Hunt von Dudisliebling ================================================================================ Kapitel 7: Biss (Siakoh) ------------------------ 7 Biss (Siakoh) Ich musste so schnell es ging ein Pflaster finden, denn diese verdammte Wunde an meinem Hals, die dieser Irre mir zugefügt hatte, wollte sich einfach nicht schließen. Nicht einmal meine gute Yokai-Selbstheilung verhalf ihr dazu, endlich zu versiegen. Mein Shirt war bereits komplett rot unterlaufen. Wenn mich so jemand auf der Straße sehen würde, würden sie mich für einen Verrückten halten. Somit zog ich meinen blauen Mantel enger um meinen Hals und ebenso den Schal. Sollte er eben besudeln, seufzte ich. Die Reinigung würde das bestimmt rausbekommen. Ich lenkte den Wagen zu der nächstbesten Apotheke, rutschte dabei immer wieder unangenehm auf meinem Hinterteil herum. Dieses Arschloch! Er hatte mich einfach so genommen und das so unsanft, dass ich es sicher noch bis morgen früh spüren und nicht sitzen könnte. Zum Glück hatte ich heute Abend frei! Ein warmes Bad würde mir vielleicht guttun, aber das ging nur, wenn das Blut aufhörte wie ein Wasserfall aus meinem Hals zu laufen. In der Apotheke beäugte mich die junge Frau hinter dem Tresen. Dieser Blick ihrerseits war mir für gewöhnlich willkommen. Die Japaner standen auf blondes Haar. Meines war dazu noch etwas besonderer, mit den bronzenen Enden. Doch heute war es mir unangenehm. Es war, als würde sie durch meine Erscheinung sehen können, was ich vor wenigen Minuten getrieben hatte. Ich hatte mich diesem Idioten hingegeben. Ihn traf also nicht die ganze Schuld, rügte ich mich, als ich aus der Apotheke ging und vorsichtig auf den Sitz des Wagens rutschte. Bloß keine Flecken hinterlassen! Isha würde toben, wenn ich seinen Wagen besudelte. Langsam startete ich den Motor und fuhr in meine Wohnung, in der ich mich entkleidete und duschte. Einerseits war diese unendliche Befriedigung durch den “Vampir” eine willkommene Abwechslung. Ich hatte meinen Druck abgebaut und auch dem Frust ein Ventil gegeben. Niemals würde ich Yosuke bekommen und das war auch in Ordnung so. Doch wann war ich an der Reihe, einen netten Mann zu treffen, der mir die Welt zu Füßen legte? Wieso musste ich immer an diese Männer geraten, die einen anderen liebten oder zu feige waren oder irgendwelche Irren, die einem einfach so ihren Schwanz in den Allerwertesten rammten und noch dazu das Blut leer saugten. Vorsichtig strich ich über die Bissstelle und zuckte so stark zusammen, dass ich in die Hocke gehen musste. Wie ein Blitz durchzog mich ein warmes und berauschendes Gefühl. Vom Hals direkt in mein Herz und von dort aus in jede meiner Gliedmaßen. Es war unglaublich belebend. Ob ich mal nachforschen sollte und den Grund dafür herausfinden? Lag es an einem Gift, welches er übertragen hatte? Oder einer Art Youki? Nach der Dusche trocknete ich mich ab und bemerkte immer noch den Blutfluss. Selbst das Pflaster brachte keine Linderung, welches nach nur 10 Minuten durchtränkt war. Langsam geriet ich in Panik und schritt durch meine Wohnung, drückte mir ein Handtuch an den Hals und überlegte. Sollte ich Yosuke fragen, ob er mir half? Mein Blick glitt zu meinem Smartphone, dass auf einem Tisch lag und unheimlich wirkte. Er hatte es ebenso berührt wie mich. Es war irgendwie schmutzig. Stell dich nicht so an, du Diva, schimpfte