Hunt von Dudisliebling ================================================================================ Kapitel 1: Fürsorge (Siakoh) ---------------------------- 1 Fürsorge (Siakoh) „Wo bleibt der denn schon wieder?“, stöhnte die Autorin zum zehnten Mal und wand ihren Oberkörper genervt über den Schreibtisch. Maulend kam sie zum Stillstand und hob den Blick spitzbübisch über den Rand ihrer verschränkten Armen, zwischen denen sie sich versteckt hatte. „Hast du ihn daran erinnert?“ „Klar!“, antwortete die Beta gelassen und rollte die Augen. „Sei nicht so ungeduldig. Er kommt bestimmt gleich.“ „Ich hoffe es... ich kann es kaum erwarten!“ „Er wird ganz schön schlucken, wenn er erfährt was wir uns ausgedacht haben.“, kicherte die Beta voller finsterer Vorfreude. „Meinst du?!“, grinste die Autorin und hörte Geräusche aus dem Hausflur. „Er koooommmt!“, trällerte sie und sprang auf. Die Beta ging die wenigen Schritte zur Tür, als es bereits kurz klingelte und sie den Besucher hereinließ. „Da bist du ja endlich!“, schrie die Autorin aus dem Hintergrund. „Schön dich zu sehen, Sia!“, freute sich die Beta und ließ den Mann herein, welcher einen monströs wirkenden, grellen Mantel in tiefblau trug und diesen von seinen Schultern streifte. Er legte ihn auf dem Sofa ab und lenkte den Kopf zu den beiden Damen. Durch die blickdichte Sonnenbrille sahen sie seinen Ausdruck nicht. „Ladys! Ihr seid selber schuld, wenn ihr mich zu dieser Tageszeit zu euch bestellt!“, gähnte Siakoh und strich seine Haarsträhnen zurück. „Ich hab mich noch nicht mal ordentlich zurecht machen können...“, schimpfte er und zog die große, schwarze Sonnenbrille ab. „Dein Ernst? Es ist 12 Uhr Mittag!“, hielt die Autorin fest. „Und du siehst nicht gerade frisch aus dem Bett entsprungen aus, alte Diva!“ „Amateure!“, schnaubte Sia und sah zu der blonden Frau, die schmunzelnd dem Schlagabtausch zusah. „Warum habt ihr mich herbestellt?“ „Wir haben dir doch ein Happy End versprochen!“, lächelte die Beta scheinheilig. „Weißt du nicht mehr?“ „Pah!“, stieß der Paradiesvogel aus und warf die Hände in die Luft. „Da bin ich ja mal gespannt...“, rief er weiter. „Nachdem ihr mir Yosuke endgültig vorenthalten müsst.“ „Er liebt eben Kusuri. Ich dachte, dass hättest du in den letzten Jahrzehnten kapiert.“, stichelte die dunkelhaarige Autorin und dehnte ihre Finger. „Ich wäre besser für ihn, als dieser Miesepeter von angeberischem Arzt!“, erwiderte er eingeschnappt und ließ sich auf die Couch plumpsen, warf die Beine über die Sitzfläche und übereinander. „Akzeptier’s und sei nicht so verbohrt!“, wedelte die Beta mit der Hand, setze sich auf die Lehne der Couch und sah zum Yokai, der seinen Blick zu ihr hob. „Wir haben was viel Besseres für dich, mein Schatz.“, fügte sie mit sanftem Lächeln hinzu und strich ihm liebevoll durchs Haar. „Oh hoo, besser als Yosuke?“, machte Sia einen Scherz und sah gezielt zur Autorin. „Zugegeben.“, gestand sie ein. „Er ist jedoch ein wenig anders.“ „Ach ja?“, wurde der Mann aufmerksam. „Erzählt mir mehr!“ „Das werden wir!“, grinste die Beta und sah nun ebenfalls zur Autorin, die grinsend und mit einem finsteren Blick das Tablett aufklappte und die Bluetooth-Tastatur einschaltete. * Es regnete in Strömen, als ich nach Feierabend durch die Straßen eilte. Meine neue Wohnung in einem Penthaus nahe der Stadt war wunderbar, aber eben einen kleinen Fußmarsch von der Praxis dieses Idioten Isha entfernt. Wenn ich nur an seine goldenen Augen dachte, wollte ich sie ihm am liebsten auskratzen. Er hatte Yosuke nicht für eine Sekunde verdient! So wie der drauf war, mit dem Gezicke. Die wahre Diva und Grummelgestalt! Arme wedelnd schnaubte ich in die kalte Nachtluft und sah den hellen Schein der Straßenbeleuchtung. Warum liebte Yosuke ihn nur? Was hatte er schon, was ich ihm nicht geben konnte? Ach Siakoh, rügte ich mich selbst und seufzte. Der Schirm in meiner Hand wog schwer gegen die Massen an Wasser, die darauf prasselten. Ich hasste den Regen. Er zwang die Sonne mit seinen Wolken in die Knie. Und die Sonne erinnerte mich an den Dschungel und die tollen Geschichten, die ich mit Yosuke auf unseren Reisen erlebt hatte. Warum musste es also regnen? Naja, ich wäre ja bald zuhause und dann würde ich mir ein heißes Bad einlassen. Darauf freute ich mich und kuschelte mein Kinn etwas tiefer in meinen Schal. Nachdem ich meine Augen kurz geschlossen hatte, die nahende Wärme meines Atems meine Wangen erwärmte, hob ich meinen Kopf wieder und erkannte einen Körper, der einige Meter weiter stand. Er stand vollkommen in schwarz da, wie ein Rabe, dachte ich zunächst und wollte instinktiv einen größeren Bogen um ihn herum nehmen. Doch je näher meine Schritte mich zu dieser Gestalt trugen, desto mehr Dinge fielen mir auf. Zunächst einmal trug er eine dünne, schwarze Jacke aus Leder. Nichts für diese Jahreszeit. Zudem hatte er die Augen geschlossen, als würde er andächtig beten. Doch die größte Auffälligkeit war, dass er trotz dieses heftigen Regens keinen Schirm hielt. Er wurde komplett nass, durchtränkt. Und als ich an ihm vorbei ging, warf ich ihm einen verstohlenen Seitenblick zu. Seine Haut war unglaublich hell, strahlte in dem seichten Schein der Laterne. Er zitterte, erkannte ich an seinen Lippen. Und als ich schon an ihm vorbei war, meine Beobachtungen zu sortieren versuchte, stach mich etwas Rotes, wie ein Blitz im Winkel meines Auges. Sofort schossen meine Augen wieder zu ihm und die Hand, die meinen Schirm hielt, begann ebenso zu zittern wie seine Haut. Er hatte die Augen wieder geschlossen. Hatte ich mir das Rot nur eingebildet? Das Zittern? Nein, es war nach wie vor da und ohne darüber nachzudenken hielt ich an und ging dann auf ihn zu. Ich hob den Schirm über seinen Kopf und sah ihn ernst an. „Hey! Merkst du nicht, dass du zitterst?“, sprach ich ihn an und musterte sein Gesicht nun aus der Nähe. Er hatte feine Züge, sein Ohr wurde von 5 Ohrringen geziert, allesamt Silber, einer mit einer roten filigranen Perle. Sein Haar hing tropfnass und fast bis zu seiner Nasenspitze in sein Gesicht. Lange schwarze Wimpern zierten seine geschlossenen Augen. Schlief er? „Hey!?“, versuchte ich es erneut und nun zuckten seine Augenlider, schoben sich langsam nach oben und offenbarten mir, dass ich es wirklich gesehen hatte. Das satte Rot seiner Augen. Ich war wie gebannt und brachte zunächst kein Wort heraus. Dieses Rot war teuflisch, dämonisch und ich streckte meine Aura heraus. Er war ein Yokai. „Soll ich dich begleiten?“, fragte ich ihn und dachte erst dann über meine Worte nach. War ich bekloppt? Sprach wildfremde, finster aussehende Yokai an und fragte ob ich sie begleiten sollte. Schnell begann ich die richtigen Worte zu stottern, um es nicht wie eine dumme Anmache aussehen zu lassen: „Sonst wirst du noch nass bis auf die Knochen!“ „Das bin ich bereits!“ antwortete er und ging einfach los. Perplex sah ich ihm die ersten Schritte nach und geriet wieder in Bewegung. Schnell schloss ich auf und hielt wieder den Schirm über unsere beiden Köpfe. Dabei löste sich ein Rinnsal von dem Schirm, da ich ihn neigte und traf ihn direkt im Nacken. „Oh Fuck! Das tut mir leid!“, entschuldigte ich mich sofort und zog meinen violetten Kaschmirschal von meinem Hals. Außer meinem Haustürschlüssel und dem Smartphone hatte ich keine Tasche mitgenommen und somit keine Taschentücher. Der Schal musste genügen. Also nahm ich ihn und warf ihm den Schal um den Hals. „Hier!“ Seine Augen wurden starr, ebenso blieb sein Körper stehen und seine Hand glitt zu meinem Schal. Er schien geschockt und wandte den Blick dann zu mir. „Bist du irgendwie komisch?“, fragte er mit tiefer und monotoner Stimme. „Hä?“, antwortete ich und hielt den Schirm fest im Griff. Sollte ich hier einen Fehler begangen haben, hatte ich noch immer einige Kniffe aus dem Krieg, sowie den Schirm im Hinterkopf, welche ich gerade aufrief und die einzelnen Techniken durchging. 1. Schritt – Tritt gegen das Knie. 2. Schri… „Warum machst du sowas?“, setze er nach und drehte sich zu mir. Er kam mir verdächtig nahe und seine Augen drohten mich zu verschlingen. Ich schluckte und sah silbrig blitzend ein massives Kreuz an einem schwarzen Band um seinen Hals gewickelt. „Nun?“, holte seine Stimme mich zurück zu seinen Augen. „Ich will nur nicht dafür verantwortlich sein, dass du hier klatschnass erfrierst. Es ist schließlich Winter!“, lief es aus meinem Mund. Was erzählte ich denn da? Ich kannte ihn doch null. Er würde mich für einen Idioten halten. „Bist du ein Arzt?“, fragte er und sah mich fragend an. Seine Wimpern waren wirklich unglaublich lang. „Sowas in der Art.“, verriet ich und schlug mir innerlich an den Kopf. Regel Nummer eins, Punkt eins. Erzähle nie etwas von dir, wenn du mit Fremden sprichst. Sicher hatte Yosukes kleine Prinzessin es besser drauf als ich. „Also bist du hilfsbereit?“, fragte er und stellte sich wieder komplett auf. Mein Schal strahlte, neben seinen Augen, die einzige Farbe an ihm aus und hüllten die kühle Farbe seiner Haut ein. „Ich habe meinen Schirm vergessen und auf jemanden gewartet, der mich wohl versetzt hat. Wärst du vielleicht so nett, mir den Schirm zu leihen? Ich wohne nur wenige Straßen weiter.“, bat er. Wieder schluckte ich und sah seinem Fingerzeig nach. Schwarz lackierte Nägel zeigten die dunkle Straße hinab, welche nur durch wenige Laternen erleuchtet schien. Ein dunkler Pfad. Sollte ich meinem Drang nachgeben? Es waren sicher nur ein paar Meter. Ich hörte schon Yosukes strenge Stimme, wenn ich ihm davon erzählen sollte. „Ich muss in dieselbe Richtung!“, murmelte ich schlussendlich und hob den Schirm in die Höhe. Mein Lächeln streckte sich über mein Gesicht, seine Augen blieben darauf hängen, während seine Miene sich nicht verzog. Schweigend gingen wir los und ich hörte die Feuchtigkeit in seinen schwarzen Converse, die sich bei jedem Auftritt aus seinen Socken presste. Wie lange hatte er da draußen gestanden und gewartet? Meinen Blick erstreckte ich auf den Boden vor uns, traute mich nicht mehr aufzusehen. Dieser Mann war komisch und doch so anziehend, irgendwie spannend. Als wir an einigen Haustüren vorbeiliefen, blieb er plötzlich vor einer stehen. „Danke für deine Hilfe.“, sagte er mir und drehte sich zu den Stufen, die zum Eingang führten. „Kein Problem!“, bedachte ich ihn und sah ihn auffordernd an. Doch er drehte sich nicht mehr um, zog einen Schlüssel aus seiner Hosentasche und schloss die Tür auf. Er schlüpfte in die Trockenheit, würde sicher einige Fußspuren im Eingang hinterlassen. Aber dies war mir egal. Er hatte mich nicht mal mehr angesehen! Kapitel 2: Interesse (Alejandro) ~ by PoG ----------------------------------------- 2 Interesse (Alejandro) – by PoG FUCK! Was für ein mieses Dreckswetter! Eine geschlagene Stunde stand ich nun schon in dieser strömenden Kälte und spürte so langsam keine meiner Gliedmaßen mehr. Meine Zehen in den dünnen Stoffschuhen sicher nur noch Eisklumpen. Und das Arschloch ließ sich einfach nicht blicken, el cabrón! Coño! Wie ich es hasste, so abhängig von solchen Idioten zu sein... Aber die Alternative... Nun ja... Ich hatte eben keine andere Wahl, wenn ich nicht endgültig zum Monster ohne Seele verkommen wollte. Genervt schloss ich die Augen und versuchte meinen knurrenden Magen nur Kraft meiner Gedanken zum Schweigen zu bringen. Auf einmal spürte ich eine Aura sich nähern. Ein Yokai also... Ob ich ihn als Ersatz für das verpasste Mahl nehmen könnte? Einen kurzen Blick musste ich einfach riskieren: ‘WOW! Hey, Du! Wer bist du denn? ’ Was war das nur für eine Erscheinung?! Bunt wie ein Papagei. In seinem blauen Mantel, einer grünen Hose und lila Schal und Schuhe. Auch ohne die Klamotten, wäre er auffällig gewesen. Die dunkle Haut stand im krassen Kontrast zu seinem blonden Haar mit den bronzefarbenen Spitzen. Alles an ihm schrie einfach: Sieh mich an und bewundere mich!! Irritiert, hatte ich doch in dieser Gegend nicht mit so einer Begegnung gerechnet, schloss ich sofort meine Augen wieder und versuchte meine Gedanken zu sortieren und den immer drängender werdenden Hunger zu beruhigen. Sollte ich den Versuch wagen diesen fremden, komischen Vogel für die Befriedigung meines dringenden Bedürfnisses zu nutzen? Aber wie könnte ich mich ihm nähern? Mein spezielles Bedürfnis erforderte stets viel Fingerspitzengefühl, wenn ich so eine spontane Begegnung ausnutzen wollte. Meine Überlegungen wurden unterbrochen, dadurch, dass sich mein potenzielles Opfer dazu entschied, mir die Wahl abzunehmen und seinerseits Kontakt zu mir aufnahm. Mein Zittern war ihm augenscheinlich aufgefallen und er missinterpretierte es als Reaktion meines Körpers auf die nasse Kälte, die sich mittlerweile wie ein Film auf meine komplette Haut gelegt hatte. Nicht ahnend, dass es nicht die Gier nach Wärme war, die mich zittern ließ, bot er mir Schutz vor dem Regen und seine Nähe an. Innerlich musste ich bei der Zweideutigkeit seines Vorschlags grinsen und leckte mir gedanklich schon die Lippen. Das würde wohl ein kurzes Spiel werden. Ob er tatsächlich so einfach angebissen hatte?! Dies zu überprüfen wäre ein Leichtes. Also wiegelte ich ab und ging einfach los. Würde er mir folgen, so müsste ich im nächsten Schritt eine Vertrauensbasis schaffen. Vielleicht eine kleine “versehentliche” Berührung seiner Hand?! Oder sollte ich ihm erst ein Kompli... MIERDA! Eine buchstäbliche, kalte Dusche riss mich jäh aus der Planung und kühlte auch mein aufglühendes Verlangen ziemlich ad hoc ab. Doch bevor ich wütend werden konnte, hatte dieser komische Kauz mir schon seinen Schal um den Hals geschlungen. Als ob es einen Unterschied gemacht hätte?! Ich war doch eh schon bis auf die Knochen durchweicht... Er hingegen würde nun sicherlich frieren. Dem Wirkungsgrad des Schals und seiner Optik nach zu schließen, musste dieser Yokai, wie ich aus wärmeren Gefilden stammen und trotzdem gab er mir, einem Wildfremden, seinen Schutzschild gegen diese wirklich ungastliche Kälte?! Was sollte das zu bedeuten haben? Wollte er mich nur in Sicherheit wiegen, um mich in eine dunkle Ecke zu locken und mich auszurauben? Er konnte ja nicht ahnen, dass er sich damit den völlig Falschen ausgesucht hätte. Niemand war doch einfach so nett und selbstlos, jemandem ohne Gegenleistung zu helfen, noch dazu, wenn es für einen selbst Unbequemlichkeit bedeuten würde?! Wie weich und anschmiegsam sich der Schal doch anfühlte. Ob sein Besitzer mit ähnlichen Attributen aufwarten könnte?! Er überraschte mich jedoch mit seiner ausgesprochenen Naivität und seinem scheinbar aufrichtig guten Herz. Wie könnte ich so jemanden verletzen? Was würde es aus mir machen, wenn ich ein scheinbar so reines Wesen ausnutzte? Andererseits war ich es Zeit meines Lebens eh gewohnt auf dem Drahtseil über dem Abgrund der Verdammnis zu tanzen. Ich konnte von mir behaupten darin ein Künstler geworden zu sein und jede Grauzone zu kennen und auch zu nutzen. Wie es meiner Natur entsprach, war ich in allen Bereichen meines Lebens wohl eher im dunkelgrauen Zwielicht unterwegs. Mein Magen gab mir erneut den Schubs, den ich benötigte, um mein aufkeimendes Gewissen zu beruhigen. Seit wann zögerte ich so lange?! Ich benahm mich ja schon wie eine zartbesaitete Princesita, schimpfte ich mit mir selber. Und entschied mich einen Vorstoß zu wagen und den Fremden um seine Hilfe zu bitten. Ich war mir sicher, dass er mich nicht allein ziehen lassen würde. Dafür hatte er mich schon viel zu genau gemustert. Ich kannte meine Wirkung auf brave, wohlerzogene Typen. Ein bisschen Metall in die Haut und eine dezente Aura von Außergewöhnlichkeit und sie fraßen einem aus der Hand. Lächerlich einfach, diese schlichten Gemüter zu manipulieren. Tatsächlich kam es genau wie geplant und er folgte mir brav, wie das Opferlamm zur Schlachtbank, bzw. in diesem Fall dem Haus, in dem