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50 Jahre später

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
So, ihr Lieben, ich komme mit der Nachbearbeitung gut voran. Hier gibt es schon mal das nächste Kapitel für euch, damit die Wartezeit nicht zu lang wird. ^^
@ irish_shamrock: ich habe rausgefunden, warum dir Jeans Szene wie eine Ich-Perspektive vorkam. Mir waren da tatsächlich zwei Ich´s reingerutscht. Hab ich korrigiert. O_~ Komplett anzeigen

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‚The Troubles‘, dachte Aeryn verständnislos, während sie den Blick ein letztes Mal über die Lichter von Kilkenny schweifen ließ. ‚Die Wirren‘, so nannte man die aktuelle Lage in Irland und Nordirland. Aeryn merkte nichts davon. In Nordirland herrschten bürgerkriegsähnliche Zustände, sagte man. Die Demonstrationen und Protestmärsche der katholischen Nationalisten hatten wohl schon über tausend Todesopfer und zehntausend Verletzte gefordert. Dieser Konflikt tobte dort bereits seit 5 Jahren. Und ihr Meister ging davon aus, dass er noch etliche Jahre weitergehen würde.

Hier in Kilkenny spürte man nichts von irgendwelchen Wirren. Die Stadt lag tief im Landesinneren. Nordirland schien weit weg. Kilkenny war ein mittelalterlicher, friedlicher Landstrich, geprägt von alten Klöstern und Töpfer-Handwerk. Aeryn konnte sich gar nicht vorstellen, dass hier jemals Krieg ausbrechen könnte. Überhaupt konnte sie sich Krieg nicht vorstellen. Sie war ihr Leben lang zu Frieden und Harmonie erzogen worden. „Müssen wir denn wirklich fort?“, versuchte sie ihren Meister ein letztes Mal umzustimmen und warf sich ihr Bündel über die Schulter.

„Das müssen wir, Kind. Es geht nicht anders. Wenn ‚die Wirren‘ auf ganz Irland übergreifen wie ein Lauffeuer, dann wäre es weise, nicht mehr hier zu sein.“

Das Mädchen verengte leicht die Augen. Sie war schon 13 Jahre alt und hasste es, von ihrem Meister als Kind bezeichnet zu werden. „Aber wer sagt denn, dass es dazu kommen wird? Die ‚Troubles‘ toben dort schon seit fünf Jahren. Wieso sollten sie uns jetzt noch erreichen?“

„Ein großer Wahrsager unseres Ordens hat es so vorausgesehen“, meinte der alte Druide nur knapp angebunden, und ging forschen Schrittes voraus. Er war in Eile, als stünde Kilkenny bereits in Flammen.

„Aber …“

„Willst du etwa die Visionen eines unserer angesehensten Meister anzweifeln?“

„Nein. Aber müssen wir denn wirklich SO WEIT weg? Wenn wir ein Schiff besteigen und in die Neue Welt segeln, sehen wir unsere Heimat wohl nie wieder!“

Keine Antwort.

„Ich bin hier verwurzelt. Wir alle sind hier verwurzelt. All unsere schamanischen Praktiken sind untrennbar mit der Geschichte dieses uralten Landes verbunden! Wir beziehen unsere Kräfte aus diesen Landen.“

Wieder keine Antwort.

„Meister Kilian!“

„Du bist noch zu jung, um das zu verstehen“, winkte der Meister nur mürrisch ab. Er war noch nie sehr geduldig gewesen, und er hatte jetzt sichtlich keine Lust, mit seiner Novizin über längst Beschlossenes zu verhandeln. Sie würden Irland verlassen, ohne Wenn und Aber. Sie mussten ihr Wissen und ihre Fähigkeiten in Sicherheit bringen. Irland war zu gefährlich für den keltischen Schamanismus geworden. Er war nicht der einzige Druide, der so dachte. Einige andere Meister waren schon vor ihm aufgebrochen, und nicht wenige äußerten bereits ähnliche Pläne. Überhaupt waren derzeit viele Iren mit der Umsiedlung in die Neue Welt befasst.

Sie blieb stehen und verschränkte die Arme. „Und wie steht es um meine Prüfung nächstes Jahr!? Ich sollte in den Stand einer Druidin erhoben werden, wenn ich sie bestehe! Soll sie nun einfach ausfallen?“

Meister Kilian hielt ebenfalls an und schaute seufzend zu ihr zurück.

„Und warum müssen wir mitten in der Nacht verschwinden, als befänden wir uns auf der Flucht!?“, diskutierte Aeryn uneinsichtig weiter.

„Weil du deine Prüfung noch heute Nacht ablegen wirst“, gab der alte Mann mild zurück. Die Milde ließ er bewusst einfließen, um die aufgeheizte Stimmung nicht noch weiter anzufachen, und um seine Novizin zu beschwichtigen. Er freute sich einen Moment lang über ihr dummes Gesicht. Damit hatte sie nicht gerechnet. Eigentlich hatte es ja auch eine Überraschung sein sollen. Aber seine halbwegs überstürzten Reisepläne machten da vieles zunichte. „Nun komm schon, wenn wir noch pünktlich sein wollen. Zum großen Hafen von Duncannon brauchen wir mit der Kutsche fast 5 Stunden, in der Dunkelheit wahrscheinlich noch länger. Und das Schiff legt im Morgengrauen ab.“

Aeryn strich, geplagt von akutem Lampenfieber, ihr dunkelgrünes, keltisches Kleid glatt, und folgte ihm dann ohne weitere Widerworte. Die Prüfung! Fast ein Jahr früher als gedacht. Hatte überhaupt jemals ein Druiden-Schüler die Prüfung so jung absolviert? War sie denn schon so weit? Sie ärgerte sich, all die Jahre nicht wesentlich fleißiger gelernt zu haben. Sie lebte bei Meister Kilian, seit sie 5 Jahre alt war. Acht lange Jahre hatte er sie in all den schamanischen Künsten und der Lebensweise der Druiden unterwiesen. Aber war das genug?
 

„Welche Aufgabe wollen wir ihr geben?“

„Ihr müsst bedenken, dass sie die Prüfung fast ein Jahr zu früh ablegt. Es darf nichts zu schweres sein.“

„Zaubertränke?“

„Das dauert zu lange. Wir müssen unser Schiff rechtzeitig erreichen, sonst läuft es ohne uns aus“, gab Meister Kilian zurück.

Aeryn saß am Rand und verfolgte nervös die Debatte. Sie hatten Duncannon in unnötiger Eile, aber ohne Zwischenfälle, erreicht. Langsam fragte sich Aeryn wirklich, was Meister Kilian so in Panik versetzte. Im Wald nahe des Hafens waren sie auf zwei weitere Druiden getroffen: ein Mann mit Stirnglatze und langem Rauschebart, und einer reifen Frau im weißen Kleid, mit einem Blumenkranz im Haar. Keiner der beiden hatte sich ihr namentlich vorgestellt. Zusammen mit Meister Kilian würden die zwei ihre Prüfung begutachten.

Die Frau wandte sich mit einem gütigen Lächeln an Aeryn. „Liebes, in welcher Disziplin würdest du denn gern geprüft werden? Was kannst du besonders gut? Nimm aber zur Kenntnis, dass das Thema deiner Prüfung über dein ganzes, weiteres Wirken entscheiden wird, denn darin wirst du zum Meister erklärt."

„Hm~ … Geister anzurufen würde mir gut gefallen“, entschied Aeryn.

„Das ist aber schwer.“

„Naja, es ist ja auch eine Prüfung, nicht wahr?“, gab sie zögerlich zurück. „Sie wollen doch testen, wie gut ich bin.“

„Nagut“, entschied der fremde Mann mit dem Vollbart. „Dann lade einen Geist ein, in einen Talisman zu fahren, und euch auf See zu schützen. Das könnt ihr während eurer Überfahrt wahrlich brauchen.“

Aeryn überlegte kurz, wie sie das anstellen könnte, und welche Geister dafür am nützlichsten waren, dann nickte sie. „Ich werde einen Wassergeist anrufen. Dafür brauche ich aber eine Wasserschüssel.“

Die Druidin mit dem Blumenkranz nickte. „Ihr habt wohl in eurem Reisegepäck keine? Du kannst eine von mir haben.“
 

Aeryn schaute abschätzend zum Mond hinauf. Er stand derzeit im Sternzeichen Waage. Das war ein Sternzeichen des Elementes Luft. Nicht ideal, um einen Wassergeist anzurufen, aber es würde gehen. Solange er nicht in den Feuer-Sternzeichen Widder, Löwe oder Schütze stand, war es kein Hindernis. Die nähe zum Meer würde das wieder ausgleichen. Das Mädchen ließ nochmal den Blick über die Kulisse wandern, um sicherzugehen, dass keine unliebsamen Überraschungen ihr Ritual stören würden. Neben ihr brannte ein Lagerfeuer, das auf der kleinen Waldlichtung für etwas Licht sorgte, denn der Mond allein war nicht hell genug. Aeryn hatte sich die Lichtung selbst ausgesucht. Es war der energetischste Ort, den sie auf die Schnelle hatten finden können. Schade, dass es nicht hell genug war, um die bunten Herbstfarben des Waldes zu sehen. Sie mussten gerade in voller Pracht leuchten. Sie hatte einige Zweige in eine halbwegs ansehnliche Form geflochten, damit man das Konstrukt guten Gewissens als Talisman verwenden konnte, und kniete damit nun vor der großen, randvoll gefüllten Wasserschüssel. In der sollte ein Wassergeist erscheinen, wenn sie ihn rief, damit sie mit ihm über eine Zeit des Schutzes verhandeln konnte. Ein Schutzgeist konnte eine raue See besänftigen und im schlimmsten Fall vielleicht sogar verhindern, dass ihr Schiff unterging.
 

Als Aeryn die uralten, gälischen Zauberformeln anhob, kam Wind auf. Auf der Lichtung waren sie davor recht sicher, aber er griff in die Baumkronen ringsum und schüttelte diese kräftig durch.

Hinter den Meistern waren Stimmen zu hören. Da stießen weitere Menschen zu ihnen. Zufällige Passanten wahrscheinlich. Die fremde Druidin stand auf und ging hin, um mit ihnen zu sprechen, damit Aeryns Ritual nicht gestört wurde.

„Heiden!“, rief irgendwo jemand. „Haltet sie auf! Nieder mit ihnen!“ Unter den Passanten entbrannte ein Handgemenge. Die Druidin, die mit ihnen gesprochen hatte, schrie schmerzerfüllt. Ihr war eindeutig etwas angetan worden.

Die anderen beiden Meister sprangen erschrocken auf.

Aeryn rezitierte fieberhaft weiter. Sie war mit der Beschwörung schon zu weit fortgeschritten, um sie jetzt noch gefahrlos abbrechen zu können. Sie musste weitermachen. Und der Wind nahm immer weiter zu, bis er sehr bald zu einem tosenden Heulen angewachsen war.

Die zwei Meister warfen beunruhigte Blicke in die Runde.

„Der Sturm! Aeryn, hör auf“, bat Meister Kilian.

„Das bin ich nicht!“, stellte sie klar.

Noch ehe sie weiter debattieren konnten, was hier wohl los war, erschien in Aeryns Wasserschüssel ein kaltblütiges, goldenes Augenpaar, das nichts Menschliches an sich hatte. Irgendetwas war ihrem Ruf gefolgt und erschienen. Sie erschauderte. Was immer das war, ein Schutzgeist war es definitiv nicht. Wohl nicht mal eine Kreatur des Wassers. Und dann brach die Hölle erst so richtig los. Die gewaltbereiten, wahrscheinlich kirchlichen Passanten waren bewaffnet. Ein Pfeil pfiff durch die Luft, pinnte geräuschvoll in Meister Kilians Brustkorb und riss ihn von den Füßen. Im gleichen Moment fuhr das Wesen als gestaltlose Macht aus dem Wasser, wobei das Wasser weiträumig in der Umgebung verspritzt wurde, und mischte sich unter den Wind. Der Orkan wurde nochmals stärker und wirbelte die Umgebung durcheinander. Der Sturm nahm jede Menge trockenes Herbstlauf auf, zog es wirbelnd durch das Lagerfeuer, wo es in Flammen aufging, und trug es in die Bäume ringsum. Schon hatten etliche Bäume um die Lichtung Feuer gefangen und brannten lichterloh. Dass hier übernatürliche Mächte am Werk waren, merkte man schon allein an der rasenden Geschwindigkeit, mit der das Inferno sich ausbreitete.

