Finding You Among the Stars von Morwen (Steve & Tony) ================================================================================ Finding You Among the Stars --------------------------- Es war der Vormittag des vierten Tages nach der Schlacht, als sie das Signal erreichte. Sie hatten sich gerade im Thronsaal eingefunden, um die Pläne für die nächsten Wochen zu besprechen, als Okoye überrascht auf die Kimoyo-Perlen an ihrem Handgelenk herabsah, die urplötzlich zum Leben erwacht waren. „Was zum...!“ Im nächsten Moment flackerte über ihrer geöffneten Handfläche eine dreidimensionale Karte auf, die den halben Raum mit Galaxien füllte. Steves Augen weiteten sich, dann erhob er sich von seinem Sitz und trat in die Mitte des Hologramms, während die Sterne um ihn herumwirbelten. Einer von ihnen blinkte in einem roten Licht. „Was ist das für eine Karte?“, fragte er leise. Okoye und Shuri – nach dem Verlust ihres Bruders nun Königin Shuri – sahen sich an. Dann schüttelte die junge Herrscherin den Kopf. „Es ist nicht möglich, die Kimoyo-Perlen zu hacken“, erklärte sie. „Wer auch immer es geschafft hat, uns diese Karte zu schicken, muss über Technologien verfügen, die es selbst in Wakanda nicht gibt.“ Das wiederum ließ Rocket hellhörig werden und seine Ohren richteten sich zum ersten Mal seit Tagen wieder hoffnungsvoll auf. „Ich kenne ein paar Leute, die die nötigen Mittel hätten...“, begann er. Thor warf ihm einen Blick zu. „Quill?“ „Möglich.“ Rocket grinste. „Quill ist intelligenter, als er aussieht.“ „Entschuldigt bitte, aber wer ist Quill?“, mischte Steve sich ein. Weder Thor noch Rocket hatten ihn bisher erwähnt. Thor zögerte. „Sein Fr-“, begann er, wurde jedoch sofort von Rocket unterbrochen. „Mein Geschäftspartner.“ Steves Blick sprang zwischen den beiden hin und her, aber er war mittlerweile gut genug mit der Art ihres neuen Verbündeten vertraut, dass er es für klüger hielt, nicht weiter nachzufragen. Wer auch immer dieser Quill war, Rocket schien eine schwierige Beziehung zu ihm zu haben. Stattdessen wandte Steve sich wieder der Karte zu, die zwischen ihnen schwebte. „Okay“, sagte er. „Offenbar will uns also jemand mitteilen, dass sich an diesem Punkt...“ Er streckte die Hand aus und berührte den rotblinkenden Stern. „... etwas befindet, was für uns von Interesse sein könnte.“ Er sah in die Runde. „Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber wir sollten nachsehen.“ Natasha hob eine Augenbraue. „Mal von dem ganz offensichtlichen Problem abgesehen...“, begann sie. „Wie um alles in der Welt sollen wir nachsehen? Wir haben keine Raumschiffe, die ganze Lichtjahre zurücklegen können, so weit ist selbst die wakandische Technologie noch nicht“, warf Okoye ein. „... genau das meinte ich“, fuhr Natasha fort und nickte der Kriegerin dankbar zu. „Davon also mal ganz abgesehen – was ist, wenn es eine Falle ist?“ Steve drehte sich zu ihr herum und für einen Moment sahen sie sich an. Natasha war die erste, die den Blick schließlich wieder abwandte. Steve war nicht überrascht. Auch er konnte den hohlen Ausdruck in seinen Augen kaum ertragen, der ihm begegnete, wann immer er in den Spiegel sah. „Warum sollte es eine Falle sein?“, fragte er ruhig. „Was können wir denn überhaupt noch verlieren...?“ Niemand gab ihm eine Antwort. Jeder von ihnen wusste nur zu gut, wovon er sprach. Schließlich war es Bruce, der die Stille durchbrach. „Könnte Thor nicht nachsehen? Sein Volk hat das intergalaktische Reisen praktisch erfunden.“ Er warf dem Gott einen fragenden Blick zu. „Wäre das möglich?“ Thor nickte und legte seine Hand auf den Griff seiner Waffe. „Mit Sturmbrecher kann ich die Energie des Bifröst bändigen und nutzen, wie ich es wünsche. Eine Distanz wie diese zurückzulegen sollte kein Problem sein.“ Er erhob sich, einen entschlossenen Ausdruck auf dem Gesicht. „Gebt mir einen Tag.“ „Thor, warte.“ Steve trat zu ihm und legte eine Hand auf seine Brust. „Sei vorsichtig“, sagte er mit ernster Miene. „Wir wissen nicht, was dich erwartet.“ Thor schenkte ihm ein schwaches, aber warmes Lächeln. „Keine Sorge, Captain, ihr werdet mich nicht auch noch verlieren.