und dann war alles anders von XdramaX ================================================================================ Kapitel 22: Sonntag, 2. September 2018 – Nachts ----------------------------------------------- Hi Sera, tut mir leid wegen eures Dads. Mein Telefon leuchtete auf, als diese Nachricht von Lavinia mitten in der Nacht in unserer WhatsApp-Gruppe einging. Wie? Was? Dad? Hä? Kam es direkt von Grace zurück. OMG was ist passiert? Verlangte dann auch Elli zu wissen, doch ich legte das Telefon einfach beiseite. Schniefend versteckte ich mein Gesicht in meinem Kopfkissen und strich darüber, als könnte ich es damit noch kuscheliger machen… oder so etwas Liebe von ihm bekommen, die ich gerade dringend benötigte. Auch Nahele hatte den ganzen Abend versucht irgendwas aus mir herauszubekommen, aber ich konnte einfach noch nicht darüber reden. Schlimm genug, dass am Dienstag wieder Schule war. Ich fühlte mich dazu einfach nicht in der Lage… Mein Handy vibrierte weiter fröhlich vor sich hin und ein kurzer Blick auf den Chat verriet mir, dass Marco Lavinia bereits alles erzählt hatte und die nun alle Informationen an unsere Freunde weitergab – was auch immer sie wissen wollten. Sollte sie ruhig machen. Dann musste ich nicht so viel Rede und Antwort stehen. Ich rollte mich etwas weiter ein und öffnete ein kleines Loch unter meiner Bettdecke, die ich komplett über meinen Kopf gezogen hatte, um mehr Sauerstoff zu bekommen. Draußen war es bereits tiefste Nacht. Eine sanfte, salzige Brise zog vom Meer her zu uns herauf und wehte meine Vorhänge durcheinander, doch dafür hatte ich an diesem Abend keinen Sinn, so gern ich es auch mochte. Ich sog tief die Luft ein. Inzwischen hatte ich keine Tränen mehr, wie ich feststellen musste. Das stundenlange schreien und heulen tat nur noch auf der Stimme und den Augen weh. Schon wieder leuchtete mein Telefon auf und ich schob es weit von mir weg, damit es unter der Decke dunkel blieb. Ich wollte niemanden mehr sehen oder hören. Einfach nur allein sein. Meine Zimmertür öffnete sich und ich schloss die Augen. Sicher war das Nana, die wissen wollte, ob ich endlich eingeschlafen war und das Tablett wieder abholte, das sie mir vor Stunden mit etwas zu Essen heraufgebracht hatte. Ich entschied mich dazu einfach so zu tun, als würde ich schlafen. Dann würde sie mich wenigstens nicht ansprechen… Doch zu viel überlegt. Das Erste das sich bewegte war meine Bettdecke, dann wurde meine Matratze gedrückt. Es kroch jemand zu mir ins Bett? Fast erschrocken fuhr ich herum. Wer sollte das bitte sein? Ein bekannter Geruch stieg mir in die Nase und im Schein des schwachen Lichtes, das vom Mond in mein Zimmer fiel, erkannte ich große, trainierte Umrisse. Im ersten Moment schlug mir das Herz bis zum Hals. Sofort dachte ich an den Unbekannten von der Party – doch das war natürlich völlig idiotisch. Als ob der zu mir gekommen wäre, selbst wenn er gewusst hätte, was passiert war. Nein, wer dort zu mir unter die Bettdecke kroch war Marco… „Halt jetzt bloß die Klappe…“, grummelte er und zog das Laken wieder über unser beider Köpfe. „Was machst du hier?“, fuhr ich ihn dennoch an – Warum zum Geier flüsterte ich? Es hörte uns doch eh keiner! „Halt die Klappe, hab ich gesagt!“, zischelte er zurück. Verwirrt hob ich instinktiv den Kopf, als er einen seiner Arme unter meine Haare schob. Keine Sekunde später griff seine andere Hand nach meinem Arm und zog mich ruppig zu ihm hin. Ich schluckte schwer und hielt die Luft an, ließ es einfach geschehen. Meine Lider schlossen sich augenblicklich, als mein Kopf gegen seine harte Brust stieß. Wie Schraubstöcke so fest, doch ungeheuer sanft drückten seine Arme mich an ihn und hielten mich fest. Vorsichtig atmete ich wieder ein. Sein Aftershave, das mir sonst immer Brechreiz verursachte, umrundete meine Empfindungen und gab mir ein Gefühl von unendlicher Sicherheit und Geborgenheit. Bei meinem Bruder! Verflucht, ich musste krank sein! „Ich war ein großes Arschloch…“, murmelte er plötzlich leise. Eine gewisse Angst lag in seiner Stimme. „Du kannst gar nichts für das, was geschehen ist.