Follow the Enderman von Sas-_- (Survival Novel) ================================================================================ Kapitel 1: WitherSlayer & BoneDragon1408 ---------------------------------------- Felix atmete tief ein, der Geruch von nasser Erde und Gras stieg ihm in die Nase. Er spürte wie kalte, nasse Regentropfen auf ihn niederprasselten; langsam streckte er die Hände aus und fuhr mit ihnen durch das feuchte Gras. Felix lag auf dem Bauch und hatte die Augen geschlossen, langsam öffnete er sie; die Welt um ihn herum war verschwommen, als blickte er durch einen milchigen Nebel. Nach und nach gewann alles an Konturen und Felix‘ Erinnerungen kamen allmählich wieder. Jemand schüttelte ihn, packte ihn an der Seite und rüttelte heftig an ihm herum. Aber ich bin doch schon wach …, dachte er schläfrig. „Wither! WitherSlayer! Bitte komm endlich zu dir, mach schon!“ Felix blinzelte heftig. Ein Schatten war über ihm, jemand mit einem viereckigen Gesicht und überhaupt sehr eckigen Konturen. Jemand, der panisch auf ihn einredete, aber dessen Gesicht sich dabei kaum merklich veränderte. Du siehst echt schräg aus, Bro. Sekunde …, allmählich wurde Felix wach. Ruckartig richtete er sich erschrocken auf und so langsam realisierte er was sich da vor ihm befand. Mit einem Schrei stieß er diese seltsame Kreatur von sich und versuchte auf die Beine zu kommen. Was ist das?!, war der erste Gedanke, der Felix durch den Kopf ging. Sein zweiter war: Wieso hab ich statt einer Hand nur einen viereckigen, rosafarbenen …?! „Du musst ganz ruhig bleiben!“, rief die viereckige Kreatur mit der Stimme eines männlichen Teenagers. Felix wich weiter zurück und hielt seine Hände schützend vor sich, oder zumindest das, was von seinen Händen übriggeblieben war. „Bleib mir ja vom Leib, du … Ding!“ „Bitte, ich will dir doch nur helfen!“ Helfen?! Ich weiß ja noch nicht mal, was du bist! „Sieh dich an!“, sagte der Viereckige und bewegte seinen pixeligen Arm auf und ab. Felix traute sich kaum das Ding aus den Augen zu lassen, aber er tat wie gehießen und blickte an sich herunter. Ein gellender Schrei hallte über die Ebene, lediglich gedämpft durch den strömenden Regen. Irgendwo in der Ferne hob ein Pferd verdutzt den Kopf, ehe ein Blitz es traf. Felix sah genauso aus wie das Ding, das er versuchte von sich fern zu halten. Genauso viereckig, mit scharfen Konturen und ohne großartigen Details. Hatte er auch so ein seltsames Gesicht? Nur mit Punkten? Sah er auch aus wie eine Spielfigur aus … Minecraft?! „Ich weiß, das ist ziemlich abgefahren! Aber du musst mir zuhören! Mein Name ist BoneDragon1408. Also, nicht wirklich, aber du müsstest ihn über meinem Kopf sehen können.“ Felix spürte noch immer wie der Regen eisig auf ihn niederprasselte, fühlte ihn über seine Haut rinnen und über das, was seine Kleidung zu sein schien. Er hörte nichts anderes, als das stetige Prasseln und in weiter Ferne leises Donnergrollen. Er roch noch immer das nasse Gras, die feuchte Erde. Felix nahm das alles wahr, aber es konnte zugleich nicht wahr sein. Stumm stand BoneDragon1408 vor Felix, und genauso wie er gesagt hatte, schwebte sein Name in weißen Buchstaben über seinem Kopf. „Du heißt … WitherSlayer?“, fragte der „Junge“. Felix stand stumm da. Er war viereckig. Er sah aus wie eine Figur aus diesem Spiel, das er erst vor kurzem begonnen hatte. Und dieser Typ da, der sah auch so aus. Warum sahen sie so aus?! Langsam blickte Felix sich um, er konnte die Regentropfen sehen, die als blaue Streifen auf den Boden schnellten. Er sah das Gras, das überall gleich aussah, nur hier und dort wuchsen größere Grasbüschel aus dem Boden und ab und zu eine gelbe Blume oder roter Mohn, der genauso eckig und pixelig war wie Felix selbst. Minecraft. Es sah aus, als befände er sich selbst in dieser Welt, in Minecraft, in einem Biom in dem es gerade regnete. Ein Traum. Muss ein Traum sein. Ein bescheuerter, mieser Albtraum!, kam Felix zu dem Schluss und dieser Entschluss verfestigte sich immer weiter. „Wither?“ Felix‘ Blick schnellte zurück zu seinem Gegenüber, das ihm wieder zuwinkte. „Du hast es kapiert, oder?“ Felix schüttelte energisch den Kopf. „Das ist nur ein Traum“, antwortete er mit kratziger Stimme, so wie sie eben klingt, man gerade erst aufgewacht ist und noch kaum gesprochen hat. BoneDragon1408 kam langsam näher. „Erschreck dich nicht, ich komm jetzt rüber. Das hier, das ist kein Traum, okay? Das hier ist echt. Es ist so echt, dass es weh tut. Ich weiß, dass das ganz schön viel für dich ist, weil es für mich am Anfang auch ganz schön viel war …“ Felix wich trotzdem wieder zurück, obwohl es ziemlich klar war, dass sein Gegenüber nicht vorhatte ihm etwas anzutun. Aber irgendwie fühlte es sich so an, als müsste Felix es dann zugeben, dass das alles vielleicht doch kein Traum war. Aber er war sich sicher, es musste einfach einer sein, weil es einfach keinen Sinn ergibt, plötzlich in einem Spiel aufzuwachen. „Mein … Mein Name ist Felix, ich bin 17 Jahre alt, ich bin mittelmäßig in der Schule, single, und glücklicher Besitzer einer PS4 Pro. Das hier ist ein Traum, ich werde jeden Moment aufwachen und –“ „Wirst du nicht“, sagte BoneDragon leise, sodass Felix ihn durch den Regen kaum verstehen konnte. Felix ging langsam im Kreis, hob seine viereckigen Stumpen und legte sie an seinen viereckigen Kopf. „Mein Name ist Felix, ich bin 17 Jahre alt, ich bin mittelmäßig in der … ich … ich …“ Noch ein gellender Schrei, noch lauter und verzweifelter als der vorherige. Felix wollte sich auf dem Boden einrollen, die Hände über die Augen legen, nichts mehr sehen, nichts mehr hören. Er wollte aufwachen, in seinem Zimmer das voller Poster hing, aus Zeitschriften, die er nicht mal las. Er wollte, dass es aufhörte. Wieder packte ihn jemand an den Schultern und schüttelte ihn kräftig. „Wir haben keine Zeit fürs Durchdrehen, sie sind schon auf dem Weg hier her!“ BoneDragon hatte Felix heftig hin und her gestoßen, aber nun ließ er von ihm ab und plötzlich hatte er ein Steinschwert und einen Schild in jeweils einer seiner Stümpe, die ihm als Hände dienten. Felix drehte sich klitschnass und zitternd um, am Horizont sah er sie. Zombies. Es waren fünf und sie kamen langsam, mit ausgestreckten Armen auf BoneDragon und Felix zu. Noch konnte Felix ihr schreckliches Stöhnen nicht hören, aber er wusste wie es klang. Er erinnerte sich wie er sich beim ersten Mal zu Tode erschreckt hatte, als ein Zombie ihm in einer Höhle entgegen geschlurft kam. „Wir müssen gehen, Wither! Es könnten jederzeit mehr werden und ich kann es mir nicht leisten, meine Gesundheit durch Zombies zu verlieren!“, rief BoneDragon Felix über den dichten Regen hinweg zu. Wieder winkte er mit seinem Arm, zeigte Felix wohin sie gehen sollten. „Ich hab eine Basis nicht weit von hier, dort sind wir sicher! Komm!“ Felix warf einen letzten Blick auf die Zombies, die sich ihnen fast schon gemächlich näherten, dann wandte er sich BoneDragon zu und folgte ihm. Felix wollte im Moment nicht nachdenken, jedenfalls nicht besonders viel. Eigentlich kam es ihm ganz gelegen, dass er sich jetzt darauf konzentrieren musste, seinem neuen Gefährten zu folgen. Das Biom, in dem sie sich zurzeit befanden, schien eine typische Ebene zu sein. Weite, ausgedehnte Grasflächen mit Gräsern und Blumen. Hier und dort sah Felix Kühe, Schafe, ein braunes Pferd und Hühner ziellos umher laufen; eines der Schafe hatte sogar ein Lamm, und obwohl das ein denkbar unpassender Augenblick war, um darüber nachzudenken, fand Felix das gerade sehr putzig. BoneDragon näherte sich einem Hügel, in den eine Steintreppe aus Bruchstein geschlagen worden war; das machte das erklimmen des Hügels wesentlich schneller und bequemer. An den Seiten der Treppe waren hier und dort Kürbislaternen verteilt worden, die ihre grinsenden, ausgehöhlten Gesichter der Treppe zuwandten. Sie bestiegen den Hügel und liefen rechts auf dessen drei Blöcke breite Kuppel weiter. Links konnte Felix das Meer mit seiner flachen, wellenlose Oberfläche sehen – war das ein Tintenfisch dort hinten? Und diese großen Sandstrände … Es waren zwar nur Blöcke, aber es sah wirklich sehr … „Pass auf, wo du hintrittst!“, warnte BoneDragon Felix, als dieser in Gedanken versunken beinahe den Hügel wieder hinunter gestürzt wäre. „Du musst gut aufpassen! Fallschaden ist so ziemlich die blödeste Art und Weise, seine Gesundheit zu verlieren, also halt ja die Augen offen, WitherSlayer!“ „Meine Name ist …“ „WitherSlayer“, beendete BoneDragon Felix' Satz. „Nein, ich wollte sagen –!“ „Ich weiß, was du sagen wolltest, aber ich will es nicht hören. Du bist WitherSlayer und ich möchte nicht wissen, wie du eigentlich heißt. Ich erklär dir alles später, aber jetzt konzntrier dich“, antwortete BoneDragon ungeduldig und folgte weiter dem Hügel, auf dem sie sich befanden, nach rechts. Der Weg führte zu sehr, sehr hohen Bergen. Auf einem der Gipfel konnte Felix ein kleines Steinhaus ausmachen. Das muss die Basis sein von der er gesprochen hat, dachte Felix erleichtert. Den Rest des Weges verbrachten die beiden schweigend. Felix versuchte weiterhin nicht über seine Situation nachzudenken und sah sich im Biom um, in dem sie sich befanden. So langsam wechselten sie von einer Ebene zu dem „Extreme Berge“-Biom. Plötzlich hörte der Regen auf und obwohl Felix das nicht sollte, blieb er kurz stehen und blickte hoch in den Himmel. „Wither!“ Hastig setzte er sich wieder in Bewegung. Über dem Hügel und die Berge zogen sich orangefarbene Sonnenstrahlen, der Himmel wurde tiefrot – die Sonne ging unter, es wurde Nacht. Nacht bedeutete … „Wir sind jetzt bald da, wir dürfen keine Zeit mehr verlieren!