„Halte ein!“, schrie Aeryn herrisch in den Wind, und zu dem Wesen, das mit diesem um die Wette tobte. „Dich habe ich nicht gerufen! Wer bist du?“

Als ob das eine Antwort wäre, zeigte sich kurz eine brüllende, geradezu dämonische Fratze in der Feuerwand, die sofort wieder verschwand.

Der bärtige Meister packte Aeryn um die Taille und zog sie weg. „Wir müssen verschwinden!“, rief er über das Getöse hinweg.

„Nein! Noch nicht!“ Das Mädchen zappelte und wehrte sich. „Das Ritual muss beendet werden!“

„Das schaffst du nicht mehr! Du wirst sterben!“

Wieder pfiffen ihnen Pfeile um die Ohren, aber diesmal trafen sie zum Glück nicht. Erschrocken zog Aeryn den Kopf ein. „Ich muss diesen Geist dahin zurückschicken, wo er hergekommen ist, sonst …“

„Das ist kein Geist! Komm jetzt!“ Der fremde Meister hob sie hoch, warf sie sich regelrecht über die Schulter und rannte. „Du musst dein Schiff erreichen! Wenn die Leute dich nicht töten, dann tut es das Feuer!“

Das Mädchen gab den Widerstand auf, als sie sah, wie groß der Mob tatsächlich war, der sie verfolgte. Soweit sie die Anzahl der Fackeln vom ohnehin brennenden Wald unterscheiden konnte, mussten es dutzende sein. Wo kamen all diese Menschen her? Und was hatten sie gegen Druiden? „Lass mich runter! Wenn ich selber laufe, sind wir schneller!“, entschied Aeryn und strampelte sich frei.

Sie und der fremde Meister rannten ein ganzes Stück weit Hand in Hand. Sie rannten weit. Aeryns Lungen brannten wie nach einem Marathon, und sie war bei Gott nicht unsportlich. Dann verloren sich die beiden plötzlich in der Dunkelheit des Baumbestandes. Aeryn war unvermittelt allein. Panisch und getrieben von dem Pulk rannte Aeryn deshalb allein weiter. Immer in die Richtung, die sie vom tobenden Waldbrand wegbrachte. Unvermutet brach sie aus dem Unterholz und hatte das Meer vor sich. Über dem Wasser wurde der Himmel bereits dämmrig hellgrau. Ein neuer Morgen. Der Hafen war etwas weiter links zu finden. Es lag nur ein einziges, großes Schiff an den Docks. Aus dem Schornstein quoll bereits dicker, schwarzer Rauch. Die Auswahl, welches ihr Schiff in die Neue Welt war, war also denkbar gering. Aeryn unternahm eine letzte Kraftanstrengung und rannte. Die Taue waren schon gelöst und die Planke wurde bereits eingezogen, als sie das Dock erreichte, aber die Matrosen waren so freundlich, auf sie zu warten und ihr helfend die Hände über den größer werdenden Spalt zwischen Schiff und Steg entgegenzustrecken. Sie zogen Aeryn an Bord. An Deck brach das Mädchen erschöpft zusammen und wischte sich mit einem Ärmel über die verrußten Wangen.

„Meine Güte, Kind, was ist da im Wald los?“, wollte einer der Matrosen wissen und deutete auf das sich entfernende Festland hinaus.

Aeryn kämpfte sich wieder auf die Füße und schaute zurück. Vom Deck aus sah sie, dass bereits der halbe Wald in Flammen stand und sich das Feuer in sichtbarer Geschwindigkeit weiter ausbreitete. Sie schlang fröstelnd die Arme um sich. Sie hatte nicht ein einziges Gepäckstück retten können. Sie war nur mit ihrem nackten Leben und den Kleidern, die sie am Leibe trug, an Bord gekommen. Sie hatte gar nichts mehr. Das würde eine harte Überfahrt werden.

50 Jahre später
 

Hochmotiviert griff Kenneth nach der Klinke und warf sich schwungvoll gegen die Tür. Aber entgegen aller Gewohnheit hielt das verdammte Ding ihm diesmal Stand. Heute war sie abgeschlossen. Der Mann mit der wilden, blonden Lockenmähne klinkte noch ein paar Mal vergeblich am Türgriff, dann bequemte er sich doch endlich, das Schild an der Tür eines näheren Augenscheines zu würdigen. ‚Diese Woche wegen Krankheit geschlossen.‘, stand da. Fluchend trat Kenneth gegen die Tür, wohl wissend, dass sie nichts dafürkonnte, und zog eine Flunsch. „So´n Shit …“, maulte er in sich hinein und ließ den Blick die Straße hinauf und hinunter schweifen. Seine Stammkneipe hatte ernsthaft dichtgemacht, wenn auch nur für eine Woche. Wo gab es denn sowas? Wo sollte er jetzt seinen Alkohol herkriegen?

Eine nasskalte Windböe veranlasste Kenneth dazu, seine rockige Lederjacke fester um sich zu schlingen und sich mit dem Gedankenmachen etwas zu beeilen. Na schön, dann musste eben eine andere Kneipe her. Er wusste zwar auf die Schnelle nicht, wo die nächstgelegene zu finden war, aber das hier würde ja wohl nicht das einzige Lokal in der ganzen Stadt sein. Und immerhin war es erst mittags. Genug Zeit, eine Alternative zu suchen. Entschlossen marschierte er los, einfach auf gut Glück.
 

Zwanzig frustrierende Minuten später stolzierte er immer noch durch die Straßen, wie ein streunender Hund, und fror sich den Hintern ab. Die Geschäftsstraße hatte er längst hinter sich gelassen und verirrte sich langsam in einen Stadtteil hinein, in dem er noch nie gewesen war. Die Häuser wirkten alt, heruntergekommen und seltsam lethargisch. Sie vermittelten schon einen bewohnten Eindruck, aber auf andere Art als man es von Häusern sonst kannte. Die Gemäuer waren nicht voller Leben, sondern eher resigniert und eingeschläfert. Offensichtlich hatte auch Las Vegas seine tristen Ecken. Nicht alles bestand aus bunten Leuchtreklamen und Casinos wie der Las Vegas Strip oder die Fremont Street. Und weit und breit war keine Menschenseele auf den Straßen zu sehen.

Eine verwitterte Werbetafel über einer Tür auf der anderen Straßenseite erweckte Kenneths Aufmerksamkeit. Geruhsam schlenderte er näher und blieb dann davor stehen, um das Holzbrett zu betrachten. Das ‚Madame Fey‘ konnte man trotz der abgeblätterten Farbe noch entziffern. Sicher hatte mal mehr auf der Tafel gestanden, zum Beispiel welchem Gewerbe diese Madame Fey denn nachzugehen pflegte. Aber das wusste inzwischen nur noch die Zeit. Dennoch, hinter dem kleinen Glasfensterchen in der Tür schien schwaches Licht zu brennen. Hier war jemand zu Hause.
 

Kenneth war neugierig … oder, naja, ehrlicherweise war ihm nur kalt, und Kneipen gab es auch hier weit und breit keine … also drückte er die Türklinke und trat ein. Drinnen schlugen ihm Weihrauch und die Wärme von mehreren Dutzend Kerzenflammen entgegen. Das Kerzenlicht sorgte für eine gedämpfte Beleuchtung und warf unzählige, lange, lebendig anmutende Schatten kreuz und quer durch das Zimmer. Als sich seine Augen an das gespenstige Flackern gewöhnt hatten, schaute sich Kenneth um. Er befand sich in einem Raum, nicht größer als ein Wohnzimmer, der von einem massiven, runden Holztisch dominiert wurde. Die Wände und eventuelle Fenster waren mit schweren Stoffbahnen abgehangen. Weitere Türen gab es nicht, oder sie waren ebenfalls verhangen. Ansonsten war das Zimmer angefüllt mit Bündeln getrockneter Kräuter, mit Edelsteinen, Abbildungen übersinnlicher Wesen, Runen, astrologischen Zeichen und anderen, sonderbaren Symbolen. Und hinter dem Tisch saß das formvollendete Klischee einer Wahrsagerin: eine dicke, in die Jahre gekommene Frau mit Doppelkinn, Zigeuner-Kopftuch, einer ‚Glaskugel‘ vor sich auf dem Tisch und einem Stapel Tarot-Karten in den Händen, den sie geruhsam durchmischte. Es war alles dermaßen filmreif, dass es unmöglich seriös sein konnte. Kenneth kam sich vor wie auf einem Jahrmarkt, wo solche Hochstapler gern in ihren verzierten Mittelalter-Zelten das zahlungsfreudige Publikum unterhielten.

Sie deutete mit einem mütterlich-warmen Lächeln auf den freien Stuhl am Tisch, gegenüber von ihrem eigenen. „Ich habe dich schon erwartet“, war ihre schnörkellose Begrüßung. Ganz ohne ‚Guten Tag‘ oder ‚Herzlich willkommen‘ oder ‚Ich bin die Frau XY‘. Ihre Stimme klang dunkel und angenehm kratzig, wie bei einem starken Raucher.

Kenneth nahm also mit einem amüsierten Schmunzeln Platz. „Sie haben mich erwartet? Das sollte mich bei einer Wahrsagerin vermutlich nicht überraschen. Sie sind dann wohl die besagte Madame Fey, die draußen auf der Werbetafel angekündigt wird?“

„Ich habe viele Namen“, erwiderte sie ernst und mischte in aller Gelassenheit ihre Tarot-Karten weiter.

„Ah ja. … Geld hab ich aber keins dabei, nur dass wir uns da gleich einig sind.“

„Ich habe ja auch keins verlangt.“

„NOCH nicht!“, konterte er schlagfertig. Dann wurde er stutzig. „Aber … ich meine … was wollen Sie denn sonst, wenn kein Geld?“

„Niemand kommt ohne Grund hier her. Diesen Grund offenzulegen, ist meine Aufgabe.“ Die Alte begann ein paar der Karten verdeckt auf den Tisch zu legen. Sie ließ diese Aussage so im Raum stehen. Man konnte das als Antwort auf seine Frage werten, oder eben nicht. Wovon sie die Miete für ihr kleines Domizil bezahlte, war daraus jedenfalls nicht abzuleiten. Sie legte den restlichen Stapel Karten beiseite und lächelte Kenneth wieder an. „Also. Wonach suchst du?“

„Eigentlich nach der nächsten Kneipe und einem schönen Bier“, gab er zu.

Madame Fey seufzte unmerklich. „Du machst es mir nicht leicht.“

„Naja, welche Antwortmöglichkeiten hätte ich denn zur Auswahl?“, hakte Kenneth nach. Er beschloss, das Spielchen mitzuspielen. Dass er sie nicht bezahlen würde, hatte er ja deutlich kundgetan. Wenn sie ihre Show trotzdem weiter aufziehen wollte, bitte, dann würde er kein Spielverderber sein.

„Suchst du Macht? Weisheit? Leidenschaft? Instinkt? Was ist es?“

Kenneth zog den Reißverschluss seiner schweren, schwarzen Lederjacke auf, weil ihm in dem kleinen, von Kerzenfeuer erhitzten Raum langsam warm wurde. Darunter kam ein Nickelback-T-Shirt zum Vorschein. „Hm~, Erfolg wäre mal ganz cool. Beruflich, meine ich.“

„Jede dieser Karten kann dir dabei helfen. Triff deine Wahl“, trug die Wahrsagerin ihm auf und machte eine einladende Geste über den verdeckten Tarot-Karten auf dem Tisch. Er sollte eine davon ziehen.

