Hunt von Dudisliebling ================================================================================ Kapitel 21: Ehrlichkeit (Siakoh) -------------------------------- 21 Ehrlichkeit (Siakoh) Ein kleiner Vers war passend und geschnörkelt abgedruckt. Gefolgt von einer kitschigen Anrede und Bitte. Er lud mich zu unserem ersten Date ein. Das Dinner welches er mir versprochen hatte. Mein Herz klopfte wie wild in meiner Brust, als ich die Karte immer und immer wieder las. Es war einfach perfekt. Ich las seine Mühe darin. Die Bitte ihm zu verzeihen, jedoch ließ mich stocken. Er gab sich die Schuld? Dem war doch nicht komplett so. Auch mich traf die Schuld daran. Ich hatte ihn nicht erklären lassen, hatte einfach dicht gemacht, als er sich seiner Gefühle, auch wenn es heftige Eifersucht war, klar wurde. Nun lastete noch mehr Schuld auf mir, denn ich hatte ihm vollkommen schlechte Gefühle gemacht. Die ganze Zeit hatte ich gedacht, er wollte mich nicht mehr, lebte sein Leben einfach ohne mich weiter. Doch hier erkannte ich, dass auch er sich fürchtete, dass es zu spät war. Das der Fehler, den er begangen hatte, zu groß gewesen war. So wie ich es getan hatte. Mit der Ausnahme, dass er mutiger war und mich wirklich einlud. Ich musste zu ihm. Das war klar. Noch einmal las ich die Uhrzeit und grübelte. Gestern hatte ich den Briefkasten geleert, das hieße die Karte musste im Laufe des letzten Tages eingeworfen worden sein. Er lud mich also für heute um halb acht abends ein. Geschockt sprang ich auf und lief zu meiner Küche. Dort auf dem Backofen befand sich eine Digitaluhr und ich riss die Augen auf. Es war bereits halb acht! Doch so wie ich aussah, konnte ich nicht zu ihm. Ich hatte die letzten Stunden damit verbracht Crêpes zu backen und so roch ich sicher auch. Ein Dinner war ein Dinner und dafür musste ich mich zurecht machen. Es tat mir fast schon leid, als ich eilig unter die Dusche sprang und mich danach neutral schminkte. Kurz hatte ich gezögert, doch ich wollte diesmal alles richtig machen. Alejandro sollte alles, wirklich alles von mir wissen, bevor wir einen gemeinsamen Lebensweg beschritten. Noch so einen Fehler durfte es nicht zwischen uns geben! Niemals! Nachdem ich im Bad fertig war, meine Haare aufwendig gestylt hatte, sprang ich in meinen Kleiderschrank und fieberte krampfhaft darüber nach, was ich anziehen sollte. Am Ende entschied ich mich für ein weißes Hemd mit Volant-Kragen und schmalen Ärmeln. Die Knöpfe waren dunkelrot, passend zu der bordeauxroten Weste, die ich darüber zog und in eine ebenso bordeauxfarbene Jeans schlüpfte. Es war eine kleine farbliche Annäherung an die dunklen Farben, die Alejandro trug. Doch ganz ohne etwas Eleganz konnte ich auch nicht und band mir ein goldenes, zweifingerbreites Band um den Kragen. Dies genügte und ich schlüpfte in meinen besten Mantel aus Schneeleopardenimitat. Dazu graue Stiefeletten mit Spitze und einem Miniabsatz. Das war ich. So müsste er mich akzeptieren und annehmen. Ohne mich in einen Käfig zu sperren. Würde aus uns ein Paar werden, wäre ich die Treue selbst. Das konnte er mir glauben. Mit einem letzten Blick auf die Uhr erkannte ich, dass ich aktuell schon eine Stunde Verspätung aufwies. Ich grämte mich, doch das spornte meine Schritte nur an und ich lief fast schon zu seiner Wohnung. Keuchend stemmte ich meine Hände auf die Knie, als ich vor seiner Tür zum Stehen kam. Kurz zu Atem gelangen und dann klingeln, nahm ich mir vor und tat es. Einen Moment musste ich warten, bis der Summer ansprang und ich die Tür aufschob. