Bedrohte Bestimmung von Varlet ================================================================================ Kapitel 26: Einen Schritt weiter -------------------------------- Agent Starling sah durch das verspiegelte Fenster und beobachtete den Gast im zweiten Verhörzimmer. „Irgendwann ist das Schweigen gebrochen“, entgegnete Grayson. „Wir müssen nur etwas Zeit verstreichen lassen.“ Der Agent nickte. „Was ist mit dem Anwalt?“ „Das ist etwas Komplizierter. Es ging nur die Mailbox ran.“ Grayson sah auf seine Uhr. „Da wir nicht ewig warten können, bat ich Agent Black um Unterstützung. Wenn sich der Anwalt nicht in den nächsten zehn bis zwanzig Minuten meldet, fangen wir an.“ „Damit kann ich leben. Wissen wir schon wie es Agent Walsh und Kiening geht?“ „Die beiden Agenten wurden ins Krankenhaus eingeliefert. Akais erste Vermutung bezüglich des Schlafmittels hat sich bewahrheitet.“ James Black betrat den Raum und sah die beiden Männer an. „Wir haben einen Pflichtverteidiger rein geschickt. Bringen Sie mich bitte auf den neusten Stand, auch was unseren Gast betrifft.“ Grayson nickte. „Dabei war ich gerade, Sir. Wir wissen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht um welches Schlafmittel es sich handelte und wie lange es wirkt. Durch die Kaffeebecher konnten wir den Kreis der Verdächtigen deutlich einschränken. Wir lassen zur Sicherheit die Reste im Becher untersuchen, glauben allerdings nicht mehr, dass sich darin das Schlafmittel befand. Zudem waren wir auch in der Bäckerei. Da es in den letzten Monaten vermehrt zu Diebstählen kam, wird die Kasse videoüberwacht. Für uns negativ ist die Tatsache, dass sich die Überwachung wirklich nur auf die Kasse auswirkte. Aber wir konnten das Band vom heutigen Morgen auswerten.“ „Etwas Verdächtiges?“, wollte Black wissen. „Außer der Verkäuferin war niemand in der Nähe des Kaffees. Natürlich haben wir sie befragt, aber sie steht in keinem Verhältnis zu CMP oder Cane.“ „Und warum ist sie dann hier?“, kam es von Starling, der in die Richtung des Verhörzimmers blickte. „Sie hat sich ein zweites Standbein als Muffin-Bäckerin aufgebaut und brachte heute Morgen 50 Muffins in die Bäckerei. Die Verkäuferin hat sich daran erinnert, dass Walsh und Kiening auch welche kauften. Wir vermuten daher, dass das Schlafmittel in den Muffins war. Sie werden auch im Labor untersucht.“ Agent Black verengte die Augen. „Es wird schwer sein, ihr etwas Nachzuweisen.“ „Ich weiß und ich glaube nicht, dass sie davon wusste, dazu war sie viel zu überrascht, als wir sie zur Befragung holten.“ „Wie viele Muffins wurden verkauft?“ Grayson seufzte. „Leider fast alle. Glücklicherweise fast nur an die Stammkundschaft. Die Verkäuferin versucht alle zu informieren.“ „Ich verstehe. Nun gut, Sie und Starling gehen jetzt rein. Grayson, Sie leiten die Befragung.“ „Verstanden.“ Grayson sah zu seinem Kollegen und ging dann aus dem Raum. Kurz vor dem Verhörzimmer atmete er tief durch, klopfte an und betrat den Raum. „Hallo Sarah, ich darf Sie doch Sarah nennen?“ Die junge Frau nickte. „Sie wurden ja schon über Ihre Rechte aufgeklärt. Sie müssen hier natürlich nichts sagen, was Sie belasten könnte. Haben Sie das verstanden?“ Sie nickte erneut. „Gut, bevor wir anfangen, haben Sie noch Fragen an uns?“ „Warum kann ich meinen eigenen Anwalt nicht dabei haben?