meine Wohnung lag. Irgendwie war es enttäuschend, dass hinter seinem aufregenden Äußeren so ein unspektakulärer Charakter steckte. Er machte es mir zu einfach. Langweilig... Die Enttäuschung nahm mir den Spaß und das Verlangen. Also ließ ich ihn einfach nach einem kurzen Dank vor meiner Haustür zurück und ging hinein. Sollte er doch einfach weiter in seiner heilen, kleinen Welt leben, in der es kein Risiko barg, einen Fremden durch dunkle und verlassene Straßen nach Hause zu geleiten. Vielleicht würde es mir bei der großen Abrechnung eines Tages einen Pluspunkt einbringen, wenn ich mich hier und heute dazu entschied, diesen Träumer zu verschonen und mich stattdessen in Askese zu üben. In einem Punkt hatte, der mir unbekannte Yokai allerdings recht gehabt. Jetzt wo das Verlangen in den Hintergrund gerückt und mit ihm auch die Ablenkung verschwunden war, merkte ich erst, wie erbärmlich ich fror. Ich musste aus den nassen Klamotten raus und zwar schleunigst. Der Schal hatte mich geschützt, so gut er es konnte. Aber jetzt war auch er nass und wenig hilfreich. Moooment?! Burro!, schimpfte ich mich. Ich hatte doch tatsächlich vergessen, den blöden Schal dem Softie zurückzugeben. Nun ja, wenn er eh in dieselbe Richtung musste, konnte ich das Tuch einfach vor dem Haus in den Busch hängen. Er würde es schon finden und ich war sicher, nicht doch noch der Versuchung zu erliegen. Ich wusste wirklich nicht wieso, aber diesen bunten Yokai, wollte ich einfach nicht mit meiner dunklen Seite beschmutzen. Seine Augen hatten so voller Freundlichkeit und fast schon kindlichem Glauben an das Gute gestrahlt, dass ich unmöglich derjenige sein wollte, nein, konnte, der dieses Leuchten zum Erlöschen brächte. Hatte ich ihn nicht eben noch langweilig gefunden? Wieso konnte ich dann nicht aufhören an ihn zu denken?! Ich hätte ihn jetzt schon längst hier drin haben können, da war ich mir sicher. Und mein Verlangen hätte auch endlich seine Befriedigung gefunden. Aber es hatte mich genervt, dass er so einfach mitspielte und so leicht zu berechnen war. Bereute ich das jetzt? Nein! Ich durfte ihn nicht wiedersehen. Schon gar nicht in dem Zustand, in dem ich momentan war. Zwar war mein Hungergefühl nicht mehr allmächtig, aber ich wusste, diese Beruhigung war nicht von langer Dauer. Viel zu lange war das letzte Mahl her. Ich musste mir schleunigst überlegen, wo ich etwas zu Essen herbekommen würde. Sonst würde noch ein Unglück geschehen und es in einer Katastrophe enden...Wie damals... Nein, das durfte einfach nicht geschehen. Nie wieder. Nicht wegen mir. Seufzend und in Gedanken griff ich nach meinem Rettungsanker, den mir die einzige Person hinterlassen hatte, die mir jemals etwas bedeutet und von der ich im Gegenzug so etwas wie Liebe erhalten hatte. Mein Vater. Auch wenn er es biologisch gesehen nicht war, genau genommen gehörten wir nicht mal der selben Spezies an. Er hatte mich bei sich aufgenommen und großgezogen. Er war das Einzige, das einer Familie für mich gleichkam und schon so lange, war ich ohne ihn. Mein Kreuzanhänger spendete mir wie immer Trost und trotz des kalten Metalls durchflutete mich eine unglaubliche Wärme, als sich meine Finger um das alte, massive, jedoch feingearbeitete Erbstück schlossen. Neben der Wärme brachte mir diese Handlung jedoch noch eine weitere Erkenntnis. Ich stand immer noch in meinem Eingangsbereich und tropfte hier den Boden voll, so dass sich bereits eine Pfütze zu meinen Füßen gebildet hatte. Irritiert schüttelte ich den Kopf, um all die wirren Gedanken zu verscheuchen. Was hatte dieser Typ nur an sich gehabt, dass er mich so in seinen Bann schlug? Um endlich den nassen Klamotten und der Kälte zu entfliehen, lief ich durch den Flur meiner Tiefparterrewohnung ins Badezimmer und stand kurz unschlüssig da. Eine schnelle, aber umso heißere Dusche oder etwas, das ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gemacht hatte, ein Bad nehmen? Irgendwie war heute alles komisch. Also beschloss ich der Liste an Merkwürdigkeiten dieses Tages, einen weiteren Punkt hinzuzufügen und ein Bad zu nehmen. Ich drehte den Heißwasser-Hahn vollständig auf und suchte in meinem Badezimmerschränkchen, nach dem Werbegeschenk, dass ich einmal bei einem Einkauf in dem Drogeriemarkt zwei Straßen weiter bekommen hatte. In der hintersten Ecke wurde ich fündig und hielt eine leicht angestaubte Packung in der Hand, deren Inhalt mir ein prickelndes Vergnügen, voller exotischer Düfte versprach. Achselzuckend ließ ich den Tab ins Wasser gleiten und machte mich daran endlich aus den nassen Sachen zu kommen. Die Jacke glitt nach einiger Mühe zu Boden und als Nächstes würde der Schal folgen. Ich griff ein Ende mit einer Hand und machte mich daran das zweite mit der anderen Hand von meinem Hals zu wickeln. Dabei strich der warme, weiche Stoff sanft über mein Gesicht. Meine Nasenflügel blähten sich und ich atmete ein. Augenblicklich traf mich der Schlag. Ich wusste sofort, warum ich nicht aufhören konnte an ihn zu denken und warum er mich so faszinierte. Es war sein Duft! Diese unglaublich anziehende Mischung aus herbem Männergeruch, gepaart mit einer Nuance sinnlicher Blumigkeit und einem exotischen Hauch, der mich zittern ließ. Es war wie ein Tanz auf einer Lichtung des Dschungels meiner Heimat. Feuchte Erde und Holz, wechselten sich ab mit dem süßen Duft der Blüten und Früchte und dem Geruch der vielen verschiedenen Bewohner. Über allem schwebte stets der Hauch des Regens und die Wärme der Sonne. Ich war gebannt in den Augenblick und mein bebender Körper wie erstarrt. Es gab nur eine Sache, derer ich mir vollkommen klar war: Es war mir egal, ob ich ihn ins Verderben stürzen würde. Es war mir egal, was das für meine Zukunft, mein Leben und vor allem meine Seele bedeuten würde. In diesem Augenblick wusste ich nur eines: Ich musste ihn wiedersehen! Ich musste ihn haben! Endgültig und unwiderruflich musste er MEIN werden! Mit diesem Wunsch im Herzen, der mein Verlangen neu entflammte, entkleidete ich mich vollständig und stieg in die Badewanne, wobei ich peinlichst darauf achtete den Schal, den ich auf dem Handtuchwärmer zum Trocknen aufgehängt hatte, auf keinen Fall mit dem Badewasser zu beflecken. Sein Duft zog in leichten Schwaden durch den Raum und vermischte sich mit dem des Badewassers zu einer elektrisierenden, exotischen Mischung. Meine Haut prickelte und brannte. Sowohl von der Wärme des Wassers als auch durch die anregenden Gedanken, die sich meiner neuen Erkenntnis unweigerlich anschlossen. Ich hatte endlich seit langem wieder ein Ziel vor Augen. Diesmal ein besonderes. Noch nie hatte ich eine derartig tiefe Gier empfunden. Erst recht nicht auf eine einzelne Person. Das war neu. Es war spannend. Aufregend. Ich ließ mich tiefer in die heißen Fluten sinken und spürte, wie meine Lebensgeister zurückkehrten, hatte ich die letzten Jahre (oder Jahrzehnte?) doch in stets eintöniger Lethargie verbracht. Ich fühlte mich wie eine dieser Cartoon-Figuren, wenn sie aus einem Eiswürfel heraussprangen, nachdem dieser geschmolzen wurde. Es war unglaublich, dass einzig und allein eine Spur seines Duftes ausreichte, um mein Blut derart in Wallung zu bringen. Wie musste es dann erst sein die Quelle dieses Geruchs zu erkunden?! Ihn zu riechen, zu spüren und von ihm zu... kosten?! Allein bei dieser Vorstellung zog sich mein Magen schmerzhaft zusammen und begann laut zu knurren. Die Gedanken trieben mir den Speichel in den Mund und das Blut in weit südlicher gelegene Regionen. Ich schloss die Augen und ließ mich von der Sehnsucht nach ihm durchströmen. Es tat gut etwas zu fühlen. Noch dazu, wo es so gewaltig war. Hinter meinen Lidern formte sich das Bild von ihm, wie er mich anlächelte und ich wollte es unbedingt ein weiters Mal sehen. Es sollte mir gehören und er dürfte es keinem anderen zeigen. Jedes Detail, dass ich bei unserer flüchtigen Begegnung aufgenommen hatte, rief ich mir ins Gedächtnis. Seine extravagante und sicherlich nicht billige Kleidung. Den tiefen Blauton seines Mantels und das sanft dazu passende Lila, dass ich in Form meines Souvenirs, direkt vor Augen hatte, wenn ich den Kopf drehte und hinsehen würde und das dunkle Grün, dass mich so an die Blätter meiner Heimat denken ließ. Die Klamotten würde ich jederzeit wieder erkennen. Aber ein wirklicher Anhaltspunkt, um ihn zu finden, waren sie wohl nicht. Wieso hatte ich ihn nur nicht nach seinem Namen gefragt? Dios mío, wie konnte man nur so ein Idiot sein! Es wäre ein Leichtes für mich gewesen, seine Adresse herauszufinden, wenn ich seinen Namen gehabt hätte. Schließlich hatte ich erst vor ein paar Wochen den Hauptserver des Einwohnermeldeamtes erneuert, da eine vorwitzige, kleine Maus in der Wärme des Serverraumes Zuflucht vor der Kälte des Winters gesucht hatte und meinte, bei ihrem Nestbau, störende Kabel beseitigen zu müssen. Zu seinem Glück fühlte ich mich dem kleinen, einsamen Nager verbunden und brachte ihn in einem gemütlichen Karton im Heizungskeller des Stadtarchives unter. Direkt in der Nähe eines Fensters, von dem ich wusste, dass es nie vollständig geschlossen würde, so dass mein kleiner Freund stets freien Zugang hatte. Bei dem Gedanken, an die kurze, fröhliche Erinnerung, dachte ich auch daran, was ich während der Reparatur noch getan hatte... Ich besaß nun meinen eigenen, privaten Zugang zu sämtlichen Personalien, dieser Stadt. Und doch nutzte es mir rein gar nichts, ohne seinen Namen zu kennen. Ein Foto zum Abgleichen besaß ich ebenso wenig, wie die Stadt Fotos ihrer Bewohner hatte. Die Führerscheinstelle, fiel es mir da ein. Dort müssten auch die Bilder der Ausweisinhaber hinterlegt sein. Aber die Fotos hinsichtlich seiner Merkmale durchsuchen zu lassen, war zwar möglich, würde aber einiges an Vorbereitungs- und Programmierzeit benötigen. Es war zum aus der Haut fahren. Genervt ließ ich mich unter die Wasseroberfläche sinken und blubberte meinen Frust hinaus. Da fiel es mir plötzlich ein. Er sagte, er sei so etwas wie ein Arzt! Medizinisches Personal wurde doch oft zur Vertrauensbildung und Kundenbindung mit Fotos auf den Websites der Praxen und Kliniken vorgestellt. Das grenzte den Personenkreis doch schon erheblich ein! Hochmotiviert sprang ich aus der Wanne, ließ alles so stehen und liegen, wie es war, schnappte mir im Vorbeirennen ein Handtuch, welches ich auf meinen Schreibtischstuhl schmiss, mich nackt drauf fallen ließ und mit einem Klick den schwarzen Bildschirm zum Leben erweckte. Mein faszinierender Fremder, gleich bist du fällig und dann gehörst du mir!! Kapitel 3: Motorschaden (Siakoh) -------------------------------- 3 Motorschaden (Siakoh) „Kannst du mir dabei helfen?“, fragte ich Yosuke und streckte ihm das für mich ungewohnte Gerät entgegen. „Was genau suchst du denn?“, grinste er und nahm mir das Tablett ab. „Die Patientenakten. Ich komme mit dieser ganzen Technik nicht klar.“, stöhnte ich und warf mich neben ihn auf die Tischkante. Sein Blick begegnete mir amüsiert, doch er entsperrte das Gerät und rutschte näher zu mir. „Braucht man sowas beim Tanzen nicht?“ „Dabei braucht man Gefühle und Leidenschaft. Zugegeben etwas Talent und eine gute Technik.“ „Reden wir noch vom Tanzen?“, fragte er dazwischen und brachte mich zum Grinsen. „Natürlich, mein Hübscher. Woran denkst denn du?“, wollte ich wissen und zeigte dann aufs Tablett. „Und? Zeigst du mir nun, wo ich sie finde?“ „Natürlich.“, lächelte er und man sah ihm seine Gedanken ein wenig an. Ob ich darin eine Rolle spielte? „Hier und dann hier.“, murmelte er und zeigte mir langsam und genau, wie ich mich durch das Programm schleusen musste, um das zu finden, wonach ich suchte. „Brauchst du noch etwas?“ „Nein, das wars, Herr Lehrer.“ „Hör auf so zu spielen.“ „Früher hat dir das gefallen, mein Hübscher.“, hielt ich ihm vor und stupste mit dem Finger auf seine Nase. „Kusuri bekommt das nur in den falschen Hals.“, seufzte er entschuldigend. „Er ist so engstirnig!“, stöhnte ich. „Beinahe langweilig!“ „Er ist wie er ist und ich liebe ihn dafür!“, bekräftigte Yosuke die Art seines Mannes. „Du bist zu gut für ihn!“, warf ich meinem alten Freund zu und ging zur Zimmertür. „Übertreib es nicht, Siakoh!“, rief er mir nach und ich schlüpfte durch die Tür. Mit dem Gerät in der Hand lief ich zu meinen Patienten, welche für eine kurze Zeit hierblieben und sich ausruhten. Die Gabe meines Chefs war beeindruckend und ich hatte es erst nicht zugeben wollen, aber er war wirklich gut darin. Doch der Preis für seine außerordentliche, heilende Gabe war wohl, dass er unsympathisch und grummelnd zu allen und jedem war. Er war ein Außenseiter der Gesellschaft. Unsozial könnte man meinen, wäre da nicht seine Hilfsbereitschaft als Arzt. Was fand Yosuke nur an ihm? Sie waren so grundverschieden. Doch die Liebe band sie aneinander. Das Schicksal nahm manchmal komische Wege. „Sia, Sia!“, rief eine kleine Mädchenstimme und ich sah vom Gang, auf dem mein Schreibtisch stand, zu einem der Zimmer, deren Tür aufstand. Dort war eine junge Dame untergebracht, die ich gleich entlassen dürfte. Sie hatte eine Fraktur in der Hüfte gehabt, die sowohl Yosuke als auch Isha behandelt hatten. Letzterer weigerte sich nachzuhelfen, denn Yosukes Gabe und die Selbstheilung der kleinen Dächsin sollten diese Aufgabe übernehmen. Somit war sie nun seit drei Tagen hier und vergötterte mich. „Na Kiko, wie geht’s dir heute?“, lächelte ich und ging zu ihr. „Heute darfst du nach Hause. Hab gerade alles abgeklärt.“ „Oh, was? Ich wollte doch noch etwas bei dir bleiben, Sia!“, schmollte sie. „Ach zuhause ist es doch viel schöner. Mit deinen ganzen Brüdern und deinen Eltern!“ „Oh maaan.“, maulte sie, als sie daran dachte. Aber als sich ihre Kulleraugen wieder öffneten, schien sie den Wert darin zu erkennen. „Na siehst du. Und du hast deine Wunde ganz allein geheilt. Prima Leistung!“, lobte ich und klopfte ihr leicht auf den Rücken. „Und nun anziehen! Ich rufe deine Eltern an, damit sie dich abholen.“ „Okay, Sia!“, rief sie und sprang vom Bett. „Vorsicht! Nicht das nochmal was passiert! Da bekomme ich noch Ärger mit meinem Chef!“ „Dem Brummelbären.“, kicherte sie und ich zwinkerte ihr zu. Nachdem ich Kiko an ihre Eltern übergeben und noch die anderen versorgt hatte, übergab ich meine Aufgabe an meine Kollegin, die heute die Nachtschicht übernahm. „Bis morgen!“, winkte ich ihr und ging zu den Personalumkleiden. Isha zwang mich in einen der weißen Kittel. Farblos und kahl kam ich mir darin vor, vermisste immerzu meine strahlenden, farbigen Kleidungsstücke. Wenn ich schon keine Kleider zum Tanz mehr tragen konnte, musste ich eben zu anderen schnittigeren Modellen greifen. Heute: senfgelbe Hose in Karottenschnitt, braune Rauleder Derbys und schwarzes Skinny Hemd. Yosuke hatte Gefallen an meinem Stil, wogegen er zu einem täglich wechselnden Anzugträger verkommen war. Doch ich sah genau woher das rührte, was nicht unbedingt schlecht war. Ihn hatten Uniformen schon immer gut gekleidet. Doch genug! Ich wollte nach Hause und in die Wanne. Wenn ich nur an die Kälte der Außenwelt dachte, bibberte ich und schlang meinen blauen Mantel fester um mich, als ich durch die Flure der Praxis und die Stufen hinab eilte. Als ich durch die Außentür schritt, ergriff mich sofort der kalte Hauch der Dunkelheit. Brrr... Kalt! Und warum? Ich hatte meinen Schal hergegeben. An ihn. Den Fremden mit den roten, unheimlichen Augen. Dem ungehobelten und dunkelhaarigen Bleichgesicht. Der sich zu fein war, mich noch einmal genau anzusehen, als er sich für meine Hilfe bedankte! War ich ihm nicht wenigstens etwas aufgefallen?! Naja, ich konnte es ihm wohl auch nicht verübeln. Er war so schlicht, so unscheinbar. Wie sollte er da schon auf meine unglaublich schöne Erscheinung reagieren? Ich versuchte die Gedanken zu verdrängen, nachdem ich mich schnellen Fußes nach Hause begab. Doch als ich in meiner warmen Wanne lag, Schaum sich zu Bergen auftürmte, blieben meine Gedanken an ihm hängen. Seine Augen waren blutrot. Als hätte die Mutter von Schneewittchen sich vertan und anstelle der Lippen so rot wie Blut, sich die Augen gewünscht, als sie sehnsüchtig auf ihr Kind wartete. Die helle Haut und das schwarze Haar, waren jedoch dem Original treu geblieben. Über was dachte ich da überhaupt nach? Oh, Sia. Dieser Mann war gefährlich, du warst ihm durch Glück noch einmal von der Schippe gesprungen. Warum störte es mich nur so, dass er mir keinen weiteren Blick geschenkt hatte? Geschweige denn meinen Schal zurückgegeben hatte. Ach, ich hatte ja selbst nicht daran gedacht. War zu verwirrt von meiner Leichtsinnigkeit. Ich war einfach zu gutmütig und hatte diesmal mit diesem Prachtstück aus Kaschmir dafür bezahlt. Was soll’s?! Am nächsten Morgen ging es turbulent zu. Ein Bergyokai hatte vermeldet, dass er eine Behandlung benötigte und damit sich nicht ein ganzer Berg in Bewegung setzte und Unruhe brachte, musste der Arzt zu ihm kommen. In diesem Sinne der Chef höchstpersönlich in der Begleitung meiner Wenigkeit und Yosuke. Ein Ausflug stand also an und mir wurde aufgetragen einige notwendige Dinge einzupacken. Zum Glück hatte ich mich schnell eingefunden und somit war alles rasch gepackt. „Wo ist Yosuke?