“ Ich schluckte schwer und legte den Kopf in den Nacken, rutschte vorsichtig höher, doch er ließ mir nur gerade genug Raum, dass ich mich bequem hinlegen konnte, dann zog er mich wieder enger an sich. Es war so schön und vor allem warm, als sich unsere Körper der Länge nach aneinander schmiegten. Als wolle er mich schützen legte sein Arm unter meinem Kopf sich um meine Schulter und über meinen Rücken. Sein anderer Arm zog sich eng um meine Taille… Sein Knie schob sich leicht über meines, als wolle er mich vor irgendeiner Bedrohung abschirmen, so kam es mir in diesem Moment vor. Ich schluckte. Dieses heiße und wohlige Gefühl in mir. Ich hatte es schon einmal gespürt. Er reckte sein Kinn. Automatisch drückte ich mein Gesicht in seinen Hals und seine Schulter. Ich konnte nicht anders und zog geräuschvoll die Nase hoch… Eigentlich nur um diesen Duft aufzusaugen, doch er hielt es wohl für ein erneutes Weinen und seine Hände strichen mir über den Arm und den Rücken, bis sich eine von ihnen in meinen Haaren wiederfand und meinen Hinterkopf hielt. „Es tut mir so leid!“, erklärte er mit brüchiger Stimme. Völlig überwältigt von alledem schob ich einen meiner Arme unter seinen Brustkorb und den anderen unter seinen Arm hindurch. Ein Ruck ging durch uns beide, als ich meine Hände am Rücken in sein Shirt krallte. Wir rutschten noch enger zusammen – ich zog meine Arme so fest wie es ging um ihn zusammen und schob ein Bein zwischen seine. Mit einer Hand an meiner Lendenwirbelsäule zog er mich noch enger an sich und schlang die muskulösen Arme so fest um mich, dass ich erst glaubte keine Luft zu bekommen, doch als mir ein verzweifeltes Keuchen über die Lippen kam, erkannte ich, dass ich mich einfach nur so sicher fühlte wie noch nie. Plötzlich überkam es mich erneut. Ich schluchzte leise in seine Schulter und er hielt mich fest. Er. Marco. Mein Bruder. Wir waren uns so nah, dass ich glaubte nichts könnte uns mehr voneinander trennen. Selbst ohne Kleber mussten wir einfach aneinander haften bleiben. Und ich wünschte es mir sogar. Ich glaubte, dass ich mich noch nie so sehr geliebt und beschützt gefühlt hatte, wie in diesem Moment. Und dann noch von Marco! „Du kannst für das alles nichts!“, jammerte er mit – für ihn – zu hoher Stimme, als ich bereits losschluchzte. „Weder dafür, dass Dad was mit deiner Mutter hatte, noch dafür das meine Mutter ging und erst recht nichts dafür, dass Dad tot ist.“ Ich rieb meine Wange an ihm, bis meine Stirn gegen seinen Hals lehnte. „Ich hätte das nicht sagen sollen!“, brachte er langsam verzweifelt heraus. „Sag was, Sera! Irgendwas! Bitte!“ „Halt mich einfach fest.“, wimmerte ich und sog seinen Geruch ein, der mich irgendwie beruhigte. „Immer“, flüsterte er und rieb das Gesicht kurz an meinem Haar. Einen Moment schwieg er, dann versicherte er mir: „Ich wollte nie, dass du stirbst, auch wenn ich das gesagt habe. Was soll ich denn ohne dich machen? Du bist doch die einzige Familie, die ich habe…“ „Du meinst, jetzt wo Dad…“ „Auch schon davor… Es war immer leichter dich für alles verantwortlich zu machen, dabei warst du die einzige Familie, die immer da war. Ich hatte solche Angst dich zu verlieren, als du diesen Unfall hattest.“ „Du hast meinen Wagen nicht manipuliert.“, stellte ich überflüssiger Weise fest und er schüttelte den Kopf. „Nein! Natürlich nicht!