Glitter Of Hell von Teteiusu77 ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Glitter Of Hell Chris saß im Aufnahmestudio 1 und brütete über einem Stapel Notenblätter, die er zusammen mit Gared überarbeiten wollte. Da Gared jedoch noch nicht im Studio erschienen war, hatte er schon mal alleine mit der Arbeit begonnen. Nach einiger Zeit blickte er auf die Uhr. „Komisch.“, brummte er. „Es ist doch sonst nicht seine Art sich so zu verspäten.“ Er stand auf und verließ den Raum. Er ging den Korridor entlang und klopfte dann an der Tür des Nachbarstudios. „Ja.“, tönte es von drinnen. Chris öffnete die Tür und steckte seinen Kopf in den Raum. „Bengt?“, fragte er. „Hast du vielleicht Gared gesehen?“ „Nö.“, entgegnete der Angesprochene ohne von seiner Arbeit aufzusehen. „Hm.“, brummte Chris. Bengt hob den Kopf und fragte: „Was los, Chris?“ „Ich war eigentlich um sieben mit ihm hier im Studio verabredet.“ Bengt blickte auf seine Armbanduhr und sah Chris dann sehr fragend an. Chris nickte. „Ich seh‘ schon, Kumpel: Du denkst das Selbe wie ich.“ Bengt nickte: „Ja, das ist komisch. Es ist bereits viertel nach sieben. Unpünktlichkeit gehört normalerweise nicht zu seinen Eigenschaften. Normalerweise ist er immer zu früh am Treffpunkt.“ Chris nickte. „Eben.“ Danach grübelten beide einige Minuten lang vor sich hin, bis sie von einem Donnern aus dem Schweigen gerissen wurden. „Och nee, jetzt fängt es auch noch an zu Gewittern.“, brummte Chris. „Hat der Wetterbericht gar nix von gesagt.“, entgegnete Bengt. Er machte eine kurze Pause, dann fragte er: „Hat Gared dir denn gar keine Nachricht zukommen lassen?“, fragte er besorgt. Chris schüttelte den Kopf. „Nein. Keine Facebook-PN, keine SMS, keine E-Mail. Nichts.“ Bengt schüttelte ebenfalls den Kopf: „Komisch.“ Dann meinte er: „Schick‘ ihm die Datei doch einfach per E-Mail.“ „Geht nicht.“, entgegnete Chris. „Dazu müsste ich erst die Notenblätter einscannen. Und einen Scanner haben wir hier keinen.“ „Ach so. Na, dann schick‘ ihm zumindest eine Nachricht, und frag‘ nach wo er bleibt.“ „Ok, das werde ich.“, entgegnete Chris knapp und wollte den Raum verlassen. Er wurde jedoch von Bengt zurückgehalten. „Chris, um was geht es denn? Vielleicht kann ich dir ja helfen?“ Chris antwortete: „Ich wollte mit ihm ein paar Klaviernoten durchgehen.“ Bengt lachte kurz auf und schüttelte den Kopf: „Nee, da bin ich raus. Das ist Gareds Ding.“ „Eben. Dennoch danke für dein Hilfsangebot.“ Chris klopfte seinen Freund noch auf die Schulter, dann verließ er den Raum. Nachdem er sich in der Studioküche eine Tasse Kaffee geholt hatte ging er zurück zu seinem Arbeitsplatz. Dort angekommen setzte er sich auf seinen Stuhl, nahm die Mappe mit den Notenblättern zur Hand und schlug sie auf, um sich die Noten noch einmal zu Gemüte zu führen. Doch, was war das? Die Notenblätter waren alle sorgfältig mit einem roten Stift korrigiert. Zudem klebte ein Post-It-Zettel auf der Mappe auf welchem stand: „Hallo Chris, ich hab die Noten mal korrigiert. Ich finde, so kann man es lassen. LG Gared“ „Unmöglich.“, murmelte er. Er legte die Notenmappe beiseite, setzte seine Brille ab und rieb sich die Augen. „Bin ich jetzt schon so senil, dass ich mitten unter der Arbeit träume?