“, fragte ich am Wagen und sah mich um. „Er holt Emiko und du fährst mit mir.“ „Sammeln wir sie dann ein?“, fragte ich und rutschte auf den Beifahrersitz. „Nein. Er fährt mit seinem Wagen.“, brummte er genervt. Und meine Freude über die Bekanntschaft der kleinen Prinzessin, die ich bisher nur auf Fotos zu sehen bekommen hatte, sank ins Bodenlose. Was sollte ich denn über drei Stunden mit diesem Miesepeter in einem Wagen? Isha lenkte den Wagen aus der Tiefgarage und musste kurz warten, bis er sich in den Verkehr einfädeln konnte. Mein Blick flog gelangweilt aus dem Fenster und beobachtete die vorbeieilenden Personen. Doch eine der Personen geriet näher in mein Blickfeld. Der violette Schal, stechende rote Augen. Das war ER?! Doch der Wagen fuhr los und ich konnte meine Hand nur ans Glas der Scheibe legen und beim Vorbeifahren musterte ich den Mann. Er war es wirklich. Ob er hier in der Nähe arbeitete? Was hatte er hier zu suchen? Wollte er mir meinen Schal wieder bringen, aber woher wusste er dann, wo ich arbeitete? Ich hoffte auf Letzteres, spürte meinen kalten Nacken und schob mich im Sitz nach unten, versteckte mich in meinem Mantel. Mit geschlossenen Augen legte ich mir einen Plan zurecht. Würde es etwas bringen am Abend dort zu warten und ihn vielleicht aufzugreifen? So wie ich es vor zwei Tagen gemacht hatte? Eine Stunde grübelte ich darüber nach, als ich plötzlich ein lautes Zischen vernahm. Meine Lider hoben sich und ich sah zu meinem Chef, der die Augen zu Schlitzen verengte. Er schaltete noch im Rollen den Motor ab und lenkte den Wagen an die Seite. „Irgendwas stimmt mit dem Motor nicht.“, bemerkte er und schnallte sich ab. „Ach, was du nicht sagst.“, antwortete ich genervt und sah zu wie er ausstieg. Diese Atmosphäre zwischen ihm und mir war wirklich kaum auszuhalten. Ich mochte ihn einfach nicht und wollte ihm Yosuke nicht überlassen. Mürrisch sah ich zu, wie er die Motorhaube öffnete und diese kurz einen Schwall Dampf entließ. Er wedelte sich vor der Nase herum und ich rollte die Augen. Da brauchte es wohl jemand resistenten. Somit stieg ich aus und schlug die Autotür zu, um an die Motorhaube zu treten und mir das anzusehen. „Sieht nach dem Wasserschlauch aus.“ „Du kennst dich damit aus?“, brummte Isha patzig und hielt sich die Nase zu. „Was kannst du eigentlich außerhalb der Medizin?!“, fuhr ich ihn an und beugte mich näher zum Motor. Meine Hände würden voller Dreck sein, aber ohne würden wir nicht weiterkommen und ich hier noch länger mit diesem Kerl herumsitzen. Ich musste etwas tun! Also hob ich die Hände und untersuchte den Motor. Es war wirklich der Kühlmittelzufluss, der einen minimalen Riss hatte. Man müsste ihn ersetzen. „Hast du zufällig ein Fahrradflickset im Wagen?“ „Vielleicht. Ich sehe mal nach.“, sagte er, suchte kurz im Kofferraum danach und wurde tatsächlich fündig. „Hier.“ „Ich soll das machen?!“, schimpfte ich aufgebracht und zeigte meine rußrabenschwarzen Hände. Wieder schoss mir bei dem Vergleich mit dem Raben das helle Gesicht des Mannes entgegen, der meinen Schal gestohlen hatte. „Ich kann das übernehmen.“, hörte ich hinter uns eine Stimme und sah zu einem Mann, der einen Motorradhelm vom Kopf zog. Meine Lippen hatten sich schon dankbar für die angebotene Hilfe hinaufgezogen, doch als ich erkannte, dass mir die Haut bekannt war, erstarb diese Bewegung. Was machte er nun ausgerechnet hier? War er uns gefolgt? Mach dich nicht lächerlich, Siakoh! Es wird Zufall sein. Ein merkwürdiger, aber dennoch ein Zufall. Mit einem kleinen Schubsen katapultierte der Mann seine schwarzen Haare etwas nach hinten und strich sie dann nochmal mit der rechten Hand nach. „Ich kenne mich aus.“ „Das wäre super. Wir haben es eilig!“, nahm Isha die Hilfe an, ohne dass ich etwas einwenden konnte. Der vertraute Unbekannte kam näher und seine roten Augen blitzen nur kurz zu meinen gelben, bevor er sich zum Wagen beugte, danach den Hilfssatz öffnete und einige Dinge entnahm. Blitzschnell korrigierte er das Problem und Isha beäugte ihn dabei genau. Als würde hier eine Operation stattfinden und der Unbekannte gerade seine ersten Schnitte tun, nickte Isha am Ende zufrieden. „So, noch Wasser nachfüllen und das wär’s. Aber Sie sollten zu einer Werkstatt fahren. Das ist nur provisorisch.“, riet der Schwarzhaarige und wandte mir den Rücken zu. Dabei fiel mir etwas an seinem Kragen auf, was violett hervorblitze. Mein Schal! Ich hob schon meine Hand, als Ishas Blick mich traf und er mir mitteilte, dass wir nun weiterkonnten. Er bot dem Fremden Geld zum Dank an, doch dieser lehnte ab, wonach Isha die Haube schloss und zum Fahrerplatz ging. Ich hatte meine Hand zurückgezogen und musterte den Mann, der sich nun zu mir umwandte. Unsere Blicke trafen sich, ein eiskalter Schauer zog sich über meinen Rücken. Meine Knie wurden weich, bei diesem satten Rot, welches mich musterte. Was war hier nur los? „Mein Schal.“, flüsterte ich und bemerkte die Worte erst, als sie sich schon gelöst hatten. Er schien kurz überrascht und hob die Hand an seine Brust, wo der Schal unter seiner Lederjacke versteckt lag. Er schmunzelte und kam mir näher. Er beugte sich kurz zu mir, schlang den Arm um mich und ich spürte seinen Atem an meinem Ohr. „Den behalte ich noch.“, wisperte er mir zu und ging dann wieder auf Abstand. Er winkte Isha noch einmal durch die Windschutzscheibe zu, der seinen Blick genau auf uns gehalten hatte und mich schlucken ließ. Danach ging der Fremde wieder zu seinem Motorrad, welches pechschwarz war und die Initialen „AC666“ auf dem Nummernschild trug. Dabei setze er seinen Helm auf, schaltete den Motor an, lenkte seine roten Iriden im Schein der Wintersonne zu mir, imitierte dabei einen sehr guten Schulterblick und fuhr einfach los. Erst nach einigen Metern schloss er das Visier des Helms und ein Klopfen riss mich aus der Beobachtung. „Kommst du, Diallo?“, fragte Isha genervt. „Ja.“, antwortete ich auf das Drängen und stieg wieder in den Wagen zurück. „Hier, Feuchttücher.“, bot der Doktor an und ich nahm mir zwei Stück. „Kennst du diesen Yokai?“, fragte er und ich schluckte den Kloß in meinem Hals herunter. Warum war ich nur so nervös? „Ich hab diesen Mann nur einmal getroffen und ihm meinen Schal geliehen.“ „Den Schal solltest du vergessen.“, riet er und startete vorsichtig den Motor. „Er ist ein Komori-Yokai.“ „Ein Komori? Woran hast du das so schnell erkannt?“, wollte ich schnippisch wissen und spitzte die Ohren. Was konnte mir Isha erzählen? Ich wusste ja von Yosuke, dass sie mit ihren Nasen viel schneller erkannten, um welche Spezies es sich handeln konnte. Isha rieb sich über die Nasenspitze. „Er stinkt nach Tod und Nacht.“, beantwortete er und fuhr los. „Ihr und eure Nasen.“, maulte ich und verschränkte die Arme, als meine Hände von dem Motorenstaub befreit waren. „Würdest du auf einen Rat hören, wenn ich ihn dir gebe oder sollte ich Yosuke damit beauftragen?“, fragte er dann und ließ mich stutzen. Und genauso sah ich ihn an. Gab es denn da etwas zu wissen? „Sag du es mir.“ „Oh, du hast also doch Geheimnisse vor Yosuke.“, grinste er hämisch und hatte eine gemütliche Fahrgeschwindigkeit angeschlagen. „Schätzchen, du weißt so einiges nicht von mir und schon gar nicht von Yosuke UND mir.“, stichelte ich und kräuselte schmunzelnd die Lippen. „Okay, vergiss die Warnung. Renn in dein Unglück!“, stieß er aus und ich beugte mich aufgeregt zu ihm. „Nein, bitte sag es!“, bettelte ich kurz. „Na gut.“, lächelte er finster und sah weiter auf die Straße. „Komori sind gefährliche Yokai. Sie haben ihre Triebe nie ganz abgelegt, so wie deine oder meine Tierwesen.“, erklärte er und ich lauschte aufmerksam. „Sie werden von ihrem Durst nach Blut gelenkt und können diesem nur entgegenwirken, wenn sie einen regelmäßigen Blutlieferanten haben und diesen nicht töten.“ „Das klingt, als würdest du von einem Vampir reden.“, hielt ich ihm vor und strich mir eine Strähne meiner Haare hinters Ohr. „So in etwa kann man sich das auch vorstellen. Sie brauchen Blut, um sich zu ernähren. Anders läuft es eben nicht.“ „Dann haben sich die Menschen das nicht nur ausgedacht?“, grummelte ich leicht beklommen. Ein ungewöhnliches Gefühl machte sich in meinem Inneren breit. Ich konnte es nicht wirklich erklären. Es war etwas zwischen Neugierde und einer lähmenden Angst. Ich wollte doch nur meinen Schal zurück. Sollte ich ihn vielleicht aufgeben? Und da erkannte ich, dass dieser Vorwand lächerlich war. Ich wollte mehr als nur meinen Schal zurück. Diese roten Augen, die so ruhig, aber gefährlich blutrünstig wirkten, die wollte ich erforschen. Sollte sich dahinter wirklich die Gier eines blutsaugenden Killers verbergen? „Nun zu meinem Rat, Siakoh.“, sprach Isha mich wieder an und nannte mich beim Vornamen. „Diese Art verliert sich in ihrer Gier und tötet leicht mal einen Mitternachtssnack. Du solltest aufpassen!“ „Tze! Meinst du ich steh auf so düstere Typen?!“, schimpfte ich über seine schlechte Einschätzung. Mein Beuteschema war ein komplett anderes. Groß, gut gebaut, rothaarig, im Anzug. „Ich habe eure kleine Annäherung beobachtet.“, hielt er mir vor und ich erstarrte. Stimmt. Er war mir vor nur wenigen Minuten so nahegekommen, wie schon lange niemand mehr. Ich spürte das Kitzeln seines Atems noch immer an meinem Ohr und rieb mir mit zwei Fingern über die Stelle. Ob ich wirklich aufpassen musste? Als wir endlich ankamen, holte uns Yosuke mit Emiko von der Werkstatt ab. Die kleine Prinzessin beobachtete mich wie einen funkelnden Schatz und ich lächelte ihr freundlich zu. Sie schien wohlerzogen und freundlich. Eindeutig Yosukes Wirkung auf sie. Der Grummelpeter schmollte schon wieder auf dem Beifahrersitz, da das Auto über Nacht bleiben und wir somit ins Hotel mussten. „Aber sag mal Sia, warum bist du nicht ans Handy gegangen!? Ich hab es mehrere Male probiert.“, fragte Yosuke leicht rügend. Ich blinzelte überrascht und griff zunächst in meine rechte Manteltasche. „Ich habe nichts gehört!“, antwortete ich und suchte weiter. Auch in der linken war es nicht. In meinen Hosentaschen ebenso nicht. Ich hatte es aber definitiv mitgenommen. Ich hätte es schwören können und blieb plötzlich starr. „DIESER...!“, erfasste ich und auch Isha begann zu verstehen. „Er hat es dir geklaut!“, grinste er frech und schien es zu genießen, dass seine Warnung schon jetzt anfing sich zu bewahrheiten. Kapitel 4: Frust (Alejandro) ~ by PoG ------------------------------------- 4 Frust (Alejandro) by PoG Nada! Ich fand einfach rein gar nichts. Egal was ich anstellte, welchen meiner, nicht gerade wenigen Tricks und Kniffe, um jemanden zu finden, ich anwendete, das Ergebnis blieb immer die gleiche dämliche Fehlermeldung: Error, no data found! Ich hätte kotzen können. Am liebsten wäre ich aufgesprungen, um hier alles in seine Einzelteile zu zerlegen. Aber mein Equipment war mir heilig und nebenbei nicht ganz wertlos. Standen hier doch Tower und Monitore im Wert von mehreren tausend Euro. Nicht, dass mich das groß kümmern müsste... Wenn ich eines genug hatte, dann Geld. Schließlich stand ich bei dem ein oder anderen reichen Sack auf der Gehaltsliste, der seine Geheimnisse gut gewahrt wissen wollte. Und trotz meiner Fähigkeiten hatte ich bei meiner Suche versagt. Im Umkreis von 5 km gab es lediglich einen Zahnarzt, eine Psychotherapeutin, zwei Allgemeinmediziner, einen Kinderarzt und ein großes Altenpflegeheim mit Tagespflege. Ich hatte mich in alle Einrichtungen gehackt und gefühlt hundert Personalakten durchforstet ohne auch nur den Hauch einer Spur zu ihm zu finden. Frustriert schob ich meinen Stuhl zurück, lehnte mich vor und verbarg meinen Kopf in den, auf der Schreibtischplatte abgelegten, Armen. Irgendwie war gerade alles nur noch scheiße. Da begegnete ich erstmals einem wirklich faszinierenden Mann, ließ ihn dämlicher Weise einfach gehen und konnte ihn nicht wiederfinden. Außerdem meldete sich mein Hungergefühl mit aller Macht zurück und ich wusste, dass es höchste Zeit für eine Mahlzeit wurde. Genervt stand ich auf und ging an meinen Kühlschrank, in dem sich stets ein paar Konserven für den Notfall befanden. Es war nicht leicht, an so etwas zu kommen und das Citrat, dass die Gerinnung verhinderte, verursachte mir Bauchschmerzen. Aber es war besser, als die Nachbarn in Gefahr zu bringen, wenn meine Gier wieder zuschlug und ich die Kontrolle verlöre. Ich trank also eine der Konserven und schmiss den leeren Beutel unbefriedigt in Richtung des Mülleimers. Natürlich verfehlte ich das Scheißteil und einige Tropfen verteilten sich auf den cremeweißen Fliesen meines Küchenbodens. Rot auf weiß... Es war als würde ich in einen dutzendfach verzerrten Spiegel schauen. Widerlich! Ich musste hier raus! Schnell schlüpfte ich in eine verstärkte Jeans, warf mir eine gefütterte Lederjacke über und stieg in meine dicken Biker Boots. Ein richtiges Outfit würde ich nicht benötigen. Es würde nicht lange dauern und je weniger ich anhatte, desto schneller hätte ich es hinter mich gebracht. Meine Kreuzkette ließ ich nach einem kurzen Kuss darauf in die Innentasche der Jacke gleiten. Mein Vater sollte nicht mitbekommen, was ich tat. Ich ekelte mich bereits jetzt vor mir selber, aber es war gerade einfach nötig, wollte ich keine Katastrophe heraufbeschwören. Vor der Wohnungstür überlegte ich kurz, ob mir ein wenig Bewegung nicht guttun würde, aber mir war gerade nach mehr Geschwindigkeit, als ich dem Leichtmetall meines Rades zumuten konnte. Also lenkte ich meine Schritte den abschüssigen Flur entlang in die tieferen Eingeweide meines Wohnhauses. Vor einer feuerfesten Stahltür hielt ich an und gab den Zahlencode ins Bedienfeld ein. Die Tür summte und ich öffnete sie, wobei mir ein Schwall abgestandener und nach Abgas und Benzin riechender Luft entgegenkam. Die beheizte Tiefgarage, war neben meiner, ebenfalls fast unterhalb des Erdreichs liegenden, Wohnung der Hauptgrund gewesen, warum ich mich in diesem Haus niederließ. Meine einzige Liebe stand hier unten warm, trocken und sicher. Kurz verblasste meine schlechte Laune beim Anblick meiner wunderbaren Yamaha FZ1 Fazer. Die kleine Lady war mit ihren 98 PS vielleicht nicht die bestmotorisierte, aber für mich dennoch die tollste Dame der Welt. Wer brauchte schon Yokai- oder Menschfrauen?! Zärtlich strich ich über den ledernen Tankschutz, den ich meiner mattschwarzen Schönheit erst vor ein paar Tagen gegönnt hatte, weshalb sich der feine Geruch des frischen Materials noch immer schmeichelnd um meine Nase schmiegte, als