Die Wölfe 3 ~Der Pianist des Paten~ von Enrico (Teil III) ================================================================================ Kapitel 12: ~Vincents Geburtstagsgeschenk~ ------------------------------------------ Die Zeit bis zu diesem verdammten Privatkonzert für Vincent vergeht viel zu schnell und egal was ich für Argumente liefere, Aaron lässt sich einfach nicht davon abbringen. Nicht mal Robin bekommt ihren Vater umgestimmt. Ich muss lernen mit den anderen Capos zurechtzukommen, pflegt er dann stets zu sagen. Als wenn es für mich eine Möglichkeit gäbe, mich mit dem Mistkerl friedlich zu einigen. Ich bin heil froh, dass er wenigstens zugestimmt hat, dass mich Toni begleiten darf. Hoffentlich hält ihn das davon ab, irgendwas zu versuchen, rede ich mir ein, als wir das Haus erreichen und ich auf der Schwelle zu seinem Apartment stehe. Meine Hand zittert so stark, dass ich es nicht schaffe den Knopf für die Klingel zu betätigen. „Wenn er irgendwas versucht, lege ich ihn um!“, sagt Toni. Ich lächle gequält. „Und dann? Dann bringt uns Aaron um!“, gebe ich zu bedenken. „Wir lassen es wie einen Unfall aussehen!“, sagt er. Ich lache in mich hinein, als wenn uns das jemand glauben würde, aber zumindest lockert sich meine Stimmung so weit auf, dass ich es schaffe die Klingel zu betätigen. Keinen Moment später bewegen sich Schritte im Apartment. Als sich die Tür öffnet, halte ich den Atem an. Vincent trägt lediglich einen Morgenmantel, in der Hand hält er ein gut gefülltes Weinglas. Es sind weder Geräusche noch Stimmen von Gästen zu hören. Von wegen er will mich irgendwem vorstellen. Der Mistkerl will doch nur eines, mich sich selbst zum Geburtstagsgeschenk machen. Einer Drohung gleich betrachte ich ihn. „Sieh einer an. Mut habt ihr ja, das muss man euch lassen“, sagt Vincent abfällig. Mein Blick wird noch dunkler. „Du weißt ganz genau, dass mir Aaron keine Wahl gelassen hat!“, entgegne ich. Vincent lacht und schwenkt sein Weinglas. „Ab und an kann der Alte doch nützlich sein!“ „Versuchst du irgendwas, sind wir weg, egal was Aaron davon hält!“, sagt Toni. Der Capo grinst breit und tritt einen Schritt bei Seite. Er sagt keinen Ton dazu, während sein Grinsen weiter wächst. Der führt was im Schilde, ganz eindeutig. Mein Magen rebelliert bei dem Gedanken. Am liebsten möchte ich mich noch auf der Türschwelle übergeben. „Dann kommt mal rein!“, sagt er. Toni kommt seiner Aufforderung nach, ich brauche einen Moment länger. Als er auf gleicher Höhe mit Vincent ist, sagt dieser ernst: „Eure Waffen!“, und streckt fordernd die Hand aus. „Wir wollen doch, dass alles friedlich bleibt!“ „Vergiss es!“, sagt Toni und greift an den Halfter unter seiner Jacke. Einen Schritt Abstand bringt er zwischen sich und Vincent, als wenn er fürchtet, dieser könnte sie ihm entwenden. Vincent seufzt theatralisch und greift sich an die Stirn. „Herr Gott, muss ich wirklich erst Aaron anrufen? Hat euch der Alte nicht gesagt, das Waffen tabu sind?“ „Hat er!“, entgegne ich und ziehe meinen Revolver aus dem Hosenbund. Die Patronen löse ich aus der Trommel und verstaue sie in meiner Hosentasche. Dann drücke ich ihm die Waffe in die Hand. Auffordern sehe ich Toni an. „Ernsthaft?