„Aha? Jede davon? Für so eine Behauptung müssten Sie ja schon wissen, welche vier Karten aus ihrem riesigen Stapel da liegen. Warum glaube ich Ihnen das nicht? Und überhaupt, das ist ja wie Lotterie. Wie soll ich mir eine aussuchen, wenn ich die Karten noch nicht mal gesehen habe!?“

Madame Frey schmunzelte belustigt in sich hinein. „Du hast ein Ziel vor Augen, wie ich sehe, und willst den Weg dorthin nicht dem Zufall überlassen. Nun, das ist keine schlechte Eigenart. Dann sieh also her!“ Sie deckte die vier Karten der Reihe nach auf, warf selbst einen neugierigen Blick darauf, und ihr schlief übergangslos das Gesicht ein.

Auch Kenneth bekam bei dem Anblick leichte Magenschmerzen. Er hatte zwar keine Ahnung von Tarot-Karten, aber das fiel sogar ihm auf: Wenn man sich Tarot wie ein Skat-Kartenspiel vorstellte, dann waren diese vier Karten hier eindeutig die vier Asse, eins für jede Farbe. Der Art und Aufmachung zufolge waren diese vier Karten hier unübersehbar die ranghöchsten im ganzen Deck, selbst wenn man den Rest des Decks nie gesehen hatte. Wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass man einen ganzen Stapel Karten gründlich durchmischte, willkürlich vier davon verdeckt auf den Tisch pappte und dabei ausgerechnet alle vier Asse auslegte? Das hatte etwas zu bedeuten. Ob gut oder schlecht, wusste Kenneth allerdings nicht.

Die Wahrsagerin atmete schwer durch, wie um ihre Fassung wiederzugewinnen. „Nun gut, wähle eine“, bat sie dann, spürbar beunruhigt. Sie bedeckte ihren Mund mit einer Hand, um ihre Mimik im Zaum zu halten, während sie weiter auf die Karten starrte.

Kenneth verengte argwöhnisch die Augen. „Wollen Sie mich veralbern? Was ist das hier!?“

„Ein schlechtes Omen“, meinte Madame Fey bedrückt. „Sehr schlecht.“ Ausführlicher wurde sie nicht. Schweigen setzte ein.

Nach ein paar Sekunden rückte Kenneth mit seinem Stuhl nach hinten und stand auf. Es gab nur eine Erklärung für diesen skurrilen ‚Zufall‘. Das Kartendeck dieser Hochstaplerin bestand NUR aus ‚Assen‘. Offensichtlicher ging es ja wohl gar nicht. Sie war eine Betrügerin. „Ich hab keine Lust mehr. Ich gehe“, tat Kenneth kund und wandte sich der Tür zu.

„Diese Option hast du nicht! Du musst eine wählen!“

„Ich muss gar nichts, Lady. Ich verschwinde! War nett mit Ihnen.“

Als er die Tür aufzog, wehte ein Windstoß herein und fegte eine der Karten vom Tisch. Dann war Kenneth weg.
 

Als Kenneth vor die Tür trat, wurde ihm schwindelig und für einen Moment auch speiübel. Sicher von dem penetranten Weihrauch da drin. Er musste sich kurz mit einer Hand an der Hauswand abstützen und sich sammeln. Musste tief durchatmen. Dann ging es wieder. Aber irgendwas war anders. Er sah sich verwundert um. Der Himmel war rabenschwarz und mit Sternen übersät. Es war stockfinstere Nacht. Aus einer Seitengasse schaute ihn ein Paar leuchtender Katzenaugen an, bevor es verschwand. Perplex hob sich Kenneth die Armbanduhr vor die Nase. Es war weit nach Mitternacht. „Was zur Hölle …!?“, fluchte er aufgebracht. Es war doch eben erst mittags gewesen. Er hatte doch keine 5 Minuten bei dieser schrulligen Dame gesessen!? Wo waren die vielen Stunden hin, die ihm fehlten? Er drehte sich um, rüttelte panisch an der Tür, aber die war nun abgeschlossen und drinnen brannte auch kein Licht mehr. Madame Fey war nicht mehr da. Kenneth ließ noch einige weitere, erstaunlich kreative Flüche verlauten, dann eilte er davon.
 

Jean saß im Wohnwagen und drehte nervös Däumchen. Es war jetzt nach 1 Uhr in der Nacht und Kenneth war immer noch nicht zurück. Bei einem wie ihm musste das natürlich nichts zu bedeuten haben. Aber dennoch machte sie sich Sorgen, wenn sie nicht wusste, wo er steckte und was er gerade tat. Das Leben mit ihrem Bruder war schon lange ziemlich kompliziert. Er war zwei Jahre älter als sie und Rockmusiker. Nun, er war als Frontmann einer Hardrock-Band eigentlich recht erfolgreich. Er war ein Bild von einem Mann. Ein hübsches Kerlchen, groß, schlank, sportlich. Er wirkte auf der Bühne mit seinem Schnauzbart und dem netten Lächeln sehr sympathisch. Er hatte eine Körpermotorik, die Mädchenherzen höherschlagen ließ. Seine Stimme war markant und unglaublich volltönend. Und wenn er mit seiner Gitarre, der passförmigen, schwarzen Jeanshose und der fliegenden, blonde Mähne über die Bühne schwebte, konnte man ihm wirklich hoffnungslos verfallen. Er hatte Fans. Seine Band füllte problemlos Hallen, die so groß waren, dass immerhin eine 4-köpfinge Band hauptberuflich davon überleben konnte. Aber das war eben nur die Fassade auf der Bühne.

Hinter den Kulissen hatte er einen Haufen privater Probleme. Er hatte Schulden, Alkoholprobleme, Streit mit seinen Bandkollegen, Ärger mit seiner Ex-Frau, etliche Anzeigen wegen Fahrens unter Alkohol und ohne Führerschein, er hatte keine Wohnung mehr ... und er hatte Jean. Letzteres war wahrscheinlich das Schlimmste für ihn. Das sie ihm ständig im Nacken saß und auf ihn aufpasste, empfand er als die pure Hölle. Er verstand es nicht, wenn sie ihm den Alkohol wegnahm. Er verstand es nicht, wenn sie sein Geld verwaltete, damit er nicht alles sofort rauswarf und seine Schulden nicht noch weiter anwuchsen. Er verstand es nicht, wenn sie ihm in den Hintern trat, damit er seine Termine bei den Bandproben, den Plattenstudios und den Konzerten einhielt. Er empfand es als Schikane, nein, als rechtswidrige Bevormundung. Als Verbrechen. Er war ja immerhin über 30 und mündig. Sie hatte ihm überhaupt nichts zu sagen oder vorzuschreiben. Sie war nur seine kleine Schwester und lebte auf seine Kosten. - Zugegeben, das tat Jean wirklich. Sie lebte auf seine Kosten. Weil der Versuch, auf ihn aufzupassen und seine ganze Grütze, die er verzapfte, wieder zu regeln, für sich genommen schon ein 24-Stunden-Job war. Sie hätte gar keine Zeit gehabt, nebenbei auch noch arbeiten zu gehen. Also war auch sie notgedrungen mit ihm gemeinsam ohne festen Wohnsitz. Sie beide lebten in einem Wohnmobil. In den USA ging das Gott sei Dank. Die Mieten hier in Las Vegas konnte sich ja auch kein normaler Mensch leisten.

Jean hatte sich in der Vergangenheit schon oft und ausführlich seine Beschimpfungen und Verwünschungen anhören müssen. Er war mitunter auch schon grob geworden, um seinen Willen durchzusetzen. Nicht selten kam Kenneth total aufgeputscht und alkoholisiert von einem Konzert zurück. Wenn Konzerte gut gelaufen waren, ging er danach mit seinem Schlagzeuger gern noch trinken. Der Abend endete in der Regel damit, dass sein Schlagzeuger ein Mädchen abschleppte und mit ihr verschwand. Und Kenneth machte seiner Schwester dann stets gewaltige Vorwürfe, dass er selber nie ‚Weiber‘ mitbringen könne, weil sie ja immer anwesend sei. Wieder stand Jean seinem Traum von einem tollen Leben im Weg. Wegen ihr konnte er keine Mädels abschleppen. Jean war daran schuld, dass sein Liebesleben brach lag, so sagte er. Insgeheim richtete Jean sich bereits darauf ein, dass es auch heute auf irgend sowas hinauslaufen würde. Wieder sah sie auf die Uhr, wie schon gefühlte fünfzig Mal in der letzten Viertelstunde. Es war 01:15 Uhr. Sie warf einen Blick zu ihrem Handy hinüber. Zwecklos, ihn anrufen zu wollen. Sein Handy war wie immer aus.
 

Endlich ging die Tür des Wohnwagens auf. Jean schnippte vor Erleichterung von ihrem Sitzplatz hoch wie ein Gummiband, als ihr Bruder hereinkam. „Hey, da bist du ja! Ich hab mir schon Sorgen gemacht!“, platzte sie heraus. Dann biss sie sich auf die Zunge, bevor sie noch mehr unüberlegte Dinge sagte. Wenn sie ihn jetzt fragte, wo er gewesen sei, oder was passiert war, hätte er sich gleich wieder überwacht und bevormundet gefühlt. Sie hatte gerade keine Lust, seine schlechte Laune auszubaden. Sie versuchte auch bewusst, ihn nicht gar zu auffallend anzustarren.

Kenneth murrte aber nur etwas Unverständliches in sich hinein und beachtete sie gar nicht. Er warf seine Lederjacke von sich und begann sofort das Hängeschränkchen über der Kochplatte durchzukramen. Er wirkte fahrig und aufgewühlt, aber ausnahmsweise mal nicht betrunken. Endlich hatte er gefunden, was er suchte: Schlaftabletten. Der Musiker griff sich ein Glas, füllte es am Wasserhahn halbvoll, spülte sich zwei der Pillen hinunter, und warf sich dann auf seine Pritsche. Gleich in voller Straßenmontur, mit Schuhen und allem Drum und Dran. Kenneth schloss die Augen. Dann Stille.

Jean schaute ihn reichlich verdattert an und konnte sich ein „Ist alles okay?“ doch nicht mehr verkneifen.

„Ja. Lass mich in Ruhe.“

Jean war klug genug, diese Empfehlung zu befolgen. Also begann sie, sich und den Wohnwagen nachtfertig zu machen. Zähne putzen, Schlafanzug anziehen, Tür abschließen, Licht löschen, und so weiter. Nach einer ganzen Weile setzte sie sich zu ihm auf die Bettkante und musterte ihn einen Moment lang. So ein attraktiver Mann. Wie er dort lag, in schwarzem T-Shirt, schwarzer, passförmiger Jeans und den langen, lockigen Haaren. So selten-friedlich. Er hatte die Augen geschlossen und sein Atem ging inzwischen völlig ruhig. Aber sie war sich, trotz zweier Schlaftabletten, nicht so sicher, ob er wirklich schlief oder nur so tat. Sie strich mit einer Hand liebevoll an seinem nackten Arm hinauf, über die Schulter, und dann über die Brust und den flachen Bauch wieder abwärts. Keine Reaktion. Daher schnappte sie seine Decke, um ihn bis zum Kinn zuzudecken. Im Wohnmobil war es nämlich inzwischen unangenehm frisch geworden. So ein Wohnwagen war nicht sonderlich gut wärmegedämmt. Eine Haarsträhne wischte sie ihm noch sachte aus dem Gesicht, dann ließ sie ihn – wach oder nicht – endlich in Ruhe.
 

Kenneth stellte sich zwar schlafend, in Wirklichkeit war er aber hellwach. Daran hatten auch die zwei Schlaftabletten bisher nichts ändern können. Seine Gedanken rasten. Was zum Teufel war heute nur passiert? Wer war die komische Wahrsagerin? Und warum hatte er fast 12 Stunden des Tages einfach verpasst? Hatte diese Madame Fey irgendwas mit ihm angestellt? War das doch mehr als nur Weihrauch gewesen, was da im Raum geschwebt hatte? Nein, unmöglich. Dann hätte sie doch auch selbst K.O. gehen müssen. Was ihn allerdings am allermeisten beschäftigte, waren diese vier Tarot-Karten. Er sah sie noch detailgetreu vor seinem geistigen Auge und sie gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf. Vier mächtige Wesen waren darauf abgebildet, eins auf jeder Karte. Kenneth hatte keinen Zweifel daran, dass sie irgendwelche Gottheiten darstellen sollten. Sie alle besaßen diese typische, altgriechische Helden-Statur: muskelbepackte, spärlich bekleidete Kraftprotze. Ihre Gesichter waren jedoch skurrile Abwandlungen, auf die sich Kenneth keinen Reim machen konnte. Sie besaßen zwar zwei Augen, dazwischen eine Nase und darunter einen Mund, aber es waren nur entfernt menschliche Züge. Tiere stilisierten diese Gesichter jedenfalls nicht.