“, sagte BoneDragon und sprintete weiter zu seiner Basis. Sie lag auf einem der ersten Berge, der an das neue Biom angrenzte. Auf dem Dach der Basis, das aus Eichenholz bestand, hatte sich eine Schicht Schnee gelegt und während Felix weiterhin Steinstufen folgte, tauchten auch hier bereits vereinzelte Schneeschichten auf. Sie kamen langsam in eine Höhenlage in der die Temperatur sank, aber Felix war nicht kalt. Er spürte Kälte, aber sie war nicht unangenehm – sie war einfach da. Auch hier zierten Kürbislaternen die Treppenstufen, die sich weiter und weiter in die Höhe schraubten. Hier und dort befanden sich Plattformen, wo der Berg eine gerade Fläche gebildet hatte, dann ging es wieder weiter aufwärts. Es wurde immer dunkler, die Nacht brach herein. Felix wurde unwohl in seiner Haut, ängstlich sah er sich um. Nachts konnten Monster einfach überall spawnen und ein paar davon waren richtig gefährlich. BoneDragon blieb vor einer Eisentür stehen über das sich ein Vordach aus Fichtenholz zog. Das Dach wurde durch Zaunpfähle abgestützt und rechts und links von der Tür befanden sich Fackeln. Felix' Gefährte öffnete die Tür und wies hinein. „Immer rein in die gute Stube. Beeil dich, es ist schon fast dunkel.“ Felix folgte der Einladung ohne zu zögern. Das Haus war innen klein, sehr klein sogar, aber dafür die Decke recht hoch, mindestens fünf Block. Felix erinnerte sich, dass sein erstes Erdhaus nur drei Blöcke hoch war. Das Haus hatte tatsächlich einen rechten Winkel, wie ein zu kurz geratenes L und ein oberes Stockwerk, das man durch eine Leiter an der gegenüberliegenden Wand erreichen konnte. Der Boden war mit rotem Teppichboden ausgelegt worden und obwohl Felix keine Lichtquelle ausmachen konnte, war es sehr hell im Haus. In die Steinwände waren Glasfenster eingelassen, weiße, sie waren gefärbt worden. Die Sonne war schon fast untergegangen und die letzten Strahlen fielen durch die milchigen Scheiben. Gleich am Einfang befand sich eine große Truhe. BoneDragon schob Felix sanft zur Seite. „Fühl dich wie zu Hause, na ja, so weit es eben geht.“ Er klang nun viel entspannter, seine Stimme war ruhiger, er war nicht mehr so in Eile, nicht mehr in Hast – so entspannte sich auch Felix etwas mehr. Aber Entspannung war auch das, was ihn wieder daran denken ließ, in was für einer Welt er sich befand, wie er nun aussah, wie BoneDragon aussah! Er hatte blaue Punkte als Augen und die schwarze Fläche um seinen Kopf stellten die Haare dar. Das, was man als „Haut“ bezeichnen könnte, war hell, aber nicht blass. Er hatte ein schwarzes Hemd auf dessen Rücken das Symbol eines roten europäischen Drachen im Profil abgebildet war. Der Rest seiner Kleidung war ebenfalls schwarz. Felix sah an sich hinunter, ein grünes Hemd, rote Hosen, braune Schuhe … Gut, man konnte das nicht als Kleidung bezeichnen, es war eben nur ein … Skin. Wieder hatte Felix das Gefühl, am liebsten laut loszuschreien zu wollen, aber BoneDragon schien das regelrecht zu wittern. Er hob seine Arme. „Ich weiß, ich weiß, total verrückt. Du wachst auf, bist in Minecraft, Zombies stürzen auf dich ein … Kein gewöhnlicher Sonntag-Vormittag. Am besten, wir setzen uns erstmal oben, essen was, relaxen. Und dann erzähle ich dir was ich weiß. Aber bitte, nicht wieder durchdrehen. Bringt eh nix.“ Felix nickte stumm, in seiner Zunge schien sich ein Knoten zu befinden. Er sah die Wände an, an denen Bilder hingen, er sah Blumentöpfe, die in den Ecken standen und in denen Kornblumen gepflanzt waren. „Die mag ich am liebsten.“ „Hm?“, murmelte Felix und schreckte aus seinen wirren Gedanken auf. „Die Kornblumen“, sagte BoneDragon und lief zu einen der Blumentöpfe. „Sie riechen so toll. Es gibt sie noch nicht lange, sie sind neu. Man kann dunkelblauen Farbstoff aus ihnen herstellen, das ging vorher nur mit … Was rede ich denn da?!“, meinte er verlegen, rieb sich mit seiner „Hand“ am Hinterkopf. „Komm mit nach oben. Da ist auch der Ofen.“ BoneDragon kletterte die Leiter hoch und das typische Geräusch von ächzendem Holz war zu hören, während Felix' Gefährte nach oben verschwand. Felix warf einen letzten Blick auf seine „Hände“. Dann ging er zur Leiter und folgte BoneDragon. Kapitel 2: Sieh nicht hin! -------------------------- Im oberen Stockwerk befand sich an der Seite des Raumes ein Tisch, auf dem weißer Teppichboden als Tischdecke verlegt worden war und an den Seiten Sitzbänke, gefertigt aus Treppen. BoneDragon stand vor dem Ofen, der gegenüber vom Tisch stand und schien gerade Items in das Ofenfach zu legen. „Wie viel Gesundheit hast du noch? Hast du Hunger?“, fragte er Felix, während dieser langsam näher kam. Er spürte die angenehme Wärme, die aus dem Ofen strömte, sah das pixelige Feuer schwelen und erinnerte sich sehnsüchtig an einen echten Kamin. „Ich weiß nicht … Ich fühl mich ganz okay, ein bisschen hungrig vielleicht.“ „Sieh auf dein Handgelenk“, sagte BoneDragon und wies auf Felix' linken Arm. Er blickte stirnrunzelnd herunter und sah eine kleine Digitaluhr ungefähr dort, wo sein Handgelenk sein müsste – wenn er eines hätte. Neugierig betrachtete er sie eingehender und sah eine Reihe von roten Herzen, daneben andere Symbole, die aussahen wie Fleischkeulen und darunter eine leere, dunkle Leiste. Felix erkannte die Symbole sofort, es waren dieselben, die er als Spieler auf dem Bildschirm sehen würde! „Das hab ich?!“, rief Felix erstaunt. BoneDragon nickte und der Ofen ging aus. „Ja, hast du. Schmerzen und Hunger merkst du auch so, aber gerade beim Schmerz verschätzt man sich gerne mal, da solltest du deine Herzen immer im Blick behalten. Lass uns an den Tisch gehen, ich geb dir was zu Essen.“ Am Tisch droppte BoneDragon ein ganzes Hühnchen, das direkt in Felix' Hand flog. Er begann zu essen, genau wie BoneDragon, der sich ein Stück Rindfleisch genehmigte. Das Hühnchen schmeckte Felix sehr gut, es hatte denselben Geschmack wie Huhn in seiner Welt, leider etwas ungewürzt, aber im Moment reichte ihm das völlig aus. Danach droppte BoneDragon einen Milcheimer, den Felix ebenfalls in die Hand nahm. „Eigentlich ist das mit dem Trinken von Milch und Wasser zum Teil sinnlos, besonders das von Wasser, aber der Geschmack ist ganz nett“, erklärte BoneDragon und trank seinen Eimer leer. Felix tat es ihm nach. Die Milch war kühl und schmeckte sehr frisch, war aber ruckzuck aufgebraucht. Felix räusperte sich. „Wozu kann man Milch und Wasser denn überhaupt trinken?“ „Milch beseitigt Statuseffekte, positive und negative gleichermaßen. Darum trage ich immer einen Eimer Milch mit mir herum. Man kann nie wissen, ob nicht irgendwo eine Hexe herumlungert. Der Trank der Vergiftung ist echt lästig und ganz schön gefährlich.“ Felix nickte stumm. Nun saßen sie da, hatten gegessen und getrunken. Er schaute verstohlen auf seine Uhr und stellte fest, dass alles gut war. Felix hatte alle Herzen und keinen Hunger mehr. Draußen war es jetzt stockfinster und wahrscheinlich wimmelte es nur so von Monstern vor der Haustür, Felix schauderte. BoneDragon räusperte sich leise. „Du hast bestimmt viele Fragen …“ Die hatte Felix allerdings und wollte schon loslegen. Sein gegenüber hob beschwichtigend einen Arm. „Ich erzähl dir was ich weiß. Dann kannst du alles Mögliche fragen. Ich bin vor so viel längerer Zeit hier her gekommen als du, nicht allein, sondern mit vielen anderen Leuten. Jungen und Mädchen, alt und jung. Wir alle fanden uns auf einem Wüsten-Biom wieder und wusste nicht wie uns geschah. Gemeinsam hatten wir, dass wir alle wussten wo wir waren, wir kannten Minecraft und ebenso gemeinsam hatten wir, dass wir es nicht glauben konnten. Bis wir begriffen hatten was eigentlich los war, haben wir eine Menge Leute verloren, Wither.“ „Verloren?!“, fragte Felix verwirrt nach. Meinte er damit Leute, die in Minecraft „gestorben“ waren? Es ist äußerst lästig, wenn das passiert, je nachdem wie weit der derzeitige Spawnpoint weg ist. Man verliert seinen gesamten Levelfortschritt und alle Items, die man gerade getragen hat. Wenn man sich beeilt, kann man zurück zu der Stelle, an der man gestorben ist und alles wieder einsammeln, inklusive einiger Erfahrungspunkte. „Mit verloren meine ich“, sprach BoneDragon weiter und riss Felix aus seinen Gedanken, „dass diejenigen, die wie du und ich hier landen, gestorben sind, aber nicht wieder respawnen. Sie sind weg, so wie in unserer Welt. Wer stirbt, kommt nicht zurück.“ Felix klappte der Mund vor Staunen und Schock auf. Für mehrere Sekunden versuchte er zu verarbeiten, was BoneDragon ihm gerade erzählt hatte. Kein Respawnen. Kein Restart, kein zweites Leben, nur eine einzige Chance. Game Over, wenn man von einem Berg stürzte, ertrank oder von einem Monster erschlagen wurde – es gibt unzählige Arten in Minecraft abzudanken! „Deswegen wollte ich vorhin, dass du dich so beeilst. Das waren da draußen nur ein paar Zombies, aber wenn man ständig im Hinterkopf hat, dass die einen umbringen können, dann hat man selbst vor denen eine Heidenangst“, erklärte BoneDragon und Felix konnte das sehr gut nachvollziehen. „Wieso sind wir hier?!“, wollte er sofort wissen. BoneDragon seufzte. „Diese Frage haben wir uns auch gestellt, immer und immer wieder. Aber du weißt ja wie Minecraft ist. Man wird ins Spiel geworfen und muss sehen, wo man bleibt. Alles, was wir haben ist ein Hinweis. Schau mal in deinen Taschen nach, du müsstest ihn auch haben.