“, will er von mir wissen. Als wenn wir hier eine Wahl hätten. Aaron hat mir noch mal extra eingeschärft, dass wenn von Vincent Klagen kommen, er uns höchst persönlich vor dem Hochhaus der Red Dragons absetzt. „Ja!“, sage ich Zähneknirschend, dann richte ich meine Aufmerksamkeit wieder auf Vincent, während ich weiter mit Toni spreche. „Du brauchst deine Waffe nicht. Jester hat dich gut ausgebildet. Wenn er was versucht, bekommst du ihn auch mit bloßen Händen zu Fall!“ Toni atmet schwer aus. Er zieht seine Pistole und entfernt das Magazin, dann reicht er sie Vincent. „Wie schön das ihr einsichtig seid!“, sagt der und legt die Waffen in die oberste Schublade seiner Kommode im Flur. Mit einem kleinen Schlüssel schließt er sie ab und lässt diesen in die Brusttasche seines Morgenmantels verschwinden. Mein Herz schlägt mir noch deutlich heftiger gegen die Brust. Bisher waren unsere Waffen unsere Lebensversicherung. Nun bleibt uns nur noch der Überraschungsmoment, das nicht Toni der Nahkämpfer von uns beiden ist, sondern ich. Immerhin habe ich seit mein Bein es wieder zulässt, wie ein Wahnsinniger trainiert. Nie wieder will ich wehrlos jemandem ausgeliefert sein, schon gar nicht so einem Schwein wie Vincent. „Also, wo ist das Klavier, damit wir diese Scharade hinter uns bringen können?“, will ich wissen. Vincent streckt den Arm mit dem Glas aus und deutet mit dem Zeigefinger voran Richtung Wohnzimmer. Natürlich der Ort, wo er das letzte Mal über mich hergefallen ist. Noch heftiger spüre ich meinen Puls, er schlägt mir bis an den Hals und rauscht mir in den Ohren. Nie wieder wollte ich dieses Zimmer betreten. Mit geballten Fäusten laufe ich den Flur entlang und biege in den vorgegebenen Raum ab. Toni hält sich dabei dicht an meiner Seite und sieht immer wieder prüfend über die Schulter zurück. Seine Nähe gibt mir die Kraft einzutreten. Tatsächlich steht nun ein Klavier in der rechten Hälfte des Raumes. Ansonsten hat sich nichts verändert. Die Fenster sind mit Vorhängen wie beim letzten Mal verdunkelt, Kerzen brennen auf dem Tisch. Ich muss meinen Blick auf die schwarz-weißen Tasten gerichtet halten, um der Panik in mir nicht nachzugeben. Zwei, allerhöchstens drei Lieder, dann habe ich meine Pflicht hier erfüllt und bin mit Toni so was von weg von hier. Die Haustür wird geschlossen, wir können einen Schlüssel hören, der im Schloss gedreht wird. Eisige Kälte kriecht mir den Rücken hinab. Das hier wird niemals gut für uns ausgehen. Vincent betritt kurz darauf den Raum, er kommt ohne Eile herein und setzt sich auf das Sofa. Seine Arme legt er weit über die Rückenlehne ausgestreckt ab, die Beine schlägt er übereinander. Wie Gott persönlich sieht er uns an. „Na los! Unterhaltet mich!“, sagt er breit grinsend. Ich atme angespannt aus und versuche meine verkrampften Finger zu lockern, dann gehe ich zum Klavier. Während ich mich setze, bleibt Toni weiterhin an meiner Seite und bezieht hinter mir Stellung, so wie es ihm schon fast in Fleisch und Blut übergegangen ist. „Hast du irgendeinen bestimmten Wunsch? Klassik oder was Modernes? Rock zum Beispiel?“, frage ich und hoffe inständig, es reicht ihm wirklich, dass ich ihm ein Geburtstagsständchen bringe. „Spiele etwas, das nach Verzweiflung klingt!