ich mich selbst und schreckte jäh zusammen, als das Kleingerät plötzlich erleuchtete und begann meinen Lieblingssong zu spielen. Ein Bekannter hatte ihn für mich aufgespielt und sich herzlich darüber lustig gemacht, dass ich eine Techniknull war. Langsam ging ich auf den Tisch zu und lugte zunächst nach der Nummer und dem Namen, der mir angezeigt wurde. Sicher hatte dieser Typ meine Nummer geklaut! Doch zu meiner freudigen Überraschung war es Yosuke und ich ging direkt dran. “Mein Hübscher, schön, dass du mich anrufst.” “Hey, Sia.”, begrüßte er. “Geht es dir gut? Ich dachte du meldest dich, wenn du das Auto bekommen hast und zurück in Tokyo bist?!” “Oh, entschuldige.”, stotterte ich kurz. Das hatte ich ja ganz vergessen. “Ich hatte etwas Dringendes zu erledigen.” “Ich merk’s.”, brummte er nun und mir fiel es wie Schuppen von den Augen. “Du hast dein Smartphone wieder.” “Ja.”, gab ich zu. “Der Dieb hat es mir freiwillig zurückgegeben.”, log ich und rieb die schmerzende Bissstelle. “Geht es dir gut?”, fragte er und ich schloss die Augen. Mensch, Yosuke, du wusstest einfach zu gut über mich Bescheid, selbst im Unwissen. “Es ist vielleicht eine Kleinigkeit passiert.”, gestand ich und setze mich auf die Sessellehne. “Was?”, setze er mich sofort und mit strenger Stimme fest. “Soll ich vorbeikommen?” “Nein schon gut! Es blutet nur etwas.”, nuschelte ich und schob die Knie aneinander. “Komm sofort her! Kusuri soll dich heilen.” “Nein! Von dem Kerl lass ich mich sicher nicht befummeln!”, schnappte ich ein und hörte ihn Knurren. “Will ich wissen, wie es zu dem Blut kam?!”, fragte er erbost. “Ich komme vorbei.”, versprach ich und legte schnell auf. Wenn Yosuke sauer war, wollte ich sicher nicht, dass er hier vorbei schneite. Lieber selbst in die Höhle des Löwen spazieren, als den Löwen als neuen Bewacher und Bodyguard haben. Obwohl? Vielleicht wäre das gar nicht schlecht. Hör auf zu träumen, schollt ich mich und stand auf, zog Schuhe und einen haselnussbraunen Trenchcoat an, stieg wieder in den Wagen und fuhr zum Anwesen der Ishas. Noch bevor ich aus dem Auto gestiegen war, öffnete sich die Wagentür und die schokoladenbraunen Augen mit dem Silberstreif sahen mir entgegen. Er scannte mich und zog die Augenbrauen zusammen. “Schön dich zu sehen, mein Hübscher.”, begrüßte ich ihn und lächelte freundlich, hielt ihm die Hand hin, damit er mir hinaushelfen konnte. “Spar dir das, Siakoh!” erwiderte er angespannt und nahm doch meine Hand, um mir zu helfen, schob mich aus dem Türbereich und schlug diese direkt hinter meinem Hinterteil zu. “Rein mit dir!” “Oh wow. Ich will nicht in Emikos Haut stecken, wenn sie von ihrem ersten Date nach Hause kommt.”, machte ich einen Scherz, der wie ein Bumerang zurückkam. “Hattest du denn ein Date?”, erfasste er und ich war alarmiert. Seine Nase verriet ihm vielleicht mehr, als ich wörtlich preisgegeben hatte. “Würde dich nichts angehen.”, wendete ich mich ab und nahm die Flucht nach vorn. Ich war so ein Blödmann! Doch wenn Yosuke noch mehr bohren würde, dann wüsste er nur, was er schon riechen konnte. Also trugen mich meine Schritte direkt die kleine Treppe hinauf zur Haustür, in der Isha bereits stand und wartete. Sein fieses Schmunzeln hätte ich ihm am liebsten weggewischt, doch ich war selbst schuld. Warum hatte ich mich auf diese Sache eingelassen? Warum hatte ich mich