“ Einen Hinweis? Felix tat sofort, was BoneDragon gesagt hatte. An seinem Hosenbund befanden sich flache Taschen, Felix öffnete die erste und fand das flache Icon von einem Buch. Er nahm es heraus und sah vor seinem inneren Auge, dass es sich um ein „Beschriebenes Buch“ handelte, mit dem Titel „Follow the Enderman“, der Autor lautete ebenfalls Enderman. Felix sah BoneDragon an, er schwieg und schien darauf zu warten, dass Felix das Buch las. Er schlug es auf und auf der ersten Seite befand sich nur ein einziger Satz: „Am Ende klärt sich alles auf!“ Felix versuchte, das Buch durchzublättern, aber außer diesem einen Satz war nichts zu finden. „Was soll das bitte heißen?! Und das soll einem helfen, herauszufinden, wie man hier wieder rauskommt?!“, fragte Felix und spürte, wie Frustration und Wut in ihm aufstieg. Er merkte, wie die Erinnerungen an sein altes Leben wieder in ihm hochgespült wurden, sah seine Familie und seinen Bruder vor sich, erinnerte sich an seinen besten Freund, mit dem er stundenlang gespielt hatte oder nachts herumgealbert. Jede dieser Erinnerungen schmerzte auf eine Art und Weise, wie nichts zuvor. Vor Felix Augen verschwamm alles und er ließ das Buch fallen. BoneDragon tauchte neben ihm auf. „Ich weiß was du durchmachst. Wenn du magst, lass ich dich eine Weile in Ruhe. Später kann ich dir erzählen, was mit Ende gemeint sein könnte …“ Felix schüttelte gequält den Kopf. „Ich will es jetzt wissen!“, presste er entschlossen hervor und blickte wieder auf. Allmählich wurde sein Blick wieder klar. Wenn es tatsächlich einen Weg hier herausgab, dann wollte er ihn unbedingt finden und keine Zeit damit verschwenden, über sein verlorenes Leben zu trauern, anstatt es zurückzugewinnen. „Gut“, meinte BoneDragon und fuhr fort. „Am Ende klärt sich alles auf. Tja, was könnte das schon groß heißen. Das einzige Sinnvolle, das uns eingefallen war, war tatsächlich das Ende.“ „Wie meinst du das?“ „Das Ende ist eine Dimension in Minecraft, hast du davon noch nie gehört?“ BoneDragon klang sichtlich überrascht. „Also, na ja, ein bisschen schon, aber …“ „Ich erklär es dir: das Ende ist eine Dimension, genau wie der Nether. Beide kann man nur durch ein Portal erreichen. Den Nether durch ein Portal aus Obsidian, das kann man bauen, aber das Endportal muss gefunden werden. Es zu finden reicht aber nicht. Man braucht seltene Items, um es zu aktivieren, nämlich Enderaugen und selbst, wenn man dann drinnen ist, dann wird es richtig übel.“ „Der Enderdrache!“, rief Felix und ihm wurde mit einem Schlag bewusst, was für ein Albtraum das Ganze war. BoneDragon nickte. „Genau. Den muss man besiegen, dann öffnet sich das Portal zur Endsiedlung. Wir glauben, dass wir dorthin müssen.“ Felix merkte, wie sein ganzer Körper anfing zu zittern und ihm, trotz der wohligen Wärme des Hauses, eisig kalt wurde. „Aber … das ist so gut wie unmöglich! Ich meine, wenn man nur ein Leben hat! Wie soll man das denn schaffen?!“ BoneDragon seufzte erneut tief und traurig. „Du hast es erfasst, Wither. Es fühlt sich ziemlich unmöglich an. Wir hatten damit begonnen, Enderperlen zu sammeln, was schon gefährlich genug war, aber der Abstieg in den Nether endete immer wieder in einer Katastrophe. Wir verloren ständig Leute, bald wollte niemand mehr dorthin. Einige fanden sich damit ab, ihr Leben nun in dieser Welt zu fristen; zu farmen, zu melken und nur die Ressourcen zu besorgen, die man zum Überleben braucht. Andere wollten auf keinen Fall aufgeben. In diese zwei Lager haben wir uns gespalten.“ Felix brannte eine Frage auf der Zunge, die er schon von Anfang an stellen wollte: „Wer sind die anderen? Wo sind sie? Warum bist nur du hier?!“ BoneDragon schwieg für einen kurzen Moment. „Ich weiß nicht, wo sie alle hin sind. Es hat sich … alles zerschlagen. Diese ganze Situation, es war für viele unerträglich. Die Gemeinschaft ist vorbei. Ich glaube, jeder kämpft jetzt für sich.“ „Aber das macht keinen Sinn!“, protestierte Felix heftig. „In der Gemeinschaft ist man doch viel sicherer! Ich kapier das nicht!“ BoneDragon wechselte leise das Thema. „Wir sollten schlafen gehen. Ich bau dir schnell ein Bett. Irgendeine Lieblingsfarbe?“ Felix saß wie versteinert auf der Bank. Es gab so viele andere Leute und alle sollten sich in der Minecraft-Welt verstreut haben?! Alleine würde Felix es niemals bis ins Ende schaffe, er würde nichtmal Enderaugen auftreiben können – wie auch immer man die herstellte. „Wither?“ „Dunkelblau“, antwortete Felix tonlos. „Gute Wahl“, meinte BoneDragon nur, ging zu einer weiteren Truhe, die neben dem Ofen stand und machte sich daran, Felix ein Bett zu bauen. Schon kurz darauf stand es, ums Eck des Hauses, neben BoneDragons Bett, das hellblau war. „Die Nacht ist sowieso bald vorbei, aber ein wenig Schlaf schadet sicher nicht.“ Felix starrte sein Bett an, sein Körper surrte vor Energie, vor Ideen, vor Gedanken, vor Verzweiflung – er konnte doch jetzt nicht schlafen! „Leg dich hin, komm schon“, forderte BoneDragon ihn sanft auf. Widerwillig folgte Felix dem Rat seines neuen Freundes. ~~~~ Der Morgen kam in wenigen Minuten, trotzdem fühlte Felix sich insgesamt ausgeruhter, als er wie von selbst aus dem Bett stieg und BoneDragon es neben ihm gleich tat. Er wandte sich Felix zu und sagte: „Mir ging es immer am besten, wenn ich etwas zu tun hatte und wenig Zeit, um nachzudenken. Du könntest mir heute bei der Ernte helfen. Außerdem müssen wir dir eine Rüstung und andere Items besorgen. Die Tage sind nicht besonders lang, das weißt du sicher.“ Felix bejahte das. Bevor sie das Haus verließen, gab BoneDragon ihm alle wichtigen Werkzeuge und Waffen aus Stein und einen Eiseneimer. BoneDragon legte nun auch eine Lederrüstung an, dann folgte Felix ihm aus dessen Haus. Wie fast immer in dieser Welt, leuchtete die Sonne mit aller Kraft und weiße Wolken trieben über den azurblauen Himmel. Die Ebenen weit unter ihnen erstrahlten in Grün, überall ragten Grasbüschel aus der Erde und Blumen bildeten schöne Farbtupfer, die für Abwechslung sorgten. Wenn diese Welt nicht so tödlich wäre, dann wäre das ja ein richtiges Paradies!, dachte Felix und atmete die frische und saubere Luft tief ein. In kurzer Entfernung sah er kleine Baumhaine, Eiche, Fichte, Birke, niedrige Tropenbäume. Vermutlich BoneDragons Baumfarm, um immer an Holz heranzukommen. Was Felix gestern beim Sonnenuntergang hatte nicht mehr sehen können, war die andere Seite des Hügels. Als sie das Haus umrundet hatten, sah er, dass BoneDragon Terrassen in den Hügel geschlagen und dort seine Felder angebaut hatte, sowie seine Farmen für die Tiere. „Wow, sieht richtig gut aus!“, rief Felix und sah sich neugierig um. Direkt vor ihnen befanden sich Weizenfelder, dann kamen Karotten, Kartoffeln, Rote Beete, Kürbisse und Melonen. Am Wasser war überall Zuckerrohr angebaut worden. Am beeindruckendsten war das Bambusfeld. Felix hatte nicht gewusst, dass Bambus so weit nach oben wachsen konnte! Ganz unten, auf der geraden Ebene, tummelten sich die Tiere: Kühe, Schafe in allen möglichen bunten Farben, Hühner, Schweine und sogar ein kleiner Stall mit Pferden. Felix zeigte auf die Schafe. „Wie hast du die bunt bekommen?!“ BoneDragon lachte. „Man kann Schafe einfärben, sie behalten dann auch die Farbe, die man ihnen verpasst. Wusstest du das nicht?“ „Nee!“ Felix versuchte BoneDragons Rat zu befolgen und nicht weiter über seine derzeitige Situation nachzudenken. Gemeinsam ernteten sie die Felder, pflanzten neue Samen und Früchte und trugen die Erträge zu Truhen, die sich in einem gut ausgeleuchteten Keller unter dem Haus befanden. Der Eingang war bei den Weizenfeldern, der ersten Terrasse. Danach kümmerten sie sich um die Tiere. BoneDragon hatte einige Stacks an Weizen behalten und erzählte Felix, am Gehege angekommen, auch gleich wieso. „Du brauchst eine Rüstung und die einfachste Variante ist die Lederrüstung.“ Felix verstand sofort worauf er hinaus wollte. „Also müssen wir Kühe schlachten?“ „Genau.“ BoneDragon zog sein Steinschwert, ging ins Gehege und schon ging das Blutbad (wenn auch ohne Blut) los. Er tötete viele Kühe, züchtete sogleich neue nach und mit dem vielen Weizen hatte er sie in kürzester Zeit zu ausgewachsenen Tieren herangezogen. Felix musste zugeben, dass ihm etwas dabei schauderte, wie die Kühe vor Schmerz muhend davon liefen, wenn BoneDragon auf sie einschlug und wie seltsam es aussah, wenn sie gleich wieder auf ihn zugelaufen kamen, wenn er Weizen in der Hand hielt. Plötzlich hielt BoneDragon inne, er schien kurz in eine bestimmte Richtung geblickt zu haben, dann drehte er sich weg; er hatte auch damit aufgehört, die Kühe zu bearbeiten. Felix schaute ebenfalls in die Richtung, die sein Freund nun mied. Er sah etwas großes, schwarzes, sehr schmales … „Nicht! Sieh nicht hin!“ Als Felix hastig wegblickte und wieder zu BoneDragon sah, schreckte her heftig zurück. Sein Freund hatte einen geschnitzten Kürbis über dem Kopf und hielt einen weiteren in der Hand. „Schnell, zieh den über!“ Felix wusste nicht was eigentlich los war, aber in einer Welt, in der einem so ziemlich alles an die Kehle wollte, konnte man es sich nicht leisten, herumzutrödeln. Er nahm den Kürbis und rüstete sich damit aus. „Uff, ich kann kaum was sehen!“, beschwerte er sich genervt, „Mag sein, aber wenigstens bleibst du so am Leben!“, antwortete BoneDragon und machte damit weiter, Kühe zu töten und zu züchten. Eine Weile schwieg Felix, aber schließlich musste er einfach fragen. „Wieso muss ich diesen blöden Kürbishelm tragen?“ „Wegen dem Enderman.