“, sagt er und grinst süffisant. Seine Anspielung treibt mir noch mehr Panik ins Herz. Doch den Gefallen seinem Wunsch nachzukommen, tue ich ihm nicht. Die Melodie, die ich anstimme, ist zwar düster aber klingt nach Kampf. Er soll es nur versuchen, dann wird er schon sehen was er davon hat. Kampflos bekommt er weder mich noch Toni. Während ich spiele sondiere ich das Apartment. Die Glasvitrine könnte ich zerschlagen, dann hätte ich schon mal die Glassplitter als Waffe. Auch der silberne Kerzenständer auf dem Couchtisch gäbe einen guten Schlaggegenstand her. Zur Not habe ich meine Arme und Beine. „Nicht schlecht! Aber ein bisschen mehr Angst würde dem Musikstück gut zu Gesicht stehen!“, sagt Vincent. „Und dir würde ein bisschen mehr Respekt...“, versuche ich zu sagen, als ich im Augenwinkel eine flüchtige Bewegung Vincents wahrnehmen kann. Er zieht etwas aus der Tasche seines Morgenmantels und legt es sich an die Lippen. Es ist länglich, dünn und macht ein seltsam ploppendes Geräusch, als er hineinbläst. Irgendwas schießt an mir vorbei und veranlasst Toni dazu, sich an den Hals zu greifen. „Au...“, sagt er und zieht etwas Spitzes aus seiner Haut. Ich sehe erst ihn, dann Vincent entsetzt an. Was hat er getan? Es ging so schnell, das meine Aufmerksamkeit ihm nicht folgen konnte. Meine Musik verstummt, während ich ihn fragend ansehe. Den länglichen Stab dreht er durch seine Finger und sagt mit einem selbstgefälligen Lächeln im Gesicht: „Ein nettes kleines Spielzeug, mit dem die Ureinwohner dieses Landes versucht haben, sich gegen Revolver und Gewehre zu wehren. Natürlich ein sinnloses Unterfangen, aber trotzdem ein nützliches Werkzeug. Damit bin ich schon einige unangenehme Zeitgenossen losgeworden. „Was?“, entfährt es mir, während mein Herz einen Schlag lang aussetzt. Ein angestrengtes Stöhnen entkommt Toni, dass in ein schweres Keuchen übergeht. Hinter mir sackt er auf die Knie. Ich drehe mich nach ihm um. Sein Gesicht ist schmerzverzerrt, auf seiner Stirn bilden sich Schweißperlen. „Was... was war da drin?“, will er wissen und beißt die Zähne fest aufeinander. Seine Hand geht an das Hemd in Höhe seines Herzens, krampfhaft greift er in den Stoff. Ich kann der Szene nur fassungslos zusehen, ohne Luft zu holen, ohne mich zu rühren. Wie ein gottverdammter Alptraum fühlt es sich an. Vincent zieht eine Ampulle aus seiner Manteltasche und hält sie zwischen Daumen und Zeigefinger hoch. „Ein recht wirksames Gift. Es wird dich zunehmend lähmen, bis irgendwann deine Atmung aussetzt. Bei deiner Statur würde ich dir noch etwa drei Stunden geben.“ Vincents Lächeln wächst weiter, er beugt sich nach vorn weit über den Couchtisch, als er weiterspricht: „Das werden schöne letzte Stunden für dich werden! Du wirst sterben, so wie es sich für einen Straßenköter wie dich gehört“, verspricht er. Sterben? In weniger als 3 Stunden? Die Information hämmert durch meinen Kopf und findet keinen Halt darin. Toni keucht und sinkt in seiner Haltung weiter zusammen. Seine Muskeln beginnen zu krampfen. Immer öfter entkommt ihm ein schmerzverzerrtes Stöhnen. Tränen sammeln sich in meinen Augen. „Nein!“, stammle ich. „Na, kannst du jetzt etwas verzweifeltes für mich spielen?“, fragt Vincent mich. Neben der Panik frisst sich immer mehr Wut in mein Herz, ich werde dieses Schwein umbringen. Ganz egal wie und was Aaron dann mit mir macht. „Aber ich will ja mal nicht so sein. Ich biete euch beiden einen Ausweg!