Sie schienen eine Rüstung unter sich aufgeteilt zu haben. Jeder von ihnen trug Rüstungsteile, einer den Brustpanzer, einen den Helm, einer die eisernen Beinkleider und Stiefel. Der Vierte trug einen Schild auf dem Arm wie ein Ritter.

Der Musiker grübelte hin und her, um diese Vier in irgendeine Beziehung zu den klassischen Naturkonstanten zu setzen. Zu den vier Elementen, oder den vier Jahreszeiten, oder den vier Himmelsrichtungen, oder den vier Blutgruppen beispielsweise. Selbst zu den vier Apokalyptischen Reitern. Sogar aus der Musik kamen ihm Bezugswerte wie 4/4-Takte, Viertelnoten, Quarten-Tonschritte oder die vier Saiten einer Bassgitarre in den Sinn. Aber ihm wollte nichts rechtes einfallen, was diese vier Wesen nun verkörpern sollten.

Am nächsten Tag schlurkste Kenneth nur halb motiviert in den Probenraum hinein, eine Bierflasche im Anschlag, die nicht seine erste für heute war. Er freute sich eigentlich auf die Bandproben. Er liebe es, zu singen. Aber seine Bandkollegen nervten ihn gewaltig. Sie waren immer und grundsätzlich anderer Meinung und gegen alles, was er vorschlug. Die Truppe passte einfach nicht zusammen. Das hatte sich umso deutlicher gezeigt, je erfolgreicher sie geworden waren. Vermutlich hatten sie Kenneth nur deshalb nicht längst rausgeschmissen, weil sie keinen adäquaten Ersatz fanden. Immerhin waren sie hauptberufliche Musiker und ihr Lebensunterhalt hing inzwischen davon ab, dass sie immer irgendwie weitermachten. Über den Punkt, an dem sie sich noch so einfach trennen konnten, waren sie hinaus. Heute würde es richtig hoch hergehen, da war Kenneth sich sicher. Er war nämlich gestern Nachmittag den Proben einfach ferngeblieben, und hatte selber noch keine Ahnung, wie er das erklären sollte. Was sollte er auch sagen? Dass er von einer alten Dame mit Skat-Karten vorübergehend gekidnappt worden war?

Aber statt mit einer Strafpredigt wurde er von seinem Schlagzeuger Lars mit einer regelrechten Umhalsung begrüßt. „Kenneth!“, quietschte er euphorisch. „Du wirst nie erraten, was ich hier habe!“ Er wedelte mit einem schwarzen Flyer und einem mehrseitigen Pamphlet, das schwer nach einem Vertrag aussah. „Das Louder-then-Life-Festival in 14 Tagen, drüben in Kentucky!“

„Was ist damit? Hast du Freikarten gewonnen, oder was?“, vermutete Kenneth.

„Nee! Denen ist eine Band ausgefallen. Wir sollen als Ersatz einspringen. Der Vertrag ist fix und fertig! Wir müssen nur noch unterschreiben!“

Kenneth runzelte die Stirn und streckte die Hand nach dem Vertrag aus. Das wäre ja zu schön, um wahr zu sein.

„Alter, da werden zehntausende von Zuschauern sein! Vielleicht sogar wieder über 128‘000, wie letztes Jahr! Das ist ein Mega-Event! Sieh dir nur mal die Gage auf Seite 5 an!“, drängelte Lars total aufgedreht. „So viel verdienen wir sonst in einem ganzen Jahr! Und so viele potentielle Fans, die wir erreichen können! Das könnte unser Durchbruch werden!“

Kenneth atmete tief durch. „Das ist ´ne Hausnummer“, gab er zu. „Okay, wo sind unsere Jungs aus der 2. Reihe?“ Den Gitarristen und den Bassisten nannte er immer die ‚2. Reihe‘, weil sie auf der Bühne hinter dem Frontmann standen. Sie hassten diese Bezeichnung wirklich, denn sie fühlten sich dadurch diskriminiert. Deshalb nannte Kenneth sie erst recht so.

„Die sind draußen, rauchen. Und denen hab ich noch nichts gesagt! Ich wollte erst wissen, was du davon hältst. Du bist ja schließlich der Frontmann, und so.“

„Na und? Seit wann gebt ihr denn was auf meine Meinung?“, hakte Kenneth amüsiert nach. „Dann lass uns die zwei Pappnasen mal reinholen. Vielleicht lassen sie sich mit diesem Geld hier ja doch überzeugen, unser erstes, echtes Musikvideo auf dem Gelände des Neon Museums zu drehen.“

„Nicht vor dem High Roller?“

„Ich verstehe nicht, was ihr an diesem Riesenrad so toll findet“, maulte der Sänger genervt. Das Thema hatten sie in der Vergangenheit schon viel zu oft durchkauen müssen. Vermutlich war das sogar der Grund schlechthin, warum sie bis heute noch kein Musikvideo gedreht hatten. Der High Roller war groß, ja. Und hatte bunte Lichter, okay. Aber er war viel zu groß, um ihn überhaupt in die Kamera zu kriegen, und viel zu langsam, um sehr actiongeladen auszusehen. Eine Runde dauerte eine halbe Stunde. Sie würden dafür eine Zeitraffer-Kamera brauchen, was schon allein aus Kostengründen ausfiel.

„Schon gut, schon gut, ich sehe es ja genauso wie du“, beschwichtigte Lars ihn sofort wieder – was recht ungewöhnlich war.

Kenneth öffnete das Fenster und schaute in den Hinterhof hinaus. „Hey, Prinzessinnen! Antraben!“, rief er hinaus.

Die beiden Raucher unterbrachen ihre Plauderei und drehten sich fragend zu ihm um. Der eine schien überrascht, Kenneth so pünktlich zu sehen, der andere schaute einfach nur stinksauer. „Wie heißt das Zauberwort, Mann!?“

„Ein bisschen plötzlich, sonst raucht´s!“, erwiderte Kenneth humorlos und schien das für die korrekte Antwort zu halten.

„Bist´n Arsch …“, maulte der Gitarrist beleidigt.

Der Bassist zog nur wortlos nochmal an seiner Kippe, warf sie dann auf den Boden und trat sie aus. Das Ausblasen des Rauchs wirkte eher wie ein Seufzen.
 

Ben kam über die Terrassentür wieder herein und griff sofort nach seiner Gitarre. Wie immer trug er die schulterlangen Haare akkurat zurückgegelt, und dazu einen kurzen, geteilten, an den Enden spitz auslaufenden Schnurrbart. So ein typischer Zorro-Schnurrbart. Hätte man ihm einen Degen in die Hand gedrückt, wäre er astrein als Musketier durchgegangen. „Schön. Da der Herr Sänger uns ausnahmsweise mal wieder mit seiner Anwesenheit beehrt, …“, begann er mit mürrischer Stimme, „kann ich ja mal die neue Melodielinie vorspielen, die ich geschrieben habe. Wenn´s euch gefällt, können wir die als Intro oder Bridge in einen Song einbauen.“

Lars kam euphorisch mit dem Vertragspamphlet angewuselt, aber Kenneth hielt ihn mit einer stoppenden Handbewegung zurück. „Bin ganz Ohr“, befand er nur. Diese ominöse Melodie wollte er hören, bevor der Schlagzeuger mit seinen tollen Neuigkeiten herausplatzte.

Ben drehte den bereits angeschalteten Verstärker laut. Er spielte einen Röhren-Verstärker, den musste man immer vorheizen lassen, bevor man loslegen konnte, genauso wie man ihn hinterher im Standby abkühlen lassen musste, bevor er ganz ausgeschalten werden konnte. Sonst nahmen die Röhren Schaden.

Kenneth ließ sich auf eine Sitzgelegenheit fallen und hörte zu. Lang war das Stück Musikgeschichte ja nicht. Wie Ben bereits angekündigt hatte, handelte es sich tatsächlich nur um eine Zwischensequenz, vielleicht 30 Sekunden, länger nicht. Ben spielte es freundlicherweise zweimal, damit seine Bandkollegen die Chance hatten, die Melodie zu erfassen. Dann schauten alle fragend auf Kenneth, als wüssten sie schon, was jetzt kam. Der musste sich auch gar keine große Mühe geben, der Rolle, die jetzt von ihm erwartet wurde, gerecht zu werden. Kenneth verengte die Augen etwas. „Willst du eine freundliche, oder eine ehrliche Meinung?“

Ben rollte mit den Augen. „Wenn du schon so fragst, dann halt besser die Fresse. Wird wohl nichts Positives sein.“

„Versuch doch mal einen sozialverträglichen Mittelweg“, schlug der Bassist vor.

„Hmmm~ Ich fang mal damit an, was mir gefallen hat: …“, gab Kenneth theatralisch zurück und tat so als müsse er überlegen. „Nichts! … Und was mir nicht gefallen hat: der ganze Rest!“*

„Penner!“, blaffte Ben ihn stinksauer an. „Unsachlicher Wichser! Quergeficktes Arschloch! Kakerlake!“

„Donnerwetter. Und mich nennst du unsachlich?“ Kenneth verschränkte in einer runden, überlegenen Geste die Arme. So ein rüder Umgangston hob ihn nicht mehr an, da er hier im Probenraum alltäglich war.

„Du BIST unsachlich! Du HAST keine brauchbaren Argumente!“, ereiferte sich der Gitarrist wutschnaubend weiter. Man hatte fast den Eindruck, dass er Kenneth die E-Gitarre nur deshalb nicht über den Schädel zog, weil das Kabel nicht bis zu ihm reichte.

„Hätte ich schon. Aber für gewöhnlich bist du ja resistent dagegen.“

„Dann spuck´s aus, bevor du dran erstickst!“, ging der Bassist, genervt von dem Streit, dazwischen.

„Zuerst könnte Mister Music seine Klampfe mal ordentlich stimmen. Und wenn er sich mal vernünftig in den Schallkegel seines Verstärkers stellen würde, würde er sich auch selber spielen hören, statt den Verstärker bis auf Anschlag aufzudrehen und uns das Gehirn durchzublasen.“ Kenneths Blick wanderte über die Saiten der E-Gitarre, als er die Handgriffe revue passieren ließ. „Was ist das da unten gewesen? Ein hartverminderter Dominant-Sept-Akkord?“

„Das war ein hartverminderter Dreiklang, du Spaßvogel“, maulte Ben.

„Nein, war es nicht. Du hast vier Töne gespielt. Schon deshalb war es objektiv kein Dreiklang.“

„Es waren drei Töne!“

„Und was ist mit der Leersaite da?" Kenneth fuchtelte wage in die Richtung. „Die hast du doch mitgespielt, oder!?“

Ben schaute schmollend weg. Bitte, dann war es eben ein Dominant-… was auch immer. Das war ihm egal.

„Dir ist aber schon klar, dass in der A-Dur-Tonleiter kein C vorkommt, ja? Also kannst du das cis nicht einfach zu einem C hartvermindern.“

„Das ist nicht in A-Dur geschrieben, sondern in F-Dur“, merkte Ben trotzig an.

Kenneth runzelte die Stirn. „In F. Willst du mich verarschen? Mal davon abgesehen, dass wir noch NIE irgendwas in F gespielt haben, ist das auch im Leben kein F gewesen!“

Im Hintergrund öffnete ihr Schlagzeuger Lars sich eine Bierflasche, in dem Wissen, dass das hier länger dauern konnte.

„Ich sage, das war F!“, beharrte Ben.

Stöhnend angelte Kenneth nach einer herumstehenden Akustik-Gitarre und einem Kapodaster, um die Saiten im passenden Bund abzuklemmen, damit die Gitarre auf F hochgestimmt war.

„Was soll´n das jetzt werden?“, mischte sich wieder der Bassist ein.