“ Das war also das schwarze Etwas gewesen, das Felix in weiter Entfernung hatte herumlaufen sehen. „Enderman sind passiv, sie greifen nur an –“ „Wenn man sie angreift oder direkt ansieht“, beendete Felix seinen Satz. „Genau. Außer …“ Felix brauchte eine Sekunde, ehe er schaltete. „Außer man trägt einen geschnitzten Kürbis als Helm?“ BoneDragon nickte und verließ das Gehege. „So ist es. Dumm von mir gewesen, dir nicht gleich einen zu geben! Behalte den, der ist sehr wichtig.“ Als die beiden wieder im Haus waren, zogen sie sich die Kürbisse vom Kopf und BoneDragon fertigte für Felix auf der Werkbank eine Lederrüstung an. Als sie fertig war, legte Felix sie sofort an. Er warf einen Blick auf seine Uhr und stellte fest, dass über seinen Herzen nun Symbole von Rüstungshemden aufgetaucht waren. Ein paar wenige davon füllten sich. „Die Lederrüstung bietet den geringsten Schutz. Den besten bieten natürlich Diamanten. Eisen wäre schon toll, aber dafür müssten wir in die Mine und ich gehe da nicht so gerne hin …“ BoneDragon zeigte Felix alle seine Ressourcen und wo sie zu finden waren. Es mangelte ihnen nicht an Nahrung oder Milch, aber alles was man unter der Erde abbaute, davon hatte BoneDragon schon erschreckend wenig. „Du hast nicht mal Kohle!“, stellte Felix überrascht fest. „Jaah, ich weiß. Das war es mir nicht wert. Ich hab einen Haufen Bäume, die kann man auch benutzen und die wachsen ja super schnell, also wozu das Risiko eingehen, unter der Erde einem Creeper ausgesetzt zu sein“, erklärte BoneDragon, aber Felix war sich sicher herauszuhören, dass er leicht verlegen über diesen Umstand war. Felix hatte eine Idee. „Wir sind jetzt zu zweit. Wir können in die Mine, einer gräbt, der andere passt auf, du weißt schon – Teamarbeit!“ BoneDragon dachte eine Weile darüber nach. „Ich weiß nicht … Du bist noch nicht so lange hier … Wir sollten dich erstmal ein bisschen trainieren.“ Felix merkte, wie sein Magen sich leicht zusammenzog. „Äh, du meinst gegen Monster? So richtig kämpfen? Nachts?!“ BoneDragon nickte. „Na klar. Na ja, was heißt nachts, eine dunkle Ecke reicht, damit sie spawnen. Hör mal, wenn du Wache schiebst, musst du auch gegen ein Monster eine Chance haben! Wir können nicht immer davon laufen, wenn wir gerade beim Abbauen sind!“ Da hatte BoneDragon leider recht, gestand sich Felix fröstelnd ein. Der Gedanke, schon bald gegen Monster kämpfen zu müssen, jagte ihm tierische Angst ein, aber lieber übte er das unter kontrollierten Bedingungen, als im Ernstfall BoneDragon und sich selbst in Gefahr zu bringen, weil er nicht richtig mit Schild und Schwert umgehen konnte. „Okay, okay. Wann fangen wir mit dem Training an?“ „Schon heute Nacht“, entschied BoneDragon. „Das hättest du so oder so gemusst und umso schneller du kampferprobt bist, desto höher deine Überlebenschancen. Am wichtigsten ist es, dass du mit Pfeil und Bogen umgehen kannst. So einen Creeper erlegt man lieber aus der Entfernung, bevor er hochgehen kann. Vielleicht hast du dich schon gefragt, warum ich eine Eisen- und keine Holztür eingebaut habe.“ Felix schaute seinen Freund verdutzt an. Er musste sich eingestehen, er hatte nicht eine Sekunde darüber nachgedacht, BoneDragon merkte das. „Diese Welt hat die höchste Schwierigkeitsstufe.“ „Was?!“, entfuhr es Felix entsetzt. „Ja, großartig, nicht? Das bedeutet, dass Monster ziemlich viel Schaden anrichten und das Tränke der Vergiftung einen umbringen können, anstatt ein halbes Herz übrig zu lassen. Wir können auch an Hunger sterben. Und Zombies können Holztüren durchbrechen, darum ist die hier aus Eisen.“ „Na ganz große Klasse! Als ob es nicht schon schwer genug wäre, in die Endsiedlung zu gelangen!“, regte Felix sich zornig auf. Da schmiss man sie in diese verrückte Welt und dann machte man es ihnen auch noch so schwer wie irgend möglich?! Das konnte doch nicht wahr sein! BoneDragon sah aus dem Fenster, die Sonne neigte sich bereits dem Horizont entgegen. „Es ist schon bald so weit. Ich werde bei dir sein, wir sind nicht weit vom Haus entfernt, hab keine Angst, es wird schon alles gut gehen.“ Felix schluckte schwer und log, dass er „ganz cool“ wäre, aber sie beide wussten, Felix war alles andere als cool. Die Sonne verschwand hinter dem Horizont und die Dunkelheit brach über sie herein. „Na, dann los.“ Felix atmete tief aus und zog sein Steinschwert, ehe BoneDragon die Tür aufstieß. Kapitel 3: Der Hexenmeister --------------------------- Man könnte sagen, es war ein Tag wie jeder andere, als der Dorfbewohner Greg, genau wie alle anderen Dorfbewohner, durch die Gassen schlenderte und sich die warme Sonne auf den Kopf scheinen ließ. Zwischen den Dorfbewohnern lief ein Eisengolem herum, aber Greg nahm ihn nur am Rande wahr. Ab und zu blieb er stehen und unterhielt sich mit einem seiner Artgenossen. „Was für ein herrlicher Tag.“ „Oh ja, die Sonne scheint ganz wunderbar.“ „Es sieht nach Regen aus …“ Und tatsächlich, schon kurz darauf wurde der azurblaue Himmel schlagartig dunkelgrau und blaue Regentropfen prasselten auf das Dorf nieder. „Wir sollten reingehen.“ „Ja, reingehen.“ Während der Eisengolem weiter patrouillierte, flüchteten sich mehr und mehr Dorfbewohner eilig in ihre kleinen Holzhäuschen. Auch Greg machte sich auf den Weg, als das laute Donnergrollen an seine Ohren drang. Gewitter. Das hatten sie nicht so oft. Greg hatte bereits ein Haus ins Visier genommen und steuerte auf die Eichentür zu, so wie es sein sollte. Gerade, als er die Tür geöffnete hatte, traf ihn ein Blitz. Greg konnte nicht sagen, dass es weh getan hätte. Die Elektrizität strömte durch seinen Körper, den Kopf hatte er in den Nacken gelegt und starrte verklärt in den Himmel, spürte den Regen auf sein Gesicht niedergehen. Er fühlte sich, als hätte er die Erleuchtung, er fühlte wie so etwas wie „Verstand“ in seinen Schädel drang. Alles fand in weniger als einer Sekunde statt, aber für Greg schien es eine kleine Ewigkeit zu sein, während die Verwandlung einsetzte. Als er seine Augen wieder öffnete, brannte er lichterloh. Greg dachte gar nicht weiter nach, er griff in seine Taschen und förderte einen Trank mit Feuerresistenz zu Tage und trank ihn. Sofort hörte der brennende Schmerz auf und er sah an sein neues Ich herunter. Er hatte einen Hut, eine Warze auf der Nase, violette Kleidung … Er war ein Hexer! Für eine Weile bewunderte er sich, als er einen heftigen Schlag spürte und einige Blöcke von den Füßen gehoben wurde. Ächzend drehte Greg sich um. Der Eisengolem hatte ihn entdeckte und sofort begonnen, ihn anzugreifen. „Du Dummkopf! Wer glaubst du, dass du bist!“, fauchte Greg den Eisengolem an, der ihn ausdruckslos anstarrte und weiter attackierte. Greg griff wieder in seine Tasche und warf einen Trank der Vergiftung nach dem Eisengolem. Grüne Kringel tauchten über ihm auf und zeigten, dass es funktioniert hatte. „Ha, du hast keine Chance gegen mich, den Hexenmeister Greg!“ Greg wich den Angriffen des Eisengolems aus und bombardierte ihn mit Tränken des Schadens und der Schwäche, bis der Eisengolem schließlich starb und nichts weiter als eine Mohnblume von ihm übrigblieb. Greg hob die Arme und lachte ausgiebig über seinen Sieg. Gerade, als der Kampf vorüber war, hörte auch der Regen und das Gewitter auf und die Dorfbewohner kamen arglos heraus. Als sie Greg sahen, flohen sie wieder zurück in ihre Häuser. Greg folgte ihnen. „Wo wollt ihr denn hin? Er hat mich angegriffen! Ich hab mich nur verteidigt! Kommt zurück!“ Aber die Dorfbewohner flohen und flohen und flohen vor Greg. Alle seine alten Freunde wollten nichts mehr mit ihm zu tun haben. Greg redete auf sie ein, versuchte ihnen klar zu machen, dass er sie genauso beschützen könnte wie es der Eisengolem getan hatte. Aber die Dorfbewohner waren nun mal nicht dazu gemacht, sich mit einem Monster anzufreunden. Nach mehreren Tagen gab Greg enttäuscht auf. Sein Kopf war voller Ideen, er könnte aus diesem Dorf etwas wirklich Großes machen! Endlich hatte er die Möglichkeit dazu, das Können, den Verstand, aber niemand wollte ihm zuhören, ihm folgen und helfen, seine Ideen zu verwirklichen. Es war zum Mäusemelken! Während Greg gedankenverloren durch sein altes Dorf wanderte und die Dorfbewohner wie üblich vor ihm Reißaus nahmen, blieb er plötzlich wie angewurzelt stehen. Ein Eisengolem war erneut gespawnt und steuerte bereits entschlossen auf ihn zu. Greg seufzte nur genervt. Er drehte sich um und machte sich daran, das Dorf zu verlassen. Er war jetzt ein Monster, ein Aussätziger, einsam und allein … Oder vielleicht auch nicht … In Gregs Gedanken formte sich bereits eine neue Idee. Er wollte ein Dorf, aber mit seinen alten Freunden konnte er das nicht haben. Aber was war mit einem Monsterdorf?! Das müsste doch zu schaffen sein! Greg wusste was zu tun war, er musste losziehen und andere Monster für seinen Plan begeistern. Gemeinsam würden sie ein großes Dorf bauen und Biom nach Biom für sich erobern! Endlich konnte Greg der werden, der er von Anfang an hätte sein sollen: ein Visionär, ein Erbauer, ein Schöpfer! Über seinen neuen Plan äußerst entzückt, kicherte Greg und lief in eine beliebige Richtung los. Sein Dorf befand sich in einem Taiga-Biom, Greg lief ziellos durch einen dichten Fichtenwald und fand auch schon seinen neuen Anhänger: einen Zombie, der stöhnend und mit ausgestreckten Armen durch das Unterholz wanderte, durch die Schatten der Bäume vor dem Sonnenlicht geschützt. „Guter Freund, bleib doch einen Augenblick stehen und lass mich dir …“ Der Zombie lief zwar nicht weg, so wie die Dorfbewohner, aber er lief auch einfach an Greg vorbei und schenkte ihm, dem Hexenmeister, keinerlei Beachtung. Greg stand mit erhobenen Armen da, aber seine eindrucksvolle Rede traf auf untote Ohren. Noch eine ganze Weile versuchte Greg verzweifelt, seinem neuen Gefährten den ultimativen Plan zu unterbreiten, aber es nutzte einfach nichts. Zombies waren offenbar nicht dazu geeignet, Greg bei seinem Dorf zu helfen. Gregs Frustrationslevel war so weit gestiegen, dass er den Zombie mit einem Trank des Schadens angriff, aber zu seiner Verwirrung richtete der Trank keinen Schaden an. Er dachte eine Weile darüber nach und hatte schließlich eine Idee. Greg mischte einen Trank der Heilung zusammen und bewarf den desinteressierten Zombie damit. Sofort blinkte er rot auf und kam fauchend auf Greg zugewankt. „Ach, jetzt hörst du mir zu, ja?!