“, sagt Vincent. Die Glaskapsel mit der durchsichtigen Flüssigkeit darin, dreht er durch seine Finger. „Das hier ist nicht das Gift, sondern das Gegenmittel. Wenn du brav tust, was ich dir sage, bekommst du es vielleicht!“ Hoffnung flammt in mir. Kann ich damit wirklich Toni retten? „Fuck!“, knurrt mein Freund und krümmt sich auf dem Boden zusammen. Immer hektischer wird seine Atmung. Mehr und mehr Schweiß läuft ihm von der Stirn ins Gesicht. „Schon gut, was soll ich machen?“, will ich wissen. „Enrico... nicht!“, keucht Toni und sieht besorgt zu mir auf. Ich lächle ihn vertrauensvoll an. „Keine Sorge, das wird wieder! Ich beschaffe dir das Gegenmittel“, verspreche ich. „Brav!“, spottet Vincent. Hasserfüllt richte ich meine Aufmerksamkeit wieder auf ihn und frage: „Also, was willst du?“ „Steh auf!“, verlangt er. Ich tue was er sagt. „Und jetzt?“, frage ich und trete hinter dem Klavier hervor. „Zieh dich aus!“, sagt Vincent und spielt dabei weiter mit der lebensrettenden Dosis herum. „Enrico... lass...“, versucht Toni zu sagen, doch seine Stimme geht in einen gedämpften Schrei über, während er sich auf dem Boden wie ein Embryo zusammenkrümmt. „Du mieses Schwein!“, schnauze ich Vincent an. Er lässt die Kapsel absichtlich fallen. Ich halte den Atem an und spüre einen Stich durch mein Herz jagen, bevor er sie kurz vor dem Glastisch auffängt. „Erschreck mich doch nicht so, mit deinen bösen Worten!“, sagt er lachend. „Sonst geht das gute Stück noch kaputt!“, fügt er gehässig an. Ich atme schnell und stockend, während immer mehr Wut und Abscheu in mir aufsteigt. „Na los! Oder willst du deine kleine Hure weiter leiden lassen?“, fragt Vincent. Schon allein für seine Wortwahl will ich ihm den Hals umdrehen, doch mein Blick landet wieder bei Toni. Mein Leibwächter schüttelt mit dem Kopf. Ich schenke ihm ein warmherziges Lächeln. Wenn es ihn rettet, lege ich Vincent auch nackt um, um an die Ampulle zu kommen. Denn egal was der Capo vorhat, mitspielen werde ich sicher nicht. Während ich nur Toni ansehe und mir dabei einzureden versuche, dass hier nur für ihn zu tun, dabei mit ihm allein zu sein, knöpfe ich mir das Sako und das Hemd darunter auf. „Langsamer!“, befiehlt Vincent. Erst jetzt gelingt es mir den Capo wieder anzusehen. Wie befohlen öffne ich die letzten Knöpfe langsamer. Verbissen kämpfe ich gegen den Brechreiz in mir an. Doch allein sein lüsterner Blick und seine gierigen Augen lassen mich würgen. „Zieh das Jackett und das Hemd ganz aus!“, verlangt er. Ich beiße mir auf die Unterlippe und tue was er sagt, während ich beides zu Boden gleiten lasse. „Wie schnell der weiße Wolf doch zu einer billigen Straßendirne verkommen ist!“, sagt er und lacht. Ich balle die Hände zu Fäusten und kann dem Drang ihm die Gurgel umdrehen zu wollen, kaum noch bändigen. „Die Hose auch noch!“, verlangt er als nächstes. Ich atme schnell und kann meine Angst und die Panik kaum mehr verbergen. Meine Finger zittern so sehr, dass ich drei Anläufe brauche, um dem Gürtel zu öffnen. Noch schlimmer wird es bei den Knöpfen darunter. „Jetzt mach nicht so lange rum!