diesem schwarzen Typen hingegeben? Weil ich es nötig gehabt hatte... Ich hatte nach Nähe gelechzt und von ihm bekommen. Auch wenn es grob war, löste allein die Erinnerung daran einen Schauer der Erregung in mir aus. Er hatte genau gewusst, was er tun musste, um mein Maximum herauszuholen. Es hatte mir gefallen und das trieb mir nun die Scham in die Wangen. “Kannst du mir helfen?”, fragte ich und presste meine Hand auf eine dicke Kompresse, die ich im Auto neu angelegt hatte, weil das Handtuch zu erschreckend ausgesehen hätte, um damit vor Yosuke zu treten. “Komm herein!”, bat Isha und führte mich in die Küche. Emiko saß dort und las etwas, während sie Kopfhörer trug und damit Musik hörte. Ihr Blick hob sich zu mir und sie freute sich mich zu sehen. Ihr Gold strahlte, wie eine blank geputzte Medaille. “Salut, ma Chérie.”, begrüßte ich sie auf Französisch, da sie mit ihrer Schönheit locker mit den adretten Mädchen einer Privatschule Frankreichs mitthalten konnte. “Hallo, Siakoh!”, strahlte sie und wurde dann von ihrem Großvater gebremst. “Er braucht eine Behandlung. Willst du etwas lernen?” “Ja, Oji!”, rief sie wie eine kleine Soldatin und ich verengte die Augen “Du willst sie zuschauen lassen?” “Und erklären wie Komori sich ernähren, ja.”, erläuterte Kusuri und ich hörte Yosuke knurren. “Beruhige dich, Yosuke.”, bat Kusuri und zog den Küchenstuhl zurück, um ihn mir darzubieten. Emiko entledigte sich ihrer Ablenkungen und setze sich so hin, dass sie alles beobachten konnte. Ich gab mich geschlagen und ließ mich matt auf den Stuhl sinken, zuckte zusammen und erntete einen finsteren Blick meines besten Freundes, der die Arme verschränkt hielt und wie ein erwachter Vulkan nur darauf wartete auszubrechen. “Wie kam es zu dieser Verletzung?”, fragte Kusuri und bedachte Emiko mit einem Blick genau zu lauschen. “Ich holte mein geklautes Smartphone zurück und wurde gebeten etwas Blut zu spenden. Nichts weiter.” “Wie ritterlich.”, schnaubte Yosuke und wenn er so weiter machte, würde ich bald ausrasten. Wieso spielte er sich wie mein Beschützer auf, wenn er mich doch nicht als Mann, sondern nur Freund wollte? “Er hat dich also nett darum gebeten?”, fragte Kusuri überrascht und zog die Kompresse von meinem Hals, schmiss sie ins Waschbecken und nahm sich ein Küchentuch, um damit das Blut fort zu wischen. “Unsaubere Bissspuren. Sieht eher nach einem Überraschungsangriff aus. “Ja, er hat freundlich gefragt!”, hielt ich an der Lüge fest und presste die Augen zusammen, als ich die Berührungen des Arztes an der Wunde spürte. Wieder durchzuckten mich diese Blitze. Ich biss mir auf das innere Fleisch meiner Unterlippe. Niemand musste das sehen. “Bei der Wunde werde ich nicht viel machen können.”, seufzte Kusuri dann hinter mir und ich öffnete meine zusammengekniffenen Augen, um zu Yosuke zu sehen, der fragend zu seinem Ehemann sah. “Warum, Oji?”, fragte Emiko neugierig und stemmte ihre winzigen Hände an meine Schulter, um sich die Wunde genau anzusehen. Es war irgendwie grotesk, dass ein kleines Mädchen Gefallen daran fand. “Komori müssen ein Antigerinnungsmittel in ihre Opfer spritzen, um das Blut einnehmen zu können. Draculin, wird dies genannt. Es geht recht schnell, bereits beim Biss, und macht das Blut flüssiger, so dass es leichter zu konsumieren ist.”, erklärte dieser Bastard auch noch genaustens. Ich lauschte