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Shards of Red

Endeavor x Hawks
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
(!!Warnung: SPOILER Kapitel 231!!) Komplett anzeigen

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Scarlet

Enji weiß nicht, was passiert ist. Er kann sich an erstaunlich wenig erinnern, was in der letzten Nacht geschehen ist. Er weiß nur, dass er einen Mordskater hat, der dafür sorgt, dass er kaum die Augen aufbekommt. Glücklicherweise sind die Jalousien heruntergezogen, lassen nur vereinzelte Sonnenstrahlen hinein – mehr würde Enji nicht ertragen. Er hat das Gefühl, sich übergeben zu müssen, wenn er sich auch nur einen Zentimeter bewegt. Die Kopfschmerzen machen es nicht besser, doch seine Orientierungslosigkeit zwingt ihn, die Lider wieder zu öffnen.

Wo zur Hölle ist er? Und wie ist er hierhergekommen, in dieses…Schlafzimmer? Das Bett ist so groß, es füllt den winzigen Raum fast komplett aus, lässt nur Platz für einen Nachtschrank daneben und einen hohen Schrank an der Wand. Enji unterdrückt ein Stöhnen, während er auf dem Rücken liegt und…feststellt, dass er bis auf die Unterwäsche nackt ist. Nackt. Oh nein. Das dumpfe Hämmern breitet sich in seine Schläfen aus, die Übelkeit wird stärker…und er hofft einfach, dass es sich hierbei um einen bösen Traum handelt. Bitte lass es einen scheiß Albtraum sein…

Der unangenehme Geschmack von Sake klebt an seinem Gaumen, erinnert ihn daran, wie lange er schon nicht mehr getrunken hat. Jedenfalls nicht so viel, dass er einen Filmriss bekommt…und den hat er zweifellos. Alkohol ist so eine Sache bei ihm, denn er verträgt mehr als die meisten Menschen…allerdings macht er ihn redselig und im schlimmsten Fall verstärkt er seine Aggressionen. Beides sind Gründe, lieber nüchtern zu bleiben, denn er hat in der Vergangenheit schon genügend Fehler gemacht. Fehler, die er bereut und die er wiedergutmachen will, auch wenn er bis jetzt nicht weiß, wie er das anstellen soll. Vielleicht ist es schon zu spät…und je nachdem, was er in dieser Nacht zu wem gesagt oder getan hat (er hofft inständig, dass er niemandem etwas angetan hat), könnte es alles noch schlimmer machen.

Eine seiner Pranken tastet sich über die Matratze, erfühlt das weiche Laken…und…etwas, das er nicht sofort zuordnen kann. Es ist ebenfalls weich und er schließt die vom Feuer rauen Finger darum, spürt das Kitzeln in seiner Handfläche. Wie in Trance drehte er den Kopf zur Seite und ihm wird entsetzlich schlecht, als er erkennt, um was es sich handelt. Eine Feder. Eine rote Feder. Groß genug, um von einem Papagei zu stammen…von der Farbe her etwas dunkler. Oder es liegt an dem spärlichen Licht. Doch es gibt ein Problem; er sieht und hört keinen Papagei. Stattdessen hört er Schritte von nebenan durch die angelehnte Tür, ein leises Pfeifen…und das Klirren von…Geschirr? Enji drehte sich auf die Seite, als die Panik überhandnimmt und er – oh Gott, ein Eimer! – sich geräuschvoll übergibt. Seine türkisfarbenen Augen tränen, während er über dem Eimer hängt und sich die Seele aus dem Leib kotzt. Der Geschmack nach Alkohol und der Nahrung, die sein Magen halb verdaut hat, ist furchtbar. Jeder Muskel in seinem durchtrainierten Körper ist angespannt, seine Kehle kratzig und in seinen Ohren rauscht es, erstickt jeden Laut von außerhalb. Wie lange ist es her, dass er sich wegen Sake so mies gefühlt hat?
 

„Guten Morgen, Sonnenschein!“

Gerade als er denkt, es könnte nicht schlimmer werden, platzt die Person herein, die er am allerwenigsten sehen will. Wobei…nein, so ganz stimmt das nicht. Besser, dieser freche Vogel sieht ihn in diesem Zustand, anstelle eins seiner Kinder. Oder All Might. Oh Gott, ihm wird schon wieder schlecht und er macht sich gar nicht erst die Mühe, sich aufzurichten, bleibt über der Bettkante hängen. Was für einen erbärmlichen Anblick er abgeben muss…

„Woah, Number One, du hast ja echt alles gegeben gestern, was? Soll ich dir die Haare halten?“, witzelt der Winged Hero breit grinsend. „Kleiner Scherz, haha! Aber mal im Ernst, du siehst richtig scheiße aus…dabei sollten alte Männer doch ihre Grenzen kennen?“

„Hawks…“, würgt er hervor und versucht, so viel Zorn wie möglich in seine Stimme zu legen.

Leider weiß Enji, dass selbst, wenn er nicht kotzend von Hawks‘ Bett hängen würde, dieser sich davon nicht würde beeindrucken lassen. Der mangelnde Respekt des jungen Mannes sollte ihn wütend machen, er sollte diesen in seine Schranken weisen…doch wenn Enji ehrlich ist, empfindet er Hawks‘ unbeschwertes Verhalten ihm gegenüber als Erleichterung. Auch, wenn er ihm gleichzeitig eine runterhauen will.

„Du hast aber auch gebechert gestern, herrje…“, hört er den Vogel zwitschern und knurrt leise. „Schaffst du’s in die Dusche? Also, wenn du damit fertig bist, deinen Mageninhalt wieder hoch zu würgen...“

Da sind so viele Fragen, die Enji ihm stellen will, aber stattdessen wischt er sich den Schweiß von der Stirn und das Erbrochene vom Kinn. Obwohl ihm Hitze eigentlich nichts ausmacht (sein Quirk ist das Feuer, verdammt), wünscht er sich sehnlichst eine kühle Dusche. Er hievt sich wieder in eine sitzende Position und bemerkt nebenbei, wie viele Kissen und Decken in dem Bett liegen. Unnormal viele. Aber gut, Hawks ist ein Vogel…irgendwie…und die bauen Nester. Warum denkt er jetzt über so etwas nach? Der Restalkohol befindet sich anscheinend noch nicht vollständig im Eimer.

„Endeavor-san? Hallo? Jemand zuhause?“

Er hört das Rascheln der scharlachroten Federn, als sich die Flügel auf Hawks‘ Rücken zusammenfalten und dieser näher kommt. Enji verengt die türkisfarbenen Augen, während er den Winged Hero mustert und…sein eigenes Gesicht auf dessen Shirt findet. Nicht sein Ernst. Die Situation ist so skurril, er will seine Sachen nehmen und verschwinden. Apropos…wo ist seine Kleidung überhaupt? Warum liegt er in Hawks‘ Bett? Halbnackt? Warum trägt Hawks dieses peinliche, blaue Endeavor-Fan-Shirt zu der schwarzen Jogginghose und...

„Ich kann dich denken hören, Endeavor-san~“, flötet Hawks viel zu gut gelaunt und zieht die verdammten Jalousien mit einem Ruck hoch. „Hier riechts ganz schön streng, oder? Bisschen frische Luft wird dir sicher guttun!“

Mit diesen Worten öffnet er das Fenster und tatsächlich ist der laue Luftzug angenehm, auch wenn das Licht in seinen Augen brennt. Zu seinem Bedauern nimmt er nun mehr von dem Zimmer wahr…und findet gleich drei Endeavor-Poster an der weißen Wand. Eine Action-Figur steht auf dem Nachtschrank, den er zuvor nur flüchtig bemerkt hat, und…ist das da ein Plüschtier von ihm? Enjis Blick heftet sich automatisch an den Eimer, da er das Gefühl hat, diesen gleich erneut zu brauchen.
 

„Gefällt dir mein Schlafzimmer? Klein, aber fein, was? Passt wenig Deko rein, aber wie du siehst, ist das Wichtigste da“, plappert Hawks wieder los und zwinkert ihm zu.

Was zur Hölle redet er da?! Und…liegt es an seinem Kater oder klingt das absichtlich zweideutig? Würde Hawks auch nur einen Funken Scham besitzen, hätte er das Zeug weggeräumt, anstatt ihn direkt damit zu konfrontieren. Enjis mitgenommenem Verstand wird im selben Moment klar, dass Hawks dies mit voller Absicht tut. Was auch immer er damit bezwecken will…und wieder fragt er sich, was in der Nacht passiert ist. Abermals fühlt er, wie ihm heiß und kalt wird, sein Herz beginnt zu rasen. Nein. Oh Gott, nein…das darf nicht sein.

Vielleicht erkennt Hawks das stumme Entsetzen in seinem Blick, denn er legt mit einem Mal den Kopf schief (was ihn einem Vogel noch ähnlicher sehen lässt) und blinzelt ihn an.

„Alles okay, Number One? Wenn du dich noch mal übergeben musst, tu dir keinen Zwang an! Immer raus damit!“, fordert er ihn auf und Enji atmet einmal tief durch.

Da ihm plötzlich bewusst wird, wie schamlos er selbst ist, fast unbekleidet vor dem anderen zu sitzen, nimmt er eine der Decken und zieht diese über seinen Schoß. Hawks‘ bernsteinfarbene Augen folgen jeder Bewegung und irgendetwas in seinem Blick erinnert Enji mehr denn je an einen Raubvogel. Es jagt ihm einen kalten Schauer über den Rücken und er räuspert sich, kämpft die Übelkeit zurück.

„…geht schon“, brummt er und lehnt sich ans Kopfteil des Bettes. „Wasser wäre gut und…auch, wenn ich das vielleicht bereuen werde, eine Erklärung.“

Hawks funkelt ihn auf eine Art an, die ihm nicht geheuer ist. Allerdings grinst er im nächsten Moment und salutiert gespielt vor ihm.

„Zu Befehl, Chef!“, ruft er aus und wuselt aus dem Zimmer.

Enji sieht ihm nach, froh, dass der Jüngere keine Verletzungen zu haben scheint, so energetisch, wie er sich bewegt. Da der Flame Hero um sein Temperament weiß, welches er manchmal nicht zügeln kann, ist seine Befürchtung begründet. Sein Magen krampft sich plötzlich nicht bloß wegen des Katers zusammen…
 

„So, bitteschön!“, zwitschert Hawks, kaum dass er den Raum betreten hat. „Trink erstmal was und dann können wir gern in allen Einzelheiten über gestern reden~!“

Enji wirft ihm einen misstrauischen Blick zu, nimmt aber die Wasserflasche entgegen und setzt sie an die Lippen. Dort, wo die riesige Narbe sein halbes Gesicht überzieht, fühlt sich die Haut immer noch wund und taub an. Mittlerweile hat er sich daran gewöhnt, immerhin lebt er. Hawks und er haben es überlebt. Er sieht zu dem Winged Hero, der sich einfach ihm gegenüber aufs Bett fallen lässt, dort sitzen bleibt und ihn angrinst.

Nein. Verletzt hatte er ihn wohl nicht, so zufrieden, wie der andere wirkt. Hätte er ihm etwas angetan, würde dieser sich bestimmt nicht so sorglos verhalten und ihm Wasser bringen. Es reicht zwar nicht, um ihm alle Bedenken zu nehmen, aber es ist ein Anfang.

„…wieso…bin ich hier?“, zwingt er sich zu fragen und Hawks schmunzelt.

„Oh Mann, du hast wirklich einen totalen Filmriss, was? Haha, aber na gut, ich will mal nicht so sein und dich aufklären!“

Hawks verändert seine Position, sodass er im Schneidersitz vor ihm sitzt…dabei ein Stück näher kommt.

„Du bist hergekommen, um mich zu besuchen! Anscheinend habe ich dir ziemlich gefehlt und-“

„Lass den Scheiß!“, schneidet er dem Jüngeren das Wort ab, woraufhin dieser seufzt.

„Okay, okay, erwischt…aber du bist wirklich meinetwegen hergekommen!“

„Ja, um etwas Berufliches mit dir zu besprechen“, knurrt er finster. „Das weiß ich alles noch…was ich nicht weiß, ist, wieso ich hier gelandet bin.“

„Du meinst, in meinem bescheidenen Heim?“, fragt Hawks amüsiert und seine Federn rascheln, als sich die Schwingen spreizen. „Nun, wir sind zusammen in eine Bar gegangen, haben etwas getrunken…und dann kam die Nachricht rein, dass Shouto seine Provisional Hero License erhalten hat, und du bist vollkommen abgedreht, haha…“

Enji stutzt merklich, als er das sagt, denn bei diesen Worten klingelt etwas bei ihm. Daran erinnert er sich sogar noch…eine kurze Nachricht von seinem Sohn. Bestanden. Ohne irgendwelche Smileys, keine langen Reden, aber immerhin hat er es ihm mitgeteilt. Mehr kann er nicht von seinem jüngsten Sohn verlangen.
 

„Du hast ordentlich rumgebrüllt und eine komplette Runde für alle Leute in deiner Reichweite geschmissen. Ich meine, ich wusste, dass du Kohle hast, aber dass du so spendabel bist…wer hätte das gedacht~“, fährt Hawks grinsend fort.

„Red‘ keinen Stuss!“, murrt der Flame Hero, wissend, dass Hawks nicht lügt.

Tatsächlich ist er aufgrund seiner Freude ein bisschen…aus der Rolle gefallen. Zu dem Zeitpunkt war er nur angetrunken, doch scheinbar hat er sich am Ende übernommen.

„Du hast gebechert, was das Zeug hält und Mann, so viel hab ich dich noch nie reden hören! War wirklich sehr aufschlussreich!“

Mit einem Mal kehrt das unwohle Gefühl zurück. Die leichte Ahnung, der Eimer wäre auf seinem Schoß besser aufgehoben, als neben dem Bett. Er schluckt seine Magensäure herunter, versucht, nicht vor Ekel zu schaudern. Am liebsten würde er im Bad verschwinden…sich noch mal erbrechen, duschen…doch er muss es wissen.

„Was…meinst du?“

Seine Stimme klingt nun heiserer als vorher und es missfällt ihm. So wie ihm die Situation missfällt, in die er sich selbst gebracht hat, was er weiß, aber nur schwer akzeptieren kann. Es wäre einfacher, Hawks die Schuld für diese verkorkste Nacht und den Morgen danach zu geben, aber...das wäre falsch. Und ein Schritt in die Richtung, die er nicht mehr einschlagen will.

„Och, wenn du so fragst~“, säuselt Hawks so lieblich, dass es in Enjis Magen rumort. „Du hast viel von deiner Familie geredet. Vor allem von deinen Söhnen…dass sie dich hassen und allen Grund dazu haben. Was für ein schrecklicher Vater du warst, wie viele Fehler du gemacht hast, aber dass jetzt alles anders wird, weil du ein besserer Mensch, Vater, Held wirst und so weiter…keine Sorge, Number One. Ich hab dich rechtzeitig hierher gebracht, bevor noch mehr Leute zuhören konnten – falls du dich sorgst, dass was gegen dich verwendet wird. Also, falls es nicht sowieso irgendwann rauskommt. Du weißt ja, wie das ist, wenn man im Zentrum der Öffentlichkeit steht…irgendeiner plappert immer~“

Enji starrt ihn einfach nur an, fühlt sich wie betäubt.

„Oh, mach dir keinen Kopf!“, entfährt es Hawks bei seinem Blick. „Ich hab kein Interesse daran, dich an die Presse zu verkaufen. Echt nicht…auch wenn du aufpassen solltest, wie detailliert du wem was erzählst, Großer! Nicht jeder ist so verschwiegen wie ich!“

Und das ist der Punkt, an dem Enji geistesgegenwärtig den Eimer packt und sich zum zweiten Mal geräuschvoll übergibt.

„So ist’s gut, alles raus, was keine Miete zahlt!“

Danach muss er duschen…und diesem Plappermaul den Hals umdrehen.
 

Ungefähr eine halbe Stunde später sitzt er auf Hawks‘ Couch, immer noch nackt, jedoch mit einem Handtuch um die Hüften und in die flauschige, braune Decke gehüllt. Seine roten Haare tropfen noch von der Dusche und er riecht nach einem dieser penetranten Shampoos, die Hawks benutzt. Nun, immerhin ist der schale Geschmack aus seinem Mund verschwunden, nachdem er sich die Zähne geputzt hat. Kurzum, er fühlt sich wieder wie ein Mensch, auch wenn ihm weiterhin übel ist.

„Nicht, dass mir der Anblick nicht gefällt, Number One, aber ich könnte dir immer noch ein Shirt leihen? Diese Merchandise-Shirts hab ich teilweise in XL, weil ich drin penne, also-“

„Halt einfach die Klappe“, unterbricht er den Winged Hero genervt.

Er weiß nicht, was unangenehmer ist…die Art, wie Hawks mit ihm…spricht oder dass er soeben zugibt, in Klamotten zu schlafen, auf denen man sein Gesicht abgedruckt hat. Der ganze Fan-Kram in seinem Schlafzimmer ist schon verstörend genug, da braucht er solche Kommentare nicht.

„Sicher? Ich wollte dir Rührei anbieten. Nicht typisch japanisch, aber ich schwöre dir, nach einem fetten Kater gibt es nichts Besseres!“, redet Hawks einfach weiter und tatsächlich riecht es in der kleinen Wohnung bereits danach.

„Hmpf…na schön…“

„Kommt sofort~!“, erwidert Hawks in einem regelrechten Singsang und verschwindet Richtung Küche.

Enji sieht ihm matt hinterher, ehe er seufzend den Kopf sinken lässt, sich zum hundertsten Mal fragend, wie er hier hineingeraten ist? Und ob er Hawks soweit vertrauen kann, dass dieser dicht hält. Wie viel weiß er schon über den frechen Vogel? Sie sind ein gutes Team im Kampf gegen den Nomu gewesen und offensichtlich ist der jüngere Mann ein Fan von ihm – was eigenartig genug ist, denn Endeavors Fanbase ist nicht annähernd so groß wie All Mights. Er hat aufgegeben, sich deswegen verrückt zu machen, versucht nun, seinen eigenen Weg zu gehen. Anders als bisher, aber keine Kopie von dem blonden Skelett, das vor den Ereignissen in Kamino die unangefochtene Nummer eins war. Number One.

Er lächelt bitter, blickt vor sich hin, während er Hawks in der Küche hantieren hört. Dann schweift sein Blick durch das Wohnzimmer, das in warmen, sandigen Tönen gehalten ist. Beigefarbene Wände, die Schränke aus dunklerem Holz, was zur Farbe der Couch passt. Eine runde Couch, auf die vielleicht fünf Menschen Platz haben, die nicht so breit wie Enji sind, denn er nimmt fast die Hälfte des Möbelstücks ein. Auch hier gibt es viele Kissen und Decken – was auf den Flame Hero überladen wirkt. Kein Wunder, da er auf einem Futon schläft. In einem riesigen, japanisch eingerichteten Haus, dessen Einrichtung dezent ist.

Hawks‘ Wohnung macht einen sauberen Eindruck, doch hier und da liegen diverse Sachen rum. Ein paar Bücher, eine Uhr, seine Jacke, die zu seinem Helden-Outfit gehört, eine leere Tasse. Enji fragt sich unweigerlich, ob Hawks oft Besuch hat. Schließlich ist er die Nummer zwei und ziemlich beliebt bei den Leuten – trotz seiner großen Klappe. Es muss an seinem Aussehen liegen, schließlich ist Hawks eine ganze Ecke jünger als er, um nicht zu sagen halb so alt. Zweifellos kommt er mit seinem attraktiven Äußeren gut bei den Frauen an und Enji ist bekannt, wie gern der Vogel flirtet. Moment…hat er das vorhin etwa mit ihm getan? Geflirtet? Sein blasses Gesicht läuft innerhalb von Sekunden so rot an, dass es vermutlich mit seinen Haaren konkurrieren kann. Unmöglich. Niemals. Und selbst wenn, muss es sich um einen geschmacklosen Scherz handeln. Das ist es. Ein Scherz. Hawks macht gern dumme Witze und amüsiert sich auf seine Kosten, also alles im grünen Bereich.
 

Nachdem er das für sich geklärt hat, wird er wieder ruhiger, doch bevor er seine Gedanken über Hawks weiter ausführen kann, wuselt dieser mit zwei Tellern beladen zurück ins Wohnzimmer.

„Da bin ich wieder~! So, guten Appetit, ich hoffe, es schmeckt dir!“

Zugegeben, nun, wo das Rührei so vor ihm liegt, spürt er einen immensen Hunger und wie auf Kommando knurrt sein misshandelter Magen.

„Da hat wohl wer Hunger! Hau rein!“

Ohne auf Hawks einzugehen, greift er nach den Stäbchen, wünscht ihm einen guten Appetit und probiert. Es ist nicht die Art Ei, die er gewöhnt ist, nicht auf die japanische Art zubereitet, doch es schmeckt. Sogar verdammt gut und er genießt jeden Happen davon, weil sein Körper dringend Nährstoffe braucht.

„Und?“, hakt Hawks nach. „Lecker, oder? Ist fettiger als Tamagoyaki, aber gerade deshalb ist es das Richtige, wenn man einen über den Durst getrunken hat!“

Enji fällt auf, dass der andere seine Portion bereits aufgefuttert hat, und er fragt sich nicht zum ersten Mal, wo der Kerl das ganze Essen hinsteckt. Eigentlich fragt er sich vieles bei Hawks, wieso dieser zum Beispiel auf Geflügel basierende Speisen bevorzugt. Selbst das Rührei stammt von Vögeln.

„Schmeckt“, gibt er knapp zurück und nimmt einen weiteren Happen zu sich.

Hawks schnaubt empört.

„Etwas mehr Begeisterung! Ich stehe nicht für jeden in der Küche, klar? Fühl dich geehrt!“

„Ah“, macht Enji trocken und ohne ihn anzusehen. „Also schmeißt du deine Bekanntschaften ohne Frühstück raus.“

Er weiß selbst nicht, warum er das so angefressen sagt. Vielleicht, weil ihn Hawks‘ hemmungsloses Flirten in der Öffentlichkeit verärgert. Er ist mit allem so schamlos und das gehört sich einfach nicht. Außerdem verstummt der sonst so vorlaute Hero für einen kurzen Moment tatsächlich und das reicht Enji als Grund aus.

„Bekanntschaften?“, wiederholt er irritiert, was Enji mit den breiten Schultern zucken lässt.

„Deine Fans, was weiß ich…die, mit denen du ständig flirtest.“

„Oh…das meinst du“, kommt es sehr langsam von dem Jüngeren, dann grinst er wieder übers ganze Gesicht. „Wusste gar nicht, dass du mich so genau beobachtest…muss ich mir Gedanken machen? Oder mich geschmeichelt fühlen? Aww, ja, ich denke, ich fühle mich geschmeichelt~“

„Schwachsinn!“, blafft er den Blonden an. „Du machst es halt nicht sehr subtil! Das ist alles!“

Normalerweise kuschen die Leute vor ihm, wenn er laut wird, die Muskeln anspannt – All Might einmal ausgenommen. Es ist nicht so, dass er jedes Mal handgreiflich wird oder werden will, das ist seine Art. Er ist es gewöhnt, Stärke zu zeigen und das in jeder Situation – was seinen Aufenthalt bei Hawks umso peinlicher macht. Nun…Hawks ist in jeder Hinsicht anders als die Menschen, mit denen er sonst zu tun hat, denn er weicht nicht mal im Ansatz zurück. Stattdessen wird sein Grinsen noch breiter, sodass er die gleichmäßigen Zähne sehen kann und die bernsteinfarbenen Augen funkeln ihn an.
 

„Schon gut, schon gut~“, summt er heiter und lehnt sich neben ihm entspannt auf der Couch zurück.

Ein paar der äußeren, scharlachroten Feder streifen seinen Arm, da ihm die Decke beim Essen vom Oberkörper gerutscht ist. Sie fühlen sich widerstandsfähig an, nicht so weich wie die, die er im Bett gefunden hat und…er stutzt.

„Hawks…“

„Ja?“

Ein unschuldiges Lächeln begegnet ihm, auch wenn der Mann dahinter dies nicht mal im Entferntesten ist.

„Wieso bin ich ohne Kleidung wachgeworden…und wo…hast du geschlafen?“

Das Lächeln wankt nicht mal eine Sekunde, beinahe wirkt es, als hätte der Blonde auf diese Frage gewartet.

„Mh~“, macht er dennoch gespielt nachdenklich. „Lass mich mal überlegen…ah ja, zum Ersten, ich hab dich ausgezogen. Dachte, es kommt nicht gut, wenn du auf deine Klamotten kotzt und damit sie wieder frisch sind, hab ich sie für dich gewaschen und aufgehängt, während du duschen warst. Nett von mir, nicht wahr? Brauchst dich nicht bedanken, immerhin sind wir ja ein Team, haha! Oh und was mich angeht…natürlich neben dir. Du hast vielleicht ne Hitze ausgestrahlt…hat mich richtig ins Schwitzen gebracht. Vor allem, als du immer näher gekommen bist…dachte schon, du verbrennst mir die Federn. Aber war schön kuschlig, können wir gern mal wieder machen, so mit Übernachtung! Nur wäre es cool, wenn du dann wach wärst und dich dran erinnerst.“

Es fehlt nicht viel, damit Enji die Kinnlade herunterfällt, aber er nimmt sich zusammen, weitete jedoch die türkisfarbenen Augen. Was zur Hölle?! Allerdings sagt er sich, dass er gerade übertreibt, denn ja, er schätzt seine Privatsphäre, aber sie sind beide Männer. Da gibt es nichts zu schämen und vielleicht…wollte Hawks wirklich bloß…nett sein. Dann haben sie eben nebeneinander geschlafen und mit Sicherheit hat er sich nicht an den Jüngeren gekuschelt. Sowas tut er nicht. Nicht mal im Schlaf…oder?

„Schau nicht so entgeistert“, meint Hawks und winkt ab. „Ist doch nichts dabei? Mir hat’s gefallen! Oh und zu deiner Frage…ich nehme nie jemanden mit nach Hause, also gibt’s auch kein Frühstück. Folglich bist du gleich zweimal was ganz Besonderes, Endeavor-san…“

Diesmal ist sich Enji sicher, dass Hawks mit ihm flirtet, so wie er ihm zuzwinkert und grinst. Zwar weiß er keinen Grund dafür, aber anders kann man das nicht deuten. Definitiv nicht und es…macht ihn sprachlos, weil er nicht damit umgehen kann. Um sich aus der Situation zu winden, wendet er sich mit finsterem Blick wieder seinem Rest Rührei zu, das mittlerweile kalt geworden ist.

„Fühle mich geehrt“, brummt er sarkastisch.

„Kannst du auch~“

„Hmpf…“

Da er unsicher ist, was er noch dazu sagen soll, lässt er stattdessen den Blick abermals durch den Raum schweifen. Jetzt, wo Hawks es sagt, fällt Enji auf, dass es keine Fotos gibt. Er nimmt also nie jemanden mit nach Hause? Bezieht sich das auf seine Affären oder auch auf potenzielle Freunde? Hat Hawks Freunde? Eigentlich kann Enji nicht glauben, dass jemand, der dermaßen polarisiert, keine Freunde hat…bei ihm selbst ist das nicht verwunderlich, schließlich gilt er als Einzelgänger.
 

„Willst du mich gar nicht nach den Details fragen?“

Enji hält inne, als Hawks das Schweigen zwischen ihnen bricht, und als er aufsieht, bemerkt er, dass das Lächeln verschwunden ist. Er kann den Blick nicht ganz deuten…lauernd?

„…nach den Details?“, wiederholt er stirnrunzelnd. „Du meinst, ob ich die Dinge aus meinem Leben, die du gar nicht wissen solltest, noch mal durchgehen will, um mich daran zu erinnern, was für ein miserabler Ehemann und Vater ich bin? Nein. Ich glaube nicht, dass ich das will.“

Hawks mustert ihn eine Weile still, was ungewöhnlich ist. Normalerweise hält er keine fünf Sekunden den Schnabel, doch wenn Enji ihm wirklich von seinen Taten erzählt hat…

„Wenn ich ehrlich bin, wundert es mich, dass du mich überhaupt hierhergeschleppt hast“, fährt er ernst fort. „Was ich getan habe, ist nicht zu entschuldigen.“

Der Flame Hero weiß selbst nicht, wann sein Sinneswandel begonnen hat – vielleicht hat es mit Midoriya Izuku begonnen. Seitdem Shouto dem Jungen begegnet ist, hat er sich verändert…und Enji ebenso. Er hat einen winzigen Zugang zu seinem Sohn gefunden, wenn es auch noch lange keine Beziehung ist. Shouto benutzt ihn, um an Stärke zu gewinnen, wendet sich an ihn, wenn es seiner Zukunft dient…und es ist geradezu zynisch, denn dies hat Enji immer gewollt.

Er will es jetzt noch, doch er will ebenso Teil des Lebens seiner Kinder werden. Er wünscht sich, dass Rei gesund wird und sie irgendwie miteinander umgehen können. Ihre Ehe ist nicht zu retten, das ist ihm klar, dafür ist zu viel passiert. Er hat Dinge getan, die unverzeihlich sind…und falls sie jemals nach Hause kommt, wird er ausziehen müssen. Er kann ihr nicht zumuten, mit ihm im selben Haus zu leben, nachdem er ihr Gewalt angetan hat. Sowohl psychisch als auch physisch.

Fuyumi kann sie unterstützen, für ihre Brüder sorgen, denn das tut sie bereits und macht es besser, als er es je könnte. Sie ist die Einzige, die sich um eine Beziehung zu ihm bemüht…obwohl es ihr schwerfällt. Natsuo lehnt ihn vollkommen ab, Shouto redet das Nötigste mit ihm und Touya…Touya hat er vermutlich endgültig verloren. Was er betreibt, ist Schadensbegrenzung.
 

„Weißt du, warum ich nie ein großer Fan von All Might war?“

Es ist eine seltsame Frage, die er zuerst nicht versteht; dass Hawks ein Endeavor-Fan ist, weiß er bereits. Er kann nur nicht nachvollziehen, was dies nun mit ihrem Thema zu tun hat. Sein Groll auf All Might ist schwächer geworden, auch wenn er diesen Kerl nie wird leiden können. Da er bloß die Stirn in Falten zieht, aber nichts sagt, spricht Hawks weiter.

„Er schien immer so perfekt zu sein. Das Symbol des Friedens. Unbesiegbar. Der geborene Held. Das haben sie über ihn gesagt.“

Der Winged Hero sieht ihn nicht an, hat den Blick an die Decke geheftet, die Arme hinterm Kopf verschränkt.

„Die Sache ist die…kein Mensch ist perfekt oder hat bloß gute Seiten. Dieses Bild zu vermitteln, ist…falsch. Manche Menschen tun schlimme Dinge und haben dabei Gutes im Sinn. Ein höheres Ziel…und wer bin ich, dich dafür zu verurteilen, aus deinen Kindern das Beste rausholen zu wollen. Einen Helden zu erschaffen, der All Might übertreffen kann, nachdem du es dein ganzes Leben lang versucht und nie aufgegeben hast.“

Enji blickt ihn an, hat keine Worte für das, was der andere soeben gesagt hat. Er fragt sich, ob das sein Ernst ist, weil er selbst sich dies jahrelang eingeredet hat. Der Zweck heiligt die Mittel. Heute denkt Enji anders darüber und er will nicht, dass Hawks sein Gewissen beruhigt. Das hat er nicht verdient.

„Du weißt nicht, wovon du redest.“

Hawks löst seinen Blick von der Decke, lenkt ihn langsam in seine Richtung und wartet. Da liegt ein Ausdruck in seinen bernsteinfarbenen Augen, der Enji neu ist…und der ihm missfällt.

„Diese Einstellung hat meine Familie zerstört…und ich brauche niemanden, der mir einreden will, es sei in Ordnung. Das war es nicht. Es war mein Ehrgeiz…mein Egoismus, der mich getrieben hat. Ich hätte meinen Sohn auch stark machen können, ohne ihn wie ein Werkzeug zu behandeln…meine Ignoranz und mein Hass auf All Might…haben mich blind für alles andere gemacht.“

Dass er solche privaten Themen mit jemandem wie Hawks bespricht, ist seltsam. Es geht den Jüngeren nicht das Geringste an und dennoch kann er das nicht so stehen lassen. Er will keine Absolution…schon gar nicht von diesem Grünschnabel.

Auch wenn ihm etwas in Hawks‘ Blick den Eindruck vermittelt, dass dieser mehr begreift, als er einem durch sein heiteres Wesen vermuten lässt. Als hätte er seine Gedanken gelesen, breitet sich das vertraute Grinsen auf seinen Zügen aus.

„Wow…du hast dich wirklich verändert, huh? Da sag mal einer, dass alte Männer nicht dazulernen! Ich bin beeindruckt!“

Durch seine Flügel richtet sich Hawks wieder in eine sitzende Position auf, die dunkle Stimmung von eben scheint wie weggeblasen. Enji überlegt gar nicht, Hawks darauf anzusprechen…etwas sagt ihm, dass er keine Antwort darauf bekommen wird.

„Hey, ich find’s gut! Das war bloß meine Meinung und ich will gar nicht, dass du dich davon beeinflussen lässt. Ich meine, Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung oder wie heißt es?“

Enji nickt nach wenigen Sekunden, will das Thema lieber beenden. Eigentlich wollte er nie darauf eingehen, aber Hawks kann ein Plagegeist sein. Doch so sehr er ihn oftmals erzürnt, fühlt sich Enji in seiner Nähe nicht eingeengt. Diese Nacht ist eine Geschichte für sich, die er nicht dazu zählt.

Was er meint, ist die Art, wie Hawks auf seinen Charakter, der die meisten einschüchtert, reagiert. Ob er ihn anbrüllt, seine Flammen lodern lässt…oder ihn scharf zurechtweist, der Winged Hero wirkt nie verängstigt. Und trotzdem Enji es verdient, verurteilt zu werden…ist es zur Abwechslung mal angenehm, mit jemandem ungezwungen umzugehen. Sich nicht verstellen oder zusammenreißen zu müssen, denn das ist in seinem sonstigen Umfeld notwendig. Er muss behutsam mit seiner Familie umgehen, ihnen beweisen, dass er sich ändern kann und will, um das zu flicken, was er angerichtet hat. Er muss in den Medien zeigen, dass er es verdient, die Nummer eins zu sein, obwohl All Mights Fußstapfen so gewaltig sind, dass er das Gefühl hat, sie nie ausfüllen zu können. Auf ihm liegt ein Druck, den er nicht abstreifen kann. Warum also ist es mit Hawks so einfach?
 

„Hey Number One“, reißt ihn der Jüngere aus seinen Gedanken. „Was hältst du davon, wenn ich dir einen Tee mache und du solange, wie deine Klamotten trocknen, hierbleibst? Mich störts nicht, ehrlich nicht…und dann kannst du mir auch sagen, bei was du meine Hilfe brauchst! Das ist gestern ja irgendwie untergegangen, nicht wahr?“

Anscheinend ist das Hawks‘ Ernst, so fröhlich, wie er ihn anstrahlt. Enji weiß im ersten Moment nicht darauf zu reagieren, aber der Vorwand mit seiner Kleidung ist eigentlich hinfällig. Ist es ein Vorwand? Er muss daran denken, dass Hawks ihn in der Nacht ausgezogen hat. Bei dem Gedanken wird ihm irgendwie anders und er verdrängt ihn rasch, räuspert sich.

„Nicht nötig“, grummelt er. „Ich kann das Feuer so regulieren, dass die Kleidung schneller trocknet.“

Hawks zieht eine Schnute, die deutlich macht, dass er nicht will, dass er geht…und Enji fragt sich unweigerlich, ob der Winged Hero…einsam ist. Kaum zu glauben, wenn man diesen in der Öffentlichkeit erlebt. Nein, er bildet sich dies sicher ein und außerdem ist es nicht sein Problem. Andererseits hat Hawks ihn aus einer Situation gerettet, die ihm vielleicht zum Verhängnis geworden wäre. Wenn die Medien Wind davon bekommen hätten, dass Endeavor von seinen zerrütteten Familienverhältnissen plaudert…ihm wird schon bei der Vorstellung dieses Szenarios schlecht.

„Na schön~“, flötet Hawks scheinbar unbehelligt und lächelt ihn an. „Dann sag mal, was du zu sagen hast – bin ganz Ohr!“

Synchron zu seinen Worten lässt er sich auf der Couch nach hinten fallen, die scharlachroten Schwingen links und rechts von sich gespreizt. Wieder berühren die Federn Enjis Haut, lassen ihn schaudern. Kurz hadert er mit sich, dann seufzt er innerlich; diese Entscheidung wird er definitiv noch bereuen.

„Wenn ich’s mir recht überlege, können wir das später besprechen“, brummt er und weicht Hawks‘ Blick aus. „Mir geht’s immer noch beschissen…ich werde also noch eine Weile bleibe.“

Trotzdem er lieber angezogen wäre, anstatt nur in Handtuch und Decke gehüllt. Er sollte das mit dem Kleidung trocknen schnell umsetzen. Hawks blinzelt ihn zuerst verdutzt an, ehe er übers ganze Gesicht zu grinsen beginnt.

„Kein Problem! Bleib, solange du willst! Wir können uns einen Film reinziehen, na? Was sagst du?“, plappert er los und schaltet den Fernseher direkt ein.

Es sollte Enji wirklich nicht wundern, dass der Jüngere so aufgedreht ist, schließlich ist er das die meiste Zeit. Laut und frech, er bringt ihn jedes Mal zur Weißglut – im wahrsten Sinne des Wortes. Enji schnaubt leise, ehe er die Decke wieder um seinen Körper wickelt und sich eins der Kissen schnappt – wenigstens kein Endeavor-Kissen.
 

„Willst du Tee?“

„Später.“

Eigentlich will er bloß zur Ruhe kommen und warum soll er dafür auf sein Hotelzimmer gehen? Hawks hat sich um ihn gekümmert, er verurteilt ihn nicht…und er will, dass Enji bleibt. Tut er ihm eben den Gefallen. Damit bricht er sich keinen Zacken aus der Krone.

„Okay~“

Der Winged Hero schnappt sich ebenfalls eine der Decken und rollt sich in dieser zusammen, ehe er die Kissen so platziert, dass er bequem liegen kann. Wie in einem Nest. Es ist gut, dass Hawks so klein ist, sieht man mal von seinen Schwingen ab, die er mittlerweile zusammengefaltet hat. Sie beide passen gerade so auf die Couch, nur ihre Beine berühren sich leicht und da sich Hawks nicht beschwert, belässt Enji es dabei. Sie haben in einem Bett geschlafen…dagegen ist das hier erträglich.

Hawks hat irgendeinen Actionfilm eingeschaltet und ausnahmsweise ist er ganz ruhig, schaut still zur Mattscheibe. Enji versucht, sich daran zu erinnern, wann er das letzte Mal mit jemandem entspannt auf der Couch gelegen und einen Film geschaut hat. Es gab immer nur die Arbeit und das Training für ihn…auch seinen Kindern hat er nichts gegönnt. Vor allem Shouto nicht. Seinem Meisterwerk.

Bitterkeit kommt in ihm auf und er sieht dem Film zu, ohne wirklich zu realisieren, was dort passiert. Er zuckt zusammen, als Hawks ihn ohne Vorwarnung etwas gröber mit dem Fuß anstößt.

„Ups, sorry! Bin kurz eingedöst, haha…“

Ob er ihm das glauben soll? Dafür wirkt er ihm viel zu energiegeladen, doch er schnaubt bloß. Da fällt ihm ein, er hat Hawks noch nicht gesagt, weshalb er ihn aufgesucht hat. Vielleicht sollte er das tun. Er ist beruflich hier, nicht zum Vergnügen. Alte Gewohnheiten sind schwer abzulegen.

„…Best Jeanist wird vermisst.“

Bei der Nachricht schaut Hawks irritiert auf und Enji bemerkt, dass seine blonden Haare etwas zerzauster als sonst wirken. Hat er sich so sehr in seinen Kissen vergraben? Wie ein in Mitleidenschaft gezogener Vogel.

„Ja, ich hab’s mitbekommen“, murmelt der Jüngere und gähnt verhalten. „Das ist es, wobei du Hilfe brauchst? Ich meine…sicher, dass er nicht irgendwo heimlich Urlaub macht? Vielleicht braucht er nach der ganzen Geschichte in Kamino einfach mal ne Auszeit? Die Medien kleben ihm ziemlich an den Hacken…“

Enji muss zugeben, dass auch er schon an so etwas gedacht hat, und dass er es zu Anfang ebenfalls für überstürzt gehalten hat, so einen Aufruhr zu veranstalten.

„Das wurde bereits bedacht, vor allem da es keine Hinweise auf einen Kampf gab. Dennoch sind wir Pro-Heroes angehalten, nach ihm zu suchen. Davon abgesehen, dass Best Jeanist angeblich nie gegangen wäre, ohne seinen Sidekicks Bescheid zu geben.“

„Hm…ja, okay. Das ist etwas merkwürdig...also von mir aus helfe ich dir dabei, ihn zu suchen. Auch wenn ich denke, dass das eher Aufgabe der Polizei ist“, erwidert Hawks mäßig motiviert.

„Es ist eine zusätzliche Maßnahme, da die Polizei bislang keine Spur hat“, klärt Enji ihn auf und Hawks nickt verstehend.

„Schon klar…wie gesagt, bin dabei, Großer. Ich meine, unser Team hat letztes Mal super funktioniert, oder?“

Das ist nicht zu leugnen, wenn man bedenkt, dass er ohne Hawks Unterstützung möglicherweise tot wäre. Ihre Fähigkeiten ergänzen sich besser, als man meinen könnte. Enji versucht sich an einem schiefen Lächeln – und er lächelt wirklich nicht oft.

„Ja…hoffen wir, dass er wirklich nur untergetaucht ist und es keine große Sache ist. Ich brauche so schnell keine zweite Nahtoderfahrung.“

Es ist Galgenhumor, aber Hawks muss darüber schmunzeln.

„Keine Sorge. Falls doch, bin ich rechtzeitig zur Stelle“, verspricht er grinsend und streckt ihm den Daumen entgegen.

Seltsamerweise glaubt Enji ihm und das ist der Grund, weswegen er ohne Zögern antwortet.

„Ich weiß.“

Hawks ist ein alberner Vogel, der nie weiß, wann er seinen Schnabel zu halten hat, doch im Kampf ein verlässlicher Verbündeter. Er ist stärker, als er aussieht…und trotzdem Enji ihm oftmals den Hals umdrehen will, mag er ihn. Auf eine verquere Art und Weise, obwohl sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Hawks scheint von der raschen Zustimmung überrumpelt, denn er starrt ihn verdutzt an...und sie sehen sich länger in die Augen, als es normal wäre. Da Enji selbst merkt, dass es langsam komisch wird, legt er sich wieder hin, grummelt vor sich hin.

„Gut. Dann hätten wir das ja geklärt.“

Es dauert nur zwei Sekunden, bis Hawks aus seiner Starre erwacht, und schon schallt sein Lachen zu Enji herüber, woraufhin er leise knurrt.

„Aww, bist du nun verlegen? Also wirklich, Endeavor-san, dabei war es gerade so herzerwärmend! Wer hätte gedacht, dass du so goldig sein kannst, haha~“

„Schnauze! Guck den Film!“

„Ich hab dich auch gern~“

Enji knirscht mit den Zähnen, enthält sich eines weiteren Kommentars jedoch. Das würde nur dazu führen, dass Hawks ihn noch mehr aufzieht. Während er auf Hawks‘ Couch, in Hawks‘ unmittelbarer Nähe liegt, redet er sich zwanghaft ein, dass sein Herzrasen von der Wut über das unverschämte Benehmen des anderen herrührt. Es gibt keinen plausibleren Grund dafür. Punkt. Seine türkisfarbenen Augen haften an der Mattscheibe, versuchen, dem Film zu folgen.
 

Er ist so konzentriert darauf, sich abzulenken, dass ihm dabei der dunkle Schatten entgeht, der über Hawks’ scheinbar so fröhliche Miene huscht. Und das ist auch besser so.

Cherry Red

Blitzende Lichter in der Dunkelheit, die eigentlich gar nichts bringen, weil man die Leute trotzdem nur schwer erkennen kann. Der Bass, der aus den Boxen dröhnt, während die Musik unablässig läuft, wird später einen unangenehmen Tinnitus in seinen Ohren verursachen. Schon jetzt hat er das Gefühl, taub zu werden, und er kann nicht verstehen, wieso sich die tanzenden, jungen Leute dies freiwillig antun. Er selbst will gar nicht hier sein, an diesem Ort, an dem er sich so deplatziert wie nur möglich fühlt – zumal er gar nicht wissen will, was passiert, wenn die Medien spitz kriegen, dass er hier ist. Ein verheirateter Familienvater, der noch dazu die aktuelle Nummer eins des Landes ist…und sich in einem zwielichtigen Nachtclub voller hormongesteuerter Menschen, die seine Kinder sein könnten, aufhält.

Und dann ist da noch der Grund für seine Anwesenheit, der über die Tanzfläche wirbelt, als würde ihm diese gehören. Er bewegt sich dabei so selbstbewusst und vor allem lasziv, dass Enji ihn am Kragen packen und aus dem Club schleifen will. Wie kann ein Mann so einen Hüftschwung haben?! Und es schaffen, dabei niemanden mit den riesigen, roten Schwingen umzuwerfen?

Natürlich wird Hawks erkannt…die Leute werden von ihm angezogen, wie die Motte vom Licht. Nicht nur eine der knapp bekleideten Damen versucht, mit ihm zu tanzen – manch eine schafft es sogar, bekommt kurz ein wenig Aufmerksamkeit, bis sich der Blondschopf mit einem Lächeln abwendet. Zu Enjis Missfallen sind es jedoch nicht bloß Frauen, die sich dem Winged Hero nähern. Er muss sich jedes Mal beherrschen, wenn irgend so ein betrunkener Idiot versucht, Hawks anzutanzen…oder anzufassen. Mit finsterem Blick packt er sein Glas, gefüllt mit irgendeinem Whiskey, fester und nimmt einen Schluck, wobei er den anderen nicht aus den Augen lässt.

Enji fragt sich, ob Hawks es genießt, von solchen überschminkten Weibern und halbstarken Typen belästigt zu werden. Zumindest scheint er nicht einmal genervt oder verärgert zu sein, sondern grinst sein unbekümmertes Grinsen und ist selbst, wenn er sich abwendet, nie unhöflich. Enji ist von deutlich weniger genervt, denn er hat nach wie vor eine kurze Geduldsspanne. Es zeigt ihm einmal mehr, wie unterschiedlich Hawks und er sind.

Missgelaunt stellt Enji für sich fest, dass er immer noch nicht weiß, warum ihn die Nummer zwei hier treffen wollte. “Entspann dich erstmal, ich bestell dir’ n Drink!“, hat Hawks gesagt und es auch getan. Sie haben nicht viel gesprochen, da angeblich Hawks‘ Song gespielt wurde und dieser zur Tanzfläche gewuselt war. Nun, das ist jetzt schon der fünfte Song. Enji ist gereizt…und kurz davor, einfach zu verschwinden. Da sich Hawks ja offensichtlich in bester Gesellschaft befindet, wird er ihn sicher nicht vermissen.
 