“, wollte sie wissen. „Das können Sie natürlich“, begann er. „Ihr Anwalt ist vorhin allerdings nicht an das Telefon gegangen und wir können nun wirklich keine Stunden warten. Gerade in ernsten Fällen ist eine solche Handlungsweise legitim. Falls Ihnen der Ernst der Lage noch nicht bekannt ist, wiederhole ich ihn gerne: Wie Sie sicher mitbekommen haben, wurden Ihr Kollege Nick Marone und seine Verlobte schwer verletzt.“ „Sie glauben doch nicht, dass ich etwas damit zu tun habe“, fiel sie ihm sofort ins Wort. „Ich mochte Nick…also als Freund.“ „Natürlich will ich das nicht sagen, aber ich muss mir alle Möglichkeiten offen lassen. Fangen wir erst einmal von vorne an, in Ordnung?“ „Von mir aus“, sagte sie ruhig. „Gut, wo waren Sie, als Nick Marone ermordet wurde?“ „Ich war gerade auf dem Weg nach Hause. Jodie kam kurz vorher rein und wollte zu Nick. Ich schickte sie in sein Büro und bin dann auch gegangen.“ „Haben Sie bemerkt, ob sich jemand Fremdes Zutritt zu den Räumlichkeiten verschafft hat?“ „Nein, das hab ich nicht“, antwortete sie. „Ich glaube auch nicht, dass er durch die Eingangstür gekommen ist. Ich schreibe immer alle Besuchernamen auf und notierte die Zeit, wann sie kamen und gingen. Dr. Cane hat an diesem Tag früher Feierabend gemacht, daher waren auch keine Besuchstermine angesetzt.“ „Sie bekommen auch nicht mit, wenn jemand durch das Fenster in das Büro eindringt?“ „Jein“, Sarah sah ihn an. „Im normalen Arbeitsalltag bekommen wir nichts mit. Wenn die Alarmanlage allerdings scharf gestellt ist, reagiert sie, sobald eine Tür oder ein Fenster geöffnet wird, egal wie.“ Grayson nickte verstehend. „Wo waren Sie in den letzten Tagen?“ „Eigentlich nur zu Hause oder bei meinem Freund.“ „Wir brauchen nachher noch die Kontaktdaten von Ihrem Freund und werden Ihre Angaben prüfen. Gut, kommen wir wieder zum Wesentlichen. Sie backen Muffins für eine Bäckerei?“ „Ja.“ „Seit wann?“ „Das geht schon einige Monate so. Eigentlich fing es nur als Hobby an. Ich brachte immer Muffer in das Büro und dann schlug mir Sean vor, dass ich ein paar an die Bäckerei verkaufen sollte.“ Sarah lächelte. „Das tat ich auch. Wir einigten uns darauf, dass ich immer am Samstag und am Sonntag 25 Muffins vorbei bringe. Natürlich ist mein Nebengewerbe angemeldet, Sie können das gerne prüfen.“ „Und warum bringen Sie jetzt mehr Muffins vorbei und dann auch noch unter der Woche?“ „Die Firma ist auf unbestimmte Zeit geschlossen und wenn es so weiter geht, brauch ich bald ein höheres Nebeneinkommen. Deswegen einigten wir uns auf eine tägliche Liefermenge von etwa 50 Muffins.“ „Kommen wir noch einmal auf Ihren Freund zurück. Sean und weiter?“ Sarah errötete etwas. „Maddock…“, murmelte sie. Grayson sah sie überrascht an. „Ihr Freund heißt also Sean Maddock? Ist er zufällig mit dem Anwalt von Dr. Cane verwandt?“ Sarah schüttelte den Kopf. „Um ehrlich zu sein, ist Sean sein Anwalt. Wir haben…uns in der Firma kennen und lieben gelernt.“ „Ich verstehe…war er beim Backen der Muffins anwesend?“ „Er war gestern Abend bei mir. Aber warum fragen Sie andauernd nach den Muffins?“ „Sarah, ich will ehrlich zu Ihnen sein. Heute Morgen wurden zwei Agenten mit einem Schlafmittel betäubt und so wie es aussieht, haben sie es über die Muffins eingenommen.“ Sarah schluckte. „Das kann nicht…nein, da ist kein Schlafmittel…und Sean wurde das auch nie machen.