“ Er setzte seine Brille wieder auf und widmete sich erneut der Mappe. Es blieb dabei: Die Noten waren korrigiert und auch die Post-It-Notiz klebte oben auf. „Kann es sein, dass Gared, während der Zeit, die ich bei Bengt drüben war…“ Er unterbrach seine Grübeleien und blickte auf die Uhr: Es war gerade mal eine halbe Stunde vergangen. „Das ist doch unmöglich.“, brummelte er. Dann kam ihm eine Idee: „Ach, vielleicht dachte er, dass Bengt und ich was Wichtiges zu besprechen hätten, und wollte uns nicht stören. Vielleicht hat er sich ja dann bei Class gemeldet.“ Er stand vom Stuhl auf, klemmte sich die Mappe unter den Arm und machte sich auf dem Weg ins Kellerstudio. Dort angekommen riss er, ohne anzuklopfen, die Tür auf und fragte in den Raum hinein: „Class?“ Dieser zuckte erschrocken zusammen und drehte sich zu ihm um. „Zum Teufel! Chris!“ Chris schloss die Tür, setzte sich auf einen Stuhl. „Ich war mit Gared um sieben in Studio 1 verabredet, um ein paar Notenblätter…“ Er wurde von Class unterbrochen: „Chris, es ist schon fast acht.“ „Bei dir war er also auch nicht?“ „Nein.“, kam die prompte Antwort. Chris seufzte. „Und wann hat er dann diese Noten hier korrigiert?“ Class legte den Kopf schief. „Chris? Alles gut bei dir?“ Chris nickte. „Ja.“ „Aber?“, hakte Class nach. Chris seufzte abermals und erzählte Class alles was sich in der letzten Stunde zugetragen hatte. Class hörte ihm aufmerksam zu, doch dann begann er zu lachen: „Du verarscht mich, oder?“ Chris schüttelte den Kopf und reichte ihm die Notenmappe: „Sieh selbst.“ Class schlug diese auf, und der kleine Post-It-Zettel mit Gareds Nachricht, der sich von der Mappe gelöst hatte, flatterte ihm entgegen. Class las ihn und warf dann einen Blick auf die Notenblätter. Verdattert schüttelte er den Kopf. „Das gibt es doch gar nicht. Das sind doch die Noten, die …“ „…ich dir, kurz nachdem ich heute ins Studio kam, gezeigt habe.“, vollendete Chris Class Satz. „Und das war um kurz nach sechs!“ Class wurde immer erstaunter. „Und da waren die Noten noch ohne Korrekturen. Bist du sicher, dass du die Noten nicht selbst…?“ Er wurde von Chris abermals unterbrochen: „Class, das ist doch eindeutig Gareds Schrift. Ich kann zwar viel, aber ein Schriftfälscher bin ich noch nicht.“ „Ok, ok. Ist ja gut.“, wiegelte Class ab. „Du hast ja Recht.“ Danach verfielen die beiden in grübelndes Schweigen, aus dem sie von einem erneuten Donnergrollen und der plötzlich auffliegenden Tür herausgerissen wurden. Pi stürmte in den Raum und rief: „Hey, wer von euch hat die Datei mit meinen bereits eingespielten Gitarrenriffs überarbeitet? Das klingt ja Hammer! Meine Riffs dagegen waren…“ Er stoppte abrupt mit seiner Plapperei, als er die verdutzten Gesichter von Chris und Class bemerkte. „Was los?“, fragte er verdattert. „Ähm… Pi?“, fragte Chris vorsichtig. „Welche Datei mit den Gitarrenriffs? Ich wusste gar nicht, dass du schon welche eingespielt hast.“ „Ähm… nicht?“, fragte er verdutzt. Chris schüttelte den Kopf: „Nein. Insofern war ich es auch nicht.“ Er sah Class fragend an. Dieser schüttelte den Kopf und meinte: „Vielleicht war es ja Bengt.“ „Eher unwahrscheinlich.