Als hätte der Jüngere seine Gedanken gehört, fährt er plötzlich herum und lehnt in Sekundenschnelle neben ihm am Tresen, atmet pfeifend durch.

„Hach…das hat gutgetan!“, verkündet er breit grinsend und fährt sich durchs Haar, um die blonden Strähnen zurückzukämmen. „Hoffe, ich hab dich nicht zu lange warten lassen, Großer?“

Enji wirft ihm einen schlecht gelaunten Blick zu, der genug aussagen sollte, ehe er die muskulösen Arme vor der Brust verschränkt.

„Oh oh…ich hab dich zu lang warten lassen, richtig? Tut mir Leid, ehrlich! Ist wohl mit mir durchgegangen…ich liebe es zu tanzen! Tanzt du eigentlich?“

Es klingt nicht danach, als würde es ihm leidtun, eher nach einer halbherzigen Entschuldigung, doch Enji legt ohnehin keinen Wert darauf. Ebenso wie er die Frage ignoriert, denn nein, er tanzt nicht. Hat er nie.

„Anstatt mich mit Unsinn voll zu schwatzen, sag mir lieber, wozu ich hier bin“, raunzt er den anderen an, dessen Grinsen nicht wankt.

„Direkt zur Sache kommen, was? Dabei wollte ich dir gerade sagen, wie gut du heute aussiehst…schickes Hemd~“

Enji weiß nicht, wie er mit der Schmeichelei umgehen soll. Eigentlich sollte er solche Sprüche von Hawks gewöhnt sein und nichts darauf geben. Sicherlich macht sich der Winged Hero einen Spaß daraus, ihn damit zu verwirren…und er will ihm nicht in die Hände spielen.

Da Hawks ihm gesagt hat, dass er in zivil kommen soll, trägt er eine dunkelgraue Anzughose und ein weißes Hemd. Trotzdem er keine Krawatte umgebunden hat, fühlt er sich overdressed. Die meisten Männer, sofern man sie als solche bezeichnen kann, tragen Shirts und Hosen, die ihnen halb in den Kniekehlen hängen.

„Hawks…“, knurrt er mit warnendem Unterton, was den Jüngeren schwer seufzen lässt.

Im Gegensatz zu dem, was die meisten Typen hier tragen, scheint Hawks ausgewaschene Jeans fast schon zu eng und sein schwarzes Muskelshirt zu locker zu sitzen; Enji trägt so etwas ausschließlich, wenn er trainiert. Kurz bleibt sein Blick an der silbernen Kette, sowie den zahlreichen Armbändern und Ringen hängen, ehe er sich daran erinnert, dass es sich nicht gehört, jemanden so anzustarren. Selbst, wenn dieser jemand ein unverschämter Vogel ist.

„Hier kann ich nicht darüber reden“, meint Hawks ernster. „Mein Vorschlag…lass uns den Abend noch etwas genießen und ich erzähle es dir später?“

Das ist nicht sein Ernst. Warum treffen sie sich dann überhaupt hier? Abermals ist Enji kurz davor, einfach rauszustürmen – und am besten zündet er Hawks‘ Federn vorher an. Dieser lächelt unter seinem zornigen Ausdruck, scheint sich kein Stück davon beeindrucken zu lassen. Das ist typisch für den Vogel.
 

„Wir gehen. Jetzt!“, grollt er über den Bass hinweg.

„Nun gib dem Club doch ne Chance? Du bist ja nicht mal eine halbe Stunde hier!“, widerspricht Hawks und Enji kann nicht glauben, dass er die Nerven besitzt, mit ihm zu diskutieren.

„Nein!“, ist seine eindeutige Antwort, doch Hawks hört ihm gar nicht zu.

Stattdessen dreht er sich zum Barkeeper um und ordert für sie beide etwas zu trinken…und ja, Enjis Glas ist mittlerweile leer, doch er will keinen neuen Drink. Er will gefälligst wissen, was hier Sache ist und nicht hingehalten werden.

„Hawks-“

„Kampai!“, fällt ihm Hawks dreist ins Wort und drückt ihm einfach einen Drink in die Hand.

Schon wieder Whiskey. Enji erinnert sich noch viel zu gut an seinen letzten Hangover und er möchte ungern ein zweites Mal halbnackt in Hawks Bett wach werden. Aus diesem Grund knallt er sein Glas auf den Tisch, die türkisfarbenen Augen zu schmalen Schlitzen verengt – und die Luft beginnt zu flirren. Hawks scheint es zu bemerken, denn er stutzt merklich, blinzelte ihn an.

„Oh…du bist echt sauer?“

„Natürlich bin ich sauer!“, pflaumt er ihn an.

Hawks legt den Kopf schief, was ihn noch mehr an einen Vogel erinnern lässt, die buschigen Brauen wandern ein Stück höher. Kann er wirklich nicht nachvollziehen, dass sich Enji unwohl fühlt? Unwohl und verarscht.

„Ich dachte, es handelt sich um einen Notfall…was Berufliches“, knurrt er ihn an. „Ich bin nicht hergekommen, um dir dabei zuzusehen, wie du…wie du…“

Klasse. Nun hat er nicht mal Worte für das, was Hawks hier treibt.

„…wie ich mich amüsiere?“, hilft dieser nach und Enji will ihm ins Gesicht boxen.

„Wenn das für dich amüsieren ist…“, meint er nur und weicht den bernsteinfarbenen Augen aus.

Je nach Lichteinfall wirken sie heller oder dunkler. Manchmal ein leuchtendes Bernstein, dann eher ein warmes Braun…und Enji weiß nicht, warum ihm das überhaupt bewusst ist. Er hatte einen harten Tag, er ist müde und will nach Hause. Wobei…eigentlich will er nicht mal das. Ohne Hawks‘ Nachricht würde er immer noch in seiner Agentur sitzen und den Papierkram erledigen – und vielleicht irgendwann über den Unterlagen einschlafen. Nicht besonders komfortabel, aber manchmal ist ihm das lieber, als zuhause zu sein. Vor allem wenn Natsuo da ist.

„Wie amüsierst du dich denn, hm?“

Er blickt auf, als ihn Hawks aus seinen düsteren Gedanken reißt und…er weiß nicht, was er antworten soll. Amüsieren? Wenn er ehrlich ist, weiß er nicht, wann er sich das letzte Mal Zeit für so etwas genommen hat. Der Jüngere braucht scheinbar keine Antwort, denn er drückt ihm wieder den Drink in die Hand, wobei die Finger seine Haut streifen. Hawks‘ Hände sind viel kleiner als seine Pranken und sie fühlen sich ganz weich an. Sicher, schließlich kämpft Hawks hauptsächlich mit seinen Federn.

„Dachte ich mir“, hört er ihn sagen. „Vielleicht glaubst du’s mir nicht, aber mir geht’s oft genauso. Ich sag ja…in einer perfekten Welt hätten wir so viel Freizeit, dass wir gar nicht mehr wohin damit wüssten…“

Er stößt mit ihm an und nimmt einen Schluck von seinem eigenen, kirschroten Drink, den Enji nicht zuordnen kann.

„Du lenkst ab“, stellt er trocken fest, nippt aber an seinem Whiskey. „Es gibt keinen Notfall, oder?“

Hawks zwinkert ihm zu, leckt sich die feuchten Lippen und zuckt dann mit den Schultern.

„Ist es kein Notfall, wenn sich zwei Pro Heroes mal dringend eine kleine Auszeit gönnen müssen~?“

„Ich brauche keine Auszeit…und schon gar nicht in so einer Absteige!“

„So? Kein Problem…sag mir, wo du lieber wärst und ich folge dir~“, flötet der Winged Hero unbekümmert.

„Vielleicht wäre ich lieber allein“, gibt Enji angefressen zurück und nimmt noch einen Schluck Whiskey zu sich. „…wie’s aussieht, bist du hier in bester Gesellschaft, also brauchst du mich ja wohl nicht.“

Er bereut bereits, es gesagt zu haben, bevor Hawks sich dazu äußert. Der überraschte Blick macht ihm direkt deutlich, dass es genauso klingt, wie Enji befürchtet: eifersüchtig. Und das ist so unpassend und falsch, wie die ständigen, zweideutigen Sprüche, mit denen Hawks ihn aufzieht.

„Weißt du, Number One, ich-“

„Danke für den Drink“, unterbricht er ihn, bevor es noch unangenehmer werden kann. „Melde dich nicht mehr grundlos. Irgendwann nimmt man dich nicht mehr ernst.“

Und mit diesen Worten stellt er sein halbleeres Glas auf den Tresen und lässt Hawks einfach stehen. Eigentlich hat er fest damit gerechnet, dass ihn der Winged Hero aufzuhalten versucht. Notfalls mit seinen Federn, doch als er am Ausgang einen flüchtigen Blick zu diesem wirft, steht dieser immer noch dort. Enji kann seinen Ausdruck nicht deuten und er macht sich auch nicht die Mühe, dem mehr Bedeutung beizumessen.
 

Als er endlich draußen ist, schlägt ihm die kühle Nachtluft entgegen und er genießt sie für einen Moment. Kalt ist ihm sowieso nie, schließlich brennt ein Feuer in ihm, das alles zu verschlingen vermag, wenn er sich nicht kontrolliert. Tief atmet er durch, hört das leise Piepen in seinen Ohren, was der lauten Musik zuzuschreiben ist. Er weiß schon, warum er solche Clubs in der Regel meidet.

Seinen Wagen hat er ein paar Meter weiter in einer Seitenstraße geparkt – und seinem Chauffeur freigegeben. Er fährt selten, was aber hauptsächlich daran liegt, dass er meist seinen Quirk als Fortbewegungsmittel nutzt. Hawks ist einer der wenigen, die ihn in Punkto Schnelligkeit schlagen können.

„Und ich dachte, jemand wie du würde einen richtig krassen Schlitten fahren.“

Enji sollte es eigentlich nicht wundern, dennoch gefriert er an Ort und Stelle, die Finger bereits nach der Autotür ausgestreckt. Es sollte ihm wohl zu denken geben, dass er Hawks nicht sofort bemerkt hat, doch da steht er. An die Wand gelehnt, die Arme verschränkt und den Kleinwagen neugierig musternd.

„Eine Limo oder so einen überteuerten Ferrari…mit so coolen Flammen-Tattoos drauf! Das Endeavor-Mobil!“

Nein. Aus gegebenen Gründen wäre das Geldverschwendung und ja, er ist reich und kann sich leisten, was er will, doch wozu sich etwas anschaffen, das er im Endeffekt kaum benutzt? Endeavor-Mobil, huh?

„Du schaust wohl zu viel Fernsehen, Junge…“, brummt er. „Der Wagen reicht. Ich habe kaum Freizeit, wie du weißt…und ich bin schneller als ein Ferrari.“

Wenn es Hawks vorhin irgendetwas ausgemacht hat, dass er ihn stehen gelassen hat, so versteckt er es gut, denn er grinst breit, als er sich von der Wand abstößt.

„Aber nicht schneller als ich~“

Enji verengt die türkisfarbenen Augen, nicht wissend, was das jetzt wieder soll. Er mustert den Jüngeren und fragt sich, ob dieser in seinem dünnen Shirt nicht friert – das Ding hat nicht mal Ärmel. Wobei ihn seine Federn sicherlich wärmen könnten…

„Ist das eine Herausforderung?“, fragt er, obwohl es besser wäre, einfach zu fahren.

Hawks‘ Bernsteine leuchten bei seinen Worten auf, lässt Enji direkt bereuen. Er trägt seinen feuerfesten Anzug zwar drunter und den Rest seines Kostüms hat er im Kofferraum verstaut, doch warum sollte er sich ein kindisches Wettrennen mit der Nummer zwei liefern?

„Jetzt schon“, bestätigt Hawks seine Befürchtung fest und spreizt die Flügel. „Also los, Number One…wer zuerst bei deiner Agentur ist…und der Gewinner darf sich was wünschen~“

Er fragt besser nicht nach, woher Hawks so genau weiß, wie man zu seiner Agentur kommt. Das Grinsen in dessen jugendlichem Gesicht lässt Enji Böses ahnen, doch wenn er jetzt kneift oder es als kindisch abtut, wird ihn der andere dies nie vergessen lassen. Folglich hat er keine andere Wahl, als seinen Kofferraum aufzuklappen.

„Zieh das über.“

Er wirft Hawks sein Hemd ins Gesicht, woraufhin dieser erst verdutzt dreinsieht…und dann auflacht.

„Du bist so ein Gentleman, Endeavor-san~!“

„Schnauze!“

Da ist sie wieder, die Hitze, die alles zu verschlingen droht. Enji bereut das hier schon jetzt…
 

Es ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen, doch damit hat Enji von vornherein gerechnet. Seine Flammen können Hawks Geschwindigkeit bloß für einen kurzen Zeitraum übertreffen, während dieser sein Tempo konstant hält. Der Weg zu seiner Agentur ist kein Katzensprung, weswegen klar ist, dass der Jüngere im Vorteil ist. Enji muss seine Kräfte einteilen, darf auf dem Weg nicht stetig beschleunigen, sondern muss den Abstand immer wieder genügend verringern, um am Ende an ihm vorbeiziehen zu können. Es ist ein knapper Sieg für Hawks, als dieser nur wenige Sekunden vor ihm das Gebäude erreicht und es mit der Hand abklatscht.

„Gewonnen~!“, tschilpt er freudig und überhaupt nicht außer Atem.

Enji schnaubt nur, ehe seine Flammen erlöschen und er wieder Boden unter den Füßen spürt. Die letzten Meter hat er sich noch mal mit all seiner Kraft nach vorn katapultiert und sie wissen beide, dass nicht viel gefehlt hat, damit er dieses alberne Wettrennen…oder eher Wettfliegen gewinnt.

„Glückwunsch…“, brummt er trocken und beobachtet, wie Hawks vor ihm landet.

„Aww~ nun sei doch nicht so angefressen!“

„Tse…ich bin nicht angefressen. Es war ein knapper Sieg, von daher…“

„So knapp nun auch nicht~“, flötet der Vogel und zwinkert ihm zu. „So…gehen wir rein? Wo wir schon mal da sind? Ich war noch nie in der berühmten Endeavor-Agentur!“

„…es ist mitten in der Nacht.“

„Und? Hätte ich dir nicht geschrieben, würdest du doch immer noch hier hocken und arbeiten, oder?“

„…“

„Ha! Ich wusste es! Also los, lass uns reingehen! Komm schon, Großer~!“

Es missfällt Enji wirklich, vor allem da der verdammte Vogel auch noch Recht hat. Mit Sicherheit würde er noch in seinem Büro sitzen, wenn dieser ihn nicht unter einem falschen Vorwand weggelockt hätte. Er könnte trotzdem einfach nein sagen und Hawks stehen lassen. Es ist spät. Fuyumi wird bereits schlafen, Shouto ist in der UA, Natsuo…kommt selten heim. Zuhause erwartet ihn nichts…und niemand. Nur sein Bett und ein unruhiger Schlaf inklusive der Schuldgefühle, die ihn täglich plagen.

Enji kehrt Hawks den Rücken, bedeutet ihm mit einer Handbewegung, ihm zu folgen.

„Oh? Echt? Ich darf? Woohoo, ein Kindheitstraum wird wahr!“

Und schon bereut Enji erneut…
 

Tatsächlich treffen sie nur auf zwei seiner Sidekicks, die jedoch andeuten, auch bald Feierabend machen zu wollen. Überrascht, ihn hier zu sehen, sind sie nicht…nur Hawks scheint sie zu irritieren, aber das kann Enji verstehen. Vor allem, da der Winged Hero eigentlich in Kyushu ansässig ist und nicht in Musutafu.

Nun, da Hawks ihm seine Hilfe bezüglich des immer noch vermissten Best Jeanist zugesichert hat, treibt er sich öfter hier herum. Noch haben sie keine neuen Erkenntnisse, was Enji gewissermaßen wurmt. Er hat gehofft, dass Informationen der Grund für Hawks‘ Nachricht sein könnten.

„Woah! Nicht schlecht, Number One! Das ist ja ein riesiges Büro…und so stilvoll eingerichtet~! Bisschen kahl vielleicht, aber an sich gefällt’s mir!“, reißt ihn Hawks‘ Gezwitscher aus den Gedanken.

Enji hebt eine Braue, als sich der Jüngere mit Schwung auf die Couch an der Wand fallen lässt und sich weiter umsieht. Sein Büro ist tatsächlich kahl, da hat er Recht; Enji erträgt persönliche Gegenstände wie die Familienfotos nicht mehr.

Für einen Moment beobachtet er den anderen still, hört dessen Geplapper kaum zu. Wie er dort sitzt, völlig ungeniert, die Flügel ausgestreckt und in seinem Hemd, das ihm viel zu groß ist. Hawks wird es wegschmeißen müssen, da er aufgrund der Flügel zwei Löcher hineingerissen hat. Sei es drum, Enji hat genügend Hemden, auf eines kommt es also nicht an.

Er weiß immer noch nicht, warum er sich darauf eingelassen hat, sowohl auf das Wettfliegen, als auch das Betreten seiner Agentur. Hat er Hawks nicht loswerden wollen, nachdem dieser ihn so an der Nase herumgeführt hat? Plötzlich stellt sich Enji jedoch die Frage, warum Hawks dies getan hat. Vorhin war er so wütend, dass er überhaupt nicht genauer darüber nachgedacht hat. Unweigerlich erinnert er sich daran, wie sie beide in Hawks‘ Wohnung auf dessen Couch ferngeschaut hatten. Der Gedanke, dass Hawks vielleicht trotz seiner Beliebtheit manchmal ähnlich einsam wie er selbst ist, keimt erneut in ihm auf. Obwohl sie unterschiedlicher nicht sein könnten, haben sie dies möglicherweise gemeinsam.

„…vielleicht hier und da noch ein hübsches Bild an der Wand…oh oder du platzierst Regale mit coolen Figuren! Vielleicht nicht unbedingt All Might Figuren, haha…“

Enji blinzelt, vernimmt gerade noch die Erwähnung seines einstigen Rivalen…und kann sich zusammenreimen, dass Hawks immer noch über die Einrichtung plaudert. Als ob ihn das interessiert…

„Aber besser auch keine Figuren von dir, das wäre irgendwie ziemlich gruselig, also ich meine-“

„Hawks“, unterbricht er ihn genervt und das Plappermaul sieht auf. „…willst du was trinken?“

Enji sieht ihm an, dass er mit einem Rausschmiss gerechnet hat, denn er blickt ihm verdutzt entgegen.

„Eh…klar…“

Die Antwort ist ja beinahe besorgniserregend kurzangebunden, was den Flame Hero schmunzeln lässt, als er sich umdreht und zum Schrank geht, um den Whiskey hervorzuholen. Er weiß nicht, ob Hawks Whiskey überhaupt mag, aber es ist nichts anderes da, erst recht kein süßes, kirschrotes Zeug, also muss er da durch. Wie lange die Flasche wohl schon ungeöffnet dort steht? Er hat selten Besuch, der nicht mit Arbeit verbunden ist.
 

„Dachte, du willst nicht trinken?“, fragt Hawks, während er die Gläser auf dem Schreibtisch füllt.

„Hab ich nicht gesagt.“

„Du hast den Drink stehen lassen.“

„Ja, weil ich mich nicht in so einem heruntergekommenen Club betrinke“, erwidert Enji schroff, woraufhin Hawks grinst.

„Ich fand’s nett.“

„Das hat man gesehen“, brummt er und drückt Hawks eines der Gläser in die Hand, prostet ihm zu.

Gleichzeitig wünscht er sich, er hätte es nicht gesagt. Schon wieder so ein Spruch, den der Jüngere falsch auslegen kann, um ihn aufzuziehen. Zu seiner Überraschung tut er es nicht, sondern mustert ihn regelrecht nachdenklich, bevor er an seinem Whiskey nippt. Trotzdem er keine Miene verzieht, ist Enji sicher, dass es ihm nicht schmeckt.

„Das hat dich echt gewurmt, oder?“, murmelt Hawks und Enji nimmt einen großen Schluck, schon allein um seine Antwort heraus zu zögern.

„Quatsch!“, knurrt er dann zurück. „Du kannst machen, was du willst…nur muss ich da nicht zuschauen. Das ist widerlich.“

Hawks schwenkt das Glas leicht, betrachtet die gelbe Flüssigkeit darin, wobei er immer noch ungewohnt ruhig wirkt. Kein dummer Spruch? Kein dreckiges Grinsen? Enji wappnet sich, indem er noch einen Schluck nimmt.

„Was genau ist daran denn so widerlich für dich, hm?“, fragt Hawks mit einem Lächeln, das der Ältere als unheimlich empfindet.

„…das weißt du genau.“

„Eigentlich nicht“, widerspricht Hawks ihm. „Ich meine…ich habe ein bisschen getanzt, ein bisschen geflirtet…wüsste nicht, was daran widerlich ist, aber du darfst es mir gern erklären.“

Warum unterhalten sie sich darüber? Ist das etwa seine Schuld? Enji hadert mit seinen Worten, wissend, dass er eigentlich nur das Falsche sagen kann. Schweigen ist jedoch nicht besser.

„Das…du weißt, was ich meine“, grollt er defensiv, doch Hawks‘ Lächeln wankt nicht.

„Tut mir leid. Du musst schon konkreter werden“, meint er und zuckt die Schultern, stellt dabei das Glas ab.

„Nein. Vergiss es einfach…“

Natürlich vergisst Hawks es nicht. Stattdessen steht er langsam auf und verringert den Abstand zwischen ihnen. Sein Blick ist dabei scharf wie der eines Raubvogels, irgendwie lauernd…und es jagt Enji unangenehme Schauer über den Rücken.

„Was ist es, das dich so gestört hat? Dass ich so gut bei den Leuten ankomme? Hey, ich bin nun mal attraktiv und ziemlich kommunikativ~! Das mögen die Menschen!“

Hawks lacht zwar, doch der seltsame Blick bleibt bestehen. Er steht ein bisschen zu nah vor ihm und Enji weiß nicht, was er davon halten soll. Attraktiv, ja? Das ist er zweifellos. Kommunikativ? Manchmal sogar viel zu sehr.

„Es ist mir egal, was du-“

„Dann sag es!“, fährt Hawks ihm dreist über den Mund. „Sag, was dir egal ist. Komm schon, ich will es hören.“

Enjis Mund ist plötzlich staubtrocken und er weiß nicht, ob der Alkohol daran schuld ist, dass ihm wärmer wird…oder dass sein Herz in seinem Brustkorb rast. Hoffentlich ist dem so. Es gibt keine andere Erklärung.
 

„Es…ist mir egal, mit wem du flirtest. Mit wem du tanzt…wenn dich einer dabei anfasst – und ich hab gesehen, wo sie hin gefasst haben! Sogar diese…Typen. Ich versteh zwar nicht, warum du dich so billig anbietest, aber…es geht mich nichts an. Ich…denke bloß, du solltest aufpassen…keine falschen Signale zu senden…nicht jeder meint es gut mit dir.“

Hawks unterbricht sein Stammeln nicht, sondern fixiert ihn aus seinen Bernsteinen. Mittlerweile lächelt er nicht mehr und das beunruhigt Enji gerade. Es wäre ihm lieber, dieser würde wieder einen seiner dummen Witze reißen und ihn aufziehen, doch der Ernst der Situation lässt ihn sich unbehaglich fühlen.

„…wow!“, kommt es schließlich von Hawks. „Du hast mich eben gleichzeitig beleidigt und zugegeben, dass du dir Sorgen um mich machst.“

Hat er das? Offensichtlich schon.

„Aber um dir diese Sorgen zu nehmen, Endeavor-san…ich bin ein großer Junge und ich kann auf mich aufpassen. Wenn ich mich also so billig anbiete, dann ist das pure Absicht. Ich provoziere bewusst…meistens für eine schnelle Nummer…und heute, um etwas herauszufinden.“

Enji weiß nicht, wie er darauf reagieren soll, geschweige denn, dass er dem anderen folgen kann. Das Glas in seiner Hand empfindet er mittlerweile als störend, doch er fühlt sich wie paralysiert. Irgendetwas an dieser Unterhaltung geht in die völlig falsche Richtung.

„…und?“, brummt er tonlos. „Was hast du herausgefunden?“

Hawks‘ Lächeln ist nach wie vor gefährlich, als er noch näher kommt – und Enji fällt auf, wie viel kleiner er ist. Er reicht ihm gerade mal bis zur Brust, wirkt durch die roten Schwingen bloß optisch größer. Mit 22 Jahren wird er nicht mehr viel wachsen, aber vielleicht muss das so sein, damit ihn die Flügel tragen können?

Warum er sich über solch einen Stuss Gedanken macht, weiß er nicht. Es lenkt ihn von Hawks‘ Nähe und seinem intensiven Blick ab, welcher sich in seinen bohrt. Obwohl er erwachsen ist, wirkt er jünger…da hilft auch der seltsam gestutzte Kinnbart nicht.

„Das, was ich herausfinden wollte~“, summt der Winged Hero und bleckte grinsend die Zähne.

„…“

Enji kann sich nicht bewegen, als sich der andere auf die Zehenspitzen stellt. Er ist immer noch zu klein, um mit ihm auf Augenhöhe zu sein, doch zu nah ist es trotzdem. Viel zu nah. Er vernimmt Hawks‘ Parfüm, den Hauch von Moschus…und den schwachen Geruch von Kirsche. Vermutlich von dem schrecklichen Drink, der er im Club hatte. Er muss an seinen Lippen kleben, denn diese schimmern leicht im Licht.

Ihm wird heiß und kalt, als er begreift, dass er Hawks die ganze Zeit anstarrt, obwohl seine Reaktion daraus bestehen sollte, ihn anzuknurren und Abstand zu suchen. Männer sollten sich nicht so anschauen, wie…Hawks ihn anschaut. Wie ein…Raubvogel. Will er wissen, wie er selbst den Jüngeren ansieht? Nein.

„…was…wird das?“

Seine Stimme hat selten so dünn, so heiser geklungen, doch er fühlt sich in die Ecke gedrängt, trotzdem er größer und stärker ist. Obwohl Hawks einfach nur da steht und ihn ansieht, als würde er…ja…was würde er?

Das Grinsen wird plötzlich so breit, dass es einfach nur noch unheimlich ist. Hawks beugt sich ein Stück vor, wird von seinen Flügeln gestützt…empor gehoben, sodass ihre Gesichter nur wenige Zentimeter trennen. Nun befinden sie sich auf Augenhöhe und der Geruch nach Kirsche wird stärker. Scheiße. Hawks soll verschwinden. Sofort. Das wird er ihm sagen. Jetzt. Besser spät als nie, denn das hier geht einfach nicht. Das bildet er sich nicht ein, oder? Selbst wenn es ein Scherz ist…was es sein muss. Offensichtlich muss es ein Scherz sein…oder? Alles andere wäre…
 

„Also dann, Number One…ist spät geworden. Danke für den netten Abend~“, reißt ihn Hawks‘ heitere Stimme aus seinem inneren Dilemma.

Enji ist sich sicher, dass man ihm ansieht, wie er sich fühlt…und damit kann er nicht umgehen. Er zeigt keine Schwäche, wenn er es vermeiden kann. Eigentlich beschränken sich hilflose Situationen auf seine Familienverhältnisse, doch anscheinend ist das nicht alles.

Hawks zieht es scheinbar vor, nicht darauf einzugehen, denn seine Füße berühren wieder den Boden. Er hebt die Hand und grinst wieder so dümmlich wie sonst auch, ehe er ihm den Rücken kehrt und zum Balkon stiefelt.

„Ich melde mich dann bei dir~! Schlaf gut~! Man sieht sich~! Danke für das Hemd! Ich werde es nie wieder ausziehen, haha~“

Hawks‘ Gesäusel und sein abrupter Abschied geben Enji keine Gelegenheit, darauf zu reagieren, denn er ist immer noch vollkommen aus dem Konzept gebracht.

So kann er lediglich stumm dabei zusehen, wie der Winged Hero ihm frech über die Schulter zuzwinkert und dann mit kräftigen Flügelschlägen verschwindet. Einzelne Federn bleiben an der Schwelle der offen stehenden Balkontür liegen, während Enji an Ort und Stelle stehen bleibt.

Dann…ganz langsam…hebt er das Glas an seine Lippen und kippt den restlichen Whiskey herunter. Leider kann auch der Alkohol nicht dafür sorgen, dass er die Situation anders deutet.
 

Enji ist sich sicher, dass Hawks eben kurz davor gewesen ist, ihn zu küssen…und dass er selbst nichts getan hat, um dies zu verhindern, ist genauso verstörend, wie die Tatsache an sich.
 

Scheiße…

Fiery Red

Die nächsten Wochen sind ein ständiges Auf und Ab, das Enji das Gefühl gibt, langsam verrückt zu werden. Es ist Hawks, der es sich anscheinend zum Ziel gemacht hat, ihn in den Wahnsinn zu treiben – und wenn das so weiter geht, wird er das auch schaffen.

Die ersten Tage nach ihrem gemeinsamen Abend ist der Vogel wie vom Erdboden verschluckt. Enji bekommt nicht mal eine stupide WhatsApp Nachricht, wie es sonst zwischendurch passiert. Funkstille könnte man sagen und eigentlich ist das ja auch genau das, was Enji will. Was da passiert…oder eben nicht passiert ist, ist keine Option. Gerade wenn er die Situation richtig gedeutet hat, sollte er froh sein, dass Hawks Abstand zu ihm hält. Wenn er wirklich hatte tun wollen, wonach es ausgesehen hat, ist er sich vielleicht selbst darüber klar geworden, wie absurd und…falsch es wäre.

Enji ist ein verheiratetet Mann – auch wenn sich seine Frau in einer psychiatrischen Klinik befindet und seinen Anblick nicht ertragen kann. Er hat vier Kinder und eins davon ist in Hawks‘ Alter, was das Ganze irgendwie noch schlimmer macht. Enji ist doppelt so alt wie der Winged Hero und außerdem…steht er offensichtlich auf Frauen. Nicht auf junge Männer. Schon gar nicht auf einen, der ihn regelmäßig zur Weißglut treibt.

Also versucht Enji, sich abzulenken, hauptsächlich mit seiner Arbeit, doch er erwischt sich immer wieder dabei, wie er auf sein Handy schielt. Es ist wirklich zum Verrücktwerden, vor allem weil er zur Untätigkeit verdammt ist. Schreibt er Hawks oder ruft ihn an, wird dieser das vielleicht als Bestätigung für was auch immer sehen – und das will Enji auf keinen Fall!

Gleichzeitig fragt er sich, ob er nicht überreagiert und Hawks damit in die Hände spielt. Er ist dessen dumme Witze schon gewöhnt, warum sollte es jetzt anders sein? Hitze schießt ihm in die Wangen, wenn er sich vorstellt, wie er den Vogel konfrontiert und dieser ihn auslacht. Sich den Bauch haltend, sein großes Maul aufreißend und auf ihn zeigend. Darüber lachend, dass ein alter Mann wie Enji glaubt, so ein junger Hüpfer wie Hawks würde auf ihn stehen…und diese Vorstellung ist so demütigend, dass sie ihm die Entscheidung über sein weiteres Vorgehen abnimmt.

Hawks könnte jeden haben. Mit seinem hübschen Gesicht, der schlanken Figur und seiner offenen Art, mit der er so viele Menschen um den Finger wickelt. Mit seinen zerzausten, blonden Haaren, die ihn verwegen erscheinen lassen, und diesen bernsteinfarbenen Augen mit den ungewöhnlichen Markierungen. Mit seinen scharlachroten Flügeln, die…

Er bremst sich, bevor er seine Gedanken noch mehr in Richtung Schwärmerei gehen können – und er verflucht Hawks dafür. Natürlich ist es seine Schuld, dass sich Enji mit Mitte vierzig dazu genötigt fühlt, wie ein dummer Teenager zu reagieren. Gut, dass das wenigstens keiner mitbekommt. Seine Sidekicks merken zwar, dass er oft abwesend ist oder noch gereizter als sonst, aber wenigstens kennen sie den Grund nicht. Außer Burnin traut sich auch keiner, ihn danach zu fragen. Antworten tut er ihr darauf natürlich nicht.
 

In der Woche darauf textet Hawks ihm plötzlich wieder, doch es sind kurz gehaltene Nachrichten. Teilweise Belanglosigkeiten.
 

Hatte heute Yakitori zum Mittag. War mega lecker! *___*
 

Noch nix neues wegen Best Jeanist. Sorry Big Guy :(
 

Hast du diesen Artikel über Miruko in der Zeitung gesehen? Die ist ganz schön beliebt geworden! :D
 

Was interessiert es ihn, wie beliebt dieses Karnickel ist? Will Hawks ihn verarschen? Auf seine einsilbigen Antworten kommt nichts zurück. Enji hasst sich dafür, dass er jedes Mal finster die blauen Haken anschaut, die ihm sagen, dass Hawks seine Nachricht gelesen hat. Warum kann es ihm nicht einfach egal sein? Es sollte ihm egal sein, doch seine Finger schweben nicht nur einmal über dem Handy, unsicher, ob er noch etwas hinzufügen soll, dass den Chat am Laufen hält. Er gibt dem Drang nicht nach, sondern legt das Handy weg. Immer.
 

Als die dritte Woche anbricht, hört er zwei Tage gar nichts von dem Winged Hero – und das ist schlimmer als schwachsinnige Nachrichten. Es ist ja nicht so, dass er sich Sorgen macht…das muss er nicht, oder? Hawks ist für seine Schnelligkeit bekannt. Er ist die Nummer zwei…und seit ihrem gemeinsamen Kampf weiß er, dass er diesen Titel nicht nur seiner Beliebtheit wegen trägt.

Am Abend des dritten Tages hält er es dann doch nicht länger aus und schiebt die Berichte schließlich beiseite, greift nach dem Handy. Er braucht geschlagene zehn Minuten, um einen Text zu verfassen – auch weil er ihn bestimmt achtmal gelöscht hat.
 

Hatte heute Kuzumochi zum Mittag.
 

Kaum hat er die Nachricht abgeschickt, ist er kurz davor, sie zu löschen. Was will er damit bezwecken, dass er Hawks so einen Unsinn schreibt? Was interessiert es den Winged Hero, was er zum Mittag gegessen hat? Davon abgesehen, dass es davon zeugt, dass der Tag stressig gewesen ist. So stressig, dass er sich bloß sein Leibgericht zwischendurch gegönnt hat, anstelle einer richtigen Mahlzeit. Wenn er so darüber nachdenkt…verspürt er Hunger.

Er wirft einen erneuten Blick auf sein Handy und sieht, dass es mittlerweile 22 Uhr ist. Fuyumi hat wahrscheinlich Essen für ihn im Kühlschrank aufbewahrt – das macht sie häufig. Gedankenverloren blickt er vor sich hin, während er in seinem Büro sitzt und der Stille lauscht. Vermutlich sind die anderen schon nach Hause gegangen – nicht jeder hat so ein armseliges Privatleben wie er.

Enji muss unweigerlich an den Abend im Club denken, zu dem ihn Hawks gedrängt hat. Was er da gesagt hat, stimmt schon; es ist so lange her, dass Enji sich amüsiert hat, dass er kaum noch weiß, wie sich das anfühlt.

Und Hawks geht es oft genauso? Schwer zu glauben, wenig Freizeit hin oder her. Sie sind so unterschiedlich, dass es erschreckend ist, wie gut sie miteinander auskommen. Auch wenn Hawks ihn zur Weißglut bringen kann, fühlt er sich in dessen Nähe…freier. Er ist kein Mensch, der sich zurückhält oder sonderlich sensibel ist, aber Hawks scheint das nicht zu stören. Im Gegenteil…so oft wie ihn der Jüngere herausfordert, indem er ihn auf seine unverschämte Weise neckt. Es ist anders als mit All Might, der ihn schon früher mit seiner übertrieben heroischen, höflichen Art zum Kochen gebracht hat.

Hawks ist dreister, viel direkter…und Enji versteht nicht, warum ihm genau das gefällt. Oder warum er sich gerade jetzt wünscht, der Winged Hero würde ihm zurückschreiben. Eine seiner zweideutigen Nachrichten schreiben, anstelle dieses unwichtigen Unsinns (abgesehen die Erwähnung von Best Jeanist).
 

Enji hält inne, als sein Handy vibriert und Hawks‘ Name nebst Profilbild aufblinkt. Er zwinkert darauf und grinst sein dümmliches Grinsen.
 

Mach mal die Tür auf! Wird kalt!
 

Enji hebt eine Braue, liest die Nachricht ein zweites Mal…und dreht dann langsam den Kopf zur Balkontür. Was zur Hölle…?!

Hawks steht dort, das Gesicht an die Scheibe gedrückt, während er in der einen Hand eine Tüte hält und mit der anderen gegen das Glas klopft. Das ist doch ein schlechter Scherz? Erst meldet er sich gar nicht, dann kommt nur Schwachsinn und nun…steht er da. Enji wettet, dass sich in der Tüte Yakitori oder irgendein anderes auf Hühnchen basierendes Gericht befindet.

Abermals ein Klopfen und der Flame Hero seufzt, ehe er sich erhebt und mit gemischten Gefühlen die Tür öffnet. Unwillkürlich schießt ihm die Erinnerung an das letzte Mal in den Kopf…als sie hier gestanden hatten und…

„Na endlich! Dachte schon, du lässt mich hier stehen, Number One!“

Hawks schnattert direkt los und betritt sein Büro, um sein Mitbringsel auf dem Couchtisch abzuladen. Es ist beinahe so, als wäre nie etwas passiert – und das beruhigt Enji ein bisschen. Vielleicht ist es ja wirklich nicht ernstgemeint gewesen. Er ignoriert den Funken in sich, den man als eine gänzlich unangebrachte Emotion auslegen könnte, und kommt näher.

„…was wird das?“, fragt er skeptisch, als sich Hawks auf die Couch wirft.

„Hm? Na, ich hab uns was zu futtern mitgebracht! Dein Mittagessen war ja echt erbärmlich, da kriegt man richtig Mitleid!“

„…ich esse das Zeug halt gern“, erwidert er schroff, auch wenn er weiß, dass Hawks Recht hat.

Er hat ja zuvor noch genau dasselbe gedacht. Dieser wühlt nun in den Tüten und – wie könnte es anders sein – holt das Yakitori hervor, wobei er sich den ersten Spieß direkt schnappt. Irgendwie hat er das Gefühl, dass der Reis eher für ihn als für den Winged Hero ist, so wild wie der auf das Hühnchen ist.

Enji zögert, setzt sich dann aber neben den Jüngeren, der ihm bedeutet, zuzugreifen. Das kommt überraschend, wenn man Hawks‘ Gier kennt. Er nimmt sich einen der Spieße und zieht das Fleisch ab, bevor ihn ein peinliches Magengrummeln verrät. Es tut so gut, endlich etwas Warmes im Magen zu haben, dass er sich das erleichterte Seufzen verkneifen muss.

„Ernsthaft, du hast…wie viele Sidekicks? Und du hast ein Handy! Lass dir doch einfach was liefern?“, quatscht Hawks ihn zwischen zwei Bissen voll. „Oder war das nur ein Vorwand, weil du weißt, was für ein gutes Herz ich habe? Hehe…wenn du mich sehen willst, brauchst du doch nur lieb fragen~“

Er ist kaum fünf Minuten hier und schon verspürt Enji das Bedürfnis, ihm einen Schlag auf den Hinterkopf zu verpassen. Bei den letzten Worten bleibt ihm beinahe das Yakitori im Halse stecken, doch er schluckt es tapfer runter und begnügt sich damit, den Jüngeren finster anzusehen.

„Das war bestimmt nicht der Grund!“, grollt er und hasst es, wie trotzig er klingt.

Beinahe wie Natsuo während einem ihrer furchtbar erzwungenen Familienabende, kurz bevor sein Sohn aus dem Raum stürmt.

„Okay, okay…wenn du es sagst, Number One…“

Hawks zwinkert ihm zu, ehe er sich einen weiteren Spieß gönnt und dabei selbstzufrieden schmatzt. Manchmal hat Enji das Gefühl, dass der Junge von Wölfen großgezogen wurde. Übermäßig sozial und keine Manieren. Er belässt es dabei und widmet sich der Schale mit Reis, während er darüber nachdenkt, ob Hawks nicht doch ein bisschen…Recht hat. Verdammt.
 

„Uff…das war echt gut, aber jetzt bin ich voll...“

Hawks streckt sich ungeniert auf der Couch aus, während Enji die Reste zusammenräumt. Er kann Unordnung nicht leiden und davon abgesehen, dass Hawks wie ein Chaot wirkt, hat dieser schon das Essen mitgebracht. Soll er sich zurücklehnen und sich ausruhen, vielleicht hatte der Winged Hero auch einen harten Tag?

„Du hast da Soße am Kinn…“, bemerkt er beiläufig und Hawks stutzt.

„Oh? Wo denn? Da? Oder hier?“, fragt er, ohne sich aufzusetzen.

Er reibt sich fast jede Stelle, nur nicht die, an der die Soße hängt. Macht er das mit Absicht? Enji knurrt genervt, stellt die Tüte neben dem Tisch ab und bewegt sich dann zur Couch. Hawks liegt dort auf dem Rücken, den Kopf auf der Lehne abgelegt und zu ihm aufschauend. Für zwei Sekunden fragt sich Enji, ob der andere das absichtlich macht, um ihn zu provozieren…doch dann verwirft er die Annahme. Das letztens muss er sich eingebildet haben, immerhin benimmt sich Hawks gerade normal – zumindest seinen Verhältnissen entsprechend. Seine Kommentare sind heute nicht halb so zweideutig gewesen wie sonst, was darauf schließen lässt, dass Hawks selbst weiß, dass das letzte Mal unangebracht gewesen ist. Es war eine nette Geste, ihm Essen vorbeizubringen, weiter nichts.

„Da.“

Er bleibt vor ihm stehen, während er sich ein Stück runterbeugt und ihm mit dem Daumen den braunen Kleks Teriyaki-Soße vom Kinn wischt. Die Barthaare fühlen sich rau an, kratzen an seiner Fingerkuppe…und Enji erstarrt, als er Hawks‘ Blick bemerkt. Raubvogel.

Er weiß nicht, was er erwartet hat, aber sicher nicht, dass Hawks plötzlich…seinen Daumen zwischen die Lippen nimmt…und daran saugt. Feucht und warm gleitet die Zunge darüber, die Lippen bewegen sich leicht. Enji wird heiß und kalt, während er dem Jüngeren fassungslos dabei zusieht, wie dieser…nein, er kann es nicht benennen. Dafür gibt es keine Worte.

Dann schaltet sich sein Verstand, der anscheinend von dieser obszönen Geste bis eben gelähmt war, wieder ein und er reißt seine Hand so hastig weg, dass er Hawks‘ Zähne spürt.

„Tickst du noch ganz richtig?!“, schnauzt er den Vogel an und für einen Moment lodern die Flammen in seinem roten Bart auf.

Es ist schwierig, seinen Quirk zu beherrschen, wenn er wütend ist. Zu Hawks‘ Glück überwiegt hier ausnahmsweise die Scham und nicht die Wut. Dennoch wären die meisten schon panisch geworden, hätten versucht, ihn zu beschwichtigen…und was tut Hawks? Er bleibt einfach liegen und hebt langsam eine Braue, während er ihn ansieht wie die personifizierte Unschuld.

„Woah, jetzt mal ganz ruhig…du fackelst noch dein Büro ab, Großer!“

„HAWKS!!“

Diesmal lodern die Flammen nicht nur aus seinem Bart und er ist froh, dass er seinen Anzug noch unter dem Hemd trägt. Obwohl er ihn anbrüllt, setzt sich Hawks in aller Seelenruhe auf und legt den Kopf schief, als wäre Enjis Verhalten nicht nachvollziehbar.

Es fällt ihm wirklich schwer, nicht auszurasten, wenn er dermaßen provoziert wird. Er fühlt sich bloßgestellt…verspottet und er hasst dieses Gefühl. Er hasst es aber auch, Menschen aufgrund seines Temperaments zu verletzen, und so zwingt er sich, sein Feuer zu zähmen, bis es erlischt – zumindest äußerlich. Sein weißes Hemd weist an mehreren Stellen Brandlöcher auf, lässt den blau-orangenen Anzug hervorblitzen.
 

„Was denn? Ich wollte die Soße nicht verschwenden…ist doch schade drum?“

Wie kann man bloß so dreist lügen?! Das tut Hawks doch? Niemals kann es hier um die Soße gehen…das ist einfach…Enji fehlen die Worte, während Hawks ihn immer noch mit schief gelegtem Kopf ansieht. Dann besitzt er den Mut, ihn anzulächeln. Die Art von Lächeln, die Enji zur Weißglut bringt. Was treibt Hawks hier für ein falsches Spiel?!

Enji spürt, wie er kurz davor ist, sein weißes Hemd zu Asche zu verarbeiten, doch er reißt sich zusammen. Nein. Wut bringt hier überhaupt nichts, er muss jetzt endlich wissen, was das hier zu bedeuten hat.

„Hawks. Entweder du erklärst dich jetzt oder du verschwindest!“, grollt er den Winged Hero an.

Es ist ihm ernst. Das scheint auch der Jüngere zu merken, denn auch wenn er immer noch lächelt, wirkt es nun weniger neckend. Dieses Lächeln ist für Enji schwer zu deuten, doch er hat es schon mal gesehen. Damals, nach ihrem Kampf gegen den Nomu, als er im Krankenhaus gelegen und Hawks ihn besucht hat.

„Du denkst, ich sollte mich erklären?“, fragt er schließlich ruhig.

„Was denn sonst?!“, blafft Enji ihn an, was den anderen aber nicht aus der Fassung bringt.

Stattdessen lehnt er sich auf der Couch zurück, verschränkt die Arme vor der Brust.

„Wieso fängst du nicht an, hm? Was regt dich so auf, Endeavor-san?“

Hawks‘ Tonlage macht ihn skeptisch, sodass er erst nicht weiß, was er sagen soll. Fühlt sich an, als würde er in eine Falle tappen…doch dann fängt er sich und die Worte sprudeln nur so heraus.

„Was mich aufregt?“, wiederholt er wütend. „Du regst mich auf! Diese bescheuerte Aktion letztens! Lotst mich in diesen Club voller Teenies, um…und dann…was zur Hölle das auch war!! Du…dann hört man gar nichts mehr von dir und dann…dann…was sollten diese sinnlosen Nachrichten über Miruko und…was auch immer, huh?!“

„Ich wollte dich bloß informieren?“

„Einen Scheiß wolltest du!!“

Dass Hawks bei seinem Ausbruch grinst, macht es nicht besser. Wirklich nicht. Er hat das Gefühl, dass Hawks ihn genau da hat, wo er ihn haben will – was auch immer das bedeutet.
 

„Soso...“, zwitschert er und springt mit einem Satz auf die Beine, wobei sich seine Flügel spreizen.

Enji muss sich beherrschen, nicht zurückzuweichen, weil die kaum vorhandene Distanz sehr plötzlich kommt. Es trennt sie bloß ein Schritt und das macht den Flame Hero nervöser, als es sollte. Wieder ist da dieser Blick, der ihm auf eine gänzlich neue Art heiß werden lässt.

