Never Simpel von Astre ================================================================================ Kapitel 1: Cold Night --------------------- Er machte sich nicht die Mühe, die schäbige Motelzimmertür leise zu schließen. Oder das Essen aus dem 24-Stunden-Shop um die Ecke sanft auf den Tisch abzustellen. Die Nacht draußen war kalt, so kalt, wie es Mitte September sein sollte. Das schlechter werdende Wetter gefiel ihm nicht, weil es immer alles beschissener machte. Geeignete Unterkünfte wurden Mangelware und Menschen, die in ihr Beuteschema passten, verschwanden früh abends von den Straßen. Dadurch krochen mehr dreckige Ratten aus ihren Löchern. Drecksäcke, auf der Suche nach einem schnellen Geschäft. Jedes Mal, wenn sie einem dieser Schwänze über den Weg liefen, juckten seine Finger. In den allermeisten Fällen hielt Ray ihn zurück. Mit diesen bescheuerten Augen, dem seichten Kopfschütteln und ihren Fingern an seinem Ärmel. Zack stieß die Luft aus. Zu viel Aufmerksamkeit, erklärte sie und, wie ein scheiß Köter gehorchte er ihren Worten. Selbstverständlich ließ er sich brav mitziehen. Andererseits hielt sie ihnen so seit fünf Jahren die Bullen vom Hals. Das Gör suchte die Opfer aus, inszenierte Morde und schickte die idiotischen Beamten regelmäßig auf die Suche nach einem imaginären Mörder. Und verdammt, sie machte ihren Job gut. Da er zwar dumm, aber nicht so dumm war, hörte er im Regelfall auf das, was sie sagte. Auch wenn ihn der Drang, diesen Pissern die Eingeweide herauszureißen, unleidig machte. Vor dem Bett blieb er stehen und musterte die schlafende Frau. Ihr Haar zerzaust und die Arme um das Kissen gewickelt. „Oi, Ray!“ Sie rührte sich nicht. Ungeduldig schnalzte er mit der Zunge und benutzte seinen Fuß, um sie an der Hüfte, wachzurütteln. Sein Schuh hinterließ auf dem ausgewaschenen Stoff dreckige Abdrücke. „Wach auf!“ „Hm?“, machte sie und nuschelte, mehr in das Kissen, als zu ihm: „Ist es schon so spät?“ Er wandte sich gereizt ab und ließ sich in den Fernsehsessel fallen. „Was glaubst du? Jetzt beweg deinen Arsch.“ Sofern sie nicht von Albträumen gequält wurde, schlief die verdammte Frau, wie ein Stein. Und sie klammerte. Irgendwo in ihrer elenden Verwandtschaft musste ein psychopathischer Affe sein. Er war sich sicher. Die Kraft, mit der sich das Gör regelmäßig in sein T-Shirt krallte, überstieg seinen Horizont. Zack stützte seinen Kopf auf seine Hand und beobachtete ihr Treiben. Es würde nicht mehr lange dauern und er schnitt sie mit seiner Sense aus der billigen Decke heraus. Ihre halbherzigen Versuche nagten mächtig an seiner Geduld. „Seit wann bist du wach?“, murmelte sie, endlich aus der Bettdecke befreit. Ihre Haare erinnerten ihn an ein zertretenes Krähennest, das zusätzlich von einem LKW überfahren wurde. „Die Sonne ging unter.“ Seine Augen folgten ihrer Gestalt, als sie sich an den Tisch setzte. Träge durchsuchte sie die Tasche mit dem Essen. Sie gab diesen freudigen Laut von sich, der in ihm stets, ein ätzendes Hüpfen seines Magens auslöste. „Wie kannst du den Dreck fressen?“ Er verzog das Gesicht, während sie den Chili-Bagel aus der Verpackung schälte. Ray hielt inne. „Ich mag scharfe Sachen.“ Er verdrehte die Augen. „Ich weiß, dass du scharfe Sachen magst! Ich will wissen, wie du den Scheiß essen kannst.“ „Mmm.“ Überlegend neigte sie ihren Kopf und sah anschließend ausdruckslos zu ihm. „Es schmeckt einfach.“ Rachel biss hinein. Angewidert drehte er seinen Kopf beiseite und fixierte, mit bedecktem Mund, die Wand. Er hatte den Müll, den sie Essen nannte, ein einziges Mal probiert. Allein von dem Gedanken daran stellten sich sämtliche Nackenhaare bei ihm auf. Seine Zunge hatte sich Stunden danach noch taub angefühlt. „Wir sollten uns ein Auto anschaffen.“ „Huh?!“ Sein Kinn rutschte von seiner Handfläche und er starrte sie konfus an. „Warum?“ Sie stand auf, schmiss die Verpackung in die Tüte und streckte ihre Arme in die Luft. „Es wird kalt und die nächste Stadt ist 50 Meilen entfernt.“ „Na und?“ Er verstand den Punkt nicht. Sie reisten die meiste Zeit zu Fuß. Auch im Winter. Selbst er wusste um die Gefahr, die ein Autodiebstahl mit sich brachte. Somit konnte er die Situationen, in denen sie in einem Wagen saßen, an einer Hand abzählen. Jedes dieser Male hingen ihnen die Bullen viel zu nah am Arsch. Das Gör sammelte ihre verstreute Kleidung vom Boden und kaute dezent auf ihrer Wange. Das tat Ray, sobald sie nicht antworten wollte. In solchen Momenten, wusste Zack, brauchte er lediglich die richtige Frage stellen. Vielleicht wich sie aus, oder erzählte nur die Hälfte, aber sie log ihn nicht an. Die Wahrheit gehörte mit zu den wenigen Prinzipien, die sie beide besaßen. „Was ist der andere Grund für die Karre?“ Falls er sich nicht täuschte, erröteten ihre Wangen. Die Momente, in denen sie solche Emotion zeigte, passierten selten. Daher war es für ihn, wie eine Art Katzenminze. Er musste einfach grinsen. Sicher ein beunruhigender Anblick, allerdings wirkte Rachel unberührt. „Bären“, nuschelte sie abgewandt. Zacks Lächeln stockte und er blinzelte ungläubig. „Bären.“ „Ja.“ Sein Lachen hörten wahrscheinlich alle Menschen im Umkreis von hundert Meilen. Der Sessel unter ihm knarrte und nach Luft schnappend beugte er sich vor. „Du hast Angst vor scheiß Bären?