“, entgegnete Chris. „Doch: Wir fragen ihn ganz einfach. Kommt mit, Jungs.“ Daraufhin stürmten die drei wie ein geölter Blitz zu Bengt hinauf. Chris klopfte an die Studiotür. „Bengt?“, fragte er. „Dürfen wir reinkommen?“ „Ja, komm rein, Chris.“ Angesprochener öffnete die Tür und trat ein. Class und Pi folgten ihm. „Was los, Jungs?“, wollte Bengt wissen, als er die fragenden Blicke seiner Freunde sah. Und direkt an Chris gewandt: „Ist Gared aufgetaucht?“ Chris schüttelte den Kopf: „Nein, keine Spur von ihm. Aber, sag mal…?“ Er wandte sich an PI: „Sag du es ihm.“ Pi legte auch sogleich los, und fragte ihn, ob er es gewesen sei, der diese genialen Gitarrenriffs eingespielt und auf seinem Mac abgespeichert hätte. Bengt blickte ihn verdutzt an. „Ähm… Nein. Ich hab Studio 2 heute den ganzen Tag nicht betreten.“ Fragende Blicke wechselten die Runde. „Das ist doch zum Verrückt werden!“, donnerte Chris los. „So langsam glaube ich, dass es hier spukt.“ Bengt lachte: „So’n Quatsch, Chris.“ Und an Pi gewandt: „Zeig uns mal diese Datei und lass uns das mal anhören.“ Pi nickte: „Dann kommt mit.“ Zusammen gingen sie hinauf in Studio 2. Pi setzte sich auf den Bürostuhl und wollte gerade die Datei anklicken, als sein E-Mail-Programm meldete: „Sie haben Post.“ „Bwaaaah: Nicht jetzt!“, moserte Pi, Chris entgegnete ihm jedoch: „Doch, schon jetzt!“ Sein Blick war nämlich zufälligerweise an der Absenderzeile hängen geblieben. „Warum?“, fragte Pi. „Ich dachte, du wolltest…?“ „Die Nachricht ist von Gared.“, entgegnete Chris. „Bitte öffne sie.“ Pi tat wie ihm befohlen und öffnete die E-Mail. Dort stand: „Hallo Pi, bitte nicht wundern. Ich habe ein paar Gitarrenriffs neu eingespielt und dir auf dem Rechner von Studio 2 abgespeichert. LG Gared.“ Völlig von den Socken starrte Pi auf den Bildschirm und verstand die Welt nicht mehr. Chris stöhnte: „Ich werde verrückt! Das gibt es doch gar nicht! Das ist unmöglich!“ Seine drei Freunde blickten ihn verwundert an. „Wieso?“ „Na, weil das eben nicht sein kann! Seht euch mal das Datum und die Uhrzeit des E-Mails an!“ „Was soll daran merkwürdig sein?“, fragte Pi. „Lies doch mal!“ Chris deutete auf die Zeile, in der Datum und Uhrzeit standen. „Gesendet heute um 19:20 Uhr.“, las Pi vor. Dann sah er Chris an: „Ja, und?“ „Ich werde echt verrückt.“, wiederholte dieser. Dann setzte er sich auf einen Stuhl und erzählte nun auch Pi und Bengt von den Ereignissen der letzten Stunden. Fassungsloses Schweigen erfüllte den Raum, nachdem Chris zu Ende berichtet hatte. „Willst du uns damit sagen, dass die Korrekturen der Noten und die Überarbeitung meiner Datei zu gleichen Zeit stattgefunden haben?“, platzte Pi nach einiger Zeit heraus. Chris nickte: „Genau das.“ Pi schnappte nach Luft. „Aber…“, stotterte er. „Das ist doch…“ „…unmöglich.“, vollendete Bengt Pis Satz und Class brummelte vor sich hin: „Irgendwas ist da megafaul.“ Dann verfielen er, Bengt, Chris und Pi wieder in Schweigen. Plötzlich hörten sie ein rhythmisches Geräusch und sie zuckten zusammen. „Was war das?“, fragte PI. „Ich weiß es nicht.“, entgegnete Class. „Ist, außer uns, zur Zeit sonst noch jemand hier in den Charmäleons?“ Chris zuckte die Achseln: „Nicht, dass ich wüsste. Nachdem Gared ja nicht erschienen ist, nur wir vier.