ich die Lady zwischen meine Beine nahm. Handschuhe und Helm übergezogen, die immer griffbereit über dem linken Seitenspiegel hingen und ich war bereit, in die Freiheit der Nacht zu jagen. Ein herrliches Gefühl. Leider hielt dieses Hochgefühl nicht lange an, denn der Verkehr Tokyos, machte mir einen Strich durch die Rechnung. Ich hatte in all meiner Recherchewut nicht bemerkt, dass der Morgen bereits graute und dementsprechend der Berufsverkehr begann. Genervt bremste ich meine Lady wieder hart ab und fädelte mich zunächst brav in den Verkehr, um mir einen Überblick zu verschaffen. Nach kurzer Orientierung fand ich meine erste Lücke und schlängelte mich, zugegebener Weise etwas fahrlässig durch die vielen Pendler, wobei ich von Wechsel zu Wechsel schneller wurde und die Stadt langsam hinter mir lassen konnte. Ich musste meinen Kopf frei bekommen und mich ausgiebig abreagieren. Also verließ ich Tokyo auf der Kokudo 246, auch Ni-Yon-Roku genannt, in Richtung der Präfektur Kanagawa. Ich wollte das Meer sehen. Einfach nichts als blaugraues Wasser, damit sich meine Augen entspannen und meine Seele beruhigen konnte. Also fuhr ich zur Sagami-Bucht und dort die Küstenstraße entlang nach Higahiizu, wo ich am Inatori Cape anhielt, mein Motorrad abstellte und über den steinigen Strand ans Wasser ging. Ich ließ mich auf den harten Untergrund fallen und atmete tief ein und aus. Die stechende, eiskalte Luft tat gut in meinen Lungen voller Großstadtmief. Aber die Kurzschlussreaktion war mehr als unbedacht von mir gewesen. Ich würde zum zweiten Mal innerhalb von nicht mal 24 Stunden Gefahr laufen mir Erfrierungen zuzuziehen. Seufzend nahm ich eine Handvoll Steine und warf sie nacheinander ins Wasser. Den letzten, ein besonders glattes und flaches Exemplar, ließ ich einige Male auf der Oberfläche des ruhigen Meeres titschen, bevor er in den Fluten versank. Ich sah ihm nach und mein Blick fiel auf Izu-Oshima, einer Vulkaninsel, deren letzter Ausbruch erst wenige Jahrzehnte her war. Aktuell war es dort also einiger Maßen sicher und ich dachte an die unschöne Geschichte, der Insel, die zur Zeit des letzten Shogunats als Verbannungsort diente. Die Insel umgab eine Aura von trauriger Schönheit und Gefahr. Irgendwie fühlte ich mich dieser sehr verbunden und nahm mir fest vor, sie eines Tages zu besuchen. Nach einem Kaffee zum Aufwärmen, fuhr ich weiter an der Küste entlang zur Suruga-Bucht und überlegte kurz, ob ich in Toi in der heißen Quelle baden solle. Allerdings entschied ich mich dagegen. Ich wollte nicht mehr denken müssen. Das würde mir nur die Gedanken an ihn, den ich verloren hatte zurückbringen. Also fuhr ich zu einem meiner Lieblingsorte im Sommer. Dem Shiraito-Wasserfall am Fuße des Fujis. Im Sommer tobte der Ort nur so vor Leben, doch jetzt im Winter strahlte er eine eigentümliche Ruhe und Geborgenheit aus. Die teils gefrorenen Wassermassen und der leichte Schnee ließen alles glitzernd erstrahlen und das Panorama des Fujis dazu war einfach atemberaubend schön. Aber auch hier durfte ich nicht zu lange verweilen und den Anblick genießen, spürte ich doch meine Unruhe nach ein paar Minuten schon wiederkehren. Also fuhr ich weiter, über die 71 auf die 139 und weiter Richtung Nordosten und schließlich nach Koshu, wo ich ein kleines Restaurant mit guter mexikanischer Küche kannte. Auch wenn mein Körper diese Nahrung nicht benötigte, so tat sie meiner Seele gut und ich dachte, während des Essens an die Zeit mit meinem Vater zurück. Dem ich alles zu verdanken und der mich vor allem davor bewahrt hatte ein Monster zu werden, wie ich es später bei einigen meiner Artgenossen beobachten konnte. Sich an den wehrlosen Menschen zu vergreifen war mir einfach zuwider, starben diese doch schnell bei dem Versuch sich ihrer zu bedienen. Eine Lektion, die ich äußerst schmerzhaft hatte lernen müssen. Nach dem Abstecher in die Vergangenheit fuhr ich weiter auf der 140 in den Norden. Bis zu dem Gebirgszug, der im Mount Ryokami gipfelte. Die Natur hier war atemberaubend und mich faszinierte die Geschichte des Berges, der bis 1914 nicht von Frauen betreten werden durfte. Der kleine Schrein, dessen Gottheit wohl längst in Vergessenheit geraten wäre, erfuhr Dank des regen Wandertourismus eine zweite Ära der Bekanntheit. Allerdings galt dies hier natürlich immer noch als Geheimtipp. Auch wenn mittlerweile eine einfache Google-Recherche genügte. Nach einer kleinen Wanderung zum Gipfel. Gracias a Dios, war ich als Yokai im Vorteil und bewältigte Strecken für die ein Mensch Tage brauchte, innerhalb weniger Stunden. Hatte ich mich zwar emotional halbwegs wieder beruhigt, aber Hunger hatte ich noch immer und auch ein weiteres Verlangen ging mit diesem Hand in Hand. So beschloss ich nach Tokyo zurückzukehren und dort in einem speziellen Viertel Halt zu machen. In Kabukicho fand ich immer jemanden, der für ein bisschen Geld einfach alles machen würde. Ob ER auch so einfach gestrickt wäre? Eigentlich konnte ich mir das nicht vorstellen, wirkte seine Kleidung doch zu hochwertig und doch... Irgendetwas war komisch an seinem bunten Auftreten... Dieses Schreien nach Aufmerksamkeit kannte ich sonst nur aus besagtem Viertel. Der Gedanke ließ mich hart schlucken... Was wenn er tatsächlich schon jemanden hatte? Oder niemanden wollte? Oder wenn er auf Frauen... Nein! Das konnte alles nicht sein. Er hatte doch definitiv mit mir geflirtet. Und er wirkte nicht wie jemand, der das nur zum Spaß machen würde oder doch? Argh! Dahin war all meine mühsam erfahrene Ruhe, also drehte ich am Hebel und gab meiner Lady die Sporen. Es war Zeit zurückzukehren, den Ausflug zu beenden und das zu tun, weshalb ich die Wohnung ursprünglich verlassen hatte. Es war bereits wieder dunkel, als ich die Lichter der Stadt vor mir erblickte und über Musashidai in das Stadtgebiet Tokyos einfuhr. Stets mein Ziel vor Augen schlängelte ich mich durch den immer dichter werdenden Verkehr und dankte Gott ein weiteres Mal für meine Entscheidung gegen ein Auto und für das Motorrad. Mit meinem Traumwagen, dem Apollo IE, hatte ich vor ein paar Jahren wirklich geliebäugelt, aber dieser war mir schlicht und einfach zu auffällig. Nicht zuletzt wäre es unpraktisch zu Terminen mit meinen besonderen Kunden in einem Wagen für knapp 400 Millionen Yen zu fahren. Das würde nur Neid und Fragen aufwerfen. Nach einer gefühlten Ewigkeit sah ich endlich mein Ziel vor mir auftauchen. Licht, so rot wie meine Augen empfing mich und zeigte mir, dass ich hier richtig war. Ich stellte meine Lady an den Straßenrand und legte diesmal auch Lenkrad- und Bremsscheibenschloss an. Hier wusste man nie, wer schnell an Geld oder eine Fluchtmöglichkeit kommen wollte. Meinen Helm und die Handschuhe nahm ich mit mir und betrat nach einem kurzen Nicken zu dem bulligen Kerl vor dem Eingang das Etablissement. Ich wusste schon zu wem ich wollte und scannte den dunklen Raum direkt nach seiner Aura. Er stand an der Bar und hatte auch mich schon bemerkt. Mit einem knappen Nicken gab er mir zu verstehen, dass er wusste, was ich wollte und wir die übliche Vorgehensweise nutzen würden. Ich verließ die Bar wieder durch die Vordertür und ging um die Ecke in die Seitengasse. Ich wurde schon erwartet und wir sparten uns jegliche Höflichkeiten. Mein Gegenüber war heiß, mein Körper willig und mein Geist war schwach. Dieser Yokai hatte die geschmeidigen Muskeln eines Leoparden und die milchweiße Haut von frischgefallenem Schnee. Kein Wunder, war er auch nepalesischer Abstammung und sein tierisches Sein das eines Schneeleoparden. Seine Zunge in meinem Mund schmeckte leicht nach der minzigen Lösung, die ich immer an ihm riechen konnte, wenn er einen neuen Kunden bekam. Er war gut und wusste, wie ich es mochte, doch heute hatte ich keine Lust mich verwöhnen zu lassen. Ich wollte es schnell, hart und schlicht die Befriedigung meiner Bedürfnisse. Also packte ich ihn an der Schulter, zerriss ihm, während ich ihn herumdrehte, das Shirt, um seine Halsbeuge freizulegen und zog ihm im nächsten Augenblick schon seine Hose runter. Keine Shorts anzuziehen erwies sich nun als die richtige Entscheidung, konnte ich doch so einfach die Hose öffnen, meine harte Erektion befreien und sie ohne weiteres Zutun in dem vor mir gebeugten Fleisch versenken. Gleiches tat ich auch mit meinen Zähnen in seinem Hals und pumpte ihm meinen Antigerinnungs- und –schmerzenscocktail, meine Form des Draculin, in die Venen. Sein verzücktes Stöhnen gab mir die Gewissheit, dass es wirkte und ich mit meinem Mahl beginnen könnte. Während ich saugte und meinen Hunger stillte, übernahm mein Körper die Kontrolle und holte sich auch seine Befriedigung bzw. er versuchte es. Egal wie hart ich war und wie rhythmisch ich in ihn stieß, es tat sich einfach nix. Keinerlei geistige Erregung baute sich auf. Es war einfach nur mechanisch und nachdem mein Hunger verblasste, verschwand auch das Bedürfnis nach körperlicher Nähe. Ich zog mich aus ihm heraus, wischte mit einem Taschentuch seine Spuren von mir und schmiss ihm Geld und Tuch vor die Füße, ehe ich meine Hose hochzog, mich umdrehte und grußlos verschwand. Ich stapfte zu meinem Motorrad und kickte nebenbei gegen den umherliegenden Unrat. Chale! Was zur Hölle war nur los mit mir?! Ich verstand die Welt und mich selber nicht mehr. Seit Jahrhunderten wandelte ich nun schon auf dieser Erde und nahm auf nichts und niemanden Rücksicht. Seit mein Vater mich verlassen musste, hatte ich niemanden mehr und brauchte auch keinen. Und dann kam dieser bunte Vogel einfach so in mein Leben geflattert und brachte alles durcheinander. Selbst als mein Schwanz in diesem Appetithappen steckte, konnte ich nur an seine Augen denken. Wie er mich anstrahlte und wie angewidert er aussehen würde, hätte er die Situation eben mitbekommen. Lauthals schimpfte ich vor mich her, während ich mein Motorrad nach Hause lenkte. Ich brauchte eine Dusche, heiß und gründlich. Ich fühlte mich besudelt und ekelerregend. Dieses Gefühl kannte ich bereits von meinen bisherigen Schnellimbissbesuchen, wie ich meine Abstecher ins Rotlichtmilieu gerne nannte. Dies war auch einer der Gründe, warum ich dabei niemals mein Kreuz trug. Viel zu sehr schämte ich mich dafür. Keine meiner Mahlzeiten blieb ohne Schuldgefühle, aber die Besuche dort, erweckten eine besondere Form des Selbsthasses. Diesmal war dem Ganzen jedoch noch ein weiterer Beigeschmack hinzugekommen. Ich fühlte mich als würde ich ihn betrügen. Was für ein Bullshit?! Ich kannte den Kerl nicht einmal. Was sollte dieses Affentheater also?! Diese und ähnliches Fragen schossen mir im Kopf umher wie Pinball-Kugeln. Alles tobte in meinem Inneren und war aufgewühlt. Ich wusste einfach nicht mehr, was ich tun sollte. Zuhause angekommen, entkleidete ich mich rasch wieder, stellte mich unter die nahezu kochend heiße Dusche und ließ mich langsam an der Wand hinabgleiten. Ich hockte da auf dem Boden der Dusche und schluchzte mit einem Mal vor Verzweiflung heftig auf. Heulte ich jetzt hier tatsächlich, wie ein kleines Mädchen?! Jetzt reichte es! Energisch drückte ich mich vom Boden hoch, straffte die Schultern und beschloss die Sache nicht mehr an mich ranzulassen. Ich stieg aus der Dusche, suchte kurz nach meinem Handtuch, bis mir der überstürzte Aufbruch wieder einfiel und nahm mir ein frisches. Abgetrocknet schlüpfte ich in Shorts und Jogginghose und begab mich ins Wohnzimmer. Dort kniete ich mich auf den Boden und bat Gott um Vergebung meiner begangenen Sünden. Jede Einzelne zählte ich gewissenhaft auf, ließ sie Revue passieren und stellte jeweils fest, was ich falsch gemacht hatte. Als Buße erlegte ich mir körperliche Anstrengung auf. Von Selbstgeißelung hatte mein Vater nichts gehalten, aber dass ich zur Wiedergutmachung anderen half oder ich mich schlicht und ergreifend körperlich verausgabte, während ich meine Fehler reflektierte, war für ihn eine gute Möglichkeit Reue mit Nützlichem zu verbinden. Also behielt ich dies bei und machte im Anschluss an meine Beichte Sport. Ich hatte mich nicht für eine Disziplin entscheiden können und so hatte ich eine besondere Form des Triathlons für mich gefunden. Ich schwamm 4 km, am liebsten im Meer, aber im Winter bevorzugte ich das beheizte Schwimmbad meines Wohnhauses, ging dann 10 km laufen, auch hier nutzte ich in der kalten Jahreszeit gerne die Indoor-Variante auf dem Laufband und legte zum Schluss meine ganze Konzentration in das Bogenschießen. Wofür ich mir in der Tiefgarage eine Zielscheibe an die Wand gengenüber meiner FZ1 gehängt hatte. Nachdem ich dieses Programm absolviert hatte, machte ich mich daran meine Wohnung wieder herzurichten, hatte ich doch gestern und heute in meinem Frust alles verwüstet. Dabei fiel mir auch sein Schal wieder in die Hände, welchen ich an mich nahm und ihn mir zu meinem Kreuz um den Hals wickelte. Es musste doch eine Möglichkeit geben ihn wiederzusehen... Noch einmal überflog ich alle zusammengetragenen Informationen und da fiel es mir auf. Es gab ein großes Gebäude, das nicht als Wohnhaus eingetragen war und nur auf eine Briefkastenfirma lief. Konnte es sein, dass er dort arbeitete?! Wenn dies eine medizinische Einrichtung für Yokai war, dann würde es den Mangel an, für die Öffentlichkeit zugänglichen, Informationen erklären. Ich hatte eine Spur, der ich nachgehen konnte. Endlich! Aber erst in ein paar Stunden. Mein Körper verlangte dringend seinen verschobenen Verdauungsschlaf. Nachdem ich erwachte, machte ich mich mit meinem Motorrad auf den Weg zu besagtem Gebäude. Vorsichtshalber stellte ich meine Lady ein Stück weiter die Straße hinauf ab und ging zu Fuß zur der zu untersuchenden Stelle. Ich musterte das hohe, aber neben seinen protzigen Nachbarn unscheinbar wirkende Gebäude. Das Quietschen eines Rolltores lenkte meine Aufmerksamkeit auf ein herausfahrendes Auto. Ob das vielleicht Kollegen meines Vögelchens waren? Sollte ich die Gelegenheit nutzen unbemerkt ins Gebäude zu gelangen? Da fiel mein Blick auf die Insassen des Wagens. Es war ER! Aber irgendwie sah er heute so anders aus. Gar nicht so bunt wie letztes Mal. Eher dezent in gedeckteren Farben. Konnte es sein, dass ich mich in ihm getäuscht hatte? War mein kleiner Papagei, gar nicht so extravagant, wie vermutet? Nichts Besonderes? Und wer war der Kerl, der das Auto fuhr? Er hatte hellbraune Haut, dunkelbraunes, fast anthrazit farbiges Haar und einen verbissenen Gesichtsausdruck. Was hatte er nur mit meinem Vögelchen vor? Wohin fuhren sie? War mein Vögelchen in Schwierigkeiten? Erneut wurde mir schmerzlich bewusst, wie wenig ich über ihn wusste. Als unsere Blicke sich kurz trafen und er die Hand zu mir ausstreckte, als würde er verzweifelt nach mir greifen wollen, wusste ich was zu tun war. Ich musste hinterher, herausfinden, was da gespielt wurde und ihn, wenn nötig, retten. Mein kleiner Vogel, ich lasse nicht zu, dass man dich in einen Käfig sperrt und deine Flügel stutzt. Ich sprintete los, zog mir noch im Laufen den Helm über, war in wenigen Sekunden bei meiner Maschine und fuhr mit einigem Abstand hinter den beiden her. Das Glück war mir hold, als ich sah, wie das Auto auf einmal rechts ranfuhr und der Dunkelhaarige ausstieg und sich ein Schwall Dampf in die Luft erhob. Sie hatten eine Panne. Ich hielt ein Stück vor dem Wagen an und lief langsam auf die beiden Gestrandeten zu. Das war meine Chance, mehr über mein Vögelchen herauszufinden und auch dem, seinem Geruch nach Eber-Rüde-Yokai, auf den Zahn zu fühlen. Auch wenn ich nicht wusste in welchem Verhältnis die beiden standen. Freundschaftlich oder gar eine Liebesbeziehung war es nicht. Die Luft zwischen ihnen schien zum Schneiden dick. Mein Vögelchen war mittlerweile auch ausgestiegen und streckte mir seine Kehrseite entgegen, weil er sich in den Motorraum beugte und scheinbar nicht ganz unwissend war, was die Funktion des