“ Ihre Wangen bliesen sich unter seinem anhaltenden Gelächter beleidigt auf. „Ich hab keine Angst. Es ist nur… “ Rachel stieß den Atem aus und wartete. Die leichte Farbe um ihre Nase verschwand und als er sich beruhigte, starrte sie ihm stumpf entgegen. „Zack, hier gibt es Grizzlybären, und die Frau an der Rezeption hat uns davor gewarnt.“ Er griff sich an die Stirn, fuhr durch seine Haare und unterdrückte das Kichern. „Du schläfst neben einem Serienmörder, hast deine Eltern zusammengenäht und sagst mir ernsthaft, du scheißt dir wegen beschissenen Teddys ein?“ „Ich hab keine Angst!“, murrte sie. „Aber ich will ihnen auch nicht begegnen. Außerdem sind wir schneller.“ Er seufzte, lehnte sich zurück und musterte sie. Ah, er kannte diesen Ausdruck. Die flach gezogenen Lippen, die steife Biegung ihres Halses und den unnachgiebigen Glanz ihrer Augen. Ab jetzt konnte er genauso gut, gegen eine Wand sprechen. „Du meinst es ernst, huh?“ Ray nickte. „Ja.“ „Tch…“ Sein Blick huschte zur Seite, während er seine Arme hinter dem Kopf verschränkte. „Mach, was du willst.“ „Danke.“ Rachel verschwand im Badezimmer, und er hörte bald darauf die alten Wasserleitungen rumoren. „Stures Weibsbild“, stieß er aus und schloss die Augen. An sich mochte er die Idee. Mit einem Auto kamen sie tatsächlich schneller an ihr Ziel. Außerdem hatte er im Shop den Verkäufer belauscht, der etwas über einen Sturm sage. Er verzichtete gerne darauf, bei Regen und Frost in einem dreckigen Wald festzustecken. Was er allerdings zum Kotzen fand, war Rays Masche. Sie beschaffte die Dinge genauso, wie sie ihre Opfer zu ihm in die dunklen Gassen lockte. Am Anfang hatte er darüber gespottet. Jedes Mal die Augen verdreht, sobald sie ihren Hoodie soweit aufzog, damit der Ansatz ihrer Unterwäsche herausblitzte. Es funktionierte natürlich hervorragend. Ein wenig nackte Haut und die Hurensöhne liefen ihr sabbernd hinterher. Das pisste ihn derbe an. Deshalb hielt er seine drei-Sekunden-Regel selten ein. Auch, wenn die Arschlöcher allesamt hervorragende Gesichtsausdrücke zeigten. Ihnen sofort sämtliche Gliedmaßen abzuhacken, befriedigte ihn mehr als eine gute Jagd. Die Dusche verstummte, und sobald Ray das Zimmer betrat, öffnete er einen Spalt weit die Augen. Jetzt sah sie aus, wie ein ertränkter Pudel. Wasser sammelte sich an den Spitzen ihres Haares, und seine Pupillen folgten der Spur eines Tropfens. Über ihre Wangenknochen hinab lief er die Biegung ihres Halses entlang und fand sein Ende in ihrem Dekolleté. Rosige Haut mündete unter einem Rand aus himmelblauer Spitze. Er riss seinen Blick von ihr. „Kannst du dich abtrocknen, wie jeder normale Mensch?“, schnauzte er. Sie verharrte einen Moment in der Bewegung, ihre Umhängetasche aufzuheben, und sah ihn an. „Habe ich.“ Er stieß gereizt die Luft aus. „Ich lass dich krepieren, wenn du wieder krank wirst!“ Ray blinzelte, neigte verwirrt den Kopf. „Bist du schlecht gelaunt?“ „Beeil dich einfach!“ Er sah sie aus dem Augenwinkel nicken und sich ihren Sachen widmen. Diese Scheiße irritierte, und das pisste ihn genauso an, wie ihre Masche. Ray ging samt Tasche zur Tür. „Hast du eine Vorliebe?“ „Huh?“ Ihre Finger verweilten an dem Türknopf, während sie über die Schulter spähte. „Das Auto. Hast du eine Vorliebe?“ „…Nein… Brauchst du Hilfe?“ Sie schien einen Moment zu überlegen, bevor sie den Kopf schüttelte. „Mhm.“ Zack atmete geräuschvoll aus. „Pass auf deinen Arsch auf.“ „Werde ich.“ Die Tür fiel leise hinter ihr ins Schloss, und er lauschte konzentriert ihren Schritten. Viele der billigen Motels, in denen sie sich einquartierten, besaßen papierdünne Wände, durch die sie meist jeden Scheiß mitbekamen. Seine Atmung flachte sich ab, als sie vor dem Nachbarzimmer hielt. Zack erinnerte sich grob an einen dürren Kerl, der sich lauthals über die harten Betten beschwerte. „Tch…“, gab er verachtend von sich. Ray würde es nicht schwer mit dem Wichser haben. Sie klopfte. Zaghaft ohne Kraft. Stille. Dann quietschte das Bett und schwere, schlurfende Schritte drangen an sein Ohr. „Wer ist da?“ „Könnten Sie - mir helfen? Ich bin verloren. Bitte, - ich weiß nicht, wie ich nach Hause kommen soll.“ Hysterisches Gelächter stieg in Zacks Kehle auf. Blutige Hölle, selbst ihre verfluchte Stimme zitterte. Das Türschloss klickte. „Mädchen, wo…“ Zack begann zu grinsen. Die Menschen keuchten alle gleich, wenn sich eine Klinge in ihren Bauchraum bohrte. „Was…“ Er hörte ihn stolpern und seinen Körper, der hart auf den Boden aufschlug. „Bitte – ich…“ „Schh - stirb bitte leise.“ Er schauderte. Das Messer zerschnitt die Luft. Ein ersticktes Röcheln und Totenstille. Heilige Scheiße, die Frau konnte erschreckend sein. Rachel blieb noch einige Zeit drüben, durchsuchte wahrscheinlich das Gepäck des Toten, und er sollte Recht behalten. Sie kam mit einem Koffer. Zack scannte ihren Körper. Bis auf einen Streifen Blut in ihrem Gesicht, schien sie unversehrt. Sein Blick fiel auf den Ballast in ihren Händen. „Was Brauchbares?“ Er stand auf, streckte seinen Rücken durch und gähnte. Jetzt, nach dem Mord, sollten sie schleunigst verschwinden. Ray schien derselben Ansicht zu sein. Sie huschte an ihm vorbei, wusch sich die Wange und rief begeistert: „400 Dollar, zwei Kreditkarten und ein Laptop.“ „Huh…“ Vielleicht sollten sie öfter Penner in Motels umbringen. „Ja, er war sehr rentabel! Außerdem können wir das Auto eine Zeitlang behalten.“ Lebendiger als sonst eilte sie zu ihm, während er die Sense aus der Ecke holte und sie lässig über die Schulter schmiss. Er fixierte Ray mit seinen Augen. „Wovon redest du?