“ Sie lauschten eine Weile dem Geräusch, bis Bengt meinte: „Jungs, ich weiß ja nicht was ihr denkt, aber das hört sich an wie…“ „…Drums.“, beendete Chris Bengts Satz. Bengt nickte: „Genau.“ Die anderen lauschten angestrengter. „Aber, Nik ist doch gar nicht da. Der ist doch zu einem Drumworkshop nach Berlin gefahren.“, wunderte sich Pi. „Ja, mir war so, als hätte er da sowas verlauten lassen.“, meinte Chris grübelnd. „Wisst ihr was: Bevor wir hier rumrätseln, sollten wir lieber mal im Drumstudio nachsehen.“, meinte Bengt. Seine Freunde stimmten ihm zu. „Na, dann kommt. Aber…“ Er legte den Zeigefinger auf seine Lippen. “Pssst! Leise.“ Gesagt getan: Auf Zehenspitzen schlichen sich die vier Richtung Drumstudio. Dort angekommen bemerkten sie, dass die Tür einen winzigen Spalt offen stand. Vom Inneren des Raumes ertönten rhythmische Klänge. „Das klingt megagut.“, flüsterte Chris. Bengt und Class nickten zustimmend und Pi gab den anderen per Zeichensprache zu verstehen, dass sie reingehen sollten um nachzusehen, wer denn da so super Drums spielte. Chris erwiderte mit „Daumen hoch“, dass er einverstanden war. Bengt und Class nickten erneut. Daraufhin drückte Chris Zentimeter für Zentimeter die Tür so weit auf, dass sie sich nacheinander hindurchzwängen konnten. Als sie endlich alle nebeneinander an der Wand des Studios standen, und einen Blick in den Aufnahmeraum warfen, verschlug es ihnen die Sprache. Was sie nun sahen war einfach nicht in Worte zu fassen: Die Drumsticks schwebten wie Elfen in der Luft und zauberten einen Hammerbeat. Die Rädchen am Aufnahmegerät drehten sich langsam nach rechts oder links, und die Hebel am Mischpult bewegten sich wie von Geisterhand vor und zurück. Auch die Tastatur am Mac tippte wie von selbst einen Text ins E-Mail-Programm. Was die vier hier zu lesen bekamen ließ sie endgültig an ihrem Verstand zweifeln: „Hallo Nik, da du ja zur Zeit in Berlin bist, habe ich mich schon mal dran gesetzt und ein paar Beats eingespielt. Bitte gib mir Feedback, wie dir die Beats gefallen. LG Gared“ „Unglaublich.“, flüsterte Class, dann verschlug es ihm die Sprache. Pi rieb sich über seine Arme, die mit Gänsehaut überzogen waren, und wisperte „Gruselig“. Chris schnappte hörbar nach Luft. „Schade, dass Nik jetzt nicht hier ist, der würde Augen machen.“, bemerkte Bengt leise. Chris nickte. „Oh ja, was würde er.“ In diesem Moment ertönte zum dritten Mal ein lautes Donnergrollen und der Spuk war beendet. Die Drumsticks landeten mit einem Scheppern auf dem Boden. Die Geräte hörten zu arbeiten auf und der Mac meldete „E-Mail gesendet“. Doch das Sonderbarste war, dass in diesem Moment ein heller Blitz durch den Raum und zur offenen Tür hinausschoss. „Wa-wa-was war denn das?“, stotterte Pi. Bengt flüsterte: „Wir werden es gleich erfahren.“ „Und wie?“, entgegnete Chris leise. Bengt blickte Chris an: „Indem wir jetzt nachsehen werden wohin der Blitz verschwunden ist.“ „Wie willst du das den herausfinden, mein Freund?“, kicherte Chris leicht amüsiert. „Na, hierdurch.“ Bengt deutete auf den Fußboden. Class Augen wurden rund wie Spiegeleier: „Glitzer? Wie kommt der denn hierher?“ Bengt grinste: „Den hat der Blitz hinterlassen.