„Ich sing Ben mal einen unserer Songs vor, wie er klingen würde, wenn er auf F hochgeschraubt würde.“

„Du kannst doch kein F singen!“

„Und ob ich das kann. Bin ich Sänger, oder was!? Im Gegensatz zu euch Plinsen beherrsche ich mein Handwerk. … Also hör zu!“ Er begann einen beliebigen Song zu singen. Es war wirklich entsetzlich hoch, aber zum größten Bedauern all seiner Bandkollegen traf er trotzdem jeden einzelnen Ton glasklar.

„Schon gut, Mann, du hast gewonnen. Dann war es eben kein F“, unterbrach Ben ihn ziemlich bald.

Kenneth nickte humorlos. „Gut. Machen wir mit dem nächsten weiter. Was sollte dieser verkorkste Akkord da darstellen? Einen Dominant-Sept-Akkord mit Quartenvorhalt in weiter Lage?“

„Ach, du kannst mich mal!“, entschied Ben genervt, zog sich den Tragegurt der E-Gitarre über den Kopf und stellte sie weg. Er gesellte sich zu Lars und dem Bierkasten und köpfte sich ebenfalls eine Flasche.

„Nimm lieber die Subdominante zweiten Grades vom …“

„Fresse, hab ich gesagt!“

„Sag mir nicht, ich soll die Fresse halten!“, begehrte Kenneth stinksauer auf. „Schon schlimm genug, dass ich auch noch deine Arbeit machen muss, weil du selber zu dumm dazu bist! Und überhaupt, lern erstmal Gitarre spielen! Die elektronische Verstärkung und die ganzen Effektgeräte kaschieren deine ganzen Fehler! Wenn du mal Akustik spielen würdest, würdest du auch hören, was du ständig für krumme, verzitterte Gurken spielst!“

Schweigen setzte ein. Keiner wagte es, Kenneth zu widersprechen, oder ihn auch nur zu bitten, sich zu beruhigen. Der nächste, der jetzt was sagte, war auch der nächste, der sein Fett wegkriegte, soviel war klar. Eines musste man Kenneth bedauerlicherweise lassen: in puncto Musiktheorie hatte er mehr drauf als sie alle. Auch deshalb hatten sie nie einen adäquaten Ersatz für ihn gefunden. Eigentlich blamabel für Berufsmusiker wie sie.

Kenneth schnaubte zufrieden, als keine Konter mehr kamen. „Gebt mir auch mal ein Bier rüber!“, verlangte er.

Ben kam angeschlichen und hielt ihm beinahe unterwürfig eine Flasche hin.

Kenneths Gesicht verdüsterte sich schon wieder. „Soll ich die jetzt mit den blanken Fingern öffnen, oder was!? Mach sie mir gefälligst auf!“

„Hört mal Leute“, wechselte ihr Schlagzeuger galant das Thema, um die Stimmung endlich wieder anzuheben. „Ich muss euch was Tolles sagen!“ Er holte den Festival-Vertrag hervor.
 

Die nächsten Wochen verliefen phänomenal. Jean zog aufgrund eines spontanen Angebotes in eine eigene Wohnung und „bevormundete“ Kenneth nicht mehr den ganzen Tag. Er war sie endlich los und konnte tun und lassen, was er wollte. Seine Band nahm seinen daraufhin sprunghaft ansteigenden Alkoholkonsum mit Humor und trank sogar mit. Keiner beschwerte sich mehr, wenn er schon angetrunken zu den Proben erschien, solange er überhaupt aufkreuzte. Als die Polizei ihn lattenstramm am Steuer erwischte, ließen sie Gnade vor Recht ergehen und schickten ihn ohne Strafe weg. Das Festival in Kentucky lief bombastisch. In der direkten Folge flatterte ihnen sogar ein neuer Plattenvertrag ins Haus, der wesentlich lukrativer war als ihr bisheriger. Sie wechselten zu einem renommierten Label mit besserer Vermarktung. Nun, wo Jean weg war, gingen bei Kenneth die Mädchen ein und aus. Eines davon kürte er sehr bald zu seiner festen Freundin, parkte sein Wohnmobil in ihrem Garten und zog bei ihr ein. Was allerdings nicht hieß, dass er andere Fangirls fortan geschmäht hätte. Zu allem Überschuss meldete sich auch noch sein Hauptgläubiger mit der Mitteilung, dass ein gewaltiger Fehler vorgelegen habe, und erließ ihm den allergrößten Teil seiner Schulden. Das Leben war ein Rausch. Es war nie besser für Kenneth gelaufen.
 

Der Abend, an dem er zum ersten Mal wieder an die Wahrsagerin und ihre vermaledeiten Karten denken sollte, begann eigentlich wie ein ganz gewöhnlicher in diesen Tagen. Er hatte mit seiner gesamten Band in einer Bar gesessen. Alle waren bester Laune. Kenneth hatte ihnen einen neuen Songtext gezeigt. Früher waren Songs aus seiner Feder immer gleich pauschal abgelehnt worden, denn das Zeug, das er schrieb, war den anderen zu hart. Zu Metal-lastig. Aber jetzt waren sie für jeden Spaß zu haben und gaben jedem Werk eine Chance.

In diesem Abend verließ Kenneth die Gesellschaft vorzeitig. Er war hundemüde. Es hatte keinen Sinn mehr, länger zu bleiben. Deshalb war er sogar noch vergleichsweise nüchtern, als er sich allein auf den Weg nach Hause machte. Eine Bierflasche für den Heimweg durfte natürlich trotzdem nicht fehlen. Las Vegas war eine bunte, quirlige Stadt, in der auch nachts noch das pure Leben pulsierte. Aber selbst hier gab es für Ortskundige den ein oder anderen stillen Schleichweg durch die Hinterhöfe, wo einen niemand störte. Einen solchen spazierte Kenneth gerade entlang, als ihm dieser Freak entgegenkam. Durch die Dunkelheit und die Gedanken, denen er nachhing, nahm Kenneth ihn zunächst gar nicht für voll, trotz der eigenwillig humpelnden Gangart. Erst als er sich Kenneth in den Weg stellte, und Kenneth in dieses eingefallene Gesicht blickte, hatte die Realität ihn wieder.

„Was zur Hölle …!?“, fluchte er und trat einen Schritt zurück. Das gebückte, deformierte Wesen vor ihm hatte einen fast kahlen Schädel. Nur ein paar letzte Haare hingen noch wie ein schlechter Witz davon herunter. Das Gesicht war runzelig und zahnlos. Aber das Schlimmste waren diese Augen. Der Typ hatte nämlich keine mehr. Dort starrten nur zwei leere, schwarzen Augenhöhlen vor sich hin.

Der Mann – wenn man dieses Ding überhaupt noch so nennen konnte – streckte die Arme aus und sprang kreischend auf Kenneth zu. Er packte Kenneth am Hals und versuchte ihn zu würgen, verlor ihn aber aus seinem Griff, als Kenneth rückwärts über etwas stürzte. Überfordert kroch Kenneth rücklings davon, aber das Ding folgte ihm zielsicher. Und immer wieder dieses hohe, in die Ohren schneidende Kreischen. Kenneth stempelte dem Kerl seine blanke Faust auf die Zwölf, woraufhin dieser kurz irritiert wegtaumelte. Doch als der Sänger wieder auf die Füße sprang, hatte er den Freak schon wieder am Hacken. „Lass mich in Ruhe, verdammt! Was willst du von mir!?“, fluchte Kenneth. Der augenlose Alte antwortet nur mit einem neuerlichen Kreischen und packte ihn wieder würgend am Hals. Reflexartig zog Kenneth ihm seine Bierflasche über den Kopf, deren Inhalt er zwar im Eifer des Gefechts verschüttet hatte, die er aber immer noch fest in Händen hielt.

Der Mann ging zu Boden und regte sich vorerst nicht mehr.

„Penner!“, zischte Kenneth hysterisch und fuhr sich mit einer Hand durch das Gesicht. Er war heillos überfordert. Er wartete kurz auf weitere Aktionen, aber die blieben aus. Eine gespenstige Ruhe setzte ein. „Hey … äh … lebst du noch, Mann?“, wollte der Musiker nervös wissen. Ängstlich und langsam ging er neben dem Typen in die Hocke. „Oder hab ich dich jetzt …?“, Da ruckte dessen Kopf herum und die leeren, schwarzen Augenhöhlen starrten Kenneth direkt an. Kenneth sprang hoch wie ein Knallfrosch und rannte schreiend davon.

„Da bist du ja wieder. Ich habe dich schon erwartet“, grüßte Madame Fey mit einem unterschwelligen Schmunzeln, als Kenneth am nächsten Vormittag wieder in ihrer Tür stand. Er hatte das kleine Atelier auf Anhieb wiedergefunden.

„Ja, diesmal glaube ich Ihnen das sogar“, gab Kenneth ernst zurück und setzte sich sofort unaufgefordert zu ihr an den Tisch. Er hatte sich damals Erfolg gewünscht, und den hatte er durchaus bekommen. Aber er hatte damals keine Karte gezogen. Also hatte er sich seiner Meinung nach auch keiner Vertragsverpflichtungen schuldig gemacht. Dieses neue, tolle Leben würde keinen Preis fordern können. Es war einfach nur Glück, dass jetzt alles so geschmiert lief. Trotzdem ließ ihn das Thema seit letzter Nacht nicht mehr los.

„Nun? Hat sich dein Leben verändert, seit du das letzte Mal hier warst? Hast du bekommen, was du gesucht hast?“

„Das schon, aber hier geht doch irgendwas nicht mit rechten Dingen zu! Ich muss mehr über diese vier Clowns aus dem Kartenspiel wissen, die Sie mir letztes Mal gezeigt haben.“

Madame Fey griff nach ihrem Stapel Tarot-Karten und suchte ihn zügig nach den entsprechenden Karten durch. „Diese vier Clowns …“, hob sie amüsiert an, „sind Götter. … Naja, nein, keine Götter. Aber was wir Menschen uns so gemeinhin unter Göttern vorstellen, kommt dem, was sie sind, am nächsten. Sie verkörpern die vier Triebfedern der Existenz.“ Sie legte ihm die erste Karte hin. „Die Weisheit des Universums“, betitelte sie die Figur darauf. „Sein Name ist Shed.“

Sie legte die zweite Karte auf den Tisch. „Die Triebe der Natur. Die animalischen Triebe. Karotais.“

Die dritte Karte folgte. „Die Leidenschaft der Lebenden, Rana’suraya.“

Und auch die letzte Karte legte sie ihm noch hin. „Und den Hass der Toten. Er wird in den alten Überlieferungen Cythraul genannt, oder ‚Der Cythraul‘. Bei ihm ist das eher ein Titel als ein Name.“

„Da! Das sind sie!“, keuchte Kenneth und zeigte auf die Toten, die auf der letzten Karte abgebildet waren: zombiehafte Kreaturen mit eingefallenen Wangen und leeren Augenhöhlen zu Füßen des mächtigen Toten-Gebieters. „Von so einem Freak bin ich verfolgt worden!“

„Verfolgt?“, hakte die Wahrsagerin ungläubig nach.

„So einer war gestern hinter mir her. Er hat mich gejagt.“

„Hier in Las Vegas?“

„Ja, Mann! Ich wollte ihm die Fresse polieren! Hab ihm sogar eine Bierflasche über den Schädel gehauen. Aber der Penner hat einfach keinen Schmerz gespürt. Ich bin gerade so entkommen. Gott, diese leeren Augenhöhlen haben mich fertiggemacht. Er konnte mich trotzdem sehen, irgendwie.“

Madame Fey zog ein besorgtes Gesicht. „Das sind Tote, hörst du? Die KÖNNEN nicht auf die Erde kommen.“

„Wenn ich´s doch aber sage!?“

Sie rieb sich das Doppelkinn und musterte nachdenklich die vier Karten auf dem Tisch. Sie schien ihm zu glauben. „Dann ist es noch viel schlimmer, als ich angenommen habe. Der Cythraul beginnt, die Kontrolle über sein Reich zu verlieren. Ich hätte nie gedacht, dass es ausgerechnet mit ihm den Anfang nehmen würde.“

„Hören Sie auf, in Rätseln zu sprechen und erklären Sie mir endlich, was hier abgeht! Von Anfang an!“, verlangte Kenneth aufgebracht.