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als ich hindurchtrat und meinen Blick zu der Treppen wandte, an dessen Ende er auf mich warten würde. Wenn er es denn getan hatte. Noch könnte er mir die Tür einfach vor der Nase zuschlagen und mich bettelnd und flehend davor schreien lassen. Ich erkannte das stechende Rot seiner Augen und spürte das Rasen meines Herzens. Sein schwarzes Haar hatte er zurück gegelt und zu einem kleinen Zopf gebunden. Er trug ein schwarzes Hemd, welches bis oben zugeknöpft, allerdings ohne Krawatte oder Fliege geziert war. Dazu eine schwarze Stoffhose und ordentlich geputzte, schwarze Derbys. Er war adrett, außer seiner Lieblingsfarbe kaum wieder zu erkennen. Meine Finger schwitzten, weil ich immer nervöser wurde. Was hatte er nur alles aufgefahren, um mir den Hof zu machen und sich für die Nichtigkeit seines Eifersuchtskrampfes zu entschuldigen. Wieso nahm er nur alles auf sich? „Da bist du ja“, begrüßte er mich recht unterkühlt aber höflich. Er war sicher sauer, weil ich zu spät war. „Entschuldige bitte meine Verspätung!“, japste ich auf und trat die Stufen so schnell es ging herunter. „Ich…“, begann ich und wurde unterbrochen: „Du siehst hübsch aus!“, sprach er mich an und ich spürte Wärme in meine Wangen ziehen. Er sah mir direkt in die Augen, was einen direkten Blitz in mein Herz sendete. Ich schluckte, hielt vor ihm an und strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr. Ich war wie ein verdammtes Schulmädchen, das von ihrem Schwarm angesprochen wurde, nachdem es Jahre darauf hoffte. „Danke“, bedankte ich mich und sah wie er die Hände hob, um mich hinein zu bitten. „Komm doch rein. Ich habe gekocht.“ „Bei einem Dinner nicht verkehrt“, rutschte es mir heraus und sofort stoppte ich mein vorlautes Mundwerk. Ich spürte wie die Stimmung zwischen uns war. Angespannt und doch dazu hingerissen, alles zu durchbrechen. „Darf ich dir den Mantel abnehmen?“ fragte er und überspielte meine Worte, auch wenn ich ein minimales Schmunzeln in seinen Mundwinkeln erkannte. „Gern“, gestand ich und nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, nahm er mir den Mantel ab. Seine Augen musterten mich, so wie ich ihn zuvor betrachtet hatte. Ob ich ihm auch so aufgetakelt gefiel? „Die Farbe gefällt mir“, grinste er plötzlich und schob einen Kleiderbügel in den Mantel. „Das hatte ich gehofft“, gab ich zu und sah durch die Wimpern zu ihm. Ich war noch immer nervös und der Drang vor ihm auf die Knie zu fallen und um Verzeihung zu bitten noch nie so groß wie jetzt. „Dann passt das ja“, lächelte er und reichte mir die Hand, während er seinen anderen Arm an sein Kreuz legte. „Darf ich dich zu deinem Platz geleiten?“ „Du fährst aber ganz schön auf“, schmunzelte ich, nahm seine Hand und spürte einen Stein von meinem Herzen fallen. Ein kleiner Kiesel, von einem monumentalen Berg, der sich auf meinem Herzen errichtet hatte. „Ich habe etwas gut zu machen“, flüsterte er, als er mich durch seinen Flur geleitete. Da ich bei meinem ersten Besuch zu abgelenkt gewesen war, sah ich mich neugierig um. Ein Raum lag auf unserem Weg und durch die Tür sah ich, dass es sich um ein Büro handeln musste. Einige Dinge standen an ein Regal gelehnt. Ich erkannte einen Sportbogen und sah zu Alejandro. Er sah starr nach vorn, schien ebenso nervös wie ich, wegen der Worte, die er sagte. „Das stimmt nicht ganz“, gab ich bekannt und spürte seine Finger zucken. „Können wir das nach dem Essen besprechen?