und war irgendwie zu einem Versuchskaninchen geworden. “Wie lange hält das an?”, fragte Yosuke und ich wurde hellhörig. “Bis zu zehn Stunden. Deshalb blutet er auch noch so stark. Es wird selbst unter uns Yokai etwas dauern, bis sich die Wunde schließt.” “Wow, Oji! Das ist wirklich interessant!”, strahlte Emiko und ich sah zu, wie Isha eine frische Kompresse aus dem Küchenschrank holte und diese dann an meinem Hals anbrachte. “Du solltest die Nacht hier verbringen, Siakoh.”, bat Yosuke und sah zum Fenster hinaus. Es dämmerte. Wann war so viel Zeit verstrichen? “Nein, ich will nach Hause!”, brummte ich beleidigt und stand auf. “Danke, Isha!” “Nicht der Rede wert.”, grinste er düster. Dieser Sadist hatte es genossen mir diese Infos aufs Brot zu schmieren! “Dann fahre ich dich.”, entschied Yosuke und ging bereits zur Küchentür hinaus. “Viel Spaß!”, klopfte Isha mir auf die Schulter und sah dann zu Emiko. “Alles abgespeichert? Dann sag Siakoh auf Wiedersehen.” “Tschüss, Siakoh!” verabschiedete sie sich und drückte mich leicht, bevor ich trottend zum Wagen ging. Das konnte heiter werden. Zunächst schwieg Yosuke und ich beobachtete seine angespannten Finger, die das Lenkrad bearbeiteten. Immer wieder veränderte er die Abstände dazwischen, wodurch sich die Sehnen unter der Haut bewegten. Er haderte, kämpfte um Haltung und versuchte die richtigen Worte zu finden. “Mach dir bitte keine Sorgen um mich, Yosuke.”, bat ich und bekam augenblicklich seinen Blick geschenkt. Wir mussten ohnehin gerade an einer Ampel stehen. Ein gut gewählter Moment meinerseits, denn wenn es mir zu bunt wurde, würde ich einfach aussteigen und laufen. “Ich habe dir angeboten mitzukommen. Dann hätte er dich nicht verletzt.”, brummte er zähneknirschend. “Warum denn? Es ist mir doch nichts weiter passiert.”, versuchte ich es runterzuspielen und hörte das Knacken seiner Fingerkapseln. “Nichts?!”, zischte er. “Und warum windest du dich auf diesem Stuhl, als wäre dein Hintern versohlt worden?”, griff er mich wissend an. “Entschuldige! Aber ich weiß genau, wie man aussieht, wenn man es etwas härter abbekommen hat, als man es verträgt!” “Aha?!”, schnappte ich ein, verschränkte die Arme ineinander und funkelte ihn genau an. “Und selbst wenn, dann würde es dich nichts angehen!” “Wenn es um dein Wohl geht schon!” “Ach und warum?”, spuckte ich ernst aus. “Weil du nun doch zu mir kommst und mein Partner wirst?” Seine Augen weiteten sich zum Schock und das grüne Licht der Ampel brach sich in dem silbernen Streif. Die Autos hinter uns würden hupen, wenn er nicht anfuhr, was er instinktiv tat und weiterfuhr. Sein Blick war starr auf die Straße gerichtet. “Ich will dich auch als Freund schützen. Kannst du das nicht verstehen?”, fragte er nun mit einer ruhigen Tonlage. “Doch!”, gab ich zu und schloss gequält die Augen. “Aber ich will nicht länger allein sein!” “Du bist nicht allein!”, wollte er mir weißmachen und ich lachte auf. “Nur weil du und der Arzt da sind, eure süße, kleine Prinzessin?”, fragte ich lachend. “Ihr könnt mir des nachts auch nicht geben, wonach ich mich verzehre.” “Aber warum ein Komori? Dieser? Er scheint nicht auf dich zu achten.” “Das war nur etwas Einmaliges und ich leichtsinnig, weil meine Wünsche überwogen.”, versicherte ich und sah das Wohnhaus, in dem meine Penthaus-Wohnung war. “Wirklich?”, fragte mein bester Freund und