In this world von Jani-chan44 ================================================================================ Kapitel 2: Rejection -------------------- Ich schaue in seine blau-grünen Augen und öffne den Mund um zu sprechen, doch der Blick, den mir der junge Barkeeper schenkt, ist nicht der, den ich erwartet habe. In seinen Augen liegt Angst, Hass und so etwas, wie Ekel. „Mikasa, könntest du bitte den Kunden für mich übernehmen?“, sagt er und lässt mich stehen. Ich wundere mich einen Moment über sein Verhalten, doch ehe ich lange darüber nachdenken kann, steht eine junge, schwarzhaarige Frau vor mir. „Hallo! Was darf's sein?“, fragt sie freundlich, doch ihre Augen verraten, dass ich hier mehr, als unerwünscht bin. „Einen Schwarztee und eine Erklärung für das Verhalten deines Kollegen, bitte.“, antworte ich ihr nonchalant. Sie wendet ihren Blick ab und macht sich an die Zubereitung meines Getränks. Ich habe nicht damit gerechnet, eine ernsthafte Antwort auf meine Frage zu erhalten. Umso mehr verwundert es mich, als sie zu sprechen beginnt: „Eren kann nicht gut mit Alphas umgehen. Bitte entschuldigen Sie das Verhalten meines Bruders.“ „Bruders?“, frage ich erstaunt, denn die beiden sehen sich alles andere, als ähnlich. Im Gegensatz zu ihrem Bruder, weist die junge Frau asiatische Gesichtszüge auf und weder Haar- noch Augenfarbe sind dieselben. „Wir sind Ziehgeschwister, also nicht wirklich verwandt. Ich habe eine Weile bei ihm und seinen Eltern gelebt.“ „Ah.“, gebe ich zur Antwort. Weiter nachzufragen, würde zu sehr in das Privatleben der beiden eindringen. Außerdem hätte ich die Antworten auf meine vielen Fragen lieber aus dem Mund des Jungen gehört. „Bitte sehr, Ihr Tee.“, spricht das Mädchen, Mikasa war ihr Name, wenn ich mich nicht verhört habe, und reicht mir eine dampfend heiße Tasse, „Brauchen Sie Milch, Sahne, oder Zucker?“ „Nein, danke, ich bevorzuge ihn so.“, antworte ich knapp und lasse meinen Blick hinüber zu Eren schweifen. Dieser scheint ein wenig zu sehr damit beschäftigt zu sein, die verschmutzten Gläser zu reinigen, und würdigt mich keines Blickes. Dass er ein Omega ist, habe ich in dem Moment gespürt, als er vor mir stand. Der einzigartige Geruch, den sein Körper ausströmt, lässt keinen Zweifel daran. Ich kann nur vermuten, dass er Ähnliches, wie meine Klienten erlebt haben muss, wenn er mit solcher Abneigung auf Alphas reagiert. Ich würde ihn gerne nach seiner Geschichte fragen, doch unter den gegebenen Umständen scheint sich dies als schwierig zu gestalten. Mikasa wirft mir einen boshaften Blick zu. „Bitte hören Sie auf, Eren so anzustarren. Ihre Anwesenheit ist schon problematisch genug für ihn.“ Ich lasse meinen Blick sinken und widme mich meiner Tasse Tee, ohne dem Mädchen eine Antwort zu geben. Etwas, wie Resignation, zeichnet sich in ihrem Gesicht ab. Sie lehnt sich zu mir hinüber und beginnt zu reden: „Es ist nichts Persönliches gegen Sie. Aber Sie wissen doch, welche Gefahr Alphas für Omegas darstellen können. Und Eren musste das auch schon erleben. Also bitte, wenn Sie heute einen Mann suchen, der Ihr Bett wärmen soll, dann nehmen Sie sich jemanden Ihresgleichen.