“, ich spürte förmlich, wie er schluckte. „Ich brauche dich, Serena. Ich liebe dich doch…“ „Dann hast du eine beschissene Art das zu zeigen.“ „Ich weiß…“, flüsterte er und strich schon wieder mit der Nase durch meine Haare. Erneut breitete sich Stille aus, in der ich einfach nur genoss nicht alleine zu sein. „Mir tut es auch leid…“, murmelte ich irgendwann. „Wofür?“ „Dafür, dass ich nicht ans Telefon gegangen bin, ehe der Akku leer war.“, ich biss mir auf die Unterlippe. „Wir hätten uns von Dad… verabschieden…“ Er machte ein beruhigendes Geräusch und fuhr mir sanft über den Rücken. „Du wusstest es doch nicht. Woher auch? Er hat es uns doch gar nicht gesagt. Ich weiß nicht, warum ich dir diesen Mist vorgehalten habe.“ Ich spürte seinen Atem und seine Lippen über meine Stirn streichen. Ein fast verzweifelter Reflex befahl mir mich enger an ihn zu drücken. „Alles gut…“, versicherte er mir und schlang den oberen Arm fest um meine Taille. „Marco?“ „Hm?“ „Was sollte diese Aktion mit dem Geld für Sex?“, dieser Themenwechsel kam selbst für mich überraschend. Ich hatte die Frage schneller gestellt, als ich denken konnte. Und auch ihn schien sie zu überrumpeln, denn eine ganze Weile sagte er nichts, bis er endlich die Luft ausstieß. „Eigentlich… also…“, druckste er ein wenig herum und ich hob den Kopf, als wollte ich ihn ansehen. „Es ist ziemlich dumm…“ „Das denke ich mir…“, murmelte ich und zog meinen Arm wieder unter ihm vor. Sofort zogen sich seine dafür enger. „Nicht weggehen“, flüsterte er und ich schüttelte den Kopf. Um meiner Geste Nachdruck zu verleihen rutschte ich dichter und strich über seine Brust. Seine große Hand krallte sich in meine Taille, als mein Brustkorb wieder seinen Rippenbogen traf. „Eigentlich habe ich anfangs deshalb Geld von denen verlangt mit denen du schläfst, weil ich die Hoffnung hatte, dass diese Kerle es sich danach genau überlegen, ob sie noch einmal mit dir ins Bett steigen. Ich habe nie kassiert und sie dann zu dir geschickt, wenn du das von mir glaubst. Ich habe sie immer abgefangen, wenn sie von dir weggingen und ausgequetscht… Leider hat mein Team das wohl falsch verstanden und daraus eine Art Sport gemacht… Es wurde zu einem Selbstläufer.“ „Das ist die dümmste Ausrede, die ich je gehört habe.“, murmelte ich enttäuscht. Aber was hatte ich auch erwartet? Man konnte das einfach nicht sinnvoll erklären. „Leider ist das die Wahrheit von einem verdammt dummen Bruder… ich wollte dich nie verletzen… verzeih mir.“, murmelte er traurig. Das war wohl der Moment, in dem ich ihm verzieh. Oder zumindest dieses Thema hinter mir ließ. Ich wollte einfach glauben, dass er diese Entschuldigung ernst meinte. So nickte ich und schmuste mich wieder an ihn. Ich schloss die Augen. Warm. Stark. Sein Geruch. Seine sanften Berührungen auf meinem Rücken und meinem Arm. Ich strich über seinen Bauch. Es war so unglaublich berauschend und schön, ich vergaß alles… Ich spürte dieses Verlangen danach noch viel mehr Zärtlichkeiten mit ihm zu tauschen. Gerade als ich mich streckte und eine gewisse Reibung zwischen uns spürte wurde mir wieder klar, dass ich in den Armen meines Bruders lag. Halbbruder vielleicht, doch nach wie vor mein Bruder. Wo nur sollte ich jemanden finden, der mir dieses wunderbare Gefühl gab wie er in diesem Moment? Im Bauch, im Herz… Ich hatte es schon einmal gespürt. Die Party im Wohnheim hatte für mich in den Armen eines jungen Mannes geendet, der ähnliche Gefühle in mir wach rief. Sofort war ich wieder dort. Spürte seine Lippen und Hände auf meinen… Wie ich daran dachte und mit der Hand über Marcos Brustkorb fuhr, da fiel mir wieder ein, dass genau dieser von diesem Unbekannten Geld kassiert hatte. Einhundert Dollar, nur für einen einzigen Kuss. Die Hand meines Bruders fuhr sacht meine Wirbelsäule hinab, bis an ihr Ende und wieder wenige Zentimeter hinauf. „Marco?