“ Ihr Lächeln, weiterhin ein Witz, aber immerhin erreichte etwas der Freude ihre Augen. „Die Polizei wird sicher einige Wochen brauchen, um ihn zu identifizieren. Ich hab ihn unkenntlich gemacht.“ Zack starrte, bis die Worte sein Hirn erreichten und er die Sense fast fallen ließ. „Du – Was?!“ Verwirrt runzelte Rachel die Stirn. „Ich hab ihm die Finger abgeschnitten und seine Zähne entfernt. Die Polizei spürt uns dadurch nicht so schnell auf.“ Seine Nackenhaare stellten sich auf. Blutige Frau. „Du bist echt vermasselt, Ray. Du weißt das, oder?“ Sie neigte ihren Kopf. „Ja, du doch auch.“ Zack stieß die Luft aus, zerzauste ihr feuchtes Haar und wandte sich ab. „Ah, lass uns endlich von hier verschwinden! Der Saftladen geht mir auf die Nerven.“ Kalter Wind blies ihm entgegen, als der Kies vor dem verlassenen Motel unter seinen Schuhen knirschte. Ein Vorbote des Sturms, der die Bäume des nahen Waldes in alle Richtungen bog. Die Luft roch nach Regen. Ihr Einfall mit der Karre wirkte bei den beschissenen Wetterbedingungen viel einladender. Aber zum Teufel, wenn er ihr das sagen würde. Der einzige Wagen auf dem Parkplatz meldete sich mit diesem typischen Signalton. „Soll ich fahren?“ Ray öffnete den Kofferraum. Er nahm ihr das Gepäck ab, schmiss es neben seiner Sense unachtsam hinein. „Verflucht, nein! Du fährst, wie eine Schnecke.“ „Ich halte mich nur an die Regeln.“ Sie gab ihm den Schlüssel und zögerte. „Die Polizei soll uns nicht anhalten. Und…“ „Einsteigen, Ray.“ Er ließ sich auf dem Sitz nieder, stellte ihn grob ein und rupfte den Duftbaum vom Rückspiegel. „Ich hasse diese Scheiße!“ Rachel rutschte auf den Beifahrersitz, während er den Motor startete und den Rückwärtsgang einlegte. „Zack, bitte fa…“ Mit durchgehenden Rädern wirbelte der Kies auf sämtlichen Seiten hoch. Der Kombi schoss nach hinten und er riss das Lenkrad herum. Scharf bremste er ab, legte den ersten Gang ein und trat aufs Gas. Rachel klammerte sich an die Tür. Die Ausfahrt des Motels kam rasant näher und er hörte sie die Luft anhalten. Das Grinsen bildete sich automatisch auf seinem Gesicht. „Zack! Brems…“ Ihren erstickten Ausruf ignorierend, krachte er mit quietschenden Reifen auf die Straße und driftete in die Kurve. „Die Karre ist nicht schlecht!“ Er machte sich nicht viel aus den Blechdosen. Aber er mochte das Gefühl, wenn der Wagen mit 100 Sachen über die Straße peitschte. Ray atmete tief aus und schnallte sich an. „Mach es nicht kaputt und – bring uns nicht um.“ Er lachte gut gelaunt. „Du bettelst mich seit fünf Jahren an, dich aufzuschlitzen.“ „Ja, doch davon abgesehen, dass du es immer noch nicht getan hast, will ich nicht in einem Auto zerquetscht werden.“ Sie machte das Handschuhfach auf und durchsuchte die Gegenstände. „Sei kein Spaßverderber und wenn du endlich deine scheiß langweilige Visage reparierst, töte ich dich auch.“ Sich zurücklehnend stütze er einen Arm auf den Fensterrahmen, und raste den Highway durch die Waldallee entlang. Die ersten Regentropfen fielen auf die Frontscheibe. Sie fuhren direkt in die Sturmfront. Er spürte den stärker werdenden Wind, der störend gegen die Seiten des Autos drückte. „Ich arbeite daran.“ Aus dem Augenwinkel beobachtete er, wie sie eine alte Sammlung von CDs herauszog. „Was machst du?“ „Ich suche nach passender Musik.“ Überlegend blätterte sie durch die Seiten der Mappe. Zack drosselte die Geschwindigkeit. Einerseits wegen des einsetzenden Platzregens und andererseits, weil er das Fenster herunterließ. Er packte das Bündel in ihrem Schoß und schmiss es in die Dunkelheit. Geräuschvoll ausatmend, verschränkte Ray die Arme. „Du kannst auch einfach etwas sagen.“ Er schnalzte mit der Zunge. „Ich will die Scheiße nicht hören, besser?“ „Humph.“ Anschließend kehrte Stille ein, in welcher der Regen unbarmherzig gegen die Scheiben hämmerte. Stark genug, damit die Scheibenwischer das Wasser nicht mehr zuverlässig entfernten. Seine Kiefer bissen aufeinander und er passte das Tempo widerwillig erneut an. Trotz Rays landläufig schlechter Meinung über seine Fahrkünste, besaß er sehr wohl ein gutes Verständnis für die richtige Geschwindigkeit. Dem entgegenrollenden Ast wich er mit einer seichten Lenkradbewegung aus. Mit den Ästen und den Blättern auf dem Highway entwickelte sich die Fahrbahn, in einen unberechenbar rutschigen Scheißhaufen. Darüber hinaus würde er sie nur über seine tote, kalte Leiche in einen Sturm fahren lassen. Sie hasste Unwetter und noch mehr Gewitter, wie es sich langsam am Horizont anbahnte. Auch wenn Ray es gerne überspielte, machte es sie unruhig und nervös. Sie rollte sich bereits zusammen. Rachel jetzt an das Steuer zu lassen, grenzte an schieren Selbstmord. Besonders, nachdem auf halber Strecke der Donner einsetzte und bald darauf die ersten Blitze den Himmel erfüllten. Aus seiner peripheren Sicht sah er ihren Körper zucken und ihre Finger, die sich ruhelos ineinander verknoteten. Für gewöhnlich verkroch sie sich in solchen Situationen, wie ein beschissenes Kleinkind unter seiner Decke. Dem Auslöser ihrer Angst ging er nie auf den Grund. Er vermutete irgendein Erlebnis in ihrer miesen Kindheit. „Wir hätten noch einen Tag im Motel bleiben sollen.“ Er hörte sie wegen des Lärms fast nicht. Die Blitze krachten in einer einzigen Shitshow herunter und langsam nagte die beschissen schlechte Sicht an seinen Nerven. „Sei nicht dumm.“ Seine Finger trommelten ungeduldig auf das Lenkrad, als sie das Ortsschild passierten. „Sie finden den Penner spätestens morgen früh.