“ Ihren Worten konnte ich das entnehmen, was ich eh schon vermutet hatte. Eren hatte in seiner Vergangenheit erfahren müssen, was ich jeden Tag bei der Arbeit erlebe. Er oder jemand, der ihm nahe steht, wurde Opfer eines Überfalls durch Alphas. Ich zücke eine meiner Visitenkarten aus dem Portemonnaie und schiebe sie über den Tresen, sodass Mikasa sie an sich nehmen kann. „Wenn er Hilfe benötigt, kann er sich an mich wenden.“, gebe ich ihr zu verstehen. Wortlos nimmt sie die Karte an sich und wirft einen Blick darauf. Einen Moment legt sich ein undurchdringlicher Ausdruck auf ihr Gesicht, dann findet sie wieder zu sich und antwortet mir: „Vielen Dank, dass Sie Ihre Hilfe anbieten. Aber ich befürchte, dass wir uns keinen Alpha-Anwalt leisten können. Und selbst wenn, unsere Angelegenheit wurde bereits geklärt und die Täterin hat ihre gerechte Strafe erhalten.“ Ich frage mich, was sie mit 'Unsere Angelegenheit' meint. War Mikasa auch in den Vorfall verwickelt? Sie ist unverkennbar eine Beta, was eine direkte Beteiligung ziemlich unwahrscheinlich macht. Und wer war die Täterin und in welchem Verhältnis steht sie zu Eren? „Sei doch trotzdem so gut und gib die Karte an Eren weiter. Sollte er noch einmal Hilfe benötigen, würde ich mich gerne als sein Anwalt anbieten. Bei den Kosten käme ich ihm natürlich auch entgegen.“, sage ich, verfolge damit aber eigentlich nur das Ziel, Eren in den Besitz meiner Handynummer zu bringen. Sie nickt höflich und steckt die Karte in ihre Hosentasche. Dann wendet sie sich den anderen Gästen zu, denen offensichtlich nicht schnell genug ihr Bier geliefert werden kann. Ich weiß nicht genau, wieso ich nicht locker lassen kann. Ich kenne den Jungen nicht und mehr, als einen abwertenden Blick, hat er mir nicht geschenkt. Und doch hat er mich in seinen Bann gezogen. Die Augen, denen man jede Gefühlsregung ablesen kann, das zarte Gesicht, das von seinen braunen Haaren eingerahmt wird, der schlanke, aber nicht magere Körper, und die Geschichte, die sich hinter all dem verbirgt. Ich will es alles kennen lernen. Ich will wissen, wie er aussieht, wenn er schläft, wie sich sein Gesicht verzieht, wenn er erregt ist und wie sich seine Haut unter meinen Fingerspitzen anfühlt. Der eigentliche Grund meines Aufenthaltes ist lange in den Hintergrund gerückt und wer die Bar betritt, interessiert mich nicht mehr. Ich spüre die Blicke der anderen Gäste, die mich förmlich zu durchbohren scheinen, doch sie lassen mich kalt. Die einzigen Augen, die mich heute Abend ansehen sollen, sind zu meinem Missfallen aber immer noch an die schmutzigen Gläser geheftet. Wieso schafft er es nicht einmal, mir ins Gesicht zu blicken? Unmut macht sich in mir breit. Heute würde ich hier nicht weiter kommen, so viel war klar. Ich lege das Geld für den Tee, inklusive einem großzügigen Trinkgeld, auf die Theke und erhebe mich vom Hocker. Es ist nicht einmal 20 Uhr, als ich mich auf den Heimweg mache. Zu Hause erwartet mich dasselbe, wie jeden Tag: Eine makellos saubere Wohnung ohne viel Schnickschnack und bunte Farben. Ein sauberes Umfeld ist mir wichtig. Als meine Mutter körperlich immer weiter abbaute, war ich es, der sich um den Haushalt kümmerte. Ich putzte die Wohnung und kochte für uns beide, auch, wenn sie kaum etwas davon aß. Dieses Verhalten habe ich mir bis heute bewahrt. Natürlich könnte ich mir ohne Probleme eine professionelle Reinigungskraft leisten, die sich, während ich auf der Arbeit bin, um die Säuberung der Wohnung kümmert. Doch bringt es immer ein Risiko mit sich, fremde Personen