“ Pi kicherte: „Spinnst du?“ Er boxte seinen Freund leicht in die Seite. Bengt schüttelte den Kopf. „Sehr ihr: Die Glitzerspur läuft quer durch den Raum und zur Tür hinaus. Und, ich wette mit euch, dass diese Spur auch noch im Korridor zu sehen ist.“ Class schüttelte ungläubig den Kopf: „Na, wenn du meinst.“ Bengt nickte. „Meine ich. Kommt.“ Die vier folgten nun der Glitzerspur zur Tür hinaus und den Korridor entlang bis zur Studioküche. Vor der Tür blieben sie stehen. Bengt drehte sich zu seinen Freunden um und legte seinen Zeigefinger erneut auf seine Lippen. Die anderen drei nickten schweigend. Leise, sehr leise, drückte Bengt daraufhin die Türklinke hinunter und öffnete die Tür einen Spalt weit. Vorsichtig steckten die vier ihre Köpfe zur Tür herein. Was sie nun sahen ließ die vier abermals vor Staunen verstummen: Die Glitzerspur zog sich durch die Küche bis zum Tisch, auf dem ein kleines Pferdewesen saß. Es trug ein goldenes Horn auf der Stirn und hatte eine lange rosa Mähne und einem langen rosa Schweif. Das Fell war schwarz mit silbernen Punkten, die wie Sterne funkelten. Zudem trug das Wesen einen leuchtenden Blitz auf der Flanke. „Ich glaub‘, ich spinne: Ein Einhorn!“; flüsterte Chris. Das Einhorn hatte Chris Bemerkung gehört, und drehte sich ihm zu, legte den Kopf schief und sprach: „Hi, Chris.“, welcher daraufhin in das Zimmer stolperte und auf den Tisch zuwankte. „Woher kennst du meinen Namen? Wer bist du?“ Das Wesen meinte darauf: „Wer ich bin? Rate mal.“ Chris setzte sich auf einen Stuhl und blickte das kleine Wesen einige Minuten lang schweigend an, dann fragte er: „Gared?“ Das Wesen nickte. Chris schüttelte verwundert den Kopf und wollte wissen: „Wieso bist du ein Einhorn?“ Das kleine Einhorn hopste einige Schritte auf ihn zu und begann zu erzählen: „Samstagabend war ich in der neuen, coolen Bar, die an der Reeperbahn aufgemacht hat. Tja, was soll ich sagen: Ich hab‘ wohl zu viel getrunken und mich von einer bezaubernd hübschen Frau bezirzen lassen. Sie fragte mich, was ich mir denn am meisten wünsche. Ich sagte so zum Spaß, dass ich gerne ein Einhorn wäre. Sie lachte, gab mir eine kleine silberne Flasche und meinte, dass mir, wenn ich den Inhalt am nächsten Morgen trinke, mein Wunsch in Erfüllung ginge. Ich dachte nur „So ein Quatsch“. Ich habe die Flasche dennoch in meine Tasche gesteckt und mit nach Hause genommen. Daheim habe ich das Fläschchen dann neben mein Kopfkissen gelegt und bin ins Bett gegangen.“ Das Einhorn machte eine kleine Pause und fuhr dann fort: „Am Sonntagmorgen, als ich erwachte, lag das Fläschchen immer noch dort, wo ich es am Abend zuvor abgelegt hatte. Ich nahm es in die Hand und betrachtete es einige Zeit. Dann fiel mir die Sache mit dem Wunsch wieder ein. Ich lachte und dachte: „So ein Unsinn. Keiner kann sich in ein Einhorn verwandeln. Was soll also passieren, wenn ich die Flüssigkeit trinke?“ Somit entkorkte ich das Fläschchen und trank den Inhalt.“ Erneut hielt das Einhorn, das vorgab Gared zu sein, inne und blickte Chris an. Dieser lächelte und fragte: „Und was geschah dann?