“ Der Zombie stellte keine besonders große Bedrohung dar. Greg hatte ihm ziemlich schnell den Gar ausgemacht und marschierte genervt weiter durch das bewaldete Taiga-Biom. Irgendwann würde er schon noch auf einen hörigen Jünger treffen, der ihm helfen würde. Er wusste gar nicht was es noch alles so für Monster gab. Skelette, Creeper und Spinnen fielen ihm ein, vielleicht konnte er einen von denen für seine Sache gewinnen. Während er über diese Möglichkeiten nachdachte, versank die Sonne hinter einem Hügel und die Nacht brach herein. Greg sah sich neugierig um, nachts spawnten Monster, also konnte es nicht allzu lange dauern, bis er auf seine ersten neuen Freunde traf. Schon bald sah er eine Traube roter Augenpaare durch das Unterholz schimmern und hörte das typische Trippeltrappel und Zischen einer Spinne. Begeistert lief Greg sofort los. „Gute Nacht, werte Spinne, mein Name ist Greg. Ich bin ein Hexenmeister und ich … habe vor … Ey! Hör mir gefälligst zu!“ Aber auch die Spinne entpuppte sich als ungeeigneter Gefolgsmann … -tier. Greg boxte unglücklich auf einen Baumstein ein, als er eine Lichtquelle durch die Dunkelheit des Fichtenwaldes schimmern sah. Vorsichtig näherte er sich dem Licht und erblickte eine winzige Hütte aus Erde mitten im Wald. In die Erde war eine Eichentür eingelassen worden, vor dem Haus stand eine Kürbislaterne. Neben dem Erdhaus war ein kleines Feld angelegt worden, das ein „Spieler“ gerade bewirtschaftete. Greg blieb in seinem Versteck. Ein Spieler, interessant. Er spürte den unbändigen Drang, ihn anzugreifen, aber Greg hielt sich zurück. Mit einem Spieler konnte man reden, reden hieß, man konnte ihn auch überzeugen, und das war schon mal wesentlich mehr, als er mit einem Zombie oder einer Spinne anfangen konnte. Nach einigen Minuten hatte Greg einen Entschluss gefasst und trat mit ausgebreitete Armen aus seinem Versteck. „Sei gegrüßt, Fremder, ich bin …“ „Aaaaaaaaah!! Kapitel 4: Ein hartes Training ------------------------------ Felix klammerte sich an sein Schwert und das Schild, hinter das er sich zu verstecken versuchte. Noch war die Nacht ruhig, eine angenehme Kühle strich ihm über die Wangen. BoneDragon schloss gerade die Eisentür und folgte Felix einige Stufen nach unten. „Wir werden den Berg ein Stück verlassen müssen. Hier oben ist es wegen den Laternen zu hell, da spawnt nichts“, erklärte BoneDragon und ging voraus. Felix folgte ihm zögerlich. Am liebsten hätte er mehrere Augenpaare, um seine komplette Umgebung im Blick behalten zu können. Er hatte Minecraft noch nie im höchsten Schwierigkeitsgrad gespielt, er wusste also gar nicht, mit wie viel Schaden er rechnen musste, wenn ihm ein Zombie eine aufs Dach gab. Das Licht der Laternen reichte nicht besonders weit und obwohl Felix sich vor Angst beinahe in den Skin machte, sah es doch schön aus, wie das orangefarbene Licht der Kürbisse in die tiefblaue Nacht hinein strahlte. „Uuuuuhhh …“ Felix sprang vor Schreck hoch in die Luft. Ein Zombie wankte hinter einer dunklen Fichte hervor, hatte die Arme ausgestreckt und steuerte auf Felix und BoneDragon zu. BoneDragon schlug mit seinem Steinschwert hin und her. „Sehr gut, ein Zombie! Die sind leicht zu besiegen, du darfst dich nur nicht treffen lassen! Wither? Wither!“ Ich kann das nicht!, dachte Felix noch, ehe er davon jagte, Richtung Eisentür. Ich kann das einfach nicht! Ich werde so dermaßen draufgehen! „Wither!“ BoneDragon hastete seinem Freund hinterher, während der Zombie ihnen ächzend hinterher schlurfte. Felix hatte gerade die Tür erreicht, als BoneDragon neben ihm auftauchte. „Was machst du denn?!“ Felix griff nach dem Türknauf. „Tut mir leid, aber ich bin für so was einfach nicht gemacht!“ „Und du wolltest mich in der Mine beschützen! Hast dich über mich lustig gemacht, weil ich keinen Bergbau betreibe und jetzt pisst du dich wegen einem lausigen Zombie ein! Ich sag dir jetzt mal was, WitherSlayer, du beißt hier ruckzuck ins Gras, das versprech ich dir!“ Felix ließ seine Hand sinken und starrte auf das Steinschwert, das er trug. BoneDragon hatte Slayer zurecht mit Spott und Hohn ausgesprochen. Felix war kein Krieger, er war nicht mutig und das schlimmste – er war kein besonders guter Freund. Er hatte BoneDragon einfach allein zurückgelassen und war Hals über Kopf den Berg wieder hochgehetzt, als wäre der Enderdrache höchstselbst hinter ihm her gewesen. „Tut mir leid … Ich hab irgendwie die Nerven verloren …“, murmelte Felix und schämte sich in Grund und Boden. BoneDragon nickte und klopfte ihm auf die Schulter. „Ich verstehe dich ja. Meinen ersten Zombie hab ich schreiend und um mich schlagend zur Strecke gebracht, meine Taktik war Panik. Ich weiß, wie's dir geht. Aber wir müssen das hier durchziehen, sonst machst du es nicht lange, das war vorhin kein Witz.“ „Uuuuuuuh“, stöhnte der Zombie geradezu melancholisch, als wüsste er, welche Rolle er in diesem Szenario zu spielen hatte, während er auf die beiden Überlebenden losging. Felix atmete tief ein und aus, schlug mit seinem Schwert hin und her, dann stürzte er nach vorn in seinen ersten Kampf. „Hiyaaaah!“ ~~~~ Die Sonne ging gerade auf, als Felix blinzelnd zum Horizont blickte und sein angeschlagenes Steinschwert sinken ließ. Seine Taschen waren voll mit verrotteten Fleisch, Knochen, Pfeilen, zwei kaputten Bögen, Spinnenaugen und Fäden, einem Eisenbarren, einem Goldbarren, einem Kettenhelm, etwas Schießpulver und zwei Karotten. Die Monster hatten viel gedroppt und nach kurzer Zeit hatte BoneDragon Felix beim Kampf geholfen, weil teilweise zwei oder drei auf einmal auftauchten. „An deinem Kampfschrei könnten wir noch arbeiten, aber ansonsten hast du dich heute Nacht richtig gut gemacht, Wither!“, sagte BoneDragon stolz und winkte ihm mit seinem Schwert. Felix atmete erleichtert aus. Nach dem fünften Zombie hatte er endlich seine Gedanken zum Erliegen gebracht und sich voll und ganz darauf konzentriert, Hackfleisch aus den Monstern um ihn herum zu machen. Die Kämpfe waren simpel und optisch unterschieden sie sich nicht besonders vom Spiel selbst. Gegner wie Zombies liefen einfach auf ihn zu und Felix brauchte nur nach ihnen zu schlagen. Sie blinkten rot und ächzten, wenn er sie traf und wenn sie starben, fielen sie einfach um und lösten sich in Rauch auf – wie im Spiel. Direkt anstrengend empfand Felix den Kampf nicht. Es war nicht so, dass er eine Art Ausdauer hatte wie in der echten Welt, die ihm ausgehen könnte. Er spürte nur, dass er Hunger bekam. Er hatte sich tatsächlich nicht schlecht geschlagen, nur die Skelette hatten es ab und zu geschafft, ihm einen Pfeil durch den Körper zu jagen. Der Schmerz war erträglich gewesen, es hatte sich so ähnlich angefühlt wie damals, als Felix geimpft worden war. Die Creeper hatte er am wenigsten gemocht. BoneDragon empfahl, sie von der Ferne mit Pfeil und Bogen zu erlegen, da sie im höchsten Schwierigkeitsgrad immer explodieren, sobald sie zu zischen anfangen. Zu diesem Zweck hatte BoneDragon Felix seinen wertvollsten Schatz überlassen: einen Bogen mit der Verzauberung „Unendlich“. Das bedeutete, dass Felix nur einen einzelnen Pfeil im Inventar brauchte, um unendlich viele abschießen zu können („Funktioniert aber nicht mit Effekt-Pfeilen, schön wär's.“). Obwohl Felix so viel Zeug mit sich herumschleppte, hatte er nicht das Gefühl großartig etwas zu tragen. Die Sachen befanden sich in seinen Taschen und offenbar in einer Art Rucksack, den er auf seinem Rücken trug, aber nicht wirklich sichtbar war. Als Felix BoneDragon davon erzählte, meinte der nur, dass es schon schräg sei, 64 Bruchsteine mit sich herumzutragen und davon auch noch mehrere Stacks, aber nichts davon zu spüren. „Ist aber auch gut so. Stell dir vor, du würdest von so was Gesundheit verlieren, oder so. Als wäre es nicht schon schwer genug, in diesem Wahnsinn zu überleben“, meinte BoneDragon, während er und Felix zu ihrer Basis zurückkehrten. Im Haus angekommen verstauten sie ihren Loot in den Truhen, danach öffnete BoneDragon bei einer kleinen Nische eine Falltür aus Eichenholz und ließ das verrottete Fleisch dort hineinfallen. Zu Felix' Überraschung hörte er ein Geräusch, als würde etwas kaputt gehen. Als er sich der Falltür näherte, sah er, dass ein Kaktus in die Erde eingelassen worden war. „Kakteen können Items zerstören. Das klingt erstmal blöd, aber wenn man in verrotteten Fleisch erstickt, ist das eine gute Sache“, sagte BoneDragon und ließ weiter Fleisch hineinfallen. Felix fiel da etwas ein. „Aber kann man damit nicht seine Hunde heilen? Hab gehört, dafür eignet es sich prima.“ „Schon, und ich hab auch einen Stack behalten, falls ich mal einem Wolf über den Weg laufe, den ich zähmen möchte, aber ich brauche nicht drei Truhen voll davon.