„Ich fasse es gern für dich zusammen, Number One“, fährt Hawks viel zu gut gelaunt fort. „Dir missfällt es, dass ich in dem Club ein bisschen getanzt und geflirtet habe. Du hast die ganze Zeit darüber nachgedacht, was letztens passiert…oder nicht passiert ist. Wette, es hat dich wahnsinnig gemacht, heh…“

Enji schnappt nach Luft…hoffentlich glüht sein Gesicht nicht so feuerrot, wie es sich anfühlt.

„Du-“

„Dann melde ich mich mal eine Woche nicht und obwohl ich dich ja immer so sehr nerve, passt dir das nicht. Hat’s dir gefehlt, hm? Meine frechen Sprüche, meine Rumalberei? Gib’s ruhig zu, Endeavor-san…ich kann damit umgehen~“

Enji starrt ihn an, nicht wissend, wie er reagieren soll, denn obwohl Hawks Recht hat, bringt er nicht direkt zur Sprache, wovon genau er redet.

„Bei dir bin ich mir da nicht so sicher, weißt du? Das ist dein Problem…du denkst zu viel darüber nach. Was, wenn, wie…vöööööllig unnötig! Du verkomplizierst alles damit! Dabei bist du doch eigentlich jemand, der handelt, hm?“

Enji weicht reflexartig zurück, als Hawks die Distanz überbrückt und ihm noch näher kommt. Alles, was er sagen könnte, erscheint ihm falsch. Er fühlt sich so überfordert, dass er einen regelrechten Kurzschluss hat.

„Ich…ich…“

„Warum tust du nicht einfach, was du willst? Ohne Konsequenzen, ich versprech‘s~“, übergeht Hawks sein Gestammel und kommt wieder näher.

Er muss sich nur vorbeugen und sie berühren sich, was Enji einen heißkalten Schauer über den Rücken jagt. Was passiert hier? Und warum? Verdammt…er kann weder vor, noch zurück.

„Hawks…“

Seine Warnung klingt so dünn, dass es schon keine mehr ist. Es wirkt kein bisschen, denn Hawks blickt ihn abwartend an.
 

„Was…treibst du hier eigentlich für ein Spiel?“, entweicht es ihm schließlich und Wut kocht in ihm hoch. „Du…verdammt noch mal, Hawks! Ich…ich bin nicht…du…was fällt dir ein…wie kannst du…ist das ein Trick?! Einer deiner dummen Scherze?!“

Er redet sich in Rage, kann seinen Zorn nur schwer kontrollieren und gibt dem Impuls nach, Hawks am Kragen zu packen. Grob zieht er ihn daran zu sich, nicht überrascht, dass der Vogel kein bisschen erschrocken wirkt. Sein Blick ist fest, als er seinen erwidert, und er wehrt sich nicht. Obwohl Enji kurz davor ist, ihn zu verletzen…so wie er immer Menschen verletzt, die ihm nahe stehen.

Der Erinnerung daran lässt ihn wanken und er bereut direkt, handgreiflich geworden zu sein. So will er nicht mehr sein. Nie wieder.

Hawks lässt ihn innehalten, indem er seine viel schmaleren Finger um seine Pranke schließt. Er sieht ihn dabei auf eine Weise an, auf die ihn schon sehr lange niemand mehr angesehen hat. Vielleicht noch nie. Trotzdem es ihm unangenehm ist, kann er sich dem nicht entziehen. Verdammt, Hawks ist so jung, so attraktiv, so…anders. Mit niemandem, den er kennt, vergleichbar.

Seine Gedanken rasen, hinterlassen ein Chaos in ihm, das Hawks erst richtig ausbrechen lässt, indem er ruckartig seine Flügel um ihn schlingt und sich nach hinten fallen lässt. Enji keucht auf, als er mitgerissen wird, sodass sie auf der Couch landen, er über ihm. Die Federn sind unnachgiebig, trotzdem sie sich weich auf seiner Haut anfühlen – doch er kann nicht lange darüber nachdenken.

Er realisiert gerade die Position, in der sie sich befinden, spürt Hawks‘ zierlichen Körper unter sich. Das ist so falsch.
 

„Weißt du, Number One“, hört er Hawks gegen seine Brust nuscheln. „…du bist einfach viel zu verkrampft.“

Enji versucht sich eine Welt vorzustellen, in der ein solches Szenario, in dem er auf einem 22-jährigen Jüngling liegt, entspannend auf ihn wirkt. Wie soll er bitteschön nicht verkrampft sein, wenn Hawks derartige Grenzen überschreitet, um…ja…was eigentlich? Seltsamerweise…ist die Berührung an sich, diese warme Umarmung…gar nicht mal so unangenehm. Hawks Feder streichen sanft über seine Haut, die Arme sind nun locker um seine Taille geschlungen…wenn Enji wollen würde, könnte er sich lösen. Er ist viel kräftiger als Hawks.

Jedoch kann Enji nicht verhindern, dass er tief ausatmet und…für wenige Sekunden erwischt er sich dabei, wie er die Umarmung sogar…genießt. Vielleicht, weil ihn sehr lange niemand mehr so berührt hat. Weil er in seinem eigenen Haus nicht mehr willkommen ist und sich sogar Fuyumis seltene Umarmungen steif und erzwungen anfühlen. Er weiß, dass er nichts anderes verdient hat, aber trotzdem…sehnt er sich manchmal danach.

Dass ausgerechnet Hawks ihn so…ungehemmt umarmt, verwirrt ihn genauso, wie er sich darin verlieren will. Eine Hand ist immer noch in seinem Shirt verkrallt, die andere stützt sich an der Couchlehne ab.

Und dann ist da Hawks, der sein Gesicht in seinem zerstörten Hemd vergräbt und dies in vollen Zügen zu genießen scheint. Er ist überhaupt nicht verkrampft, sondern macht den Eindruck, als sei das hier das Normalste der Welt. Ist es das? Nein…oder?

„Hawks…“, sagt er nur, weil er nicht weiß, was er sonst machen soll.

„Mh?“

„Lass…mich los. Sofort.“

Jedoch klingt seine Stimme nicht so harsch, wie er es gern hätte. Es erzielt keinen Effekt, würde es vermutlich auch dann nicht, wenn er ihn anschnauzen würde. So ist Hawks. Furchtlos. Dreist. Laut…und anscheinend anschmiegsam.

„Das willst du doch gar nicht“, brummt der Jüngere überzeugt. „Also sei jetzt schön ruhig und knuddel mich durch! Ich bin süßer als ein Welpe!“

Was zur Hölle…

„Hawks!!“, zischt er überfordert, doch er bringt es nicht über sich, das hier zu beenden.

Verunsichert legt er das Kinn auf dem zausen, blonden Schopf ab, hört seinen Herzschlag in seinen Ohren dröhnen. Tatsächlich hat Hawks Recht. Er will das hier nicht beenden, aber er muss…weil sich wenigstens einer wie der Erwachsene verhalten sollte.
 

„Genug jetzt!“, knurrt er und windet sich aus dem Gewirr aus Federn, macht einen Schritt zurück. „Was…ist in dich gefahren, verdammt?!“

Hawks raschelt einmal mit den roten Schwingen, zieht dabei eine Schnute, die ihn beleidigt aussehen lässt. Dann verschränkt er die Arme und mustert ihn von oben bis unten.

„Ach komm…du hattest offensichtlich einen miesen Tag, ich hatte einen miesen Tag…und wir sind beide mit unserer Arbeit verheiratet. Nummer eins und zwei – die aktuelle Spitze! Klar, wir werden gefeiert wie sonst was, aber…wer kennt uns denn schon wirklich, hm?“

„Als würdest du mich kennen!“, zischt er zurück, obwohl ihm bewusst ist, dass Hawks viel mehr als die meisten über ihn weiß.

„Na ja, es reicht jedenfalls, um zu erkennen, dass du mehr nötig hast, als nur die Bauchpinselei der Medien und Fans, hm? Gib schon zu, dass du mich gern hast. Dass ich dir gefehlt habe. Na komm, es tut gar nicht weh, das zuzugeben!“

Er neigt den Kopf, lächelt ihn dabei breit an.

„…geh mir einfach aus den Augen.“

Enji wendet sich bei den Worten von ihm ab, denn er kann diesem Blick nicht standhalten. Generell kann er Hawks nicht standhalten. Wieder weiß er nicht, wie er sich verhalten soll. Worauf Hawks abzielt.

„Okay, okay, ich hab mal wieder ne Grenze überschritten, ich versteh schon.“

Hawks klingt beinahe so, als würde er mit Engelsgeduld ein Kind zu beruhigen versuchen – es lässt das Feuer in Enji brodeln. Er mag es wirklich nicht, verarscht zu werden.

„Ich mach dir einen Vorschlag, ja?“, plappert der Winged Hero weiter und springt dabei auf. „Ich lass dir jetzt deine wohlverdiente Ruhe und nächste Woche suchst du dir einen Tag aus, an dem wir zusammen losziehen! Deal?“

Enji dreht sich zu ihm um, nicht sicher, was er von dem Vorschlag halten soll.

„Losziehen?“, wiederholt er, reagiert dann auch direkt abwehrend. „Ich gehe nicht noch mal mit dir feiern!“

Hawks schmunzelt zwar, winkt aber ab.

„Das meinte ich auch nicht unbedingt. Mir ist es egal, was wir tun. Am besten suchst du dir irgendwas aus, was du…na ja, früher gern gemacht hast. Du weißt schon…ein Hobby! Als du noch jung und knackig warst, haha…“

Enjis Braue zuckt nach oben, während er nicht weiß, was er sagen soll. Hobby? Was soll er schon für ein Hobby gehabt haben? Es war immer das Ziel…oder der Weg zum Ziel. Training. Andererseits…wenn Training sein Hobby ist und Hawks meint, es ist ihm egal…das wäre dann ja sogar noch sinnvoll. Hawks Schnelligkeit ist das Einzige, wobei dieser ihn übertrumpfen kann. Vielleicht findet er einen Weg, wie er mithalten kann. Seine Gedanken verselbstständigen sich und plötzlich…findet er Gefallen an dieser Idee.

So sehr, dass er Hawks ein finsteres Grinsen zukommen lässt, was diesen stutzen lässt.

„Einverstanden.“

Anscheinend hat der Jüngere mehr Widerstand erwartet, so perplex, wie dieser ihn nun anschaut. Er runzelt die Stirn, mustert ihn, als würde er dadurch seine Motive erkennen können. Schließlich nickt er aber.

„Na schön, dann sind wir uns ja einig, Number One!“

Da ist es wieder, das freche Grinsen, das Enji in den letzten Tagen zu oft vermisst hat. Abrupt denkt er wieder an die Umarmung und hofft, dass Hawks verschwindet, ehe sein Gesicht erneut zu glühen beginnt. Er wird das pubertäre, alberne Verhalten des Vogels in Zukunft als Unfug abtun. Als Scherz. Genau wie die Umarmung…das…hat nichts zu bedeuten. Oder wie er an seinem Finger…Scheiße.

„Ja…sind wir…ich schreibe dir dann…mh.“

Hawks Grinsen wird noch etwas breiter, ehe er die Flügel spannt und ihm frech zuzwinkert.

„Das hoffe ich doch, Großer!“, meint er und tapst in Richtung Balkon los. „Ich wäre sehr enttäuscht, wenn du dich nicht meldest – du weißt ja am besten, wie sowas ist, haha…“

Enji ballt die Fäuste, sieht ihm mit garantiert zornesrotem – nein, verdammt, es ist keine Scham! – Gesicht hinterher.

„Verzieh dich endlich!“, bellt er ihm nach, was Hawks' Lachen allerdings nicht verstummen lässt.

„Man sieht sich~“, zwitschert er und ist dann mit ein paar kräftigen Flügelschlägen verschwunden.

Nur ein paar Federn erinnern noch an seine Anwesenheit – und der Geruch von Yakitori, der sich hartnäckig im Raum hält. Kopfschüttelnd will zu seinem Schreibtisch gehen, als ihm mit einem Mal etwas auffällt.

Hawks und er. Zusammen losziehen. Allein. Nach all diesen Andeutungen und anzüglichen Gesten…
 

Plötzlich beschleicht Enji das unangenehme Gefühl, dass er sich freiwillig einem Raubvogel ausgeliefert hat…einem, der sich nicht mal durch Feuer abschrecken lässt.

Crimson

„Irgendwie hab ich mir das anders vorgestellt…“

Enji stellt nicht infrage, was sein Gegenüber damit sagen will, sondern versucht, einen Treffer in dessen Seite zu landen.

„Hör auf, rum zu heulen!“, grollt er und wird von einer scharlachroten Schwinge prompt im Gesicht getroffen.

Die Flügel besitzen die Kraft, ihm die Nase zu brechen, doch diesmal hinterlassen sie nur ein Brennen auf seiner Wange. Einen quirklosen Kampf hat er lange nicht ausgefochten – die meisten trauen sich gar nicht erst, ihn herauszufordern. Nicht verwunderlich, schließlich ist er nicht gerade für seine Nachsicht bekannt. Nicht mal seiner eigenen Familie gegenüber.

„Und ich dachte, du lädst mich zum Essen ein, danach Kino…wäre n bisschen romantischer, als sich die Fresse einzuschlagen, alter Mann…“

Enji wünscht sich wirklich, Hawks würde so außer Puste sein, dass ihm die frechen Sprüche vergehen. Fazit ist, dass er eine unglaubliche Ausdauer besitzt, seine Kräfte richtig einteilt und schnell sowie gezielt zuschlägt. Er ist zwar schlank, doch durch und durch trainiert…drahtig. Vermutlich muss er das sein, um das Gewicht seiner Flügel tragen zu können. Er ist perfekt ausbalanciert…und obwohl der Kampf quirklos ist, kann er Hawks nicht verbieten, seine Schwingen zu benutzen. Sie gehören zu ihm, wie für andere Menschen Arme und Beine…nur wird er seine Federn nicht einsetzen.

„Du hast gesagt, wir machen, was ich als Hobby ansehe – nicht mein Fehler, wenn du falsche Vorstellungen hast, Balg.“

Mittlerweile hat der Winged Hero sein Hemd ausgezogen, trägt ein Shirt darunter…er ist in Freizeitkleidung gekommen. Enji trägt Jogginghose und Muskelshirt – so wie immer, wenn er trainiert. Auch wenn Hawks vorlaut und nervig ist, ist er zumindest mal wieder eine Herausforderung. Bislang hat er kaum einen vernünftigen Schlag setzen können und hat er sich anfangs noch zurückgehalten, so tut er dies inzwischen nicht mehr. Hawks braucht keine Sonderbehandlung, nur weil er jünger und zierlicher ist.

Enji kommt der Gedanke, dass Nachsicht bei seinen Kindern vielleicht angebracht gewesen wäre…dann würde Shouto ihn möglicherweise jetzt nicht voller Hass ansehen. Schweiß läuft ihm die Schläfe herunter, während er einem von Hawks scharlachroten Flügeln ausweicht. Im gleichen Moment greift er aus einem Reflex heraus hinein und packte eine Handvoll Federn, reißt den sichtlich verdutzten Hawks daran zu sich und tritt ihm die Beine weg. Der Winged Hero kann sich mit dem einen Flügel nicht halten, fällt nach hinten und stützt sich rasch mit den Armen ab. Bevor er sich vom Boden abstoßen kann, setzt Enji nach, indem er sich mit seinem Gewicht auf den anderen fallen lässt – den rechten Flügel immer noch festhaltend.

Hawks wird zu Boden gedrückt, keucht vor Schmerz auf und – dann trifft Enji ein Faustschlag mitten ins Gesicht. Der Schmerz in seiner Nase ist noch nicht abgeklungen, als er mit der freien Schwinge nachlegt und sie ihm gegen die Wange klatscht. Diesmal so fest, dass da bestimmt noch länger ein Abdruck zu sehen sein wird. Trotzdem bleibt Enji wie ein Fels auf ihm sitzen, bewegt sich keinen Zentimeter, sondern packt nun auch noch den anderen Flügel. Sie sind kräftig, ja…und sicherlich könnte sich Hawks befreien...andererseits haben Vögel recht dünne, empfindliche Knochen. Fürchtet Hawks, dass Enji sie bricht?

Er schaut auf diesen herunter, beobachtet seine Mimik, die an ein trotziges Kind erinnert. Sogar eine Schnute zieht er, verschränkt die Arme vor der Brust.

„Weißt du…meine Federn könnten dich jetzt ganz einfach aufspießen.“

Enji schnaubt bei der Aussage, hält ihn weiterhin daran fest.

„Nicht, wenn ich sie vorher in Flammen aufgehen lasse.“

Ihre Blickte bohren sich ineinander, Türkis trifft Bernstein…dann grinst Hawks breit. Ein feiner Schweißfilm glänzt auf seiner Stirn, macht deutlich, dass es auch für den Jüngeren anstrengend gewesen ist. Das hofft Enji doch, schließlich ist er die Nummer eins und nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.
 

„Ist das deine Art von Dirty Talk, alter Mann? Heh…mir wird richtig heiß~“, säuselt er und Enjis Augenbraue zuckt.

Er boxt dem Winged Hero – nicht so fest, wie er vielleicht sollte – in den Magen, woraufhin dieser röchelt und wenigstens für ein paar Sekunden verstummt. Dann lässt er die Flügel los und steigt von dem Vogel runter, ehe er diesem die Hand reicht. Hawks hält sich den Magen, während er zu ihm aufsieht…und schließlich seine Finger ergreift, um sich daran hochzuziehen. Wie klein seine Hand in seiner Pranke ist…

„Zuckerbrot und Peitsche, was?“, feixt Hawks schief grinsend und taumelt ein bisschen, als er wieder steht. „So…nachdem wir so ein schönes Unentschieden-“

„Du hast verloren.“

„…haben“, fährt der Jüngere ungerührt fort. „Bin ich für ein schönes heißes Bad und einen chilligen Fernsehabend!“

Enji runzelt die Stirn, mustert ihn kurz; das Schlimme ist, dass auch er selbst nichts gegen ein Bad einzuwenden hat. Mit anderen Männern ein heißes Bad zu nehmen, ist in Japan nicht ungewöhnlich, aber bei Hawks‘ unangebrachten…Sprüchen…erscheint ihm das unpassend.

„Wo sind wir hier überhaupt? Ich meine, klar, dein geheimer Trainingsort, um den Kopf freizukriegen, blabla, schon verstanden, aber…du hast doch bestimmt irgendwo eine Hütte? Gibt’s hier ein Onsen? Komm schon, pack mal n bisschen aus, Endeavor-san!“

Natürlich stimmt beides. Enji mangelt es vielleicht an Sensibilität, aber ganz sicher nicht an Geld. Da er schon früher oft die Stadt verlassen hat, um in Ruhe zu trainieren, hat er sich eine kleine Hütte im japanischen Stil bauen lassen. Ein Onsen gehört nun mal dazu…doch nie hat er jemanden mit dorthin genommen. Nicht mal Rei. Auch nicht, als ihre Beziehung noch einigermaßen intakt gewesen ist. Jedenfalls meint sich Enji zu erinnern, dass sie anfangs nicht ausschließlich schlechte Zeiten gehabt haben…er hofft es.

„Huhu, Erde an Number One!“, reißt ihn Hawks aus den Gedanken und wedelt mit der Hand vor seinem Gesicht herum. „Was ist nun? Hütte? Onsen? Mit wird langsam kalt…du weißt doch, dass man sich am schnellsten was einfängt, wenn man schwitzt und danach friert! Du hast ja dein Feuer, aber ich hab keinen heißen Quirk!“

„…“

Auch damit hat er Recht; auch wenn es mal wieder sehr zweideutig klingt. Enji hadert innerlich mit sich, doch er vermutet, dass Hawks anders keine Ruhe gibt. Tief atmet er durch, wendet sich dann ab, um das Hemd des Vogels aufzuheben und ihm dieses zuzuwerfen.

„Dann komm. Es ist nicht weit.“

Er hasst es, wie sich Hawks‘ Mimik aufhellt und sich sein Schmollmund wieder zu diesem breiten Grinsen formt.

„Juhu!!“, ruft er aus und folgt ihm so gut gelaunt, dass Enji weiß, dass er das bereut.
 

„Wow! Nicht von schlechten Eltern!“

Enji schweigt, während er mit verschränkten Armen dort steht und zulässt, dass sich Hawks ausgiebig umsieht. Die Hütte ist wie ein kleines Apartment eingerichtet…Schlafzimmer, Wohnzimmer, Küche und Bad. Das Onsen ist hinterm Haus angelegt, mit einem zusätzlichen Raum zum Umziehen und Waschen.

„Du hast echt Kohle ohne Ende, was? Und du hast so einen Japan-Fetisch, huh? Richtig traditionell! So wie All Might mit seinem USA Zeugs…“

Enji verzieht die Mundwinkel etwas nach unten bei dem Kommentar, denn er mag es nicht, mit All Might verglichen zu werden. Er ist so aufgewachsen und es somit gewöhnt. Warum soll er also was ändern, wenn er sich wohlfühlt? Und ist ja auch nicht so, als würde er das überall raushängen lassen…so wie ein gewisser Blondschopf.

„Hier steht ja gar keine Glotze?“, reißt Hawks ihn aus den Gedanken und er blickt auf.

„Ich komme hierher, um meine Ruhe zu haben“, brummt er. „Ein Fernseher stört dabei.“

„Uh~ tiefsinnig, Großer! Wirkst gar nicht so, als würdest du…“

„Als würde ich was?“

„Ach, nichts~! Lass uns ins Onsen springen!“, wiegelt der Jüngere lächelnd ab und Enji verengt die Augen.

„Man springt nicht ins Onsen.“

„Okay, Daddy…und jetzt komm schon!“

Enji knurrt genervt, will ganz sicher nicht von dem Vogel „Daddy“ genannt werden. Es erinnert ihn nur daran, dass er wirklich Hawks‘ Vater sein könnte…und das hat einen miesen Beigeschmack, wenn er an all die zweideutigen Sprüche denkt. Als würde er einem Jüngling nachstellen – obwohl es ja genau anders herum ist. Warum hat er sich noch mal darauf eingelassen, Hawks mit hierher zu nehmen? Er weiß es selbst nicht, wehrt sich aber nicht gegen die Forderung, sondern geht voran.

Hawks wird sich hoffentlich zu benehmen wissen…wenn nicht, wird er aus ihm ein Suppenhuhn machen.
 

„Eins muss man dir lassen…was du machst, machst du richtig. Hier sieht’s echt aus wie in einem richtigen Onsen!“

Enji sieht Hawks dabei zu, wie dieser sich, genau wie er nur mit einem Handtuch bekleidet, auf einen Schemel setzt und den Eimer mit Wasser füllt. Wenigstens diese Etikette wahrt er…unglaublich. Auch wenn er nicht hinzustarren versucht, kann er nicht anders, als Hawks‘ nackten Oberkörper zu mustern. Wie das Wasser, das er sich über den Kopf schüttet, von seiner Haut perlt…aus den blonden Haarspitzen tropft. Seine roten Federn bauschen sich auf, schütteln die Nässe heraus…was…irgendwie…auf eine absurde Weise…niedlich ist.

„Hey Number One! Ich weiß ja, dass ich sexy bin, aber sei doch etwas subtiler, ja?“

Enji wird auf einen Schlag so feuerrot, dass ihm Leugnen zwecklos erscheint und er automatisch nach Luft schnappt.

„Das habe ich gar nicht gedacht!“, grollt er defensiv. „Du siehst einfach aus wie…wie…eine nasse, dicke Amsel! Das ist…seltsam!“

Hawks blickt ihn verdutzt an.

„…“

Er blinzelt. Einmal. Zweimal…ehe er scharf die Luft ausstößt und dann wieder seinen lächerlichen Schmollmund zieht.

„Ich bin gar nicht dick! Tse…aber schön, beleidige mich ruhig. Das macht meinem gesunden Selbstvertrauen gar nix~!“, behauptet er großspurig und streckt ihm die Zunge raus.

Enji schnaubt nur.

„Ich merk schon…“

Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, verlässt Hawks den Raum und schiebt die Trennwand auf, um…ins Onsen zu springen. Er sieht ihn nicht, aber er hört das verräterische Plätschern. Dieses Balg legt es drauf an, ihn zur Weißglut zu treiben…

Enji reinigt seinen Körper ebenfalls, ehe er rübergeht und die Papiertür hinter sich zuschiebt. Kurz verweilt sein Blick auf Hawks, der im dampfenden Wasser sitzt, die Arme auf die Steine gestützt und mit geschlossenen Augen genießt. Seine roten Flügel ragen ein Stück heraus, doch es scheint nicht unbequem zu sein. Hawks sieht so friedlich aus, als könne er keiner Fliege was zuleide tun. Wenn er ihn nicht besser kennen würde…

Um das graue Steinbecken herum ist der Boden holzverkleidet, die Wände bestehen aus Bambusrohren, wobei eine Stelle ausgespart ist, damit man hinaus sehen kann. Einige Pflanzen stehen hier und da als Dekoration…wenn er nicht da ist, kommt jemand vorbei, der sich darum kümmert, dass alles instand gehalten wird. Heute natürlich nicht.

Enji zögert, ehe er das Handtuch ablegt und langsam ins heiße Wasser steigt – er merkt direkt, wie sich seine Muskeln unter der Hitze entspannen. Mit einem rauen Seufzen sinkt er tiefer hinein, versucht auszublenden, dass er mit nur wenig Abstand neben Hawks sitzt. Es sollte keine Rolle spielen. Sie sind beide Männer…und schlimmstenfalls sowas wie…nein, Freunde wäre zu viel des Guten. Kollegen. Sie sind Kollegen.
 

„Hab’s dir schon mal gesagt…du denkst zu viel.“

Er wirft dem Winged Hero einen Seitenblick zu, bemerkt, dass dieser die Augen immer noch geschlossen hält. Was soll das schon wieder bedeuten? Hawks kann ja nicht mal wissen, woran er denkt…oder?

„Woran ich denke, geht dich nichts an“, erwidert er schroff, doch Hawks lässt sich davon nicht verunsichern.

Ein seichtes Lächeln bildet sich auf seinen Lippen.

„Wenn’s mich betrifft, dann schon~“

„Tut es aber nicht und jetzt sei still. Ich will mich entspannen…dein Geplapper stört.“

Hawks verstummt zu seiner Überraschung tatsächlich, wenn das Lächeln auch bleibt. Er wendet den Blick ab, bevor ein weiterer blöder Spruch folgen kann. Mehr Munition muss er dem Jüngeren nun wirklich nicht geben.

Still sieht er nach draußen, wo die Sonne längst untergegangen ist. Trotzdem er es nicht will, kann er nicht anders, als sich zu fragen, was das alles soll. Hawks‘ Verhalten ergibt für ihn keinen Sinn. Jemand der so jung und attraktiv ist…selbst wenn Hawks auf Männer stehen sollte – warum sollte so jemand mit ihm…? Bis vor einer Weile hat Enji es nicht mal ernstgenommen, sich lediglich vorgeführt gefühlt. Erst seitdem ihn der Winged Hero um ein Haar geküsst hat…ihn umarmt hat…

Er kann es nicht einordnen…soll er sich geschmeichelt fühlen? Wenn Hawks ehrliches Interesse an einem alten Mann wie ihm hat? Wäre Hawks eine junge Frau…warum denkt er jetzt daran? Es spielt keine Rolle. In beiden Fällen ist er der perverse, alte Sack, der jemanden ausnutzt, der sein Kind sein könnte. Es gehört sich nicht, würde seinen ohnehin schon wackligen Ruf ruinieren und…er will es nicht. Er hat vier Kinder gezeugt, steht also definitiv auf Frauen, nicht auf Männer – so attraktiv sie auch sein mögen. Alles, was er Hawks geben kann und will, ist Unterstützung, sollte er diese brauchen. Kollegen. Nicht mehr und nicht weniger, nur-

Enji zuckt heftig zusammen, als zwei Hände nach seinen Wangen greifen und sein Gesicht zur Seite drehen. Die Bernsteine glühen regelrecht, bohren sich in seine geweiteten Augen, während sich sein Körper wie paralysiert anfühlt. Er kann nichts machen, die Hände nicht wegschlagen oder Hawks anschreien…er kann ihn nur anstarren.

Enji nimmt alles an Hawks wahr, die ausdrucksstarken Augen mit den schwarzen Markierungen, die buschigen Brauen und seine jugendlichen Züge…den zu drei schmalen Streifen gestutzten Kinnbart. Seine nassen, dennoch zausen, blonden Haare, wobei ihm eine Strähne in die Stirn fällt…seine kleine, gerade Nase…und die schmalen Lippen, die sich langsam zu einem Grinsen formen.
 

Enji weiß, er wird ihn diesmal küssen. Obwohl er es nicht will, kann er sich nicht bewegen, ihn bloß weiter ansehen. Vielleicht eine Art Schockstarre. Hawks kommt ihm näher, neigt leicht den Kopf, seine Augen gleiten langsam über sein Gesicht, der Daumen streicht über seine rechte Wange, streift seine Narbe…dort wo der Bart nicht mehr vollständig wächst.

„Mh…“, hört er ihn summen. „Weißt du, es gibt so viele Rottöne…ich mag rot. Ich meine, sieh dir meine Flügel an...“

Das Gezwitscher ergibt für ihn keinen Sinn und er weiß, er sollte das hier unterbinden…jetzt. Er kann immer noch nicht, fixiert Hawks, welcher die andere Hand in Richtung seines Nackens schiebt, die Haare dort berührt. Enji bekommt eine Gänsehaut. Am ganzen Körper.

„…aber deine Haare haben diesen kräftigen, dunklen Ton. Mh…karmesinrot könnte passen…ja, ich denke, das trifft es gut!“

Er raunt die Worte nur, neigt dabei leicht den Kopf…die Lippen geöffnet…und Enji verliert sich in diesem Moment. Da ist ein unkontrollierter Drang in seinem Inneren, der ihn dazu bringt, Hawks grob im Nacken zu packen und an sich zu reißen. All seine Bedenken zählen plötzlich nicht mehr, da ist nur noch das brennende Verlangen in ihm, dass ihn seine Lippen auf Hawks‘ pressen lässt. Er hört Hawks gegen seinen Mund keuchen, die Finger graben sich in seine Haut, seine Haare…er spürt den nassen, zierlichen Körper an seinem…

Wie lange ist es her, dass ihn jemand so geküsst hat, wie Hawks es gerade tut? Ihre Lippen bewegen sich heiß und stürmisch gegeneinander, es fegt seinen Kopf komplett leer. Sie zerwühlen sich gegenseitig die Haare, küssen sich so leidenschaftlich, dass sie kaum noch Luft bekommen…bis sich Hawks auf seinen Schoß schwingt, die Flügel gespreizt…Haut an Haut.

Enji reißt die Augen auf, als ihm klar wird, was hier gerade passiert. Es führt dazu, dass er Hawks aus einem Impuls heraus mit viel zu viel Kraft von sich stößt. Das Wasser schwappt über, als der Winged Hero kurzzeitig untergeht und wild mit den Flügeln um sich schlägt. Prustend kommt er wieder hoch, wischt sich seinen blonden Mobb aus dem Gesicht und funkelt Enji böse an.

„Was zur Hölle sollte das denn?!“

Enji ist sprachlos, während sein Herz regelrecht schmerzhaft schnell in seiner Brust schlägt…was ist da eben passiert? Wieso…? Seine Lippen fühlen sich wund an und auch Hawks Mund ist sichtlich geschwollen…Enji wird übel. Er hat die Kontrolle verloren, das wird ihm soeben bewusst. Ein Stein scheint sich in seinem Magen zu befinden…und Hawks erkennt langsam das Problem.

„Oh nein…“

Enji sagt nichts, er kann nichts von sich geben. Stattdessen springt er regelrecht aus dem Wasser und verlässt das Onsen, so schnell es ihm möglich ist.

„Hey, Number…warte doch mal! Lass mich nicht hier sitzen!“, hört er Hawks rufen und vernimmt das Plätschern.

Enji reagiert nicht, sondern setzt seinen Weg fort. Er packt seine Klamotten und zieht sie sich so hektisch über, als wäre eine Horde Nomu hinter ihm her – nein, sogar denen würde er sich gerade lieber stellen. Hinter sich hört er Hawks‘ Schritte…und beeilt sich noch mehr. Er will Hawks nicht mal mehr ansehen. Nie wieder. Dieser verdammte Vogel ist an allem Schuld…
 

„Bleib sofort stehen!“, hört er ihn keuchen, weiß, dass er in der Tür steht. „Was da eben passiert ist…es ist-“

„Das passiert nie wieder.“

„Jetzt hör m-“

„Halt den Mund.“

Seine Stimme klingt leise, aber scharf. Ein deutliches Zeichen, ihn nicht noch mehr zu reizen. Die Hitze in seinem Inneren ist kurz davor, auszubrechen…und er will Hawks nicht anzünden, weil er sein Temperament nicht unter Kontrolle hat. Er hat schon zu viele Menschen verletzt, weil er seine Emotionen nicht im Zaum halten kann.

„Es ist überhaupt nichts Schlimmes passiert“, vernimmt er Hawks‘ Versuch, ihn zu beschwichtigen. „Ich wollte das, okay? Es ist in Ordnung, dass-“

„EIN SCHEIß IST IN ORDNUNG!!“

Noch während er losbrüllt, fährt er herum und die Flammen schießen hervor, drohen, die Hütte in Brand zu setzen. Hawks weicht erschrocken zurück, hebt abwehrend die Hände. Dass er immer noch nackt ist, stört Enji offensichtlich mehr, als den Winged Hero. Was hat er getan?!

„GEH MIR AUS DEN AUGEN! VERSCHWINDE! RUF MICH NIE WIEDER AN, SCHREIB MIR NICHT MEHR…LASS MICH IN RUHE!!“

Hawks weicht einen Schritt zurück, doch sein Blick macht deutlich, wie wütend er ist. Sogar seine roten Federn scheinen zu zittern, aber dann atmet er scharf aus. Die sengende Hitze und sein Gebrüll ignorierend, schnappt er sich seine Kleidung und streift sie sich unverkennbar trotzig über. Enjis eigene Wut ist noch zu groß, als dass er etwas sagen könnte. Er weiß, dass Hawks ihn verführt hat…aber dass es funktioniert hat, ist allein seine Schuld.

„Ich gebe dir jetzt einfach mal Zeit, darüber nachzudenken“, brummt Hawks mit mühsam unterdrücktem Zorn. „Meine Nummer hast du ja, falls du dich für den überflüssigen Auftritt entschuldigen willst.“

Enjis Kiefer malt geräuschvoll, er ballt die Fäuste und hofft, dass Hawks ihn nicht weiter provoziert. Der Winged Hero wendet sich ab, hält in der Tür aber noch mal inne und dreht den Kopf zu ihm.

„…und vergiss dabei nicht, dass du mich geküsst hast.“

Dann ertönt Flügelschlagen und kurz darauf ist Hawks verschwunden. Enji starrt stumm auf die Stelle, an der er eben noch gestanden hat…ehe er in Richtung Wohnzimmer geht. Irgendwo dort muss er noch Alkohol aufbewahren. Den braucht er jetzt. Starken Alkohol, der ihn wenigstens für diese Nacht vergessen lässt, was er da eben getan hat.

Er ist das Letzte. In jeder Hinsicht.

Bordeaux

Es vergeht eine ganze Woche, in der Enji weder viel schlafen, noch essen kann. Er fühlt sich krank und die Gewissensbisse tragen nicht dazu bei, dass sich seine Laune hebt. Nicht nur, weil er Hawks angefasst hat, sondern auch, weil er sich für seinen Wutausbruch schämt. Er ist ein erwachsener Mann und sollte es nicht nötig haben, handgreiflich zu werden und herumzubrüllen. Leider ist genau das seine Art und mit der hat er schon einige Menschen verletzt – ganz vorn natürlich seine Familie.

Enji bereut, dass er Hawks geküsst hat. Ob dieser es gewollt hat oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Ebenso wenig, dass Enji die Anziehung, die der Vogel auf ihn ausübt, länger leugnen kann. Nicht, weil er viel zu attraktiv oder viel jünger ist, nein, es ist sein Charakter. Die Art, wie er Enji die Stirn bietet, selbst wenn er laut oder grob wird. Hawks ist kein bisschen devot, obwohl er anscheinend einer seiner größten Fans ist – für die Erkenntnis muss man nur einen Blick in sein Schlafzimmer werfen und…außerdem erzählt er es ständig. Der Junge nervt ihn ebenso sehr, wie er ihn fasziniert…und er ist seit langem der Erste, der gern seine Zeit mit Enji verbringt.

Verdammt…er mag den verrückten Vogel und will ihn in seiner Nähe, das wird ihm in dieser harten Woche umso mehr bewusst. Hawks tut ihm gut…und eine Freundschaft könnte Enji sogar akzeptieren. Dass sie schon seit einer Weile mehr als bloß Kollegen sind, muss er allmählich einsehen. Bloß den Kuss…die Tatsache, dass Hawks permanent mit ihm flirtet und das auch noch ernst meint…seine eigenen verwirrenden Gefühle…das alles kann und darf nicht sein.

Warum sein wirres Hirn meint, sich mit Mitte 40 auf einen halb so alten Jüngling einzuschießen…kann er sich nicht erklären. Fakt ist, dass Hawks Recht hat; Enji hat den entscheidenden Schritt gemacht und nachgegeben. Er kann sich eine Menge Ausreden dafür einfallen lassen, aber die Wahrheit ist…dass es ihm aus einem ihm unerfindlichen Grund…gefallen hat. Enji hat nicht mal gewusst, dass dieses Feuer noch in ihm brennt…und vielleicht liegt es daran, dass er seit Rei keine intime Nähe mehr zugelassen hat. Vielleicht ist er schon so weit, dass er nach jedem Strohhalm greift…und dabei etwas verwechselt.
 

Missgelaunt sitzt er im Wohnzimmer seines Hauses und…ja, so peinlich es auch ist, er durchforstet Hawks‘ Social Media Accounts. Facebook, Instagram…und natürlich ist nichts davon privat. Man kann einfach so darauf zugreifen. Enji besitzt nichts davon, ist schon mit Whatsapp bedient…und er weiß auch nicht, was er zu finden hofft. Was er findet, ist jedenfalls nicht hilfreich. Eine Menge Selfies und ab und zu stehen ein oder mehrere Mädchen daneben, die mit ihm posieren. Fotos von Yakitori und anderen Speisen und…diverse Bilder von Endeavor-Merchandise. Er erinnert sich unweigerlich an das T-Shirt mit seinem Gesicht darauf und spürt seine Wangen direkt unangenehm brennen.

„Das Essen ist gleich fertig, Vater!“

Fuyumis Stimme ist plötzlich viel zu nah, sodass er das Handy vor Schreck beinahe fallen lässt. Er drückt es hektisch an seine Brust, hoffend, dass seine Tochter nicht gesehen hat, wessen Profil er da durchsucht. Allerdings steht sie direkt hinter ihm und das Erstaunen in ihrem Gesicht sagt ihm, dass sie sehr wohl etwas gesehen hat.

„War das Hawks? Ich wusste gar nicht, dass du auf Facebook bist…soll ich dir helfen, mit ihm befreundet zu sein? Du musst nur auf einen Button klicken und-“

„Nein!!“

Dass er sie regelrecht anschreit, tut ihm leid, als er sie zusammenzucken sieht. Wenn sie wüsste, was dahinter steckt, würde sie seine Panik, die sie mit Zorn zu verwechseln scheint, verstehen.

„Nein, ich…schon gut. Ich…tut mir leid. Lass…uns nicht drüber reden. Ich decke sofort den Tisch und helfe dir…“, lenkt er rasch ein, woraufhin sich ihr erschrockenes Gesicht zum Glück glättet.

Sie lächelt zurückhaltend und nickt dann.

„Danke, das ist lieb. Mh…Shouto sollte auch gleich kommen…Natsuo schafft es heute nicht.“

Was bedeutet, dass er es nicht schafft, seinen Vater heute beim Abendessen zu ertragen. Enji ist sich dessen bewusst, es passiert oft…und trotzdem spürt er wie jedes Mal diesen schmerzhaften Stich.

Er ist weder ein guter Vater, noch ein guter Mann…und Hawks weiß das. Er selbst hat es ihm im betrunkenen Zustand erzählt. Was also sieht Hawks in ihm, dass er meint, es sei eine gute Idee, ihm auf diese Weise…oder überhaupt näher zu kommen? Enji weiß es nicht.
 

Das Abendessen verläuft schweigsam wie jedes Mal. Unterbrochen von einigen oberflächlichen Wortwechseln, Shoutos einsilbigen Antworten und Fuyumis Versuchen, etwas Wärme in die Atmosphäre zu bringen. Nun, das würde selbst sein Quirk nicht schaffen…und es tut Enji leid, dass Fuyumi jedes Mal wieder so enttäuscht wird.

Da er weiß, dass er keinen Schlaf finden wird, zieht er sich nach dem Essen seine Trainingsjacke über und verlässt das Haus. Den Kopf durchs Laufen freibekommen, hilft vielleicht zumindest ein bisschen. Training wäre auch eine Möglichkeit gewesen, aber das erinnert ihn an jenen Tag mit Hawks und den Ausgang ihres Treffens. Wie ungeniert sich Hawks auf seinen Schoß geschwungen hat…wie er sich ihm entgegen – Stopp! Er will nicht mehr daran denken. Auch nicht an die heißen Lippen auf seinen, wie sie…verdammt. Das heiße Kribbeln, das seinen Körper durchfährt, kommt nicht von seinem Quirk oder von neu entfachter Wut. Es ist die bittere Erkenntnis, dass es ihm gefallen hat. Dass ihn noch niemals jemand auf solch eine Weile angesehen…und berührt hat. Rei war immer sanft und passiv gewesen, zerbrechlich…zu zerbrechlich für jemanden wie ihn, der sich im Eifer des Gefechts gehen lässt. Hawks hat etwas in ihm geweckt, das niemals hätte passieren dürfen…doch es ist passiert.

Obwohl er sich dafür hasst, holt er sein iPhone aus der Tasche und öffnet ihren Chat-Verlauf. Keine neuen Nachrichten, aber die letzte ist vom Vortag. Der Winged Hero hat ihm einige Male geschrieben, doch Enji hat auf keine Nachricht geantwortet.
 

Hey, Number One…es ist jetzt drei Tage her. Melde dich, ja?
 

Komm schon…was passiert ist, ist kein Weltuntergang. Echt nicht!
 

Schreib wenigstens mal zurück, okay? Sonst wird’s noch komisch zwischen uns… ;)
 

Ernsthaft. Schreib mir…sonst fühl ich mich mies.
 

Ich fühle mich mies. Du hast es geschafft. Danke.
 

Okay, okay…wenn du nicht mehr darüber reden willst…tun wir’s auch nicht, aber melde dich.
 

Wow…du hältst das lange durch.
 

Gut, ich lass dich in Ruhe. Hab’s kapiert. Schade. </3
 

Es wundert Enji, wenn er ehrlich ist, dass Hawks nicht einfach unangemeldet vorbeigekommen ist, um ihn zu konfrontieren. Andererseits weiß er wohl, dass das nichts bringen wird. Wenn er sich unter Druck gesetzt fühlt, macht er direkt dicht…so gut kennt Hawks ihn. Er seufzt stumm, ehe er das Handy wieder in die Jacke schiebt und weiterläuft.

Der Park, in dem er seine Runde macht, ist wie ausgestorben um diese Uhrzeit, was Enji jedoch nur recht ist. Er will den Kopf freibekommen und nicht von irgendwelchen Idioten angequatscht werden. Die zwei Pärchen, an denen er vorbei läuft, ignorieren ihn gepflegt, sind miteinander beschäftigt. Enji versucht sich daran zu erinnern, ob Rei und er auch solche Dates gehabt haben. Anfangs vielleicht…einmal hat er ihr diese Blume geschenkt. Ihre Lieblingsblume. Heute ist diese Blume bloß eine Entschuldigung. Enji weiß, dass sie nur noch auf dem Papier verheiratet sind und sobald Rei nach Hause kommen kann, wird er selbst ausziehen. Vielleicht auch ein neues Haus bauen. Für sie und die Kinder. Dann würde es ihnen möglicherweise leichter fallen, wieder glücklich zu sein. Auch, wenn das bedeutet, dass sie ihn dann komplett aus ihrem Leben streichen.

Der Gedanke schmerzt ihn mehr, als er zugeben will. Reden kann er mit niemandem darüber…sie würden es nicht verstehen, ihn verurteilen und sich abwenden. Jeder würde dies tun. Jeder außer Hawks…und obwohl es falsch ist, bedeutet das vor allem, dass er nicht allein ist. Zumindest würde es das bedeuten, wenn er Hawks nicht davon gejagt hätte und ihn nun nicht ignorieren würde.

Ist Einsamkeit der Grund dafür, dass er den Vogel nicht so einfach aus seinem Leben streichen will? Enji hat keine Freunde. Es war ihm nie wichtig, da für ihn immer bloß der Aufstieg zur Nummer eins gezählt hat. Erfolg, Stärke…der Beste sein, All Might übertrumpfen…seinen Sohn zur Nummer eins ausbilden, weil er selbst versagt hat. Enji fragt sich unweigerlich, was heute für ihn zählt. Nun, wo er die Nummer eins ist, ohne All Might jemals wirklich eingeholt zu haben.

Mit seinem Scherbenhaufen von einer Familie.

Er läuft noch ein paar Minuten, den Blick starr nach vorn gerichtet…dann bleibt er stehen. Holt das Handy aus der Tasche…und schreibt Hawks eine Nachricht.
 

Als er sich eine halbe Stunde später in dem von ihm gebuchten Zimmer in dem mittelmäßigen Hotel am anderen Ende der Stadt befindet, lässt er sich in den Sessel dort fallen und bestellt sich erstmal einen Whiskey. Obwohl er weiß, dass es nicht gut ist, in dieser Situation Alkohol zu sich zu nehmen, kann er nicht anders. Er will sich nicht betrinken, bloß seine Nerven beruhigen. Was genau er hiermit bezweckt, weiß er nicht. Er sollte sich ein Taxi rufen lassen und nach Hause gehen, bevor etwas passiert, dass er am Ende wieder bereut. Stattdessen nimmt er seinen Whiskey in Empfang und gießt sich ein Glas ein, ehe er sich wieder in den Sessel aus schwarzem Kunstleder fallen lässt.

Sein Blick schweift durch das schlicht gehaltene Zimmer mit dem kleinen Balkon, bleibt nur kurz an dem Doppelbett mit bordeauxfarbener Wäsche hängen. Hoffentlich vermittelt er Hawks keinen falschen Eindruck damit, denn deswegen hat er ihn nicht kontaktiert. Er hat seine Meinung über den Vorfall nicht geändert, will bloß reden. Sie sind beide erwachsene Männer. Das sollte möglich sein.

Enji nimmt noch einen Schluck, spürt die Wärme in seinem Magen, während er sich weiter im Zimmer umsieht. Hawks hat ihm noch nicht geantwortet, die Nachricht aber gelesen, was er anhand der zwei blauen Häkchen erkennen kann. Unüblich, dass keine Antwort kommt. Vielleicht ist es auch eine.