Motors betraf. Ich leckte mir die Lippen. Mein Vögelchen besaß nicht nur einen heißen Knackarsch, sondern auch etwas im Köpfchen. Wie gerne hätte ich jetzt meine Krallen in sein Fleisch gebohrt und seinen Körper mit meinem verschmolzen. Von ihm zu kosten wäre sicher unglaublich erregend. Aber soweit waren wir noch nicht. Aktuell hieß es erstmal Informationen beschaffen und eine Vertrauensbasis aufbauen. Ich musste vorsichtig sein, damit er nicht verschreckt davonflog. Ihn zu “retten”, wäre sicherlich ein guter erster Schritt und so bot ich ihm meine Hilfe an. Nach der Beseitigung eines Risses im Kühlwasserschlauch, bot sich mir eine perfekte Gelegenheit meinem Vögelchen noch einmal näherzukommen. Hatte dieser doch bemerkt, dass ich seinen Schal trug und wollte ihn wieder haben. Nicht mit mir, dachte ich und gab ihm zu verstehen, dass ich ihn noch behalten würde. ER wusste schließlich wo ich wohne. Sollte er sich doch trauen in die sprichwörtliche Höhle des Löwen zu kommen, um sein kostbares Kleinod wiederzuholen. Als ich ihm so nahekam und seinen Duft direkt von der Quelle inhalierte, bemerkte ich eine rechteckige Beule in seiner rechten Manteltasche und mir kam die Idee, den Anreiz mich aufzusuchen, zu vergrößern und gleichzeitig die Chance zu nutzen mehr über ihn herauszufinden. Blitzschnell und vorsichtig zog ich mit zwei Fingern den Gegenstand aus der Tasche und hatte recht behalten. Es war sein Handy. Ich ließ es in meiner Jacke verschwinden und begab mich lässig zu meiner Lady zurück. Grinsend spürte ich seinen Blick auf mir ruhen, bis ich davon gefahren war. Auch wenn ich nicht wusste, wer der Schweinehund war, so war ich beruhigt, dass er mein Vögelchen wohl weder rupfen noch bespringen würde. Und ich wollte dringend nach Hause, um den neugewonnen Gegenstand zu nutzen und mein Wissen über den blonden, dunkelhäutigen Schönling zu vergrößern. Kapitel 5: Mut?! (Siakoh) ------------------------- 5 Mut?! (Siakoh) Ich war sauer und stapfte durch mein Hotelzimmer. Nicht nur, dass ich schon diese unglaublich nervige Autofahrt hinter mir hatte, wir diese Panne gehabt hatten, die ausgerechnet DIESER Mann beheben musste, nein, er hatte sich zum Dank einfach mein Smartphone eingesteckt. Ohne, dass ich es bemerkt hatte! Was fiel diesem Komori nur ein?! Wenn ich den in die Finger kriegen würde! Das Smartphone war von allen nervigen Neuzeitgegenständen der einzige, welchen ich halbwegs bedienen konnte und als nützlich empfand. Es half mir, gerade hier in Japan allein schon mit Hilfe in der Navigation. Ebenso war es ein netter Sprachlehrer, als ich über Nacht geplant hatte hierherzuziehen. Yosuke war zwar Japaner, hatte damals jedoch Französisch und Englisch mit mir gesprochen. Nur wenige Worte Japanisch waren mir also geläufig. Zudem mochte ich die Kamera ganz gerne und dass ich darin die wichtigsten Nummern gespeichert hatte und Lokale suchen, in denen ich die Sau rauslassen konnte. Viel Zeit zum Tanzen hatte ich ja wahrlich nicht mehr, seit ich bei dem Griesgram ein Zimmer weiter beschäftigt war. Diese Tatsache nervte mich nun umso mehr, denn wegen ihm saß ich hier fest. Wir hatten dem Bergyokai helfen können, die schlechte Aura in seinem Inneren zu besänftigen, damit er es nicht als nötig erachtete ein Erbeben auszulösen. Glück, für ihn. Pech, für mich. Ich wollte zurück nach Tokyo und diesen verdammten Komori-Halunken aufsuchen, um ihm meinen Schal und das Smartphone abzunehmen! Wie hatte ich nur so dumm und naiv sein und ihm diesen Schal und meinen Schirm zum Schutz anbieten können. Ich verrannte mich wieder in Dinge, die gefährlich waren. Zumindest nach der Warnung des Griesgrams zu folgen. Es klopfte an meiner Tür und ich sprang daraufhin zu dieser, um sie leicht aufzuziehen. Braune freundliche Augen, nebst goldenen Kulleraugen, standen vor meiner Tür. „Yosuke. Emiko. Was gibt’s?“, fragte ich und lehnte mich lässig, mit aufgestelltem Arm in die Tür. „Emiko hat darauf bestanden dir gute Nacht zu sagen.“, lächelte Yosuke und ließ mich innerlich seufzen. Doch was mich wirklich erfreute, war die kleine Prinzessin, welche ich sofort ins Herz geschlossen hatte. Ich gönnte Yosuke dieses Glück, Vater für diese kleine Dame zu sein. Er machte seine Rolle wirklich gut. „Oh, wenn das so ist.“, lächelte ich zurück und stellte mich auf, um Emiko einen liebevollen Kuss auf die Wange zu geben. „Gute Nacht, ma Chérie! Schlafe schön und träume süß.“ „Danke, Sia.“, quietschte sie und schlang kurz die Arme um mich, wodurch ich nach vorn fiel und mich an Yosukes Brust abstütze. Sein Arm hielt mich im Gleichgewicht, was mich leicht erröten ließ. Warum konnte dieses Gefühl nicht endlich ein Ende nehmen? „Du erwürgst ihn noch, Emiko.“, bedachte Yosuke und brachte die Kleine dazu mich zu entlassen. Yosuke setze sie ab. „Gehst du schon mal zu Oji? Ich will Siakoh noch etwas sagen.“ „Okay.“, bejahte die Dunkelhaarige und sah lächelnd zwischen mir und Yosuke hin und her, bevor sie sich auf den Weg in das Zimmer nebenan machte. „Sie ist ein sehr liebes Mädchen.“, lobte ich vor Yosuke und sah zu wie er sich aufstellte. Er trug einen Kimono, welcher in diesem Hotel überreicht wurde, damit man abends die heiße Quelle, über die sie verfügten, angenehm benutzen konnte. Sein Brustbein war sichtbar und ich musste meine Augen in die seinen lenken. Reiss dich zusammen! Du willst nur noch seine Freundschaft! „Das ist sie.“, bedankte sich Yosuke und räusperte sich dann. „Kusuri erzählte mir etwas von der Panne und demjenigen, der wohl dein Handy geklaut hat.“ „Und nun willst du mich auch noch warnen?“, erkannte ich und schmunzelte, während ich ihm einen Blick durch die Wimpern hindurch schenkte. „Ja schon!“, gab er zu und verschränkte die Arme. Sein Blick wurde ernster. „Komoris sind wirklich ernst zu nehmende Gefahrenquelle. Bist du dir sicher, dass du dir das Handy einfach so wieder holen kannst?“ „Warum nicht? Ich bin auch ein ernstzunehmender Gegner, das weißt du.“ „Wenn’s ums Tanzen geht!“, scherzte Yosuke und ich schlug ihm leicht gegen den Oberarm. „Du weißt, dass das nicht stimmt.“ „Ich weiß.“, seufzte er. „Aber ich mache mir Sorgen. Soll ich nicht lieber morgen Nachmittag mit dir mitkommen?“ „Nein, das brauchst du nicht. Du hast morgen einen Haufen Termine. Sonst müsstet ihr nicht schon in der Nacht zurückfahren. Emiko muss ja auch zur Schule!“ bedachte ich. „Ich hole morgen früh das Auto aus der Werkstatt und komme dann nach Tokyo. Mach dir nicht so viele Gedanken, mein Hübscher.“ „Bist du dir sicher?“, hakte er noch einmal nach. Ich nickte. „Natürlich! Und nun raus hier. Ich brauche meinen Schönheitsschlaf!“ Lachend wandte sich Yosuke ab und ging in das Zimmer, welches er mit Kusuri und Emiko bewohnte. Er hatte wirklich das Glück am Ende seiner langen Warterei gefunden. Und ich? Am nächsten Morgen holte ich wie besprochen den Wagen aus der Werkstatt und fuhr die drei Stunden zurück nach Tokyo. Je näher ich der Stadt kam, desto langsamer wurde der Verkehr. Aber ich hatte ein genaues Ziel. Ich würde mein Smartphone zurückholen, diesen Idioten richtig nieder schimpfen und ihn dann nie mehr wiedersehen! Genau SO hatte ich es mir ausgedacht. Als ich dann endlich in die Straße einbog, musste ich ewig nach einem Parkplatz suchen. Nachdem ich vom Sitz gerutscht war, streckte ich meine angespannten Gesäßmuskeln und den unteren Rücken. Zwei so lange Autofahrten hintereinander waren einfach nichts für mich. Mir fehlte mein Sport. Ich musste tanzen. Vielleicht sollte ich am Abend ausgehen und mich meiner Einsamkeit diesmal zwischen sich nett windenden, schweißnassen Körpern aussetzen. Mein Blick huschte zu der Haustür, hinter der er an dem Regenabend verschwunden war. Augen aufs Ziel, Siakoh! Hol dir dein Smartphone und dann ab nach Hause, in frische Klamotten schlüpfen und auf die Couch! Wie sollte man sonst seinen freien Tag verbringen, wenn man allein war?! Mit der wiederbelebten Wut des gestrigen Tages stapfte ich zur Haustür und besah mir die Klingelschilder. Überrascht zuckte ich zusammen, als der Türöffner zu summen begann, griff allerdings automatisch zum Türgriff und schob die Tür nach innen. Hatte dieser Typ mich etwa gesehen, als ich ans Haus getreten war? Na dann war er ja schon auf das vorbereitet, was ich ihm nun zeigen würde. Dieser kleine Dieb! Hinter dem kurzen Korridor gab es eine Treppe, die ich musterte. Sie ging einige Stufen nach unten und mehrere nach oben. Wo genau musste ich nun hin? Wie sehr wünschte ich mir nun eine gute Nase. „Hallo.“, hörte ich dann seine tiefe Stimme und lenkte meinen Blick die Stufen hinab, zu der Tür, die sich geöffnet hatte. Dort stand er. Tiefschwarz und nur seine roten Augen schenkten seiner Erscheinung eine Winzigkeit an Farbe. War er ein Gothic-Anhänger oder sowas? Wie konnte man nichts als schwarz tragen? Wie langweilig, schnaubte ich innerlich und fing seinen Blick auf, bevor ich auf ihn zu ging. „Hallo!“, begrüßte ich ihn schroff und streckte sogleich meine Hand aus. „Gib mir meine Sachen, du Dieb!“ befahl ich ihm. Seine Augenbrauen hoben sich, während seine Lippen sich zu einem Lächeln verzogen. „Willst du nicht erstmal reinkommen? Dann gebe ich dir dein Smartphone und den Schal.“, versprach er. Doch sollte ich es wirklich wagen? Die Worte von Yosuke und Isha glitten mir durch den Kopf. Er sei gefährlich. Allerdings wusste ich mich zu verteidigen und würde nicht kleinbeigeben! Ich wendete meinen Blick also in die Wohnung und ging durch die Tür, nachdem er zur Seite getreten war. Es war sehr schlicht eingerichtet. Keine Farben, Bilder, Pflanzen. Einfach nur Möbel und Gebrauchsgegenstände. Kein Kitsch, Dekoration oder sonstiger Schnickschnack. Wie trist, dachte ich und ging einfach einige Schritte durch den Flur. „Möchtest du etwas trinken?“, fragte der Mann hinter mir und ich drehte meinen Körper zur Hälfe herum, um ihn anzusehen. „Ich hätte gerne meine Sachen zurück und dann würde ich gehen wollen.“, erklärte ich, dass ich auf solche Nettigkeiten keine Lust hatte. Dafür war ich nicht hier. „Wieso so in Eile?“, fragte er und lehnte sich mit verschränkten Armen an die Wand. Er sah gelassen aus, war nett und freundlich. Vielleicht hatten die Warnungen nur Vorurteile gestreut. Obwohl. Seine Handlungen unterstrichen seine Verdorbenheit. Er war ein Dieb! „Ich halte nichts von Dieben.“, antwortete ich hochnäsig und spürte plötzlich seine Hände an meinem Rücken. „Was?!“, keuchte ich und riss die Augen auf. „Bitte, bleib doch ein wenig.“, wisperte er mir zu und übte leichten Druck auf seine Hände aus, die mich näher zu ihm zogen. „Warum sollte ich?!“, fragte ich und stemmte meine Hände gegen seine Brust. Warum war er mir nun so nahe? „Ich will mich etwas mit dir unterhalten.“, überraschte mich seine Antwort und auch wenn meine Finger zitterten, löste ich den Druck. Konnte es möglich sein? War dieser Mann einsam? So einsam, wie ich es war. Hatte er niemanden mit dem er am Abend sprechen und gemeinsam Zeit verbringen konnte? Brauchte er, wie ich, jemanden zum Tanzen, wenn es nötig war? Wenn die Einsamkeit uns überschwemmte und drohte uns zu ersticken. „Über was willst du reden?“, fragte ich und sah ihm in die Augen, die leichte Überraschung ausstrahlten. So blutrotes Schimmern hatte ich noch nie gesehen. „Komm.“, bat er, nachdem er sich gefangen hatte und stellte sich hinter mich, nahm meinen Kragen in die Hände. „Darf ich dir den Mantel abnehmen?“ „Wie freundlich.“, grinste ich kurz und ließ mich aus den Ärmeln gleiten, nachdem ich den Reißverschluss geöffnet hatte. „Wie heißt du?“ „Alejandro.“, antwortete er und brachte meinen Mantel an der spärlichen Garderobe an, an der nur seine dicke, schwarze Jacke hing, die ich von gestern kannte. Ob die vom ersten Abend noch durchnässt war? „Und du?“ „Das geht dich gar nichts an!“, erwiderte ich patzig und brachte wieder Verwunderung in seine Augen. Was er wohl von mir dachte? Rügte ich mein Tun und gab dann nach. „Ich heiße Siakoh.“ „Das ist kein japanischer Name. Woher stammst du?“, war die nächste Frage, als er an mir vorbei ging und sich nervös die Hände rieb. Seine Aura schien zu wanken, worauf ich ab nun ein direktes Augenmerk haben würde. Nur weil er auf freundlich tat, musste das noch nichts heißen. „Ich stamme aus Neuguinea, daher mein Name.“, erklärte ich und folgte ihm. Wir kamen in ein Wohnzimmer, welches eine Zweisitzer Couch in Dunkelgrau und einen gleichfarbigen Sessel beherbergte. Auf dem Tisch stand eine Kanne mit schwarzer Flüssigkeit. Im Ernst? Selbst das war schwarz. Naja, hatte Kaffee eben so an sich. Was soll’s? „Ist Kaffee dir recht?“, fragte er und holte zwei Tassen von einem Regal, welches an der Wand hing. „Ja.“, antwortete ich und blieb stehen. Er kam zu mir, bot mir stumm die Couch an und schenkte mir dann die Tasse voll. „Woher stammst du? Alejandro ist auch nicht japanisch.“ „Setz dich.“ bat er mich nun noch verbal, weil ich stehen geblieben war. Wieso ich nachgab, wusste ich selbst nicht, doch ich ließ mich auf die Couch sinken und beobachtete, wie er sich direkt neben mir niederließ. Berührungsangst hatte er definitiv nicht. „Ich komme aus México. Genauer gesagt aus Yucatán.“ „Interessant.“, betitelte ich und nippte an dem Kaffee, während ich seinem Blick auswich und den Raum nach meinem Hab und Gut absuchte. Doch nirgends war etwas zu sehen. Das würde er wohl erst nach diesem Gespräch herausrücken. „Siakoh...“, hauchte er meinen Namen und ich wendete meinen Blick wieder zu ihm, als ich schon das Gleichgewicht verlor und nach hinten fiel. Die Tasse schepperte laut, als sie auf den Boden aufschlug. Doch das interessierte mich wenig, weil die roten Augen direkt vor meinen zum Stehen gekommen waren. Alejandros Körper war über meinen gebeugt und ich spürte seinen Atem an meinen Lippen, als seine Augen meine Hemmschwelle erforschten. „Was soll das?“, fragte ich kehlig. Er war so nah, dass mein Herz wie wild schlug. „Ich kann nicht mehr!“, raunte er und starrte mich fast leidend an. „Ich brauche dich!“ „Was?! Moment mal!“, protestierte ich und hob die Hände, welche er sofort packte und neben mir in den Stoff des Polsters presste. Ebenso drückte er mir seine Lippen auf die meinen und legte seinen Körper auf meinem ab. Meine Hände ballten sich zu Fäusten und ich versuchte mich zu befreien. Aber er war unglaublich stark. Außerdem spürte ich seine Leidenschaft, seine Nähe gab mir Wärme. Er gab mir etwas, was ich schon so lange ersehnte und ebenso lange nicht bekommen hatte. Leidenschaft und Zuneigung. Er wollte mich. MICH! Mein Widerstand löste sich auf und ich ergriff seine Hände mit den meinen. Seine Finger schlossen sich zwischen meinen und unsere Handballen pressten sich aneinander. Währenddessen erwiderte ich die Bewegungen seiner Lippen und öffnete meinen Mund, als er mir seine Zunge präsentierte. Mein Körper erzitterte, als sich unsere Zungen spielend aneinanderschmiegten. Etwas Heißes, Schwingendes glitt in mein Hirn und benebelte es. Was war das? Drogen? Egal. Ich wollte diese Gelegenheit, ein wenig meiner Einsamkeit mit einem anderen Einsamen zu teilen nicht verstreichen lassen. Auch wenn es gefährlich war und ich ihn gar nicht kannte. Es würde Glücksgefühle freisetzen und Spaß machen. Druck abbauen. Unser Atem wurde heißer, meine Zunge leckte über seine Unterlippe und ritzte sich an seinen spitzen Eckzähnen leicht auf. Ich schmeckte den eisernen Geschmack meines Blutes, welches ebenso schnell versiegte, wie es aufgetreten war. Doch die Kraft meines Gegenübers war erstaunlich und er riss mein Shirt hoch und zwang mich hinauszuschlüpfen. Halb nackt lag ich nun unter ihm und beobachtete, wie er sich zu meinen Brustwarzen beugte. Ich biss mir auf die Unterlippe und genoss das kribbelnde Gefühl, welches er in meinen Körper aussendete. Mein Rücken begann zu brennen, die Flügel drückten. So lange war es schon her. Ich sollte mir vielleicht öfter Spaß gönnen, meine Ausdauer hatte gelitten, was ich in meinem Schritt spürte. Die Hand meines Gegenübers glitt direkt auf die Beule, die sich in meiner Skinny Jeans gebildet hatte und knöpfte den Knopf auf. „Gefällt es dir?