“ „Auch wieder wahr …“ Nachdem BoneDragon sich seinem Fleisch entledigt hatte, folgte Felix seinem Beispiel. Es war früh am Morgen, als die beiden wieder oben saßen, sich den Bauch voll schlugen, Milch tranken und über den Plan redeten, in die Mine zu gehen, die BoneDragon angefangen hatte in einen Berg, nicht weit von hier, zu schlagen. „Es wurde einfach zu gefährlich, obwohl ich es gut ausgeleuchtet und ein Bett dort aufgestellt hatte. Am schlimmsten war es, als eine Hexe gespawnt ist und mich vergiftet hat! Seitdem trage ich [style type=“italic“]immer[/style] einen Eimer Milch mit mir herum. Aber in die Mine bin ich nicht mehr gegangen.“ Nachdem Felix schreiend vor einem läppischen Zombie geflohen war, konnte er BoneDragons Angst gut nachvollziehen, aber … „Eisen, Kohle … Lapislazuli zum Zaubern! Das könnten wir alles gut gebrauchen!“ BoneDragon sah Felix schräg an. „Lapislazuli? Siehst du hier irgendwo einen Zaubertisch?!“ Felix kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Äh … Nein, aber es kann doch nicht so schwer sein, einen zu machen …“ „Ich glaube, du hast nicht den blassesten, was man dazu braucht, oder?!“, hakte BoneDragon genervt nach. „Ähm … Ein Buch?“, sagte Felix und grinste dämlich. „Obsidian, du Ochse! Und um Obsidian abzubauen, braucht man eine Diamantspitzhacke! Ich hab nicht mal Kohle! Manchmal regst du mich echt auf, Wither!“, knurrte BoneDragon und lief zu eine seiner Truhen. Plötzlich verschwand die Lederrüstung und wurde durch eine Metallpanzerung ersetzt. „Woah, kriege ich auch eine?“, fragte Felix begeistert. Eisen war ein so viel besserer Schutz als Leder! Felix würde sich sofort ein ganzes Stück sicherer fühlen, wenn er solch eine Rüstung bekommen könnte. BoneDragon nickte. „Ich hab nur eine, aber ich gebe sie dir, du hast am wenigsten Erfahrung. Wenn dich ein Monster zu fassen bekommt, richtet das wenigstens weniger Schaden an. Denk an deinen Eimer Milch! Da unten ist wahrscheinlich keine vom Spiel generierte Mine, aber das letzte was wir brauchen können, ist draufzugehen, weil uns eine Höhlenspinne gebissen hat.“ „Höhlenspinne?“, fragte Felix neugierig nach, während er BoneDragons Eisenrüstung entgegennahm und anlegte. „Ja, sie sind kleiner als normale Spinnen und dunkelblau grünlich gefärbt, aber echt gefährlich! Ihre Bisse sind nämlich giftig. Sie sind aber vergleichsweise selten, weil sie eben nur in Minen spawnen und da, wo ich bis jetzt gebuddelt habe, hab ich keine gesehen. Aber wie gesagt, Hexen spawnen überall, wo es dunkel ist.“ Felix sah auf seine Uhr und stellte sofort fest, dass sich schon sehr viele Rüstungshemden gefüllt hatten, die ihm verrieten, wie gut sein Schutz war. Nur noch wenige Hemden waren frei, wahrscheinlich füllten die sich nur, wenn man eine Rüstung aus Diamant trug. BoneDragon hatte sich seine Lederrüstung wieder übergezogen, gemeinsam füllten sie ihr Inventar und bereiteten sich darauf vor, unter Tage zu gehen. Sie nahmen beide viel Holz mit, um Spitzhacken und Schaufeln herstellen zu können („Bruchstein haben wir ja dann eh in Hülle und Fülle“), einige Nahrungsmittel („Hast du deinen Eimer Milch?!“) und eine Menge Holzkohle, um Fackeln herstellen zu können. Als sie sich gut vorbereitet fühlten und der Mittag angebrochen war, machten BoneDragon und Felix sich auf den Weg. Sie stiegen den Berg hinunter und begaben sich zum anderen Biom, das aus sehr hohen Bergen, Fichten, Schnee und blökenden Lamas bestand. Felix fand die Lamas total putzig, am meisten das jene, das zwei Babylamas mit sich führte, die ihn immer wieder neugierig ansahen. Das eine war braun, das andere beige. Felix taufte sie Coco und Milky. Ja, das war irgendwie albern, aber es heiterte Felix auf. „Du wirst lachen“, erzählte BoneDragon und schmunzelte bereits, „aber ich hab da unten tatsächlich Felder angelegt, in meiner eigenen Mine, meine ich. Für den Notfall.“ Felix prustete. „Was?! Und das geht? Pflanzen brauchen doch Licht zum Wachsen!“ „Ja, aber in Minecraft ist das mit dem Licht so eine Sache. Sie brauchen nämlich nur Licht, das heißt, eine künstliche Lichtquelle reicht aus, damit die Pflanzen wachsen können. Was denkst du denn, warum es in manchen Höhlen sogar Bäume gibt? Sie werden dort natürlich nicht vom Spiel generiert, aber manche Spieler finden es lustig, dort Bäume zu pflanzen.“ „Echt cool“, staunte Felix und dachte darüber nach, wie abgefahren das aussehen würde, eine riesige Höhle zu haben und dort drinnen einen Wald. Vielleicht einen Dschungel? Ein Dschungel in einer Höhle, mit einem ellenlangen Wasserfall! Felix erinnerte sich, warum er Minecraft überhaupt angefangen hatte zu spielen. Weil er all diese lustigen Ideen ausprobieren wollte und ständig etwas Neues entdeckte, ein unendlicher Pool an Kreativität. Und jetzt saß er hier fest, fand den Gedanken immer noch cool, hatte aber keine Lust, beim Bauen abzustürzen und das Zeitliche zu segnen. „Wir sind da.“ BoneDragon war vor einem sehr, sehr hohen Berg stehen geblieben, in dessen große, massive Flanke eine vier Block hohe Höhle geschlagen worden war. Schon am Eingang hingen Fackeln an den Wänden. Felix schluckte schwer. Es war seine Idee gewesen, sein Plan nach Rohstoffen in einer Mine zu buddeln, trotzdem hatte er schon wieder die Hosen voll. BoneDragon musterte ihn von er Seite. „Hau mir ja nicht wieder ab, klar?!“ „Nein, nein. Versprochen, wir ziehen das durch“, sagte Felix entschlossen und packte sein Steinschwert fester. Gemeinsam traten sie ein. Kapitel 5: Ghost, Nightmare und Cloud ------------------------------------- „Mein Name ist Greg!“ „Aaaaaah!“ „Und ich möchte nur mit dir reden!“ „Aaaaaah!“ „Das ist keine sehr tiefgehende Unterhaltung!“, beschwerte sich Greg, während er erschrocken vor seinem neuen „Freund“ floh. Der Spieler tat das was ein Spieler eben so tut. Monster angreifen. Warum man dabei so ein infernalisches Geschrei veranstalten musste, das war Greg auch nicht so ganz klar. „Eine Hexe, eine Hexe!“, plärrte der Spieler, fuchtelte mit seinem Holzschwert herum und lief Greg nach, der sich durch die Fichten schlug. „Hexer! Mit R hinten! Eigentlich bin ich sowieso viel eher ein Hexenmeister …”, sinnierte Greg und versteckte sich hinter einer Fichte. Das bekannte Geräusch, wenn Blöcke abgebaut werden, drang an sein Ohr. „Äh, jetzt warte doch mal … Ich will dir nichts tun, verstehst du das?“ Nach kurzer Zeit ebbte das Geräusch des Abbauens ab. „Was soll'n das heißen, du willst mir nix tun?! Du bist doch ne Hexe, ein Monster!“ „Hexer!“ „Du musst mir was tun, dazu bist du programmiert!“ Greg dachte eine Weile darüber nach. Irgendwie hatte der Spieler recht, und tief in sich drinnen, in seinem Bit-Herzen spürte Greg den uralten Drang, den Spieler mit einem Trank der Vergiftung das Leben zu versauen, aber sein Bit-Hirn, das war einfach stärker – Greg hatte schließlich einen Plan! „Weißt du, ich bin anders als die anderen Monster. Ich habe einen Plan. Ich möchte ein Dorf bauen. Für Monster, die so sind wie ich und Spieler, die mir dabei helfen wollen. Ich meine, du sitzt da in dieser Erdhütte im Wald fest, pflanzt Kürbisse an und hast Angst, auf den nächstgelegenen Hügel zu gehen. Das ist doch kein Leben!“ Auf der anderen Seite der Fichte herrschte Schweigen. Greg nahm das als gutes Zeichen auf und fuhr fort: „Aber zusammen mit mir bist du viel stärker, ich kann dir helfen und du kannst mir helfen. Ich glaube, ich kann keine Blöcke ab- und aufbauen …“ Der Spieler kam langsam um den Baum herum, sein Skin war der eines Geistes. Er hatte lilafarbene Haare, zerrissene Kleidung und keine Hände sowie Beine. Über seinem Kopf konnte Greg den Namen Ghost lesen. Wie kreativ. „Wozu willst'e ein Monster-Dorf aufbauen?“, fragte Ghost misstrauisch und blieb auf Abstand, das Holzschwert noch immer in der Hand. Greg warf sich wieder in Pose. Endlich konnte er jemanden seine glorreiche Idee unterbreiten! „Ich, Greg der Hexenmeister –!“ „Ich dachte immer Hexen sin' weiblich.“ „Ruhe! Ich, Greg der Hexenmeister, bin das erste Monster das verstanden hat, dass wir in dieser Welt einen viel besseren Stand haben, wenn wir Dörfer bauen. Und später Städte. Und dann werde ich diese Welt erobern und sie nach meinen Wünschen gestalten!“ „Aber Minecraft ist ne unendlich große Welt …“ Greg sah Ghost genervt an. „Du kannst einen nicht ausreden lassen, oder?!“ „‘Tschuldige …“ „Also“, Greg räusperte sich und streckte wieder die Arme aus, „Ghost, willst du Teil meines Vorhabens sein?“ Ghost schwieg ein Weilchen, währenddessen ging die Sonne auf und die ersten Lichtstrahlen bahnten sich ihren Weg in die dunklen Täler des Taiga-Bioms. Ein Häschen hoppelte an den beiden vorbei. „Na gut, ich mach’s. Aber nur, weil ich überleben will und in diesem komischen Spiel feststecke, das sauschwer ist.“ Greg ließ seine Arme wieder sinken. „Du steckst fest?“ „Ja. Ich bin hier gelandet, voll alleine! Du bist der erste, mit dem ich seit ner gefühlten Ewigkeit rede. Ich bin bei mir zu Hause eingeschlafen und in diesem dunklen Wald aufgewacht. Ist’n Wunder, dass ich noch lebe, und das wohl nur, weil ich Minecraft bis zum Erbrechen gezockt hab.“ Greg sah Ghost neugierig an. „Gibt es noch mehr von dir? Ich meine, Spieler die in dem Spiel feststecken.“ Ghost bückte sich und richtete sich wieder auf, vermutlich sollte das ein Schulterzucken darstellen. „Wie schon gesagt, du bist der erste mit dem ich seit ner Ewigkeit quatsche, keinen Plan, ob es noch andere wie mich gibt.“ „Dann werden wir es herausfinden!