“ „Sind Sie sich sicher?“ „Ja, natürlich“, wisperte sie. Richard sah die beiden Agenten überrascht an. Er konnte nicht glauben, was er da hörte. Verhaftet? Wegen Anstiftung zum Mord und versuchtem zweifachen Mord? Und warum Starling? Sie hieß doch Saintemillion. „Was? Was reden Sie denn da? Das muss…ein Missverständnis sein.“ „Das glaube ich kaum“, entgegnete Akai und beobachtete jede Bewegung des Geschäftsmannes. „Wir haben Ihnen noch keine Handschellen angelegt.“ Laura sah sich um. „Sie sollten sich also überlegen, ob wir hier tatsächlich die Öffentlichkeit auf Ihre Verhaftung aufmerksam machen müssen. Wenn es notwendig ist, führen wir Sie wie ein Schwerverbrecher ab.“ Cane schluckte. Er sah sich um. Eine Unterscheidung zwischen Privatreisender und Geschäftsreisender war zwar möglich, aber wer Journalist, Blogger, Mitarbeiter bei der Konkurrenz oder bei Kunden und Investoren war, konnte er nicht sagen. Richard stellte sich die Schlagzeilen bereits vor. Und das Bild. Er – abgeführt in Handschellen – eine Katastrophe. Richard legte die Zeitung zur Seite. „Na gut, ich komme mit.“ Er stand auf. „Aber ich verlange von Ihnen, dass Sie mir die angeblichen Beweise für meine Verhaftung offenlegen.“ „Hier entlang.“ Akai wies ihm die Richtung. „Und sollten Sie versuchen abzuhauen, werden wir dementsprechend handeln.“ „Das hab ich nicht vor“, murmelte Cane. Er beobachtete Laura, die schräg vor ihm ging und Akai der hinter ihm blieb. Erwarteten sie wirklich, dass er so dumm war und versuchte zu entkommen? Als sie an Akais Wagen ankamen, öffnete der Agent die Tür zur Rückbank. „Setzen Sie sich rein“, entgegnete er und sah zu Laura. „Du fährst.“ Laura nickte und fing die Wagenschlüssel auf. Sie beobachtete ihren Partner und den Geschäftsmann, ehe sie selbst auf der Fahrerseite Platz nahm. Cane sah aus dem Fenster. Nirgends waren bekannte Gesichter zu sehen – wenigstens etwas. Auch nachdem er sich anschnallte, schwieg er. Ohne seinen Anwalt würde er mit den Agenten nicht reden. Laura hingegen griff an das Handschuhfach und zog ein Gerät heraus, welches einem Walkie-Talkie ähnelte. Sie betätigte den Knopf und wartete einen kurzen Moment. „Er ist sauber“, fing sie an und legte das Gerät wieder zurück. „Gut“, begann Akai. „Dann können wir frei sprechen.“ Cane sah die beiden Agenten irritiert an. „Kann mir mal jemand erklären, was das hier soll? Wenn Sie denken, Sie könnten mich irgendwie verschaukeln, dann zeige ich Sie an…wegen Amtsmissbrauch.“ „Machen Sie doch“, entgegnete Shuichi ruhig. „Ich an Ihrer Stelle würde nicht so große Töne spucken. Auf Ihre Ausrede, warum Sie das Land mit einem One-Way-Ticket verlassen wollen, bin ich sehr gespannt.“ „Land….verlassen mit…einem…One-Way-Ticket?“, wiederholte Richard ungläubig. „Was reden Sie denn da? Sie tun ja so, als wollte ich untertauchen.“ „Hatten Sie das nicht vor?“ „Natürlich nicht“, antwortete Cane sofort. „Ich hab die Erlaubnis. Fragen Sie meinen Anwalt.“ Akai sah ihn überrascht an. Ihr Anwalt hat Ihnen erlaubt das Land zu verlassen?“ „Was? Nein, ich mein ja, ich mein…“ Cane seufzte. „Jetzt hören Sie auf, Sie bringen mich ja noch ganz durcheinander. Mein Anwalt hat mir die Erlaubnis besorgt. Rufen Sie lieber Ihren Boss an.