lenkte den Wagen auf den Parkplatz vor dem Haus. Sein Blick traf mich und ich erwiderte ihn. “Ich wünsche mir jemand Besseren für dich.” “Nur du wärst der Beste für mich.”, schmunzelte ich und streichelte seine Wange. “Mach dir keine Sorgen. Ich passe auf mich auf. Und wenn ich doch Angst bekomme, rufe ich dich!” “Bitte!”, bat er darum und legte seine Hand auf meine, bevor ich sie ihm entzog und ausstieg. “Danke fürs Fahren, mein Hübscher.” winkte ich noch und schlug die Tür zu. Oben angekommen stöhnte ich genervt aus. Dieser Hölle war ich noch einmal davongekommen und somit würde ich mich nun endlich auf die Couch bequemen und meinem geschundenen Hinterteil etwas Ruhe gönnen, wartend darauf, dass die Wunde aufhörte zu bluten. Also ging ich in mein Schlafzimmer, welches das schlichteste meiner Zimmer war. Hier stand ganz clean mein großes Bett, ein begehbarer Schrank, der fast genauso groß war wie der Schlafraum selbst und alle meine Schätze beherbergte. Nur ein riesiges Bild über dem Bett, zeugte von etwas Farbe. Und nicht wenig davon. Es war ein Bild aus den Tiefen des Dschungels. Farne, bodenüberwuchernde Wurzeln und Moos, egal in welche Ecke des Bildes man sah. Es hatte etwas Düsteres, ebenso wie es die aufregendsten Dinge zu erhaschen gab. Irgendwie war es wie dieser Typ. Alejandro. Er war düster und doch bekam ich das Gefühl nicht los, dass mehr dahintersteckte. Ob auch in ihm etwas zu finden, zu erhaschen war, was man auf dem ersten Blick nicht ahnte? Naja egal! Ich hatte mein Hab und Gut wieder, würde nicht mal mehr in die Nähe seiner Wohnung gehen. Wer wusste, was er sonst mit mir anstellte? Am Ende war ich noch blutleer und ein gewisser Wolf im Kittchen, weil er meinen Tod rächte. Das konnte ich seiner kleinen Prinzessin nicht antun! Ich zog mich aus und schlüpfte in einen seidenweichen, Petrol farbigen Kimono. Nur meine Shorts kleideten meine intimste Körperstelle und zusammen mit meinen Hausschuhen ging ich auf einem Umweg in die Küche, direkt auf meine antike Couch zu. Hier im Wohnzimmer war die Farbenpracht geradezu ausgebrochen. Pflanzen türmten sich hier und ich brauchte fast 5 Liter Wasser, zweimal die Woche, um alle zu bewässern. Antike, dunkelholzige Möbel mit roten Polstern hier und da, begleiteten das Bild. Eine technische Sache hatte auch ich nie verneinen können und das was der Fernseher. Filme und Musik zu hören war eines meiner liebsten Hobbys und so suchte ich nun auf einem der Streamingdienste nach etwas Brauchbaren. Das Vibrieren meines Smartphones weckte meine Aufmerksamkeit und ich beugte mich zum kleinen Nebentisch, wodurch mich ein Stich durchfuhr, weil ich die Wunde am Hals reizte, doch diesen unterdrückte ich. Mein Blick flog zu dem Benachrichtigungsbalken, der mich auf einen Chat von Yosuke und mir verwies. Ich öffnete die Benachrichtigung und las seine Nachricht. Er bat mich noch einmal eindringlich darum, ihn zu kontaktieren, wenn dieser Typ mich belästigte. Ach, irgendwie war er schon süß, mein Hübscher, kleiner, unerreichbarer Liebling. Als ich den Chat verließ, fiel mir jedoch ein neuer Chat auf und ich zog das Display näher vor mein Gesicht. “Was zum?!”, murmelte ich und klickte den Chat mit meinem Finger an. Dort war nichts geschrieben. Nur eine Nachricht, das Versenden eines meiner Tanz-Portraits, welches ein berühmter Fotograph ganz exklusiv für mich