“ Ray seufzte und versank noch tiefer in ihrem Sitz. „Ja, stimmt.“ Er stieß genervt den Atem aus. Vorausgesetzt, sie öffnete irgendwann ihre verdammten Augen, sähe sie auch die Stadt, durch dessen Straßen er das Auto lenkte. Der Ort an sich strahlte diesen typischen Großstadtflair aus. Hohe Wohnbauten und düstere Gassen neben kleinen Parks. Ray besaß ein gutes Händchen für die richtigen Städte, das musste er ihr lassen. Hier interessierte es keine Sau, ob der Nachbar seit einer Woche Urlaub machte oder in seiner Wohnung krepiert war. Ideales Jagdterrain für ihn. Hinter einem Walmart bog er in eine breite Sackgasse und hielt den Wagen mit einem groben Abbremsen an. Die hohen Hausfronten boten einen hervorragenden Sichtschutz und schirmten den Dreckssturm einigermaßen ab. „Zack?“ Ray blinzelte überrascht und sah ihn an. „Warum hältst du?“ „Willst du bei dem Scheißwetter tatsächlich raus und ein passendes Motel suchen?“ Er ließ den Fahrersitz grob nach hinten poltern und schnalzte die Rückenlehne auf die Rückbank. Bevor er seine Arme mit geschlossenen Augen hinter dem Kopf verschränkte. „Nein.“ Er hörte den Gurt klicken und ihren Sitz, den sie einstellte. Danach herrschte zwischen ihnen Stille, in der das Trommeln des Regens ihn schläfrig werden ließ. Zumindest so lange, bis sie begann ihren Körper nach rechts und links zu wälzen. Wie ein sterbender Fisch. Immer wieder. Der ganze Wagen wackelte und er spürte seine Geduld dahinsiechen. Sie seufzte elendig, und er schoss abrupt nach oben. „Was?!“ „Es ist kalt“, murmelte sie zu ihm gewandt. „Dann hol die verdammte Decke aus dem Kofferraum!“ Er warf sich gereizt in dieselbe liegende Position und ignorierte ihren Blick, den er auf sich spürte. Natürlich blieb sie im Auto. Einige Minuten der Ruhe vergingen, in denen er ausatmend entspannte, bevor sie sich erneut bewegte. „Ray, ich schwöre…“ Er riss die Augen auf, als ihre Finger auf seiner Brust landeten. „Was wird das?!“ Halb auf ihm krabbelte sie über die Mittelkonsole. „Es regnet.“ Seine Hände packten ihre Schultern und hielten sie in der Luft. Weg von sich. „Das ist mir scheißegal! Bleib auf deiner … “ Ihre Haare klatschten in sein Gesicht und sie verlor sämtliche Körperspannung. Seine angewinkelten Arme zitterten unter dem Gewicht. Verdammte Frau, sie nutzte den engen Raum aus. Sie gab seiner letzten Kraft den Todesstoß, indem sie sich mit einem Fuß abstieß. Schwer landete sie auf ihm und trieb die Luft aus seinen Lungen. Rays Finger krallten sich, wie ein verdammter Klammeraffe in seinem Hoodie fest. Ihr heißer Atem an seiner Halsbeuge jagte eine unangenehme Gänsehaut über seinen Rücken, nachdem sie ihren Kopf darin vergrub. „Ray!? Du verfluchte - Anstatt, dass du die verfickte Decke holst, musst du deinen Willen durchsetzen, huh?“ „Tut mir leid.“ Er stieß schwer die Luft aus, legte einen Arm über seine Augen und spürte seine Wangen erhitzen. „Tut es nicht.“ „Du bist warm.“ Sie suchte mit ihren Beinen eine bequemere Position und rollte sich schlussendlich auf seinem Schoß zusammen. Ihre kalte Nase spürte er durch seine Bandagen, genauso das Zittern ihrer Glieder. „Keine Scheiße…“ Seinen anderen Arm legte er um ihre Taille und rückte sie harsch näher. „Wenn du dich rührst, trete ich dich raus.“ „Mhm.“ Kapitel 2: Kill and Kiss ------------------------   Er liebte dieses Hochgefühl. Die panischen Augen und der herrliche Ausdruck des Entsetzens auf ihren Gesichtern. Seine Glieder kribbelten voller Euphorie und er lachte. Die Frau vor ihm stolperte, schrie und robbte weinend in die dunkle Sackgasse. „Bitte – bitte… Ich hab` Geld, du kannst alles haben…“ „Oh?“ Mit jedem Schritt, den er machte, erreichte die Angst in ihr ein neues Level. Er sah es. In jeder abgehackten Bewegung und jedem kleinen Schaudern. Gänsehaut jagte über seinen Rücken und er grinste, als sie die Wand erreichte. Sie erstarrte, hob zitternd die Finger an die Mauer. Genau in diesem Moment, wusste er, erkannte sie ihren Tod. „Du…“ Panisch sah sie ihn an. Schwarze Schlieren bedeckten ihr nasses Gesicht und ihre roten Lippen verloren die gemalte Kontur. Eine neue Welle von Tränen rollte über ihre Wangen. „Ich flehe dich an, bitte – meine Kinder warten auf mich!“ Er lachte. „Dann bettle und winsle um dein wertloses Leben!“   Seine Hand schloss sich fest um den Griff seiner Sense, schwang sie über den Kopf, und er genoss den markerschütternden Schrei. Die meisten Schlampen zeigten ihre besten Gesichtsausdrücke immer erst ganz am Schluss. So auch diese. Ihre Pupillen weiteten sich und ihre Züge zeigten ein herrliches Spiel aus Horror und Grauen. Die Klinge durchschnitt die Luft, zerteilte Fleisch und Knochen, wie Papier. Warmes Blut spritzte über den Boden, auf die Wände und sickerte in seine Kleidung.   Er schauderte. Sein Körper stand unter Strom, die unruhige Energie flachte langsam ab und verwandelte sich in Genugtuung. Schritte ließen ihn stocken und die Sense aus dem toten Leib reißen. „Ray!“ Vergnügt drehte er sich um. „Hast du gesehen, wie die Schlampe weggelaufen ist?“ Ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem Schmunzeln. „Ich dachte mir schon, dass sie passend ist. Hattest du Spaß?“ Mit einem kräftigen Schwung reinigte er die Sense von dem tropfenden Blut, bevor er sie auf seine Schulter legte. „Hölle, ja!“ Er legte grinsend seinen Kopf in den Nacken. „Kein Vergleich zu den Hurensöhnen, die du sonst anschleppst.