„Nun gut.“ Sie holte tief Luft und überlegte sichtlich, wie sie anfangen sollte.
 

„Diese vier Wesen hier existieren schon seit der Zeit, als die Welt noch jung war. Sie wachen über das Wohl und Wehe der Aspekte, die sie verkörpern. Man kann sagen, sie lenken die Geschicke der Welt. Sie sind das, was man Schicksal nennen würde. Man hat sie in den großen Schlachten der Menschheit in Erscheinung treten sehen, und an den bedeutenden Wendepunkten der Weltgeschichte.“ Madame Fey machte eine kurze Pause. „Es gab immer ein paar wenige Seher, die mit ihnen in Kontakt treten konnten. Sie wurden zu Avataren. Die Vier gingen Verträge mit ihnen ein und banden sich so an diese Seher. Vor 50 Jahren ist einer Novizin ein folgenschwerer Fehler unterlaufen, der ein Ungleichgewicht zwischen den Vieren herbeigeführt hat. Seither war es nur noch eine Frage der Zeit, dass etwas aus den Fugen gerät.“

„50 Jahre? Das ist aber ganz schön lange her“, diagnostizierte er. „Da soll wirklich jetzt noch was passieren?“

„Durchaus, mein Lieber. Diese uralten Wesen denken in anderen Zeitspannen als wir. 50 Jahre sind nichts für sie.“ Sie sah Kenneth direkt an. „Das letzte Mal hast du dich geweigert, eine Karte zu wählen. Willst du wissen, welche Karte das Schicksal daraufhin für dich gewählt hat?“

„Schicksal?“, gab der Musiker argwöhnisch zurück. „Haben SIE Schicksal gespielt und eine Karte für mich gezogen?“

„Nein. Als du gegangen bist, hat eine Windböe eine Karte vom Tisch genommen, da du selbst keine nehmen wolltest.“ Sie schob ihm eine der Götterkarten hin. „Es war eben jener Gebieter der Toten, der jetzt Probleme zu haben scheint. Wir müssen irgendwie mit ihm in Kontakt treten und sehen, was los ist.“

„Schön“, entschied Kenneth. „Sie sagen, die Vier hätten menschliche Avatare. Dann gehe ich doch Cythrauls Avatar mal besuchen und erkläre ihm die Lage. Wo finde ich ihn?“

„Den Avatar des Cythrauls wirst du in dieser Welt nicht finden. Er lässt seinen Avatar nicht auf der Erde rumlaufen, wo er all den täglichen Gefahren des Lebens ausgesetzt ist. Der Cythraul wird nicht riskieren, dass sein Avatar von einem Auto überfahren, von einem dahergelaufenen Gangster umgebracht oder von einem runterfallenden Dachziegel erschlagen wird, oder anderweitig plötzlich stirbt.“

„Und wo ist er dann?“

„Der Cythraul hat ihn in sein Reich geholt.“

Kenneth verengte skeptisch die Augen. „Nur, dass ich das richtig verstehe …“, merkte er zynisch an. „Cythraul herrscht über die Welt der Toten!“

„Ja.“

„Dann ist sein Avatar also tot?“

„Nein. Der ist in der Tat sehr lebendig.“

„Ein Lebender im Reich der Toten?“

Madame Fey zuckte mit den Schultern. „Glaub, was du willst. Ich kann es dir nur so sagen, wie es ist.“

„Das muss ja furchtbar sein. Ich will mir gar nicht ausmalen, wie es seinem Avatar dort unten ergeht.“

Die Wahrsagerin schmunzelte. „Seltsam. Ich habe immer gedacht, ihr jungen Leute mit den langen Haaren und den elektronischen Gitarren würdet sowas ‚cool‘ finden – das war doch das Wort, das ihr immer verwendet, nicht?“

„Es ist ein Unterschied, sowas auf der Bühne zu schauspielern, oder es für den Rest seines Lebens tatsächlich ertragen zu müssen, ja?“

„Mh. Der Cythraul wird schon ein Interesse daran haben, dass es seinem Avatar gut geht. Leiden wird der wohl nicht.“

Kenneth seufzte, weil er merkte, dass sich das Gespräch im Kreis zu drehen begann und ihn nicht weiterbrachte. „Wie auch immer. Wie lösen wir das Problem jetzt? Wie finde ich den Cythraul, oder seinen Avatar, oder meinetwegen beide?“

„Ich schicke deinen Geist auf die Reise und entsende ihn direkt zum Cythraul.“

„Ich … WAS!? Nein, ich will nicht! Gehen Sie selber!“

Aber Madame Fey hatte bereits die Hände in die Luft gestreckt und eine eindringliche Zauberformel in einer Sprache angehoben, die Kenneth nicht verstand.

Die vielen Kerzen um ihn herum schienen zu explodieren, die Flammen schossen in die Höhe und wuchsen zu einem Inferno an, das den ganzen Raum verschlang.
 

Geblendet von Helligkeit und brüllend vor Hitze riss Kenneth beide Arme vor die Augen. Ein wahrer Feuersturm zerrte an seiner Kleidung, versengte seine Haut und fackelte ihm fast die Haare vom Kopf. Wie sich die Umgebung um ihn herum veränderte, spürte er eher, als dass er es sah. Der Raum wurde weit und luftig. Kenneth hatte plötzlich das Gefühl von sehr viel Platz. Die enge Wohnzimmer-Akustik wurde zu einer Akustik, die seine Schreie in unendlicher Ferne versickern ließ. In Konzertsälen strebte man eine Nachhallzeit von etwa 2 Sekunden an. Das war die Zeit, nach der ein Ton nach jeglicher Hin- und Her-Reflexion endgültig verklungen war. Fiel die Nachhallzeit kürzer aus, klang der Sound trocken. Fiel sie länger aus, überlagerten sich die Töne und sorgen für eine verwaschene Akustik. In Tonstudios hatte man eine Nachhallzeit von 0,2 Sekunden lieber. – Warum, verdammt, kam Kenneth sowas gerade jetzt in den Sinn!? – Der Weihrauch wich dem Gestank von Asche und Lava. Kenneth zwang sich hinzusehen. Wenn er schon sterben musste, wollte er wenigstens sehen, woran. Und er erschauderte. Wenn er je eine bildhafte Vorstellung von der Hölle gehabt hatte, dann war sie hier.
 

Der Feuersturm legte sich. Als der ganze Tumult wieder zur Ruhe kam, befand Kenneth sich auf einem Lavafeld. Nur hier und da konnte man von einem trittfesten Stein zum nächsten springen. Es war immer noch brütend warm, aber nicht mehr so glutsengend, dass es einen bei lebendigem Leib verkohlte. Um ihn her streiften Zombies rastlos umher. Denen schien die Lava nichts auszumachen. Zum Glück interessierten sie sich nicht für Kenneth und ließen ihn in Ruhe. Mit mulmigem Gefühl sprang er auf einen größeren Felsen, der noch nicht eingeschmolzen war, und schaute sich suchend um. Wie sollte er hier wohl den Cythraul finden?

Seufzend begann Kenneth, höher zu klettern. Das würde ein langes, beschwerliches Unterfangen werden. In drei Himmelsrichtungen gab es nichts als diese Lavafelder, durch die man sich, von Stein zu Stein hüpfend, vorarbeiten musste. Im Rücken hatte er sowas wie ein kleines Gebirge. Mehrere schroffe Felsen bildeten eine Wand, die den Blick auf das, was dahinter lag, verbarg. Vielleicht hatte er von dort oben ja eine bessere Aussicht, um entscheiden zu können, wohin er sollte.

Auf halber Höhe zum Gipfel fand der Sänger einen Höhleneingang und blieb kurz argwöhnisch stehen. Dann schlich er doch neugierig näher, und … stolperte unversehens in ein Paradies. Kenneth traute seinen Augen nicht. Die Höhle war hell und freundlich, um nicht zu sagen sonnendurchflutet. Einige reich verzierte Säulen vermittelten das Bild eines architektonisch errichteten Raumes. Die Mitte des Raumes wurde von einem großen Pool vereinnahmt. Palmen standen am Rand herum. In einer davon saß ein roter Ara, was zu einem sehr karibischen Flair beitrug. Und dazwischen lag, auf einem breiten Diwan, ein langer, schlaksiger Kerl mit dreieckigem Kapitänshut, Goldborten-Jacke und Lederstiefeln. Sein Bart war gepflegt, aber altmodisch, ebenso wie der protzige Goldschmuck, den er trug. Und zierte da wirklich ein kleines Totenkopf-Symbol einen seiner zahlreichen, dicken Goldringe? Der Kerl ließ es sich gutgehen. In einer Hand hatte er ein Cocktail-Glas mit Trinkhalm und Papierschirmchen, in der anderen das lange Schlauchende einer Wasserpfeife. Drei üppige, fast nackte Mädchen machten sich aufreizend an ihm zu schaffen.

Der Pseudo-Pirat blinzelte irritiert, als er Kenneth erblickte, legte den Pfeifenschlauch auf seinem Schoß ab, und schnippste mit den Fingern einmal in Kenneths Richtung. Dann schnippste er noch zweimal. Wieder erfolglos. „Okay!? Du scheinst echt zu sein“, kam er nicht umhin, zu bemerken.

„Warum sollte ich das nicht sein?“, gab Kenneth total verwirrt zurück. Der Anblick dieser Idylle inmitten der Hölle ergab für ihn immer noch keinen Sinn.

Der Fremde schob die drei barbusigen Mädchen von sich und stand auf. Der ganze Raum löste sich daraufhin auf, wie Nebel im Wind. Das Pool und die Palmen verschwanden ebenso wie die Mädchen und das ganze, luxuriöse Beiwerk. Zurück blieb nur eine dunkle, unwirtliche Lava-Höhle in einem brütend heißen Felsmassiv. Und der Pirat, der sich gähnend streckte.

„Bist du …??? Du bist doch nicht der Cythraul, oder?“, brachte Kenneth mit viel Willenskraft irgendwie hervor.

„Sei nicht albern. Ich bin Quentin, Cythrauls Avatar.“

Kenneth nickte, wenn auch wenig überzeugt. „Das gibt Sinn. Und was war das hier? Dieser Pool, und die Mädchen?“

„Illusionen, leider.“ Quentin steckte leger die Hände in die Jackentaschen und grinste. Selbst einer seiner Zähne war aus Gold. „Cythraul hat mir die Macht gegeben, sein Reich meinem Willen zu beugen und es mir hier gemütlich zu machen, wenn ich schon hier leben muss. Ich kann zu meiner Unterhaltung jede Illusion erzeugen, die ich möchte, solange ich Cythraul damit nicht auf die Nerven gehe … was leider sehr schnell der Fall ist.“

Kenneth glotzte ihn an wie das erste Auto. Das alles war noch zu viel für ihn. Am Rande bemerkte er, dass dieser Quentin altermäßig kaum zu schätzen war. Er konnte zwischen 30 und 70 alles sein. Aber egal. Wo hatte Cythraul nur so einen Typen aufgegabelt? Stammte der wirklich noch aus dem Piraten-Zeitalter? Oder kleidete er sich nur so, weil er die Juwelen mochte? Nun, immerhin trug er einen klassischen Piraten-Säbel an der Hüfte, wogegen auch immer er damit hier kämpfen wollte. Gegen die Zombies wohl kaum. Die waren schon tot.

„Und? Darf man erfahren, was dich herführt? Du siehst noch gar nicht tot aus, mein Freund. Und ein Avatar bist du wohl auch nicht, sonst hättest du ja nicht einfach so hier aufkreuzen dürfen.“

Als der Musiker gerade nach einer halbwegs plausiblen Antwort suchen wollte, schoss aus dem kleinen Lava-See neben ihm ein gewaltiger, feuriger Geysir in die Höhe und spuckte ein Wesen aus, so grauenerregend, dass sich Kenneth die Haare zu Berge sträubten.