“ Und mit diesen Worten warf er einen letzten Blick in die Runde und nickte ihnen zu, bevor er den Saal verließ. „Wird er es schaffen?“, fragte Shuri, nachdem sich die Tür hinter Thor geschlossen hatte, und sah zu Steve hinüber. Er senkte den Blick. „Wir können es nur hoffen.“   Sie hatten dunkle Tage hinter sich. Nicht nur Wakanda hatte es schwer getroffen, auch der Rest der Welt litt unter dem plötzlichen Verschwinden von Milliarden von Menschen. Vielerorts war Chaos ausgebrochen, Bürgerkriege verwüsteten die Länder und die Hälfte aller Nationen stand plötzlich ohne Staatsoberhaupt da. Die Avengers waren Tag und Nacht damit beschäftigt, die schlimmsten Unruhen in den Griff zu bekommen, doch es war ein schier unmögliches Unterfangen. Kaum war ein Konflikt geklärt, traten drei neue auf, und die Arbeit begann von vorn. Und doch machten sie alle weiter, ohne innezuhalten und sich nach dem Sinn zu fragen. Denn sie alle spürten diese furchtbare Leere in ihrem Inneren, die einst ihre Freunde gefüllt hatten, und die Arbeit hielt sie davon ab, sich genauer damit auseinanderzusetzen. Doch selbst Steve, dessen übermenschlicher Körper mehr aushielt, als die meisten anderen, befand sich nach drei Tagen ohne Schlaf am Ende seiner Kräfte. Nachdem Natasha ein paar ernste Worte mit ihm gewechselt hatte, kapitulierte er schließlich und legte sich zur Ruhe. Sobald er die Augen geschlossen hatte, wurde er jedoch auf schmerzhafte Weise daran erinnert, wieso er den Schlaf so lange hinausgezögert hatte, musste er doch wieder und wieder mit ansehen, wie Bucky und seine Freunde in seinen Träumen zu Staub zerfielen, ohne dass er etwas dagegen tun konnte. Aber die schlimmsten Momente in seinen Träumen waren die, in denen er Tony sah: mal gebrochen oder am Rande des Wahnsinns, mal von Thanos und seinen Anhängern auf grausige Weise hingerichtet... und immer, immer vollkommen allein. Steve vermisste ihn. Er vermisste Tony, der sich laut Bruce Thanos mutig entgegengestellt hatte, der den Angreifern gefolgt war, nur um sie alle vor dem Titanen zu beschützen, und der zweifellos sein Leben dabei verloren hatte. Tony, der so scharfsinnig und schlagfertig und verletzlich gewesen war, der ihn gleichzeitig zum Lachen gebracht und ihm das Herz gebrochen hatte, der der erstaunlichste, intelligenteste, frustrierendste und warmherzigste Mensch gewesen war, den Steve je kennengelernt hatte. Tony, der ihn mit seiner zynischen Art manchmal mehr gereizt hatte, als jeder andere es vermochte, und den er zugleich mehr bewundert hatte, als er mit Worten ausdrücken konnte. Dem er nie hatte Lebewohl sagen können, und dessen letzte Worte an ihn immer die bitteren Dinge sein würden, die sie sich damals in Sibirien an den Kopf geworfen hatten. - Tony, dem er bis zum Schluss nie gesagt hatte, was er für ihn empfand. Steve hasste diese Träume und sehnte sie gleichzeitig herbei, selbst wenn sie ihn jede Nacht mit nassen Augen und einem schrecklichen Schmerz in der Brust erwachen ließen. Denn was war ihm außer seinen Erinnerungen noch geblieben...?   Thor war einen Tag später nicht wieder zurück. Er war auch nicht nach zwei Tagen zurück, oder nach drei. Nach einer Woche begannen sie sich langsam ernsthafte Sorgen zu machen. Nach zwei Wochen konnten sie Rocket schließlich nicht mehr länger davon abhalten, zusammen mit Bruce eines der hochmodernen Flugzeuge Wakandas zu einem Raumschiff umzubauen. „Ich werde den Idioten zurückholen, und wenn es das letzte ist, was ich tue“, brummte Rocket, eine Schweißerbrille auf der Nase, während er und Steve zusätzliche Vibraniumplatten zum Schutz der Außenhülle anbrachten. „Groot hat nicht seinen Arm für die verdammte Axt geopfert, nur damit Thor sich bei der nächstbesten Gelegenheit umbringt.