie ein Mantra wiederholte er seine Worte, während er sich in ihr bewegte. Naokos Finger versuchten sich vergebens in das glatte Material am Rand zu krallen, aber sie fanden keinen Halt. Stattdessen klammerte sie sich an Ryōtas Hand fest, der sie irgendwann über die ihre geschoben hatte und sie nun festhielt. Auch ohne dass sie es aussprach oder ihn darum bat, würde er ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen, solange sie es wollte. Ungeachtet dessen, dass sich das durch ihr Tun heftig in Bewegung geratene Wasser teilweise mit einem Schwall über den Rand auf dem Boden ergoss, erhöhte er die Intensität seines Rhythmus. Er spürte, wie sich Naokos Inneres anfing um ihn zusammenzukrampfen. Ohne Gegenwehr ließ sie zu, dass er ihr Gesicht dabei etwas zu sich nach hinten drehte und sein eigenes hitziges Aufstöhnen über ihre Lippen strich. Ihr Blick war fiebrig und verschwommen, kaum fähig die Lider offen zu halten, während Ryōta sie mit seinen eigenen Augen zu ertränken drohte, in denen gerade nur sie sich spiegelte. Seine rau gewordene Stimme drang wie eine Beschwörung in jede ihrer Poren. Sie zog scharf den Atem ein. „Vertrau mir, Naoko. Es wird alles gut. Ich mache dich glücklich, versprochen.“   Das war der Schwur, den er ihr jetzt schon gab und den er mit einem tiefen Kuss schließlich besiegelte, auch wenn sein Herz schon längst an jemand Anderen gebunden war. Kapitel 3: AoKise - BOND ------------------------ Bevor er überhaupt darüber nachdenken konnte, ergriff der ungezähmte, animalische Instinkt tief in ihm die Macht über seinen Körper. Er bohrte die Zähne tief in Daikis Hals.   Sie waren zusammen aufgewachsen, Tür an Tür, nur einen wortwörtlichen Katzensprung voneinander entfernt. Jeden Tag hatten sie einander gesehen und an den Tagen, wenn sie es nicht konnten, weil einer von ihnen Zuhause bleiben musste, durch kleine Zeichnungen auf beschlagenen Fensterscheiben den jeweils Anderen aufgeheitert, zusammen ihre ersten Ausflüge außerhalb des geschützten Innenhofs der Wohnanlage ihres Zuhauses gemacht, ihre Lieblingsspielzeuge miteinander geteilt, in spielerischen Raufereien ihre Kräfte gemessen, wegen eines leeren Kartons gestritten, weil sie sich Beide als Erste reinsetzen wollte und sich nur wenig später wieder vertragen, indem sie sich einfach zusammen schnurrend darin eingekuschelt hatten. So hatten sie lange ihre Tage verbracht, behütet und geliebt von den Menschen, die sich ihrer angenommen hatten. Aber dann waren sie erwachsen geworden. Daiki früher als Ryōta. Und ab da war nichts mehr so, wie es einmal gewesen war. Daiki hatte angefangen, immer länger und immer weiter weg zu bleiben. Obwohl sie Beides Hybriden waren, war Ryōta schon immer mehr an seinen Besitzer Tetsuya gebunden gewesen, genoss die Nähe zu ihm, ließ sich bereitwillig stundenlang bürsten, war handzahmer und anhänglicher. Daiki dagegen war auf der Straße geboren und als kleines Bündel Fell in einem erbärmlichen Zustand von Kagami gefunden und aufgepäppelt worden. Aber egal wie viel Zeit verging, wie viele warme Mahlzeiten täglich auf ihn warteten, in Daiki herrschte immer ein ungebrochener Freiheitsdrang vor, eine unabhängige Wildheit, die ihn mit Zeit immer mehr nach Draußen zu den anderen Straßenkatzen zog, bis er irgendwann gar nicht mehr nach Hause kam. Kagami ließ ihn gehen, hatte er es doch bereits geahnt, aber Ryōta konnte und wollte es einfach nicht akzeptieren. Er suchte nach ihm. Wagte sich bis in die Gassen vor, von denen er sich sonst als verwöhnter Rassereiner fernhielt, weil man seine Art hier nicht schätzte. Legte sich mit dem ein oder anderen Kater sogar an, die ihn wieder vertreiben wollte, nur um Daiki nur einmal noch zu sehen, nur einmal noch mit ihm zu reden, sich an ihn zu schmiegen, seinen Geruch durch die Nase einzuziehen, das Gesicht in das strubbelige Haar zu vergraben, die immer nach Sonne dufteten, weil er sich oft stundenlang auf einem Dach sonnte. Irgendwann, nach Tagen und Wochen, in