“, schimpft Vincent. Noch mehr zittern meine Hände, sie sind so kalt und nass, das ich glaube sie sind bereits abgestorben. Es bringt nichts, ich bekomme die Knöpfe so nicht auf. Vincent spielt auffällig mit der Glaskapsel und drückt sie fest in seiner Faust. „Soll ich sie zerbrechen?“, fragt er. „Ist ja schon gut!“, murre ich und schiebe mir den Hosenbund einfach so von den Oberschenkeln. Ein Glück ist sie mir eine Nummer zu groß und lässt sich auch mit geschlossenen Knöpfen herabziehen. Um ihn nicht weiter zu provozieren schiebe ich mir den Stoff eilig von den Beinen. Nur noch in Unterhose und Socken dazustehen, treibt mir die Schamesröte in die Wangen, doch Vincent sieht nicht so aus, als würde ihm das reichen. „Die Unterhose auch!“, fordert er. „Aber...!“, versuche ich zu protestieren und lege schützend meine Hände über meinen Intimbereich. Vincent öffnet die Faust mit der Glasampulle und lässt sie klangvoll, flach ausgestreckt auf den Tisch knallen. Ich fahre zusammen. Hat er sie jetzt zerbrochen? Mein Herz setzt einen Schlag lang aus. Vincent hebt seine Hand, die Ampulle darunter ist noch intakt. „Du solltest mich nicht reizen!“, sagt er und sieht mir tief in die Augen. Ihn ihnen kann ich keinen Spielraum für Kompromisse lesen. Während meine Atmung wieder hart einsetzt und durch meine Lunge kratzt, ziehe ich auch die Unterhose aus und lege schnell wieder meine Hände über meine Mitte. „Jetzt zufrieden?“, frage ich angriffslustig, um mich von diesem entwürdigenden Moment abzulenken. „Hände weg!“, keift Vincent. Ich ziehe meinen nächsten Atemzug scharf ein, als wenn mich seine Worte wie ein Messer verletzt hätten. Einen flüchtigen Blick richte ich zur Seite und sehe auf Toni herab. Sein Atem stockt immer wieder unter den Krämpfen seines Körpers, während keuchende Laute seinen Mund verlassen. Ich beiße mir so fest auf die Unterlippe, dass ich mein eigenes Blut schmecken kann, dann schließe ich die Augen und nehme meine zitternden Hände beiseite. Weil ich nicht weiß wohin mit ihnen, kralle ich meine Finger in meine Oberschenkel. Der freiwerdende Schmerz lenkt mich zumindest ein bisschen von dieser beschissenen Situation ab. „Sieh mich gefälligst an!“, fordert Vincent. Ich brauche all meine Beherrschung die Tränen zu schlucken, die sich immer mehr in mir sammeln und die Augen wieder zu öffnen. Vincent lächelt mich an. „Ja, genau so will ich dich haben, Straßenköter! Vor Angst und Panik vergehend!“, sagt er. Bei seinen Worten beiße ich mir noch fester auf die Unterlippe und schlucke immer wieder den eisenhaltigen Geschmack hinunter. Seine Augen fahren meinen Körper ab, als wenn er ein Stück Fleisch beim Metzger begutachten würde. „Mhm, Michael hat dich ganz schön entstellt. Schon ein bisschen schade“, stellt er nüchtern fest, dann beherrscht wieder ein klarer Befehlston seine Stimme, „Los umdrehen! Lass mich sehen, ob zumindest dein Arsch noch zu etwas zu gebrauchen ist.“ Mein Arsch? Will er etwa... Ich bringe den Gedanken nicht zu Ende. Das will ich mir nicht mal vorstellen. Bevor er mir dort zu nah kommt, schlage ich ihm sein scheiß Grinsen aus dem Gesicht. Umständlich bewege ich mich durch den Wäscheberg, der sich an meinen Knöcheln gesammelt hat, um mich umzudrehen. Noch immer sieht Toni mich kopfschüttelnd an. In seinen Augen stehen die Tränen, die ihm schließlich über die Wangen laufen. Ich versuche Zuversicht in meinen Blick zu legen und sehe für einen Moment nur ihn. Wenn es ihn nur rettet, dann... Ob Vincent wohl damit rechnet, wenn ich mitspiele? Wird er dann überrascht und abgelenkt genug sein? Toni scheint meine Gedanken zu lesen, denn seine Tränen mehren sich und seine Augen werden noch leidvoller. ‚Ich liebe dich!