Inkferno von Sas-_- (Vom Klecksen und Klotzen) ================================================================================ Kapitel 13: Kapitel 13 – Benji ------------------------------ ~~~   "When going through here, play it cool!" Or get a clue and don't go through! I won't bend on this! Them's the rules!   ~ Kamabo-Souvenir-Gedicht „Ballercise Station“ ~   ~~~   »Wo lang jetzt?!«, schrie Tarja unterm Rennen. Der Ausgang war blockiert. Wenigstens waren die Oktorekruten lahme Krücken und kaum eine nennenswerte Bedrohung. Blubbernd fuhren sie hinter ihr her, wie ein paar rebellische Senioren auf ihren Rollatoren. Nr. 1 fluchte kräftig. „Verdammter Mist! Gut, weiter den Gang entlang! Immer weiter! Ganz hinten ist ein Raum mit Fenster!” Tarja gehorchte und rannte, was ihre dünnen Beine hergaben. Wenn sie Pech hatte, war der Oktoling ein besserer Läufer als sie. Wenn sie Pech hatte, erschoss er sie, bevor sie es zu dem Raum schaffte. Der Raum, von dem Nr. 1 gesprochen hatte, kam immer näher. Tarja hatte das Gefühl, als würden ihre Lungen gleich den Geist aufgeben. Sie hechtete zur Tür, riss sie auf, verschwand in den dunklen Raum und schmiss die Tür wieder zu. Ihre Augen scannten eilig den Ort, das Fenster sprang ihr direkt ins Auge. Es war ein sehr altes Schiebefenstern, die Sorte, die Tarja nicht leiden konnte, weil die Dinger ihr immer auf die Finger knallten. Der Raum war fast leer, nur ein zertrümmerter Tisch lag an einer Wand und kollabierte Regale standen verteilt herum. Tarja lief zum Fenster und versuchte es aufzuschieben. »Das Arschloch klemmt!«, fluchte sie und drückte so fest sie konnte. Die Tür hinter ihr ging auf. Nr. 1 und 2 schrien durcheinander, als Tarja, die Hände noch immer am Fenster, über ihre Schulter schaute. Wie nicht anders zu erwarten stand der Oktoling vor ihr, die Waffe am Gürtel. »Das Fenster ist seit Jahrzehnten nicht geöffnet worden. Ich glaub nicht, dass du das aufkriegst«, meinte er kritisch. Tarja stand wie zu Eis erstarrt da. Dieser Tod ist wenigstens cool!, dachte sie und ließ langsam die Hände sinken. »Frage: Warum hast du das Fenster nicht einfach kaputt geschossen?«, fragte der Oktoling mit hochgezogenen Augenbrauen. Tarja wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Dass sie in Panik nicht einmal an die einfachsten Lösungen dachte? Stattdessen glotzte sie den Oktoling mit offenem Mund an. »Mein Name ist Benji.« Der Oktoling legte die rechte Hand auf die linke Brust und salutierte. Tarja starrte ihn weiterhin an wie eine Motte das Licht. Benji runzelte zögerlich die Stirn. »Verstehst du mich denn?« Zugegeben, sein Inkisch hatte einen harten Akzent, aber Tarja verstand ihn wunderbar. Langsam nickte sie. „Was läuft hier für ein Film?”, murmelte Nr. 2. Der Oktoling betrachtete Tarja mit schief gelegten Kopf. »Mir wurde beigebracht, dass Inklinge tödlich sind, dass sie jeden umbringen, ohne mit der Wimper zu zucken.« Tarja hätte gerne erklärt, dass ihr dasselbe über die Oktarianer erzählt wurde, aber ihre Zunge klebte ihr förmlich am Gaumen fest. Benji sprach weiter, blieb allerdings auf Abstand. »Wieso hast du mich nicht erschossen? Du hattest Gelegenheit und Möglichkeit dazu – mehr als einmal.« Eine angespannte Stille breitete sich aus, bis Nr. 1 sagte: „Weil sie keinen Mumm hat.” Benji zog sofort die Waffe und sah sich panisch in dem Raum um. Er rief etwas in seiner Sprache, die Tarja nicht verstand. Sie klang hart, aber irgendwie auch schön. Tarja zog sich den Knopf vom Ohr, das Mikro ebenfalls und legte die GoPro ab. »Jetzt sind sie weg.« »Wer war das?!«, wollte Benji laut wissen und richtete die Waffe wieder auf Tarja. »Meine Kollegen. Aber jetzt können sie nichts hören und nichts mehr sehen.« Nachdem wieder ein paar Sekunden der Stille verstrichen waren, ließ Benji die Waffe langsam sinken. Seine bernsteinfarbenen Augen betrachteten Tarja eingehend. Tarja kaute nervös auf ihren Lippen herum. »Du … Du siehst mich an, als hättest du noch nie einen Inkling gesehen«, meinte sie schließlich und lachte nervös. Ihr Lachen war zu hell und klang ziemlich bescheuert. Benji rieb sich über den Arm. »Na ja, nein … Noch nie … Hast du schon mal einen Oktoling gesehen?« Tarja schüttelte den Kopf. »Dachte ich mir.« Dann herrschte wieder Schweigen. Tarja räusperte sich nach einigen Sekunden des Schweigens. »Ich hab dich nicht erschossen, weil … weil du jemand bist.« Benji sah sie verdutzt an. »Weil ich jemand bin?« »Ja.« Sie suchte hastig nach den richtigen Worten. »Diese Oktorekruten, die sind Niemand. Die haben diesen leerem Blick …« Benji nickte langsam. »Oh, ja. Es sind nur Tentakel. Sie können kaum denken.« »Du bist wie ich«, sagte Tarja. »Du hast bestimmt eine Familie, Freunde … Du hast bestimmt Träume und Ängste … Genauso wie ich.« Benji sah sie eine Weile stumm an. Tarja konnte seinen Blick nicht richtig deuten, er wirkte reserviert, aber interessiert. Benji ging langsam auf Tarja zu.  Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)