“ Mit den Augen fixierte er Ray, die an ihm vorbei zur Leiche ging.   Es hatte ihn wirklich überrascht, als Rachel plötzlich eine Frau anschleppte. Weinerlich belanglose Scheiße über eine verlorene Katze erzählte und die Schlampe weiter in den Schatten zog. Für einen Moment hatte er sogar gezögert, unsicher ob er die Hure umbringen sollte. Sie fiel komplett aus Rays sonstigem Muster. Er erinnerte sich noch gut daran, wie sauer sie damals war, weil er eine dreckige Schulgöre aufschlitzte. Danach redete sie über Tage hinweg kein Wort und ignorierte ihn. Schlief sogar auf dem beschissenen Boden. Schlussendlich erzählte sie irgendeinen Bullshit über unauffällige Opfer. Weshalb sie Arschlöcher auswählte, die keiner schnell vermisste. Es war ihm egal, Hauptsache sie sprach normal mit ihm.   „Oi, Ray, warum die Schlampe?“ Sie nahm dem Weibsbild gerade den Schmuck ab und suchte nach verwertbaren Dingen. „Dir ist langweilig geworden.“ Er runzelte die Stirn. „Huh?“ „Die Frau, ich dachte, sie würde dir mehr Spaß machen.“ Er beobachtete das Messer in ihren Händen. Sie setzte es auf die blutbeschmierte Brust und rammte es in den Leib. „Mhm… Was auch immer …Was, zum Fick machst du da?!“ Er verzog das Gesicht und wandte sich ab. Ray zerhackte systematisch das tote Fleisch, zerschnitt die Haut und begutachtete ihr Werk. „Ich vertusche die Sense. Die Frau ist auffälliger und die Behörden werden sich mehr Mühe geben.“ Er seufzte, wiegte wartend den Eisengriff in seiner Hand. Stoff riss hinter ihm, und ehrlich, er wollte nicht wissen, was genau Ray gerade veranstaltete. Nach einigen Minuten wurde er ungeduldig. „Bist du bald fertig mit deinem kranken Mist?“ „Ja.“ Sie trabte neben ihn. Es blieb für ihn ein Rätsel, wie sie ihre Kleidung immer makellos, ohne Blut hielt. „Magst du die Schuhe?“ Sein Blick fiel auf die grauen Absatzstiefel. „Woher soll ich das wissen… Ich denke?“ „Hm.“ Unzufrieden wiegte sie die Dinger in den Händen. Er stieß die Luft aus, als sie zusätzlich noch die Stirn kräuselte. Seine Finger legten sich auf ihren Kopf, tätschelten unbeholfen das weiche Haar. „Ich hab` keine Ahnung von der Scheiße, Ray. Wenn dir der Müll gefällt, dann nimm ihn mit. Jetzt beweg deinen Arsch, ich will das Blut loswerden.“   Er stapfte aus der Gasse, in die Labyrinth ähnlichen Seitenstraßen. Rachel folgte ihm. „Ich behalte sie.“ Gut gelaunt hakte sie sich bei ihm ein. „Ray…“ Trotz der unausgesprochenen Warnung in ihrem Namen ließ er das Gör. Es brachte sowieso nichts. Selbst wenn er sie abschüttelte. Die verdammte Frau kam zurück, wie ein Bumerang. Außerdem nervte ihn der enttäuschte Ausdruck, sobald er sie wegstieß. Er seufzte ergebend.   Die Karre stand zwei Gassen weiter, gut versteckt hinter einem breiten Müllcontainer. Ray zögerte und er spürte ihren Blick. „Vielleicht sollte ich fahren?“ „Mach, was du willst…“ Seinen Arm aus ihrem Klammergriff ziehend schmiss er die dreckige Sense auf die Rückbank und ließ sich auf dem Beifahrersitz nieder. Er bereute es. Ray brauchte ewig. Erst überprüfte sie pflichtbewusst hundertmal die scheiß Spiegel. Anschließend stimmte etwas nicht mit dem Sitz. Irgendwann, als er bereits ungeduldig mit dem Bein wippte, rollte sie mit der Kupplung langsam rückwärts an dem Container vorbei. „Geh von der beschissenen Kupplung runter und gib endlich Gas“, presste er ungeduldig heraus. Der Wagen stotterte. „Der Weg ist zu schmal. Ich kann nicht schneller fahren.“ Er sah in den Seitenspiegel. Drei Meter Abstand, ohne Hindernisse. Genug. Er riss die Tür auf und sie würgte das Auto mit einem verwunderten Geräusch ab. „Zack?“ Durch die Scheinwerfer stampfend öffnete er keinen Augenblick später gewaltsam die Fahrertür. „Rüber…“ „Aber-“ Sie brach ab, beeilte sich und kletterte über die Mittelkonsole. Er knallte die Tür zu, wartete nicht darauf, bis sie anständig saß, sondern bretterte die Straße entlang. „Zack, der Abendverkehr!“ „Halt die Klappe.“ Er bremste trotzdem ab. Fuhr mit einem angemessenen Tempo auf die Hauptstraße. Das Motel stand glücklicherweise nicht weit entfernt. Viel länger und er hätte den nächsten Penner, der ihn schnitt, aus seiner verfickten Schrottlaube gezogen.   Direkt vor der Zimmertür parkte er und verschloss das Auto. Ray huschte an ihm vorbei, als er die Sense auf seine Schulter legte, und öffnete die Tür. Der Schuppen, indem sie seit drei Tagen schliefen, war nicht ganz so beschissen wie die Absteigen sonst. Es war das, was Ray als ordentlich sauber bezeichnete. Selbst wenn die lächerlich weiche Matratze seinen Rücken umbrachte. Oder der verdammte Warmwasserspeicher ausfiel.   Er lehnte seine Klinge neben dem rustikalen Esstisch an die Wand, während sie ihre Tasche durchsuchte. „Die Bandagen liegen im Waschbecken. Frische Handtücher und Wechselkleidung daneben.“ Er verdrehte die Augen. Zur Hölle, er sagte ihr jedes Mal, sie sollte das sein lassen. Hoffentlich wusch sie sein Zeug nicht wieder mit diesem Dreck. Zuletzt hatten sie gestunken, wie ein verschissener Rosengarten. „Lass die Scheiße endlich sein, Ray!“ Sie hielt inne. „Oh, ich habs vergessen, tut mir leid.“ Genervt ausatmend stapfte er in das Badezimmer. „Zack.“ „Was?“ Er sah über die Schulter. Sie zog sich gerade das an, was sie Jacke nannte. Ein kurzes Stück Stoff mit einer fellbesetzten Kapuze. „Wir fahren morgen, ich muss unsere Vorräte aufstocken. Willst du-“ „Ich komm´ mit, warte, bis ich fertig bin.