gemacht hatte, war dort aufgeführt. Und es war von MEINEM an SEIN Smartphone gesendet worden. “Dieser Schuft!!”, schrie ich auf und stemmte meine Beine auf, wodurch ich meiner Wut in strammen Schritten durch mein Wohnzimmer, bis hin zum Fenster, Luft machte und hinaus auf die unzähligen Lichter der Stadt starrte. “Der hat sich einfach meine Bilder angesehen!”, erfasste ich mit lauter Stimme und stampfte einige Male wild auf, was ich gleich bereute. Mein Arsch tat weh! Nun wusste er also von meiner größten Leidenschaft. Was er wohl dachte, seufzte ich und starrte vom Fenster auf meine Dachterrasse. Es war mir normalerweise nicht peinlich, wenn man mich beim Tanzen beobachtete. Es war ja meine Passion, meine größte Leidenschaft und ich war nicht umsonst so erfolgreich damit gewesen. Aber, dass er es wusste, bereitete mir ein ungutes Gefühl. Ich hob das Smartphone erneut an und sah auf den Chat. Auf seinem Profilbild war etwas zu sehen was ich kannte. Sein Motorrad. Schwarz so wie er seine Kleidung und Einrichtung wählte. Er war so ganz anders als ich. Dunkel und trist. Kein Paradiesvogel so wie ich. Dennoch reizte es mich meine Wut an ihm auszulassen. Wegen ihm hatte ich so viele Fragen und Wut von Yosuke über mich ergehen lassen müssen. Zudem der Schmerz meiner Wunde und meines Hinterns. Es wäre schon gut, wenn er sich wenigstens dafür schämte und vielleicht änderte er seine Vorgehensweise für andere! Es wäre eine Lektion in Sachen Erziehung! Also atmete ich einmal tief ein, setze mich wieder auf meine Couch und nahm zuerst einen Schluck Rotwein aus meinem Glas. Was sollte ich ihm schreiben?, überlegte ich und lehnte mich zurück. Nach einigen verworfenen Ideen blieb ich bei einer hängen und schrieb ihm: “Hey, du Blutsauger! Das nächste Mal, wenn du jemanden zum Futtern suchst, halte dich an eine nette kleine Regel: Fragen kostet nichts! Und sei sanfter! Mir tut nun alles weh!” Es war sanfter, als ich es vorgehabt hatte, aber es würde genügen, um seinem Schuldgefühl auf die Sprünge zu helfen. Ich schmiss mein Smartphone neben mich und ließ mich auf die andere Seite der Couch fallen, schob die Beine ebenso auf die Sitzfläche und kauerte mich leicht zusammen. Warum hatte ich ihm nun auch noch geschrieben? Folterte ich mich sofort mit dem Versenden dieser Nachricht. Was hatte mich nun dazu getrieben ihn belehren zu wollen? War er denn nicht erwachsen und alt genug, selbst zu wissen, ob das gut oder schlecht war, was er da getrieben hatte? Außerdem war ich ja sogar selbst schuld und einvernehmlich mit ihm zusammengekommen. Der Sex war nicht der Schlechteste, den ich gehabt hatte und hatte seinen Nutzen erfüllt. Seit Ewigkeiten hatte ich mich innerlich nicht mehr so leicht gefühlt. Meine Flügel so stark nach außen drängen gespürt. Ein verdammtes und hinterhältiges Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Wer weiß, für was das heute gut gewesen war? Vielleicht war dies nun endlich das Ende des freien Falls, meiner Beziehungen. Nun war vielleicht endlich meine Zeit gekommen und morgen würde mir ein netter Mann vor die Füße fallen, der mein Leben auf den Kopf stellt. Alejandro hatte mir vielleicht den Boden der Tatsache gezeigt. Und von diesem Boden konnte es nur noch bergauf gehen. Weit hinauf, so weit wie mich meine Flügel tragen konnten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)