‚Ach … du … scheiße …‘, dachte der Musiker nur, als er der gewaltigen Kreatur gegenüberstand. Die Abbildungen auf den Tarot-Karten vermittelten absolut keine Vorstellung davon, wie diese Wesen wirklich waren.

Diese Kreatur war mehr Raubtier als Mensch. Die langen, krausen Haare hingen ihm gleich Sauerkraut um die Visage, welche vornehmlich von einem gewaltigen Reißzahngebiss dominiert wurde. Die Augen waren Feuerkugeln. Und er trug, wie auf der Tarot-Karte, stählerne Schienbeinschoner, die ihm bis über die Kniee reichten, sowie einen eisernen Tiefschutz am Unterleib. Nur war beides sehr viel aufwändiger mit Totenköpfen und Knochen verziert als auf der Abbildung. Er musste über 2 Meter groß sein. Das also war Cythraul. Bei seinem Erscheinen stieß er ein löwenhaftes Brüllen aus, getrieben von purer Wut.

Kenneth straffte die Schultern und wartete. Sicher war es unhöflich, einen Gott anzusprechen, bevor dieser selbst das Wort ergriffen hatte. Und Cythraul machte nicht den Eindruck, bei groben Etikette-Verstößen sehr viel Spaß zu verstehen.

„Wer wagt es!? Dir wurde nicht erlaubt, hier zu sein!“ Seine Stimme war laut und dunkel. Sehr Bass-lastig, um es mit dem Vokabular eines Musikers auszudrücken. Cythraul kam zähnefletschend näher, hielt dann aber inne. „Du hast einen vertrauten Geruch an dir. … Wer bist du?“

„Madame Fey schickt mich“, erwiderte Kenneth, und hoffte inständig, dass er sie kannte.

„Ah, daher kommt das also …“, murrte der Cythraul, zwar immer noch schlecht gelaunt, aber schon sehr viel ruhiger. Zumindest wirkte er nun nicht mehr, als würde er Kenneth direkt zerfleischen wollen.

„Ich entschuldige mich in aller Form für mein ungebetenes Eindringen in Euer Reich. Ich hätte mich nicht dazu erdreistet, wenn es nicht wichtig wäre.“

„Sag also, was du hier willst“, trug der Cythraul ihm auf.

„Äh …“ ‚Oh Gott, Kenneth, lass dir was einfallen!‘, dachte er überfordert. Wie redete man mit einem so mächtigen, übernatürlichen Wesen? Und was wollte er überhaupt hier? Er war auf dieses Gespräch gar nicht vorbereitet. „Also, eigentlich schickt Madame Fey mich nur, um nachzusehen, ob man Euch helfen kann, oder ob hier alles in Ordnung ist. Einer Eurer Toten spaziert da auf der Erde rum und erschreckt die Leute“, sog sich der Musiker schnell etwas aus den Fingern.

„Inzwischen ist es mehr als nur einer. Die Angelegenheit ist mir geläufig.“

„Dann war es also zumindest keine Absicht?“

„Das war es nicht“, bestätigte der grummelige Totenreich-Herrscher. „Ich gedenke sie zu finden und wieder zurückzuholen, sobald …“ Er unterbrach sich selbst und fuhr knurrend herum, als sich ein Stück weit entfernt ein Spalt in der Luft bildete. Direkt vor dem Höhleneingang. Es war wie ein Riss zwischen den Welten, anders konnte man es nicht beschreiben. Ein Tor. Kenneth glaubte, dahinter Hochhäuser zu erkennen. War das der Stratosphere Tower von Las Vegas? Schon stürzte der Cythraul brüllend zu dem Riss und versuchte ihn mit Feuer und Magie wieder zu schließen. Aber zu langsam. Drei Tote, die gerade auf dem Berg herumstreiften, waren bereits hindurchgewandert, ehe der Cythraul die Stelle auch nur erreichte. Weitere drei, die als Zombies in die Welt der Lebenden entkommen waren, wurde Kenneth klar. Der Cythraul brüllte wie in Raserei. „Du musst jetzt gehen!“, entschied er dann wutschäumend. „Dies hier ist Skurs Werk. Berichte das der, die dich geschickt hat. Du bist nun gewarnt!“

„Äh-was!?“, konnte Kenneth gerade noch herausbringen, dann hüllte ihn erneut der Feuerwirbel ein, der ihn schon hergebracht hatte. Abermals fühlte er sich bei lebendigem Leibe geröstet, hatte das Gefühl in ein bodenloses Loch zu fallen …
 

… und fand sich plötzlich auf seinem Stuhl gegenüber der Wahrsagerin wieder. In der Realität. Im Hier und Jetzt. Die Kerzenflammen flackerten fröhlich und harmlos vor sich hin. Der Weihrauch stahl sich in seine Sinne zurück. Kenneth stöhnte. „Das war aber ein kurzes Gespräch“, meinte er in einer Art Galgenhumor. Er klopfte seine Kleidung aus, als hinge noch der Rauch darin.

„Sehr geschwätzig ist der Cythraul in der Tat nicht.“

„Hätten Sie nicht selber da hingehen und mit ihm reden können, Mann!?“

„Nein.“ Madame Fey schmunzelte. „Ich habe dort leider keinen Zutritt. Was ist geschehen?“, wollte sie gelassen wissen.

„Der Cythraul hat Probleme, soviel steht fest.“ Er begann, zu berichten, was er gehört und gesehen hatte. Von der Lavahölle, über den rasenden Cythraul selbst, bis hin zu dem Riss zwischen den Dimensionen und den drei weiteren Toten, die nun als Zombies irgendwo hier herumkrochen. Die Kartenlegerin hörte sich das alles ruhig an, als wäre das für sie weder neu noch besorgniserregend. Erst als die Bezeichnung ‚Skur‘ fiel, regte sich ihre Mimik.

„Wie, Skur soll das gewesen sein?“

„Sagt Ihnen das was? Wer oder was ist das?“

„Ich weiß nicht genau“, gab sie nachdenklich zu. „Über ihn gibt es so gut wie keine Aufzeichnungen. Während des Menschenzeitalters ist der nie in Erscheinung getreten. Wohlmöglich ist er etwas noch Älteres.“

Der Sänger nickte ebenso ratlos. „Tja, und nun?“

„Wenn selbst der Cythraul ihm nicht gewachsen ist, dann kann ihm höchstens noch Shed Einhalt gebieten.“

„Der, der die Weisheit des Universums verkörpert?“

„Ja. Der, der über die Menschen gebietet, kann hier definitiv nichts mehr ausrichten. Und der, der über die Natur gebietet, ist ebenfalls nicht stark genug. Ich muss mit Shed verhandeln. Aber keine Sorge, das kann ich diesmal selbst. Da muss ich dich nicht wieder vorschicken.“ Ihr altes, runzliges Gesicht wurde eine Spur betrübter und verkniffener. Ihr war nicht wohl bei der Sache. „Nun ist es wohl an der Zeit, meinen Fehler von vor 50 Jahren wieder gut zu machen“, murmelte sie betrübt.

„Sekunde … SIE waren die Novizin von damals?“

„Ja. Mein Ritual wurde durch Kämpfe unterbrochen, deshalb ging es schief. Während der ‚Großen Wirren‘ gab es sehr viele gewaltbereite Leute. Hauptsächlich in Nordirland, aber auch hin und wieder in Irland. Vor allem in der Nähe der Häfen, wo sich verschiedene Menschen und Meinungen tummelten, kamen Ausschreitungen regelmäßig vor. Vermutlich hat der Hass diese Kreatur angelockt. Mein Meister starb in dem Handgemenge. Ich konnte entkommen, habe ein Schiff bestiegen und bin in die Neue Welt aufgebrochen, wie viele andere Iren zu dieser Zeit.“

„Wouw … Sie führen ein actionreiches Leben, Lady.“

Madame Fey lächelte dünn. „Ich wusste nicht, dass es damals ausgerechnet Skur war, dem ich die Tür geöffnet habe. Geh jetzt nach Hause. Ich habe viel zu tun, nun da ich weiß, was los ist. Danke für deine Hilfe, aber ab hier muss ich allein weitermachen. Du kannst mir nicht mehr helfen.“

Kenneth nickte verstehend und verabschiedete sich, auch wenn es ihm schwerfiel. Er war wahrlich nicht böse, nicht weiter in diese Dinge verstrickt zu werden, nur konnte er nicht glauben, dass sein Leben nach diesen Erfahrungen und Erlebnissen so weitergehen könnte wie früher. Aber mit wem sollte er darüber reden? Wer würde ihn verstehen? Seine Bandkollegen würden ihn für verrückt halten.


Nachwort zu diesem Kapitel:
* Der Spruch ist ein Zitat aus "Der Wixxer", aber ich liebe ihn einfach. Ich konnte nicht anders. Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (6)

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Von: irish_shamrock
2021-04-11T06:12:44+00:00 11.04.2021 08:12
Hallo die 2te :3 ...

ich mag es schon erwähnt haben, doch ich mag Madame Fey, auch wenn ich weiß, welches grausige Schicksal sie, womöglich, ereilen wird.
Und du hast wieder etwas am Setting geschraubt. Jetzt wirkt die Hölle "runder" und etwas weniger karg, als beim ersten Lesen. Auch hast du dem Cythraul einen Avatar verpasst :') "Quentin - der Pirat-spielende Avatar".
Und Cythraul scheint dem Entlaufen seiner Toten allmählich nicht mehr gewachsen zu sein.

Ich freue mich aufs nächste Kapitel.

Liebe Grüße,
irish C:
Antwort von: Futuhiro
11.04.2021 10:24
> Und du hast wieder etwas am Setting geschraubt. Jetzt wirkt die Hölle "runder" und etwas weniger karg,

--> Ja, den Avatar wollte ich unbedingt noch mit rein haben. Auch der wäre noch ausbaufähig gewesen, aber ich denke, so war es okay. ^^


Ich hab jetzt im Nachhinein allerdings ein bisschen die Befürchtung, dass Kenneths erster Zombie nicht klassisch-zombiehaft genug ausgefallen ist. ^^° Ich hoffe, du störst dich nicht an der Art Zombies, die ich hier kreiert habe.
Von: irish_shamrock
2021-04-11T05:48:10+00:00 11.04.2021 07:48
Guten Morgen :) ...

ich hoffe, mit deinem Umzug hat sich mittlerweile alles irgendwie eingependelt. Da ivh selbst vor einem Jahr (wieder einmal) umgezogen bin, sind mir die Strapazen noch gut in Erinnerung @.@ ...

Was mir beim Lesen auffiel:
Du hast noch ein paar Worte mehr dazu geschrieben. Finde ich gut. So wirkt gerade die Begegnung zwischen Kenneth und seinen Bandkollegen doch eine kleine Spur intensiver, wenn auch nicht gerade friedvoller. Und meinen Faible für "Mantel und Degen-Helden" hast du Ben aufs Auge gedrückt ;) ...
Hm ... das Zitat aus "Der Wixxer" ist ganz witzig, aber irgendwie ... passte es nicht ganz zur angeheizten Stimmung und irgendwie will mich das Gefühl nicht loslassen, dass der Hauptprota nur die Arschlochschiene fährt, weil es von ihm "erwartet" wird. Allgemeinhin ist die Verbindung der Männer untereinander (bis auf Lars - Schlagzeuger sind die Coolsten) sehr ... agressiv. Statt sich den ganzen Tag anzukeifen ... ja, okay, sie brauchen das Geld. Aber wenn es nicht passt, dann passt es nicht.
Allerdings ist der Einschub mit musikalischen Begrifferklärungen für mich, als Laie, im ersten Augenblick fast erschlagend doch im Nachhinein wirkt es sehr ... professionell.

Ehrlich gesagt wurde mir beim plötzlichen Sprung der Story etwas schwindelig. Dass auf einmal alles glatt und cool für die Jungs läuft und Jean in eine eigene Wohnung zog ... irgendwie fehlt mir da noch etwas mehr ... und natürlich können wir das jetzt auf die magische Tarotkarte schieben, denn offensichtlich hat Kenneth das Glück für sich gepachtet und laviert sich aus noch so jede Bedrängnis heraus.
Und dann, mit einem Mal, bricht an einem friedlichen Abend plötzlich die Hölle los. Torkelnd und schleichend und furchterregend x_x.