“, fragte er und leckte ein letztes Mal über meinen Nippel. „Ja.“, gestand ich schamvoll. Sein Körper war noch völlig bedeckt und ich empfand, dass es nun Zeit war, auch mir mal die Ware anzusehen. Ich hob also die Hände und strich, über seine Seiten das Shirt hinauf. Er erkannte, was ich wollte und zog sich das schwarze Shirt über den Kopf. Seine Muskeln waren seidig und seine Haut erschien fast wie Papier. Ich konnte nicht anders und legte meine Hände an seinen Bauch und die rechte Brust, an der ein Piercing seine zarte, rosa Haut der Nervenenden bekleidete. Außerdem hing ein großer kreuzförmiger Anhänger um seinen Hals, welchen er abnahm und neben uns auf den Tisch legte. „Warum legst du ihn ab?“, fragte ich, doch er antwortete nur mit einem Kuss, während er sich zwischen meine Beine drängte. Seine Hände ergriffen meinen Hosenbund, rissen diesen hinab und damit auch meine Shorts. In einem Ruck zog er mir die Hose von den Beinen, hatte für diesen Akt den Kuss gelöst und warf meine Stoffe einfach hinter die Couch. Er musterte meine Beine, strich hauchzart mit den Fingerspitzen über meine Schenkel, zog meine türkisen in Federform gehaltenen Yokaimale nach. „Du bist so schön!“, wisperte er und ließ mich kurz innehalten. Hatte er das gerade wirklich gesagt? „Und geil!“, grinste er und ergriff daraufhin mein steifes Glied. Ich zischte und griff an seine Hose. „Nicht so schnell. Ich will auch was sehen.“, schimpfte ich und zog den Gürtel auf, während er seine Finger nicht ruhen ließ. Doch sein Körper entglitt mir, bevor ich etwas befreien konnte, weil er sich hinabbeugte und seinen Mund um meine Eichel legte. Ich zuckte zusammen, wand mich und warf den Kopf zur Seite. Er war wirklich ohne jegliche Berührungsangst, pumpte meinen Schwanz während er ihn gleichzeitig lutschte wie ein Eis. Ich begann vor Erregung zu zucken, die Hitze schoss mir in den Kopf, meine Fingerspitzen kribbelten, während ich sie in seinem Haar vergrub. Das Klopfen meines Herzens wurde schneller und schneller. Was war das nur für ein Gefühl? Er gab mich wieder frei, wodurch ich matt und bis ans Äußerste erregt zusah, wie er seine Hose herunterzog und nicht einmal Shorts trug. Hatte er das alles etwa geplant? Egal, Siakoh, genieß es. Alejandro stand auf und zog seine Hose komplett aus, ergriff meine Hände und zog mich zu sich in den Stand. Seine Arme schlangen sich um mich, hielten mich liebevoll und unsere Erregungen berührten sich. Wir küssten uns, unsere Zungen tanzten. Es war fast unwirklich. Wir waren Fremde. Er ein Dieb, der meinen freundlichen Schutz vor dem Regen ausnutzte. Und ich? Ich war so einsam, dass ich mich ihm vor die Füße warf und mich von ihm gefügig machen ließ. „Hast du ein Kondom?“, fragte ich hauchend zwischen den Lippen. Er biss mir als Antwort leicht auf die Unterlippe, leckte das Blut ab und drängte mich dann zur Couch. Ich drehte ihm den Rücken zu, spürte seinen Bauch an meinem Hintern, während unsere Hände sich in die Couchlehne pressten. Seine harte Latte drückte sich an meinen Arsch, suchte die Öffnung und hinterging meine Erwartung eines sanften und vorsichtigen Eindringens. Mein Schrei schallte durch den Raum, weil er sich in einem Zug, in der kompletten Länge in mich gedrängt hatte. Es war schmerzhaft, riss mich auf. Meine Augenlider pressten sich aufeinander. Ich brauchte einen Moment, den er mir nicht gab. Meine Finger bohrten sich fester in den Stoff, sodass meine Fingerknöchel weiß hervortraten. „Au!“, zischte ich und spürte seine Lippen an meinem Ohr. „Verzeih!“, keuchte Alejandro und legte seine Hände auf meine. „Aber du machst mich ganz wirr.“, verteidigte er sich und rammte seinen Schwanz heftig in mein Fleisch. Ich brauchte einige Zeit, um mich daran zu gewöhnen, aber spürte dann die unglaubliche Befriedigung dieser Vereinigung. Er mochte es hart, was soll’s. Ich konnte es vertragen. Seine rechte Hand löste sich, legte sich an meine Hüfte, die andere folgte und er zog mein Becken immer dann zu sich, wenn er seines vordrückte. Das Gefühl wurde immer intensiver und ich schwitze bereits. Meine Knie zitterten, mein Orgasmus baute sich auf. Und gerade in dem Moment, als ich keuchend und hechelnd der Erlösung entgegensteuerte spürte ich einen heftigen Stich an meinem Hals. Ich riss die Augen auf und ahnte sofort, was er tat. Sein Oberkörper presste sich an meinen Rücken, sein Atem glitt schmatzend und zischend neben meinem Ohr, bevor meine Sicht langsam verschwamm. Der Schmerz, die Erlösung, das Kribbeln meines Rückgrates, war wie weggewischt. Wie das Opfer einer Giftschlange konnte ich mich nicht mehr rühren. Als wäre meine Wahrnehmung mittels Fernbedienung auf Pause gestellt worden, durchlebte ich die liebevollsten und wärmsten Gefühle, die ich je verspürt hatte. Wie im Schoß meiner Mutter oder als ich der warmen Sonne durch das grüne Blätterdach des Dschungels zugesehen hatte. Erst als sich seine Lippen von meinem Hals lösten, ich die spitzen Zähne nicht mehr spürte, ging mein Leben weiter. Genau an der Stelle, an der es geendet hatte und ich bemerkte seine Bewegungen, die uns in die Erlösung katapultierte. Er fing meinen Saft mit seiner rechten Hand auf, entzog sich mir und griff sofort zu seinem Shirt, welches er als Handtuch missbrauchte. Mein Körper brach auf der Sitzfläche zusammen, gönnte sich nur wenige Momente des Genusses, bis ich mich wieder aufsetze. „Du hast mich gebissen, du Arsch!“, beschimpfte ich ihn und griff mir an den Hals. Ich blutete, was sich durch kleine Rinnsale an meinem Schlüsselbein offenbarte. „Du schmeckst wie das Paradies!“, keuchte er schlicht und war wie weggetreten. Sein verschmiertes Gesicht wurde von der Hand bedeckt, mit der er mein Sperma aufgefangen hatte. Es war so pervers, wie es faszinierend war. Seine Augen starrten auf einen Punkt, doch sie sprühten plötzlich vor Funkeln und das hatte ich ausgelöst. Es war wegen mir so. Doch ich würde nicht länger hierbleiben. Ich hatte die Gefahr gespürt, den Schmerz. Ebenso die Erlösung, die ich bitter nötig gehabt hatte. Es war genug der Ausflüge. „Kann ich nun mein Handy und den Schal haben? Ich will nach Hause und duschen.“, brummte ich und stand auf um meine Hose zu suchen und hineinzusteigern. „Du gehst?“, fragte er verwundert und stieg in seine Shorts. Doch er schien wackelig, fast verwirrt. Ob es ihm gut ging? „Natürlich!“, bekräftigte ich und zog mein Shirt über. „Es war nett mit dir, aber nun her mit meinen Sachen!“, befahl ich und hob meine Hand zu ihm. Er schien kurz erstarrt und geriet dann doch endlich in Bewegung. Aus einer Schublade, eines Schrankes holte er mein Smartphone und den Schal. Letzteren führte er an seine Nase und zog daran. War er ein Freak? Langsam wurde es unheimlich. Doch das Tropfen an meinem Hals zog die Aufmerksamkeit auf sich. Ich brauchte ein Pflaster. Als er mir die Dinge übergab, schlang ich den Schal um meinen Hals und stopfte das Smartphone in meine Hosentasche, bevor ich zum Flur ging und meinen Mantel nahm. Aus irgendeinem Grund hatte ich es nun eilig. Ich wollte weg und spürte doch etwas, was dies nicht wollte. Es war eigenartig. Aber... Mein Blick flog zu ihm. Er schien dem Höhenflug jäh entkommen und eine Bruchlandung zu fliegen. Das Sprühen war verglommen, wie der Funke einer erloschenen Kerze. War ich daran schuld? Kapitel 6: Der Geschmack des Paradieses (Alejandro) ~ by PoG ------------------------------------------------------------ 6 Der Geschmack des Paradieses (Alejandro) by PoG Ich fuhr bester Stimmung mit meinem Beutestück nach Hause. Wieder einmal jegliches Tempolimit missachtend schaffte ich die Strecke in der Hälfte der Zeit. Die Pflege meiner Lady musste heute ausnahmsweise ausbleiben. Ich hatte wahrlich Wichtigeres zu tun. In meiner Wohnung angekommen und meiner Motorradsachen entledigt, setzte ich mich nur in Shorts bekleidet an meinen Schreibtisch, kramte nach einem passenden Kabel und schloss mein Beutestück mittels USB-Anschluss an den PC an. Ich wollte gerade die Software zur Umgehung des Passwortschutzes starten, als ich feststellte, dass das Display weder per Passwort oder Muster noch anderweitig gesichert war. Mein Vögelchen, das müsste ich dir aber noch beibringen. So unvorsichtig mit seinen Daten umzugehen ist riskant. Wenn das Smartphone dann in falsche Hände geriet, konnte derjenige damit so einiges an Schwierigkeiten provozieren. Vor lauter Neugier wusste ich nicht, wo ich beginnen sollte. Ob ich erst seine Apps ansehen oder in seinen Kontakten suchen oder direkt auf die Chatnachrichten klicken wollte? Oder wären die Fotos die bessere Wahl? Ich war aufgeregt wie ein kleines Kind, was tat dieser Yokai bloß mit mir? Ich beschloss mir erstmal einen Überblick zu verschaffen, also öffnete ich seine Apps. Bis auf ein paar Sprachprogramme fand ich allerdings nur die üblichen, vorinstallierten Applikationen. Also wieder ein Fehlschlag. Da mir seine Kontakte nicht viel bringen würden, ohne deren Hintergründe zu kennen, beschloss ich nun also mit den Chat Nachrichten zu beginnen. Leider war auch hier die Ausbeute sehr gering lediglich ein Name fiel mir auf. Es gab einen Chat-Verlauf, der unter dem Pseudonym “Mein Hübscher” eingespeichert war. Was hatte das zu bedeuten? War mein Vögelchen etwa vergeben? Allein der Gedanke an diese Möglichkeit, brachte meinen Puls zum Rasen und ich ballte unwillkürlich meine Hand zur Faust. Wenn dem so wäre, dann würde ich den Kerl schon aus dem Weg schaffen. Niemand sollte sich zwischen den Yokai, der jetzt schon mein Leben so sehr beherrschte und mich stellen. Aber vielleicht steigerte ich mich auch zu sehr in die Sache hinein und es gab eine harmlose Erklärung dafür?! Als ich auf den Button zum Öffnen der Nachrichten klicken wollte, zögerte ich, sollte ich wirklich so weit in seine Privatsphäre eindringen? Würde er mir das verzeihen, wenn er es herausfände oder hätte ich mich soweit im Griff, dass ich, im Falle einer unschönen Entdeckung, meine Beherrschung nicht verlieren würde und es ihm somit unter die Nase riebe, dass ich geschnüffelt hatte. Mein Finger schwebte kreisend über den Button, sollte ich oder sollte ich nicht? Ich konnte mich einfach nicht entscheiden. Würde er es verstehen? Was würde er dann von mir denken? Was sollte ich nur tun? Frustriert fing ich an durch seine Fotos zu scrollen. Was ich sah waren viele Aufnahmen aus der Natur, aber auch einige Gebäude, die definitiv nicht in Tokyo standen. Er hatte Talent für das Zusammenspiel von Licht und Farben. Doch was mich am meisten freute war, dass es dort einige Bilder meines liebsten Vögelchens gab. Er stand in verschiedenen Outfits und Posen vor dem Spiegel und hatte sich so fotografiert. Besonders gut gefiel mir allerdings eine andere Aufnahme von ihm, in einer engen schwarzen Leggins, welche durch einen Glitzer-Kimono seinem üblichen, auffälligen Kleidungs-Stil angepasst worden war. Ein besonders appetitliches Detail war, dass der Kimono nur sehr locker von einem Gürtel gehalten wurde und somit den Blick auf seinen nackten Oberkörper freigab. Wie gerne würde ich meine Finger über diese Muskeln gleiten lassen und mit den zwei zierlichen Perlen an der Brust spielen. Aber das war nicht der einzige Grund, warum mir das Foto es so angetan hatte. Auf dem Bild stand er wie eine Ballerina auf dem linken Bein, das andere im ca. 135°-Winkel gehoben und bis zu den Zehen durchgestreckt, etwas nach vorne gebeugt und streckte seine Arme mit gespreizten Fingern wie Flügel nach hinten oben in die Luft. Es schien als würde er jeden Augenblick wegfliegen wollen. Dieses Bild war für mich die Quintessenz dessen, was mein Vögelchen ausmachte, faszinierend schön, elegant und ständig in Bewegung, so dass es schwer war ihn zu fassen. Ich war sofort hin und weg und musste dieses Bild unbedingt haben, also schickte ich es mir auf mein Handy. Ein weiteres Foto fiel mir nur wenige Scrolls weiter ins Auge. Es war eine Portraitaufnahme, ein Selfie, welches mein Vögelchen auf einem roten Sofa liegend und mit schmollend vorgeschobenen Lippen zeigte. Was mich an dem Bild jedoch fesselte, waren nicht seine sinnlichen Lippen, sondern seine stechenden, gelben Augen, die so intensiv in die Kamera blickten, dass ich das Gefühl bekam, er würde mich direkt ansehen. Sag mir, Vögelchen, was soll ich tun, damit du bald mir gehörst? Nachdem mir die Bilder keine weiteren Hinweise lieferten, außer darauf, dass mein Vögelchen wohl gerne tanzte, was mir auch der Verlauf seiner Suchanfragen bestätigte, gelangte ich wieder an den Punkt, mich entscheiden zu müssen, wie weit ich mit meiner Recherche gehen sollte. Ich wollte mein Vögelchen nicht gegen mich aufbringen, aber ich musste doch etwas herausfinden, damit wir uns bald wiedersehen konnten. Es immer nur dem Zufall oder der möglichen Fügung des Schicksals zu überlassen machte dauerhaft keinen Sinn. Also überwand ich meine Hemmungen und betätigte den Button, um den Chat zu öffnen. Ich bereute es sofort, denn was ich dort las machte mich so verzweifelt und wütend, dass ich das Handy am liebsten in die Ecke gepfeffert hätte. Da es jedoch nicht mein Eigentum war, schmiss ich es nur auf die Couch und warf ein Kissen darüber. Ich wollte nichts mehr mit ihm oder dem verdammten Teufelsteil zu tun haben. Seufzend barg ich meinen Kopf in den Händen und machte mich so klein, wie es ging. Wie grausam konnte das Schicksal sein, dass jemand, der mein Leben so auf den Kopf stellte, für mich so unerreichbar war? Könnte ich mich verlesen oder es missinterpretiert haben? Langsam und vorsichtig, als würde ich mich einer giftigen Schlange nähern, zog ich das Smartphone wieder hervor und las den Chat mit „seinem Hübschen“ erneut. Zwang mich ruhig zu bleiben und Wort für Wort neutral durchzugehen. Am Ende bestand kein Zweifel, mein Vögelchen hatte Interesse an dem „Hübschen“ und flirtete mit ihm. Letzterer schien nicht ganz so überschwänglich, erwähnte des Öfteren einen Kusuri, aber gänzlich abgeneigt schien auch er nicht von MEINEM Vögelchen. War der Hübsche vielleicht vergeben und betrog seinen Partner mit ihm? Bei diesem Gedanken fasste ich neuen Mut, denn ich hätte definitiv noch eine Chance. Mein Vögelchen verdiente es auf Händen getragen zu werden und ich würde ihm beweisen, dass ich der Richtige dafür wäre. Ich wusste, dass ich besser für ihn wäre als der andere. Schneller als gedacht, nämlich schon am nächsten Vormittag sollte ich dazu die Gelegenheit bekommen. Ich saß frisch geduscht und nackt zum Trocknen an meinen Schreibtisch und arbeitete an einer Softwarelösung für eine Sicherheitslücke bei einem meiner Kunden, als ich ein Auto vor dem Haus halten hörte. Der abgehackten Fahrweise nach zu urteilen, war der Fahrer entweder ein Fahranfänger, in Eile oder wütend. Als dann auch noch Schritte auf das Haus zu stapften und mir sein Geruch, durch das offene Fenster in die Nase wehte, wusste ich genau wer da ankam. Ein kurzer Blick raus bestätige meine Annahme und mein Herz begann freudig zu Klopfen. Er war hier! Er war tatsächlich gekommen! In wahnsinniger Eile sprang ich auf, lief ins Bad, parfümierte mich schwungvoll und daher wohl etwas zu intensiv ein und schlüpfte schnell in eine schwarze Cargohose. Auf dem Weg zur Tür streifte ich mir noch ein enges, schwarzes T-Shirt über und betätigte dann den Summer, um die Tür zu öffnen und meinen Überraschungsgast hineinzulassen. Graciás a Dios, hatte ich mein Chaos der letzten Tage beseitigt und konnte ihn auch tatsächlich in meine Wohnung bitten. Was er wohl von mir und meiner Einrichtung halten würde? Wo kam denn jetzt so ein Gedanke her? Normalerweise ging es mir doch auch am Arsch vorbei, was andere über mich dachten. Nur bei ihm, war es mir irgendwie wichtig, dass er ein gutes Bild von mir hatte. Sein Geruch wurde intensiver, als er das Haus betrat und mir wurde etwas schwummerig, als er nach meiner Begrüßung die Stufen hinab kam. Nein, schwebte. Er strahlte Kraft, Eleganz, aber auch… Abscheu und Unsicherheit?! aus. Seine geschmeidigen Bewegungen ließen den Tänzer in ihm erahnen und ich war wie gebannt, bis mein Blick den seinen traf. Er hatte eine undurchdringliche Miene aufgesetzt und seine Augen funkelten wütend. Er forderte seine Sachen ein und wollte gleich wieder gehen, aber das konnte ich nicht zulassen. Ich musste die Gelegenheit nutzen, ihn so lange es ging bei mir behalten. Ich wollte ihn, der mich so sehr beschäftigte, kennenlernen. Zu meinem Glück, ließ er sich darauf ein und stolzierte erhobenen Hauptes durch den Flur in meine Wohnung, wobei er alles musterte. Wie befürchtet schien er nicht allzu angetan zu sein. Ich musste ihn ablenken, damit er blieb und ich noch mehr von seinem Duft inhalieren konnte. „Möchtest du etwas trinken?