Hat Hawks genug davon, von ihm ignoriert zu werden? Will er es ihm nun heimzahlen, indem er dasselbe tut? Verübeln kann Enji es ihm nicht, wenn er ehrlich zu sich selbst ist. Er kann nur warten und hoffen, dass Hawks noch auftaucht.

Falls nicht…das Bett sieht bequem aus und ein Flachbildfernseher hängt an der Wand. So oder so hat er bezahlt und wird es nutzen. Er atmet hörbar aus, ehe er sich zurücklehnt und noch mal an seinem Whiskey nippt.
 

Da Hawks nach einer weiteren halben Stunde nicht aufgetaucht ist, auch noch nicht geschrieben hat, verschwindet er zwischenzeitlich kurz ins Bad, um sich frisch zu machen. Er hat nicht übermäßig geschwitzt, aber dennoch fühlt er sich danach wohler. Als er zurückkommt, zuckt er aus Reflex zusammen, starrt durch die Balkontür zu der zerzausten Person, deren Gesicht sich sofort erhellt, als sie ihn erkennt. Hawks ist klitschnass…anscheinend hat es angefangen zu regnen, als Enji im Bad war. Er beeilt sich, die Tür zu öffnen, um den triefenden Winged Hero reinzulassen, welcher sich wie ein nasser Hund schüttelt, die Federn aufgebauscht – ähnlich wie im Onsen. Dicke Amsel.

„Brrr, ist kalt draußen, wenn man nass wird…“, reißt ihn Hawks‘ Stimme aus den Gedanken und Enji blinzelt.

„…warte“, brummt er und eilt ins Bad, um Hawks eines der flauschigen Handtücher zu reichen.

Der Jüngere lächelt ihn dankbar an, ehe er beginnt, sich die Haare trocken zu rubbeln.

„…du…solltest aus den…nassen Sachen raus.“

Enji hasst sich dafür, dass er das so zögerlich sagt. Es sollte nichts dabei sein. Hawks wird sich erkälten, wenn er sich verkühlt, und da er ihn herbestellt hat, wäre dies seine Schuld. Mehr steckt nicht dahinter, auch wenn Hawks natürlich direkt breit grinst.

„Oh? Dafür hast du mich also hergeholt…von wegen Reden…dreckiger, alter Mann~“, flötet er und Enji bereut es sofort.

„Hawks!“, zischt er und der Vogel lacht auf. „Geh ins Bad, verdammt! Da hängt ein Bademantel…hmpf.“

„Schon gut, schon gut…“, zwitschert Hawks belustigt und verschwindet im Bad.

Enji knirscht mit den Zähnen, ehe er noch mal zum Whiskey greift und hofft, dass das hier kein Fehler ist. Gleichzeitig überdenkt er die Worte, die er sich eben noch so mühsam zurechtgelegt hat. Bedauerlicherweise ist Hawks ein Meister darin, ihn vollkommen durcheinanderzubringen und sein Temperament herauszufordern. Ruhig bleiben. Jegliche Provokationen ignorieren und sachlich bleiben.
 

Als Hawks schließlich aus dem Bad kommt, ist er in den weißen Bademantel gehüllt. Anscheinend hat er irgendwie Löcher für seine Flügel hineinbekommen, denn die roten Schwingen sind auf seinem Rücken zusammengefaltet. Hawks wirkt in dem Mantel noch kleiner, weil er recht lang ist, ihm bis zu den Waden reicht. Mit einem Lächeln lässt sich der Winged Hero aufs Bett fallen, stützt sich mit den Händen nach hinten auf der Matratze ab und sieht ihn erwartungsvoll an.

„So…du wolltest reden. Dann schieß mal los, Großer!“, fordert er ihn auf. „Hab ja nur ne Woche vergeblich versucht, mit dir zu reden…bin mal gespannt, was deine Meinung geändert hat~“

Wütend ist er scheinbar nicht auf ihn, auch wenn er ihm die Sache unter die Nase reibt. Ansonsten ist er so wie immer. Dreist, vorlaut…und Enji kann die Erleichterung darüber nicht leugnen. Er kann nicht noch jemand ihm Nahestehenden ertragen, der ihm mit Verachtung begegnet.

Enji bleibt in dem Sessel sitzen, die Hände im Schoß zusammengelegt…sie sitzen sich gegenüber, sehen einander in die Augen.

„Vorab…ich hab meine Meinung über…das letztens…nicht geändert“, brummt er, damit Hawks weiß, woran er ist.

Dessen Lächeln wankt merklich, er wirkt aber nicht überrascht.

„Ja…das dachte ich mir. Umso mehr wundert mich die Nachricht“, gesteht er. „Ich bin davon ausgegangen, dass du dich nie wieder meldest. Und wenn doch, hab ich mich auf Monate eingestellt. Bisschen mehr Drama, mehr hin und her…“

Enji stockt, versucht aber, den Faden wieder aufzunehmen.

„Nein, ich...was ich sagen will…Hawks. Das wird nicht funktionieren. Ich will auch nicht, dass…wir so…das geht einfach nicht.“

Hawks seufzt leise, ehe er die Augen verdreht und sich auf die Matratze fallen lässt, an die Decke sieht.

„Jaja, ich weiß. Du bist verheiratet – obwohl du und deine Frau eigentlich schon lange getrennt seid. Ich könnte dein Sohn sein – was ich aber nicht bin. Ich bin bloß zufällig im selben Alter. Das spielt keine Rolle. Nicht für mich. Interessiert mich nicht, dass du doppelt so alt bist wie ich oder ob du dich für einen schlechten Menschen hältst. Oh und da du vier Kinder hast, bist du natürlich auch nicht auf Männer scharf. Du bist nicht schwul und auch nicht bi – und dass du mich geküsst hast, als gäb’s kein Morgen mehr, war ein einmaliger Ausrutscher, der sich nicht wiederholen darf. Vergessen wir ja nicht deine Karriere! Wenn das jemand rausbekommt…zack, dann bist du am Arsch! Oder aber wir sind einfach vorsichtig und sorgen dafür, dass es niemand rausfindet. Aber dafür müsstest du dir erstmal eingestehen, dass du heiß auf mich bist. Dass ich es will und du es willst…und dass du mich nicht ausnutzt. Dass ich kein kleines Kind bin, das einen Daddy-Komplex hat…hab ich was vergessen?“

Enji begnügt sich damit, ihn finster anzuschauen, was Hawks nicht sehen kann, da er immer noch rücklings auf dem Bett liegt. Seine scharlachroten Federn leuchten auf der bordeauxfarbenen Bettwäsche geradezu, bilden einen deutlichen Kontrast. Er hat ihm die Worte aus dem Mund genommen…die meisten jedenfalls und das ärgert Enji.
 

„Wenn du dir dessen schon bewusst bist, warum bist du dann überhaupt hergekommen?“, fragt er schlecht gelaunt.

Hawks schweigt einen Moment und setzt sich dann auf, wobei er ihn aus seinen Bernsteinaugen anfunkelt.

„Aus demselben Grund, aus dem du mir geschrieben hast“, erwidert er ernst. „Weil du mir fehlst.“

Das ist so treffend und ehrlich, dass es den Flame Hero sprachlos macht…denn ja, er hat ihn vermisst. In Hawks‘ Nähe fühlt er sich wohl, wie nirgendwo sonst. Nur das, was da zwischen ihnen steht, kann er nicht erlauben.

„Hör mal…ich weiß ja nicht, was du noch so glaubst, aber…das war keine Kurzschlussentscheidung“, fährt Hawks fort. „Was All Might für die meisten ist, bist du für mich. Ich meine…du warst in meiner Wohnung. Glaubst du, das Merch-Zeug hab ich dahin gelegt, um dich zu ärgern? Ich steh seit der Pubertät auf dich…und dich richtig kennenzulernen, hat’s halt noch intensiver gemacht. Glaub es oder nicht, aber ich mag dich.“

Enji ist während der Worte zwischen Scham und Zuneigung gefangen und er hofft, dass sein Kopf nicht so rot ist, wie er sich anfühlt. Verdammt…das ist einfach falsch. Sein Herz sollte nicht so schnell schlagen, er sollte sich nicht…geschmeichelt fühlen. Das warme Gefühl in seiner Brust sollte nicht da sein.

„…da gibt es nichts zu mögen!“, knurrt er ihn an und Hawks schnaubt. „Ich bin nicht-“

„Du bist du…und du kannst mir deine ganzen Fehler von mir aus noch zehnmal aufzählen – es ändert nichts.“

Enji ist beunruhigt, als Hawks aufspringt und auf ihn zukommt. Am liebsten würde er verschwinden, doch das würde nur zu einer Wiederholung ihrer Funkstille führen. Das will er nicht. Was will er überhaupt?

„Außerdem…was lässt dich glauben, dass ich nicht genauso schlecht bin wie du, hm? Keine Sorge…du wirst mich nicht verderben.“

Da ist etwas in Hawks‘ Blick und in seinem Lächeln, das ihm zu denken gibt, auch wenn er sich keinen Reim darauf machen kann. Eine Art…Finsternis, die die sonstige Leichtigkeit des Jüngeren überschattet. Es ist nur ein kurzer Moment und Enji will gerade danach fragen, als sich Hawks auf seinen Schoß sinken lässt.

„Hawks!“

„Entspann dich.“

Wie soll er sich bitte entspannen, wenn der Junge nur in einem Bademantel auf ihm hockt?! Er wird ihn eines Tages noch ins Grab bringen…
 

„Runter! Sofort!“, blafft er ihn an, traut sich aber nicht, ihn anzufassen.

Hawks lächelt ihn bloß an, bleibt aber auf ihm sitzen und legt auch noch die Arme um seinen Nacken. Zu viel Nähe. Definitiv zu viel Nähe, die er zu lange nicht gespürt hat und…die etwas in ihm auslöst. Bitte nicht.

„Wieso? Ist doch nichts dabei, wenn du mich nicht willst? Sollte dir nix ausmachen, wenn ich wie ein Sohn für dich bin, hm? Alles im grünen Bereich, Endeavor-san~“, säuselt der Mistkerl und verändert ein wenig seine Position.

Die Bewegung lässt Enji zusammenzucken…und er spürt die Erregung so deutlich, dass langsam Panik in ihm aufsteigt. Warum fühlt er sowas? Das sollte nicht sein. Sie sollten nicht…

„…scht. Nicht denken, klar? Lass mich machen. Genieß es.“

Hawks‘ blonde Haare sind noch ein wenig feucht, als er sich zu ihm lehnt und den Kopf auf seiner Schulter ablegt. Er ist ihm so nahe, dass er seinen Atem hören kann, seine Wärme spürt…seinen Geruch vernimmt. All das lähmt ihn regelrecht, überfordert ihn aber ebenso. Die roten Schwingen hüllen sie beide ein, die weichen Federn berühren seine Haut. Obwohl er weiß, dass das hier in die falsche Richtung geht, kann er es nicht stoppen…nicht mal, als Hawks seine Hand in seine Jogginghose schlüpfen lässt und sein hartes Glied umfasst.

Enjis Widerwille schrumpft mehr und mehr zusammen, bei jeder Handbewegung…lässt nur noch Verlangen übrig. Er keucht ungewollt auf, als Hawks seine Lippen gegen seinen Hals presst, ihn dort küsst. Wie lange hat er sich nicht mal mehr selbst einen runtergeholt? Zu viel Arbeit, Stress…Gewissensbisse. Er ist viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, alles irgendwie hinzubiegen…ein besserer Held, Vater und…Mann zu werden.

Enji merkt plötzlich, wie sehr es ihm gefehlt hat. Nicht Sex im Allgemeinen, sondern…einfach die Nähe. Hawks hat keine Hemmungen, während er auf seinem Schoß herumrutscht, an seinem Hals saugt und knabbert, dabei sein hartes Glied pumpt.

Sein Verstand verabschiedet sich, als er sich zurücklehnt und es zu genießen beginnt, in Hawks‘ warme Hand zu stoßen. Er kann seine Laute nicht bremsen, seinen Körper nicht mehr kontrollieren. Er weiß nicht, wohin mit seinen Pranken, platziert sie an den schmalen Hüften und…er verliert sich.
 

Als er nach wenigen Sekunden…oder Minuten, denn er hat sein Zeitgefühl verloren, über die zierliche Hand kommt, wird sein raues Stöhnen von Hawks‘ heißen Lippen erstickt. Enji wehrt sich nicht dagegen, raunt in den Kuss hinein, der so leidenschaftlich ist, dass ihm ganz schwindelig wird. Wie kann Hawks ihn so küssen? So, als gäbe es keinen anderen…als würde…dieser ihn…

Er atmet schwer, als Hawks sich von seinen Lippen löst und die Stirn gegen seine lehnt. Die bernsteinfarbenen Augen bohren sich in seine, die linke Hand krallt sich in seinen Nacken, als würde er ihn an einer möglichen Flucht hindern wollen.

„Hier dran…ist überhaupt nichts falsch“, hört er ihn ernst sagen. „Also wage es nicht, das hier kaputt zu machen, indem du mir mit irgendwelchen Ausreden kommst, Endeavor-san.“

Enji kann nicht sofort antworten, sein Puls scheint immer noch auf 180 zu sein, was von dem Orgasmus kommen muss…und von Hawks‘ Nähe, die ihn fertig macht. Er ist ein noch schlechterer Mensch, als er bisher angenommen hat…denn er weiß, dass es jetzt kein Zurück mehr gibt. Sie haben die Grenze endgültig überschritten und Enji weiß, dass er von jetzt an immer daran denken wird. Er wird nicht mehr von Hawks loskommen…und er weiß, dass er das bereuen wird. Weil das hier niemals funktionieren kann. Für eine gewisse Zeit vielleicht, doch irgendwann wird es sie beide einholen. Das hier wird Konsequenzen haben.

Enji schließt für einen Moment die türkisfarbenen Augen, versucht, sich zu fassen. Als er sie wieder öffnet, hat er einen Entschluss gefasst – auch wenn dieser ihn in die Hölle bringen wird. Aber…da gehört er nach allem sowieso hin.

Er packt nun Hawks im Nacken, funkelt diesen an.

„Hier dran ist alles falsch, Hawks“, grollt er und sein Gegenüber verengt die Augen. „Deswegen wird auch niemals jemand hiervon erfahren. Das hier…was auch immer das ist…bleibt zwischen uns.“

Bei diesen Worten leuchten Hawks‘ Bernsteine auf, ein Grinsen legt sich auf seine geröteten Lippen…und es scheint tatsächlich zu sein, was auch er sich wünscht.

„…unser kleines Geheimnis, ja? Alter Mann?“, raunt er und es klingt so verrucht, dass es Enji schaudern lässt. „Ist mir nur recht.“

Und Enji glaubt ihm jedes Wort, auch wenn er es nicht versteht. Sei es drum…vielleicht muss er das auch nicht. Was er hier tut, ist egoistisch…und eigentlich will er das nicht mehr sein. Allerdings kann er sich Hawks nicht länger entziehen…und dieser wird es sowieso nicht zulassen. Sie sind bereits zu weit gegangen.

„Ja…auch wenn ich es nicht verstehe“, brummt er und mustert sein junges, hübsches Gesicht.

„Das hab ich nie verlangt“, gibt Hawks zurück und streicht mit dem Daumen über die Narbe, die sich auch über seine Lippe zieht. „Das hier ist alles, was ich will. Mach dir also keine unnötigen Gedanken. Es muss sich nichts ändern. Wir sind Hawks und Endeavor. Wir sind Partner…und gelegentlich gönnen wir uns eine kleine Pause~“

Enji schnaubt leise.

„So nennst du das, ja?“

„Ich kann’s auch einen kleinen Fick nennen, wollte nur nicht so vulgär sein. Sorry.“

„Hawks!“

Der Winged Hero grinst ihn belustigt an, lehnt sich dann wieder an ihn.

„Ich könnte übrigens ne Dusche vertragen…bin bei deinem heißen Anblick im Bademantel gekommen~“

Enji spürt, wie sein Gesicht mit der Farbe der Bettdecke konkurriert. Auf was hat er sich da nur eingelassen…
 

Enji geht nach Hawks duschen, wobei er versucht, seine Gedanken zu ordnen. Es fällt ihm schwer und er weiß nicht, was in ihn gefahren ist. Eigentlich hat er Hawks sagen wollen, dass solch eine Beziehung zwischen ihnen unmöglich ist und daher niemals passieren wird. Jetzt überlegt er schon, ob sie sich von nun an immer und am besten anonym Hotelzimmer mieten sollten.

Als er in den Spiegel schaut, entdeckt er die roten Flecken, die Hawks an seinem Hals hinterlassen hat. Verdammt. Die wird er irgendwie verbergen müssen. Nun, heute werden sie sowieso hier bleiben, aber er kann sich nicht über Tage verstecken.

Der Bengel wird noch mal sein Grab werden. Enji weiß es…und dennoch kommt er nicht von ihm los.
 

Eben jener Bengel trägt mittlerweile einen sauberen Bademantel, ebenso wie Enji, der einen neuen bestellt hat. Die Decke hat er bis zur Brust hochgezogen, während er irgendeine Serie schaut. Als er ihn bemerkt, sieht er grinsend zu ihm auf.

„Mh…da bekommt man direkt Bock auf ne zweite Runde, Number One~“, flirtet er los, was Enji aber diesmal kalt lässt.

Er schnaubt leise, bevor er sich auf der freien Seite niederlässt.

„Vergiss es. Für heute war’s das…sei froh, dass ich dich nicht raus schmeiße.“

Im Nachhinein fühlt sich der Gedanke seltsam unwirklich an…der Gedanke, mit einem halb so alten Jüngling eine geheime Affäre zu haben. Ernsthaft, was stimmt nicht mit ihm? Was stimmt nicht mit Hawks? Darauf wird er wohl nie eine Antwort bekommen.

Der Winged Hero zieht eine Schnute, murrt leise.

„Fies!“

„Heul nicht rum…“

„Also echt, vorhin warst du wie Wachs in meiner Hand“, raunt er und betont die letzten Worte extra, während er mit den buschigen Brauen wackelt.

„Halt den Mund“, brummt Enji und rutscht unter die Decke, legt einen Arm in den Nacken.

Sein Blick wandert zum Fernseher, wo er die Serie eine Weile mitverfolgt. Irgendeine Soap, die wohl lustig sein soll. Na seinetwegen…

Er hält inne, als Hawks plötzlich näher robbt und den Kopf auf seiner Brust ablegt. Mit gerunzelter Stirn sieht Enji auf ihn herunter, doch die Nähe des anderen stört ihn nicht. Er fühlt sich nicht unwohl oder unter Druck gesetzt…es fühlt sich vertraut an, obwohl es das gar nicht sein kann.

Er zögert einen Moment, ehe er seine Finger in Hawks widerspenstigen Haaren vergräbt, ihn zu kraulen beginnt. Anscheinend macht er damit etwas richtig, denn der Jüngere seufzt wohlig und kuschelt sich noch mehr an ihn. Enji beobachtet ihn eine Weile, ehe er wieder zum Fernseher schaut…und feststellt, dass es auch für ihn angenehm ist.

Was das mit ihnen auch ist…es tut ihnen beiden gut…und gibt ihm Hoffnung, dass es vielleicht…doch nicht…allzu falsch ist.

Blush

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Wine Red

Enji kann Veranstaltungen wie diese überhaupt nicht leiden. Schon die Billboard-Charts sind für ihn ein nerviges Event gewesen, aber er hat die Notwendigkeit dahinter verstanden. Das Symbol des Friedens gibt es nicht länger, die Menschen brauchen Sicherheit, die er ihnen zu vermitteln versucht. Auch heute Abend geht es darum, präsent zu sein…gesehen zu werden und den Glauben an die Helden zu festigen. Es ist zwar mehr eine Spendengala, doch die Presse ist wie immer vor Ort und lässt sich vor allem die aktuelle Top Ten nicht entgehen.

Es ist bereits das zweite Mal, dass sie ihn erwischen, und dabei hat es nicht mal richtig angefangen. Noch sammeln sie sich alle in den dekorierten Räumlichkeiten, tauschen Floskeln und derlei Zeug aus. Nun, möglicherweise nicht alle…einige von ihnen verstehen sich wohl wirklich privat gut miteinander. Enji hat sich bislang nie bemüht, mit anderen Helden länger Kontakt als nötig zu halten. Keine Zeit, kein Interesse...bloß hinderlich für sein Ziel, das er mittlerweile auf einem Weg erreicht hat, der ihm missfällt.

„Endeavor-san!“

Er macht automatisch einen Schritt zurück, als Miruko mit so viel Schwung an seine Seite hüpft, dass sie ihn beinahe wegtackelt. Wie schafft sie das überhaupt in den hohen Schuhen? Das bodenlange, violette Kleid mit dem Schlitz an der Seite steht ihr wirklich gut, lässt sie ungewohnt elegant wirken. Enji hätte es nicht gewundert, wäre sie im Anzug erschienen, so burschikos, wie die Frau ist, doch tatsächlich…sie lässt heute Abend ihre feminine Seite raushängen.

„Das ist der Wahnsinn, nicht wahr?! Hast du das ganze leckere Essen gesehen? Ich freu mich schon auf die Karottensuppe, haha!“

Ihre weißen Ohren zucken aus ihren gleichfarbigen Haaren, die sie heute zu einem hohen Zopf zusammengefasst hat, die roten Augen strahlen ihn an. Er muss zugeben, sie ist eine Persönlichkeit, die Eindruck hinterlässt.

„Ja. Der Wahnsinn“, brummt er trocken und sie grinst ihn breit an.

„Etwas mehr Elan! Oh, hast du übrigens schon den neusten Tratsch gehört?“

Enji weiß nicht, wovon sie redet, aber das wundert ihn nicht. Er beteiligt sich nicht an irgendwelchem Klatsch aus der Presse, sondern filtert nur das Wichtige heraus. Außerdem ist er die letzten Wochen neben seiner Arbeit…anderweitig beschäftigt gewesen…

„Also~“, beginnt sie verschwörerisch, kommt aber nicht dazu, weiterzureden.

„Oh~ störe ich hier ein Date~“, zwitschert eine ihm viel zu bekannte Stimme, was ihn abrupt erstarren lässt.

Was zur Hölle…?!

Miruko scheint es amüsant zu finden, denn sie lacht auf, funkelt den Neuankömmling belustigt an.
 

„Eifersüchtig, Hawks?“, säuselt sie zurück, woraufhin der Winged Hero grinst.

„Unbedingt~! Was würden wir zwei für ein hübsches Paar abgeben, Miruko-san~“

Dabei zwinkert er ihr verrucht zu, zeigt ein strahlendes Lächeln…und Enji weiß nicht, wie und ob er reagieren soll. Was passiert hier gerade, zum Teufel? Und was ist das für ein beklemmendes Gefühl in seiner Brust? Es missfällt ihm. Die ganze Situation missfällt ihm, doch er bleibt nur mit finsterem Ausdruck neben ihnen stehen, hört zu.

„Oh oh! Pass auf, dass wir nicht das nächste Opfer der Klatsch-Presse sind~“, gibt sie zurück. „Leider bist du mir ein bisschen zu jung~“

„Oh nein, es ist passiert! Der erste Korb meines Lebens!“, kommt es von Hawks und er seufzt theatralisch. „Wie soll ich das nur überwinden…“

Miruko lacht abermals, ehe sie abwinkt.

„Ich wette, da gibt es Dutzende Mädchen, die dich darüber hinweg trösten…oder Männer~“, fügt sie noch zwinkernd an und Enji spürt den Stein in seinem Magen.

Nein. Nein, sie kann nicht wissen, dass sie beide…nein, das meint sie nicht mit Tratsch…oder? Waren sie zu unvorsichtig? Er versucht, seine Mimik zu kontrollieren, doch er wird leichenblass und spürt die Übelkeit in seinem Magen. Hawks scheint das kein bisschen zu tangieren, denn er scherzt munter weiter.

„Oh~ du kennst mich so gut, Miruko-san! Gib es zu! Du bist heimlich Mitglied meines Fanclubs!“

„Die Vorsitzende sogar~“, geht sie darauf ein und beide lachen.

Dann aber hält sie inne, spitzt die weißen Hasenohren und ihre Augen weiten sich.

„Oh, da ist Ryukyuu! Ciao, bis später!“

Und damit hoppelt sie davon – ja, sie springt tatsächlich mit ihren Absätzen davon. Enji ist immer noch speiübel, während sich sein Blick ganz langsam auf Hawks fokussiert, welcher gelassen zurücksieht. Seine blonden Haare wirken zerzaust wie immer, doch bei der Kleidung hat er sich etwas mehr Mühe gegeben als sonst. Er trägt eine lockere, graue Stoffhose, ein weißes Shirt und ein dunkelblaues Sakko darüber. Es steht ihm, wirkt nicht zu elegant, vor allem mit den Sneakern dazu.

Enji weiß nicht, was überwiegt; die Eifersucht wegen dem Flirt mit Miruko eben oder die Angst, dass sie Thema der Medien sind.
 

„Wow, ich kann dich schon wieder denken hören, Endeavor-san.“

Perplex blickt er auf, direkt in Hawks‘ unbeeindrucktes Gesicht, eine buschige Braue gehoben.

„Wundert es dich?!“, zischt er ihm so leise wie möglich zu.

„Nein. Nicht wirklich, aber bevor du dir Sorgen machst…es ist jetzt kein Geheimnis, dass ich ein Frauen- und Männermagnet bin. Guck dir meine Accounts auf Facebook und Instagram an…ich bin ein offenes Buch~ und das meinte sie auch. Sie hat ansonsten keine Ahnung. Beruhig dich.“

Mit diesen Worten, die Enji tatsächlich etwas ruhiger machen, deutet er mit dem Kopf in Richtung einer leeren Ecke. Kurz zögert er, doch dann folgt er dem Winged Hero, der auf dem Weg dorthin noch zwei Gläser Wein von einem Kellner abstaubt. Eines davon reicht er ihm und stößt mit ihm an, was Enji irgendwie unangebracht findet. Dennoch nimmt er einen Schluck…bloß für die Nerven.

„Also…“

Hawks lehnt sich gegen den weißen Stehtisch, wobei er den Blick schweifen lässt, die roten Flügel sind auf seinem Rücken zusammengefaltet.

„…gibt’s noch mehr, was dir auf der Seele brennt oder können wir uns einen schönen, entspannten Abend machen?“

Dabei lächelt er ihn so unschuldig an, als könne er kein Wässerchen trüben. Enji nippt noch mal an seinem Weinglas, ehe er antwortet.

„Was sollte das eben?“, knurrt er dann missgelaunt und Hawks blinzelt.

„Was sollte was?“

Enji knirscht mit den Zähnen, weiß nicht, ob Hawks ihn für dumm verkaufen will oder…es für ihn keine große Sache ist.

„Das eben…mit ihr…“, bringt er finster hervor und nun entgleisen dem Jüngeren die Gesichtszüge.

Eins, zwei…fassungslos…drei und…dann bildet sich ein so breites Grinsen auf seinen Lippen, dass es Enji schaudert. Die bernsteinfarbenen Augen fixieren ihn und…Enji kennt diesen Blick zur Genüge.

„Oh mein Gott…du bist eifersüchtig, eh? Endeavor-san?“

Enjis Wangen müssen mittlerweile in der Farbe seines Weins glühen. Es klingt so lächerlich...ist ihm so peinlich und er weiß, dass es keinen Sinn macht, es zu leugnen.

„Hmpf“, brummt er ausweichend, weil er hier nicht darüber reden will.

Die Wände haben Augen und Ohren. Er will nicht, dass jemand etwas mitbekommt. Unter allen Umständen muss ihre Beziehung geheim bleiben…andernfalls ist sein Ruf im Eimer. Endgültig.

„Keine Sorge, ich halte meinen Mund…ist bloß gut zu wissen. Wirklich, wirklich gut zu wissen. Oh Mann…du weißt nicht, wie glücklich du mich machst~“, schnurrt Hawks wie ein Falke, der seine Beute genüsslich zerfleischt. „Übrigens siehst du heiß aus! Dieser schwarze Anzug steht dir verdammt gut, Number One!“

„…danke“, bringt er eher genervt hervor. „Du…siehst auch…passabel aus.“

Ist es nicht schon ein Fehler, dass sie zusammen hier stehen? Andererseits…ist Hawks der Einzige, mit dem er mehr zu tun hat. Auf ihre Zusammenarbeit bezogen…alles weitere gehört nicht hierher. Hawks schmunzelt über das fragwürdige Kompliment, zwinkert ihm zu, während er einen Schluck Wein zu sich nimmt.

„Von welchem…Gerücht hat sie dann gesprochen?“, murmelt er dem Winged Hero zu, welcher ihn erheitert ansieht.

„Du lebst manchmal wirklich hinterm Mond, was?“

Enji packt das Weinglas fester, hört es gefährlich knirschen.

„Hör auf, mich zu verarschen, und sag mir, was hier läuft. Meine Laune ist so schon nicht die beste…“

„Uh~ wütend bist du nur noch heißer~“

„Hawks!!“

„Haha, schon gut, schon gut, ich werde es dir sagen. Also, pass auf, es-“

„Da ist Hawks!! Hawks!! Ein Interview, bevor es losgeht! Kommt hierher!! Schnell, die Kameras!!“

Keine zwei Sekunden später hat die Meute sie umzingelt – da sie Enjis Interview bereits haben, kann er sich wegschleichen. Ein Glück. Da Hawks wesentlich weniger Probleme mit der Presse hat, diese mit Leichtigkeit um den Finger wickeln kann, hat Enji kein schlechtes Gewissen dabei. Hawks wird ihn schon wiederfinden, wenn es soweit ist. Auch wenn es vielleicht besser wäre, sie würden nicht zu viel reden heute Abend. Was danach passiert, ist eine andere Sache…
 

„Oh, Endeavor! Guten Abend!“

Natürlich kann er nicht mal ein paar Minuten seine Ruhe haben, schon quatscht ihn der nächste Idiot an. Gereizt fährt er herum und blickt in die eingesunkenen Augen seines Gegenübers, der in seinem dunkelblauen Anzug so schmächtig und zerbrechlich wirkt, dass es ihn aufregt. So sollte er nicht aussehen. Nicht, bevor er ihn nicht übertrumpft hat.

All Might lächelt ihn freundlich an, ein Glas Wasser in seiner Pranke, die viel zu groß für seine dünnen Arme wirkt. Er ist ein Schatten seiner selbst…umso schwerer ist es zu glauben, dass er weitermacht. Das muss Enji ihm anerkennen; er gibt nicht auf und setzt sich zur Ruhe, sondern versucht weiterhin, etwas zu bewirken. Dennoch kotzt ihn diese schwache Form an…sie kränkt ihn in seinem Inneren.

„All Might“, erwidert er schroff, doch der Blonde lässt sich davon nicht abschrecken.

„Lange nicht gesehen“, beginnt er einen Smalltalk, den Enji eigentlich nicht will.

Dennoch bleibt er bei ihm stehen, zwingt sich zur Höflichkeit – weil er selbst weiß, dass alle anderen Reaktionen wie die eines trotzigen Kindes wirken würden. Sein persönlicher Groll hängt an seinem Versagen, nicht an All Might selbst.

„Hätte nicht erwartet, dich hier zu sehen“, gibt er zu, woraufhin All Might schief lächelt.

„Nun, sie haben mich eingeladen und…na ja, Ruhestand hin oder her, noch sind sie wohl interessiert an mir, wenn auch…“

Ein Schatten huscht über sein eingefallenes Gesicht, macht deutlich, dass es nicht nur einen Grund für sein Erscheinen hier gibt. Da muss etwas sein, das er nicht aussprechen will. Enji wartet lieber, anstatt in einer offensichtlichen Wunde herum zu puhlen. Eigentlich ist es ihm egal, wenn sich jemand durch seine ruppige Art angegriffen oder verletzt fühlt – aber der Respekt, den er für All Might tief in seinem Inneren fühlt, lässt ihn innehalten.

Er hat sich vorgenommen, sich zu ändern – das gilt nicht nur in Bezug auf seine Familie.

„Wie auch immer“, lenkt All Might mit einem wackligen Lächeln ein. „Ich habe immer noch meine Stiftungen und das hier ist eine wichtige Gala…ich denke, ich bin nicht ganz überflüssig. Aber genug von mir, wie geht es dir? Deine Wunde ist gut verheilt, wie ich sehe?“

Enji stutzt bei dem plötzlichen Themenwechsel, spricht diesen aber nicht an, sondern nickt. Stimmt ja. Seit jenem Kampf mit High-End haben sie sich nicht mehr gesehen…hm…die Narbe. Sein Mahnmal.

„Hn. Ja. Kann man so sagen“, brummt er und trinkt den letzten Rest Wein aus. „Es beeinträchtigt mich nicht, da er nicht das Auge getroffen hat.“

All Might lächelt schief.

„Das ist gut. Ich meine…ich hab den Kampf im Fernsehen verfolgt und…mir ist das Herz in die Hose gerutscht. Ich war so froh, dass du in Ordnung bist…und ich denke, du hast nicht nur mich beeindruckt.“

Beeindruckt hat er All Might? Es ist ihm ein bisschen unangenehm, von seinem Rivalen derart gelobt zu werden. Fühlt sich irgendwie falsch an, da kann er sich nicht helfen. Vielleicht steht zu viel zwischen ihnen, wer weiß, möglicherweise ist es auch Enjis gekränktes Ego.

„Todoroki-shonen war auch sehr erleichtert, sagte mir Aizawa-kun.“

Enji wird hellhörig, starrt All Might an…dann packt er dessen hagere Schultern und schüttelt ihn durch.

„Was hat Shouto gesagt?!“, entfährt es ihm ungläubig.

All Mights Kopf fliegt vor und zurück, was ihm ein Ächzen entweichen lässt.

„Uhm…genau kann ich dir das nicht sagen“, antwortet er ihm und versucht, sich aus dem Griff zu lösen. „Nur, dass er Angst um dich hatte…was ja normal ist. Er ist schließlich dein Sohn.“

Enji hört abrupt auf, das frühere Symbol des Friedens zu schütteln. Bei den Worten spürt er die Scham in sich aufsteigen…und es verpasst ihm einen Dämpfer. Sein Sohn? Ja…hätte er ihn nur nicht behandelt, als wäre er ein…Ding. Ein Werkzeug. Seine Fehler sind furchtbar, nicht mehr gutzumachen, auch wenn er verbissen darum kämpft…und nun sagt ihm All Might, dass Shouto Angst um ihn gehabt hat. Trotz allem, was er ihm angetan hat…und das lässt das Hochgefühl abebben. Er fühlt sich wie das Arschloch, das er gewesen ist. Reue hin oder her.

Sein Sohn hat ein zu gutes Herz, verdammt, wenn er wirklich Angst um ihn gehabt hat. Vielleicht gibt es doch noch Hoffnung…irgendwie einen Draht zu Shouto zu bekommen. Er hofft es…bemüht sich, mehr kann er nicht tun.

„Danke…dass du mir das erzählt hast“, murmelt er, als ihm bewusst wird, dass All Might ihn besorgt mustert.

All Might blickt ihn weiterhin an und auch er muss sich an damals erinnern. An das, was er zu ihm über sein Kind gesagt hat. Vielleicht weiß…oder ahnt der Blonde mehr, als Enji lieb ist, doch er hat den Anstand, nicht nachzuhaken. Wäre er immer noch eine Bedrohung für Shouto, würde er das wohl…doch sein Sohn wurde bereits gerettet. Von diesem grünhaarigen Zwerg. Midoriya Izuku…und dem sollte er wohl dankbar sein.

„Schon gut“, hört er All Might sagen, welcher ihn anlächelt. „Ich muss dann auch weiter…es beginnt bald und ich…sollte jemanden suchen…“

Enji runzelt die Stirn, als sich All Mights Wangen röten und er rasch in der Menge verschwindet.

Eigenartig. Sehr eigenartig, aber gut…sie haben scheinbar alle ihre Geheimnisse. Apropos…Hawks ist ihm noch nicht gefolgt. Entweder kaut er der Presse ein Ohr ab oder sie können nicht genug von ihm bekommen. Ein bisschen Zeit haben sie noch, sodass er sich ein zweites Glas Rotwein schnappt und nach draußen verschwindet.
 

Die kalte Abendluft tut ihm gut und die Terrasse ist groß genug, um einigen Menschen aus dem Weg gehen zu können. Er ist einfach kein geselliger Typ…umso weniger kann er es selbst glauben, dass er was mit Hawks angefangen hat. Seinem absoluten Gegensatz. In jeder Hinsicht.

Vermutlich würde die Presse es nicht mal glauben können, würde ihnen jemand den Floh ins Ohr setzen. Enji hofft es. Den Skandal muss er sich nicht geben. Nicht in Zeiten wie diesen und…auch sonst nicht.

„Hn.“

Er setzt das Glas Wein an die Lippen und nimmt einen großen Schluck, während er die Terrasse genauer betrachtet. Sie gleicht seinen Gärten, alles ist zurechtgestutzt, die Bäume gleichmäßig platziert…und ein paar Bänke gibt es ebenfalls. Die Terrasse ist recht leer, die meisten der Helden sind drinnen, genießen das Ambiente und den Austausch mit Kollegen. Sollen sie nur. Mehr Ruhe für ihn, bevor er sich wieder ins Getümmel stürzen muss, denn zweifellos wird er ein paar Worte sagen müssen.

„Er war doch gerade noch hier!“

„Ich könnte schwören, dass ich ihn gesehen habe!“

Enji runzelte die Stirn, als ein Rudel Reporter, das ihn bereits in der Mangel hatte, an ihm vorbei läuft. Wen haben sie denn jetzt schon wieder im Visier?

„Endeavor-san! Haben Sie ihn gesehen?“

Er sieht zu der jungen Frau im beigefarbenen Kostüm, die ihn hoffnungsvoll ansieht und ihm direkt das Mikrophon ins Gesicht hält.

„…wen?“, knurrt er, woraufhin sie schwer seufzt.

„Eraserhead! Er ist ganz sicher hier, aber irgendwie entwischt er uns jedes Mal!“

„Ah.“

Eraserhead? Enji versucht, sich daran zu erinnern, wer das noch gleich ist. Es will ihm nicht einfallen, auch wenn ihm der Name etwas sagt.

„Jemand hat All Might beim Buffet gesichtet!“

„Vielleicht ist er mit ihm dort!!“

„Hinterher!!“

Und schon stürmen sie zurück in die Halle, gleichen mehr denn je einem Rudel Bluthunde. Enji sieht ihnen nur kurz nach, sich dabei fragend, was All Might mit dem Kerl zu schaffen hat. Dann sagt er sich jedoch, dass ihn das nichts angeht und widmet sich wieder der Terrasse. Er macht ein paar Schritte auf die Balustrade zu, setzt gerade das Weinglas an die Lippen, als ihn ein Rascheln innehalten lässt. Perplex sieht er nach oben, wobei seine Braue nach oben zuckt; was zur Hölle?! In einer der sorgfältig getrimmten Baumkronen sitzt ein Mann im schwarzen Anzug und blickt ihm monoton entgegen.

„…“

„…“

Enji verengt die Augen, während er den seltsamen Kerl mustert, bis…es ihm wieder einfällt. Eraserhead ist ein sogenannter Underground-Hero…und er ist der Klassenlehrer seines Jüngsten. Aizawa Shouta. Er meidet die Medien und bis zu jenem Vorfall, bei dem ein Schüler der UA entführt wurde, ist er nie öffentlich in Aktion getreten. Heute ist er nicht so glatt rasiert wie im Fernsehen, was ihn älter aussehen lässt, aber er ist es zweifellos. Warum interessieren sich die Reporter so sehr für den Kerl?
 

„Sie sind weg“, brummt er gerade so laut, dass der Typ es nicht überhören sollte. „Haben es auf All Might abgesehen.“

Ein Schatten flackert über das Gesicht des Lehrers. Enji sieht ihn zögern, bevor er sich – und dabei ist er so agil wie eine verdammte Katze – von dem Ast, auf dem bis eben noch gesessen hat, herunterschwingt und in der Hocke landet. Warum ist er überhaupt hier, wenn er Aufmerksamkeit so sehr verabscheut? Als Underground-Hero hat er die Möglichkeit, nicht präsent sein zu müssen…anonym zu bleiben. Oder ist er ausdrücklich eingeladen worden?

Enji sieht, wie er sich ein paar Blätter aus den zusammengebundenen Haaren zupft, dabei verärgert aussieht.

„Wie Bluthunde…“, hört er ihn grummeln und trinkt schnell noch einen Schluck Wein, bevor der andere ihn grinsen sieht.

Da sind sie schon mal einer Meinung, auch wenn das nicht erklärt, warum er sich freiwillig hierher begibt.

„Warum kommt einer wie du überhaupt hierher?“, fragt er nach und der andere hält inne. „Dachte, ihr Unterground-Heroes bleibt solchen Veranstaltungen fern?“

Er sieht, wie Eraserhead die Brauen zusammenzieht und ihn regelrecht prüfend ansieht; hat er was Falsches gesagt? Nicht, dass das zwischendurch nicht vorkommt, aber die Frage ist legitim; wo ist das Problem?

„…oh“, murmelt er schließlich trocken. „Sie haben es noch nicht gehört.“

Wovon spricht der Kerl? Moment! Geht es schon wieder um dieses ominöse Gerücht, von dem alle reden und das er als einziger noch nicht kennt? So langsam beginnt es ihn zu wurmen…

„Was gehört?!“, schnappt er vielleicht eine Spur zu wütend, denn Eraserhead runzelt die Stirn.

„Schon gut. Hm. Ich sollte reingehen…ist nicht fair, mich zu verstecken, wenn er belagert wird.“

Verdutzt sieht er ihn an, wobei es ihm schwer fällt, ihm zu folgen; redet er von All Might? Hat er was mit dem Klatsch zu tun? Wenn er so darüber nachdenkt...hat All Might nicht gemeint, er würde jemanden suchen wollen? Etwa Eraserhead? Von einem neu formierten Team konnte man hier sicher nicht ausgehen, schließlich befindet sich All Might im Ruhestand. Hängt vielleicht mit ihren Lehrposten zusammen…das würde wenigstens etwas Sinn ergeben.

Nun, Eraserhead fehlt anscheinend die Geduld zu warten, bis er den Fall durchdacht hat, denn er hat sich längst abgewandt und ist in die Halle geschlichen.
 

„Hab ich dich gefunden, Number One~!“

Enji lässt beinahe das Weinglas fallen, als ihm eine Hand auf den Rücken schlägt, ihn herumfahren lässt. Verärgert sieht er Hawks an, der ihn breit angrinst, die roten Flügel gespreizt.

„Ah, hier kann man sich wenigstens mal ausstrecken…netter Ort!“, plappert er los und lehnt sich neben ihm gegen die Balustrade. Er stützt die Ellenbogen darauf und lässt den Blick schweifen. Eigentlich will Enji ihn anknurren, dass er sich zusammenreißen soll…tut es dann aber doch nicht. Was soll’s. Hier draußen zusammen gesehen zu werden, ist keine Sünde…sofern sie nicht die Dinge tun, die sie sonst…tun.

„Ohne die ganzen Leute wäre das hier echt ein toller Ort für ein Date, was? Was ich hier mit dir anstellen würde…“

„Hawks!“, grollt er mit rotem Gesicht, doch der Winged Hero lächelt bloß unschuldig zu ihm hoch.

„Hm~?“

„Nicht hier.“

Natürlich kann der Vogel nicht den Schnabel halten. Nicht auszudenken, wenn das jemand mitbekommt. Andererseits ist es Hawks, der sich immer hundertprozentig absichert, indem er seine Federn platziert, damit ihm nichts entgeht. Bezüglich ihres Arrangements sind sie sich scheinbar einig, dass niemand davon erfahren darf. Er weiß nicht, was Hawks‘ Gründe dafür sind, denn sonst hat er ja auch kein Problem damit, sein Privatleben zu teilen, doch er ist froh darüber. Vielleicht tut Hawks das wegen ihm, weil er weiß, dass es vorbei ist, wenn jemand davon Wind bekommt.

„Schon gut“, hört er ihn schmunzelnd sagen. „Lass uns einfach die letzten paar Minuten genießen, bevor es anfängt. Die sitzen schon alle auf heißen Kohlen…hast du ne Ansprache vorbereitet?“

„…nein“, brummt er. „Ich weiß, was ich sagen will.“

„Kurz und knapp, was?“

„Falls du mir nicht dazwischen quatschst.“

„Würde ich nie wagen, Endeavor-san~“

„Sicher.“

Sie schweigen eine Weile, blicken in die Ferne und Enji fällt wieder auf, wie normal es sich anfühlt, so mit dem anderen zu reden. Die Vertrautheit ist angenehm…und der Gedanke, später mit Hawks zu verschwinden…es ist etwas, auf dass er sich freut. Hawks gibt ihm das Gefühl, gewollt zu sein…und mittlerweile weiß er, dass es das ist, was er braucht. Manchmal, wenn Hawks in seinem Arm oder Schoß döst, wird Enji den Gedanken nicht los, dass dies vielleicht auf Gegenseitigkeit beruht.

Wenn der Winged Hero die Wahrheit gesagt hat, lässt er sonst niemanden so nah an sich ran. Es gibt diese Momente, in denen Hawks plötzlich ernst wirkt…so als gäbe es auch in seinem Hintergrund Dinge, die er ungeschehen machen will. Vielleicht sind seine Vermutungen Unsinn, denn seit wann ist er sensibel genug, um andere Menschen lesen zu können? Vielleicht will er es auch nur glauben, um sich selbst besser zu fühlen.
 

„Stellst dir vor, was nach der Gala passiert, hm?“, neckt Hawks ihn und wackelt mit den Brauen.

Enji schnaubt.

„Möglich?“, erwidert er, woraufhin Hawks lacht.

„Ich verspreche dir, es wird aufregender als diese lahme Gala! Ich meine…Sinn und Zweck, okay, verstanden, aber seien wir doch mal ehrlich…dieses oberflächliche Getue, die schicken Klamotten und das Gequatsche…alles Show, um die Leute einzuwickeln und abzulenken…ihnen eine heile Welt vorzugaukeln.“

Enji kann dem nur zustimmen, denn genau das ist der Sinn dieser Gala. Investoren finden, seine eigenen Projekte in den Vordergrund stellen, den Medien etwas geben, über das sie berichten können. Es ist das, was die Leute wollen…und was die Stain-Anhänger, von denen es immer mehr gibt, verachten.

„Sei nicht immer so vorlaut“, murrt er dennoch, woraufhin Hawks abermals lacht.