in die eigenen vier Wände zu lassen, vor allem, wenn man sich durch seinen Beruf, wie ich, viele mächtige Gegner gemacht hat. Ich öffne den kleinen Abstellraum, in dem sich meine Putzutensilien befinden, und greife nach ihnen. Mit einem kleinen Wedel befreie ich zum zweiten Mal am heutigen Tage die Regale von den letzten Körnchen Staub. Was sollte ich mit dem angebrochenen Abend auch sonst anstellen? Nach zwei Stunden glänzt und blitzt es überall. Nun, für die meisten Menschen hätte es das wahrscheinlich auch vorher schon getan, schließlich habe ich dieselbe Prozedur bereits am Morgen durchgeführt, und doch konnte ich mich erst jetzt, wo ich wusste, dass alles frisch gereinigt war, wirklich wohl fühlen. Bevor ich mich auf den Weg in mein Bett begebe, dusche ich mich gründlich. Meine Gedanken wandern immer wieder zu dem Jungen aus der Bar, zu Eren. Ich stelle mir vor, wie er sich mir hingibt, wie seine Augen nach mehr betteln und wie sich sein Körper unter mir windet. In kürzester Zeit erreiche ich meinen Höhepunkt und spritze in meine Hand ab. Nun endet der Abend doch genauso, wie ich es mir nicht gewünscht habe. Ich greife nach einem Handtuch und reibe mir meinen Körper ab. Im Schlafzimmer nehme ich frische Unterwäsche und ein T-Shirt aus dem Schrank, ziehe beides über und lege mich in mein Bett. Es dauert Stunden, bis ich in den Schlaf finde. Albträume von den letzten Tagen meiner Mutter suchen mich in der Nacht heim. Am Morgen erwache ich unausgeruht und in Schweiß gebadet. Wieder führt mein Weg unter die Dusche. Vielleicht hätte ich auf Hanjis ärztlichen Rat hören sollen und die Schlaftabletten nehmen, die sie mir verschrieben hat, um zumindest in manchen Nächten wirkliche Ruhe zu finden. Nachdem ich mich im Bad erfrischt habe, führt mein Weg in die Küche. Ich bereite mir ein einfaches Frühstück zu und brühe mir einen frischen Tee auf. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es 8 Uhr am Morgen ist und ich frage mich, wie ich die Stunden bis zum Abend herumbekommen soll. Ich weiß nicht, ob Eren heute wieder in der Bar arbeiten würde, doch ich will zumindest versuchen, heute noch einmal das Gespräch mit ihm zu suchen. Ein weiteres Mal reinige ich meine Wohnung von oben bis unten und muss danach feststellen, dass es immer noch viel zu früh ist. Unruhig laufe ich im Wohnzimmer auf und ab. Da mir keine bessere Beschäftigung einfällt, lasse ich mich auf die große, graue Couch fallen und schalte den Fernseher ein. Das Vormittagsprogramm ödet mich schnell an. Ich schalte durch die Sender und bleibe schließlich bei den Nachrichten hängen. Es wird von Übergriffen an Omegas berichtet, in denen diese als Schuldige an der Situation dargestellt werden, da sie ihre Medikamente nicht eingenommen haben und somit die Vorfälle provoziert haben. Dieselben Berichte mit unterschiedlichen Gesichtern und Namen gibt es jeden Tag zu hören. Die Entwicklung von neuen Unterdrückungsmedikamenten scheint einen Stillstand erreicht zu haben. Immer mehr Omegas zeigen Immunität gegenüber den aktuellen Mitteln. Böse Zungen behaupten, dass die Regierung einen Fortschritt absichtlich verhindert, um härter gegen Omegas vorgehen zu können und diese somit weiter an den Rand der Gesellschaft zu stellen. Für mich bedeuten diese Neuigkeiten hauptsächlich, dass mir meine Arbeit so schnell nicht ausgehen würde. Ich