“ Ray runzelte die Stirn und verzog ihre Lippen auf diese ganz spezielle Weise. Er hasste es. Es gab ihm immer das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. Ungefähr so, als versenkte er ihren Hundewelpen gerade in einem See. „Warum?“ „Warte einfach!“ Er wandte sich ab, knallte hinter sich die Badezimmertür zu. Dieses Mal funktionierte der Boiler, wenn auch nicht ohne seltsame Geräusche. Seine blutige Kleidung schmiss er samt dreckiger Bandagen achtlos in die Ecke und mied gezielt den Blick auf sein Spiegelbild. Er wusste, wie hässlich seine Visage war. Dafür brauchte er keinen verfluchten Spiegel. Sein kompletter Körper stellte eine einzige Freakshow dar. Weshalb Ray ihn überhaupt berührte, entzog sich jeder Logik. Verdammt, selbst er würde sich an ihrer Stelle nicht anfassen wollen.   Er tauchte in das heiße Wasser der volllaufenden Wanne und lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück. Die Motelzimmertür quietschte und er hörte sie leise ins Schloss fallen.   „Tch.“ Natürlich hörte Ray nicht auf ihn. „Dumme Frau…“ Sie mochte die Intelligentere von beiden sein und fand Lösungen, die er nicht einmal ansatzweise verstand. Das gab er gerne zu. Teufel nochmal, ohne sie wäre er jetzt noch auf B6 oder tot. Wahrscheinlich beides. Aber ihr Instinkt für Gefahren war einfach zum Kotzen. Sonst würde sie ihren geisteskranken Arsch in diesem Kaff nachts nicht vor die Tür setzen. Nicht in dieser elendigen Stadt, in der eindeutig etwas gewaltig schieflief. Er wusste, wovon er sprach. Der Hauptteil seines verfickten Lebens spielte sich genau auf solchen Straßen ab und in diesem Dreckloch läuteten sämtliche seiner Alarmglocken.   Er schlug auf den Wasserhahn und tauchte kurz unter.   Zum Henker, wenn er Ray unterschätzte. Ihm tat jedes armselige Arschloch leid, das ihr über den Weg lief. Setz diese Frau nur unter genug Druck und gib ihr eine Gelegenheit, mit einem Schulterzucken würde sie die ganze verfluchte Stadt abfackeln. Und genau dort lag die scheiß Knackpunkt. Sie brauchte eine Gelegenheit. Sonst schien sie kaum furchterregender als ein Kätzchen, das einem die Augen auskratzen wollte. Andernfalls hätte sie ihn damals auf B1 umgebracht.   Er legte seinen Arm auf den Wannenrand und entspannte seine müden Muskeln. Der Wasserhahn tropfte in einem gleichbleibenden Rhythmus und in der Nähe zerbrach jemand eine Flasche. Die Scherben klirrten und die besoffenen Jugendlichen grölten über die Straße. Weit entfernt hallten die Sirenen eines Krankenwagens wider.   Ärgerlich stöhnte er auf, riss seine Augen auf und griff harsch nach dem Shampoo. Er beeile sich nicht, allerdings ließ er sich auch nicht unnötig Zeit. Daher dauerte es nur einige Minuten, bevor er seinen Körper abtrocknete und die Bandagen routiniert darum wickelte. Wenigstens stanken die Klamotten dieses Mal nicht.   Das Zimmer fand er genauso wieder, wie er es verlassen hatte. Abzüglich Ray dieser Verrückten, die gerade erfolgreich seinen Abend ruinierte. Er packte die Sense, warf sie über seine Schulter und marschierte in diese gottverdammte Kälte hinaus. Mit dem Fuß knallte er die Tür zu und von oberhalb schrie irgendein Arschloch nach Ruhe.   Er mied die offene Straße, bog in eine schattige Seitengasse und verfolgte so die Strecke, welche Ray nahm. Es gab nur ein Geschäft in der Gegend, das infrage kam. Ein Superstore, dessen Öffnungszeiten bis Mitternacht reichten und indem sie unauffällig ihre Sachen kaufen konnte. Der Parkplatz begrüßte ihn, wie erwartet, mit gähnender Leere. Ab da brauchte er nicht mehr lange, bis er Rays Handtasche in einer unübersichtlichen Nebenstraße fand. Dreckig und nass, aber kein Blut. Er stieß genervt die Luft aus, warf ihr Zeug hinter einen Container und folgte dem Weg in die Gasse. Ihm begegneten seit Tagen genug Penner, die untereinander, wie Waschweiber quatschten und dachten, sie seien alleine. Neben dem typischen Gerede über den besten Dealer, plapperten sie auch über einen neuen Wichser, der den örtlichen Sexhandel an sich riss. Irgendwann würde er Ray an die verdammte Heizung ketten…   Fünf Straßen weiter spürte er zwei Idioten auf. Sie lehnten rauchend an der Gebäudemauer und unterhielten sich belustigt.   „…sie ist hübsch.“   Er verlangsamte seinen Schritt.   „Yeah, sie wird Marco viel Geld einbringen. Hast du gehört, was die Schlampe gesagt hat? Sie meinte, wir würden es bereuen!“ Beide Arschlöcher brachen in Gelächter aus. Das Geräusch ließ seine Fingerspitzen jucken und Gänsehaut raste über seine Arme. Die Drecksäcke wussten nicht, wie absolut gefickt sie waren.   „Sie wir-“ Das Pfeifen durchschneidender Luft war die einzige Warnung. Ein sauberer Schnitt und Blut schoss aus dem langsam zusammensackenden Leib. Es regnete herab, wie ein warmer Sommerregen. Der abgetrennte Kopf prallte plump auf den Boden.   Der andere Kerl verstummte abrupt und ließ seine Zigarette fallen. „W-was zum…“   Er liebte es, wenn sich die glücklichen Gesichter langsam in diesen schrecklich guten Ausdruck des Terrors verwandelten. Seine Sense schwang direkt gegen den Hals des Mannes und ein Schauer durchlief ihn. Ah, er durfte nicht vergessen, warum er hier war.   „Ich w-will keinen Ärger, Mann.“ Die Klinge schnitt durch die ersten Hautschichten und die Stimme des Bastards nahm eine hysterisch hohe Note an. „Ich beschaff dir alles, was du willst! Nur… Nur nimm das Ding weg.“   „Alles, huh? Dann fang an wo ist die Frau, über die ihr gesprochen habt?