“ Akai verengte die Augen. „Da gibt es ein kleines Problem“, fing der Agent an. „Es liegt für Sie keine Erlaubnis vor. Warum sollte man Ihnen auch erlauben mitten in den Ermittlungen das Land zu verlassen?“ Cane schluckte. „Keine Erlaubnis? Nein, das kann nicht sein“, murmelte er. „Jetzt beruhigen Sie sich.“ Akai sah nach vorne zu Laura. „Wir sollten langsam losfahren.“ Die Agentin nickte und startete den Wagen. „Das kann nicht…“, Cane sah auf seine Knie. „Ich hab…er hat…“ „Cane.“ Akai verschränkte die Arme. „Sie haben jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder Sie schweigen solange bis wir im Büro sind und Ihr Anwalt eingetroffen ist oder Sie erzählen uns jetzt alles. Wie entscheiden Sie sich?“ „Maddock…“ „Sie wollen Ihren Anwalt sprechen?“, wollte Laura von vorne wissen. Richard schüttelte den Kopf. „Er…er ist nicht nur mein Anwalt. Er…wir arbeiten zusammen…also was die Geldwäsche angeht. Ich weiß, Sie haben deswegen Ermittlungen eingeleitet. Deswegen war auch Miss Saintemillion…nein, wie nannten Sie sie eben, Miss Starling, an der Seite von Mr. Marone. Hab ich nicht Recht?“ Akai nickte. „Ich habe es damals noch nicht einmal geahnt. Ich dachte…sie würde einfach nur schnüffeln…aus Neugier. Und dann dachte ich, es ginge ihnen ums Geld…weil eine Hochzeit teuer ist. Ich wollte, dass Sie bezahlt werden…“ „Bestechung?“, fragte Laura. „Das ist auch kein Kavaliersdelikt.“ Cane zuckte mit den Schultern. „Sie wissen ja nicht, wie teuer unsere Gesellschaft geworden ist. Ich will meiner Frau auch etwas Bieten können. Ich weiß doch auch, dass Geldwäsche und Bestechung nicht die feine Art sind…aber ich wollte auch nicht, dass irgendwer verletzt wird. Ich wollte, dass es friedlich zu Ende geht.“ „Das heißt, Ihr Partner hat alles engagiert?“ „Mein Partner…ja…er hat alles gemacht. Woher wissen Sie von ihm?“ Akai sah ihn an. „Er macht sie jetzt gerade zum Sündenbock“, erzählte er. „Sie können sich natürlich noch einmal mit Ihnen beraten. Als Ihr Anwalt hätte er das Recht, aber ob Sie das auch wirklich wollen?“ „Maddock“, murmelte Cane leise. „Er hat…“ „Erzählen Sie uns, wieso Sie sich für die Geldwäsche entschieden haben.“ „Nachdem ich die Firma übernahm, florierte das Geschäft. Irgendwann schlug mir Maddock vor, wie ich mehr Geld aus der Firma bekommen würde und…ich ließ mich darauf ein. Wir teilten den Gewinn. Als ich herausfand, dass Marone und die Agentin herum schnüffelten, rief ich ihn auch an. Er wollte es regeln und dann…war Marone tot und die Agentin schwer verletzt.“ Akai verengte die Augen. „Verstehe. Ihre Kooperationsbereitschaft wird sich positiv auf den Ausgang der späteren Verhandlung auswirken. Und jetzt fahren wir ins Büro und nehmen Ihre Aussage offiziell auf.“ „Oh Gott.“ Cane riss die Augen auf. „Das darf nicht…nein…nein…wir müssen sofort zur Kanzlei.“ Richard wurde blass. „Ich muss…ich muss hier raus. Sofort. Ich muss zur Kanzlei. Jetzt lassen sie mich raus.“ Er versuchte die Tür zu öffnen, aber Laura hatte sie bereits verriegelt. „Lassen Sie mich raus…ich muss raus…jetzt…bitte…“ „Jetzt beruhigen Sie sich, Cane“, raunte Akai. „Wenn Sie jetzt durchdrehen, nutzt es keinem etwas.“ „Nein, Sie verstehen nicht.“ Cane sah den Agenten verängstigt an. „Wir müssen zur Kanzlei von Maddock. Meine…meine Frau wollte zu ihm….wenn er ihr was antut…das darf nicht…bitte…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)