notiere mir die Namen der Omegas, die in dem Beitrag erwähnt wurden. Am Montag würde ich sie ausfindig machen, anrufen und anbieten, ihren Fall zu übernehmen. Ich selbst habe ebenfalls schon einige Omegas während ihrer Hitze erlebt. Ich kann nicht sagen, dass es mich überhaupt nicht beeinflusst hat, doch bisher konnte sich meine Willenskraft noch immer gegen meine Triebe durchsetzen, weswegen das haltlose Benehmen von anderen Alphas für mich nur schwer nachvollziehbar ist. Oft frage ich mich, ob die Pheromone auf sie wirklich so stark wirken, dass sie jegliche Kontrolle verlieren, und ich eine Besonderheit bin, oder ob viele sich genauso zusammenreißen könnten, wie ich, aber die Ausrede, dass sie sich als Alpha in so einer Situation nicht zurückhalten können, ihnen gerade recht kommt. Dass ich mich den Omega-Pheromonen so gut widersetzen kann, ist einer der Gründe, warum mir meine Klienten vertrauen. Doch natürlich kann Eren davon nichts wissen. Und das wurmt mich. Ich schalte den Fernseher wieder aus, bevor sich meine Laune weiter verschlechtern kann. Es ist immer noch zu früh, die Bar aufzusuchen. Ich überlege mir, ob es nicht besser wäre, heute Abend nicht alleine dort aufzutauchen. Würde es nicht einen besseren Eindruck machen, wenn ich mit Freunden die Bar betreten würde? Natürlich würde das meine Chancen verringern, ihn heute Abend mit nach Hause zu nehmen, aber dass das bei dem Jungen so schnell möglich wäre, habe ich mir eh schon lange abgeschminkt. Ich gehe im Kopf die Liste meiner Freunde und Bekannten durch und überlege, welcher von ihnen am ehesten als Begleitung in Frage kommen würde. Am Ende bleibe ich bei Hanji hängen. Sie ist zwar auch ein Alpha, was problematisch werden könnte, allerdings auch der freundlichste und offenste Mensch, den ich kenne. Keiner kann ihrer mitreißenden Art lange widerstehen, und wahrscheinlich ist genau diese Charaktereigenschaft von ihr der Grund, wie unsere Freundschaft überhaupt entstanden ist und die lange Zeit seit damals überstehen konnte. Ich zücke mein Smartphone und suche ihre Nummer heraus. Nach wenigen Sekunden geht sie ran. „Leeeevi!“, schreit sie in den Hörer und ich muss das Telefon einige Zentimeter von meinem Ohr weghalten. Als sie sich beruhigt hat, nehme ich das Handy wieder näher an meinen Kopf und beginne zu reden: „Vierauge! Hast du heute Abend schon etwas vor?“ „Nein, Moblit ist mit seinen Freunden trinken, ich bin also alleine zu Hause. Was hast du vor?“ „Es gibt da eine kleine Bar, die ich mir ansehen will. Kommst du mit?“, frage ich sie. „Gerne, Levi. Aber da steckt doch noch mehr dahinter, oder? Du würdest mich doch nicht einfach so fragen.“ Ich stöhne auf und verdrehe die Augen, weil sie mich sofort durchschaut hat. „Ja, Hanji, es gibt noch einen weiteren Grund.“, antworte ich ihr und streiche mir die Augenbrauen glatt, „Der Barkeeper gefällt mir ganz gut, er scheint mir gegenüber aber skeptisch zu sein. Ich dachte, wenn ich in Gesellschaft auftauche, wirke ich...-“ „Nicht ganz so gruselig?“, lacht Hanji ins Telefon, „Du hattest mich schon bei 'gutaussehender Barkeeper'. Aber wehe, du verrätst das Moblit!“ „Ich habe nie gesagt, dass er gut aussieht.“ „Ach, Levi-Schatz, dass er gut aussieht, höre ich dir an deiner Stimme an. Also, wann wollen wir uns treffen?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)