“ „Sie – Sie gehört zu dir?! Wir wuss-“ Mehr Blut quoll über die Klinge. „Wo. Ist. Sie?“ „Wir haben sie zu Marco in die Zweiundvierzigste gebracht.“ Als ob er jeden verdammten Straßennamen in dieser scheiß Stadt auswendig kannte. Der Typ musste es in seinem Gesicht lesen, er setzte hastig hinzu: „Durch die Gasse, immer geradeaus und an der Kreuzung in die enge Seitenstraße. Am Eingang steht einer seiner Männer.“   Er gab das Arschloch frei. Vielleicht lag es an seinem beginnenden Grinsen oder an seiner raueren Stimme, aber die Ratte wurde leichenblass.   „Du hast drei Sekunden. Ich schlage vor, du rennst!“ Er hob seine Finger. „Eins.“   Der Hurensohn taumelte keuchend an ihm vorbei.   „Zwei~“   Kaum auf halber Strecke stolperte der Idiot.   „Drei.“   Sein Grinsen verwandelte sich in unkontrollierbares Lachen. Zum Teufel, wenn er diesen Wichser laufen ließ. Er stieß sich ab. Der erste Schwung der Sense traf die Beine. Ein kraftvoller, brutaler Schlag. Wie Butter schnitt die Klinge durch Fleisch und Knochen. Der zweite Hieb schlitzte den Oberkörper von unten nach oben auf. Die Schreie hallten an den Wänden wider und verbanden sich zu einer Sinfonie aus Betteln und Flehen. Der dritte und vierte Schwung trennte die Arme ab. Zuckend lag der zerfetzte Leib in einem See aus Blut. Immer noch lebend. „Pff.“ Zacks Fuß traf brutal die kaputte Wirbelsäule. Der Bastard würgte an seinem eigenen Blut. „Ihr habt euch die falsche Frau ausgesucht.“ Die Klinge traf den Kopf.   Er streckte seinen Rücken durch, riss die Sense grob aus dem Schädel und machte sich in die angegebene Richtung auf. Der Kerl hatte die Wahrheit gesagt. Den Eingang fand er überraschend einfach. Auch den Trottel, der davorstand. „Was will-“ Das Arschloch schaffte es gerade noch von der Wand weg, bevor sich die Schneide unbarmherzig in dessen Hals bohrte. Die Wucht pinnte den röchelnden Penner an die Mauer. Langsam pisste ihn der ganze Scheißdreck richtig an. Zur Hölle, nächstes Mal ließ er Ray den Mist selbst ausbaden.   Er ignorierte den sterbenden Typen, ging zur Tür und trat sie aus den Angeln. Sie prallte mitsamt dem armen Schwein dahinter an den nächsten Türrahmen. Anscheinend brach dabei sein Genick, egal was kaputt ging, er blieb regungslos unter dem Holz liegen. Teilnahmslos stapfte er darüber, hörte das bekannte Knacken eines zerstörten Schädels. Stimmen. Hektische Schritte. Das Laden von Schusswaffen.   Als Kind hatte er aus Neugierde oder Langeweile zum Fick, warum auch immer in ein Ameisennest gestochen. Die kleinen Biester strömten der Reihe nach aus ihrem Bau. Genauso verhielt sich der Abfall hier. Nacheinander rannten sie ihm entgegen und wie damals beseitigte er jedes Mistvieh einzeln.   Blut nieselte über den schicken Teppich und die ersten Kugeln prallten gegen die Wände. Er verdrehte die Augen und duckte sich hinter eine der vier Säulen. Diese Dinger hasste er. Auch wenn Ray an ihrer eigenen Handfeuerwaffe einen Narren gefressen hatte, so verstand er nie weshalb. Der Müll besaß eine Handvoll Kugeln und ohne die Gelegenheit sie aufzuladen, war der Dreck nutzlos. So wie jetzt. Der Kugelsturm hörte auf und er stieß sich grinsend vom Boden ab. Vier Mann, allesamt leichte Beute. Ihre Schreie. Musik in seinen Ohren.   Der letzte Kerl ging gurgelnd unter. Sein Bauchraum säuberlich von links nach rechts aufgeschlitzt. Stille, in der er seine Klinge mit einer harschen Bewegung säuberte. Enttäuschend, er hatte irgendwie etwas anderes erwartet. Mehr Gegenwehr, mehr Kampf. Selbst ihre dummen Gesichtsausdrücke langweilten ihn. Er erstarrte. Dieses Klicken hinter ihm kannte er gut. Das Spannen eines Abzugs. Mit der Sense auf seiner Schulter drehte er sich um. Eine im Anzug steckende Brillenschlange. Ein wenig Ähnlichkeit mit Danny, dem Arschloch aber ihm fehlte es eindeutig an Geisteskrankheit und den blonden Haaren.   „Ich wusste, sie kam mir bekannt vor.“ Wenn Zack sich nicht irrte, zeigte die Waffe genau auf seine Stirn. Kein Zittern, keine Unsicherheit. Er musste aufpassen. „Lass uns einen Deal machen, Foster.“ „Huh… Der letzte Kerl, der mit mir verhandeln wollte, hat ein paar Gliedmaßen verloren.“ Desinteressiert neigte Zack sein Haupt und grinste, als ein Schauer sein Gegenüber erfasste. „Bedauerlich.“ Vorsichtig stieg der Typ über einen seiner ausblutenden Männer. Die Waffe zielgenau erhoben. „Ich denke, es handelt sich hier um ein Missverständnis. Ich will mich nicht mit dir oder der Kleinen anlegen.“ Er lachte auf. „Ist das so?“ „Ja! Sie ist oben. Unbeschadet bei den anderen Frauen. Nimm sie mit und geht. Ganz einfach.“ Sein Grinsen wurde breiter. Der Idiot vor ihm fror ein und verzog angespannt die Lippen. „Bewegst du dich, Foster, jage ich dir eine Kugel in deinen verrückten Schädel.“ „Den Satz habe ich schon öfter gehört und willst du wissen, was aus den Wichsern geworden ist?“ Er packte die Stangenwaffe fester. „Ich hab sie am Ende alle umgebracht!“ Nach vorne stürzend hob er die Sense. Die erste Kugel streifte seine Stirn. Die Zweite traf seine Schulter und während die Dritte seinen Hals entlangschürfte, zog er die Klinge nach unten. Der Pisser keuchte, hustete und brach vor ihm zusammen.   „Tch.“ Er trat zurück und begutachtete seine Schulter. Die verfluchte Kugel steckte selbstverständlich drin. „Fuck.