“ Steve gab keine Antwort, doch er konnte ein schwaches Lächeln nicht verbergen. Je mehr Zeit er mit Rocket verbrachte, desto mehr lernte er seine ruppige Art, sein sorgfältig verborgenes Mitgefühl und seine Brillanz zu schätzen. Ein wenig erinnerte er ihn an Tony. Aber das war ein Gedanke, den er nicht weiter zu verfolgen wagte, aus Sorge, dass die Trauer ihn erneut übermannen und lähmen würde. Tony war ebenso wie Bucky fort und würde nicht zurückkommen. Das war ein Fakt, den er akzeptieren musste, so schwer es auch war. Ein heller Lichtblitz auf der verwüsteten Ebene vor der Stadt ließ sowohl Steve als auch Rocket auf einmal von der Arbeit aufblicken. Sie brauchten beide etwa gleich lang, um zu begreifen, was sie soeben gesehen hatten. „An Bord“, sagte Rocket und warf die Schweißerbrille achtlos fort. „Jetzt.“ „Mit Vergnügen“, entgegnete Steve und folgte ihm die Rampe hinauf ins Innere des Flugzeugs. Keine fünf Minuten später landeten sie neben der Stelle, an der der Bifröst Thor wieder ausgespuckt hatte. Und nicht nur ihn. Steve war die kahlköpfige, junge Frau mit den tiefschwarzen Augen und der dunklen, blauen Haut nicht bekannt, auch wenn Rockets finsterer Gesichtsausdruck ihm bereits mehr über sie sagte, als er wissen wollte. Als er jedoch die zweite Gestalt sah, die Thor mitgebracht hatte, weiteten sich seine Augen und er hatte das Gefühl, sein Herz würde für einen Moment stehenbleiben. Sein Mund öffnete sich und schloss sich dann wieder, ohne dass er einen Laut hervorbrachte. Seine Reaktion schien selbst Rocket Sorgen zu machen, denn während sich die Rampe ihres Flugzeugs öffnete, spürte er, wie er vorsichtig mit einer Pfote seine Wange berührte. „Hey“, sagte Rocket leise. „Ist alles okay...?“ Steve sah ihn jedoch nicht an, sondern stand auf und ging wie in Trance die Rampe hinunter. Thor erwartete ihn mit grimmigem Lächeln, während die junge Frau nur mit kühler Miene die Arme vor der Brust verschränkte. Steve ignoriert sie beide komplett. Stattdessen trat er auf Tony zu, der zwischen den beiden seltsam klein und verloren wirkte. Er war bleich und seine Schultern hingen herab, als würde er allein die Last der Welt tragen. Sein Blick war beunruhigend leer und Steve befürchtete schon das schlimmste – bis Tony auf einmal den Kopf hob... ... und ihn erkannte. Seine braunen Augen weiteten sich. „Steve...?“ Tonys Stimme war tonlos und so rau, als hätte er sie seit Ewigkeiten nicht mehr benutzt. Steve spürte, wie ihm die Tränen in die Augen stiegen. Eilig wischte er sie mit dem Handrücken fort. „Tony“, entgegnete er lächelnd. Der andere Mann blinzelte. „Tut mir leid, dass ich nicht angerufen habe“, sagte er dann. „Ich wollte dich anrufen.“ „Ich weiß“, sagte Steve. Er zweifelte keinen Moment lang daran. „Es ist alles meine Schuld“, fuhr Tony fort. „Meine verdammte Selbstgerechtigkeit hat uns schwach gemacht...“ „Tony, hör auf“, sagte Steve ruhig, doch der andere fuhr erbarmungslos fort. „Ich war der Grund, wieso wir alle zerstreut waren und Thanos nicht gemeinsam bekämpft haben. Ich allein trage die Schuld am Tod von Pet-... am Tod aller, die gestorben sind.“ „Tony...“ „Versuche nicht, mich vom Gegenteil zu überzeugen, Rogers. Du weißt, dass ich Recht habe.“ „Tony.“ „...“ Steve hielt es nicht länger aus. Er machte einen Schritt auf den anderen Mann zu und zog ihn in seine Arme. Tony war für einen Moment steif wie ein Brett, doch dann fiel endlich die Spannung von ihm ab und er lehnte den Kopf an Steves Schulter und schloss die Augen. „Dich trifft nicht mehr Schuld als mich“, murmelte Steve an seinem Ohr. „Meine Sturheit hat dich erst zu den Maßnahmen gezwungen, die du ergriffen hast.“ „Du verstehst nicht“, hörte er Tony flüstern. „Sie sind alle tot.“ „Dann hilf mir dafür zu sorgen, dass sie die letzten waren, die sterben mussten“, erwiderte Steve. „Lass ihr Opfer nicht umsonst sein.“ Tony gab lange keine Antwort. Doch dann spürte Steve, wie er kurz nickte, und eine Wärme breitete sich in ihm aus, die er schon lange nicht mehr gefühlt hatte. Tony mochte im Moment die Hoffnung verloren haben, doch Steve hatte sie nun endlich wiedergefunden. Und plötzlich wusste er, dass sie gewinnen würden. Vielleicht nicht heute oder morgen oder in zehn Jahren... Doch eines Tages würden sie Thanos besiegen. Und so wie damals würden sie es gemeinsam tun. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)