“ Ghost hob die Hände. „Woha, immer cool bleiben, Hexenmeister. Im Gegensatz zu dir muss ich essen und brauch ne Rüstung, weil mich so ziemlich alles in dieser Welt umbringen will! So ohne alles geh ich mit dir nirgends hin.“ Greg sah Ghost beleidigt an. „Ich werd nicht mit dir deine Erdhütte ausbauen! Ich will was Impostanes, was zum … äh …“ „Angeben?“ „Genau!“ Ghost schüttelte seufzend den Kopf. „Oh Mann, oh Mann, irgendwie glaube ich, ich hätte dich erschlagen sollen, als ich die Möglichkeit dazu hatte …“ „Und ich dich vergiften. Vergiss aber nicht, dass du bei der höchsten Schwierigkeitsstufe bei Vergiftung draufgehst“, sagte Greg und grinste gehässig. Ghost schüttelte sich. „Ich brauch unbedingt ne Kuh!“ Greg schaute verdutzt drein. „Das hört man auch nicht alle Tage … Wie dem auch sei, was brauchst du, damit wir einen geeigneten Standort suchen können, Ghost?“ Das ließ Gregs neuer Gefährte sich nicht zweimal sagen. Er bräuchte unbedingt Leder oder Eisen, Eisen wäre noch besser. Sie bräuchten beide Pferde, um schnell vom Fleck zu kommen, aber ohne Sättel könne man die nicht steuern. Wo man Sättel herbekam? Als Schatz aus Verließen, Tempeln oder anderen Anwesen, die vom Spiel generiert wurden. Abgesehen davon hätte Ghost wohl gerne etwas Besseres als ein armseliges Holzschwert, um sich zu verteidigen. Greg hörte zu und merkte schnell, so schnell würde er mit Ghost nichts anfangen können. So lange der sich schutzlos fühlte, kämen sie wohl kaum von der Stelle. Am meisten machte ihm zu schaffen, dass man Sättel nicht einfach so bauen konnte, aber … Greg hatte wieder eine Idee – er war ja schließlich ein Genie! „Ghost, mein naiver Gefolgsmann –“ „Ich bin nich' naiv!“ „Ich war mal ein Dorfbewohner!“ Ghost sah Greg spöttisch an. „Und dann hat dich n Blitz getroffen, was? Tolles Upgrade.“ Greg hielt einen Trank der Vergiftung in der Hand. Ghost wich panisch zurück. „War nur n Witz, war nur n Witz! Komm wieder runter, erzähl weiter!“ Greg schnaubte genervt. Ghost konnte echt anstrengend sein! „Das Dorf ist nicht weit weg, wir könnten …“ „Ein Gerber! Der verkauft manchmal Sättel!“, rief Ghost begeistert und hopste auf und ab. Greg war erleichtert, sein neuer Gefährte hatte kapiert, worauf der großartige Hexenmeister hinauswollte. ~~~~ Schon die zweite Nacht in Folge! Greg hatte das Gefühl, sich seine Beine in den Bauch zu stehen, obwohl er weder müde noch hungrig noch sonst irgendwas werden konnte. Irgendwie befreiend. Manchmal vermisste er den Geschmack von Kartoffeln. Vor zwei Tagen war Ghost ins Dorf marschiert, aber Greg konnte ihm nicht folgen und musste am Dorfrand unter den Fichten ausharren. Anfangs hatte Greg sehnsüchtig das Dorf angestarrt und seine alten Freunde bei ihrem Tagwerk beobachtet. Es war nicht so, dass Greg das Dorfleben furchtbar vermisste, es war ja schrecklich öde gewesen, aber seine Freunde vermisste Greg irgendwie schon. Sogar die simplen Unterhaltungen über das Wetter. Ghost meinte noch, es könnte etwas dauern bis er zwei Sättel vom Gerber bekäme, Greg hatte keine Ahnung was „lange“ bedeutete. So langsam bekam er eine Idee davon. ~~~~ „Greg, Greg, ich hab’s geschafft, schau nur!“ Greg drehte sich um, er hatte gerade eine anregende Unterhaltung mit einem Kaninchen geführt, dass er in ein Erdloch gelockt hatte – dort kam es nun nicht mehr heraus. „Sag bloß, wie lange hat das nochmal gedauert?“, antwortete Greg und richtete sich auf. Das Kaninchen hopste traurig. Ghost warf einen Blick in das Loch. „Was macht das Viech da drinne?“ „Sein Name ist Vanilla und ich hab es versehentlich da drinnen gefangen. Es hat eine Vorliebe für blaue Wolle.“ Ghost starrte Greg eine Weile stumm an, dann schüttelte er den Kopf. „Okay, ich hinterfrag das jetzt mal nich' … Aber hier, schau! Sättel! Zwei Stück! Die dürfen wir auf keinen Fall verlieren!“ „Sehr schön, dann brauchen wir nur noch Pferde, oder? Hab hier noch nie welche gesehen, wo sind die Tierchen denn?“, wollte Greg wissen und sammelte einen Sattel auf, den Ghost vor ihm gedroppt hatte. Ghost drehte sich im Kreis und sah sich um. „Tja, am einfachsten wäre es, wenn wir auf ner Ebene suchen würden, da spawnen Pferde für gewöhnlich. Wir sollten uns ein Schnelles aussuchen.“ „Es gibt auch Langsame?“ „Arschlangsame, die laufen lahmer als du läufst. Also gut, ich besorg mir noch mal viel Proviant und dann gehen wir Pferde und Kühe suchen!“, meinte Ghost und eilte in Richtung Dorf zurück. Greg kratzte sich am Kopf. „Was du immer nur mit deinen Kühen hast … Kannst du dir da einen Reim drauf machen, Vanilla?“ Aber Vanilla hopste nur stumm auf und ab. ~~~~ Greg stand auf einer Ebene, atmete die frische Luft ein und ließ sich die Sonne aufs Gesicht scheinen. Er hatte noch nie zuvor eine Ebene gesehen und obwohl man nicht viel Fantasie brauchte, um sich auszumalen wie es dort wohl aussehen mochte, war Greg dennoch überwältigt gewesen. Noch nie in seinem Leben hatte er so weit blicken können! In seinem Taiga-Biom war Greg es gewohnt, dass entweder ein Hügel oder eine Fichte ihm die Sicht versperrte. Aber er musste zugeben, nach drei Tagen ließ der Höhenflug merklich nach und er hatte sich an der Ebene satt gesehen. Die Ebene zu finden, war sogar viel einfacher als gedacht. Nachdem sie auf einen hohen Hügel des Taiga-Bioms gelaufen waren, hatten Greg und Ghost sie bereits aus der Ferne ausmachen können – praktischerweise grenzte sie direkt an das Taiga-Biom an und sie mussten auch nicht allzu weit wandern. Gregs Gefolgsmann Ghost war nun schwer damit beschäftigt, sich reisefertig zu machen, und das beinhaltete das Züchten von Kühen in einem kleinen Gehege und ihre Schlachtung, um an Leder zu kommen. Zusätzlich betrieb Ghost etwas Minenbau, um an Stein heranzukommen, damit er Steinwaffen und Werkzeuge bauen konnte. Wenn Ghost keine dieser Tätigkeiten nachging, dann waren er und Greg damit beschäftigt, Pferde zu testen. Erst zu diesem Zeitpunkt hatte Ghost sich getraut, die Frage zu stellen, ob Greg überhaupt reiten konnte. Wenn es nicht vom Spiel vorgesehen war wie das Abbauen von Blöcken, funktionierte das überhaupt? Da blieb einem nur das Ausprobieren, und zu Gregs Erleichterung konnte er offenbar auf Pferde aufsteigen. Das Zähmen und Reiten dieser Tiere machte Greg mit Abstand am meisten Spaß. Beim ersten Mal war das ein richtiges Erlebnis gewesen, wie der Hexenmeister sich auf einen weißen Schimmel geschwungen hatte. Ein paar Mal wurde er abgeworfen, bis Herzen über dem Pferd erschienen und Greg es satteln konnte. Nur leider war sein Schimmel noch langsamer, als Gregs eigenes Lauftempo – und so begann das fröhliche Pferdezähmen. Ghost kam, nun ganz in Leder gekleidet und mit einem Steinschwert ausgerüstet, zu Greg hinübergelaufen. „Also, ich hab jetzt ziemlich viel Leder, ziemlich viel Stein, ne Truhe, ne Werkbank, ziemlich viel Holz und Wolle, Kohle, nen Ofen, aber leider noch keinen Eimer – der ist sauwichtig!“ Greg hätte sich am liebsten schreiend über das Gras gerollt. Er wollte endlich weg von dieser elenden Ebene und das tun, wozu er gemacht worden war! „Graah, wozu brauchst du einen blöden Eimer?!“ „Für die Milch!“ „Für was, zum Enderdrachen, brauchst du Milch?!“ „Um mich vor Vergiftungen schützen zu können!“ Greg rieb sich die Nasenwurzel. „Okay, okay. Was brauchst du für den Eimer?“ Ghost sah auf den Boden. „Eisen. Das is' eigentlich nich' so schwer zu bekommen. Ich hab nur etwas Angst vor dem Bergbau. Wenn ich in ein Verließ stolpere oder so was, dann könnte ich echt Schwierigkeiten kriegen.“ Greg ließ seinen Blick noch einmal über die Ebene schweifen. In der Ferne trabte sein endlahmer Schimmel herum. „Also gut, wir buddeln zusammen.“ Ghost schüttelte den Kopf. „Du kannst keine Blöcke abbauen.“ „Frustier mich nicht! Ich meinte damit, dass ich dir Rückendeckung gebe und du gräbst nach diesem blöden Eisen.“ Gesagt, getan. Ghost hatte ja bereits in einem niedrigen Hügel herumgegraben, dabei hatte er zumindest schon etwas Kohle gefunden, die er für seinen Steinofen bräuchte, Holz ginge allerdings auch. Greg sagte Ghost, dass ihm das alles am Zauberstab vorbeiginge. Ghost meinte, dass Greg doch gar keinen habe. Greg wiederum antwortete, dass er Ghost gleich seine Kohle sonst wohin stecken würde. „Ich hab Eisen gefunden!“, rief Ghost begeistert. An den Wänden ihrer provisorischen Höhle hingen Fackeln, damit keine Monster spawnten. Das flackernde Licht tauchte die Höhle in eine wohlige Wärme. Auf einer Seite stand ein weißes Bett, in dem Ghost die Nacht verschlief, Greg stand dann daneben und dachte darüber nach, wo er sein Dorf aufbauen könnte. Der Hexenmeister sah müde auf. „Na endlich, bau es ab und lass uns abhauen!“ „Sekunde …“ Zu dem Bett gesellte sich ein Ofen. Ghost tat die Kohle ins untere Fach und ins obere das Eisenerz. Während sie darauf warteten, dass Ghost das geschmolzene Eisen verarbeiten konnte, hatte Greg den schrecklichen Verdacht, dass sein „Freund“ nachdachte. „Greg, ich hab nachgedacht.“ Ich wusste es!, dachte der Hexenmeister verärgert. „Wenn ich noch mehr Eisen finden könnte, dann hät' ich ne Eisenrüstung. Die hält viel mehr aus als Leder. Damit würde ich mich sicherer fühlen, verstehst du?“ Greg legte seinen Kopf in den Nacken. „Du verstehst aber auch, dass ich mich gerade zu Tode langweil, oder?! Alles, was ich machen kann, ist herumstehen und Wache schieben! Du brauchst ja ewig!“ „Ich hab nur ein Leben! Du übrigens auch! Ich finde, du bist ganz schön schluderig damit. So ein Magier könnte dir ganz schön den Arsch versohlen, das ist dir noch gar nich' klar geworden, was?!“ „Niemand hat eine Chance gegen den Hexenmeister!