„Keine Sorge, ich hab mich bei der Presse zurückgehalten. Ihnen Honig ums Maul geschmiert und so weiter…ich weiß, dass das Ganze für einen guten Zweck ist. Ich will nichts sabotieren.“

„Besser ist es…und jetzt lass uns reingehen. Es wird langsam Zeit.“

„Zu Befehl, Boss!“

Enji funkelt ihn finster an, als der Jüngere gespielt salutiert, dann aber wieder in die Halle wuselt. Der Flame Hero schüttelt den Kopf über ihn, folgt ihm jedoch. Während er sich durch die Menge einen Weg in Richtung der Bühne bahnt, sieht er aus den Augenwinkeln einen blonden Wuschelkopf. Es ist All Might, der an einem der Stehtische steht…zusammen mit Eraserhead. Sie unterhalten sich – und da Enjis Ansprache in Kürze beginnt, haben die Reporter wohl von ihnen abgelassen. Enji will sich gerade abwenden, als er sieht, wie All Might mit einer seiner Pranken nach Eraserheads Hand greift…und diese drückt. Sein Lächeln ist sanft, seine blauen Augen leuchten…und der Underground-Hero sieht grimmig und gleichzeitig verlegen zur Seite – ohne seine Hand wegzuziehen. Plötzlich fügen sich die Puzzleteile des Abends zusammen und…verschlagen Enji die Sprache. Das kann doch nicht wahr sein…

Es fällt ihm schwer, doch schließlich wendet er sich von dem Anblick ab; er bezweifelt, dass in seinem Kopf jetzt Platz für seine Rede ist…aber da muss er durch. Und irgendwie diese verstörende Erkenntnis verdauen.
 

„All Might hat was mit…Eraserhead?“

Hawks hebt eine Braue, während er etwa eine Stunde später mit ihm an einem der Tische steht und vor ihnen beiden befindet sich jeweils ein neues Glas Wein. Den hat Enji jetzt auch nötig.

„Sieht ganz so aus, nicht wahr? Hab auch erst gedacht, dass das der übliche Klatsch ist, dem man nicht glauben kann…aber wenn man sich die zwei so ansieht…soweit ich weiß, haben sie’s nicht mal abgestritten.“

Enji setzt das Glas an die Lippen, nimmt einen kräftigen Schluck Rotwein zu sich. Betrinken erscheint ihm plötzlich vernünftig. All Might hat was mit diesem Typen. Mit diesem seltsamen, in sich gekehrten…Mann, der das komplette Gegenteil von ihm ist. Unweigerlich mustert er Hawks…Scheiße. Eine Gemeinsamkeit. Auch wenn bei den beiden der Altersunterschied wohl wesentlich geringer ist. Zumal All Might nicht verheiratet ist…und keine Kinder hat. Vermutlich feiern sie ihn für sein Outing, sollte es eines geben, während sie Enji mit Mistgabeln und Fackeln jagen würden. Er braucht mehr Wein.

„Schockiert dich das?“, fragt Hawks belustigt. „Du wirst doch nicht etwa homophob sein~“

Enji schaut ihn erbost an, woraufhin der Jüngere noch breiter grinst. Als ob er noch das Recht hat, irgendwen zu verurteilen…wahrscheinlich sollte er froh sein, dass der Fokus auf All Might und seinem…Freund liegt. Deswegen haben sie Eraserhead eingeladen, obwohl ihn kaum einer kennt. Vermutlich ist er nur gekommen, um All Might zu unterstützen, auch wenn er damit die Gerüchte erst recht anheizt – oder gar bestätigt.

„Wenn’s dich so sehr interessiert, können wir ja hin und hallo sagen? Fragen, ob sie miteinander gehen und-“

„Wie alt bist du?“, grollt Enji ihn an.

„Oh~ das weißt du ganz genau“, zwitschert Hawks amüsiert. „Ich mach doch nur Spaß. Lassen wir den beiden ihre Ruhe…und außerdem will ich bald hier abhauen. Du nicht auch?“

Bei diesen Worten blitzt etwas in Hawks‘ Bernsteinen auf, das heiße Lava durch seine Venen schießen lässt – jedenfalls fühlt es sich so an. Natürlich will er hier weg…mit Hawks allein sein, aber schon jetzt zu gehen, erscheint ihm nicht richtig. Es wäre einfacher, wenn es kein Geheimnis wäre, aber aus besagten Gründen wird es das für immer bleiben müssen. Es steht zu viel auf dem Spiel für ihn…und vielleicht auch für Hawks.

Enji fällt wieder auf, wie wenig Privates er über den Winged Hero weiß. Sicher, er kennt diese gestellten Fotos, auf denen er posiert…doch er fragt sich, was dahinter steckt. Gleichzeitig scheut er sich davor, Fragen zu stellen. Vielleicht will er es auf dieser Ebene belassen. Vielleicht reicht ihm die Oberfläche…denn alles, was Hawks über ihn weiß, hat er ihm mehr oder minder freiwillig mitgeteilt. Hawks hat nicht gefragt. Das tut er nie.

„Endeavor-san?“

Enji blinzelt, weiß gar nicht mehr, was Hawks zuvor gefragt hat…wobei…oh, doch, es fällt ihm wieder ein. Er brummt nur, gibt aber keine direkte Antwort, was Hawks den Kopf schief legen lässt.

„Bitte sag mir, dass wir kein Problem haben. Nicht schon wieder.“

Irritiert sieht er den Jüngeren an, braucht einen Moment, um zu verstehen.

„Nein“, erwidert er dann. „Haben wir nicht. Ich…schon gut. Es ist alles in Ordnung.“

Ihm entgeht Hawks‘ Skepsis nicht, doch er fragt nicht weiter nach; besser ist es, denn Enji will das hier nicht weiter ausführen.

„In einer Stunde kannst du verschwinden“, fügt er noch an und sieht, wie Hawks stutzt. „…ich komme nach.“

Anscheinend hat er geglaubt, dass es doch ein Problem gibt, denn er lächelt ihn an. Es ist ein erleichtertes Lächeln. Eins, das ihm warm werden lässt…und das ihm gut tut. Nein. Kein Problem…aber Enji kann es kaum erwarten, hier wegzukommen.
 

Diesmal ist es wieder ein Hotelzimmer. Enji hat es bereits vor der Gala reserviert und darauf geachtet, dass es nicht in der besten Gegend liegt. Das Letzte, was er will, ist, jemanden überraschend zu treffen. Er hat gerade die Tür hinter sich geschlossen, als sich das Federvieh auch schon auf ihn stützt – und das ist nicht übertrieben. Er sieht nur rote Federn und Bernstein, schmeckt den süßlichen Wein an Hawks‘ Lippen…und er ist verloren.

Er prallt im ersten Moment gegen die Tür, da der Jüngere viel Schwung genommen hat, dabei sein Hemd packt. Enji stöhnt in den leidenschaftlichen Kuss, während er seine Arme unter Hawks‘ Hintern schiebt und ihn hochhebt. Der Winged Hero schlingt sofort die Beine um ihn, klammert sich an ihn, ohne ihre Lippen voneinander zu lösen. Bereits jetzt spürt er die Erregung des anderen durch die Hose…und verdammt, er will ihn. So sehr, wie er noch nie einen anderen Menschen gewollt hat.
 

Hawks hält die Zügel in der Hand, während sie einander die Haare zerwühlen, an der Kleidung reißen, um mehr Haut zu spüren…und sich schließlich nackt im Bett zu räkeln. Jedes Mal, wenn ihn die Federn streifen, jagt es ihm einen Schauer über den Rücken. Hawks sitzt auf ihm, lässt sein Becken kreisen, was Enji keuchen lässt. Sein Glied presst sich so hart gegen das des anderen, dass er befürchtet, dass er allein von Hawks‘ Anblick kommt.

Er will mehr, will es rauszögern…obwohl er sonst eher ungeduldig ist. Seine Pranken liegen an den schmalen Hüften, während sich Hawks auf ihm bewegt…sich die Lippen leckt und leise stöhnt.

„Scheiße, ich will dich!“, hört er ihn raunen und schaudert erneut.

Wie kann man so ungehemmt sein? So einfach aussprechen und zeigen, was man will? Selbst in dieser Situation kann Enji es nicht über sich bringen, etwas Ähnliches zu sagen. Stattdessen greift er in Hawks‘ Nacken und zieht ihn zu sich runter, um abermals nach seinen Lippen zu schnappen. Dass das hier mehr als Sex ist…steht für ihn spätestens jetzt außer Frage. Dafür…fühlt er zu viel. So sehr er es auf eine belanglose Affäre herunterbrechen will…das ist es einfach nicht. Das Feuer in seinem Inneren lodert auf, als er spürt, wie Hawks‘ Hand zwischen ihre Körper gleitet…anscheinend hat er verstanden, dass es heute nicht zum Äußersten kommen wird. So sehr Enji ihn auch will…diesen Schritt kann er nicht gehen. Noch nicht. Keine Ahnung wann…

„Is…okay…nicht denken…mh…nicht jetzt…hah…“, nuschelt Hawks gegen seinen Mund, als hätte er seine Gedanken gelesen. „Mh…so gut…~“

Er stöhnt gegen Hawks‘ Lippen, die sich gegen seine eigenen bewegen…spürt dessen Finger an seinem Glied und drückt ihm sein Becken entgegen. Mit der freien Hand streichelt er über Hawks‘ Seite, seinen Rücken…hinab zu seinem Hintern und wieder hoch. Er verliert sich…wie jedes Mal, wenn sie auf diese Weise zusammen sind.
 

Sie gehen danach nicht direkt duschen – obwohl der Impuls da ist und Enji ihm nur schwer widersteht. Zwischen ihren Körpern klebt es, sie sind verschwitzt und eigentlich kann er das nicht leiden. Allerdings ist es unmöglich, sich von Hawks zu lösen, wenn sich dieser so an ihn schmiegt, das Gesicht an seiner Brust vergraben. Enji bleibt mit ihm liegen, während der Fernseher leise läuft…und er Hawks durch die blonden Haare krault.

Nein, das hier ist mehr als eine Affäre und es macht ihm gewissermaßen Sorgen…weil er nicht weiß, wohin das hinführt…oder was in Hawks‘ Kopf vor sich geht.

Enji lässt die Finger zu seinem Nacken hinabgleiten, bis hin zum Rücken, von wo aus er die roten Flügel berührt. Er fährt durch die dichten Federn, streift sie vorsichtig mit den Fingerkuppen. Einige sind weich und flauschig, andere fühlen sich steif und regelrecht scharf an.

Ein wohliges Seufzen ertönt von dem Winged Hero, während dieser weiter an ihn gelehnt bleibt.

„…du weißt, dass es…sowas nicht geben wird. Das…von vorhin, meine ich. Mit uns.“

Enji weiß nicht, warum er es sagt. Vielleicht muss er es für sich selbst klarstellen. Vielleicht liegt es an seinen Gefühlen, die er nicht einordnen kann, die aber definitiv tiefer gehen, als es ihm lieb ist.

Hawks hebt den blonden Wuschelkopf, sieht ihn mit müdem Blick fragend an.

„Huh?“

„…du weißt, was ich meine“, beharrt Enji. „So ein…was All Might mit…“

„Oh“, kommt es dumpf von Hawks. „Du meinst ein Outing.“

Enji nickt, bereut gleichzeitig, es angesprochen zu haben. Es ist ihm plötzlich unangenehm, weil er nicht weiß, wie Hawks wirklich dazu steht. Ob er hiermit eine Grenze überschreitet, denn…nur weil er mehr in das zwischen ihnen hinein interpretiert, muss Hawks nicht genauso fühlen. Was denkt er sich eigentlich? Hawks ist jung und attraktiv, steht am Anfang seine Karriere…das hier ist nichts für immer.

„Vergiss es“, murrt er und ärgert sich über sich selbst. „War ein harter Tag, ich-“

Er stockt, als sich Hawks auf ihn rollt, sich mit den Ellenbogen auf seiner Brust abstützt und seine Wangen umfasst.

„Ja. Ich weiß“, erwidert er ruhig und sieht ihm dabei in die Augen. „Versteh mich nicht falsch, Endeavor-san…aber ich will genauso sehr wie du, dass das mit uns…nun…unser Geheimnis bleibt. Es ist das Einzige, was ich…“

Hawks stockt, denn anscheinend hat er schon wieder etwas sagen wollen, bei dem er sich nicht sicher ist, ob er es preisgeben kann. Dann aber überwindet er sich, seine Mimik glättet sich.

„…für mich will“, endet er schließlich.

Enji sieht ihn an und spürt sein Herz schon wieder rasen, denn obwohl er die Worte nicht ganz versteht, merkt er, dass das mit ihnen auch für Hawks etwas Besonderes ist. Das Einzige, was er für sich will. Wie meint er das? Sollte er nicht alles haben können, was er sich wünscht? Was ist das für eine Bitterkeit in Hawks‘ Blick?

„Du kannst mit mir reden.“

Es ist die indirekte Frage danach, ob alles in Ordnung ist. Ob ihn etwas belastet, das er mit ihm teilen will. Hawks hält inne, weitet seine Augen leicht, als wäre das ein absurder Vorschlag…doch dann lächelt er. Es ist ein stilles, warmes Lächeln, das etwas in Enji trifft. Was verschweigt er ihm?

„Ich rede doch schon genug“, gibt er schmunzelnd zurück und lehnt die Stirn an seine. „Danke, aber…das hier ist perfekt. So wie es gerade ist.“

Damit drückt er ihm einen Kuss auf die Lippen und kuschelt sich wieder an ihn. Enji ahnt, dass er etwas verdrängt, so wie er selbst es auch oft tut. Andererseits hat Hawks Recht; das hier ist perfekt. Gerade ist es das. Für sie beide.

Enji lehnt sich zurück und fährt fort, Hawks durch die Haare zu streicheln. Entschlossen, jeden Moment zu genießen. Egal, von welcher Dauer diese Momente sein werden.

Ruby

Es ist seltsam, wie schnell man sich an etwas gewöhnen kann…oder an jemanden.

Enji ertappt sich nicht zum ersten Mal, wie er morgens neben sich greift, in der Annahme, er würde ein paar rote Federn erwischen. Natürlich liegt Hawks nicht neben ihm auf dem Futon. Hat er nie. Sie treffen sich ausschließlich in seiner Hütte mit Onsen oder im Hotel. Hier wohnen seine Kinder und wenn eines von ihnen erfahren würde, was er mit dem Winged Hero alles…treibt…nein. Er hat schon einen schlechten Stand, da braucht er nicht noch mehr Minuspunkte.

Dabei treffen sie sich nicht einmal so oft, dass es Routine sein könnte. Unregelmäßige Zeitabstände. Sie sind beide beschäftigt. Leben nicht in derselben Stadt.

Enji hasst es, dass er den Vogel vermisst, wenn sie sich besonders lange nicht gesehen haben. Eigentlich vermisst er ihn schon jetzt. Er seufzt genervt und dreht sich auf den Rücken, blickt vor sich hin, während er auf seinem traditionellen Futon liegt. Er wird gleich duschen, sich anziehen und dann zur Patrouille aufbrechen.

Abends wird Fuyumi kochen. Sie werden zu viert sein. Eine der wenigen Familienrunden, die scheinbar nur seiner Tochter am Herzen liegen.

Enji seufzt stumm, denn eigentlich bedeutet es ihm auch etwas. Er erträgt nur Shoutos Schweigen und Natsuos Ablehnung nicht – auch wenn er weiß, dass er sie verdient hat. Die gemeinsamen Essen sind mehr eine Herausforderung als ein harmonischer Abend, doch für Fuyumi versucht er es. Auch, weil er nicht wie ein Feigling vor seiner Verantwortung weglaufen will.

Möglicherweise verzeihen ihm seine Kinder nie, das kann er nicht ändern…aber das heißt nicht, dass er sich nicht bemühen muss. Er will eine Beziehung zu ihnen aufbauen. Er will, dass Rei nach Hause kommt, selbst wenn er dann ausziehen wird. Vielleicht lässt er auch ein neues Haus für die vier bauen. Der Gedanke kommt ihm in letzter Zeit immer öfter, denn an ihrem jetzigen Zuhause hängen einfach zu viele schlechte Erinnerungen. Auch wegen Touya…

Er atmet einmal tief durch, ehe er sich aufrafft, um sich fertig zu machen. Wenigstens seinem Job als aktuelle Nummer eins will er gerecht werden.
 

Als er abends in seinem Büro in der Agentur sitzt und den Papierkram erledigt, erwischt er sich zwischendurch dabei, wie er immer mal wieder auf sein Handy schaut. Die einzige private Nachricht, die er bekommen hat, ist von Fuyumi. Ob er es pünktlich zum Essen schafft – was er bejaht hat. Der Tag ist nicht sonderlich ereignisreich gewesen. Er hat ein paar jugendliche Nachwuchsbösewichte, die einen Laden überfallen haben, zum Heulen gebracht und der Polizei übergeben, eine alte, demente Dame zurück nach Hause gebracht und zwei Menschen aus einem brennenden Gebäude gerettet. Alltag. Keine Spur von der League of Villains oder einem anderen großen Fisch, den es sich zu fangen lohnt.

Es frustriert ihn, obwohl er weiß, dass jede Tat seine Wichtigkeit hat. Dennoch, wenn er an den Vorfall in Kyushu denkt, pocht seine Narbe warnend. Er sieht den Nomu vor sich, kurz bevor er ihm das Gesicht aufschlitzt. Dabis verrücktes Lachen hallt in seinem Kopf wider.

Enji unterschreibt ein weiteres Dokument, legt es auf den Stapel neben sich und wirft einen Blick auf die Uhr. In einer halben Stunde muss er los, wenn er nicht zu spät kommen will.

Abermals fasst er das Display seines Handys ins Auge. Es ist nicht so, dass sich Hawks täglich bei ihm meldet, aber es sind jetzt schon ein paar Tage ohne ein Lebenszeichen vergangen. Manchmal schickt Hawks ihm ein Foto von sich…oder letztens von seinem nackten Hintern. Dieses schamlose Stück…

Gelegentlich kommen ein paar dumme Sprüche oder Behauptungen, dass er ihm fehlt. Trotzdem er meistens einsilbig antwortet, tut es ihm irgendwie gut. Zu wissen, dass jemand gern in seiner Nähe ist und ihn vermisst. Es ist nicht seine Art, seine Gefühle und Wünsche so offen darzulegen, wie Hawks es tut. Er will es auch gar nicht, denn was dabei herumkommt, wenn er versucht, sich anzupassen, hat er ja bei diesem Jungen gesehen, der ihn um ein Autogramm gebeten hat. Nein. So eine peinliche Nummer leistet er sich bestimmt nicht noch mal. Er ist kein dauergrinsender All Might und er ist kein Plappermaul wie Hawks. Er ist nun mal eher ernst und grimmig.

Außerdem will Hawks ihn auch gar nicht anders haben. Jedenfalls, wenn das letztens die Wahrheit gewesen ist. Enji hat zu Anfang gedacht, er wüsste, was für eine Sorte Mensch der freche Vogel ist. Ein Großmaul mit dem Kopf in den Wolken, überheblich und provokant. So falsch hat er damit auch nicht gelegen, aber da ist noch mehr. Eine Seite, die Hawks ihm nicht zeigen will, die aber dennoch ab und zu durchsickert. Vielleicht irgendwann…

In den letzten Wochen hat man Bilder von All Might auf jeder Titelseite prangen gesehen. Der Kerl ist sogar berühmt, wenn er im Ruhestand ist. Er und sein skurriler…Freund, von dem es kaum ein vernünftiges Bild gibt, abgesehen von den Schnappschüssen auf der Pressekonferenz, die schon einige Zeit zurückliegt. Die beiden passen irgendwie kein Stück zusammen…genau wie Hawks und er selbst.
 

Aber scheinbar muss er sich nicht um ein sogenanntes Coming Out sorgen. Schließlich hat Hawks ja selbst gesagt, dass er sowas nicht möchte. Wahrscheinlich weiß auch er, dass die Medien sie zerreißen würden. Er, der geile alte Bock, der sich an den aufstrebenden Jüngling ranmacht. Er sieht die Schlagzeilen schon vor sich. Wer würde ihm glauben, dass es Hawks ist, der ihn verführt hat? Nahezu jeder würde glauben, dass er dem armen Vögelchen Versprechungen gemacht hat, ihn ausnutzt oder unter Druck gesetzt hat. Oder sie drehen es so, dass Hawks das Flittchen ist, das seine Ehe zerstört hat. Na ja, den Teil hat er gut selbst hinbekommen, dafür braucht er den Jüngeren nicht. Jedenfalls ist jedes Szenario gleichbedeutend tödlich für ihre Karriere.

Wenn er sich dann noch die Reaktionen seiner Familie vorstellt, wird ihm speiübel. Natsuo würde ausrasten, das tut er ja schon jetzt zur Genüge. Mit einer Affäre, die nicht viel älter ist als sein Sohn, hätte er es endgültig versaut. Vermutlich würden sie alle dasselbe denken – dass er Hawks zwingt und misshandelt. Wenn sie überhaupt damit klarkommen würden, dass er mit einem Kerl…nein. Es gibt Sachen, die niemals passieren dürfen.

Hawks will ihn für sich? Sehr gut. Er will dasselbe. Und apropos Hawks…vielleicht sollte er ihm ausnahmsweise als Erster schreiben. Es ist einige Zeit her, das sollte also in Ordnung sein und nicht so…wirken, als würde er ihn…verzweifelt vermissen. Oder? Zwiespalt.

Enji nimmt zähneknirschend sein Handy in die Hand und öffnet den Chatverlauf, wobei ihm Hawks‘ zwinkerndes Profilbild direkt ins Auge springt.
 

Bin heiß drauf, mal wieder ein paar Yakitori mit dir zu teilen, wenn du weißt, was ich meine~
 

Das ist die letzte Nachricht, die Enji unkommentiert gelassen hat. Hinter den Satz hat der Vogel drei Flammen-Emojis gesetzt. Hawks macht das gern. Irgendwelche Emojis hinter seine zweideutigen Sprüche packen. Bei manchen ist Enji nicht immer sicher, was sie bedeuten, doch zugeben wird er das nicht.

Er zögert merklich, während sein Zeigefinger über dem Touchscreen schwebt. Was will er eigentlich schreiben? Ohne dass er sich blamiert…

Er tippt einen Satz…und ändert ihn. Schreibt ihn neu…
 

Komm mal wieder vorbei geflattert. ;-)
 

…und löscht ihn komplett. Was für ein Unsinn. Verdammt. Noch mal von vorn.
 

Bist du demnächst mal wieder in der Gegend?
 

Enji liest sich den Satz dreimal durch. Keine Zweideutigkeit, kein komischer Slang, keine Smileys…aber es klingt nach ihm. Ja, damit kann er leben, ohne sich später in Grund und Boden zu schämen. Er schickt die Nachricht ab. Wartet ein paar Minuten. Anscheinend ist Hawks beschäftigt, denn die Haken färben sich nicht blau.

Gut. Dann eben später. Er muss jetzt sowieso los, wenn er zuhause schnell duschen und sich umziehen will, bevor das Abendessen beginnt. Vielleicht antwortet Hawks heute auch gar nicht mehr, sie haben eben beide einen anspruchsvollen Job. Enji seufzt und erhebt sich dann von seinem Stuhl, steckt das Handy weg, ehe er sich auf den Weg macht.
 

Als er heimkommt, ist Fuyumi schon dabei, alles vorzubereiten, und begrüßt ihn mit einem freundlichen Lächeln. Sie trägt ihre rosa Schürze, hat die Haare zusammengebunden, damit sie nicht beim Kochen stören. Shouto und Natsuo sind noch nicht da. Auf die Frage, ob er ihr helfen soll, schüttelt sie bloß den Kopf und meint, dass er in Ruhe duschen und sich fertig machen soll. Sie ist ein Engel. Anders kann man das nicht sagen. Auch wenn er weiß, dass sie ebenfalls Narben von seinen Fehlern davongetragen hat, ist sie die Einzige, die sich wohl um eine annehmbare Beziehung zu ihm bemüht – obwohl sie das nicht müsste. Er kann ihr dafür nicht genug danken und hofft, dass das Abendessen einigermaßen friedlich verläuft.

Er checkt noch zweimal sein Handy, doch die Nachricht ist weiterhin ungelesen. Die aufsteigende Enttäuschung kommt ihm selbst lächerlich vor, schließlich ist er ja auch nicht immer erreichbar. Muss daran liegen, dass er den frechen Vogel allmählich doch vermisst.

Enji blickt grimmig in sein Spiegelbild, das vom heißen Wasserdampf noch ein bisschen verschwommen ist. Die Narbe sticht zuerst hervor, man kann sie nicht übersehen, weil sie nahezu sein halbes Gesicht überzieht. Hawks findet sie sexy. Er selbst findet sie hässlich, aber es ist auch nicht so, als würde es ihn groß kümmern. Sie steht für etwas und er hat sie verdient.

Sein Körper ist durchtrainiert, doch das hat er sich selbst erarbeitet und muss auch jetzt dran bleiben. Er hat keinen Quirk, der sowas für ihn regelt. Nicht wie gewisse andere Menschen. Er schnaubt leise und trocknet sich dann ab, um sich anzuziehen. Weißes Hemd, dunkelgraue Hose, so wie meistens, wenn er sein Kostüm nicht trägt.
 

Als er die Küche betritt, scheint Fuyumi in den letzten Zügen zu sein und es riecht auch schon sehr gut. Ein Lächeln liegt auf ihren Lippen, während sie dort steht und ihr Mapu Tofu in eine große Schüssel füllt. Seitdem Rei nicht mehr bei ihnen wohnt, hat sie das Kochen übernommen. Scheinbar tut sie es gern, kann es inzwischen auch wirklich sehr gut, aber…manchmal fragt er sich, ob das so richtig ist. Ob das nicht eine weitere Bürde ist, die er ihr aufgehalst hat.

Er räuspert sich und sie sieht auf, lächelt ihn an.

„Oh! Ich bin so gut wie fertig! Natsu und Shouto sitzen schon drüben…uhm, nimmst du das hier noch mit rüber? Und…uhm…ich dachte, es wäre nett, wenn wir vielleicht mal nicht nur zu viert sind.“

Enji runzelt die Stirn, hört zwar, was sie sagt, doch weiß er nicht, was sie meint. Hat sie jemanden eingeladen? Hoffentlich nicht. Das Dilemma kann sich ja keiner antun.

Rei schließt er von vornherein aus, schließlich wissen sie alle, dass es ihren halbwegs stabilen Zustand wieder verschlechtern würde, wenn sie sich begegnen würden. Nein. Das muss selbst Fuyumi, die sich so sehr um eine heile Familie bemüht, einsehen.

„Das heißt?“, fragt er schroff und nimmt die Schüssel mit dem Mapu Tofu sowie eine weitere mit Reis an sich.

„Du wirst dich sicher freuen!“, verspricht sie und zwinkert ihm zu.

Er könnte sie jetzt weiter dazu drängen, ihm zu sagen, wer da noch sitzt, aber wozu, wenn er selbst schauen kann. Dennoch…das ungute Gefühl, das ihn plötzlich beschleicht, wird er nicht los. Es gibt ja nicht allzu viele Möglichkeiten und die eine, die ihm gerade in den Sinn kommt…nein. Das würde er nicht wagen. Das…darf nicht wahr sein.

Er hört durch die dünnen Schiebewände aus Papier Stimmen und eine davon…gehört hier definitiv nicht hin. Ihm wird heiß und kalt, als er die Tür mit dem Fuß zur Seite schiebt und…

„Heeeey Number One! Da bist du ja! Ui, und so gut gekleidet…jetzt komm ich mir underdressed vor, haha…“

Drei Augenpaare starren ihn an. Ein zweifarbiges, monoton wie eh und je…ein graues, missmutig, sodass er weiß, wie unerwünscht er ist…und das dritte. Bernstein. Raubvogelaugen, die ihn gerade aber so freudig anblicken, dass es schon regelrecht unangenehm ist.

Stille.

Enji wird ihn umbringen.

„Ach, mach dir nix draus, Hawks-san…er ist der Einzige, der sich hier ‘n Hemd anzieht. Wie du siehst, sind wir alle eher leger, nicht wahr, Shouto?“

„Hm.“

„Okay~! Das beruhigt mich!“, zwitschert Hawks los und strahlt von einem zum anderen, ehe er ihn wieder ansieht. „Soll ich dir was abnehmen, Endeavor-san?“

„Was machst du hier?!“, knurrt er anstelle einer Antwort und platziert die Schüsseln auf dem großen Tisch.

Hawks neigt den Kopf zur rechten Seite, lächelt immer noch.

„Ich wurde eingeladen! Ganz zuuufällig war ich nämlich in der Gegend und Fuyumi-chan hat mich schon vor einer Weile kontaktiert und gemeint, es wäre schön, wenn ich’s beim nächsten Essen einrichten könnte! Wäre doch unhöflich, so eine nette Einladung auszuschlagen, hm?“

Vor einer Weile. Enjis Braue zuckt merklich, während er sich bemüht, nicht aus der Haut zu fahren. Es fällt ihm schwer und er spürt bereits, wie die Temperatur im Raum ansteigt. Was fällt Hawks ein, ihn auf diese Weise zu hintergehen und sich wie ein Parasit am Tisch seiner Familie breit zu machen? Noch dazu ohne Absprache? Er wird ihn erwürgen.
 

„Das stimmt, Otou-san!“, lässt ihn Fuyumis fröhliche Stimme innehalten.

Er sieht seine Tochter an, die soeben den Raum betritt und das restliche Essen auf dem Tisch platziert. Sie ist der Grund, weswegen er es schafft, die Wut und damit auch die Hitze in sich zu regulieren. Er will hier kein Theater machen, wo sie sich solche Mühe gibt.

„Ich dachte, es wäre schön, wenn wir mal einen Freund von dir kennenlernen! Hawks-san und du habt so gut in Kyushu zusammengearbeitet…und letztens auf der Gala gab es ja auch schon Schnappschüsse von euch! Und das eine Mal, als du bei Facebook sein Profil-“

„Ja. Ich verstehe“, fährt er ihr rasch dazwischen und spürt, wie sie ihn schon wieder alle anstarren.

Dieser Abend wird ihm das Genick brechen. Definitiv. Dazu muss nicht mal rauskommen, in welcher Beziehung Hawks und er wirklich zueinander stehen. Er ist geliefert.

„Du hast Facebook?“, kommt es stumpf von Shouto.

„Du hast Freunde?“, ätzt Natsuo in altbekannter Feindseligkeit.

„Du stalkst mein Profil?“, fragt Hawks grinsend. „Aww…wusste gar nicht, dass du so schüchtern bist, Endeavor-san! Du kannst mir ruhig ne Freundschaftsanfrage schicken! Ich würde niemals so gemein sein und ablehnen!“

Enji weiß nicht, wie er reagieren soll. Ob er das überhaupt beantworten soll. Sein gesunder Menschenverstand rät ihm davon ab, sein Stolz will dieser Farce ein Ende machen…und den Raum in Brand setzen. Letztendlich siegt die Vernunft.

„Ich habe kein Facebook-“

„Instagram?“

„…und daher auch keine Freundschaftsanfrage verschicken wollen“, fährt er grimmig fort und ignoriert Hawks‘ Einwurf. „Außerdem sind wir Kollegen, keine Freunde.“

Da ist ein Funkeln in Hawks‘ Augen, das ihm missfällt. Muss er Panik bekommen? Nein. Nein, Hawks ist kein Dummkopf und sicher auch nicht lebensmüde. Er ist nicht hier, um ihm und sich selbst das Leben zur Hölle zu machen, oder? Er wird sich nicht verplappern, das riskieren, was da zwischen ihnen ist. Ruhig bleiben und durchatmen.

Fuyumi guckt ein bisschen bedröppelt und Enji bereut, dass er die Sache mit den Freunden nicht einfach so hingenommen hat. Es wäre nichts dabei gewesen, wenn er so darüber nachdenkt. Auch das ist allerdings Hawks‘ Schuld, weil er ihn nicht vorgewarnt hat. Er blickt den Verantwortlichen finster an, was diesen so gar nicht kümmert, denn er lächelt immer noch, wendet sich nun an Fuyumi.

„Von allen Kollegen ist Endeavor-san mein Lieblingskollege, also noch mal vielen Dank für die Einladung! Ich hab mich riesig gefreut!“, zwitschert er los, was seine Tochter aufzuheitern scheint.

Enjis Befürchtung, dass sie ihm etwas Gutes hat tun wollen und nun glaubt, seine Wut auf sich gezogen zu haben, bestätigt sich. Verdammt.

„Ist auch besser, nicht mit ihm befreundet zu sein“, brummt Natsuo missgelaunt. „Wundert mich, dass du es überhaupt mit ihm aushältst…“

Zweifellos hat auch er bemerkt, dass seine Worte Fuyumi verletzt haben. Er hat die Spitze also verdient und lässt sie unkommentiert, setzt sich stattdessen an das Kopfende des Tisches.

„Aaaach, so schlimm ist er gar nicht! Man muss nur durch die harte Schale blicken!“, behauptet Hawks, der neben seinem Jüngsten sitzt.

Shouto hebt eine Braue, lässt die Worte aber mal so stehen, während Natsuo aussieht, als würde er gleich an seiner Zunge ersticken.

„Wenn du es sagst…“, bringt er hervor.

Enji weiß, dass er sich nur wegen Fuyumi zusammenreißt. Eben diese klatscht gerade einmal in die Hände, merklich erleichtert, dass nicht weiter darüber gesprochen wird.

„So, da wir jetzt alle beisammen sind…sollten wir essen, hm?“

Dagegen hat zumindest niemand Einwände und nach einem gemurmelten „Guten Appetit“ von allen Seiten wird auch zugelangt. Enji nutzt dies, um einen Blick in Hawks‘ Richtung zu werfen. Rausgeputzt hat er sich nicht, aber das hier ist auch keine Gala und selbst da hat er die Mitte getroffen. Er trägt ein rubinrotes Shirt unter der offen stehenden, schwarzen Jacke, dazu dunkelblaue Jeans…und jede Menge Schmuck. Ohrringe, Ketten, Armbänder. Der Schnickschnack ist Enji schon öfter aufgefallen. Er selbst trägt höchstens eine Uhr. Aber er sollte wohl froh sein, dass der Winged Hero keines seiner Merchandise Shirts trägt. Allein der Gedanke…

Hawks schaut in diesem Moment auf, die mit Reis gefüllte Schüssel noch in der Hand, und zuckt kaum merklich mit den Schultern, das Grinsen noch auf den Lippen. Was soll das sein? Eine halbherzige Entschuldigung, dass er dieses Tabu gebrochen hat, ohne ihm auch nur ein Wort davon zu sagen? Oder ein „Mach dir keine Sorgen“? Beides stößt bei ihm nicht gerade auf Verständnis, sodass er seine Aufmerksamkeit wieder auf das Essen lenkt.
 

„Hawks-san, du bist doch in meinem Alter und hast schon so einen erfolgreichen Aufstieg geschafft. Wie ist das so? Ich meine, ich bin Lehrerin und liebe meinen Job, auch wenn er eine Herausforderung ist…aber ich habe meine festen Zeiten, abgesehen von Korrekturen. Ein so berühmter Held wie du zu sein, ist aber ja etwas ganz anderes. Du hast ja bestimmt nicht viel Zeit für dich selbst, oder?“, bricht Fuyumi das typische Schweigen ihrer Familie und lächelt den Blonden an.

Enji hält sich raus, auch wenn er dazu etwas sagen könnte. Mit 20 Jahren ist er schließlich selbst die Nummer 2 gewesen. Wahrscheinlich will nur niemand von ihnen etwas dazu von ihm hören. Was soll er auch schon sagen, außer, dass er alles vernachlässigt hat, um diese Position zu erreichen?

Hawks schiebt sich noch was von dem Mapu Tofu in den Mund und legt den Kopf schief, als sei er ein richtiger Vogel. Er kaut zu Ende, scheint über die Frage kurz nachzudenken.

„Na ja, ich bin’s nicht anders gewohnt, hab früh angefangen. Früher als andere, denk ich, und da sich immer alles um den einen Traum gedreht hat, vermiss ich auch nichts. Also Hobbys oder sowas…ich schätze, ich bin grade ziemlich glücklich, so wie es ist.“

Und dabei grinste er doch tatsächlich in seine Richtung. Enji sieht ihn mürrisch an und schiebt sich mehr Reis in den Mund.

„Kann ich verstehen“, brummt Natsuo. „Wenn man so beliebt ist, wie du es bist…ich meine, die Fans liegen dir echt zu Füßen, oder? Vor allem die Mädchen. Muss schön sein, so beliebt bei denen zu sein.“

Hawks‘ Grinsen wankt keine Sekunde, doch Enji fühlt sich, als hätte man ihm gerade in den Magen geboxt. Das Gerede über irgendwelche Mädchen, die sich an Hawks ranmachen, missfällt ihm, vor allem, da er weiß, dass er das nicht zeigen darf.

„Es ist echt schmeichelhaft, wenn sie deinen Namen rufen, Selfies oder Autogramme wollen, das stimmt“, gibt Hawks unumwunden zu.

„Aber eine Freundin hast du nicht, oder?“

„Natsu! Hawks-san möchte bestimmt nicht, dass das jemand weiß, wenn es da wen gibt…du musst darüber nicht reden!“, grätscht Fuyumi dazwischen, woraufhin ihr Bruder grummelt.

„Ich hab ja nicht vor, irgendwas an die Presse zu verkaufen…“

„Trotzdem!“

Hawks hört den beiden mit einem amüsierten Lächeln zu, ehe er sich dazu äußert.

„Na ja, da gibt’s schon eine, die mich interessiert. Aber wir sehen uns nicht so oft. Die Entfernung, der Job…ist nicht so einfach und ich möchte sie auch nicht in Schwierigkeiten bringen. Wenn es öffentlich wird, hängt sie da automatisch mit drin. Von daher halten wie es geheim.“

Er zwinkert ihnen zu, während sie an seinen Lippen kleben und Enji nicht fassen kann, was er da von sich gibt. Scheinbar unbeteiligt blickt er in seine Reisschale, weil ihn das ja eigentlich, unter anderen Umständen, nichts angehen würde. Da er eine Affäre mit Hawks hat…und dieses besagte Mädchen ist, tut es das leider doch.

„Oh, das muss so hart sein“, meint Fuyumi mitfühlend. „Keine Sorge, von uns erfährt keiner was!“

„Ja, genau!“, pflichtet Natsuo ihr bei, während Shouto seine Soba schlürft.

Scheinbar ist auch er der Ansicht, dass ihn dieses Thema nichts angeht. Wenigstens das.

„Cool, das ist nett von euch!“, erwidert Hawks breit grinsend und schaufelt sich noch mehr Mapu Tofu in den Schlund. „Das Essen ist übrigens mega lecker! Weiß nicht, wann ich das letzte Mal so gut gegessen habe!“

Fresssack. Gott sei Dank macht Fuyumi immer genügend zu essen, sodass es wohl reichen sollte…und zudem glühen ihre Wangen vor Freude, als sie das Kompliment hört.

Shouto derweil beobachtet den Winged Hero nachdenklich und Enji hofft, dass keine solch unangenehmen Fragen mehr folgen.
 

„Was hat dich eigentlich dazu bewegt?“

„Hm?“

Hawks wirft ihm einen irritierten Blick zu, während er die Backen noch voll hat.

„Diesen Weg einzuschlagen. Ein Held zu werden.“

Die Frage lässt Enji aufsehen, doch sein Sohn blickt konsequent Hawks an. Es hat Zeiten gegeben, in denen Shouto mit glänzenden Augen vorm Fernseher gesessen und die Berichte über All Might verfolgt hat. Enji selbst ist nie sein Vorbild gewesen und wird es auch nicht mehr werden. Es ist, wie Shouto einst gesagt hat; er benutzt ihn für seinen Traum. So wie Enji ihn benutzt hat. Das ist nur fair.

Enji weiß, dass Hawks kein großer All Might Fan ist, umso mehr ist er auf die Antwort gespannt. Der Winged Hero blickt auf die frittierte Garnele, die er sich eben noch mit den Stäbchen geschnappt hat, herunter.

Ihm wird wieder bewusst, dass er nicht viel über Hawks weiß. Wo er herkommt, wie er aufgewachsen ist und warum er sich diese Arbeit ausgesucht hat. Eigentlich weiß er nur, dass er einer seiner wenigen Fans ist. Nicht erst, seit er die Nummer eins ist. Weil er sich bemüht und darum gekämpft hat, besser als All Might zu sein. Was er dafür geopfert hat, glaubt Hawks vielleicht zu wissen und zu verstehen…die Wahrheit ist jedoch, dass er nur einen Bruchteil seiner Taten kennt.

„Schätze, das ist bei mir wie bei den meisten Kids gewesen…“, bricht Hawks die gespannte Stille und pustet sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht. „Mir hat ein gewisser Held ziemlich imponiert, als ich klein war. Der Kerl hat nie aufgegeben, egal wie hart es auch war und trotzdem er nicht so beliebt wie zum Beispiel All Might war. Und…ich wusste, wenn ich seinen Rücken sehe, wird alles gut. Deswegen hab ich mir vorgenommen, dass ich mal genau wie er werde. Ein Held, auf den die Leute sich verlassen können.“

Das ist unerwartet…intim und anhand der Reaktionen seiner Kinder ist Enji wohl nicht der Einzige, der so darüber denkt. Es berührt etwas in Enji…und er fragt sich, ob er ihn damit meinen kann oder ob er sich hier überschätzt. Andererseits…für niemand anderen ist er das, was er für Hawks ist…nicht so. Nicht, wie er es gerade beschrieben hat. Niemand sieht ihn so, wie Hawks ihn sieht.

Und dann ist da noch dieses ungewohnt ruhige, warme Lächeln. Es ist nicht sein typisches Hawks-Grinsen, wenn er herumalbert. Das geht irgendwie tiefer. Er kann jetzt nichts dazu sagen, aber er nimmt sich vor, das noch zu tun – zumindest bis Hawks plötzlich breit grinst und mit der freien Hand ausschweifend zu gestikulieren beginnt. Seine Armbänder klimpern dabei.
 

„Oh, und man wird gut bezahlt! Man trägt ein cooles Outfit, ist ständig auf jedem Titelblatt abgebildet und alle lieben einen! Nicht zu vergessen, wie oft man umsonst eingeladen wird, haha! Im Ernst, da kann man sich so richtig gut den Bauch vollschlagen und – woah! Ruhig, Number One, du setzt noch euer Haus in Brand!“

Enjis Flammen schießen mittlerweile aus seinem Bart, während er Hawks zornig anstarrt. Da denkt man einmal, dass was Vernünftiges kommt…und dann schlägt er die Richtung ein. Unglaublich!

„Dann quatsch nicht so ein dummes Zeug, du egoistischer, frecher Bengel! Das hat mit dem Heldendasein nichts zu tun!“

„Ich bin nur ehrlich~“, zwitschert Hawks freudig und stopft sich die Garnele in den Mund. „Mh~ so lecker, Fuyumi-chan!“

Auch die anderen scheinen von dem plötzlichen Stimmungswechsel irritiert, zumindest runzeln sie alle die Stirn. Na ja, bis auf Natsuo, der ihn in diesem Moment von der Seite anknurrt.

„Du solltest ja wohl als Letztes jemandem vorschreiben, wie sich ein Held zu verhalten hat!“

Enjis Flammen verlöschen abrupt bei den Worten. Er schnaubt leise, sieht seinen Sohn an.

„Wenn du mir was zu sagen hast, sag es“, brummt er knapp, darauf gefasst, dass es gleich eskaliert.

Natsuo blickt ihn verbissen an, scheint abzuwägen, ob es ihm das wert ist.

„Ich meine, dass du kein Recht hast, ihn so anzuschnauzen!“, grollt er schließlich. „Behandle wenigstens deine Kollegen mit Respekt!“

Es wird still und angespannt am Tisch. Eine typische Situation, auch wenn sie vor Hawks unangenehmer als sonst ist.

„Natsu…“, kommt es bittend von Fuyumi.

„Ich hab doch Recht! Er soll sich nicht so aufspielen, als sei er…was Besseres! Das ist er nämlich nicht!“, kommt es von seinem Sohn. „Das…diese Heuchelei…kotzt mich einfach an…“

Abermals herrscht für einige Sekunden Schweigen und keiner scheint sich richtig äußern zu wollen. Vielleicht ist es an ihm, etwas zu entgegnen, auch wenn er da nur verlieren kann.

„Es ist wirklich lieb von dir, dass du mich verteidigen willst, Natsuo-kun, aber es ist schon okay“, mischt sich Hawks da lächelnd ein, bevor Enji etwas dazu sagen kann.

Ihm fällt auch nicht viel dazu ein. Er ist Natsuos Abneigung gewöhnt, aber was er in Bezug auf Hawks sagt, gibt ihm zu denken. Es stimmt an sich schon, aber er hat doch nur…

„Ich…“, beginnt er, doch Hawks unterbricht ihn.

„Ist ja eigentlich gar nix passiert. Endeavor-san meint das doch gar nicht so böse, wie es rüberkommt!“

Natsuo scheint das anders zu sehen, denn er schnaubt verächtlich.

„Er meint es genau, wie er es gesagt hat. Glaub mir.“

„Ach was. Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird, oder wie heißt es? Weißt du, das ist unser Ding! Ich ärgere Endeavor-san, bis er zur Fackel wird, er schnauzt mich an, dann geht es hin und her wie beim Pingpong…und am Ende lachen wir darüber! Nicht wahr? Wie gute, alte Freunde! Also keine Sorge! Wir verstehen uns schon! Alles in Butter!“

Nicht nur Enji sieht ihn ungläubig an, auch seine drei Kinder. Wobei. Nein. Eher noch verstört. Keiner von ihnen hat ihn jemals lachen sehen. Jedenfalls lange nicht mehr.
 

„Hawks-san…“

Der Angesprochene wendet sich gut gelaunt Natsuo zu, welcher ihn ansieht, als würde er ihn zum ersten Mal richtig wahrnehmen. Dann kommt ihm eine Erkenntnis, die ihn wohl ernsthaft verstört.

„Du…magst den Kerl wirklich…oder?“, fragt er, als wäre das ein Ding der Unmöglichkeit.

Nun, für ihn ist es das wohl. Fuyumi schlägt die Hände vors Gesicht, als befürchte sie, dass gleich erneut Flammen aus seinem Körper schießen, während Shouto in seinen Soba herumrührt, von einem zum anderen sieht. Hawks dagegen legt erneut den Kopf schief, wiegt ihn hin und her, ehe er grinst.

„Natürlich! Er guckt zwar immer etwas grimmig und ist ne olle Spaßbremse, aber wir sind ein verdammt gutes Team! Wir ergänzen uns und ich kann mich immer auf euren Dad verlassen! Das ist ne gute Eigenschaft, hehe~“, fährt er begeistert fort und Enji weiß nicht, wie er damit umgehen soll.

„Ist gut jetzt“, brummt er, weil er diese Lobpreisung hier unangebracht findet.

Natsuo sieht ihn immer noch so merkwürdig an. So, als glaube er, Enji würde Hawks mit irgendwas erpressen, damit dieser nette Dinge über ihn sagt. Fuyumi dagegen atmet hörbar aus und lächelt dann in die Runde.

„Das ist doch schön, hm? Dass ihr euch so gut versteht, freut mich sehr.“

„Ja, nicht wahr? Wir sind die besten Freunde, gehen durch dick und d-“

„Du trägst zu dick auf. Lass den Unsinn!“, schneidet Enji ihm das Wort ab. „Nervensäge.“

„Waaas? Sag sowas nicht! Damit verletzt du meine Gefühle!“, behauptet Hawks wehleidig und wirbelt mit den Stäbchen in der Luft herum.