“ „Tja“, fuhr das Einhorn fort. „Mir wurde ganz schummerig und ich verlor das Bewusstsein. Als ich wieder erwachte war alles so komisch. Bis mir allerdings bewusst wurde, warum alles so komisch war, verging einige Zeit. Erst als ich mich im Schlafzimmerspiegel erblickte wusste ich was geschehen war: Ich hatte mich tatsächlich in eine kleines Einhorn verwandelt. Erst wusste ich nicht, was ich nun tun sollte, doch dann tauchte wie aus dem Nichts die Frau aus der Bar auf, und sagte mir, dass mein Wunsch, ein Einhorn zu sein, nun erfüllt sei. Zudem erzählte sie mir, dass ich ab nun auch fliegen und durch Wolken laufen könne, jedoch immer nur dann, wenn jemand meine Hilfe braucht.“ Pi, der sich mittlerweile auch zu Chris an den Tisch gesetzt hatte, fragte: „Und woran merkst du, dass jemand deine Hilfe braucht?“ Das Einhorn entgegnete: „Dann fängt mein magischer Blitz zu leuchten an und wird ganz warm. Zudem erscheint eine kleine glitzernde Kugel, in der das Konterfei desjenigen, der meine Hilfe benötigt, abgebildet ist.“ „Aha. Und was macht du dann?“, richtete Bengt, der sich nun ebenfalls zu Chris und Pi an den Tisch setzte, seine Frage an das kleine Einhorn. „Dann mache ich mich auf die Hufe und eile der Person zur Hilfe. Dabei nehme ich meist die Abkürzung über die Wolken.“ Es trat erneut eine Pause ein, bevor das Einhorn fortfuhr. „Wenn ich jedoch zwischen den Wolken hin und her springe, dann merkt ihr das auf der Erde sogar, denn dann kommt es vor, dass es zu regnen und Gewittern beginnt.“ Chris, Bengt, Pi und Class warfen sich fragende Blicke zu. „Ihr wollt sicher wissen, wie das zu Stande kommt, oder?“ Die vier Zuhörer nickten. „Der magische Blitz auf meiner Flanke lädt sich auf und es entstehen krachende Donnerschläge gefolgt von leuchtenden Blitzen.“ „Gared?“, fragte Chris vorsichtig. Das Einhorn wandte sich ihm zu und sah ihn fragend an. „Kann es sein, dass du heute über den Wolken unterwegs warst und jemandem zur Hilfe geeilt bist, denn es hat heute mehrmals unerwartet gedonnert?“ Das Einhorn senkte verlegen den Kopf und nickte leicht. „Waren es etwa unsere Gesichter, die du heute in deiner Glitzerkugel gesehen hast?“, hakte Chris nach. Erneut nickte das Einhorn. „Dann hast du also die Notenblätter korrigiert, die Gitarrenriffs und die Drumbeats überarbeitet und im gesamten Studio Glitzer verstreut?“ „Ja.“, kam es ganz leise und kleinlaut. „Und, da du jetzt ein Einhorn bist verfügst du über Zauberkräfte, so dass es möglich ist alles gleichzeitig zu erledigen.“ Erneutes zustimmendes Nicken. Daraufhin nahm Chris das kleine Einhorn vorsichtig vom Tisch und drückte es ganz sanft. „Danke.“, flüsterte er. „Wir waren echt am Verzweifeln, denn die Klaviernoten, die Gitarrenriffs und auch die Drumbeats wollten dieses Mal überhaupt nicht so klingen, wie wir es wollten, dass es klingt. Doch du hast uns gerettet. Jetzt steht dem neuen Song nichts mehr im Wege.“ Pi nickte zustimmend. „Ein kleines Problem gibt es noch, Chris.“ „Welches denn, Bengt?“ Angesprochener deutete auf das kleine Einhorn, das immer noch in Chris Armen lag. „Wie bekommen wir unseren Gared wieder in seine ursprüngliche Gestalt?“ Chris, Pi, und Class sahen erst Bengt, dann das Einhorn fragend an. „Hm, das ist eine gute Frage.