‘ – forme ich stumm Worte mit meinen Lippen. Wieder schüttelt Toni abwehrend mit dem Kopf. Ein letztes Lächeln schenke ich ihm, dann drehe ich mich um und straffe meine Haltung. Tief atme ich aus, dann gehe ich mit festem Schritt auf Vincent zu. Der Capo betrachtet mich forschend und hebt beide Augenbrauen dabei. Mit dem Oberkörper weicht er zurück. Dass er seine sichere Haltung verliert, gibt mir neuen Mut. Den Glastisch umrunde ich und bleibe direkt vor ihm stehen. Meine Hand strecke ich aus. „Du hattest deinen Spaß!“, sage ich in einem zuckersüßen Tonfall. „Jetzt gib mir das Gegengift und ich zeige dir vielleicht, wie wenig du mit einem Straßenköter wie mir im Bett mithalten kannst!“ Einen Moment lang betrachtet Vincent mich irritiert, dann kehrt jedoch das überhebliche Grinsen in seine Mundwinkel zurück. „Du willst das hier?“, fragt er und hebt die Glasampulle über meine Hand. Sacht senkt er sie ab, als wenn er sie mir geben wollte, dann schließt er sie in seiner Faust ein und drückt so fest zu, bis das Klirren von Glas zu hören ist. Flüssigkeit tropft zwischen seinen Fingern hindurch und mir in die geöffnete Hand. Ich reiße meine Augen auf und sehe den Tropfen dabei zu, wie sie mir in die Hand fallen. Als Vincent seine Faust öffnet, kommen kleine Glasscherben hinzu. „Nein...“, kommt es mir beinah tonlos über die Lippen, während sich mein Entsetzen in puren Hass wandelt. „Du mieses Schwein!“, schreie ich ihn an und packe ihn mir mit der linken Hand an seinem Morgenmantel, mit der rechten hole ich weit aus. Ohne zu zögern oder nachzudenken, schlage ich zu und platziere meine Faust mittig in seinem Gesicht. Vincent kippt zur Seite um, in die Sitzfläche des Sofas. Noch immer flammt der blanke Hass in mir und lässt mich vergessen, dass ich nackt bin. Ich setze mich auf seine Oberschenkel und beuge mich weit über ihn. Bevor der Mistkerl seine Fassung wieder findet, greife ich mit beiden Händen seinen Hals und drücke fest zu. „Ich bringe dich um, du verdammter Wichser!“, schreie ich ihn dabei an. Wenn schon, dann wird er mit mir und Toni zusammen zur Hölle fahren. Vincent greift nach meinen Handgelenken, er versucht sie von sich zu lösen und strampelt unter mir, doch ich setze mich mit meinem ganzen Gewicht auf ihn und lasse nicht locker. Panik steigt in seine Augen, wild suchen seine Hände nach einem Gegenstand, um sich gegen mich zur Wehr zu setzen. Sein Gesicht wird zunehmend rot, während seine Lippen eine blaue Farbe annehmen. „Jetzt stirb endlich!