“, bat er und ich nickte verstehend. „Du schießt mit dem Bogen?“, fragte ich, ihm zuliebe themenwechselnd und folgte seinen Schritten in die Küche. Das Zentrum des Raumes, welcher im Dunkeln lag, ließ mich die Augenlider weiten. Ich erstarrte. Dort war ein Tisch und zwei Stühle, fein säuberlich in weiß bezogen worden. Die Tischdecke beherbergte einen Kerzenständer mit drei roten Kerzen, welche frisch entzündet waren, zwei rote Platzdecken, auf denen feines, weißes Porzellan in Form von Tellern standen. Ebenfalls rote Servietten aus dickem Stoff, waren zu einer Bischofsmütze gefaltet und standen auf den Tellern. Alte, sicher wertvolle Weingläser rundeten nebst vornehmem Besteck das Ensemble ab. Alejandro sah mich an und antwortete dann auf meine Frage: „Ja, seit ich hier in Japan bin, ist es zu meiner Version von Triathlon geworden. Komm, setz dich bitte. Das Essen wartete auch auf dich.“ „Das tut mir wirklich leid“, setze ich noch einmal an und setze mich auf den Stuhl, den er mir bereitstellte und mich dann gentlemanlike heranschob. „Für den Anblick und dass du da bist, war es die Wartezeit wert. Auch wenn ich zugeben muss das es vor einigen Minuten schlecht fürs Dinner aussah“, machte er einen Witz und begab sich an den Kühlschrank, um eine wunderschöne Etagere herauszuholen. Diese stellte er in die Mitte des Tisches und nahm dann platz. Die Sushi-Röllchen sahen herrlich schmackhaft aus und mein Magen tat dies lautstark kund. „Wann hast du zuletzt gegessen?“, stellte er eine Frage, auf die ich lieber nicht antworten wollte. Nicht mal beim Backen heute, hatte ich etwas heruntergebracht. Außer Tee war nichts in meinem Magen. „Reicht es, wenn ich sage, dass es herrlich lecker aussieht?“, fragte ich zurück und erkannte seinen ernster werdenden Blick. „Zum Glück habe ich einiges für den heutigen Abend geplant, Siakoh“, verhieß er. Doch mir viel etwas anderes auf. „Kein „kleiner Prinz“?“ „Willst du dieser denn noch sein?“, fragte er angespannt und schob im nächsten Moment seine Hand über den Tisch zu mir. Ich sah zu dieser und zurück in seine Augen. „Ich will nicht mehr“, antwortete ich und machte eine Pause, um die passenden Worte zu finden. Sein Blick jedoch entglitt und er zog seine Hand zurück. „Warte! Lass mich doch erstmal aussprechen, du dumme Fledermaus!“ „Dumm?!“, fragte er empört nach und ich schnappte mir seine Hand. „Bitte hör mir zu!“ „Lass uns das auf nach dem Essen verschieben!“, bat er erneut und ich drückte seine Hand. „Erst wenn du mich nicht mehr bei meinem richtigen Namen nennst!“, zwang ich ihm auf und beugte mich dafür zu ihm. Wir starrten einander an. Ich sah Zweifel in seinen Augen. Ob er auch den meinen sehen konnte. Zweifel, ob all dies wirklich das Richtige war. Wenn wir uns nicht einmal normal unterhalten konnten! Sein Blick wandelte sich jedoch, ich sah Mut darin und er umfasste meine Hand. Er war so warm und weich. Ob er spürte wie sehr mein Herz schlug, wie meine Finger begannen zu zittern? „Es tut mir wirklich leid, Alejandro!