denen er seiner Fährte gefolgt war, standen sie sich wieder gegenüber. Und ab da war auch für Ryōta nichts mehr so, wie es einmal war. Er hatte es schon länger gespürt. Eine heiße Glut, die immer wieder in Wellen in ihm hochgeflammt und wieder abgeflacht war, aber nie ganz erlosch. Ein feuriges Glimmen, auf das er sich noch keinen Reim hatte machen könnte, nur dass es ein Teil von ihm war. Doch als er Daiki nach all der Zeit, die sich wie eine Ewigkeit anfühlte obwohl es vielleicht nur zwei Monate waren, wieder sah, wusste ein Teil von ihm mit einem Schlag, was in ihm so ungeduldig auf genau diesen Augenblick gelauert hatte. Es war seine erste Hitze.   Daiki reagierte sofort. Er konnte auch gar nicht anders, denn es kam so heftig und unerwartet über Ryōta, dass es ihm regelrecht den Atem raubte. Es dauerte nicht lange, bis sie in einer verschwiegenen, kleinen Seitengasse wie regelrechte Tiere übereinander herfielen, auch wenn es für sie Beide das erste Mal war, dass sie solchen rauen Empfindungen ausgeliefert waren. Sie rissen einander die störende, plötzlich zu eng wirkende Kleidung vom Leib, stießen dabei tiefe, hitzige Laute aus, die sie voneinander noch nicht kannten, obwohl sie doch alles voneinander wissen sollten. Ryōta bohrte die Krallen tief in Daikis Rücken, um ihn und die heiße Erregung, die er gerade heftig keuchend von der letzten Schicht Stoff befreite, noch enger zwischen die eigenen gespreizten Beine zu ziehen. Daiki war ihm vollkommen ausgeliefert, gehorchte nur ergeben, gab ihm nach, obwohl Ryōta früher in keinem einzigen ihrer kleinen Rivalenkämpfe jemals die Oberhand gewonnen hatte. Aber heute war es anders, ihr sonstiges Machtverhältnis war gekippt, ihre Rollen vertauscht. Ryōta schlang die Beine um Daikis Hüfte, als dieser in ihn eindrang und er einen unterdrückten Schmerzenslaut dabei ausstieß, um ihn daran zu hindern in einem kurzen Anflug an Reue sich erschrocken aus ihm zurückzuziehen. Ryōta wollte ihn spüren. Nein. Er wollte ihn besitzen. „Daiki...!“, zischte er nur halb im Fluch gegen dessen Hals, der ihn schon die ganze Zeit wie magisch angezogen hatte. Eigentlich war das eine Stelle, die sie sogar voreinander immer instinktiv geschützt hatten, selbst im harmlosen Spiel. Die Stelle, die schon von klein auf bei Ryōta durch teures, breites Lederhalsband verborgen war. Doch bei Daiki war sie frei. Frei und unbedeckt. Und dann biss er zu.   Ein tiefer Biss. Ein Biss, der noch lange einen deutlichen Abdruck hinterlassen würde, selbst auf der dunklen Haut seines Gegenüber. Ein Biss, den er setzte, um Daiki unumkehrbar und jeder Konsequenz zu markieren, der nun derjenige war, der schmerzverzerrt heiser aufstöhnte. Wehren war zwecklos, dafür sorgte Ryōta, als er seinen engsten Freund aus Kindertagen im selben Moment dazu zwang, tief in seinem Inneren versenkt zum Höhepunkt zu kommen, ohne den Biss zu lockern, bis er sich wirklich sicher war, dass er sein Ziel erreicht hatte. Ein unendliches Glücksgefühl flutete ihn dabei, jede seiner Körperzellen, jede Faser, jedes Härchen, alles an ihm, in ihm prägte sich auf Daiki. Es war fast wie früher, als sie noch Kinder waren. Die unausgesprochene Gewissheit, das unerschütterliche Vertrauen, dass sie immer und ewig zusammen sein würden. Während Daiki eine schiere Unendlichkeit sich in ihm ergoss und anschließend verzweifelt nach Luft schnappte, um die schon vor Sauerstoffmangel schmerzenden Lungen zu füllen, hatte Ryōta schon längst den Verschluss des Halsbands, das er bisher noch kein einziges Mal länger als absolut nötig abgenommen hatte, geöffnet. Mit noch zittrigen Fingern umfasste er Daikis Gesicht, der ihn mit glühenden, hitzigen Blick nur stumm ansah, die Lippen bereits voneinander gespalten, hinter denen seine eigenen Eckzähne hervorkamen. Eigentlich musste es niemand von ihnen aussprechen, aber Ryōta tat es trotzdem. „Markier du mich auch.“   Daiki gehorchte ihm bedingungslos. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)