“, fragte ich ihn und musste daran denken, wie gerne ICH jetzt etwas getrunken hätte. Aber noch mehr wollte ich ihm nah sein. Er verneinte dies und forderte erneut seine Sachen, um zu gehen. Das wäre äußerst kontraproduktiv, aber wenn ich es überstürzte, würde ich ihn damit nur in die Flucht schlagen. Das durfte nicht sein, also verschränkte ich die Arme und lehnte mich ein Stück von ihm entfernt an die Wand, um mich von Dummheiten abzuhalten und erkundigte mich nach dem Grund. Seine Antwort und die Arroganz, die er dabei an den Tag legte, ließen mich meine guten Vorsätze kurz vergessen. Er durfte mich nicht abweisen. Als schoss ich vor und legte ihm meine Hände auf den Rücken, womit ich ihn sichtlich überrumpelte. Dios mío, diese Nähe zu ihm… Mein Körper lechzte nach ihm und so erniedrigte ich mich zum Bitten, während ich gleichzeitig mehr Nähe forderte. Überraschender Weise ließ er sich darauf ein, so dass ich ihn aus meiner Umarmung erlöste und ihm, um ihm wieder mehr Freiraum zu gewähren, den Mantel abnahm. Gerade als ich dachte, dass er sich mir öffnete, wollte er doch nichts mehr von sich preisgeben. Mein Vögelchen schien sehr misstrauisch zu sein. So ganz anders, als bei unserer ersten Begegnung. Was war nur mit seiner naiven Offenheit passiert? Er schien auf der Hut zu sein. Ob er von jemandem gewarnt worden war? Diesem Schweine-Hunde-Yokai vielleicht? Wir Vampirfledermäuse genossen auf Grund unserer Ernährungsweise keinen guten Ruf und nur die wenigsten Yokai, gaben sich die Mühe uns näher kennenzulernen. Daher schlossen sich die meisten in großen Verbänden zusammen und blieben, bis auf Mahlzeiten, lieber unter sich. Umso mehr hatte mich die Freundlichkeit meines Vögelchens erfreut. Und ich wollte sie zurückgewinnen. „Ich heiße Siakoh.“, nannte er mir seinen Namen und ich überlegte, woher der Name käme. Er klang exotisch, spannend und aufregend verheißungsvoll. Siakoh, mein Vögelchen, mit dem Duft nach heißen Dschungelnächten und würzigem Männerschweiß. Mein Verlangen nach seiner Nähe wurde stärker, aber ich versuchte mich zurückzuhalten, um nicht alles kaputt zu machen und erstmal eine Vertrauensbasis zu schaffen. Also fuhr ich mit dem Smalltalk weiter fort, konnte es mir aber nicht verkneifen seine Nähe zu suchen. Er wirkte immer noch verunsichert und wie auf der Flucht. Aber er durfte nicht gehen. Das konnte ich unmöglich zulassen. Er wollte nicht hier sein, dass spürte ich. Aber, dass er dennoch blieb, musste einen Grund haben. Sollte ich einen Vorstoß wagen oder würde er mich wegschubsen? Wenn er die Wohnung jetzt verließe, würde ich ihn verlieren. Das spürte ich einfach! Er durfte mich nicht einfach verlassen … Ich… „Siakoh…“, kam es unabsichtlich aus meinem Mund und ich beugte mich zu ihm vor. Musste es einfach tun… Wollte ihn kosten, ihn spüren. Aber durfte ich das wirklich? Ließ er es zu? Vergraulte ich ihn damit womöglich endgültig? Hatte ich bereits zu viel kaputt gemacht? Seine Tasse fiel zu Boden, aber Dios mío, seine Wärme, sein Herzschlag, sein rauschendes Blut und dieser… Duft… dieser alles verdrängende, süchtig machende Duft. Ich stöhnte innerlich zum Zerbersten gespannt auf. Ich war jetzt schon wie im Rausch und bekam auch seine fragenden Worte nur noch am Rande mit. Ich verlor mich in der Wolke seines ganzen Seins, wollte ihn mit all meinen Sinnen ergründen. Nicht wollte. Musste es einfach. Es fühlte sich an, als hinge mein Leben davon ab. „Ich kann nicht mehr! Ich brauche dich!“, gurrte ich ihn heiser an. Er wollte mich abwehren, aber dafür war es längst zu spät. Er hatte mich zu nah an sich herangelassen und meine Gier damit freigesetzt. Egal, was er nun versuchen würde, es gab kein Zurück mehr. Er hatte mir gezeigt, dass auch ich ihn nicht kalt ließ. Die Luft zwischen uns knisterte nicht mehr nur. Es war ein wahres Feuerwerk. Also setzte ich ihn fest und zeigte mit allem, was ich hatte, was ich wollte: IHN! So wie er war. Einfach nur ihn! Mein Vögelchen! Seinen Körper, sein Blut und seine Seele! Ich wollte ihn besitzen und ihn glücklich machen. Ihm sollten meinetwegen Flügel wachsen und er sollte fliegen! Frei sein, um zu mir zurückzukehren und bei mir sein zu wollen. Er sollte mit mir und durch mich die höchsten Höhen erreichen, so dass er nie wieder sein Strahlen aus den Augen verlöre. Das Gefühl, als er seinen Widerstand aufgab und meine Leidenschaft erwiderte war unglaublich. Es war die Erfüllung meines nie gekannten Traumes. Ich war im Rausch. Hatte das Gefühl nie wieder aufhören zu können, diesen Yokai zu küssen und zu liebkosen und gleichzeitig wuchs das Verlangen nach mehr. Ich wollte ihn! Als er sich dann auch noch seine Zunge verletzte und einige wenige Tropfen seines Blutes die meine benetzten, war es vollends um mich geschehen. Ich brauchte ihn und seinen Körper. Den Hautkontakt, die Wärme, die Nähe. Also zog ich ihm das Oberteil aus und verwöhnte seine Brustwarzen, was ihm, der wachsenden Erregung in seiner Hose nach zu urteilen, auch sehr gefiel. Trotzdem wollte ich sicher gehen und fragte ihn danach. Sein Anblick unter mir war einfach atemberaubend. Noch nie war ich so erregt und es viel mir zusehends schwerer mich zu beherrschen und zurückzuhalten. Als Siakoh… selbst seinen Namen zu denken, war erregend, wenn ich daran dachte, dass es bedeutete, dass wir uns näher waren, als ich es mir in der kurzen Zeit unserer Bekanntschaft jemals erträumt hätte …mich meines Shirts entledigte, fiel mir das Kreuz ein, welches ich dringend ablegen musste, bevor es noch sündiger zwischen uns hergehen würde. Siakohs Frage nach dem Grund meiner Handlung überging ich, da ich noch nicht bereit war, ihm dieses intime Detail preiszugeben. Er sollte nicht mit meiner dunklen Seite konfrontiert werden. Mein innerer Dämon würde sich ihm schon noch früh genug offenbaren und ihn womöglich von mir stoßen. Das Hier und Jetzt wollte ich genießen und beileibe tat ich es. Völlig unbekleidet lag mein Vögelchen vor meinen Augen und offenbarte mir, was nicht jeder auf dieser Welt sehen durfte. Seine Yokaimale standen in einem wunderschönen Kontrast zu seiner Haut und wie er so da lag, war er für mich eines Engels gleich. Es konnte keinen schöneren Mann auf der Welt geben. In meiner Verzückung entwich mir dieses Kompliment und ich war ein wenig peinlich berührt, weswegen ich es mit einem Grinsen überspielte, seine unübersehbare Geilheit ansprach und mich seines harten Schwanzes annahm. Er versuchte sich meiner Kontrolle zu entziehen und ich aufhören ihn zu verwöhnen, sondern im Gegenteil, ich wollte ihn spüren lassen, wie sehr mir gefiel, was wir hier taten und wie gut ich es mit ihm meinte. Wollte alle seine Zweifel aus dem Weg räumen, damit er sich vollends auf mich einließ. Ich verwöhnte ihn mit einer Leidenschaft mit dem Mund, wie ich es bisher noch bei keinem anderen getan hatte. Niemals hatte es mir solch eine Freude und Befriedigung verschafft, das Zucken, Stöhnen und Winden meines Gegenübers zu erfahren. Es erregte mich fast ebenso sehr, wie ihn. Ich leckte, saugte und liebkoste ihn mit meiner Zunge, den Lippen und den Händen. Wollte ihn in die höchsten Höhen treiben, doch als seine Erregung immer heftiger wurde und er auch einen immer intensiveren Duft verströmte, hielt ich es nicht mehr aus. Ich musst ihn einfach einnehmen. Für mich beanspruchen. Er sollte mein werden. Nach einem Kuss, in den ich noch einmal all meine Zuneigung und Bewunderung für ihn legte, musste ich die Frage nach einem Kondom einfach ignorieren. Ich konnte jetzt nicht aufhören, um so ein nerviges Teil zu suchen und um ehrlich zu sein, wollte ich auch keines benutzen. Ich wollte ihn spüren, Haut an Haut, echt und pur, so wie er war. Zur Ablenkung biss ich ihn kurz und wollte ihm den Schmerz nehmen, in dem ich die Stelle leckte. Leider hatte ich meine Kraft unterschätzt und es blutete leicht. Der erneute Geschmack seines Blutes, ließ mich vollends die Kontrolle verlieren. Die Gier übernahm und ich bugsierte ich ihn zur Couch, beugte ihn über die Lehne und wollte zärtlich und sanft in ihn Eindringen. Doch das Gefühl ihn unter mir zu spüren, wie meine Härte zwischen seinen Arschbacken entlang glitt und von diesen leicht massiert wurde, war einfach zu viel für mich. Hätte ich noch eine Sekunde länger gezögert, wäre ich vor Lust zersprungen. So eroberte ich ihn in einem heftigen, erlösenden Stoß und konnte nicht aufhören in ihn zu gleiten. Es tat mir leid, aber ich wusste nicht mehr, was ich tat. Sein Druck, den ich um mein Glied spürte, lies mich erbeben und vernebelte mir völlig meinen Verstand. Sein Zucken wurde immer heftiger und vor unbändiger Lust gepackt, rammte ich meine Zähne in seine vor Anstrengung pulsierende Halsschlagader. Ich trank. Saugte. Schluckte. Und schmeckte. Ich schmeckte. Es war einfach unglaublich. Nie in meinem gesamten Leben hatte ich Vergleichbares gekostet. So musste für die Ahnen meines Landes, die Mayas, tchocolatl, der Trank der Götter, geschmeckt haben. Es war süß, wie Honig, aber tausendmal intensiver, salzig, wie das Meer, erfrischend, wie die Nancefrucht aus meiner Heimat, war es leicht säuerlich, aber sehr belebend und anregend metallisch, gepaart mit männlichem Moschus. Ich konnte regelrecht fühlen wie sich mein Körper daran labte und ein nie gekanntes Glücksgefühl ließ mich mein Tempo noch einmal steigern. Mit meiner Hand rieb ich Siakohs Schaft und brachte uns beide zum Höhepunkt. Sein Saft klebte an meinen Fingern. Einen Teil davon streifte ich an meinem T-Shirt ab, aber ich konnte es mir nicht verkneifen auch diese Flüssigkeit von ihm zu probieren. Roch und leckte an meinen Fingern. Noch nie hatte mir der Samen eines Mannes so gut geschmeckt. Selbst diese leicht salzige Flüssigkeit, hatte einen Hauch von seiner lieblich-süßen Erscheinung. Es war phantastisch. Paradiesisch. Nie wieder wollte ich von jemand anderem Trinken. Noch nie hatte ich mich so gut, glücklich und rundum zufrieden gefühlt. Wäre mein Tierwesen eine Katze gewesen, hätte ich wohlig geschnurrt. Jäh wurde ich aus meinem Glück gerissen, als ich sah, dass Siakoh sich anzog und seine Sachen verlangte. Er wollte gehen? Wieso blieb er nicht? Zum ersten Mal in meinem Leben, wollte ich nach dem Sex und Essen nicht beten. Ich fühlte mich nicht schuldig. Ich wollte mehr von seiner Nähe, ihn im Arm halten. Es war mir unverständlich, aber ich wollte tatsächlich schlicht und ergreifend kuscheln. Woher kam denn dieses, für mich absolut untypische, Bedürfnis? Völlig in Gedanken zog ich mir meine Boxershorts an und wurde noch einmal hart auf den Boden der Tatsachen geworfen. Er verlangte energisch seine Sachen, sagte mir, dass es NETT?! gewesen sei und ließ mich, nachdem ich ihm seinen Kram gegeben und zuvor noch ein letztes Mal den Duft seines Schals genossen hatte, einfach stehen und ging. Ich stand wie vom Donner gerührt einfach da und konnte es nicht fassen. Da hatte ich das unglaublichste Erlebnis meines Lebens und er fand es nur NETT?! Er ging?! Er verließ mich?! Was hatte ich nur getan? Hatten die Schuldgefühle bisher gefehlt, so schlugen sie nun mit doppelter Wucht auf mich ein. Wie von einem Hieb in den Magen getroffen, klappte ich keuchend nach vorne. Schlang die Arme um mich und brach langsam in die Knie. Ich hatte ihn vertrieben. Mit meiner verdammten Gier überfordert. Concho, ich hatte, ohne sein Einverständnis von ihm getrunken. Ich umschlang meine Knie mit den Armen und wiegte mich zur Beruhigung vor und zurück. Ich hatte ihn verloren. Das würde er mir niemals verzeihen. Ich selbst würde es mir nicht verzeihen können. Noch nie hatte ich mich selbst so sehr gehasst. Verzweifelt griff ich nach meinem Rettungsanker. Dios mío, mi Padre, lo siento!! Bitte vergebt mir und sagt mir, was ich tun soll. Tränen vergoss ich keine, zu fassungslos war mein Geist, zu gequält meine Seele und zu befriedigt mein Körper. Ich kippte zur Seite und blieb, wie ein Fötus zusammengerollt liegen. Das Kreuz fest an meine Brust gepresst. Würde ich ihn jemals wiedersehen? Kapitel 7: Biss (Siakoh) ------------------------ 7 Biss (Siakoh) Ich musste so schnell es ging ein Pflaster finden, denn diese verdammte Wunde an meinem Hals, die dieser Irre mir zugefügt hatte, wollte sich einfach nicht schließen. Nicht einmal meine gute Yokai-Selbstheilung verhalf ihr dazu, endlich zu versiegen. Mein Shirt war bereits komplett rot unterlaufen. Wenn mich so jemand auf der Straße sehen würde, würden sie mich für einen Verrückten halten. Somit zog ich meinen blauen Mantel enger um meinen Hals und ebenso den Schal. Sollte er eben besudeln, seufzte ich. Die Reinigung würde das bestimmt rausbekommen. Ich lenkte den Wagen zu der nächstbesten Apotheke, rutschte dabei immer wieder unangenehm auf meinem Hinterteil herum. Dieses Arschloch! Er hatte mich einfach so genommen und das so unsanft, dass ich es sicher noch bis morgen früh spüren und nicht sitzen könnte. Zum Glück hatte ich heute Abend frei! Ein warmes Bad würde mir vielleicht guttun, aber das ging nur, wenn das Blut aufhörte wie ein Wasserfall aus meinem Hals zu laufen. In der Apotheke beäugte mich die junge Frau hinter dem Tresen. Dieser Blick ihrerseits war mir für gewöhnlich willkommen. Die Japaner standen auf blondes Haar. Meines war dazu noch etwas besonderer, mit den bronzenen Enden. Doch heute war es mir unangenehm. Es war, als würde sie durch meine Erscheinung sehen können, was ich vor wenigen Minuten getrieben hatte. Ich hatte mich diesem Idioten hingegeben. Ihn traf also nicht die ganze Schuld, rügte ich mich, als ich aus der Apotheke ging und vorsichtig auf den Sitz des Wagens rutschte. Bloß keine Flecken hinterlassen! Isha würde toben, wenn ich seinen Wagen besudelte. Langsam startete ich den Motor und fuhr in meine Wohnung, in der ich mich entkleidete und duschte. Einerseits war diese unendliche Befriedigung durch den “Vampir” eine willkommene Abwechslung. Ich hatte meinen Druck abgebaut und auch dem Frust ein Ventil gegeben. Niemals würde ich Yosuke bekommen und das war auch in Ordnung so. Doch wann war ich an der Reihe, einen netten Mann zu treffen, der mir die Welt zu Füßen legte? Wieso musste ich immer an diese Männer geraten, die einen anderen liebten oder zu feige waren oder irgendwelche Irren, die einem einfach so ihren Schwanz in den Allerwertesten rammten und noch dazu das Blut leer saugten. Vorsichtig strich ich über die Bissstelle und zuckte so stark zusammen, dass ich in die Hocke gehen musste. Wie ein Blitz durchzog mich ein warmes und berauschendes Gefühl. Vom Hals direkt in mein Herz und von dort aus in jede meiner Gliedmaßen. Es war unglaublich belebend. Ob ich mal nachforschen sollte und den Grund dafür herausfinden? Lag es an einem Gift, welches er