“, brachte ich hervor und schob meine Finger zwischen seine. Sein blick war starr auf mich gerichtet, als würde er nicht verstehen, was ich damit sagen wollte. „Ich habe überreagiert, weil ich mich in die Enge getrieben fühlte. Dabei wolltest du mir nur zeigen wie wichtig ich dir bin“, sprach ich mich in Rage. „Du brauchst dir über Yosuke keine Gedanken mehr machen! Aber ich werde ihn auch nicht aus meinem Leben verbannen! Wenn du mich so willst, dann bin ich damit einverstanden.“ „Kleiner Prinz!“, sprach er mich an und ich bemerkte jetzt erst wie meine Augen feucht geworden waren und sich eine Träne gelöst hatte, um über meine Wange zu laufen. „Bitte tu das nicht!“, bat er und eine eiserne Faust legte sich um mein Herz. Wollte er nun mir eine Abfuhr geben? „Ich kann damit nicht umgehen! Ich bin eine Null in Sachen Tränen!“, beruhigte er mich und ich blinzelte, die Tränen herunter. Mit der Serviette tupfte ich mir die Augen trocken und sah einige Mascara-Reste daran. Ich sah sicher fürchterlich aus. „Ich will dich mehr als ich jemals jemanden gewollt habe.“ Dies versetze meinem Herz einen Blitzschlag, befreite es von jedem Staubkorn und schaffte das Geröll weg, mit dem ich es die letzten Tage vergiftet hatte. „Du verzeihst mir also. Trotz meiner Freundschaft zu Yosuke?“, fragte ich zaghaft. „Ihr kennt euch schon so lange. Es wäre unfair mich dazwischen zu stellen“, antwortete er darauf und rieb dabei mit dem Zeigefinger über meinen. „Und ich glaube, dass er ganz glücklich ist, damit, was er hat. Er ist also keine Gefahr für mich.“ „Ich weiß das er hier war“, gestand ich, da er sowieso schon zu viel verriet. „Auch wenn ich nicht begeistert war…“, lächelte er und rieb sich mit der Hand über seine Wange, was mich fragend schauen lies. „… aber er gab mir den Mut, dich einzuladen.“ „Mut, der mir fehlte“, gestand ich kleinlaut und brachte sein Lächeln zum Erlöschen. „Ich muss dir jedoch noch etwas sagen.“ „Nur zu“, bat ich darum. Alejandro nahm einen tiefen Luftzug und klammerte seine Finger an meine. So als ob er sich festhalten würde. „Ich habe in den letzten Tagen so viel getrunken, dass ich mich an nichts mehr erinnere. Dabei hielt ich mir einen obdachlosen Yokai, um meinen Blutdurst zu stillen. Ich gab ihm Geld und Kleidung, als ich wieder bei klarem Verstand war.“ Es schockte mich, als ich das hörte. Hörte was ich ausgelöst hatte. Zu was er wurde, wenn man ihn fallen ließ. Das wollte ich nie mehr zulassen. Niemals sollte er so abstürzen. „Auch das tut mir leid, Alejandro.“ „Dafür kannst du nichts, mein kleiner Prinz“, lächelte er und ich erwiderte seinen Blick. „Ich habe die Kontrolle verloren.“ „Das wird nicht mehr vorkommen“, versprach ich ihm und er schenkte mir den erlösendsten Blick, den er mir je senden konnte. Den Blick seiner Liebe. Leider zerstörte mein Magen diesen wunderschönen und herzaufschlagenden Moment. Er knurrte lautstark und voller Scham legte ich meine freie Hand darauf ab. „Verzeihung. Mein Magen hat ein schlechtes Gefühl fürs richtige Timing.“ „Ich glaube, wir sollten nun endlich mit dem Dinner beginnen“, schlug Alejandro vor und küsste liebevoll meine Fingerknöchel. Er war der Richtige, egal was passieren würde. Ich spürte es in diesem Moment. Nachdem wir ehrlich waren, uns vergaben und einander anlächelten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)