“, knurre ich ihn an und drücke fester zu. Dieses miese Schwein hat kein Recht am Leben zu bleiben. Rot treten die Adern in seinen Augen hervor, sie sind alles worauf ich mich noch konzentrieren kann, während ich abwarte, dass das Leben aus seinen Augen weicht. Dass er etwas zu fassen bekommt, sehe ich nur im Augenwinkel, doch als ich es begreife, spüre ich schon einen harten Schlag auf meinen Hinterkopf, einmal, zweimal. Schmerz spüre ich keinen, lediglich ein dumpfes Pochen, also halte ich eisern an meinem Griff fest, doch als mich das Metall ein drittes Mal trifft, zucken dunkle Flecken durch mein Blickfeld. Die Kraft weicht aus meinen Händen. Ich gewähre Vincent damit einen Atemzug, der ihm neue Kraft gibt. Den Gegenstand lässt er los, er fällt in den Spalt zwischen Sofa und Tisch, dann packt er mich hart im Nacken und zerrt mich von sich. Mit Schwung wirft er mich neben sich auf den Tisch. Er kippt mit mir zur Seite um und begräbt mich unter sich. Die Glasplatte trifft mich in die Niere und lässt mich nach Atem ringen. Auch der Schmerz an meinem Hinterkopf holt mich allmählich ein. Als ich nach der Stelle greife, werden meine Finger feucht. Ein unheilvoller Schatten legt sich über mich. Blinzelnd sehe ich an den dunklen Flecken in meinem Sichtfeld vorbei, zu Vincent auf. Er hustet und reibt sich den Hals, von seiner aufgeplatzten Lippe läuft Blut sein Kin hinab. Der Capo wischt es sich mit dem Handrücken aus dem Gesicht. In seinen Augen spiegelt sich Mordlust und der blanke Hass. Ich erschaudere und versuche mich vergeblich unter dem Tisch herauszukämpfen. Ohne ein Wort zu sagen, packt er mich am Hals und zerrt mich auf die Beine. Er zieht mich so hoch, dass meine Füße keinen Halt auf dem Boden finden. Panisch greife ich nach seinen Fingern, doch ich bekomme sie nicht gelöst, also trete ich nach ihm. Als ich seinen Oberschenkel treffe, verzieht er das Gesicht und wirft mich von sich. Ich falle in die Rückenlehne des Sessels und kippe mit ihm zusammen nach hinten um. Der Aufprall drückt mir die wenige Luft aus der Lunge, die noch in ihr übrig ist. Keuchend japse ich nach Sauerstoff. Wieder legt sich Vincents Schatten über mich. Er greift mir in die Haare und zerrt mich daran hinter sich her. Mein Körper schleift dabei über den Teppichboden, ein heißes Brennen reibt sich in meine Haut. Ich schreie und strample, doch ich bekomme seine Hände nicht gelöst. Vincent hält auf eine Tür im Raum zu, als er sie öffnet und weiter geht, verschwindet der Teppich, der Boden wird glatt und kalt. Ich erschaudere. Der Capo zerrt mich höher, seine Hand wandert in meinen Nacken. Sein Griff ist so unbarmherzig, dass ich ihm nachgeben muss. Mit dem Oberkörper zwingt er mich über eine Badewanne. Sie ist bis knapp unter den Rand mit Wasser gefüllt. Als ich sein Vorhaben erahne, suche ich einen festen Stand auf meinen Beinen und versuche mich gegen seine Kraft zu stemmen. Vincent tritt mir daraufhin in die Kniekehlen und zwingt mich so auf die Knie. Meinen Kopf drückt er unter Wasser. Die Atemnot macht den Schmerz in meinem Körper noch präsenter. Ich atme den Sauerstoff in meinen Lungen in tausend Luftblasen aus, zapple und winde mich, doch er ist stärker. Seinen heißen Körper spüre ich im Rücken. Er öffnet etwas in seinem Schritt. Neue Panik überkommt mich und lässt mich weiter rebellieren, doch je länger mein Kopf unter Wasser bleibt, um so schwerer werden meine Glieder. Meine Lunge brennt wie Feuer. Vincent erstickt meine Gegenwehr zunehmend, bis es in meinen Ohren zu pfeifen beginnt und sich Dunkelheit über meine Augen legt. Die Geräusche meines Kampfes stumpfen ab. Gerade, als ich glaube hier und jetzt sterben zu müssen, zerrt Vincent mich aus dem Wasser. Mein Körper pumpt Sauerstoff in meine Lungen und holt das Licht und alle Geräusche mit so viel Intensität zurück, dass ich glaube davon erschlagen zu werden. „Das du es überhaupt wagst mich anzugreifen!