“, brummte Chris. Er und seine Freunde verfielen in ein grübelndes Schweigen. Plötzlich sprang das kleine Einhorn aus Chris Armen zurück auf den Tisch. Sein Blitz an der Flanke begann zu leuchten und über seinem Kopf erschienen vier kleine, glitzernde Kugeln die immer größer und größer wurden. Innerhalb der Kugeln erschienen alsbald konturlose Schatten die nach und nach Gestalt annahmen, bis sie eindeutig zu erkennen waren: In den Kugeln erschienen die Gesichter von Chris, Bengt, Pi und Class. Die vier blickten sich ratlos an, dann murmelte Chris: „Er hat heute für uns doch schon alles getan. Was will er denn nun noch?“ Das Einhorn drehte sich zu ihm und meinte verschmitzt: „Nein, noch ist nicht alles vollbracht.“ Damit machte das Einhorn einen Satz vom Tisch und jagte wie der Blitz zur Tür hinaus. Die vier Jungs eilten hinterher. Auf dem Korridor blieben die vier jedoch wie angewurzelt stehen. Eigentlich sollten sie es ja bereits wissen, dass dieser Studioabend nicht so war wie jeder andere, doch auch dieses Mal waren sie sprachlos: Bei jedem Aufnahmestudio stand die Tür offen. Aus jedem Studio erklangen andere Töne: Pianomelodien, Gitarrenriffs, Drumbeats, ja sogar Basslines drangen an ihr Ohr. Zu guter Letzt tönte sogar Chris Stimme aus einem der Räume. Fassungslos schüttelte dieser den Kopf: „Unmöglich! Wie kann das sein?“ Pi legte ihm die Hand auf die Schulter. „Chris, unser Gared-Einhorn kann doch zaubern. Und er zaubert uns jetzt unseren neuen Song mit allem was dazu gehört: Gitarren, Bass, Drums, Piano und eben auch deinem Gesang.“ Chris nickte und verfolgte nun die Glitzerspur die ins Studio 1 führte, wo er eigentlich zusammen mit Gared die Noten hatte überarbeiten wollen Dort angekommen glaubte er erneut seinen Augen nicht zu trauen: In seinem Arbeitssessel saß ein lächelnder Gared und hielt ihm einen USB-Stick unter die Nase: „Hier ist er, unser neuer Song: Glitter Of Hell.“ Chris ging langsam auf Gared zu und nahm ihn in seine Arme. „Danke, mein Freund.“, flüsterte er. „Das war also der letzte Streich, damit du wieder zu einem Menschen wirst.“, sagte Class und ging ebenfalls zu ihm und Chris hinüber. Pi und Bengt taten es Class gleich. Gared nickte und flüsterte. „Ja.“ „Wir sind so froh, dass du wieder so bist wie du bist.“, sagte Pi und auf seinem Gesicht erschien das für ihn typische Monchichi-Grinsen. „Ich bin auch froh, wieder ein Mensch zu sein.“, entgegnete Gared. „Es war jedoch…“ „Jedoch, was?“, wollte Bengt wissen und boxte ihn leicht in die Seite. „…eine coole Erfahrung ein Einhorn zu sein und zaubern zu können.“, vollendete Gared seinen Satz. Chris lachte und meinte: „Als Mensch bist du uns dennoch lieber. Oder?“ Fragend sah er seine Freunde an. Er erhielt zustimmendes Nicken von Pi, Bengt und Class zur Antwort. „Jetzt müssen wir das Ganze nur noch Nik erzählen, wenn der morgen wieder aus Berlin zurückkommt.“, sagte Class. „Auf seinen Blick bin ich ja schon so gespannt. Das wird ein Spaß.“, kicherte Pi. Chris entgegnete: „Oh ja, das wird es mit Sicherheit.“ In der Vorstellung daran, wie ihr Freund Nik gucken würde, wenn er die ganze Geschichte erfährt, begannen alle schallend zu lachen, und freuten sich auf den morgigen Tag. Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)