“, sagte Greg und klopfte sich auf die Brust, während Ghost sich die Hand ins Gesicht schlug. „Egal, ich such jetzt Eisenerz!“ „Dann mach doch!“ ~~~~ Greg legte seine Arme um seinen schwarzen Rappen und streichelte dessen Mähne. „Ich werde dich Nightmare nennen.“ „Wie fantasielos.“ „Du hast dich selbst Ghost genannt, erzähl du mir nichts von Kreativität!“, blaffte Greg seinen Gefährten an und schwang sich auf sein Pferd. Es war endlich so weit; endlich, endlich konnte Greg mit Ghost nach einem geeigneten Platz für sein Dorf suchen! Ghost saß auf seinem weißen Schimmel (Greg fand es toll, dass ihre Pferde gegensätzliche Farben hatten) und gemeinsam ritten sie los. Die Pferde, die sie sich nach einigen Fehlschlägen aneignen konnten, waren unglaublich schnell und hatten eine ebenso unglaublich schlechte Sprungkraft, aber man konnte nicht alles haben. Im Galopp verließen sie die Ebene und ritten an der Sandküste entlang. Die Sonne ging unter, die letzten Sonnenstrahlen krochen über den Himmel und die Wolken glühten orange. Eine Schildkröte kroch träger über den Sand; Greg galoppierte an ihr vorbei und genoss den frischen Wind, der um ihn flatterte bis er merkte, dass Ghost nicht mehr an seiner Seite war. Greg bremste Nightmare ab und blickte zurück. Sein Gefährte war vom Pferd abgestiegen und lief um die Schildkröte herum. Greg stöhnte genervt auf und ritt zurück. „Was machst du denn da?! Hör auf, rumzutrödeln!“ Ghost sah zu ihm auf. „Es gibt Schildkröten?!“ Der Hexenmeister stieg von seinem Rappen ab. „Ja, na und? Was ist daran so toll?“ „Ich weiß nich', ich weiß es eben nicht'und das isses ja! Wenn es Schildkröten gibt, dann müssen die für was gut sein, Greg! Klar werden auch mal nutzlose Sachen geadded, wie zum Beispiel Fledermäuse, die droppen nich' mal was! Aber ich glaube, die Schildkröten haben nen Nutzen!“, erklärte Ghost aufgeregt und lief weiter um das lahme Tier herum, das seine Umgebung wohl kaum wahrnahm. „Ghost, lass uns endlich weitergehen. Du kannst Schildkröten studieren, wenn wir einen Standort für mein Dorf haben, okay?“, schlug Greg vor und deutete auf die Pferde. Er wollte weiter, außerdem geriet Ghost bei Nacht immer so in Panik. Sein Gefährte stieg wieder auf den Schimmel auf (er hieß Cloud, auch sehr kreativ) und trabte los. Die Nacht war hereingebrochen und die beiden Abenteurer hatten ausgemacht, die Nacht durchzureiten, schon allein wegen der ganzen Monster denen man so besser ausweichen konnte. Sie folgten weiter der Küstenlinie, nach einer Weile konnten sie in der Ferne sehen, dass die Ebene in ein Tundra-Biom überging. „Du, Greg …“, sagte Ghost, während er neben dem Hexenmeister her ritt und das neue Biom in Augenschein nahm. „Sag jetzt bitte nicht, dass du dir dieses Biom anschauen willst …“, stöhnte Greg auf. „Doch, aber ich erklär dir auch sofort wieso. In Tundra-Biomen werden manchmal Iglus generiert. In denen befinden sich ab und zu Labore.“ „Wir sind keine Wissenschaftler“, antwortete er abfällig. „Nein, aber es würde sich lohnen, so ein Iglu zu finden. Da gibt's Gegenstände, die uns in unser'm Dorf nützen würden“, hielt Ghost dagegen und ging vom Galopp ins Traben über, als sie vom Sandstrand auf die verschneite Ebene wechselten. Greg spürte, wie die einst warme Temperatur kälter wurde, sofort fühlte er sich an sein altes Zuhause erinnert. Die verschneite Tundra war wie die Ebene, eine weite Fläche, bedeckt mit Schnee, hier und dort ragte dunkles Gras heraus. In der Ferne hoppelten Kaninchen umher – Greg musste an Vanilla denken. „Ich sag dir was, Ghost. Wir reiten ja eh durch die Tundra durch, ich denke nicht, dass das ein geeigneter Standort für mein neues Reich ist. Ich möchte was Warmes haben.“ „Eigentlich wär' die Ebene gar nich' so schlecht dafür gewesen, wieso wolltest du die denn nich'?“, fragte Ghost neugierig nach. Greg seufzte. „Ich weiß auch nicht, ich hab einfach den Wunsch, mir andere Biome anzusehen und irgendwann dieses Gefühl zu haben: „Das ist es, das ist das Biom, wo ich mein Dorf bauen werde!“ Ghost nickte. „Das kann ich verstehen, zumindest ging es mir so, als ich Minecraft noch gespielt habe.“ „Das machst du doch jetzt auch, oder etwa nicht?“ „Nein, Greg. Ich spiel Minecraft nich' mehr. Ich überlebe es.“ ~~~~ Um Greg und Ghost war nichts als Schnee, Schnee, Kaninchen, ein Eisbär mit einem Jungen und noch mehr Schnee. Die Nacht lag wie eine dunkelblaue Decke über ihnen und es war unangenehm frostig. Greg fand das wahnsinnig öde. Absolut nicht das Biom, welches er für sein Dorf nutzen wollte. „Also, ich kann kein Iglu sehen“, stellte der Hexenmeister frustriert fest und ritt in Gedanken aus dieser Einöde heraus, in ein wunderschönes Biom mit gemäßigten Temperaturen. Ghost nickte. „Reiten wir weiter.“ „Wer ist das?“, Greg deutete nach vorn, dort lief Etwas oder Jemand über die Ebene. „Ein Spieler?“ Ghost schaute ebenfalls dort hin, die Hand auf Cloud gelegt. „Nein … Nein, ich glaube nich' … Oh!“ „Oh, was?“ „Oh, ein Eiswanderer!“ „Ist das gut?“, wollte Greg wissen und bewegte sich in die Richtung des mysteriösen Neuankömmlings. Ghost schüttelte energisch den Kopf. „Nein, Mann! Eiswanderer sin' Monster! Und sie verschießen Pfeile der Langsamkeit! Das ist gar nich' gut, machen wir, dass wir hier wegkommen! Greg! Wo willst du denn hin?!“, schrie Ghost, als der Hexenmeister einfach auf den Eiswanderer zulief. „Ich will nur kurz mit ihm reden!“ „Du bist aber kein guter Diplomat!“, brüllte Ghost ihm nach. Greg winkte ab. „Ich hab ein Händchen dafür, wirst schon sehen!“ Der Schnee knirschte leise unter seinen Schritten, Stück für Stück näherte er sich dem Eiswanderer, der aussah wie ein gräulicher Zombie, gekleidet in Lumpen, bewaffnet mit einem verzauberten Holzbogen. Ziellos lief das Monster des nachts über die Ebene, mal hier hin, mal dorthin. Greg hoffte inständig, dass dieses Wesen auch etwas Verstand hatte. „Sei gegrüßt, Wanderer!“ „Ach nö, eine Hexe“, grummelte der Eiswanderer mit tiefer Stimme und sah Greg ausdruckslos an. „Hexer. Mit R hinten. Und eigentlich bin ich ein Hexenmeister … Hey, du verstehst mich!“ Begeistert hopste Greg auf und ab. Endlich ein anderes Monster, das nicht eine Ausgeburt der Hirnlosigkeit war! „Ghost, er versteht uns!“ Ghost winkte Greg, rührte sich allerdings nicht vom Fleck und hütete lieber die Pferde. „Wanderer, ich muss dir unbedingt von meinem Plan erzählen!“ Der Eiswanderer schüttelte den Kopf. „Lass gut sein, du willst bestimmt die Welt erobern.“ Greg stockte. „Äh, ja, nein … Nicht ganz. Als erstes will ich ein Dorf bauen … Woher weißt du das?“ „Hm“, summte der Wanderer zustimmend, „da bist du aber nicht der Erste.“ Greg sah das Monster verdutzt an. „Was soll das heißen?“ Der Horizont hinter den beiden färbte sich allmählich rot, die Sonne war dabei aufzugehen. „Es ist so weit, bald hat es ein Ende …“, murmelte der Eiswanderer, den Blick auf den Himmel gerichtet. Greg runzelte die Stirn, was laberte der Eiswanderer da nur für ein Blech?! „Äh, okay … Hilf mir auf die Sprünge, was soll das heißen ich bin nicht der Erste. Gibt es noch mehr Monster die so sind wie ich?!“ Dieser Gedanke munterte den Hexenmeister ungemein auf; das würde ja bedeuten, dass sein Plan viel schneller und besser Gestalt annehmen konnte, als ursprünglich gedacht! „Ja. Es gibt einige die so sind wie wir. Aber du bist nur ein kleiner Fisch, Hexe.“ „Hexenmeister“, murmelte Greg zerknirscht. „Hm, wie dem auch sei …“ Der Eiswanderer starrte noch immer den Horizont an. „Nach diesem Biom hier folgt ein großes Wüsten-Biom. Dort müsst ihr mit dem Wüsten-Zombie sprechen, Grey. Er bringt euch zum Großmagier, er führt sie alle an, die Monster mit Verstand. Zu dem musst du.“ Ghost hatte sich schließlich doch getraut, dem Eiswanderer näherzukommen, doch der schien auch gar kein Interesse daran zu haben, Ghost anzugreifen. „Was sagt er denn?“, will Gregs Gefährte vorsichtig wissen und blieb mit den Pferden einige Blöcke entfernt stehen. Greg erzählte ihm von dem Wüsten-Zombie und dem Großmagier, dass es Monster wie ihn gäbe. „Die müssen wir finde, Ghost! Mit denen müssen wir reden, die können mir helfen, mein Dorf zu bauen!“ Die Sonne war kurz davor aufzugehen, der Eiswanderer sah wie gebannt zu. „Ich habe noch nie die Sonne gesehen, weißt du … Der Großmagier wird nicht dir helfen dein Dorf zu bauen, du wirst ihm helfen seines zu bauen. Niemand widersetzt sich dem Großmagier Zabini … Glück gehabt, Hexe. Ich habe das Ende meiner Reise erreicht …“ Greg öffnete den Mund, da er noch Fragen hatte, als der Eiswanderer plötzlich in Flammen vor ihm stand. Er brannte einfach, lichterloh, wie eine Fackel. Die Sonne war aufgegangen und offenbar vertrugen Eiswanderer diese genauso wenig wie Zombies. Entsetzt wich Greg zurück, auch Ghost hatte sich vorsichtshalber aus dem Staub gemacht. Geschockt sahen die beiden zu, wie der Eiswanderer brannte, einfach blieb wo er war und brannte, bis er umkippte und sich in Rauch auflöste. Nichts mehr. Es war nichts mehr von ihm übrig – so als wäre er nie da gewesen. „Was zum Henker war'n das?!“, wollte Ghost wissen und lief erschrocken hin und her. Greg schüttelte verwirrt den Kopf. „Keine Ahnung. Aber wir wissen zumindest, was wir als nächstes tun werden, Ghost.“ „Ins Wüsten-Biom gehen?“ „Genau.“ „Aber davor suchen wir nach nem Iglu.“ „Du und dein scheiß Iglu!“ „Voll nicht!“ Und während Greg und Ghost sich stritten, ritten sie weiter durch das Tundra-Biom, dem Sonnenaufgang entgegen, auf der Suche nach dem Wüsten-Biom (und dem Iglu). Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)