“, schreit mir Vincent ins Ohr, dann drückt er mich wieder über den Wannenrand ins Wasser. Ich habe noch nicht genug geatmet, um den Sauerstoffmangel auszugleichen und seine brutale Art lässt meinen Körper vor Schmerz erbeben. Zappelnd versuche ich ihm zu entkommen, doch immer weniger Kraft kann ich dafür aufbringen. Als er mich endlich wieder hinaufzieht, ist alles was ich noch zu Stande bekomme, wild zu atmen. „Dafür wirst du Bluten!“, keift er mich an und zerrt mich weit genug hinauf, dass ich stehen muss. Meine Beine zittern so stark, dass ich auf ihnen keinen Halt finde. So hat er kein Problem damit, mich wieder kopfüber in die Wanne zu drücken. Seinen Schritt kann ich an meinem Hintern spüren, sein Glied reibt bereits hart an mir. Ich schüttle unter Wasser mit dem Kopf, meine Tränen verlieren sich im Badewasser. Harte Schläge treffen meinen Hintern und lassen mich jedes Mal von neuem zusammenfahren. „Wird Zeit dir zu zeigen, wo dein Platz ist, Köter!“, höre ich seine Stimme durch das Wasser gedämpft. Seine Hände ziehen meinen Hintern weit auseinander, während sein Glied in mich eindringt. Ich schreie die wenige Luft, die ich noch habe ins Wasser. Der zerreißende Schmerz nimmt mir den letzten Widerstand. Als er sich auch noch zu bewegen beginnt, will ich nur noch sterben dürfen. Bitte... vorbei... endlich – stammelt mein Geist, doch immer wenn sich mein Bewusstsein auflösen will, zerrt Vincent mich aus dem Wasser. Dann atmet mein Körper das Leben ein und wehrt sich gegen den Tod. Zitternd und sich vor Qual windend, doch kaum einen Moment später finde ich mich unter Wasser wieder. Vincent macht ein Spiel daraus, das ihn so zu erregen scheint, dass seine Bewegungen in mir einfach nicht enden wollen. Die ersten zwei Male, in den sich der Capo in mir verliert, bekomme ich noch mit, dann verschwindet alles zunehmend im Nebel. Selbst als er mich endgültig aus der Wanne zerrt und auf den Boden wirft, bleibt alles unwirklich. Nur die Deckenbeleuchtung schwirrt durch meinen schwindenden Geist, wie sie auf und ab tanzt und ab und an von Vincents Gesicht und seinen blutrünstigen Augen ersetzt wird. Längst wehre ich mich nicht mehr. Trotzdem spüre ich immer wieder seine Hände um meinen Hals, die mir den Atem nehmen. Dann verschwinden das Licht und die Geräusche eine Weile, doch beides kommt in unregelmäßigen Abständen immer wieder. Dann höre ich sein Keuchen, spüre sein Glied, das durch meinen Hintern jagt und seine Hände, wie sie sich um meine Kehle schließen. Wenn ich zu weit abdrifte, schlägt er meinen Kopf gegen den Boden. Das holt mich für einen Moment zurück, glaube ich dabei doch, dass mein Schädel explodiert. Warm fließt mir mein Blut ins Gesicht und bleibt an den Fliesen haften. Rot, überall ist dieses blutige Rot. Immer öfter schwinden mir die Sinne, bis es irgendwann dauerhaft schwarz und still bleibt. Ich spüre eine letzte Träne von meiner Wange fallen und hoffe Toni dort zu finden, wo ich nun hingehen werde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)