“ Konnte die Nacht noch beschissener werden? Jetzt musste er das Teil von Ray rausholen lassen und wahrscheinlich ließ das Weib nicht locker, bis sie mit ihrer bescheuerten Nadel ran durfte. Er stöhnte genervt und zerrte die Sense lustlos in den ersten Stock.   Drei Anläufe brauchte er, bis er die richtige Tür eintrat. Das Kreischen der verschreckten Schlampen klingelte unangenehm in seinen Ohren. Sie sammelten sich ängstlich in einer Ecke. Nicht Ray. Sie saß mit überschlagenen Beinen auf dem Bett. Wie eine verfickte Königin. Keine Spur von Angst und sie besaß tatsächlich die Galle zu gähnen. „Zack.“ Sein Körper zitterte, während sie an die Frauen gewandt leichthin meinte: „Meine Begleitung. Tut mir leid, ich muss gehen.“ „Ray.“ Die Klinge hob sich fast von selbst. Bebend. Sie neigte verwirrt den Kopf und sein letztes bisschen Beherrschung löste sich auf. Die Eisenstange schlug brutal in den Schrank neben ihm ein. „TU WENIGSTENS SO, ALS BETRIFFT DICH DIE GANZE SCHEIßE, DU GEISTESKRANKE!“ Sie schien wirklich überrascht von seinem Ausbruch. Zornig wandte er sich ab, ließ sie betroffen stehen. Über die Leichen stapfend hörte er ihre schnellen, leichten Schritte. „Bist du wütend auf mich?“ „Halt die Klappe!“ Seine Schulter schmerzte höllisch und der zornige Griff um seine Waffe half nicht. Genauso wenig, wie der kalte Wind der Nacht. „Ich wusste, du kommst für mich“, murmelte sie hinter ihm und holte auf. „Danke.“ Er biss die Kiefer aufeinander. „Ich hätte auf dich hören sollen“, setzte sie leise hinzu. „Es tut mir leid.“ Den ganzen Weg bis zu dem Container, wo ihre Tasche lag, ignorierte er sie. Selbst dann zeigte er nur harsch darauf und stiefelte Richtung Motel.   Als Ray leise die Motelzimmertür schloss, knallte er die Tür zum Badezimmer hinter sich zu. Seine Sense pfefferte er unbedacht in die Wanne. Zerstörte Fließen und zerkratzte Porzellan. Energisch zog er den blutigen Hoodie aus, zischte vor Schmerzen und musterte das Einschussloch. Zaghaft klopfte es. „Zack?“ „Verpiss dich!“ Vorsichtig entfernte er die Bandagen an seinem Oberkörper. Faserreste klebten in seinem offenen Fleisch und bei jeder Bewegung spürte er die Kugel. Die Wunde würde ein richtiges Miststück werden. Schüsse brauchten schier ewig, ehe sie verheilten. Keine Ahnung, wie er den Scheiß jetzt rausholen sollte. „Du bist verletzt.“ Er sah auf. Ray stand im Türrahmen. Ihre Augen starr auf das blutende Loch gerichtet. „Hab´ ich nicht ge-“ „Du – du bist verletzt!“ “Hast du einen Sprung in deiner kranken Platte, oder was?“ Fahrig drehte er den Wasserhahn auf und hielt ein Handtuch darunter. „Wieso bist… Es waren doch nur…“ Er schlug mit der Faust gegen das Waschbecken. „WAS? WAS WAREN ES NUR, HUH!?“ Sie zuckte zusammen. „Ein verdammter Haufen bewaffneter Arschlöcher?“ „Dir passiert sonst nichts und ich dachte…“ Sie tapste näher. „Es tut mir leid!“ Er zuckte zusammen. Teils wegen der Schmerzen, teils, weil ihre Augen wässrig wurden. „Ray, heulst du jetzt, bring ich dich zurück!“ Hastig wischte sie sich über die Augen, trat an ihn heran und nahm ihm das Tuch ab. „Tut mir leid.“ „Hör auf dich zu entschuldigen.“   Widerwillig ließ er sich auf den Wannenrand drängen und stieß die Luft aus, als sie die Wunde reinigte. „Die Kugel steckt drin.“ „Kein Scheiß.“ „Warte hier.“ Sie huschte aus dem Badezimmer, kramte laut in ihren Taschen und eilte zurück. Wenn er es nicht besser wüsste, freute sie sich darauf. Der manische Glanz ihrer Augen beim Anblick ihrer Nadel, löste bei ihm einen Schauer aus. Und die Leute glaubten, er sei das Monster von ihnen beiden. Ray desinfizierte die Pinzette, drehte sich um und er packte ihr Handgelenk, noch bevor sie mit dem Teil näherkam. „Oi, ich bin keine deiner gruseligen Puppen. Sei vorsichtig!“ „Bin ich.“ Seufzend ließ er sie los und starrte an die Wand. Das Eisen tauchte in sein Fleisch und er verzog das Gesicht. Als er sich seine Sense in den Bauch gerammt hatte, tat es bei weitem nicht so weh. Wobei, vielleicht lag es auch an den Drogen, die in seinem Kreislauf Samba tanzten. Die Kugel fiel klirrend zu Boden. „Es braucht ein oder zwei Stiche.“ „Dacht ich mir.“ Es dauerte nicht lange, dann spürte er die Nadel. Seine Faust ballte sich unwillkürlich zusammen. Sie arbeitete langsam, aber präzise. Ihrer verrückten Neigung zum dank, die Nähte waren nahezu perfekt. „Fertig.“ Erleichtert atmete er aus, betrachtete die wütend rote Haut um den Faden. Dreck, er musste jetzt höllisch aufpassen, ansonsten riss er den Scheiß auf. „Zack? Danke.“   Er sah genervt auf. „Hör endlich -“ Die restlichen Worte blieben in seinem Hals stecken und alles wurde weiß. Ihre Lippen trafen auf seine. Warm und weich. Sein Herz stotterte, sein Körper fror ein. Erst mit dem stärker werdenden Druck und dem seichten Streichen ihrer Zunge über seine Unterlippe reagierte er. Grob stieß er sie weg, verlor das Gleichgewicht und knallte in die Wanne. Sein Kopf schlug hart gegen die Wand und nur mit Glück verfehlte er die Klinge seiner Sense. „Scheiße!“ Er zuckte zusammen. Sein Schädel pochte und frisches Blut quoll aus seinen Verletzungen. Einige Sekunden musste er tatsächlich die Augen schließen, weil sein Körper sich anfühlte, als wäre er gerade von einem verfickten Güterzug überrollt worden. „Zack! Bist du in Ordnung?“ „Nein, verdammt! Bist du jetzt komplett durchgeknallt?!“ Er starrte sie an, bevor er stöhnend seine Handflächen auf die Augen drückte. Sein Gesicht brannte ungut. „Du bringst mich irgendwann um!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)