Ehrlich. Wo hat der Bengel seine schlechten Manieren her…

Allerdings scheint es die Stimmung aufzuheitern, denn Fuyumi kichert und Natsuo scheint zumindest nicht weiter diskutieren zu wollen, während er und Shouto sich vermutlich im Stillen wundern. Nie haben sie erlebt, dass jemand mit ihm so umspringt, wie es Hawks tut…und damit durchkommt.

„Oh! Da fällt mir ein! Shouto-kun! Du gehst doch in Tsukuyomi-kuns Klasse oder? Wie geht’s ihm so? Kommt ihr gut klar? Und wie läuft es bei dir so? Erzähl mal!“

Das lockt seinen eher stillen Sohn aus der Reserve, wenn er auch knapp und besonnen wie immer antwortet.

„Uhm…ja. Wir sind in einer Klasse. Er ist in Ordnung…und ich denke, er kommt ganz gut zurecht.“

„Ja? Das freut mich! Und hat er schon seine Flügel perfektioniert? Oh, und was ist mit dir? Neue Moves? Immer raus damit!“

Nun, zumindest bricht Hawks das Eis, das sich sonst bei ihren Familienabenden hartnäckig hält. Das muss man ihm lassen…und auch, wenn er es nicht zugeben kann, ist er letztendlich froh, dass Fuyumi ihn eingeladen hat. Hawks tut wohl nicht nur ihm selbst gut.
 

Die restlichen Gespräche verlaufen einigermaßen ruhig und weitgehend ohne Streit. Das ist selten der Fall. Sie sind alle drei traurig, dass Hawks nicht über Nacht bleiben will – Enji dagegen ist erleichtert. Hawks in seinem Haus. Nur wenige Zimmer weiter. Er traut weder dem Winged Hero noch sich selbst, dass da nichts passiert. Dafür haben sie einander zu lange nicht gesehen. Falls Hawks noch ein-zwei Tage länger in der Stadt ist, können sie die Zweisamkeit sicher nachholen.

Schließlich stehen sie im Flur, verabschieden den blonden Vogel, den sie wohl alle ins Herz geschlossen haben. Wundern tut es ihn nicht wirklich, Hawks hat so eine Art, die einen einnimmt. Er weiß, wovon er spricht…

„Es ist wirklich schön, dass du kommen konntest, Hawks-san!“, sagt Fuyumi gerade und strahlt ihn dabei an. „Du bist jederzeit hier willkommen – nicht wahr, Otou-san?“

Sie sieht zwischen ihnen hin und her, woraufhin Enji nur brummt und mit den Schultern zuckt. Hawks scheint es nicht sonderlich zu verletzen, denn er grinst bis über beide Ohren.

„Genau, Hawks-san! War cool, dich mal persönlich kennenzulernen – und wie Nee-san sagt, komm gern mal wieder vorbei! Egal, was der Typ da sagt!“, fährt Natsuo dazwischen. „Lass dich ja nicht von dem runtermachen!“

Enji schnaubt leise, wirft seinem Sohn einen missgelaunten Blick zu.

„Ich mache ihn nicht runter.“

Eigentlich will er ihn fragen, wofür er ihn hält, doch er verbeißt sich dies dann doch; die Antwort darauf will er nicht hören.

„Haha, alles klar! Ihr seid alle so nett! Ich komm gern mal wieder, wenn ich darf! Oh, und Shouto-kun, grüß Tsukuyomi-kun von mir, ja?“

Shouto zeigt ein seltenes Lächeln und nickt.

„Mache ich.“

„War schön, euch drei auch mal kennenzulernen! Du hast tolle Kinder, Endeavor-san! Da kannst du stolz drauf sein!“, zwitschert Hawks los und Enji fühlt sich beschämt.

Weil es stimmt. Er hat tolle Kinder…und er hat es versaut. Dass sie so großartig sind, ist nicht sein Verdienst…das weiß er, weswegen er ihre abwartenden Blicke meidet, als er etwas darauf erwidert.

„Das bin ich.“

Er spürt, wie sie ihn ansehen, eine Mischung aus Verwunderung und Misstrauen. Weil er so etwas nie zuvor von sich gegeben hat. Weil er lieber auf Druck oder Ignoranz gesetzt hat. Aber er will sich ändern und es besser als vorher machen – es ist ihm ernst.

„Ich bring dich noch raus, Hawks.“

„Okay~! Lieb von dir! Also dann, man sieht sich! Und danke noch mal~!“
 

„Du hättest mir sagen sollen, dass du herkommst.“

Trotzdem Enjis Wut vom Anfang verflogen ist, kann er den Vorwurf nicht unterlassen. Er verschränkt die Arme und funkelt den Winged Hero, der mit ihm an der Straße steht, an, wovon sich dieser natürlich nicht beeindrucken lässt.

„Da hast du vermutlich Recht“, gibt er jedoch zu seiner Überraschung zu und kratzt sich an der Schläfe. „Sorry dafür, aber es war echt eine Kurzschlussentscheidung und na ja…ich dachte, wenn ich dir Bescheid sage, kommst du vielleicht nicht oder lädst mich aus und dann hätte ich deine nette Tochter enttäuschen müssen und…mal ehrlich, das wäre doch echt unmenschlich, oder?“

Er grinst ihn unschuldig an, aber Enji weiß, was er meint. Fuyumi hat Enttäuschungen wirklich nicht verdient – auch wenn es eine freche Ausrede ist.

„Woher hat sie überhaupt deine Nummer?“

„Facebook~! Du solltest echt mal überlegen, dich anzumelden!“

„Nein.“

„Ohhhw~ ich wär so gern mit dir befreundet, Number One~“, mault Hawks, grinst aber.

„Hn.“

„Und übrigens…ich war schon auf dem Weg, als du mir geschrieben hast…ich hab die Nachricht also vorher gar nicht mehr gelesen.“

„…aha.“

„Ach, nun schau doch nicht so grimmig, Endeavor-san! Ich war doch echt Zucker pur, hm? Deine Kinder lieben mich, haha!“

„…nur weil sie nicht wissen, was für ein Teufel du bist.“

„Ohw~ sag doch sowas nicht! Ich hab extra aufgepasst, was ich von mir gebe! Oder denkst du, dass ich dich auflaufen lassen wollte?“

„…nein.“

„Na siehst du! Also sei besänftigt und nicht mehr sauer auf mich, hm?“

Dabei blickt er ihn so lieblich an, dass selbst, wenn Enji noch sauer sein würde, es ihm jetzt schwer fallen würde. Auch weil Hawks Recht hat. Er hat nichts Schlimmes gesagt oder getan.

„Ich bin nicht sauer“, brummt er und Hawks‘ Miene hellt sich auf.

Seine roten Schwingen entfalten sich etwas mehr, wirken…plötzlich plüschiger, als würde er sich darüber freuen. Wenigstens fällt er ihm nicht um den Hals – das geht hier einfach nicht.

„Nicht? Uff, da fällt mir echt ein Stein vom Herzen…ich hab schon Bedenken gehabt, aber gut, okay, umsonst gesorgt, haha…“

Er ist wirklich ein schräger Vogel, wie er da steht und lacht und sich darüber freut. Enji betrachtet ihn einige Sekunden lang, ehe ihm etwas einfällt.

„Hawks.“

„Hm?“

„Was du vorhin gesagt hast…wieso du dich dazu entschieden hast, ein Held zu werden…“

Der Jüngere stockt bei seinen Worten, faltet die Schwingen auf seinem Rücken zusammen und er scheint zu zögern. Es ist nicht seine Art, mit Antworten hinterm Berg zu halten. Also muss es ihm wirklich viel bedeuten.

„Ui, ausgerechnet darauf willst du mich festnageln?“, fragt er mit einem schiefen Lächeln. „Ich denke nicht, dass sie wissen, wen ich damit meinte…falls es das ist, was dich beunruhigt.“

Enji merkt, dass er nicht versteht, worum es ihm dabei geht. Innerlich seufzt er, ehe er den Kopf schüttelt, ihn fest ansieht.

„Es beunruhigt mich nicht.“

„Ach nein?“

„Nein…und auch wenn sie es nicht wissen, weiß ich es.“

Hawks hält inne, schaut zu ihm auf und anhand seines verwirrten Ausdrucks merkt Enji, dass er immer noch nicht versteht. Vielleicht muss er deutlicher werden, auch wenn das nicht seine Art ist. Generell sind Worte nicht seine Stärke, aber wenn er Hawks schon nicht zeigen kann, was er fühlt, muss es eben auf anderem Weg geschehen.
 

„…danke, dass du…an mich glaubst.“

Hawks‘ Reaktion besteht darin, dass er ihn anstarrt, als sei er nicht mehr ganz richtig im Kopf. Irgendwie verdutzt und…ungläubig. Dann passiert das Letzte, womit Enji gerechnet hat: Hawks wird rot…und bleibt still.

„Und auch wegen vorhin, also…was du über mich gesagt hast…es war…nett. Es…ist nie einfach…und deine Anwesenheit hat es…erträglicher als sonst gemacht“, brummt Enji und hofft, dass er nicht mehr dazu äußern muss.

Wie gesagt, er ist normalerweise kein Mann großer Worte. Hawks räuspert sich verlegen und reibt sich den Nacken, ehe er ihn wieder ansieht. Ein Lächeln liegt auf seinen Lippen, so warm wie vorhin, und seine bernsteinfarbenen Augen funkeln.

„Schon gut. Ich hab nichts gesagt, was ich nicht auch so meine, von daher…“

Und Enji glaubt ihm. Bei jedem anderen hätte er da Bedenken, aber wie Natsuo schon widerwillig erkannt hat – Hawks mag ihn. Was auch immer er in ihm sieht…er meint es ernst. Er glaubt an ihn…und es ist sein Rücken, der ihm Sicherheit gibt. Nicht All Mights. Nicht irgendjemandes Rücken…seiner. Die Wärme, die in ihm aufsteigt, hat ausnahmsweise mal nichts mit seinem Quirk zu tun – und Hawks scheint es ebenso zu gehen, so, wie er ihn anschaut.

„Ich bereue grade wirklich, dass wir vor deinem Haus stehen, Endeavor-san…du weißt nicht, was ich gerade tun will.“

„Kann’s mir denken.“

Hawks lacht hell auf und Enji wird wieder bewusst, wie sehr er den verrückten Vogel vermisst hat. Seine Mundwinkel zucken und er fühlt, wie seine Last leichter wird, einfach weil Hawks in seiner Nähe ist.

„Das holen wir nach, ja? Ich bin morgen noch in der Stadt…und diesmal melde ich mich direkt~“

Er zwinkert ihm zu, woraufhin Enji grinsen muss.

„Ich nehme dich beim Wort.“

„Das kannst du auch~“, flötet Hawks gut gelaunt und spreizt seine eindrucksvollen, roten Schwingen. „Wir sehen uns morgen~!“

Enji nickt und sieht zu, wie sich der Jüngere in die Lüfte erhebt, wo er mit einigen heftigen Flügelschlägen am dunklen Himmel verschwindet. Er sieht ihm noch eine Weile gedankenverloren nach, ehe er sich umdreht und wieder ins Haus geht.

Infernal

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Fuchsia

Enji versteht es nicht. So oft er auch über die vergangenen Wochen nachdenkt und die Geschehnisse Revue passieren lässt – es ergibt keinen Sinn. Er hat nichts falsch gemacht…oder doch? Er weiß, dass er gut darin ist, Dinge zu zerstören – vor allem Beziehungen, aber diesmal…?

Nein. Es muss einen triftigen Grund geben, wegen dem sich Hawks nicht mehr meldet. Unschlüssig sieht er sein Handy an, doch der Winged Hero geht weder ran, noch kommen seine Nachrichten bei diesem an. Keine Flammen-Emojis oder gar irgendwelche verruchten Fotos mehr. Sonst ist darauf immer Verlass gewesen, wenn sie schon keine Zeit füreinander hatten. Doch jetzt herrscht regelrechte Funkstille, so als sei Hawks vom Erdboden verschluckt worden. Na ja, nicht ganz, denn er ist noch aktiv, was Enji weiß, weil die Medien regelmäßig über ihn berichten. Es geht ihm gut. Kein Fall wie der von Best Jeanist. Warum also haben sie plötzlich keinen Kontakt mehr?
 

Als sie sich das erste Mal seit Langem wiedersehen, benimmt sich Hawks anders. Ja, er scherzt und plappert mit den drei Jungs, die er aufgrund des Praktikums unter seine Fittiche genommen hat…aber spätestens, als er ihm mit ernster Miene dieses ominöse Buch überreicht, wird Enji klar, dass da etwas nicht stimmt. Hawks‘ Worte sind nicht so locker wie sonst, wenn sie miteinander sprechen – es ist, als würde er das genaue Gegenteil seiner sonstigen Ansichten wiedergeben. Als hätte sich der Winged Hero auf einmal um 180 Grad gedreht – und das passt nicht zusammen.

Es gibt keinen plausiblen Grund dafür, dass dieser plötzlich solch eine Veränderung durchlebt. Oder ihn meidet. Ihn mit diesem Gesichtsausdruck ansieht, der einfach nicht Hawks‘ Wesen entspricht. Sie beide sind ein Team, vertrauen einander…nicht wahr? Auch wenn Hawks manchmal undurchsichtige Antworten gibt…dessen Verhalten ergibt keinen Sinn. Es sei denn…er will ihm etwas mitteilen, das er nicht offen aussprechen kann. Die Stellen, die er markiert hat…eine geheime Nachricht?
 

Als er eine Weile später die Zeit hat, dem nachzugehen, wird ihm klar, was Hawks ihm zu sagen versucht hat. Es ist schlimmer als alles, was er hätte vermuten können, doch er ergreift direkt Maßnahmen. Schließt sich mit der Kommission zusammen, informiert diese…und tut, was Hawks ihm indirekt aufgetragen hat. Zwar hat er dem Praktikum anfangs lediglich wegen seines Sohnes zugestimmt, doch dieser hat schon Recht; er muss sich professionell benehmen und sich allen dreien annehmen. Schließlich hat er sich dazu bereit erklärt. Hawks‘ Warnung macht ihm nur noch deutlicher, wie wichtig dies tatsächlich ist.

Der Hitzköpfige mit den schlechten Manieren, Bakugou, ist ebenso schwierig wie ehrgeizig…und Enji mag den Gedanken nicht, dass sie sich ähnlich sein könnten. Dann ist da noch Midoriya, All Mights Liebling, der jedoch das genaue Gegenteil von diesem ist. Ein Streber, der oftmals zu kompliziert und vor allem zu viel denkt, vermutlich deswegen Probleme mit der Umsetzung hat. Davon abgesehen, dass er seine Kraft nicht wirklich kontrollieren kann – und auch darin sieht er eine gewisse Parallele zu sich. Sie beide sind keine Naturtalente, sondern müssen hart dafür arbeiten, Kontrolle zu erlangen.

Und dann ist da noch Shouto, der plötzlich den Willen zeigt, von ihm zu lernen, nachdem er ihn die ganze Zeit so vehement abgelehnt hat. Es ist ein Schlag in die Magengrube, als er versteht, dass es auch wirklich nur darum geht. Er benutzt ihn, so wie er es sich einst erhofft hat…das Ironische ist, dass sich Enji nicht mehr dies allein wünscht. Es geht nicht mehr bloß darum, ihn zu einem besseren Nachfolger auszubilden…er will eine Beziehung zu seinem Sohn aufbauen.

Dass dies nicht so einfach ist, wie er vielleicht insgeheim gehofft hat, wird ihm nach Shoutos Ansage dann auch klar. Es ist, wie es ist, und das muss er akzeptieren.
 

Als er abends allein in seinem Büro sitzt, hat er Zeit, noch einmal alles zu durchdenken. Seine Finger fahren über den Einband des Buchs, während sich Hawks‘ Ausdruck in seinem Gedächtnis eingebrannt hat. Ernst…und mit einer Härte, die einfach nur falsch wirkt. Die Kommission hat ihm nur bestätigt, was er sich bereits gedacht hat; Hawks ist ein Spion, der sich bei den Schurken eingeschlichen hat. Kein Wunder, dass er ihn ignoriert, vielleicht sogar gesperrt oder sein Handy weggeworfen hat. Niemand soll von ihrer Beziehung erfahren…auch wenn es ein herber Schlag ist. Nicht nur, weil sie sich erstmal nicht mehr sehen können…es macht ihm bewusst, dass Hawks in Gefahr ist. Ja, der Jüngere kann auf sich aufpassen, dennoch ist es kein gutes Gefühl, ihn bei Schurken wie Shigaraki zu wissen. Wenn etwas schief geht und er auffliegt…

Enji schüttelt über sich selbst den Kopf, denn ihm wird wieder bewusst, wie wichtig ihm der Vogel geworden ist. Der Gedanke, dass ihm etwas zustoßen könnte…nein, daran will er gar nicht denken. Er seufzt innerlich, blättert durch das Buch auf seinem Tisch – ehe er innehält. Anscheinend hat er etwas übersehen. Die letzten Seiten, dort ist etwas markiert…wenn er es zusammenfügt…nein, das ist nicht mal ein richtiges Wort. Wenn man es allerdings umdreht…ergibt es eine Uhrzeit und einen Ort. Er stockt merklich und springt dann auf. Auch wenn er sich jetzt sofort auf den Weg macht, ist er viel zu spät dran. Er zieht sich die Jacke über, hat sich bereits vorher seine Alltagskleidung übergeworfen, und eilt zu seinem Wagen. Es ist nicht besonders weit, zumal er nicht alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen muss, indem er dort wie ein loderndes Inferno auftaucht.
 

Als er schließlich einen Parkplatz gefunden hat, hat es begonnen zu regnen. Dicke Tropfen laufen an den Scheiben seines Autos hinab und er beeilt sich, ins Trockene zu kommen, kaum dass er ausgestiegen ist. Den kleinen, abgeschiedenen Imbiss hat er zwischendurch schon mal für Hawks aufgesucht, der davon überzeugt ist, dass es dort die besten Hähnchengerichte gibt. Sozusagen ein Geheimtipp, obwohl es von außen nicht sehr einladend aussieht. Nun, gerade erfüllt es seinen Zweck…und als er Hawks‘ rote Flügel in der hintersten Ecke des Raumes entdeckt, atmet er innerlich auf. Also ist er doch noch rechtzeitig hergekommen – oder aber Hawks hat wirklich eine Stunde auf ihn gewartet.

Er fährt sich durch das nasse, rote Haar und tut so, als würde er etwas bestellen wollen, ehe er den Winged Hero scheinbar durch Zufall erkennt und es sich anders überlegt. Wenn Hawks derart kryptische Hinweise hinterlässt, ihn durch seine Mimik auf die richtige Fährte lockt, wird er mit Sicherheit beobachtet. Schon dass sie sich hier treffen, birgt gewisse Risiken. Andererseits…können sie so auch den Schein wahren, damit niemand Verdacht schöpft.

Er geht auf Hawks zu, der gedankenverloren an einem Chicken Wing knabbert – warum zur Hölle isst jemand, der selbst aussieht wie ein Hähnchen, so gern Geflügel? Hat was Groteskes an sich, wenn er so darüber nachdenkt. Jedenfalls hat Hawks ihn bestimmt längst bemerkt – seine Federn sind so sensibel, dass ihm nichts entgeht. Das hat er schon einige Male bewiesen, oft, wenn sie intim gewesen sind. Doch gerade geht das nicht. Nicht mal intime Worte sind erlaubt.

„Oi“, brummt er also stattdessen.

Der Blonde sieht auf, den halb abgenagten Knochen noch in der Hand, und leckt sich die Lippen. Auf dem Tisch liegt wieder dieses seltsame Buch, in welchem er zu lesen scheint.

„Oh? Du hier, Endeavor-san? Setz dich, setz dich...nur keine falsche Scheu, haha!“

Er wirkt viel zu entspannt für jemanden, der geheime Hinweise hin und herschiebt und dabei sein Leben aufs Spiel setzt. Unweigerlich fragt er sich, ob es das ist, was die ganze Zeit irgendwie zwischen ihnen gestanden hat. Hawks‘ widersprüchliches Verhalten in Situationen, die er nicht nachvollziehen konnte. Das Gefühl, dass ihm etwas auf der Seele liegt, das er ihm nicht erzählen kann. Weil das seine Mission in Gefahr gebracht hätte. Es ergibt Sinn, wenn er genauer darüber nachdenkt…und es beruhigt ihn trotz allem etwas, denn es gibt schlimmere Geheimnisse.

„Ich kann dir die Chicken Wings echt nur empfehlen!“, plappert Hawks los, kaum dass er sich ihm gegenüber auf die kleine rote Lederbank gesetzt hat. „Nimm am besten die Hot Wings…die nehme ich auch immer!“

Und dabei zwinkert er ihm kurz zu, was Enji stocken lässt. Soll das jetzt eine versteckte Anspielung sein? Er verdrängt den Gedanken lieber, bevor er noch den Fokus verliert.

Der Imbiss ist mehr im amerikanischen Stil gehalten, nichts, das Enji unbedingt aufsuchen würde, wenn er die Wahl hätte.

„Drüben auf Kyuushu schmecken die nicht so gut. Ich meine, es gibt da auch solche Läden, aber die können dem hier nicht das Wasser reichen. Sie sind genau richtig gewürzt und haben diese besondere Note…heh, die fehlen mir da drüben richtig. Würde gern öfter hier sitzen, aber die Pflicht und so…du verstehst? Nimm dir ruhig einen!“

Und dabei lächelt er ihn auf eine Weise an, die Enji vermuten lässt, dass es nicht länger um Hähnchen geht. Dass ihm Hawks soeben durch die Blume…oder eher die Wings sagt, dass er ihn vermisst. Dass er nicht mit ihm in Kontakt stehen kann, weil ihn seine Arbeit – als Spion – daran hindert.

„…ich bleibe bei Kaffee, aber danke“, brummt er und bestellt einen bei der Kellnerin, die ein kurzes Kostüm in Gelb-Fuchsia trägt.

„Ich nehme auch noch einen Cappuccino, Fräulein! Danke~!“, quatscht Hawks diese an.

Die Kellnerin lächelt ihn freundlich an und notiert sich ihre Bestellung, ehe sie mit wehendem braunen Pferdeschwanz Richtung Tresen verschwindet. Enji sieht ihr nur kurz nach, wendet sich wieder seinem Gegenüber zu, der die letzten Chicken Wings in Rekordzeit verdrückt. Dann nimmt er eins der Feuchttücher, reinigt seine fettigen Finger, um ein Lesezeichen zwischen den Seiten seines Buches zu platzieren und es zuzuschlagen. Enji fällt vorher noch auf, dass er auch hier Stellen farblich markiert hat, vermutlich, damit sie glauben, dass er dieses Thema sehr ernst nimmt. An den Unsinn, der in diesem Buch steht, glaubt und ihn verbreitet. Dass er vollen Einsatz zeigt…

Wie lange Hawks das wohl schon tut? Enji stellt es sich hart vor…und er will dessen Arbeit nicht sabotieren, indem er sich verplappert oder verdächtig benimmt.
 

„Hn. Warum bist du überhaupt noch hier?“, ranzt er ihn daher an. „Doch nicht bloß wegen der Chicken Wings? Oder um fragwürdige Bücher an Nachwuchshelden zu verteilen…“

Hawks schmunzelt, wobei seine bernsteinfarbenen Augen leuchten. Vermutlich ist seine Reaktion daran schuld, denn natürlich kommt er nicht auf die markierten Passagen zu sprechen. Er stellt sie nicht offen infrage und das sollte reichen, um Hawks zu verdeutlichen, dass er sie verstanden hat. Ob er wohl daran gezweifelt hat? Eher nicht, oder? Sonst wäre er das Risiko doch nicht eingegangen…

„Also für mich sind Chicken Wings schon ein guter Grund, um noch eine Weile hier rumzuhängen, haha“, scherzt Hawks und nimmt die Serviette, um seinen vom Essen geschwollenen Mund abzuwischen. „Mh…und was das andere angeht…da steh ich eben voll hinter. Wenn du es gelesen hättest, wüsstest du, was ich meine.“

Er zwinkert ihm zu und Enjis Miene verfinstert sich augenblicklich.

„Ich habe es gelesen…jedenfalls die ersten paar Seiten und es ist Schwachsinn. Weiß nicht, was dich daran so begeistert…“

Hawks schnalzt mit der Zunge, sieht ihn tadelnd an.

„Ich hab geahnt, dass du es nicht verstehen würdest…wenn du willst, erkläre ich es dir, hm? Ich gebe zu, für Einsteiger ist es erstmal kompliziert…man muss ein bisschen umdenken, aber im Grunde ist es ganz simpel. Ich weiß, was du jetzt denkst…aber man muss der Sache eine Chance geben, um das große Ganze zu erkennen, weiß du? Opfer sind manchmal unvermeidlich, wenn man zu höheren Sphären aufsteigen und die Welt verändern will.“

Enji zieht die Brauen zusammen, weil er versucht, den Sinn hinter den Worten zu verstehen. Er preist doch nicht nur dieses Buch an, von dem er ja selbst nicht viel hält. Er muss das sagen, damit er glaubwürdig rüberkommt, aber…steckt noch mehr dahinter?

Opfer. Welche Opfer hat Hawks wohl schon für diese Mission gebracht? Plötzlich muss er an den verschwundenen Best Jeanist denken und ihm wird heiß und kalt. Er hat Hawks um Hilfe gebeten, doch trotzdem der Jüngere die Fähigkeiten hat, diesen aufzuspüren, hat er nie auch nur irgendeine Spur gehabt. Ist das Teil des Plans? Und falls ja…wie weit ist er gegangen? Was hat sich hinter seinem Rücken abgespielt, während sie sich getroffen haben?
 

„Nein. Danke“, weist er ihn ab und wirft einen Blick zur Kellnerin, die ihnen soeben ihre Getränke bringt.

Erst als sie gegangen ist, nimmt er einen Schluck von seinem schwarzen Kaffee und spricht dann weiter.

„Ich habe keine Zeit für sowas“, fährt er fort. „Und ich weiß wirklich nicht, was mit dir nicht stimmt, dass du dir diesen Schund antust. Helden sollten nicht so denken, wie es in dem Buch anscheinend verlangt wird.“

Hawks‘ Lächeln wird eine Spur breiter, während er ihn anfunkelt. Seine Mimik passt schon wieder nicht zu seinen Worten, aber das ist die Bestätigung, dass sie unter Beobachtung stehen…und dass es wohl gut läuft.

„Ich werde mich nicht für meine Ansichten entschuldigen, Endeavor-san…aber ich kann sie dir, wie gesagt, gern näher bringen. Wenn du so beschäftigt bist, muss das nicht unbedingt jetzt sein…aber meine Tür steht dir natürlich immer offen!“

Ist das ein Versprechen, dass sie reden werden, sobald das alles vorbei ist? Oder will er damit sagen, dass er nichts bereut? Vielleicht sind Enjis Sorgen unberechtigt und es wird sich alles auflösen. Hawks ist auf seiner Seite. Auf der Seite der Helden. Es gibt keinen Grund, an ihm zu zweifeln.

Seine Tür steht ihm immer offen, huh? Es ist schwierig, keinen Klartext reden zu können, denn das tun sie beide mittlerweile. Hawks noch etwas mehr als er selbst. Enji ist ehrlich zu ihm, das kann er sehr wohl behaupten…aber da es Dinge gibt, die Hawks vor ihm verheimlicht hat…

„Genug davon!“, knurrt er ungehalten, wie man es von ihm erwarten würde. „Ich bin nicht für deine Propaganda hier…und ich rate dir, diesen Schwachsinn nicht weiter zu verbreiten, Hawks.“

„Nenn es meinetwegen, wie du willst, Endeavor-san…aber gut, lassen wir das erstmal. Du bist wohl noch nicht soweit. Schon okay, auch wenn es schade ist. Die aktuelle Nummer 1 hat bestimmt deutlich mehr Reichweite als die Nummer 2 – auch wenn du kein All Might bist.“

Er seufzt leise, beinahe wehmütig und es ist ein weiteres Zeichen dafür, dass Hawks hier eine falsche Sicht widerspiegelt. Für das unsichtbare Publikum im Hintergrund, das kaum etwas von ihm weiß. Jedenfalls nicht genug, um die Farce hier zu erkennen. Enji weiß, dass Hawks kein All Might Fan ist…dass er sein Fan ist und das schon seit Jahren. Dass er hinter ihm steht und ihm helfen will, der Welt zu zeigen, dass auf ihn Verlass ist. Das sind keine leeren Worte gewesen, dessen ist er sich sicher.
 

„Ich will auch kein All Might sein!“, knurrt er zurück, funkelt ihn erzürnt an, wobei sein Bart leicht zündelt.

Hawks nimmt einen Schluck von seinem Cappuccino, während er eine Braue hebt. Er setzt die Tasse ab und legt den Kopf schief, so wie er es oft tut, wenn er etwas infrage stellt. Wie ein Vogel. Dann hebt er beide Hände, als würde er ihn beschwichtigen wollen.

„Sorry, sorry…ich wollte den Finger nicht in die Wunde drücken, Number One“, sagt er schnell und grinst dabei. „Du machst deinen Job schon richtig, alles gut, kein Grund, den Laden in Brand zu setzen, haha…du hast aber auch ein Temperament…“

Enji schnaubt bloß, doch die Flammen verlöschen gleichzeitig. Hawks weiß sehr gut über sein Temperament Bescheid, aber er hat ihn bislang nie verletzt. Jedenfalls nicht ernsthaft. Die blauen Flecken, die im Eifer des…Gefechts entstehen, machen dem Jüngeren angeblich nichts aus…zeigen seine Leidenschaft, wie er es nennt. Außerdem kommt Enji auch nicht immer ohne Markierungen weg; Liebesmale an den unmöglichsten Stellen und Kratzspuren auf seinem Rücken zum Beispiel. Während er so daran denkt, wird ihm wieder klar, wie sehr er ihm fehlt, obwohl es erst einige Wochen sind. Er hat sich so sehr an Hawks‘ Präsenz gewöhnt (und sei es zwischenzeitlich nur über Whatsapp), dass er sich kaum vorstellen kann, dass es von jetzt so distanziert zwischen ihnen laufen muss. Wenn sie sich überhaupt noch mal sehen können, bevor sie einen Krieg abwenden müssen. Vermutlich ist das hier vorerst das letzte Mal, dass sie sich treffen können. Miteinander sprechen können…und Enji würde ihm gern so viel sagen, doch andererseits wäre ein Abschied ein schlechtes Omen, nicht wahr? Zumal sie keinen Verdacht erregen dürfen.

Das hier ist ein zufälliges Treffen unter Kollegen, bei dem Hawks herauszufinden versucht, wie empfänglich Enji für seine neue Passion ist. Nichts weiter…
 

„Nun denn…es hat aufgehört zu regnen“, bricht Hawks das kurze Schweigen zwischen ihnen.

Enji folgt seinem Blick, stellt fest, dass er Recht hat. Anscheinend hat sich das Unwetter wieder verzogen, auch wenn die Regentropfen weiterhin an der Scheibe hinabrinnen…es wird langsam dunkel. Das graue Wetter passt zu seiner Stimmung und auch Hawks‘ Blick wirkt plötzlich ein wenig melancholisch – etwas, das er nur selten zulässt. Meistens überspielt er solche Gefühle oder weicht ihm bei der Nachfrage aus…nun, jetzt weiß Enji vielleicht den Grund dafür.

Er muss unweigerlich daran denken, dass Hawks ihn mittlerweile mit seinem richtigen Namen anspricht. Seltsam, wie schnell solche Kleinigkeiten normal werden…und wie sehr sie einem fehlen können.

„Ich muss langsam los, Endeavor-san. Du weißt ja, die Pflicht und so…danke noch mal für die Einladung~!“

„…huh?“

Enji blinzelt diesen perplex an, ehe er schnaubt.

„Ich hab dich nicht einge-“

„Das ist echt megaaa zuvorkommend von dir! Wäre natürlich nicht nötig gewesen, aber wenn du dich schon so anbietest, haha, da will ich mal nicht widersprechen!“

Er grinst ihn breit an und Enji weiß nicht, ob ihn dieses Verhalten, das schon eher dem Hawks, den er kennt, entspricht, begrüßen oder verfluchen soll. Dieser dreiste, kleine…

„Ich revanchiere mich dann das nächste Mal, versprochen!“, zwitschert Hawks ihn scheinbar heiter an und seine Flügel bauschen sich etwas mehr auf. „Vielleicht arbeiten wir dann mal wieder zusammen…dann stärke ich dir den Rücken, wie damals…bei dem Nomu.“

Enji fehlen die Worte, weniger aufgrund dieser Frechheit, sondern weil man in die letzten Worte mehr reininterpretieren kann. Beim nächsten Mal, versprochen, huh? Es bedeutet, dass sie sich wiedersehen werden. Dass sie zusammenhalten werden. In Hawks‘ bernsteinfarbene Raubvogelaugen liegt nun felsenfeste Überzeugung. Er wird tun, was er tun muss…und er verlässt sich darauf, dass auch Enji dies tut.

Er hat sein Vertrauen in ihn gesetzt, weil er an ihn glaubt. Damals wie heute. An seinen Rücken, der ihm Sicherheit gibt.

Enji wird ihn nicht enttäuschen.

„Tse…wenn du allein nicht klar kommst, bleibt mir ja wohl keine andere Wahl, als dir ständig unter die Arme zu greifen. Mach bis dahin keine Dummheiten, Grünschnabel.“

Ob Hawks wohl versteht, dass sein finsteres Grollen und die harschen Worte eigentlich bedeuten, dass er auf sich aufpassen soll? Dass er sich um ihn sorgt? Und dass er ihm fehlt? Dass ihr Vertrauen auf Gegenseitigkeit beruht?

Anhand des sanften Lächelns auf Hawks‘ Gesicht scheint er sehr wohl zu verstehen, was er ihm mitteilen will. Es beruhigt Enji etwas, auch wenn er diesen Abschied nicht will. Doch sie haben keine Wahl.

„Überschätz dich nicht, alter Mann“, meint Hawks grinsend und erhebt sich dann, steckt das Buch weg. „Ich gebe dir denselben Rat…vielleicht können wir beim nächsten Treffen noch mal ausführlicher über den Inhalt meiner neuen Lektüre reden. Lies bis dahin weiter - dann bist du vielleicht etwas empfänglicher als heute.“

Wie er ihn dabei ansieht, ihm zuzwinkert…macht Enji deutlich, dass er bei ihrem Wiedersehen nicht nur reden will. Dass es hierbei noch um etwas anderes geht, was nur sie beide verstehen. Er prägt sich seinen Anblick ein, während er seinen Blick erwidert. Sein jugendliches Gesicht, das freche Grinsen und die bernsteinfarbenen Raubvogelaugen mit den auffälligen Markierungen. Es wird eine Zeit geben, in der sie sich wieder nahe sein können. Eine Zeit, in der Hawks ihm vielleicht endlich reinen Wein einschenkt. Vielleicht gibt es da Dinge, die ihm nicht gefallen werden…doch Hawks akzeptiert auch Enjis Schattenseiten. Selbst wenn er nicht die ganze Geschichte kennt, nur Bruchstücke…aber er steht an seiner Seite. Vielleicht wird es keine Geheimnisse mehr zwischen ihnen geben, wenn das alles überstanden ist. Sie werden es überstehen. Sie beide. Er will daran glauben, auch wenn die Sorge um den Vogel nicht einfach so verschwindet.

Enji lächelt nicht, denn die Situation gibt ihm keinen Anlass dazu.

„Vielleicht…wenn du mich dann überzeugen kannst“, meint er bloß und Hawks wendet sich mit einem kleinen Schmunzeln ab.

„Darauf freue ich mich schon.“

Enji erwidert nichts darauf, sondern sieht ihm nach, während er sitzen bleibt. Sieht zu, wie Hawks den Imbiss durch die Glastür verlässt. Wie sich seine beeindruckenden, scharlachroten Schwingen entfalten und er sich in die Lüfte erhebt, um aus seinem Blickfeld zu verschwinden. Es haftet ein bitterer Beigeschmack daran, dass er ihn einfach so gehen lassen muss. Dass sie getrennt agieren müssen, damit die Welt nicht ins Chaos gestürzt wird.

Doch sie müssen einander vertrauen und beide ihr Bestes tun.

Enji leert seinen Kaffee, legt das Geld - auch für die Wings - auf den Tisch und wendet sich dann ebenfalls zum Gehen um. Es gibt viel zu tun.

Vermillion

Es ist viel, was in den letzten Tagen passiert ist. Viel, das er lange verdrängt hat und nun überdenken muss. Alte Wunden, neue Erkenntnisse. Es ändert nichts an der Situation oder an dem, was er tun will, doch er reflektiert. Nicht nur seine Eltern, Endeavor, Twice…auch sich selbst. Vielleicht ist das das Härteste daran. Sich dem eigenen Ich zu stellen und zu hinterfragen, ob gewisse Entscheidungen richtig gewesen sind. Er weiß, dass er rückblickend nicht viel hätte anders machen können – nicht in der Position, in der er gewesen ist.

Wenn er sich jedoch Shoutos Worte zurück ins Gedächtnis ruft, wird ihm klar, dass der Junge um einiges stärker ist als er selbst. Es ist einfacher, sich abzuwenden als sich mit dem Gedanken, zu verzeihen, auseinanderzusetzen. Er weiß nicht einmal jetzt, obwohl er ein erwachsener Mann ist, ob er es könnte. Andererseits hat sich um ihn bislang niemand so sehr bemüht, wie es Endeavor und seine Frau bei ihren Kindern tun. Man sieht es, man hört es…man fühlt, dass es ehrlich gemeint ist.

Hawks kann sich nicht vorstellen, dass seine Eltern so zu ihm stehen könnten. Vielleicht ist die Kluft dafür zu groß – zumal sein Vater im Gefängnis sitzt. Er hat ihn nicht ein einziges Mal besucht. Natürlich nicht. Doch selbst wenn es die Kommission nicht gegeben hätte, hätte er es wahrscheinlich nicht getan. Alles, was er von diesem Mann je bekommen hat, sind Schläge und Beschimpfungen. Was würde ihn wohl heute erwarten? Was sollte er überhaupt sagen?
 

Hey Dad, sorry, dass ich erst jetzt komme. Hatte mega viel zu tun, Held sein und so, Menschenleben retten…und wie geht’s dir so? Ist das Essen im Knast gut? Oh, übrigens, ich arbeite mit dem Kerl zusammen, der dich damals verknackt hat. Ach – und mein Lover ist er nebenbei auch! Ob ich einen Vaterkomplex habe? Eh…da hab ich noch nicht so drüber nachgedacht…oh, und wo Mom ist, weiß ich nicht. Nachdem sie mich an Endeavors Schurken-Sohn verkauft hat, ist sie einfach abgehauen.
 

Ein absolutes No Go. Auch wenn dieses Gespräch in seinem Kopf natürlich über alle Maßen überspitzt ist. Gerade jetzt, nachdem Endeavors Ruf ohnehin schon im Eimer ist, darf niemand davon erfahren, was zwischen ihnen ist. Oder war. Hawks weiß es nicht.

Was er zusammen mit Best Jeanist entschieden hat, dass sie hinter der Nummer 1 stehen werden, dazu steht er einhundertprozentig. Jemand, der sich so sehr bemüht, seine Fehler gutzumachen, und offensichtlich unter ihnen leidet – den wird er nicht fallen lassen. Er kann Endeavor…Enji nicht fallen lassen. Auch wenn er und seine Frau Dabi geschaffen haben, für seine Entwicklung mit verantwortlich sind – sie sind sich dessen bewusst und wollen dafür geradestehen.

Vielleicht ist es unter anderem das, was Hawks Angst macht, obwohl es das Richtige ist. Rei scheint gar nicht so labil zu sein, wie es anhand der Vergangenheit zu erwarten gewesen wäre. Nicht mehr zumindest. Hawks hat die Entschlossenheit in ihrem Blick gesehen…und es beeindruckt ihn. Weil er nicht glauben kann, dass seine Mutter so etwas jemals für ihn hätte aufbringen können. Er auch nicht für sie oder seinen Vater, um fair zu sein.

Jedenfalls hat er Enjis Reaktion darauf gesehen.

Plötzlich ist es nicht mehr nur die Maske, die ihn wie Hannibal Lecter aussehen lässt, die ihn einengt. Es ist die Furcht davor, dass Enji sich gegen ihn und für Rei entscheiden könnte, sollte sie dies wollen. Einen Neuanfang. Einen, bei dem Hawks nichts zu suchen hat.

Das alles rückt in weite Ferne, denn sie haben momentan andere Probleme. Eigentlich sollte er professionell genug sein, um all das auszublenden, doch wie gesagt – da ist so viel zu reflektieren. Obwohl er gut im Verdrängen ist, fällt es ihm gerade schwer. Er möchte für Enji da sein. Ihn fragen, ob zwischen ihnen trotz aller Geheimnisse alles okay ist. Sie haben doch eine Beziehung? Eine momentan stillgelegte zwar, aufgrund der Umstände, aber es ist dennoch eine Beziehung, nicht wahr?

Da ist so viel Ungesagtes zwischen ihnen…und trotzdem die Welt um sie herum im Chaos versinkt, muss er unter vier Augen mit dem Mann reden, der alles für ihn ist.
 

Drei Tage ist es her, dass sie beschlossen haben, als Team zusammenzuarbeiten. Sie, die Top Drei, All Might und Midoriya, der unscheinbare Junge, in dem so viel mehr steckt. Der Junge, den sie beschützen müssen, und Hawks weiß, dass das hier nicht der richtige Zeitpunkt für ein Gespräch über ihre Beziehung ist, doch er muss Klarheit haben. Es ist alles schwer genug, sodass er sich nicht ständig fragen will, woran er ist.

Die Halskrause sowie die Maske kann er zum Glück endlich ablegen, mit seiner eigenen Stimme sprechen, anstatt sein Handy dafür zu benutzen. Wenn er schon nicht fliegen kann, ist das wenigstens ein kleiner Trost. Ganz sind die Schmerzen noch nicht verschwunden, aber es lässt sich aushalten. Er trägt seine Alltagskleidung, weißes Shirt mit dunkler Jacke, Jeans und Sneaker. Ein Stück Normalität. Hawks sammelt sich und klopft an die Tür zu Endeavors Zimmer.

Er hat ihm dieses süße Zuckerzeug als Geschenk mitgebracht, das er so gerne isst und bei dem Hawks nicht verstehen kann, warum ihm das überhaupt schmeckt. Er selbst würde Yakitori immer vorziehen, aber gut, jedem das Seine. Ihm wird flau im Magen, als er ein Brummen vernimmt, das ihm signalisiert, dass er hereinkommen darf.

Er schiebt den Kopf zur Tür rein und grinst den Hünen im Bett viel munterer an, als er sich fühlt, und er weiß selbst nicht, ob das bloß Gewohnheit ist oder eine Taktik, mit der er sich schützen will. Schließlich steht da einiges zwischen ihnen.

„Zimmerservice!“, flötet er los und hebt die Tüte kurz an, ehe er eintritt und die Tür hinter sich schließt.

Der Raum ist karg und steril wie eh und je, die wenigen Gute-Besserung-Geschenke stehen auf einem Tisch in der Ecke. Blumen, Präsentkörbe…anscheinend gibt es doch noch Fans, die ihm zur Seite stehen werden. Nicht alle haben ihn fallen lassen. Hawks wird ihn nicht fallen lassen.

Enji sieht immer noch mitgenommen aus, auch wenn er das Krankenhaus morgen verlassen darf – seine Atemmaske muss er nicht mehr tragen. Das Schlimmste ist sein Blick, der zwar nicht mehr ganz so gebrochen wirkt, jedoch sieht man ihm die Zerrissenheit darüber, was passiert ist, deutlich an. Kein Wunder. Dabi hat alles gegeben, um seinen Vater zu zerstören.

Vielleicht hat Dabi Gründe, jedoch sind es in Hawks‘ Augen keine, die rechtfertigen, was er getan hat. Die Morde, mit denen er sich rühmt. Die Zerstörung der Weltordnung. Offensichtlich war ihm Enji kein guter Vater, aber hey, wenn es danach geht, da kann Hawks auch ein Lied von singen – und er ist kein durchgeknallter Mörder geworden. Für ihn ist das weder Rechtfertigung noch Entschuldigung.

„Dir geht’s wohl besser“, hört er Enji murmeln, wobei dieser ihn mustert.

Sein Blick bleibt dabei viel zu lange an den noch geschwollenen Narben an seinem Hals und Gesicht hängen – ebenso wie ihm das Fehlen seiner Flügel auffallen muss. Wenn man es gewöhnt ist, ihn mit den roten Schwingen zu sehen, muss er genauso unvollständig wirken, wie er sich fühlt. Selten hat er kaum noch Federn, ist es nicht gewöhnt, so lange ohne sie herumzulaufen. Generell so viel zu laufen.

„Unkraut vergeht nicht“, scherzt er weiter, um seine Unsicherheit zu überspielen.

Er öffnet die Tüte und platziert die kleine Plastikschachtel auf seinem Beistelltisch. Enjis Blick bleibt kurz daran hängen, doch erwartete Sprüche von wegen, dass er das nicht verdient habe, bleiben zum Glück aus.

„Danke“, sagt er bloß leise und Hawks lächelt schief.

Er setzt sich zu ihm auf die Bettkante, wobei Enji den Blick Richtung Fenster schweifen lässt. Eine Weile ist es still zwischen ihnen, denn Hawks weiß nicht, wie er anfangen soll. Normalerweise findet er immer irgendwelche Worte, doch gerade schnürt sich ihm eher der Hals zu.
 

„Bist du wütend auf mich?“

Es ist das Erstbeste, das ihm einfällt, da der Ältere keine Anstalten macht, die Stille zu brechen. Direkt richten sich die türkisfarbenen Augen auf ihn – und Hawks fällt unweigerlich erneut auf, wie mitgenommen Enji aussieht. Als wäre er um Jahre gealtert, die Augen geschwollen, dunkle Ringe darunter. Es ist nicht so, als würde ihn das abschrecken – im Gegenteil, dieses Maß an Gefühlen, das der andere zeigt, macht ihn für Hawks bloß anziehender. Weil es bestätigt, dass Enji zwar nicht alles richtig gemacht hat, dies aber bereut und versucht, ein besserer Mensch und Vater zu sein.

„Wütend“, wiederholt er das Wort tonlos. „Wenn hier jemand wütend sein sollte, dann wohl eher du.“

Hawks blickt ihn ruhig an.

„Ich war nicht ehrlich zu dir. Der Nomu damals, von dem ich wusste…Best Jeanist…meine Rolle in dem Ganzen. Die Kommission“, erwidert er, doch Enji schnaubt daraufhin.

„Das spielt keine Rolle. Du hast bloß deine Tarnung aufrechterhalten. Hättest du mich nicht gewarnt, hätten wir nie von den Plänen der League erfahren. Noch mehr Menschen wären gestorben, One For All wäre ihnen vielleicht in die Hände gefallen…nein. Ich bin nicht wütend auf dich. Ich…bin froh, dass du lebst.“

Die Worte sind wie Balsam für Hawks‘ Seele und ein bisschen lässt seine Anspannung nach – zumindest bis Enji weiterspricht.