Danke für dieses Kapitel und die neuen Eindrücke, die du gegeben hast :D ...

Liebe Grüße,
irish C:
Antwort von: Futuhiro
11.04.2021 10:16
Guten Morgen ^.^

Ganz lieben Dank für den mega langen, ausführlichen Kommentar. ^^

Hier hat zwar noch nicht alles seinen neuen Platz gefunden, aber langsam legt sich das Chaos. Aber schlimmer fand ich eigentlich den Verwaltungsaufwand. Telefon ummelden, Versicherungen ummelden, GEZ ummelden, Einwohnermeldeamt ummelden, Banken ummelden, ... X__x


> Du hast noch ein paar Worte mehr dazu geschrieben. Finde ich gut.

--> Ja, ich sagte ja, ich mag hier und da noch ein paar Sachen ausbauen, die beim Wichteln aus Zeitgründen erstmal unter den Tisch fielen. Freut mich, wenn dadurch alles noch etwas runder wird. ^^


> Hm ... das Zitat aus "Der Wixxer" ist ganz witzig, aber irgendwie ... passte es nicht ganz zur angeheizten Stimmung

--> Ah, DA stammte das Zitat also her. Ich wusste nicht mehr, wo ich das mal her hatte. Danke, das geh ich gleich mal nachtragen. - Ich wollte mit dieser "Coolness" an sich Kenneths Überlegenheit andeuten. Er sollte streitlustig wirken, aber wie einer, der denkt, dass ihm niemand gewachsen ist. Wenn du meinst, der Spruch würde an der Stelle nicht passen, dann ist dieser Versuch wohl leider nach hinten losgegangen. ^^°


> Allgemeinhin ist die Verbindung der Männer untereinander (bis auf Lars - Schlagzeuger sind die Coolsten) sehr ... agressiv.

--> Richtig, Lars ist ein bisschen der Sonnenschein in der Truppe, der versucht, die Stimmung auf einem erträglichen Maß zu halten.


> ja, okay, sie brauchen das Geld. Aber wenn es nicht passt, dann passt es nicht.

--> So einfach ist es im Musik-Business leider nicht. Wenn man einmal in Verträgen gefangen ist, kommt man da ohne ruinöse Vertragsstrafen nicht mehr raus, die sich Durchschnittsmusiker beim besten Willen nicht leisten können. Diese Band in meiner Story ist leider noch nicht auf dem Level von Metallica oder AC/DC, die solche Vertragsstrafen finanzieren könnten.


> Allerdings ist der Einschub mit musikalischen Begrifferklärungen für mich, als Laie, im ersten Augenblick fast erschlagend

--> Perfekt, genau das wollte ich bewirken. ^^ Denn den Bandkollegen (speziell Ben) sollte es genauso gehen. Dann kann sich der Leser in Bens Lage reinfühlen. Verbal niedergeknüppelt von einem A***, dem man nicht gewachsen ist, und der das auch noch auskostet.


> Ehrlich gesagt wurde mir beim plötzlichen Sprung der Story etwas schwindelig. Dass auf einmal alles glatt und cool für die Jungs läuft

--> Hm~ Das Festival in Kentucky sollte die große Wende darstellen, wo alles super läuft und wo die Bandkollegen künftig besänftigter und versöhnlicher miteinander umgehen. Scheinbar kam das in meiner Story nicht so rüber. Ich hätte das Festival vielleicht doch noch als eigene Szene ausschreiben sollen. Ich hatte das in Erwägung gezogen, wollte die Leser aber nach dem Bandstreit nicht mit noch mehr Musiker-Vokabular belasten, und hatte mich dann dagegen entschieden. ... Meinst du, ich sollte das Festival noch einfügen, um das Kapitel rund zu kriegen? :)

Liebe Grüße zurück ^.^)/
Hiro~
Von: irish_shamrock
2021-04-09T14:46:00+00:00 09.04.2021 16:46
Hallo Futuhiro,

die lange Abstinenz tut mir sehr leid. Bei mir ging es drunter und drüber x.x ...
Allerdings schulde ich dir noch einen Haufen Kommentare und da mir seit Tagen dieses Vorhaben im Kopf umher schwirrt, möchte ich mich bemühen, dem nachzukommen.

Wir springen also 50 Jahre in die Zukunft, fort von der irischen Insel und hinein ins bunte, quirlige Las Vegas. Kenneths Auftritt ist dir gelungen. Ein mürrischer, junger Mann, der seine Zeit wohl allzu gern in Kneipen verbringt und seinem Lebensstil, wie später erwähnt, treu bleibt.
Doch scheinbar möchte und meint das Schicksal es anders mit ihm.
Die Beschreibungen der Situationen und der Umgebung gefällt mir sehr. Auch wenn im ersten Augenblick nicht zu erkennen ist, wer Madame Fey wirklich ist, mag ich ihren Charakter.
Dass du offen lässt, was mit Kenneth in den Stunden geschehen ist und er einen halben Tag lang über keinerlei Erinnerung verfügt, schieben wir einfach dem Weihrauch zu ;) ...
Jean, als kleine Schwester, sorgt sich sehr um ihren Bruder - auch wenn ihm dieses "gluckenhafte Verhalten" missfällt.
Es gefällt mir, dass du dir ein paar meiner Wünsche vorgenommen und sie so verpackt hast bzw. verpackst, dass es schlüssig und stimmig wird. Gewissen Zahlen wird meist eine gewisse Mystik nachgesagt und das hast du in diesem Kapitel sehr schön und deutlich zum Ausdruck gebracht :D

Ich will versuchen, am Wochenende die fehlenden Kapitel aufzuarbeiten.
Doch bis dahin darfst du sehr zufrieden mit dem Ergebnis der Wichtelaktion sein :3

Liebe Grüße,
irish C:
Antwort von: Futuhiro
10.04.2021 14:01
Hallo-Hallo~ ^_^)/

Kein Problem, ich kam ja mit dem Hochladen jetzt auch ein 2 - 3 Wochen nicht voran, weil ich umgezogen bin und bei mir folglich auch alles etwas chaotisch war. Eine Woche lang hatte ich nichtmal Internet. ^^°

Ich freu mich riesig, dass die Charaktere augenscheinlich so geworden sind wie geplant, und dir auch gefallen. ^_^

Mach dir mit dem Kommentieren keinen Stress. Schönes Wochenende~
Liebe Grüße
Hiro
Von: irish_shamrock
2021-02-14T16:11:59+00:00 14.02.2021 17:11
Hallo Futuhiro,

noch rechtzeitig, aber wie versprochen (und nach dem Erstellen der Steuererklärung*hust*), folgt nunmehr der Kommentar zum ersten Kapitel deiner tollen Geschichte ♥ ...

Zuallererst freue ich mich sehr, dass du mir ein Original beschert hast. Allzu viele Übereinstimmungen hatten/haben wir zwar nicht auf unseren Listen, doch ich sehe die Geschichte als kleine Revanche zum Winterwichteln 2o18 ;) ...
Ein ganz großes Dankeschön, dass du auch viele meiner Wünsche und Angaben mit eingeflochten hast ♥ - Irland, Druiden (Mystik), Astrologie ♥, Herbst, Las Vegas, (Rock)Musik ... damit hast du voll ins Schwarze getroffen aber auch nicht vergessen, deinen eigenen Stil (langhaarige, rockige Kerle in Lederjacken) mit einzubringen.

Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass ich nun, beim 2. Lesen, ein wenig überrascht bin, was die zeitliche Abfolge zu Beginn des Ganzen betrifft. Rein spekulativ würde ich sagen, dass all das vielleicht in den späten 1950ern - frühen 60/70er Jahren spielt, +/- 10 Jahre. Und natürlich sind die Unruhen auf der Insel bekannt - allerdings hätte ich eher angenommen, dass es zu einer anderen Zeit spielt, irgendwann im 13. oder 14. Jahrhundert, vielleicht auch im 17. oder 18.?! Denn auch wenn es heute noch Schamanen gibt, war es, gemessen an der Zeitachse (und den folgenden 50 Jahren), schon ein wenig ... erstaunlich, dass solche Zauber und Gebräuche (und Kleidung) in der Nachkriegszeit noch anzutreffen sind.

Die Beschreibungen der Umgebung, sei es die Lichtung, oder der Hafen nebst Schiff, haben mir sehr gefallen. Ebenso die Einführung der Charaktere, wobei ich zu erst dem Gedanken erlegen war, dass mir eine "Game of Thrones"-Story geschrieben wurde.
Der Ablauf der Geschichte ist gut ausgearbeitet und aufgebaut, die Gedanken und Ängste nachvollziehbar dargestellt und alles in allem schön stimmig.

Ich freue mich auf die nächsten Kapitel, und ich wünsche dir viel Kraft, denn der kleine Satz im Nachwort war ziemlich bedrückend. Aus diesem Grund Hut ab, dass du so ein Werk fertigen konntest.

Liebe Grüße,
irish C:
Antwort von: Futuhiro
15.02.2021 17:52
Hi, irish_shamrock ^_^

Ganz lieben Dank für deinen langen Kommentar. Ich freue mich sehr. ^///^
Du hattest zwar schon viele, interessante Fandoms auf deiner Liste, aber ich bin mir oft so unsicher, ob ich einen ähnlichen Blick auf ein Fandom habe wie mein Wichtel. Jeder empfindet Charaktere und Konstellationen anders, und ich mag mich ungern in die Nesseln setzen, etwas zu schreiben, was dem anderen nicht canon-konform vorkommt. :D

Der Anfang sollte so in den frühen 1970´er Jahren spielen, als die Troubles in vollem Gange waren. Und die "eigentliche" Story spielt heute, um 2020, also die besagten 50 Jahre später. (Zum Glück hab ich noch dran gedacht, wenigstens ein bisschen Schifffahrtsgeschichte zu recherchieren, ob es um 1970 überhaupt Dampfschiffe gab. ^^ Im 13./14. Jh gab es jedenfalls nur Segler, und Amerika war auch noch nicht offiziell entdeckt, wenn man mal die frühen Erkundungstrips von Leif Eriksson außer Acht lässt.)

Ich gebe aber zu, da es sich um ein Fantasy-Europa und Fantasy-Amerika handelt, habe ich dem Schamanismus und Druidentum wohl etwas mehr Aktivität angedichtet als heute in der Realität tatsächlich noch vorhanden ist. Es gibt heute immer noch Vertreter dieser spirituellen Richtungen, wenn auch im moderneren Gewand. Es gibt ja auch heute noch Hexen (zumeist in der Ausrichtung "Wicca"). Aber in dieser sehr "traditionellen" Form wie in meiner Geschichte wohl tatsächlich nicht. :)

Vielen lieben Dank für deinen Kommentar. ^_^
In den nächsten Tagen folgen mehr Uploads.
Von: irish_shamrock
2021-02-09T17:07:24+00:00 09.02.2021 18:07
Hallo Futuhiro,

vielen, lieben Dank vorab für die tolle Wichtelgeschichte 💚 ...
Ich werde die Kapitel, je nach Upload, kommentieren. Für ein möglichst ausführliches Feedback, muss ich dich leider vorerst aufs Wochenende vertrösten. Am Laptop habe ich mehr Ruhe und am WE mehr Zeit, mich dem Anfang zu widmen. Am Handy mit klammen Fingern tippt es sich eher ungut.
Ich hoffe, du kannst dich noch ein wenig gedulden :') ...

Liebe Grüße,
irish C:
Antwort von: Futuhiro
10.02.2021 21:46
Danke-Danke! :)
Mach dir keinen Stress. Vor dem Wochenende bin ich selber auch nicht wieder richtig aktiv.
Ich freu mich auf dein Feedback.
Von:  Chai-Cherry-Tea
2021-02-08T19:44:08+00:00 08.02.2021 20:44
Ziemlich gut geschrieben, sehr spannend xD bti dem Namen Kilian musste ich lachen, ich hab hier im Ort ein Kloster das so heißt *lol*
Antwort von: Futuhiro
10.02.2021 21:45
Danke ^///^
Ja, ich war auf der Suche nach irischen Namen, weil der Anfang in Irland spielt. ^^


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