“ „Hm?“, heiß blieb seine Hand über dem Ansatz meines Steißbeins liegen. „Darf ich dir trotzdem noch eine Frage zu der Geldgeschichte stellen?“ „Natürlich“, flüsterte er fast heiser. Hatte er vielleicht bemerkt, welches Begehren er plötzlich in mir geweckt hatte? „Du hast jemandem Geld abgenommen, mit dem ich mich auf der Party im Wohnheim amüsiert habe, stimmt‘s? Die Hundert Dollar, die du mir gegeben hast.“ Er stieß die Luft aus. „Bitte vergiss das, Serena. Ich habe mich doch entschuldigt… Lass uns bitte einfach… naja… von vorne anfangen!“ Ich schüttelte den Kopf und stemmte mich auf die Arme. Ich spürte regelrecht seine Trauer, als er sich auf den Rücken drehte und zu mir hoch sah. „Nur die eine Frage, Marco, alles andere ist mir egal.“ Er stieß die Luft aus. „Ok“ „Wer war er?“ Seine Hand auf meinem Rücken erstarrte und ich konnte ahnen, wie verwirrt er meine Silhouette anstarrte. „Wie, wer war er?“ „Na wer war der Typ? Bitte sag mir, dass du seinen Namen weißt.“ Gespannt sah ich ihn an. Mein Herz klopfte wie wild. Gleich würde ich wissen wer… „Nein, keine Ahnung.“ Ich ließ die Schultern hängen und stieß die Luft aus. „Ach… Schade…“, murmelte ich und ließ es zu, dass er meinen Oberkörper auf seinen zog. Ich schlang mein Bein um seines und bettete die Wange auf seiner Schulter. „Das heißt, dass er keiner der Footballer ist? Ich hatte das gedacht, er war so trainiert…“ Marco legte die Wange auf meinen Scheitel und schwieg einen Moment. „Reden wir von dem Gleichen?“ „Wie, von dem Gleichen?“ „Der, den ich meine, der hat dich auf der Couch im Gemeinschaftsbereich angegraben. Ich habe nicht alles gesehen, aber er kam kurz vor dem Stromausfall an mir vorbei mit Lippenstift am Mund und einem dicken Knutschfleck am Hals…“ Ich war verwirrt. „Ich habe mit niemandem auf der Couch rumgemacht.“ Plötzlich griff seine Hand an meinem Rücken fester in meine Taille. Die andere strich meinen Arm hinauf und wieder hinunter, als hätte er tief Luft geholt. „Wirklich? Dann schulde ich dem Jungen wohl hundert Dollar… Und von wem hast du geredet?“ Ich strich über seine Brust. „Ich ziehe ihm kein Geld ab, falls das dein Gedanke ist.“ „Nein, nur…“, ich kuschelte mich enger an und er strich mir beruhigend über den Arm und den Rücken. „Als das Licht ausging und ich irgendwo vollkommen nackt in der Ecke stand, da… kam ein Typ auf mich zu…“, ich flüsterte immer leiser und spürte, wie Marco beinahe zittrig einatmete. „Er hatte mein Kleid und zog mich an, nachdem er erst noch ein betrunkenes Arschloch für mich umgenietet hat…“ Ich spürte Marcos große Hand auf meinem Rücken, die sich immer fester an ihn drückte. Es jagte mir einen Schauer über den Rücken und ich drehte kurz die Nase an seinen Hals. Sein Geruch. Er winkelte ein Bein an und ich merkte, dass ich meines fester um seines schloss. „Und weiter?“, fragte er leise. „Wir haben uns geküsst.“, flüsterte ich und Marco atmete tief ein. „Es war so schön… Mir ging es so schlecht und er hat mir an diesem Abend wieder Mut gegeben dich und einfach alles zu ertragen.“ Ich kicherte leise und spürte wie Marco schwer schluckte. „Er war der einzige, mit dem ich was an diesem Abend hatte, wenn auch nicht viel. Ich dachte du wüsstest vielleicht, wer er ist. Es war so schön mit ihm. So… richtig.“ Leicht bewegte sich Marco unter mir. Er zog mich noch etwas weiter auf sich und schlang beide Arme um meine Taille. Sanfte legte er die Wange und die Nase an meine Haare. „Marco? Weißt du wer das war? Er war sehr groß und breit und muskulös. Ich dachte er muss einer aus eurem Team sein.“ Doch mein Bruder holte nur Luft und zerstörte jede meiner Hoffnungen: „Tut mir leid, ich weiß es nicht.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)