„Du solltest wütend auf mich sein. Es ist, wie er gesagt hat…man erntet, was man sät. Deine Verletzungen sind meine Schuld. Ich…meinetwegen ist er geworden…was er heute ist…“

Er ballt dabei die großen Hände zu Fäusten, schaut verbittert vor sich hin. Dass Enji wegen ihm Schuldgefühle hat, ist das Letzte, das Hawks will. Gleichzeitig ist ihm bewusst, dass er sie ihm nicht nehmen kann. Vermutlich würde er an seiner Stelle genauso empfinden.

„Du hast Fehler gemacht, wie wir alle“, meint er dennoch. „Helden sind auch nur Menschen. Menschen machen Fehler. Das gehört dazu. Du warst ihm nicht der beste Vater…aber letztendlich hat er seine Wahl selbst getroffen. Deine anderen Kinder sind auch keine Mörder geworden, trotzdem ihr kein gutes Verhältnis habt. Meine Verletzungen sind nicht deine Schuld.“

Hawks möchte am liebsten nach seiner Hand greifen, die auf der Bettdecke liegt, um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen, doch er kann sich nicht dazu überwinden. Vielleicht ist es zu viel. Reden ist wohl gerade angebrachter.

„Es ist meine Schuld“, widerspricht Enji und blickt ihn wieder direkt an. „Du willst es nur nicht sehen, weil du dich an dieses falsche Bild von mir klammerst. Du denkst, dass meine Heldentaten aufwiegen, was ich meiner Familie angetan habe – doch so ist es nicht. Was da draußen passiert…das Chaos…die Verzweiflung der Menschen, die den Glauben verloren haben…das alles passiert wegen meiner Fehler.“

Hawks will sagen, dass das auch passiert, weil Dabi ein manipulativer Scheißkerl ist, der die Schwächen anderer riechen kann und auszunutzen vermag. Er ist effizient in dem, was er tut. Seine tragische Geschichte zu benutzen, um die Helden in Verruf zu bringen und die Gesellschaft zu entzweien.

„Ja. Fehler, die du wieder gutmachen willst“, sagt er stattdessen. „Ich klammere mich nicht an irgendein falsches Bild. Ich sehe bloß, wer du bist. Das habe ich immer.“

Seine bernsteinfarbenen Augen bohren sich fest in die des anderen; er wird sich nicht von ihm wegtreiben lassen, denn damit hat er gerechnet.
 

„Takami war kein guter Mann.“

Der Name durchfährt Hawks wie ein Peitschenschlag, trotzdem er ihn in letzter Zeit öfter hat hören müssen. Er hat sich zu lange nicht mit seiner Vergangenheit identifiziert – und diesen Namen aus Enjis Mund zu hören, lässt ihn sich anspannen.

„Daher musste ich ihn festnehmen“, fügt dieser an.

„Ja“, brummt Hawks gedehnt. „Wem sagst du das? Aber falls du denkst, dass ich deswegen böse auf dich bin, kann ich dich beruhigen. Ich bin dir dankbar dafür.“

Enjis Blick gefällt ihm nicht, denn da ist keine Erleichterung. Nicht mal ein Funken.

„Das dachte ich mir schon“, gibt er zurück und sieht dabei aus, als würde er sich unwohl fühlen. „Dafür…hast du mich zu sehr idealisiert. Deine Worte…du denkst, ich hätte dich gerettet, nicht wahr?“

Hawks versteht nicht, warum er es so sagt, als wäre es anders. Es weckt die Wut in ihm, doch er reißt sich zusammen. Noch. Kommt ganz darauf an, in welche Richtung dieses Gespräch gehen wird. Er hat da eine leise Ahnung, denn Enjis Worte zu seinem Vater könnten bedeuten, dass dieser vermutet, dass seine Kindheit alles andere als rosig gewesen ist – womit er Recht hätte.

„Du hast mich gerettet“, erwidert er stur, doch Enji schnaubt abfällig.

„Ich habe meinen Job gemacht. Mehr nicht. Du schuldest mir nichts.“

Wenn Hawks ehrlich ist, kommt das hier nicht überraschend. Er hat befürchtet, dass Enji ihn in diese Schublade steckt. Alles in ihm sträubt sich dagegen, doch wenn er jetzt aus der Haut fährt, bestätigt er ihn. Er will nicht mit Enji darüber sprechen, wirklich nicht, aber er muss. Spätestens in diesem Moment, in dem er ihn in die Opferrolle drängen will. Vielleicht ist er das mal gewesen. Als Kind sicherlich.

„Es geht hier auch nicht um irgendwelche Schulden“, entgegnet er kühl. „Bevor du ihn festgenommen hast, hab ich selten mehr gesehen als diese abgewrackte Hütte, in der ich eingesperrt war. Meine Eltern…sie waren beide…kaputt. Nicht fähig, ihr Leben auf die Reihe zu kriegen und ich war bloß ein Klotz an ihrem Bein. Die Kommission hat mir keine Freiheiten gelassen, aber sie hat mir die Möglichkeit geboten, etwas aus meinem Leben zu machen. Jemand wie du zu werden. Gutes zu tun. Meine Fähigkeiten auszubauen. Bevor du aufgetaucht bist, waren Helden für mich bloß Science Fiction. Nicht real. Ohne dich wäre ich dort vielleicht niemals rausgekommen, also ja, natürlich bin ich dir dankbar.“

Enji weiß anscheinend nicht, was er sagen soll, so wie er die Lippen zusammenpresst. Überzeugt ist er nicht, das merkt man. Es ist frustrierend, dass er versucht, ihm madig zu machen, was er bewundert und liebt. Aber er weiß auch, dass dieses Gespräch unvermeidbar ist. Egal, wie die Zukunft aussieht.

„Du bist ein gebranntes Kind, Hawks“, knurrt er. „Deine Zuneigung für mich basiert auf den falschen Gründen.“

„Was wären denn die richtigen?“, fragt er herausfordernd.

„Jedenfalls nicht…das“, knirscht der Rothaarige.

„Denkst du, wir sind dieses typische Klischee? Vaterkomplex? Opfer wird vor seinem Peiniger gerettet und landet dann in einer gewalttätigen Beziehung? Du hast mir nie wehgetan. Nicht einmal. Und du hast mir nie das Gefühl gegeben, nichts wert zu sein, Enji. Also tu uns beiden den Gefallen und fang jetzt nicht damit an.“

Selbst wenn es damit zu tun hat, ist es immer noch sein freier Wille, der ihn bei diesem Mann hält. Enji ist nicht wie sein Vater. Er ist kein Feigling. Kein schlechter Mensch. Er stellt sich seinen Taten. Vielleicht hätte sein Vater das auch getan, wenn Hawks ihm nicht den Rücken gekehrt hätte. Vielleicht auch nicht. Er weiß es nicht. Aber er weiß, dass Endeavor sein Leben gerettet hat und dass seine Gefühle für Enji keine Schwäche sind. Idol hin oder her, er ist nicht verblendet. Er versteht, was Enji getan und dass Dabi die Wahrheit gesagt hat. Ein wenig für seine Zwecke verdreht, aber der Kern stimmt. Es ist nicht so, dass Hawks das alles ausblendet, aber an der Vergangenheit festzuhalten hat noch niemandem geholfen.
 

„Ganz ehrlich“, bricht Hawks die Stille, als Enji eisern schweigt. „Wenn du mich nicht mehr willst, dann sag es. Such keine Gründe, um mich zu vertreiben, sondern sei ehrlich.“

Der andere hebt den Kopf so ruckartig, dass er den breiten Nacken knacken hört.

„Was soll das heißen?“, knurrt er ihn an. „Hier geht es nicht um mich, sondern um dich.“

„Sicher?“, erwidert Hawks trocken. „Ich hab deine Frau erlebt. Sie ist viel stärker, als Dabi der Welt Glauben gemacht hat. Vielleicht habt ihr ja eine Chance auf einen Neuanfang, wenn ihr es noch mal versucht. Ihr seid immer noch verheiratet. Es könnte eure Familie wieder vereinen.“

Er will nicht zeigen, wie viel Angst ihm diese Option macht, denn es gibt sie. Nie würde er Enji irgendwelche Steine in den Weg legen, nur um ihn an sich zu binden. Wenn er ihn nicht mehr will, wird er ihn gehen lassen. Ohne Drama. Auch wenn es wehtun wird.

Dass sich Enjis Miene verfinstert, ist ausnahmsweise mal ein gutes Zeichen. Wenn er ihm hiermit in die Hände spielt, würde da mehr Erleichterung sein. Hoffentlich. Hawks will glauben, dass er dasselbe für ihn empfindet und ihn tatsächlich bloß vor sich schützen will. Weil er denkt, dass Hawks durch seine Vergangenheit gebrochen ist. Es zeigt, was für ein Mann er ist. Dass er sich nicht in ihm getäuscht hat.

„Du denkst, ich suche Ausreden, um wieder…nein. Rei würde nie…und ich ebenfalls nicht. Dafür ist zu viel passiert. Ich bin einfach nur froh, dass sie wieder…in einem Raum mit mir sein kann. Dass sie mit mir redet. Das ist mehr, als ich bis vor kurzem gehofft habe. Wir raufen uns für unsere Kinder zusammen. Für Touya. Das hat nichts mit unserer Ehe zu tun. Das ist vorbei.“

Die Worte erleichtern Hawks ungemein und abermals erwischt er sich dabei, wie seine Finger zucken. Er will ihn berühren, aber er weiß nicht, ob das okay ist. Auch, weil jederzeit jemand hereinkommen könnte.

„Warum willst du mir dann einreden, dass ich dich nicht will?“, fragt er ruhig, obwohl er es ahnt.

Enji hadert mit sich, doch diesmal bricht Hawks die Stille nicht. Er will es von ihm hören.

„Weil ich…dich nicht mit mir in den Abgrund reißen will“, bringt er schließlich hervor. „Deine Wunden, deine Flügel…sag, was du willst, aber es ist meine Schuld. Ich habe Dabi durch meine Sünden geschaffen. Die Kommission gibt es nicht mehr. Du könntest zum ersten Mal frei sein…dafür brauchst du mich nicht. Im Gegenteil, mein Ruf wird dir schaden. Die Menschen verachten mich…und sie werden dich ebenso verachten, wenn du mir den Rücken stärkst…oder wenn rauskommt, dass wir…“

Enji muss nicht zu Ende sprechen, es ist klar, was er meint. Es ist ein Risiko, ist es immer gewesen, doch ist ihnen beiden immer bewusst gewesen. Diesmal greift er nach einer von Enjis Pranken, drückt diese fest und sieht ihm in die Augen.

„Die Menschen verurteilen nicht nur dich. Ich hab’s dir bereits gesagt, draußen herrscht Chaos. Ob ich hinter dir stehe oder nicht, sie wissen, dass ich der Sohn eines Verbrechers bin. Es gibt ein Video von mir, wie ich Bubaigawara von hinten ersteche. Bubaigawara, der mir vertraut hat. Ich weiß, dass ich es tun musste, aber…er hat das nicht verdient.“

Tief atmet er durch, denn dieser Mord lastet schwer auf ihm. Weil Bubaigawara und er…so etwas wie Freunde gewesen sind. Scheinbar. Er ist ein guter Kerl gewesen. Jemand, den Hawks bewundert. Und um den er trauert, wenn er es auch nicht offen zeigt.
 

„Hawks…“

Enji entzieht ihm seine Hand nicht und das gibt ihm Hoffnung, dass er ihn nicht wirklich von sich stoßen will. Dass das der unnötige, aber rührende Versuch ist, das Richtige zu tun. Für ihn. Hawks. Weil sich darum irgendwie bisher niemand geschert hat. Generell um seine Gefühle. Für seine Eltern ist er nur Ballast gewesen. Für die Kommission ein Werkzeug. Für Enji möchte er eine Stütze sein. Der Wind in seinem Rücken – auch wenn das ohne seine Flügel schwer ist.

„Ich weiß, dass ich obsessiv bin, was dich angeht. Du bist mein Antrieb gewesen, mein Held…ich wollte werden wie du. Das hat mich das harte Training überstehen lassen. Ich brauchte ein Ziel und das musstest du sein. Und vielleicht habe ich sogar einen Vaterkomplex – ich meine, hey, wäre krass, wenn ich keinen hätte, nach allem, was gewesen ist.“

Enji kann darüber nicht lachen, aber wenigstens zieht er die Hand nicht weg, sodass Hawks fortfährt.

„Ich wollte dich damals so unbedingt kennenlernen. Ich musste wissen, ob du so bist, wie ich mir dich vorgestellt hatte – und du warst sogar noch großartiger. Wie du den Nomu bezwungen und allen gezeigt hast, dass du es verdienst, die neue Nummer 1 zu sein – das hat mich beeindruckt. Und gleichzeitig habe ich mich so schäbig gefühlt, weil ich ihn dir praktisch auf den Hals gehetzt habe. Weil ich dich angelogen habe. Die Narbe in deinem Gesicht…ich hatte immer das Gefühl, dass das meine Schuld ist.“

Es ist das, was ihm schon lange auf der Seele brennt. Erst jetzt kann er es Enji erzählen, denn er ist kein Spion mehr. Er kann endlich absolut ehrlich sein – auch wenn es sich falsch anfühlt. Viel zu lange hat er seine Emotionen verborgen. Er hat gelernt, mit der Maske zu leben.

Enji hat ja keine Ahnung, was es ihm bedeutet, als er den Druck seiner Finger erwidert, seine Hand nun in die seine nimmt. Sie verschwindet regelrecht in seiner Pranke.

„Ist es nicht“, erwidert er leise. „Du konntest es mir damals nicht sagen, das verstehe ich. Du hast mit mir zusammen gekämpft. Mir den Rücken gestärkt und mir vertraut. Das ist mehr als genug. Und die Narbe…die habe ich verdient. Wäre ich gestorben, wäre es meine eigene Unzulänglichkeit gewesen.“

Es tut so gut, das zu hören, denn es hat ihm Sorgen bereitet.

„Und…was das andere angeht“, redet der Rothaarige weiter und wischt sich einmal mit der freien Hand übers Gesicht. „Ich will dir nichts einreden. Ich will bloß sicher sein, dass du es nicht irgendwann bereust. Dass dir plötzlich klar wird, dass du deine Freiheit verschenkt hast, weil du glaubst, dass du mich brauchst.“

Hawks bringt dafür nur ein müdes Lächeln zustande.

„Wäre das denn so furchtbar?“, fragt er und genießt die Wärme, die Enjis Finger ausstrahlen. „Wenn ich dich brauche?“

Er bemerkt das Zögern des Älteren, wie dessen Blick wieder zum großen Fenster flackert, wo sich mittlerweile dunkle Wolken zeigen. Vermutlich wird es bald ein Gewitter geben.

„Während des Kampfes…als Touya…über dich gesprochen hat“, beginnt Enji nach einer Weile. „Ich hatte die ganze Zeit Angst davor, was er dir angetan haben könnte. Er hat damit geprahlt. Ich…habe das Schlimmste befürchtet…“

Dabis manischer Blick hat sich in Hawks‘ Erinnerungen gebrannt. Er wird ihn nie vergessen können. Den Hass und den Wahnsinn…und er ist nicht sicher, ob man diesen Kerl überhaupt retten kann. Vielleicht ist es dafür zu spät. Dennoch schweigt er und lässt den anderen reden, konzentriert sich auf die raue Stimme.

„Dass er dir die Flügel…ich sehe dich an und ich kann nur daran denken, welches Leid ich verursacht habe. Dass du meinetwegen vielleicht nie wieder fliegen kannst.“

Hawks blickt ihn ruhig an, während die Worte auf ihn wirken. Nie wieder fliegen. Ja. Das kann sein. Dabi hat ihm den kompletten Rücken verbrannt, eine zinnoberrote Wundfläche, die allmählich vernarbt, zurückgelassen. Sein Quirk ist, was ihn ausmacht. War es immer. Doch selbst seine Flügel haben nie wirklich ihm gehört.

„Weißt du, ob mit oder ohne Flügel…ich wollte immer nur jemand sein, der anderen hilft. Jemand, der nützlich ist. Ob ich fliegen kann oder nicht, es hat sich nicht geändert. Was ich für dich empfinde, hat sich nicht geändert. Was ich gesagt habe, meine ich auch so. Ich werde dir helfen, deine Last zu schultern…und ich will an deiner Seite sein. Wenn du mich lässt.“

Da ist etwas in Enjis Blick, das ihm deutlich macht, dass ihm das Gesagte etwas bedeutet. Eigentlich dürfte der andere keine Tränen mehr übrig haben – doch seine Augen schimmern verdächtig. Ein bisschen beneidet Hawks ihn dafür, dass er seine Gefühle so herauslassen kann, obwohl das sonst nicht seine Art ist.

In ihm selbst hat sich so vieles aufgestaut, doch er hat gelernt, es in sich zu verschließen.
 

„Hawks…“

Abermals ist er froh, dass Enji nicht einmal fragt, ob er ihn weiterhin so nennen soll, sondern es einfach tut. Der Name Keigo ist ein Überbleibsel aus der Vergangenheit, welche zu ihm gehört, doch er identifiziert sich nicht damit. Es ist eigenartig, ihn zu hören. Er braucht diesen Namen nicht.

Das Zimmer wird für einen Moment in gleißendes Licht gehüllt, was nicht gerade romantisch ist, aber gut, das ist die ganze Situation nicht. Das grollende Donnern folgt, doch Hawks zuckt nicht mal mit der Wimper.

„Es ist, wie du sagst. Ich bin jetzt frei. Ich treffe meine eigenen Entscheidungen und ich werde sie nicht bereuen. Wenn ich dir sage, dass ich bei dir bleiben will, dann ist das die Wahrheit. Das hat nichts damit zu tun, dass ich eine schwere Kindheit hatte oder mir die Optionen fehlen.“

Obwohl es eine dumme Idee ist, rutscht er näher zu ihm heran, ihre Hände sind weiter ineinander verschränkt.

„Und wenn es ein Fehler sein sollte, dann ist es mein Fehler. Vertrau mir einfach, dass ich schon damit klarkomme. Ich bin stark genug für jegliche Konsequenzen, hm? So wie du.“

Enji schluckt hart, man merkt, dass es ihm etwas bedeutet. Hawks hofft, dass er ihm glaubt, denn er wird von den Diskussionen müde. Er möchte sich am liebsten in seine Arme sinken lassen und die Nähe genießen, bis sie ihre neue Mission antreten müssen. Enji weiß nicht, wie sehr er ihm gefehlt hat. Die ganze Zeit hat er sich nach ihm gesehnt und gefürchtet, was danach passieren würde. Wenn es einer von ihnen nicht überlebt. Falls etwas schief geht und sie sich nicht wiedersehen.

Oder wenn sich der Ältere von ihm abwendet, weil ihm die Wahrheit über ihn nicht gefällt.

„Du bist viel stärker als ich“, hört er Enji brummen und muss warm lächeln.

„In dem Fall kannst du dich umso mehr auf mich verlassen und deine Bedenken vergessen, hm?“

Enjis türkisfarbene Augen bohren sich in seine, erschöpft, aber dennoch intensiv. Dann zieht er ihn zu seiner Überraschung an sich, in seine Arme, und Hawks lässt ihn. Obwohl es fahrlässig ist und er nicht, wie sonst, sicher davor sein kann, dass gleich jemand zur Tür hineinkommt, lässt er sich fallen. Weil er es braucht. Die Nähe, Enjis Geruch, seinen muskulösen Körper an seinem.

Nach allem, was passiert ist, gibt es ihm die nötige Sicherheit.

„Vielleicht helfen wir uns einfach gegenseitig“, murmelt Enji und hält ihn ganz fest.

Hawks lehnt den Kopf gegen seine breite Brust und nickt kaum merklich.

„Klingt nach einem guten Plan, Großer.“

Das Prasseln der Regentropfen gegen die Scheibe hat plötzlich etwas Beruhigendes und Hawks‘ innere Anspannung fällt. Mehr noch, als Enji die Lippen in sein Haar drückt. Die Geste ist voller Zuneigung – und davon hat er in seinem Leben eindeutig zu wenig bekommen. Ebenso wie Wertschätzung. Nicht von den richtigen Personen.

Und selbst wenn Hawks einen Vaterkomplex haben sollte, der ihn für Männer wie Enji empfänglich macht – scheiß drauf. Was spielen die Gründe schon für eine Rolle, wenn es dafür sorgt, dass er glücklich ist?

Sein Leben ist noch nie normal verlaufen, warum also sollte es jetzt so sein? Das hier ist alles, was er will. Bei Enji sein, ihm eine Stütze…nein, sein Partner sein, und dafür sorgen, dass die Welt wieder in Ordnung kommt. Das wird sie. Irgendwie. Wenn sie alle an einem Strang ziehen.

Hawks schließt die Augen und genießt, wie Enji seinen Rücken streichelt und einfach nur da ist. Es sind noch längst nicht alle Probleme gelöst, Wunden müssen heilen – physisch und psychisch, aber wenn sie zusammenhalten, wird das schon. Der Feind ist noch da draußen, der Kampf noch nicht vorbei. Es ist die Ruhe vor dem Sturm, der auf sie wartet – und er will sie auskosten, solange er kann.

Rose

Still verfolgt er die Regentropfen, die unregelmäßig gegen die Scheibe des Panoramafensters trommeln. Die Stadt liegt bereits im Dunkel der Nacht, wird jedoch von den bunten Lichtern der Laternen erhellt. Der ruhige Anblick täuscht über den Schrecken hinweg, den die momentane Lage mit sich bringt. Täglich werfen weitere Helden ihren Job hin, der Aufruhr der Bevölkerung wird lauter – und Touyas Lachen hallt jedes Mal in seinem Kopf wider. Sie sind in diesem Hotel untergekommen, um ihr weiteres Vorgehen zu besprechen. Hawks ist gerade bei Deku und informiert ihn über eine gewisse Lady Nagant, der AFO ebenfalls zur Flucht aus Tartarus verholfen hat und die als höchst gefährlich gilt.

Den ganzen Tag haben sie versucht, den Schaden zu begrenzen, schließlich sind sie die Top Drei. Auch wenn Enji damit gerechnet hat, dass man ihnen mit Abneigung begegnet, so ist die offene Feindseligkeit der Menschen doch erschreckend. Er ist nie besonders beliebt gewesen, allerdings hat man ihn auch noch nie so sehr verteufelt, wie es nun der Fall ist. Es scheint alles zusammenzubrechen – und er gibt sich daran den Hauptteil der Schuld.

Enji atmet tief durch, ehe er sich abwendet und das Zimmer, das er bis zum nächsten Morgen gebucht hat, verlässt. Er trägt hier seine Zivilkleidung, schwarzer Pulli und graue Jeans, möglichst schlicht, auch wenn ihn die Leute natürlich trotzdem erkennen.
 

Er hält kurz inne, als er All Might unten in der mit angenehm dämmrigem Licht ausgestatteten Bar des Hotels entdeckt. Es wird leise Musik gespielt, ansonsten ist es recht still, da abgesehen von dem Blonden nur ein älteres Ehepaar in der Ecke und ein Mann im Anzug direkt an der Bar sitzt. All Might wirkt in der schwarzen Lederjacke gar nicht so hager wie sonst und auch seine Haltung ist anders, weniger zusammengesunken. Angespannt. Vor ihm auf dem kleinen, runden Tisch steht ein Glas mit klarer Flüssigkeit – vermutlich einfaches Wasser. All Might sieht nicht aus, als würde sein ausgemergelter Körper Alkohol vertragen. Enji zögert für ein paar Sekunden, doch dann bestellt er sich einen Whiskey und setzt sich in den gegenüberliegenden Sessel aus braunem Leder.

Die blauen Augen fixieren ihn aus ihren schwarzen Schatten heraus, dann lächelt der andere ihn schief an.

„Du kannst wohl auch nicht schlafen?“

Enji schnaubt leise, während sein Drink vor ihm abgestellt wird.

„Nicht wirklich“, brummt er und nimmt einen Schluck.

„Verstehe“, erwidert All Might leise und senkt den Blick auf sein eigenes Glas.

Der brennende Geschmack in seinem Hals ist regelrecht angenehm und vielleicht betäubt die Wirkung nachher seine Schuldgefühle. Er wird es bei einem Glas belassen, immerhin muss er im Notfall agieren können. Nicht wie damals, als er bei Hawks nach seinem Suff aufgewacht ist. Wie viel Zeit seit damals vergangen ist. Wie viel passiert ist…

„…ist es okay für ihn?“, bricht Enji, der sich plötzlich an die Ereignisse auf der Gala erinnert, nach einer Weile die Stille und sieht den anderen wieder an. „Dass du hier bist, meine ich. Weiß er…?“

Es überrascht ihn selbst, dass er so offen danach fragt, aber All Might versteht scheinbar, wen er meint, auch wenn sich seine Miene auf die Frage hin verschließt. Vielleicht ist das schon die Antwort. Er hätte nicht fragen sollen. Der Blonde, der so lange Zeit sein Rivale war, scheint es ihm jedoch nicht übelzunehmen.

„Wir haben nicht viel geredet. Es war…er weiß es nicht. Ich konnte es ihm nicht sagen“, hört er ihn murmeln.

Enji bereut die Frage spätestens jetzt, denn es scheint, als wäre All Might einfach gegangen. Ohne vernünftige Erklärung. So wie Hawks damals – aber da gab es genügend Hinweise, mit denen er sich alles zusammenreimen konnte. Mehr oder weniger. Er kennt Eraserhead kaum, aber er scheint ein rationaler Kerl zu sein, der nicht viele Worte verliert. Möglicherweise versteht er es trotz allem.

„Es ist besser so. Nach allem, was passiert ist…er hat viel durchgemacht. Und…viel verloren. Present Mic ist bei ihm und ich…muss für Midoriya-shonen da sein.“

Was soll er schon dazu sagen? Enji ist im Allgemeinen nicht sehr einfühlsam, auch wenn er ungefähr versteht, wie sich sein Gegenüber fühlt. Nichts, was er sagen könnte, kann da großartig helfen. Daher nickt er nur, um zu zeigen, dass er es nachvollziehen kann.

„Ihr nehmt ohne mich einen Umtrunk zu euch? Also wirklich…“

Enji blickt auf, als sich Best Jeanist mit einem Glas roséfarbenen Wein zu ihnen setzt und die langen Beine überschlägt.

„Zufall“, brummt Enji und nimmt einen Schluck von seinem Whiskey.

„Es scheint, dass keiner von uns wirklich schlafen kann“, kommt es leise von All Might, woraufhin sie nur still nicken.
 

Sie alle haben mit der Situation zu kämpfen – auf die eine oder andere Weise. Es ist nicht einfach – und Enji fragt sich unweigerlich, wie Hawks so völlig unberührt davon bleiben kann. Ist er wirklich so gefasst, wie er ihm bei ihrem letzten Gespräch im Krankenhaus versichert hat? Wenn er darüber nachdenkt, hat Hawks ihm gegenüber noch nie eine Schwäche offenbart. Bloß diese kleinen Andeutungen hier und da, die ihn jedes Mal misstrauisch gemacht haben.

Auch nachdem Dabi seine Vergangenheit für die Öffentlichkeit preisgegeben hat und die Kommission zerschlagen ist, hat er einfach weitergemacht. Im Krankenhaus hat er Enjis Gefühlsausbruch ertragen und ihn wieder aufgebaut, obwohl es da einiges geben muss, das ihn belastet. Er ist der Sohn eines Verbrechers, der ihm seine Kindheit anscheinend zur Hölle gemacht hat – ähnlich wie Enji es mit seinen Kindern gemacht hat. Dass das Hawks nicht dazu bringt, ihn zu verabscheuen, erleichtert Enji ebenso, wie es ihn irritiert. Wie kann Hawks so vehement behaupten, dass man das nicht vergleichen kann? Dass er besser ist? Nur, weil er es erkannt hat und gutzumachen versucht?

Und dann die Kommission, die Hawks anscheinend sein ganzes Leben lang gesteuert hat. Sie haben ihn zum Helden ausgebildet, doch unter welchen Umständen? Der Winged Hero drückt sich immer nur schwammig aus, will scheinbar nicht ins Detail gehen. Enji fragt sich, was die richtige Reaktion darauf ist. Akzeptanz oder ihn dazu zu drängen, ihm die Wahrheit zu sagen.

Seine Beziehung mit Rei ist nicht gerade von Offenheit geprägt gewesen und er will es dieses Mal besser machen. Leider weiß er selbst, dass er darin unheimlich schlecht ist. Zumal er auch niemanden um Rat fragen kann – nicht mal All Might, denn abgesehen davon, dass es ein Geheimnis bleiben soll, ist dieser ja auch nicht ehrlich zu seinem eigenen Partner.
 

„Oi! Warum bin ich nicht zur Party eingeladen?“

Die vertraut heitere Stimme reißt ihn aus seinen Gedanken – wenn man vom Teufel spricht. Hawks lässt sich in den einzigen noch freien Stuhl an ihrem Tisch fallen und lächelt in die Runde.

„Mach dir nichts draus, Hawks“, erwidert Best Jeanist seufzend. „Ich bin auch eben erst dazu gestoßen.“

„Oh? Na, dann fühle ich mich mal nicht ausgegrenzt – für mich eine Cola!“, fügt Hawks an, als der Kellner an ihren Tisch kommt.

Enji hebt eine Braue, sagt aber nichts dazu. Cola? Kein Alkohol? Seit wann geht Hawks mit gutem Beispiel voran? Andererseits hat er keine Flügel mehr. Vermutlich ist es ihm zu riskant, sich noch mehr zu schwächen – und sei es nur durch einen Drink. Vernünftig.

„Wie geht es ihm?“, fragt All Might den Winged Hero ernst, woraufhin dieser mit den Schultern zuckt.

„Ich hab ihm alles gesagt, was ich weiß. Er wollte sich eine Weile hinlegen. Denke aber nicht, dass er schlafen kann. Keine Ahnung, ich könnte es an seiner Stelle nicht.“

„Eine große Last liegt auf seinen Schultern“, stimmt Best Jeanist zu und nippt an seinem Wein. „Er muss sich fühlen, als würde er zu enge Jeans aus dem Schlussverkauf tragen…“

Hawks hebt eine buschige Braue bezüglich des seltsamen Vergleichs, nimmt dann aber seine Cola entgegen und enthält sich eines Kommentars. Wohl wie sie alle – wobei All Might gar nicht zuzuhören scheint, denn er hat die Stirn in Falten gezogen, blickt finster vor sich hin.

„Ich werde nach ihm sehen“, murmelt er schließlich. „Immerhin bin ich…für ihn verantwortlich.“

Hawks seufzt hörbar.

„Das sind wir alle“, meint er ernster. „Also mach dir nicht zu sehr ‘nen Kopf.“

„Da hat er Recht“, brummt Enji, was ihm ein Lächeln des Jüngsten von ihnen einbringt.

„Ja. Wir sind nun ein Team, All Might.“

Auf Best Jeanists Einwurf hin zuckt ein schwaches Lächeln über All Mights ausgemergeltes Gesicht, doch er nickt.

„Ja. Ich danke euch dafür“, erwidert er, ehe er sich erhebt und in Richtung der Treppen verschwindet.

Enji ist nicht sicher, ob er es wirklich verstanden hat. Sein einstiger Rivale steht dem Jungen am nächsten und er ist für dessen Schicksal verantwortlich. Es muss hart für ihn sein. Für beide. Trotzdem machen sie weiter. Lassen sich nichts anmerken. So wie Hawks.

„Nun, ich werde dann auch langsam zurück aufs Zimmer gehen“, kommt es nach einer Weile vom Fiber Hero. „Ich wünsche euch eine geruhsame Nacht trotz der Umstände.“

„Dir auch“, brummt Enji kurz angebunden, woraufhin Hawks einstimmt.

Gleich darauf sitzen sie nur noch zu zweit am Tisch. Der Winged Hero schaut ihn nachdenklich an, doch er kann es nicht deuten. Sie sind sich bisher nicht wieder näher gekommen. Keine Zeit, keine Zweisamkeit. Es gab so viel Wichtigeres und irgendwie…fühlt es sich falsch an. Da ist ein Teil von ihm, der ihm sagt, dass es falsch ist, da weiterzumachen, wo sie aufgehört haben.

„Hier gibt’s eine Sauna.“

Enji blinzelt, während Hawks einen großen Schluck Cola nimmt. Bitte?

„…“

„Und um die Zeit ist sie bestimmt leer. Also Ruhe für uns. Was meinst du? Danach kann man bestimmt besser schlafen.“

Enji fragt sich, was der andere dabei im Sinn hat. Ist da ein Hintergedanke? Soll er mit ihm hingehen, um mit ihm reden zu können? Eine bessere Gelegenheit wird es nicht geben, denn schon morgen sind sie wieder unterwegs. Davon abgesehen kann Enji sowieso nicht schlafen, wenn er jetzt ablehnt. Er hat nichts zu verlieren, oder?

„Ist gut. Bin dabei.“

Hawks lächelt ihn an und trinkt aus.
 

Tatsächlich sind sie die Einzigen, als sie eine Weile später in der Sauna sitzen. Die Hitze hat Enji aufgrund seines Quirks noch nie viel ausgemacht, von daher ist es angenehm für ihn. Ein paar Wassertropfen lösen sich aus seinen Haaren, ebenso wie bei Hawks, da sie sich zuvor gewaschen haben. Abgesehen von dem Handtuch um ihre Hüften sind sie komplett nackt und Enji kann nicht verhindern, dass er den Blonden aus den Augenwinkeln mustert. Da sind noch mehr Brandnarben an seinem Körper. Narben, die Touya verursacht hat. Nicht nur die an seinem Hals und im Gesicht. Der Rücken ist wirklich schlimm betroffen, auch wenn er nicht mehr wund zu sein scheint.

Enji fragt sich unweigerlich, warum Hawks ausgerechnet hierher wollte – muss er nach allem nicht genug von Hitze haben? Werden seine Flügel überhaupt je wieder nachwachsen? Auch wenn der Jüngere meint, dass er sich nicht schuldig fühlen muss – Enji tut es dennoch.

„Das ist jetzt nicht die sexy Stimmung, die ich mir erhofft habe“, hört er ihn plötzlich murmeln.

Enji stutzt, als er sich ein wenig nach hinten lehnt und mit frustriertem Ausdruck vor sich hin blickt. Das Holz knarzt dabei leicht. Sie sitzen nur eine Armlänge voneinander entfernt.

„Hawks…“

Enji weiß nicht, was er darauf erwidern soll.

„Ich hab das Gefühl, dass du mir ständig ausweichst – und ja, ich weiß, wir haben gerade keine Zeit für uns, das ist okay, aber…du siehst mich anders an. Als ob ich dir leidtue.“

Ein bitterer Zug liegt dabei um Hawks‘ Mundwinkel, wobei er ihn immer noch nicht anschaut. Tut Enji das? Ihn bemitleiden? Das ist irgendwie nicht das richtige Wort dafür. Er weiß bloß nicht, wie er sich verhalten soll.

„Du kannst mit mir darüber reden“, fährt Hawks fort und Enji kann sich ein Schnauben nicht verkneifen.

Daraufhin richten sich die bernsteinfarbenen Augen doch auf ihn.

„Komm mir nicht so“, knurrt er und funkelt den Jüngeren an. „Ich habe wohl mehr als genug geredet. Du weißt, was mich quält und dass es…nicht so einfach ist. Alles. Scheiße, ich habe so viel geheult wie seit Jahren nicht mehr. Vielleicht noch nie. Und du…“

Hawks hebt eine Braue, seine Miene bleibt monoton. Schweiß glänzt an seiner Stirn, die Haut ist leicht gerötet.

„Und ich?“, hakt er ruhig nach, wobei er die Arme auf seinen Oberschenkeln abstützt.

„Dir scheint das alles nichts auszumachen. Du steckst das einfach weg, baust mich auf…und versteh mich nicht falsch, ich bin dir dankbar dafür, dass du meine Stütze sein willst, aber es…das kann nicht gesund sein. Einfach…weiter zu funktionieren.“

Hawks blickt ihn lange an und Enji fragt sich, was in seinem Kopf vor sich geht. Er ist immer noch so gefasst, als würde ihn das alles nicht betreffen. Aber das tut es, nicht wahr?

„Es ist nicht so, dass mir das alles nichts ausmacht“, erwidert er nach einer Weile leise und wendet den Blick wieder ab. „Ich denke nur nicht, dass meine…Gefühle dabei eine Rolle spielen. Das ist wohl so in mir drin. Lächeln und weitermachen. Ich weiß nicht, wie es anders geht.“

Enji runzelt die Stirn.

„Was soll das heißen?“, fragt er, woraufhin Hawks mit den Schultern zuckt.

„Wie ich es sage. Ich bin’s einfach gewöhnt, Sachen wegzustecken. Nicht, dass ich’s nicht beneidenswert finde, wie du einfach alles rausgelassen hast. Erwartet man bei so einem harten Kerl wie dir gar nicht – und ich meine das jetzt echt nicht abwertend, nur ich…kann das nicht. Ich glaub, ich hab nicht mehr geheult, seit ich ein Knirps war. Keine Ahnung, es hat sowieso niemanden interessiert, also hab ich es gelassen. Mich auf anderes konzentriert.“

Es irritiert Enji, dass er bei dem letzten Satz so sanft lächelt, als würde er über eine schöne Erinnerung reden. Eigentlich ist es eher das Gegenteil.

„Auf anderes?“, hakt er nach, weil er es verstehen will.

„Jap. Darauf, ein cooler Held zu werden. So wie der, der meinen Vater eingebuchtet hat“, erwidert Hawks und zwinkert ihm zu.

Schon wieder macht er das. Das Thema wechseln, ablenken und lächeln. Soll Enji es dabei belassen? Er ist Vorwürfe gewöhnt, aber bei Hawks durchzublicken, das ist noch mal eine ganz andere Geschichte.
 

„Denkst du, dass du das bei mir auch machen musst? Lächeln und weitermachen?“

Hawks stockt merklich.

„…das hat nichts mit dir persönlich zu tun, Enji. Das ist einfach…das, was ich gewöhnt bin. Darauf bin ich konditioniert. Mein Potenzial ausschöpfen und den maximalen Nutzen rausholen. Ich weiß gar nicht, wie es anders geht. Ist nicht so, als könnte ich einen Knopf drücken und losheulen. Das…macht es auch nicht besser. Es verändert nichts. Ich werde immer noch die gleiche, beschissene Vergangenheit haben. Das holt sie bloß hervor, obwohl ich sie vergessen will. Es ist vorbei, ich hatte Glück im Unglück. Nichts ist perfekt.“

Anhand dessen, wie schnell er spricht, und den gehetzten Unterton vernehmend, glaubt Enji nicht, dass es so einfach ist. Er versteht aber, dass Hawks jemand ist, der Verdrängung vorzieht. Nicht die gesündeste Art, mit Problemen umzugehen, aber wer ist er, dass er ihm da einen Vortrag halten könnte. Im Gegenteil…er hat genug mit sich selbst zu kämpfen. Das heißt aber nicht, dass er es akzeptieren wird.

„Und wenn ich das will?“

Hawks legt den Kopf schief, sieht ihn irritiert an.

„Wenn du was willst? Dass ich mich an deiner starken Brust ausheule und dir von meinem furchtbaren Leben erzähle? Ohhh, und ich dachte, es macht unsere Beziehung aus, dass wir eben nicht dieses typische Boys-Love-Konzept darstellen, in dem der kleine Uke Schutz beim großen Seme sucht.“

Das immer breiter werdende Grinsen des anderen macht es Enji nicht leicht, beim Thema zu bleiben – geschweige denn die Art, wie er es sagt. Dieser kleine…

Er fühlt, wie seine Wangen zu brennen beginnen, und das bestimmt nicht nur wegen der Saunahitze. Genau deswegen macht Hawks das vermutlich, weil er weiß, dass ihn das in Verlegenheit bringt.

„Nein!“, ranzt er ihn daher an. „Verdammt, ich…das ist nicht, was ich…ich will bloß nicht, dass du denkst, dass es mir egal ist!“

Hawks‘ Grinsen wackelt, das Selbstsichere in seinem Blick ebenfalls. Er öffnet den Mund, doch Enji lässt ihn nicht zu Wort kommen.

„Du kommst gut allein klar. Das ist mir bewusst. Du tust, was du immer getan hast…und um zu überleben, ist das wahrscheinlich nötig. Aber jetzt ist es das nicht mehr. Ich meine ernst, was ich gesagt habe. Ich will, dass du dich genauso auf mich verlassen kannst, wie ich mich auf dich. Es interessiert mich, wenn es dir schlecht geht. Mich interessiert deine Vergangenheit und…einfach alles, was damit zusammenhängt. Ich will wissen, wenn du in Schwierigkeiten bist und…was auch immer, wenn es wichtig für dich ist. Das hat mit Schutz oder Ausheulen nichts zu tun, sondern damit, dass ich…dass wir…ich…“

Ausgerechnet da kommt er ins Straucheln und er würde es nur zu gerne auf die Hitze schieben, aber die Wahrheit ist, dass er nicht der Typ für Liebeserklärungen ist. Das war noch nie sein Ding und jetzt zeigt sich genau das wieder. Scheiße. Ob er so rot im Gesicht ist, wie es sich anfühlt?

Vermutlich, doch Hawks zieht ihn nicht mal damit auf. Im Gegenteil, denn er gibt keinen Ton von sich, sondern sieht ihn mit einem Ausdruck an, der nicht zu seinem Wesen passen will. Er lächelt nicht mal mehr. Weiß er nicht, was er sagen soll? Enji kann irgendwie nicht glauben, dass er ihn so sehr aus dem Konzept gebracht hat.

„Hawks?“, fragt er, als immer noch keine Reaktion kommt.

Der Angesprochene blinzelt, schüttelt kurz den Kopf und reibt sich dann den Nacken, an dem feine Schweißperlen hinabrinnen.

„Ich glaub, hier wird’s gerade ein bisschen heiß“, murmelt er und wischt sich über die Stirn.

Sein Lächeln wirkt nicht ganz ehrlich, als er sich ihm zuwendet.

„Abkühlen?“

Enji weiß nicht, was das bedeuten soll. Fühlt er sich wegen der Hitze unwohl oder wegen ihres Gesprächs? Hat er sich zu viel herausgenommen? Eigentlich ist er sich sicher, wo sie beide stehen, aber die verhaltene Reaktion verwirrt ihn.

„Okay“, erwidert er knapp, woraufhin sich Hawks erhebt.

Er hat dabei immer noch diesen seltsamen Blick drauf, den Enji nicht von ihm kennt…und der ihm nicht gefällt. Still folgt er ihm zu den Waschräumen, dabei überlegend, wie er die unangenehme Stimmung entschärfen kann. Leider ist auch das absolut nicht seine Stärke…
 

Nachdem sie sich abgekühlt und gewaschen haben, sitzen sie im Onsen des Hotels, das ebenfalls leer ist. Enji ist sich nicht sicher, ob das alles so wirklich Zufall ist oder ob Hawks irgendwas daran gedreht hat. Der Winged Hero ist immer noch recht still für seine Verhältnisse und es wirkt, als würde er nachdenken. Sie sitzen nebeneinander im heißen Wasser des Steinbeckens, das typisch japanisch gestaltet ist. Er lehnt sich ein wenig zurück, blickt an die Decke, die durch den Dampf etwas vernebelt ist.

Tief atmet er durch, ehe er einfach sagt, was ihm durch den Kopf geht.

„Hawks. Wenn ich zu weit gegangen bin, dann sag es einfach.“

Der Jüngere blinzelt erneut, wendet sich ihm aber direkt zu, wobei er die Stirn in Falten zieht.

„Huh? Zu…nein. Nein, Quatsch, das…ist es nicht. Wirklich nicht. Ich meine, ich sollte ja froh sein, dass dich interessiert, was bei mir so abgeht…oder abging, nur…ach, ich weiß auch nicht.“

Es klingt fast schon frustriert und das darauffolgende laute Seufzen unterstreicht diesen Eindruck noch. Hawks gleitet noch etwas tiefer ins Wasser, blickt wieder vor sich hin.

„Ernsthaft. Wer träumt nicht davon, dass die Nummer Eins einem durch die Blume so romantisches Zeug sagt?“

Romantisch? Als ob…und dennoch wird ihm wieder etwas wärmer. Der freche Vogel soll aufhören, ihn in Verlegenheit zu bringen.

„Ich kann nur nicht so einfach…“

„Das habe ich damit auch nicht gemeint“, unterbricht Enji ihn schroff. „Du redest, über was du bereit bist zu reden. Wann du willst.“

Einen Moment lang schweigt Hawks, ehe er abermals seufzt.

„Und wenn dir nicht gefällt, was du hörst?“

„Ich komme schon damit klar“, brummt Enji genervt zurück. „Wie du dich vielleicht erinnerst, hab ich genug auf dem Kerbholz. Keine Sorge, ich halte dich nicht für einen Heiligen.“

„Dabei hab ich mir doch so viel Mühe gegeben, das perfekte kleine Vögelchen zu sein~“, zwitschert Hawks und klimpert mit den Wimpern.

Enji knirscht gereizt.

„Du wirst schon wieder albern.“

„Bin halt ein Sonnenscheinchen. Dachte, das gefällt dir an mir?“

„Tse…“

Hawks wirft ihm einen amüsierten Blick zu, doch der seltsame Ausdruck ist noch nicht verschwunden. Ist da vielleicht doch etwas, das er ihm mitteilen will? Er blickt bei dem anderen nicht durch, sodass er nicht weiß, wie er sich verhalten soll. Ihm fehlt die Nähe, für die sie keine Zeit haben. Das hier wird erstmal die einzige Zweisamkeit sein, die sie haben. Dennoch fühlt es sich falsch an, weiter zu gehen. Vorher war das nicht so.

Er hält inne, als er spürt, wie sich Hawks gegen seine Schulter lehnt. Enji zögert, doch dann legt er den Arm um seine Seite. Sie werden schon hören, falls jemand kommt. Man wird sie schon nicht erwischen. Ein Teil von ihm sagt sich, dass es ohnehin keine Rolle mehr spielt, so verhasst, wie er den meisten ist. Nur seiner Familie sollte er einen weiteren Schock wohl besser ersparen.
 

„Das Meiste weißt du schon…oder kannst es dir denken“, murmelt Hawks schließlich. „Mein Vater war jetzt nicht gerade Daddy des Monats und meine Mutter…sagen wir, ich war kein Wunschkind. Auf der Flucht zu sein, ist mit Familie schwieriger, als wenn man ungebunden ist. Er hatte panische Angst davor, dass ich unsere Bruchbude verlasse und er meinetwegen geschnappt wird – was ja dann trotzdem passiert ist.“

Enji streichelt seine Seite, während er ihm zuhört.

„Sie haben dich eingesperrt?“, fragt er und spürt das Stechen in seiner Brust.

Es ist das, was er auch Shouto angetan hat. Er hat ihn separiert und gedrillt – und ihm damit Schaden zugefügt. Hawks muss seine Gedanken erraten, denn er schmiegt sich an ihn.

„Ich hab doch gesagt, dass dir nicht gefallen wird, was ich erzähle. Vergleich dich nicht mit meinem Vater. Es ist nicht dasselbe.“

Enji fasst sich, denn er merkt, dass sich das Gespräch wieder um ihn zu drehen beginnt. Das haben sie durch. Er wird Hawks‘ Meinung nicht ändern können – und wenn dieser sich trotz allem für ihn entschieden hat, dann sollte er dankbar dafür sein.

„Konntest du nicht weglaufen? Jemandem Bescheid sagen?“, lenkt er daher ein und Hawks lächelt schief.

„Weißt du, einmal habe ich so viel gequengelt, dass meine Mutter nachgegeben hat, damit ich still bin. Also sind wir rausgegangen. In so einen Laden und ich weiß noch…da waren diese teuren All Might Puppen. Wir hatten kaum Geld, also habe ich natürlich keine bekommen…aber vielleicht erinnerst du dich noch an mein Merch-Püppchen?“

Enji erinnert sich an die Endeavor-Puppe…und ahnt, warum er vermutlich eine bekommen hat.

„Mein Zeug wollte damals keiner haben“, brummt er mit leichter Verärgerung.

„Jep. War ziemlich billig. Aber na ja, aus dem Grund hat sie mir die Puppe schenken können und wie du weißt, ist sie mir sehr wichtig. Klingt vielleicht blöd, aber sie war sowas wie ein Freund für mich…und zudem das Einzige, das mir meine Mom je geschenkt hat. Sie meinte, ich soll stark werden. Wie du.“

Dabei bedenkt Hawks ihn mit einem warmen Blick, der ihm ganz anders werden lässt. Er stellt ihn wirklich auf ein zu hohes Podest. Wie schrecklich muss sein Leben gewesen sein, dass er sich so an eine Puppe geklammert hat? An ein Ding.

„Sonst hatte sie nicht so nette Worte für mich. Sie hat mich meistens nicht mal angesehen. Für sie war nur mein Vater wichtig und ich war nutzlos. Der Klotz am Bein. Na ja, immerhin hat sie mich nie geschlagen. Sie haben beide viel getrunken…schätze, das hat ihnen auch nicht gut getan. Jedenfalls…sie sind trotz allem meine Eltern gewesen und ich hatte nur sie. Von daher – nein, ich konnte nicht einfach weglaufen.“

„Rechtfertige nicht ihr Verhalten“, grollt Enji finster, den die Wut dabei packt. „Dafür gibt es keine Entschuldigung.“

„Ich rechtfertige nichts. Ich erkläre es nur“, gibt Hawks ruhig zurück. „Sie sind kaputte Menschen gewesen. Das weiß ich…und darum habe ich alle Bande zu ihnen gekappt. Mit dem Ergebnis, dass mich meine Mutter an Dabi verraten hat. Und ich kann deswegen nicht mal wütend auf sie sein. Es wundert mich nicht mal. Sie hat mir einen Zettel hinterlassen, in dem steht, dass es ihr leidtut, und ist verschwunden.“

Das Lächeln wird eine Spur bitterer und es trifft Enji, denn er versucht wenigstens, seine Fehler wieder gutzumachen. Hawks‘ Eltern habe haben das scheinbar nie versucht. Gut, sein Vater konnte das auch nicht, schließlich sitzt er im Gefängnis. Enji streichelt ihn weiter, denkt dabei an damals. Er hat nicht gewusst, dass der Typ Frau und Kind hat. Woher auch? Was, wenn er es gewusst hätte? Hätte er sich für ihn eingesetzt? Für Hawks? Für…Keigo?

„Und was die Kommission angeht, ja, das Training war hart, keine Frage, aber ich hatte auch vorher keine Kindheit. Für mich war es eine Verbesserung. Ich wollte so unbedingt ein Held werden…jemand wie du werden…Menschenleben retten und nützlich sein, dass alles andere nebensächlich war. Das war mein Ziel. Das hat mich angetrieben und es war so viel besser, als immer nur im Dunkeln zu hocken und still zu ertragen. Du kannst dir wahrscheinlich gar nicht vorstellen, dass es mal eine Zeit gab, in der ich die Klappe gehalten habe, oder?“

Nein. Das kann Enji sich nicht vorstellen. Auch wenn Hawks es mit einem Zwinkern sagt, es sorgt nicht dafür, dass es die Stimmung auflockert. Er weiß, dass der andere kein Mitleid will, aber Enji fühlt es trotzdem. Obwohl er selbst kein vorbildlicher Vater ist, findet er den Gedanken daran, dass der Jüngere so etwas hat ertragen müssen, furchtbar. Es ist nicht fair, dass Kinder unter den Fehlern ihrer Eltern leiden müssen – und alles, was er sagen könnte, kommt ihm heuchlerisch vor.

„Hey…du weißt schon, dass ich dich vorhin mein Ziel genannt habe? Kein Grund, so eine finstere Miene zu machen!“

Dabei kneift er ihm in die Seite, was Enji schnauben lässt.

„Traurig genug“, erwidert er, was Hawks seufzen lässt.

„Fühl dich gefälligst geschmeichelt, klar?“

„Ich bin geschmeichelt“, murrt Enji und funkelt ihn an. „Ich…finde es bloß schlimm, was dahinter steckt. Dass du dich an jemanden wie mich klammern musstest, damit du das alles ertragen konntest. Dass du überhaupt…“

Enji weiß nicht, wie er es ausdrücken soll, weswegen er mitten im Satz abbricht. Hawks sieht aus seinen bernsteinfarbenen Augen wissend zu ihm hoch, ehe er wieder so schief lächelt.

„Na ja, mein Leben war kacke und das Spezialtraining der Kommission kein netter Unterricht wie vermutlich in der UA, das gebe ich zu. Meine Aufträge waren manchmal echt übel. Das mit Bubaigawara…war nicht das erste Mal, das ich mich für das größere Wohl entscheiden musste. Und es war auch nicht leicht für mich. Was Dabi gesagt hat, dass ich wie mein Vater bin…es ist nicht so, dass mir das nichts ausmacht. Ich habe getötet. Ich hatte Gründe, aber…das ändert meine Taten nicht. An meinen Händen klebt Blut. Das ist etwas, mit dem ich leben muss und das ich nicht rückgängig machen kann.“

Dabei schaut er auf seine Hände, die unter Wasser auf seinen Oberschenkeln liegen. Er sieht dabei für einen kurzen Moment unheimlich erschöpft aus. So fragil. Es muss schwer auf seiner Seele lasten. Enji schließt seine große Hand um Hawks‘, drückt sie fest, um ihm zu zeigen, dass er dennoch zu ihm steht. Er fragt sich, wie Hawks unter den Umständen so weit kommen konnte, ohne daran zugrunde zu gehen.

„Meine Freiheit war keine richtige Freiheit. Ich war immer an die Kommission gebunden, aber…ohne das alles, wäre ich nicht der, der ich heute bin. Ich meine, ich bin immerhin nicht durchgedreht wie Lady Nagant – noch nicht zumindest. Ich hab einen ziemlich schnellen Werdegang hingelegt, trotz des holprigen Starts – wer kann schon behaupten, in meinem Alter die Nummer Zwei zu sein? Abgesehen von dir. Außerdem…dein Sohn hat mich öffentlich geoutet, die Kommission ist angeschlagen und die Nummer Eins ist mein Lover. Abgesehen von dem ganzen anderen Scheiß, durch den wir jetzt müssen, bin ich doch ein glückliches Kerlchen, hm?“

Dabei löst er seine Hand aus seiner und stupst ihm mit dem Ellenbogen in die Seite, woraufhin Enji hörbar ausatmet.

„Du siehst das alles positiv?“, fragt er mit gewissem Sarkasmus, weil es ihm schwer fällt, das zu glauben.

„Das ist der Grund, weswegen ich alles ertragen konnte, Enji“, erwidert Hawks ruhig, während er zu ihm aufsieht.

Es macht Enji erneut klar, wie stark Hawks eigentlich ist. Ihm ist aber ebenso klar, wie anstrengend es sein muss, sein eigenes Leid ständig zurückzustellen. Dennoch hat er ihm im Krankenhaus Mut zugesprochen, tut es auch jetzt noch. Er steht an seiner Seite, als wäre das eine Selbstverständlichkeit.
 

Enji legt die Hand an seine rosige Wange, streichelt mit dem Daumen darüber, was ihm zunächst einen verwirrten Blick einbringt. Der Flame Hero bleibt stumm, während er mit seinen Berührungen weitermacht, was Hawks schließlich dazu bringt, die Lider zu schließen. Er lehnt sich gegen seine Hand, die so groß ist, dass sie sein Gesicht umschließen kann. Man sieht ihm an, dass er die Zuneigung genießt, und anhand seiner Geschichte kann sich Enji denken, warum das so ist. Vielleicht ist es das, was er ihm geben kann, damit er ein bisschen Erleichterung erfährt.

Enji zieht ihn an sich, streichelt und hält ihn einfach nur, wobei er ihm die Lippen ins Haar drückt. Als er eher versehentlich seinen Rücken berührt, dort, wo einst seine Flügel waren, durchfährt den Jüngeren ein leichtes Zittern. Ob er manchmal vergisst, dass sie nicht mehr da sind?

Für ihn selbst wäre der Verlust seines Quirks wie ein Todesstoß. Er hat als Vater versagt und als Held ebenso – doch ohne die Perspektive, es wiedergutmachen zu können, würde er noch weniger damit klar kommen. Er will sich nicht vorstellen, wie Hawks sich fühlen muss – und trotzdem jammert er nicht. Vermutlich, weil ihm sowieso niemand zugehört hätte. Enji will ihm zuhören. Für ihn da sein. So wie Hawks immer für ihn da ist. Er will eine ernsthafte und gleichberechtigte Partnerschaft mit ihm.

Seine Gedanken stocken, als sich der Jüngere auf seinen Schoß schiebt und seinen Körper gegen seinen presst. Er sieht ihm in die Augen und spürt in der nächsten Sekunde die weichen Lippen auf seinen eigenen. Eigentlich sollte er das wohl unterbinden, schließlich könnte sie jemand sehen – aber er kann nicht. Oder will nicht. Stattdessen schlingt er die Arme um den Jüngeren und erwidert den Kuss genauso leidenschaftlich. Wie lange haben sie ihre Gefühle zurückgestellt? Viel zu lange.

Seine großen Hände schließen sich um Hawks‘ Hintern und er spürt dessen Erregung gegen seinen Bauch drücken – anscheinend ist er nicht der Einzige, der nicht mehr warten kann. Auch wenn der Funken Vernunft in Enji ihm sagt, dass das in einem öffentlichen Onsen gar nicht geht – und so leicht kann er eben nicht aus seiner Haut, wie Hawks schon zuvor festgestellt hat.

„Zimmer…?“, hört er diesen wissend gegen seine Lippen nuscheln und nickt.

„Zimmer.“

Und mit diesen Worten hebt er ihn einfach hoch und steht mit ihm auf, woraufhin Hawks grinsend die Arme um seinen Nacken schlingt.
 

Oben angekommen tragen sie ihre Bademäntel nicht sonderlich lang, sind schon wieder nackt, noch bevor sie das Bett erreicht haben. Sie lassen das Licht aus, nur durch das riesige Fenster leuchten die Straßenlaternen und der Mond. Enji drückt den Jüngeren auf die Matratze, während dessen Finger seine Haare zerwühlen und er wie ausgehungert nach seinen Lippen schnappt. Die Blockade zwischen ihnen scheint gelöst zu sein, so ungeduldig, wie sie sich aneinander reiben. Enji ist sich ziemlich sicher, dass Hawks ihn schlagen wird, wenn er jetzt vorschlägt, langsam zu machen – das Bein, das sich in seinen Rücken drückt, spricht jedenfalls dafür.

„Oh fuck“, hört er Hawks keuchen, während Enji zwischen ihre Körper greift und dessen Glied umfasst.

Er brummt bloß, spürt die Lippen des anderen an seinem Hals, wie sie sich dort festsaugen. Er kann sich keine Gedanken um eventuelle Knutschflecken und ihre Folgen machen, dafür ist er schon zu angeheizt. Das einzige Problem ist, dass sie kein Gleitgel haben – und er bezweifelt irgendwie, dass Hawks so…

„Im…Bademantel…Tasche…“

„…was?“

„Gleitgel.“

Enji blickt ihn irritiert an, nicht wissend, ob das jetzt sein Ernst ist. Hawks sieht ihm im Halbdunkeln aus seinen Bernsteinaugen entgegen. Wie ein Raubvogel.

„Ich will dich.“

Nein. Kein Scherz. Er hat wirklich was dabei. Enji schluckt und allein der Gedanke daran reicht, dass er befürchtet, gleich zu kommen. Es ist einfach zu lange her. Weswegen es gut ist, dass er sich von Hawks herunterrollen muss, um nach dessen Bademantel zu greifen und das Tütchen aus der Tasche zu holen.

Als er sich wieder zu diesem umdreht, ist der andere bereits dabei, sich mit zwei Fingern zu weiten, den Blick dabei nicht von ihm lassend. Er ist mindestens so erregt wie Enji. Wie kann er bloß so schamlos mit gespreizten Beinen…egal.

„Ohne Kondom?“, brummt er, als er sich wieder zu ihm setzt und das Tütchen öffnet.

„Ich hab keine Bedenken“, raunt Hawks zurück, ohne sein Tun zu unterbrechen.

Enji sieht zu, wie der dritte Finger in ihm verschwindet – ob das ohne Gleitgel nicht unangenehm ist? Anscheinend nicht genug, um aufzuhören.

„Ich auch nicht“, erwidert er leise und Hawks lächelt ihn an.

„Dann komm her.“

Enji zögert merklich, blickt ihn fragend an, als der andere die Finger aus sich zieht, doch anscheinend will Hawks keine weitere Vorbereitung. Er selbst ist skeptisch, ob das so reicht, schließlich ist er nicht gerade klein, doch das weiß der Jüngere. Also reibt er sein Glied mit dem Gleitgel ein, verteilt es noch ein wenig in dem anderen, der eng seine Finger umschließt. Gott…er will ihn auch. Jetzt.

Hawks funkelt ihn an, während er sich nach hinten auf das Kissen fallen lässt, dabei hörbar ausatmet. Er vertraut ihm völlig – und andersherum ist es genauso. Das macht sie beide aus, nicht wahr?

Enji beugt sich über ihn, dringt langsam in ihn ein und sieht ihm dabei in die Augen. Hawks erwidert seinen Blick, während er unter ihm liegt und ihn machen lässt. Er wirkt dabei völlig entspannt, den Mund leicht geöffnet. Eine Hand legt sich in seinen Nacken, streicht leicht über die Haut – und Enji kann nicht anders, als ihn erneut innig zu küssen.

Hawks hat ihm so verdammt gefehlt.
 

Es fühlt sich so gut an, eins mit ihm zu sein. Bei jedem Stoß schiebt er Hawks‘ Körper über das Laken, hört ihn keuchen. Die Nägel krallen sich in seinen Rücken und der Jüngere hat ein Bein um ihn geschlungen, zieht ihn noch enger an sich.

„Oh fuck…ja…genau so…Enji…“

Scheiß drauf, ob die Wände dick genug sind. Er will nicht aufhören, egal, was die Konsequenzen sind. Das hier hat er gebraucht. Ebenso wie Hawks, der den Kopf in den Nacken wirft und nach Luft ringt. Fürs Küssen haben sie längst keinen Atem mehr.

Viel Ausdauer haben sie in dieser Nacht jedenfalls nicht, doch das ist egal. Die Intimität zwischen ihnen ist viel wichtiger. Enji kommt noch vor Hawks, presst sein Gesicht gegen dessen Schulter, um sein raues Stöhnen zu dämpfen. Gott, er kann nicht mehr klar denken, spürt nur, wie sich alles in ihm zusammenzieht – dann lässt er los. Unter ihm reibt sich Hawks zum Höhepunkt, hektisch keuchend und die Nase gegen seine Schläfe gepresst. Die freie Hand krallt sich schmerzhaft in seinen Rücken, er spürt Hawks‘ Becken gegen seines bocken. Es dauert nur Sekunden, bis sich Hawks stöhnend unter ihm aufbäumt und Enji die Feuchtigkeit an seinem Bauch fühlt.

Erschöpft sackt er auf dem anderen zusammen, welcher vollkommen entspannt unter ihm liegt und seine Wärme zu genießen scheint. Jedenfalls macht er den Eindruck, so, wie er sich an ihn kuschelt.

Enji zieht sich dennoch aus ihm, wobei ihm schnell bewusst wird, dass sie es diesmal ohne Kondom gemacht haben. Kann das angenehm sein, wenn es so…aus ihm…läuft?

„Bleib liegen.“

„Solltest du nicht-“

„Später. Nicht jetzt. Ist mir egal. Bleib“, nuschelt Hawks und klammert sich regelrecht an ihn.

Nun, für ihn muss das wesentlich unangenehmer sein als für Enji, von daher sagt er nichts dazu. Er bleibt so bei ihm liegen und Hawks scheint gar nicht mehr zu wollen. Nur seine Nähe.

„Bin ich nicht zu schwer?“, brummt er und will sich auf die Seite drehen.

Hawks lässt ihn nicht, sondern hält ihn fest, sodass er sich nicht von der Stelle bewegen kann. Na ja, er könnte schon, aber er tut es nicht.

„So ist gut“, murmelt Hawks leise und reibt die Nase an seinem Hals. „Geh nicht weg.“

Enji stockt, dreht den Kopf in seine Richtung, doch er kann den Ausdruck des anderen nicht sehen.

„Habe ich nicht vor“, erwidert er bloß und bleibt so mit ihm liegen.

Hawks atmet hörbar durch und Enji fragt sich, was in ihm vorgeht. Der ganze Abend ist ein regelrechtes Wechselbad der Gefühle gewesen, sodass er nicht weiß, was angemessen ist. Einfach da sein? Schweigen? Etwas sagen?
 

„Hey…“

Enji hält inne, als Hawks die Stille bricht, ihn aber immer noch nicht ansieht.

„…danke für heute. Dass du dich so um mich bemühst. Das ist komisch für mich…aber auch irgendwie…na ja…schön.“

Die Worte berühren etwas in Enji, denn es zeigt ihm, dass er sich wenigstens einmal richtig verhalten hat.

„Ich…kann das nicht gut zeigen“, spricht Hawks leise weiter. „Wie gesagt, das hat nichts mit dir zu tun. Ich mach die Dinge mit mir selbst aus. Das war immer so, aber…mit dir darüber zu reden, hat eigentlich…ganz gut getan. Oh, und der Sex übrigens auch. Der war echt nötig.“

Bei den letzten Worten sieht er doch auf, grinst ihn schief an. Vermutlich versucht er das eben Gesagte damit herunterzuspielen. Für Enji ist das okay. Das ist eben Hawks‘ Art. Zumal dieser ihm heute mehr von sich erzählt hat, als er erwartet hat.

„Stimmt“, erwidert er einsilbig und dreht sich nun doch auf den Rücken.

Bevor sich Hawks beschweren kann, zieht er ihn an seine Brust und legt die Decke über sie beide. Eigentlich ist er der Typ, der direkt duscht, um sich wohler zu fühlen, aber der Jüngere wird ihn jetzt kaum weglassen. Also bleibt er mit ihm liegen. Verschwitzt und klebrig. Was soll’s. Sie können auch morgen früh duschen. Enji krault seinen Nacken, woraufhin der andere tief ausatmet und die Augen schließt.

„Hawks.“

„Hm?“

„Danke, dass du mir vertraust.“

Der Winged Hero bleibt in seinem Arm liegen, die Augen weiterhin geschlossen, doch Enji sieht sein Lächeln. Dann vergräbt dieser das Gesicht an seiner Brust, bleibt zur Abwechslung still. Er muss dazu auch nichts mehr sagen. Ihr Vertrauen beruht auf Gegenseitigkeit. Sie stützen einander. So, wie es sein sollte…und das ist wohl gerade jetzt wichtiger denn je.

Enji schließt die Augen, während er Hawks weiterhin in seinem Arm hält – und nicht loslassen wird.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Huhu!
Ich muss sagen, ich bin selten so gespannt auf (eventuelle) Resonanz gewesen wie bei dieser Story.
Es wird vermutlich, wie auch bei "The good part" eine Art Sammlung werden...
Das hier war OS No. 1 und ich weiß noch nicht, wann ich weiterschreibe...
Mir ist bewusst, dass Endeavor vermutlich wenige(r) Fans haben wird und mir war er zu Anfang auch unsympathisch.
Wer den Manga verfolgt, kann vielleicht verstehen, warum er mittlerweile mein Interesse geweckt hat - mir gefällt seine Entwicklung, die natürlich nichts von dem, was er getan, hat, gut macht.
Der Altersunterschied ist für mich kein Hindernis...Hawks ist erwachsen und garantiert nicht ohne...
Der OS ist noch recht harmlos, sozusagen ein Anfang...mal sehen, was draus wird.
Würde mich freuen, wenn sich jemand für die zwei begeistern kann. :)

LG Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Next...
Und ein bisschen eindeutiger als der Letzte.
Ich liebe Hawks...von Kapitel zu Kapitel mehr...und ja, Endeavor, den alten Mistkerl, den auch.
Wir werden sehen, wohin die Sammlung führt~

LG Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Uff, es ist vollbracht.
Ohne Lichtregen hätte ich es nicht innerhalb einer Woche gepackt. xD
Das passiert, wenn man jemandem ein neues Lieblingspairing aufschwatzt, jaja...
Ich bin nach der ganzen Überarbeitung echt durch, aber auch stolz.
Die letzten Monate waren hart und ich denke, es geht nicht nur mir so aufgrund der aktuellen Situation.
Dementsprechend hoffe ich, dass sich jemand an dem OS erfreut.
Haltet zusammen, bleibt gesund und tut, was euch glücklich macht.

LG
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Huhu! :D
Dieses Kapitel war gar nicht so leicht für mich...und hat irgendwie auch deutlich weniger Spaß gemacht.
Es musste natürlich so sein, schließlich können die beiden nicht offen reden.
Von daher war es schon recht schwierig, dem Ganzen gerecht zu werden und die Dynamik aufrechtzuerhalten...nur eben durch die "Wings". Lol.
Gebetat und inspiriert wie so oft durch Lichtregen - ich danke dir! <3

LG Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo zusammen!
Uff...da ist er, der langersehnte OS, den ich eigentlich schon lange schreiben wollte und es iwie nie getan habe.
Eigentlich auch eher, weil mich Lichtregen drauf angesprochen hat. xD
Das Baby hat mir wirklich einiges abverlangt, weil ich gar keinen richtigen Plan hatte.
Ich wollte Gefühle. Punkt. xD
Und, dass gewisse Dinge angesprochen werden...
Ich bin jedenfalls zufrieden - umso mehr dank Lichtregen, die wieder gebetat und mich beraten hat. <3
Danke! <3
Hoffe, ihr genießt den OS so sehr, wie ich jetzt meinen Feierabend. xD

LG Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Huhu zusammen!
Uff, der OS hat mich Zeit und Nerven gekostet. xD
So viele Emotionen, so viele Worte...
Irgendwie gibt's immer Stoff für EndiHawks...bin gespannt, wie viel hier noch kommt.
Wenn man bedenkt, dass das hier nur 2-3 OS werden sollten...ich bin einfach mies im Planen. xD
Dank Lichtregen bin ich jedenfalls endlich mit dem OS zufrieden - dankeee! <3
Ich hoffe, er gefällt euch, und wer auch immer von euch einen miesen Montag hatte, soll ihn gerne als Aufmunterung nehmen. <3

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Kommentare zu dieser Fanfic (14)
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Von: Lichtregen
2021-08-19T15:37:43+00:00 19.08.2021 17:37
Ich war echt gespannt, was du aus diesem Kapitel machst, da im Manga ja auch noch nicht viel Neues passiert ist, was die beiden angeht. Aber du hast echt viel draus gemacht und mich echt überrascht! Aber der Reihe nach:
Gut gefallen hat mir der Einstieg mit den Top 3 und Toshi an der Bar. Und dass Toshi wohl echt keinen Alkohol vertragen würde, bei seiner hageren Statur fällt er sonst sofort vom Stuhl. XD Den Hint auf EraserMight hast du auch gut verpackt. Ich kann nachvollziehen, dass es Enji bereut, die Frage so direkt gestellt zu haben, das war eine echt unangenehme Situation, gerade wenn Toshi auch einfach abgehauen ist. ^^‘
Best Jeanists Schlussverkaufvergleich war auch lustig. XD
Und dann Hawks‘ simple Frage nach der Sauna, so aus dem Nichts. XD Da kann ich mir Enjis verdutztes Gesicht bildlich vorstellen. Aber so eine Gelegenheit kann er sich trotz aller Vorbehalte natürlich nicht entgehen lassen. ;)
Wie du schließlich zum Kern der Geschichte kommst, war echt gut gemacht. Hawks versucht ja immer, von sich abzulenken, aber diesmal ist Enji hartnäckig geblieben und hat dem anderen schließlich doch noch den Grund für seine Verhaltensweisen und seine Vergangenheit abringen können. Schön zu sehen, dass auch Hawks endlich so weit ist, Enji dies anzuvertrauen. <3
Es tat mir echt leid, wie Hawks erzählte, dass er so abgestumpft ist, weil es ohnehin keinen interessiert, was er denkt und fühlt. Ich hoffe, er kann durch Enji doch noch etwas auftauen und wieder Gefühle zulassen. :)
Hehe, und wie Hawks Enji, auch mit der Seme-Uke-Erwähnung, gleich aus dem Konzept bringt und rot werden lässt. XD
Kyaah, und dann Enjis unbeholfene und doch süße, da gestammelte Liebeserklärung. Ich freue mich richtig, dass er endlich diesen Schritt gehen und es zeigen kann, gerade wenn man überlegt, wie verschlossen und skeptisch Enji am Anfang war.
Gut umgesetzt hast du jetzt auch die Einzelheiten von Hawks‘ Vergangenheit mit der Kommission, seinen Gewissensbissen und dass sich Enji wieder mit dessen Vater vergleicht. Dass Enjis Figuren spottbillig waren und wie die beiden das kommentieren, hat mich auch amüsiert. XD Bisschen Canon zwischendurch muss ja auch sein.
Und endlich wieder eine Sexszene! Also für die beiden vor allem, aber natürlich auch für die Leser. ;) Sie war sehr intim, so wie auch schon die andere, was nicht daran lag, dass sie es ohne Kondom getan haben, sondern einfach die Atmosphäre an sich. Und Hawks ist natürlich auf alle Eventualitäten vorbereitet mit dem Gleitgel. XD
Das Ende hat mich auch berührt, wie sie da so vertraut liegen und Hawks nochmal zur Sprache bringt, dass sie einander vertrauen.
Das klingt alles so mach Happy End, dass ich schon fast befürchte, dass es entweder bald vorbei ist oder nochmal ein heftiger Einschnitt kommt. Ich bin gespannt, was du dir noch so für die beiden überlegst.
Hdl Ali :-*
Von: Lichtregen
2021-06-06T19:27:10+00:00 06.06.2021 21:27
Endlich geht es weiter! Und dann das erste Kapitel aus Hawks‘ Sicht. :) Schön, dass wir etwas aus seinem Innenleben erfahren, und dann direkt so etwas schwer Verdauliches. Aber der Gute hatte ja weder ein einfaches Leben noch könnte man die aktuelle Lage als einfach beschreiben. Aber der Reihe nach. ;)
Das Gespräch zwischen Hawks und seinem Vater wäre tatsächlich sehr… bizarr. Die Frage ist, was ist der schlimmste Aspekt daran? Dass Hawks mit Endeavor zusammenarbeitet, eine körperliche Beziehung haben oder dass Hawks‘ Vater daran womöglich nicht ganz unschuldig ist? Ich glaube letzteres. XD Finde ich übrigens echt gut, dass du dieses Vorurteil gegenüber EndHawks in diesem Kapitel mehrmals aufgreifst und ihm auch einen gewissen Funken Wahrheit zuerkennst, ohne es aber in die Richtung abrutschen zu lassen, dass das der einzige Grund für Hawks‘ Zuneigung zu Enji und es daher verwerflich ist. :)
Mein Herz hat geblutet, als du Hawks‘ Angst beschrieben hast, dass Enji und Rei wieder zusammenkommen könnten und Hawks abgeschrieben ist. Verständlich, wo Enji doch auch ein besserer Familienvater sein will, was mit einer wieder intakten Ehe leichter zu bewerkstelligen wäre. Aber Hawks sollte Enji auch gut genug kennen, dass er zu viel Schuld gegenüber Rei empfindet, als dass sie einfach wieder bei Null anfangen könnten, selbst wenn es Rei wieder besser geht. Aber in der aktuellen Lage und nach dem Verlust seiner Flügel kann ich auch verstehen, dass er eine - wenn auch ein wenig irrationale - Angst hat, auch Enji zu verlieren. Ich finde es auch sehr erwachsen von Hawks, dass er, sollte sich Enji für Rei entscheiden, Enjis Glück trotz seines eigenen Unglücks nicht im Wege stehen würde.
Im Kontrast zu Enji, der mit seinen Emotionen ja eher sparsam ist und sie sich selbst erst noch eingestehen muss, war es etwas völlig anderes zu lesen, wie stark Hawks für Enji empfindet. Besonders die Formulierung „muss er unter vier Augen mit dem Mann reden, der alles für ihn ist.“ hat mein Herz erwärmt. <3
Die Anspannung, die Hawks verspürt, als Enji im Krankenzimmer besucht, war für mich förmlich greifbar. Sein Lächeln, seine Sprüche… man merkt, dass es ihm schwer fällt, seine sonst üblichen Verhaltensweisen aufrechtzuerhalten. Und dann diese Frage, wie ein Kind zu seinen Eltern, ob Enji wütend auf ihn ist. Ach Püppi. <3
Ich war auch richtig erleichtert, als Enji nicht wütend oder enttäuscht reagiert hat trotz Hawks‘ ganzer Lügen, sondern verständnisvoll. Da hatte ich echt Angst, dass es so sein könnte wie bei Burn it down. Das hat mich traumatisiert. XD
Als Hawks überlegt, Enjis Hand zu nehmen, dachte ich nur so „Jaah, tu es endlich!“, aber ich kann seine Zurückhaltung verstehen. Umso schöner war es, als sie es schließlich getan haben und es ihnen fast schon egal war, ob jemand reinkommt. Solche Gesten sagen echt mehr als tausend Worte oder Küsse.
Und Enji… seit Dabis Enthüllungsgeschichte und Enjis Tränenausbruch ist er so… verletzlich. Wie so ein geprügelter Hund. Ich mag das, dass er auch gegenüber Hawks seine verletzliche Seite zeigen kann.
Aber Enji… seufz. Er will und kann es bloß nicht wahrhaben, dass ihn jemand so mag, wie er ist, und sucht förmlich nach Gründen, wieso Hawks ihn nur mit rosaroter Brille sieht, weil er ihn wegen seiner Rettung in der Kindheit idealisiert. Klar, das war gewiss anfangs so, aber seitdem ist so viel passiert, ist da so viel mehr dazugekommen… Enji steht sich echt selbst im Weg. Was man dann gut merkt, als rauskommt, um welchen heißen Brei Enji die ganze Zeit herumredet.
Es hat mir mein Herz gebrochen, als Hawks kurzzeitig dachte, Enji wolle ihn nicht mehr. ;_; „Wenn du mich nicht mehr willst, dann sag es. Such keine Gründe, um mich zu vertreiben, sondern sei ehrlich.“ hat mich gekillt… Und dann will er Hawks bloß vor sich selbst schützen… Ach Enji, sehr nobel von dir, aber Hawks hat genug Scheiße durchgemacht, um zu wissen, was ihm gut tut und was es wert ist, darum zu kämpfen.
Das Schönste war natürlich das Ende. Mir ist ganz warm ums Herz geworden, als sie beide übereinstimmend sagen, dass sie denken, sie hätten dem anderen nicht gut getan. Und dann merken sie, wie wichtig es ist, gerade in diesen Zeiten an einem Strang zu ziehen und aus ihrer Zweisamkeit Kraft zu schöpfen. Die Umarmung und Enjis Kuss aus Hawks’ Haar (ich liebe sowas!!) tat meiner kleinen zarten EndHawks Seele echt gut. :)
Der letzte Absatz klingt wie ein perfekter Schluss. Egal, was draußen passiert, sie haben sich. Bin gespannt, wie es im Manga weitergeht und was man da noch draus entwickeln kann. Aber selbst wenn es keinen Stoff mehr geben sollte, wäre dieses Kapitel ein perfektes Ende. :)
Ich würde mich natürlich umso mehr über Neues freuen!
Von: Lichtregen
2021-02-07T12:19:46+00:00 07.02.2021 13:19
Oh Mann, der arme Enji, bekommt direkt Zweifel und denkt, er habe was falsch gemacht. Seine Schuldgefühle in Bezug auf seine Familie sitzen echt tief... Wie wir ja auch durch das neue Kapitel 300 gesehen haben. T__T
Ich finde es gut, wie du die tatsächlichen Ereignisse des Mangas mit deiner FF verknüpft hast, ohne das Bekannte nochmal komplett nachzuerzählen. Du hast die wichtigsten Punkte herausgepickt (das Praktikum, Hawks‘ anderes Verhalten, die geheime Nachricht) und das erzählt, was zwischendurch auch im Canon durchaus passiert sein könnte, ohne dass es uns gezeigt wurde.
Sehr reflektiert fand ich auch, wie Enji sich mit seinen drei Schützlingen verglichen und Parallelen gezogen hat. Jaah, ein gewisser Hang zur Explosivität lässt sich sowohl bei Bakugou als auch bei Enji nicht von der Hand weisen.
Die Sache mit der privaten geheimen Nachricht hast du auch gut gelöst, ohne genau erklären zu müssen, was auch schwierig wäre, welche Passagen da genau markiert waren und welche Lösung sie ergeben. Das war sehr elegant gelöst. :)
Enji verhält sich – dafür, dass Hawks ja zunächst daran gezweifelt hat, dass Enji das Rätsel löst – auch sehr umsichtig und klug. Generell haben die beiden das Beste aus der Situation herausgeholt, was möglich war. Der kleine Denkanstoß, dass Hawks komischerweise gerne Geflügel isst, brachte mich zum Schmunzeln.
Und endlich fügen sich auch für Enji alle Puzzleteile zusammen, was Hawks‘ seltsames Verhalten, schon im ersten Kapitel, angeht. :)
Der Satz „es gibt schlimmere Geheimnisse“ hat mir – neben der versteckten Liebeserklärung durch die Hot Wings – am besten gefallen. Er zeugt von so viel Vertrauen zwischen den beiden und auch davon, dass Enji selbst kein unbeschriebenes Blatt ist und Hawks so etwas deshalb verzeihen kann.
Von den Stellen, an denen die beiden versteckt kommunizieren, hat mir am besten die mit der All Might Referenz gefallen. Da merkt man gut, dass die beiden sich schon so gut kennen, dass es quasi einen Geheimcode darstellt, den andere nicht verstehen.
Obwohl... meine Lieblingsstelle ist echt diejenige, bei der Hawks sich dreist selbst einlädt. Das ist so typisch unverschämt von ihm. XD
Und das gegenseitige Versprechen, sich wiederzusehen und einander zu unterstützen. *__* Das entschädigt für die in diesem Kapitel natürlich notwendigerweise fehlende sonstige Dynamik zwischen den beiden.
Insgesamt hast du das Ganze gut umgesetzt und alles rausgeholt, was rauszuholen war. Ich kann dein Gefühl auch gut verstehen, dass dir das Kapitel weniger Freude bereitet hat als die anderen. Es war ja auch ganz anders von der Dynamik her, aber für die Story auch wichtig. Freu mich auf das nächste!
Von: abgemeldet
2021-01-23T07:41:50+00:00 23.01.2021 08:41
Huhu ^^

ich gebe zu, dass ich FFs lieber schreibe, statt sie zu lesen. Und dennoch bin ich heute Morgen iwie an deiner Geschichte hängen geblieben. Ich ziehe den Hut vor deinem Schreibstil. Die Beschreibungen sind strukturiert, flüssig zu lesen und gut nachzuvollziehen. Man wird zu einem Teil der Geschichte. Zudem hast du Hawks und Endeavor imo hervorragend rübergebracht.
Trotz der beachtlichen Länge deiner Kapitel, wird man des lesens nicht müde und auch die Dialoge sind sehr unterhaltsam und locken einem immer wieder ein leichtes Schmunzeln hervor.

Mein absoluter Favorit war der Vergleich mit der dicken Amsel ^_^
Zu köstlich... Überhaupt muss ich hierbei erwähnen, dass du das Federkleid von Hawks immer sehr authentisch beschrieben hast. Ich hatte ihn jedes Mal bildlich vor Augen.

Somit danke ich dir für die bisher sehr unterhaltsame FF. Mein Favo ist dir schon garantiert *g*

Liebe Grüße
Linoku
Von:  Palmira
2021-01-12T12:11:18+00:00 12.01.2021 13:11
Vorweg: ich bin froh, dass Hawks Enji mit seinen dummen Vogel-Puns infiziert hat. Alle Federn voll zu tun... Jap, sie haben jetzt dieses Level erreicht. Aber zumindest merkt Enji es selbst.
Ich musste ein bisschen grinsen, dass er Hawks zur Hilfe kommt gegen ein Starter-Set von Pokemon, aber insgesamt war es cool zu lesen, wie die beiden die Elementschwächen des jeweils anderen abfangen. Und das so beiläufig, als täten sie das schon ewig. Enji kann sich auf Erfahrung berufen, aber mit dem Vertrauen... Das ist nicht so selbstverständlich.

Insgesamt fand ich den Wechsel zwischen lockerer und ernster Stimmung wieder sehr gut. Als in: dem Leser wird nicht ins Gesicht gedrückt, wo Hawks seine Defizite hat und wo Enji überfordert ist, aber es mischt sich eben in die Erzählung. Du gehst das ohne Spott an, was nicht neu ist, aber ich find's halt immer wieder gut. Gleichzeitig hat man auch nicht das Gefühl, einen Ratgeber zu lesen, denn die Stimmung fängst du trotzdem ein. Vielleicht wird es dadurch sogar sexier, weil man in die Situation mit Enji reingeht und es für ihn komplett... augenöffnend ist.
(Hawks darf sich nicht beschweren wegen dem Plushie, er hat die Brandsalbe verschmäht. Unfassbar, da denkt Enji ein Mal mit...)

Wie du schon sagst: die Dynamik macht einfach Spaß :D Ich les deine Dialoge einfach gern, und ich freu mich darauf, wenn zumindest hinter verschlossenen Türen mit 'Endeavor-san' Schluss ist.
Von: Lichtregen
2021-01-09T09:07:58+00:00 09.01.2021 10:07
Wie du es eingeleitet hast, wie Enji von Hawks‘ Kampf erfährt, hat mir echt gut gefallen. Diese jungen Typen und ihre Reaktionen sowie Enjis Aktion, ihnen einfach das Handy wegzunehmen und grollend nach dem Weg zu fragen, waren sehr amüsant. :)
Beim Kampf ist mir natürlich sofort die Referenz zu den Pokémon-Startern aufgefallen, und das nicht nur durch die japanischen Namen, sondern weil ich gleich dachte, Oh, Feuer, Wasser und Pflanze, wie bei den Pokémon. XD
Aber nun zum Hauptgeschehen: Ich finde Enji echt jedes Mal sehr sympathisch und muss jedes Mal über ihn schmunzeln, wenn er sich ein wenig wie ein zum ersten Mal verliebter Teenager verhält. Von wegen „er hat sich was vorgenommen“, so wie wenn man in den Teeniefilmen sein erstes Mal plant. XD Aber ich finde es nicht unpassend oder so, sondern es zeigt vielmehr, dass die Sache mit Hawks zum einen was Neues und zum anderen was ganz Besonderes für Enji ist, was er nicht vermasseln will.
Die beiden eingezwängt in der Badewanne - Hawks‘ wackelnder Augenbrauen‘ XD - gab ein lustiges Bild ab. XD Hawks ist auf charmante, aber auch peinlich berührende Weise so unangenehm offen und ehrlich, was sein Vorhaben und seine Vorlieben angeht. Ich schwankte die ganze Zeit zwischen dem Gefühl, die Szenen echt heiß zu finden, um dem Gefühl, mich wegen Hawks‘ Offenheit zu schämen. Bin ich prüde? XD
Mir gefällt, dass du das Ganze auch dadurch so realistisch gemacht hast, dass die beiden ein Kondom benutzen. Man weiß ja nie, gerade wenn Hawks gerne mal was ausprobiert hat, und in der Realität würde Mann es ja hoffentlich auch so machen... zumindest vorerst.
Dass Hawks die Führung übernimmt... anders hätte ich es mir auch nicht vorstellen können. Es freute mich aber auch, dass Enji gen Ende dann doch auch aus sich rausgekommen und selbst die Initiative ergriffen hat. Sei es, dass er, um Hawks zum Schweigen zu bringen, Mund- und Handarbeit leistet, sei es, dass er am Ende die Stellung wechselt und sogar dafür sorgt, dass Hawks zuerst kommt.
Das Ende war auch sehr schön und hat gut in die Situation gepasst. Schön, dass Enji jetzt von Hawks beim Vornamen genannt wird. Und die Überleitung zu den folgenden Kapiteln ist durch das Mysterium um Hawks‘ Namen auch schon mal da. :)
Hehe, und das Endeavor-Plüschi war natürlich der heimliche Star in diesem
Kapitel. ;)
Ich freu mich auf das nächste!
Von:  Palmira
2020-12-15T11:04:38+00:00 15.12.2020 12:04
(Wheee, die Benachrichtigung über Animexx hat nicht funktioniert... entweder weil ich sie falsch gemacht hab oder weil damit was nicht stimmt, yay. Ich bin eigentlich gekommen, um die Story noch mal zu lesen :D Heh.)
Sehr schönes Kapitel, diesmal eher entschleunigt und reflektierend. Ich bin kein Fan von Erasermight, aber ich muss es ja auch nicht sein, um nachzuvollziehen, wie das Verfolgen eines Coming Outs für Enji ist - dass er einerseits dasselbe tun will, andererseits natürlich auch nicht, wie im vorigen Kapitel bereits erwähnt. Die Reaktionen, die er sich dafür ausrechnet, sind ziemlich erbarmungslos, aber vermutlich zutreffend.
Und oh Gott, Familiendinner. Ich mag es, dass du Natsuo wirklich nicht entschärft hast - man zuckt beim Lesen unwillkürlich zusammen, weil er Recht hat, aber auch nur Hawks die Situation entschärfen kann. Das war ein ziemlich starker Moment, auch zum Beziehungsaufbau und so einer Art... Annäherung. Enji erkennt, die Hawks ihn sieht, aber auch, wie Hawks vielleicht die Sicht seiner Kinder auf ihn verändert, indem er ihm Zuneigung ausdrückt.
(Außerdem mushy und ich bin ein Sucker dafür, dass alles gut ging und man am Ende... richtig durchatmen konnte, weil nichts Schlimmes passiert ist.)
Also - auch ohne Körperlichkeit war es am Ende sehr intim, sehr persönlich, das hinterließ richtig eine Spur Schmetterlinge auch bei mir :)
... hat damit nichts zu tun, aber ich hab so dumm gelacht, dass Hawks ein Bild von seinem. Blanken. Arsch. Schickt. Die kleine Mistbiene :D
Von: Lichtregen
2020-11-25T20:39:54+00:00 25.11.2020 21:39
Oh, ich liebe Enjis Entwicklung! Wie sehr er Hawks vermisst, es sich aber irgendwie auch nicht eingestehen will. XD Und er tut mir leid, dass er selbst so wenig Aussicht auf Verbesserung seiner familiären Situation sieht. Auch wenn er es, wie er selbst einsieht, natürlich selbst verbockt hat und jetzt die Scherben aufsammeln muss.
Enjis Gedanken zu ihrer Beziehung und warum es niemals öffentlich werden darf, waren auch sehr gut nachvollziehbar. Egal, wie man es dreht und wendet, er kommt einfach schlecht weg. Schon blöd, wenn der Jüngere ihn verführt und erst in diese Richtung gestoßen hat, aber hinterher wird ihm alles in die Schuhe geschoben.
Die Textnachrichten waren echt der Hammer. Ich hab mich scheckig gelacht, als ich Enjis stümperhafte Versuche gelesen habe. Komm mal wieder vorbeigeflattert... Boah, peinlicher geht es auch nicht mehr! Gut, dass er das wieder gelöscht hat. Das war richtig zum Fremdschämen. XD Und wie sehnsüchtig er darauf wartet, dass Hawks seine Nachricht liest... echt süß von dem alten vernarrten Mann. XD
Und jaah, die Narbe ist sexy!! *__*
Oh, und dann der Überraschungsgast! Enjis Reaktion und Zorn waren sehr amüsant zu lesen. Ist ja alles gut gegangen, aber wie er sich die ganze Zeit beherrschen musste und dann doch sein Zorn und seine Hitze durchgekommen sind, war typisch für ihn und sehr in character. :) Parasit, also wirklich. ^^‘
Richtig geil war auch die Sache mit dem Facebookprofil. Ich hab so herzhaft gelacht. XD Auch wenn Enji mal wieder über das Ziel hinausschießt, indem er sagt, sie seien nur Kollegen und keine Freunde. *seufz* Gut, dass Hawks sowas anscheinend nicht so ernst nimmt. Natsuo ist jedenfalls mies gelaunt wie immer. Umso schöner zu sehen, dass er versteht, dass Hawks Enji wirklich mag. :) Auch wenn die Vorstellung, Enji könnte lachen, wahrscheinlich echt erst mal verstört hat. XD
Die Erklärung, wieso Hawks ein Held werden wollte, und die ungeschönte Wahrheit und Enjis Reaktion waren auch ein Highlight und schön subtil umgesetzt. :)
Enji, das Mädchen, ist auch echt eifersüchtig. XD
Insgesamt war die Dynamik mit der Familie sehr interessant. Und es hat auch ihre Beziehung vorangebracht, weil sie jeweils doch auch Persönliches von sich preisgegeben haben.
Bei der Abschiedsszene habe ich die Spannung zwischen den beiden, sich durch Berührung verabschieden zu wollen, förmlich gespürt. Aber das geht natürlich nicht. Ich liebe ja solche verbotenen Beziehungen in FFs. :D
PS: Shouto ist echt schwer einzubringen. XD
Von: Lichtregen
2020-11-14T07:39:05+00:00 14.11.2020 08:39
Die Szene mit Facebook war zum Schreien komisch. XD Alex hat mich schon verwirrt angesehen, weil ich vor mich hin gekichert habe.
Ich mag es total gerne, wie du auch immer diese Vogel-Bezüge mit reinnimmst. Das hat immer so eine besondere Note. :)
Wie Hawks Enji um den Finger wickelt, gefällt mir. Die beiden sind echt heiß zusammen. Und auch wenn Enji nicht versteht, was der Jüngere an ihm findet... wie verstehen‘s, nicht? ;D Dann bin ich mal gespannt, wie sich ihre geheime Affäre entwickeln wird. Mir wurde jedenfalls ganz warm ums Herz. :)
Von: Lichtregen
2020-11-14T07:10:25+00:00 14.11.2020 08:10
Ich liebe es! *__* Herzschmerz und heiße Küsse. Ich würde dir gerne noch so viel mehr schreiben, aber ich muss weiterlesen... ;)


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