übertragen hatte? Oder einer Art Youki? Nach der Dusche trocknete ich mich ab und bemerkte immer noch den Blutfluss. Selbst das Pflaster brachte keine Linderung, welches nach nur 10 Minuten durchtränkt war. Langsam geriet ich in Panik und schritt durch meine Wohnung, drückte mir ein Handtuch an den Hals und überlegte. Sollte ich Yosuke fragen, ob er mir half? Mein Blick glitt zu meinem Smartphone, dass auf einem Tisch lag und unheimlich wirkte. Er hatte es ebenso berührt wie mich. Es war irgendwie schmutzig. Stell dich nicht so an, du Diva, schimpfte ich mich selbst und schreckte jäh zusammen, als das Kleingerät plötzlich erleuchtete und begann meinen Lieblingssong zu spielen. Ein Bekannter hatte ihn für mich aufgespielt und sich herzlich darüber lustig gemacht, dass ich eine Techniknull war. Langsam ging ich auf den Tisch zu und lugte zunächst nach der Nummer und dem Namen, der mir angezeigt wurde. Sicher hatte dieser Typ meine Nummer geklaut! Doch zu meiner freudigen Überraschung war es Yosuke und ich ging direkt dran. “Mein Hübscher, schön, dass du mich anrufst.” “Hey, Sia.”, begrüßte er. “Geht es dir gut? Ich dachte du meldest dich, wenn du das Auto bekommen hast und zurück in Tokyo bist?!” “Oh, entschuldige.”, stotterte ich kurz. Das hatte ich ja ganz vergessen. “Ich hatte etwas Dringendes zu erledigen.” “Ich merk’s.”, brummte er nun und mir fiel es wie Schuppen von den Augen. “Du hast dein Smartphone wieder.” “Ja.”, gab ich zu. “Der Dieb hat es mir freiwillig zurückgegeben.”, log ich und rieb die schmerzende Bissstelle. “Geht es dir gut?”, fragte er und ich schloss die Augen. Mensch, Yosuke, du wusstest einfach zu gut über mich Bescheid, selbst im Unwissen. “Es ist vielleicht eine Kleinigkeit passiert.”, gestand ich und setze mich auf die Sessellehne. “Was?”, setze er mich sofort und mit strenger Stimme fest. “Soll ich vorbeikommen?” “Nein schon gut! Es blutet nur etwas.”, nuschelte ich und schob die Knie aneinander. “Komm sofort her! Kusuri soll dich heilen.” “Nein! Von dem Kerl lass ich mich sicher nicht befummeln!”, schnappte ich ein und hörte ihn Knurren. “Will ich wissen, wie es zu dem Blut kam?!”, fragte er erbost. “Ich komme vorbei.”, versprach ich und legte schnell auf. Wenn Yosuke sauer war, wollte ich sicher nicht, dass er hier vorbei schneite. Lieber selbst in die Höhle des Löwen spazieren, als den Löwen als neuen Bewacher und Bodyguard haben. Obwohl? Vielleicht wäre das gar nicht schlecht. Hör auf zu träumen, schollt ich mich und stand auf, zog Schuhe und einen haselnussbraunen Trenchcoat an, stieg wieder in den Wagen und fuhr zum Anwesen der Ishas. Noch bevor ich aus dem Auto gestiegen war, öffnete sich die Wagentür und die schokoladenbraunen Augen mit dem Silberstreif sahen mir entgegen. Er scannte mich und zog die Augenbrauen zusammen. “Schön dich zu sehen, mein Hübscher.”, begrüßte ich ihn und lächelte freundlich, hielt ihm die Hand hin, damit er mir hinaushelfen konnte. “Spar dir das, Siakoh!” erwiderte er angespannt und nahm doch meine Hand, um mir zu helfen, schob mich aus dem Türbereich und schlug diese direkt hinter meinem Hinterteil zu. “Rein mit dir!” “Oh wow. Ich will nicht in Emikos Haut stecken, wenn sie von ihrem ersten Date nach Hause kommt.”, machte ich einen Scherz, der wie ein Bumerang zurückkam. “Hattest du denn ein Date?”, erfasste er und ich war alarmiert. Seine Nase verriet ihm vielleicht mehr, als ich wörtlich preisgegeben hatte. “Würde dich nichts angehen.”, wendete ich mich ab und nahm die Flucht nach vorn. Ich war so ein Blödmann! Doch wenn Yosuke noch mehr bohren würde, dann wüsste er nur, was er schon riechen konnte. Also trugen mich meine Schritte direkt die kleine Treppe hinauf zur Haustür, in der Isha bereits stand und wartete. Sein fieses Schmunzeln hätte ich ihm am liebsten weggewischt, doch ich war selbst schuld. Warum hatte ich mich auf diese Sache eingelassen? Warum hatte ich mich diesem schwarzen Typen hingegeben? Weil ich es nötig gehabt hatte... Ich hatte nach Nähe gelechzt und von ihm bekommen. Auch wenn es grob war, löste allein die Erinnerung daran einen Schauer der Erregung in mir aus. Er hatte genau gewusst, was er tun musste, um mein Maximum herauszuholen. Es hatte mir gefallen und das trieb mir nun die Scham in die Wangen. “Kannst du mir helfen?”, fragte ich und presste meine Hand auf eine dicke Kompresse, die ich im Auto neu angelegt hatte, weil das Handtuch zu erschreckend ausgesehen hätte, um damit vor Yosuke zu treten. “Komm herein!”, bat Isha und führte mich in die Küche. Emiko saß dort und las etwas, während sie Kopfhörer trug und damit Musik hörte. Ihr Blick hob sich zu mir und sie freute sich mich zu sehen. Ihr Gold strahlte, wie eine blank geputzte Medaille. “Salut, ma Chérie.”, begrüßte ich sie auf Französisch, da sie mit ihrer Schönheit locker mit den adretten Mädchen einer Privatschule Frankreichs mitthalten konnte. “Hallo, Siakoh!”, strahlte sie und wurde dann von ihrem Großvater gebremst. “Er braucht eine Behandlung. Willst du etwas lernen?” “Ja, Oji!”, rief sie wie eine kleine Soldatin und ich verengte die Augen “Du willst sie zuschauen lassen?” “Und erklären wie Komori sich ernähren, ja.”, erläuterte Kusuri und ich hörte Yosuke knurren. “Beruhige dich, Yosuke.”, bat Kusuri und zog den Küchenstuhl zurück, um ihn mir darzubieten. Emiko entledigte sich ihrer Ablenkungen und setze sich so hin, dass sie alles beobachten konnte. Ich gab mich geschlagen und ließ mich matt auf den Stuhl sinken, zuckte zusammen und erntete einen finsteren Blick meines besten Freundes, der die Arme verschränkt hielt und wie ein erwachter Vulkan nur darauf wartete auszubrechen. “Wie kam es zu dieser Verletzung?”, fragte Kusuri und bedachte Emiko mit einem Blick genau zu lauschen. “Ich holte mein geklautes Smartphone zurück und wurde gebeten etwas Blut zu spenden. Nichts weiter.” “Wie ritterlich.”, schnaubte Yosuke und wenn er so weiter machte, würde ich bald ausrasten. Wieso spielte er sich wie mein Beschützer auf, wenn er mich doch nicht als Mann, sondern nur Freund wollte? “Er hat dich also nett darum gebeten?”, fragte Kusuri überrascht und zog die Kompresse von meinem Hals, schmiss sie ins Waschbecken und nahm sich ein Küchentuch, um damit das Blut fort zu wischen. “Unsaubere Bissspuren. Sieht eher nach einem Überraschungsangriff aus. “Ja, er hat freundlich gefragt!”, hielt ich an der Lüge fest und presste die Augen zusammen, als ich die Berührungen des Arztes an der Wunde spürte. Wieder durchzuckten mich diese Blitze. Ich biss mir auf das innere Fleisch meiner Unterlippe. Niemand musste das sehen. “Bei der Wunde werde ich nicht viel machen können.”, seufzte Kusuri dann hinter mir und ich öffnete meine zusammengekniffenen Augen, um zu Yosuke zu sehen, der fragend zu seinem Ehemann sah. “Warum, Oji?”, fragte Emiko neugierig und stemmte ihre winzigen Hände an meine Schulter, um sich die Wunde genau anzusehen. Es war irgendwie grotesk, dass ein kleines Mädchen Gefallen daran fand. “Komori müssen ein Antigerinnungsmittel in ihre Opfer spritzen, um das Blut einnehmen zu können. Draculin, wird dies genannt. Es geht recht schnell, bereits beim Biss, und macht das Blut flüssiger, so dass es leichter zu konsumieren ist.”, erklärte dieser Bastard auch noch genaustens. Ich lauschte und war irgendwie zu einem Versuchskaninchen geworden. “Wie lange hält das an?”, fragte Yosuke und ich wurde hellhörig. “Bis zu zehn Stunden. Deshalb blutet er auch noch so stark. Es wird selbst unter uns Yokai etwas dauern, bis sich die Wunde schließt.” “Wow, Oji! Das ist wirklich interessant!”, strahlte Emiko und ich sah zu, wie Isha eine frische Kompresse aus dem Küchenschrank holte und diese dann an meinem Hals anbrachte. “Du solltest die Nacht hier verbringen, Siakoh.”, bat Yosuke und sah zum Fenster hinaus. Es dämmerte. Wann war so viel Zeit verstrichen? “Nein, ich will nach Hause!”, brummte ich beleidigt und stand auf. “Danke, Isha!” “Nicht der Rede wert.”, grinste er düster. Dieser Sadist hatte es genossen mir diese Infos aufs Brot zu schmieren! “Dann fahre ich dich.”, entschied Yosuke und ging bereits zur Küchentür hinaus. “Viel Spaß!”, klopfte Isha mir auf die Schulter und sah dann zu Emiko. “Alles abgespeichert? Dann sag Siakoh auf Wiedersehen.” “Tschüss, Siakoh!” verabschiedete sie sich und drückte mich leicht, bevor ich trottend zum Wagen ging. Das konnte heiter werden. Zunächst schwieg Yosuke und ich beobachtete seine angespannten Finger, die das Lenkrad bearbeiteten. Immer wieder veränderte er die Abstände dazwischen, wodurch sich die Sehnen unter der Haut bewegten. Er haderte, kämpfte um Haltung und versuchte die richtigen Worte zu finden. “Mach dir bitte keine Sorgen um mich, Yosuke.”, bat ich und bekam augenblicklich seinen Blick geschenkt. Wir mussten ohnehin gerade an einer Ampel stehen. Ein gut gewählter Moment meinerseits, denn wenn es mir zu bunt wurde, würde ich einfach aussteigen und laufen. “Ich habe dir angeboten mitzukommen. Dann hätte er dich nicht verletzt.”, brummte er zähneknirschend. “Warum denn? Es ist mir doch nichts weiter passiert.”, versuchte ich es runterzuspielen und hörte das Knacken seiner Fingerkapseln. “Nichts?!”, zischte er. “Und warum windest du dich auf diesem Stuhl, als wäre dein Hintern versohlt worden?”, griff er mich wissend an. “Entschuldige! Aber ich weiß genau, wie man aussieht, wenn man es etwas härter abbekommen hat, als man es verträgt!” “Aha?!”, schnappte ich ein, verschränkte die Arme ineinander und funkelte ihn genau an. “Und selbst wenn, dann würde es dich nichts angehen!” “Wenn es um dein Wohl geht schon!” “Ach und warum?”, spuckte ich ernst aus. “Weil du nun doch zu mir kommst und mein Partner wirst?” Seine Augen weiteten sich zum Schock und das grüne Licht der Ampel brach sich in dem silbernen Streif. Die Autos hinter uns würden hupen, wenn er nicht anfuhr, was er instinktiv tat und weiterfuhr. Sein Blick war starr auf die Straße gerichtet. “Ich will dich auch als Freund schützen. Kannst du das nicht verstehen?”, fragte er nun mit einer ruhigen Tonlage. “Doch!”, gab ich zu und schloss gequält die Augen. “Aber ich will nicht länger allein sein!” “Du bist nicht allein!”, wollte er mir weißmachen und ich lachte auf. “Nur weil du und der Arzt da sind, eure süße, kleine Prinzessin?”, fragte ich lachend. “Ihr könnt mir des nachts auch nicht geben, wonach ich mich verzehre.” “Aber warum ein Komori? Dieser? Er scheint nicht auf dich zu achten.” “Das war nur etwas Einmaliges und ich leichtsinnig, weil meine Wünsche überwogen.”, versicherte ich und sah das Wohnhaus, in dem meine Penthaus-Wohnung war. “Wirklich?”, fragte mein bester Freund und lenkte den Wagen auf den Parkplatz vor dem Haus. Sein Blick traf mich und ich erwiderte ihn. “Ich wünsche mir jemand Besseren für dich.” “Nur du wärst der Beste für mich.”, schmunzelte ich und streichelte seine Wange. “Mach dir keine Sorgen. Ich passe auf mich auf. Und wenn ich doch Angst bekomme, rufe ich dich!” “Bitte!”, bat er darum und legte seine Hand auf meine, bevor ich sie ihm entzog und ausstieg. “Danke fürs Fahren, mein Hübscher.” winkte ich noch und schlug die Tür zu. Oben angekommen stöhnte ich genervt aus. Dieser Hölle war ich noch einmal davongekommen und somit würde ich mich nun endlich auf die Couch bequemen und meinem geschundenen Hinterteil etwas Ruhe gönnen, wartend darauf, dass die Wunde aufhörte zu bluten. Also ging ich in mein Schlafzimmer, welches das schlichteste meiner Zimmer war. Hier stand ganz clean mein großes Bett, ein begehbarer Schrank, der fast genauso groß war wie der Schlafraum selbst und alle meine Schätze beherbergte. Nur ein riesiges Bild über dem Bett, zeugte von etwas Farbe. Und nicht wenig davon. Es war ein Bild aus den Tiefen des Dschungels. Farne, bodenüberwuchernde Wurzeln und Moos, egal in welche Ecke des Bildes man sah. Es hatte etwas Düsteres, ebenso wie es die aufregendsten Dinge zu erhaschen gab. Irgendwie war es wie dieser Typ. Alejandro. Er war düster und doch bekam ich das Gefühl nicht los, dass mehr dahintersteckte. Ob auch in ihm etwas zu finden, zu erhaschen war, was man auf dem ersten Blick nicht ahnte? Naja egal! Ich hatte mein Hab und Gut wieder, würde nicht mal mehr in die Nähe seiner Wohnung gehen. Wer wusste, was er sonst mit mir anstellte? Am Ende war ich noch blutleer und ein gewisser Wolf im Kittchen, weil er meinen Tod rächte. Das konnte ich seiner kleinen Prinzessin nicht antun! Ich zog mich aus und schlüpfte in einen seidenweichen, Petrol farbigen Kimono. Nur meine Shorts kleideten meine intimste Körperstelle und zusammen mit meinen Hausschuhen ging ich auf einem Umweg in die Küche, direkt auf meine antike Couch zu. Hier im Wohnzimmer war die Farbenpracht geradezu ausgebrochen. Pflanzen türmten sich hier und ich brauchte fast 5 Liter Wasser, zweimal die Woche, um alle zu bewässern. Antike, dunkelholzige Möbel mit roten Polstern hier und da, begleiteten das Bild. Eine technische Sache hatte auch ich nie verneinen können und das was der Fernseher. Filme und Musik zu hören war eines meiner liebsten Hobbys und so suchte ich nun auf einem der Streamingdienste nach etwas Brauchbaren. Das Vibrieren meines Smartphones weckte meine Aufmerksamkeit und ich beugte mich zum kleinen Nebentisch, wodurch mich ein Stich durchfuhr, weil ich die Wunde am Hals reizte, doch diesen unterdrückte ich. Mein Blick flog zu dem Benachrichtigungsbalken, der mich auf einen Chat von Yosuke und mir verwies. Ich öffnete die Benachrichtigung und las seine Nachricht. Er bat mich noch einmal eindringlich darum, ihn zu kontaktieren, wenn dieser Typ mich belästigte. Ach, irgendwie war er schon süß, mein Hübscher, kleiner, unerreichbarer Liebling. Als ich den Chat verließ, fiel mir jedoch ein neuer Chat auf und ich zog das Display näher vor mein Gesicht. “Was zum?!”, murmelte ich und klickte den Chat mit meinem Finger an. Dort war nichts geschrieben. Nur eine Nachricht, das Versenden eines meiner Tanz-Portraits, welches ein berühmter Fotograph ganz exklusiv für mich gemacht hatte, war dort aufgeführt. Und es war von MEINEM an SEIN Smartphone gesendet worden. “Dieser Schuft!!”, schrie ich auf und stemmte meine Beine auf, wodurch ich meiner Wut in strammen Schritten durch mein Wohnzimmer, bis hin zum Fenster, Luft machte und hinaus auf die unzähligen Lichter der Stadt starrte. “Der hat sich einfach meine Bilder angesehen!”, erfasste ich mit lauter Stimme und stampfte einige Male wild auf, was ich gleich bereute. Mein Arsch tat weh! Nun wusste er also von meiner größten Leidenschaft. Was er wohl dachte, seufzte ich und starrte vom Fenster auf meine Dachterrasse. Es war mir normalerweise nicht peinlich, wenn man mich beim Tanzen beobachtete. Es war ja meine Passion, meine größte Leidenschaft und ich war nicht umsonst so erfolgreich damit gewesen. Aber, dass er es wusste, bereitete mir ein ungutes Gefühl. Ich hob das Smartphone erneut an und sah auf den Chat. Auf seinem Profilbild war etwas zu sehen was ich kannte. Sein Motorrad. Schwarz so wie er seine Kleidung und Einrichtung wählte. Er war so ganz anders als ich. Dunkel und trist. Kein Paradiesvogel so wie ich. Dennoch reizte es mich meine Wut an ihm auszulassen. Wegen ihm hatte ich so viele Fragen und Wut von Yosuke über mich ergehen lassen müssen. Zudem der Schmerz meiner Wunde und meines Hinterns. Es wäre schon gut, wenn er sich wenigstens dafür schämte und vielleicht änderte er seine Vorgehensweise für andere! Es wäre eine Lektion in Sachen Erziehung! Also atmete ich einmal tief ein, setze mich wieder auf meine Couch und nahm zuerst einen Schluck Rotwein aus meinem Glas. Was sollte ich ihm schreiben?, überlegte ich und lehnte mich zurück. Nach einigen verworfenen Ideen blieb ich bei einer hängen und schrieb ihm: “Hey, du Blutsauger! Das nächste Mal, wenn du jemanden zum Futtern suchst, halte dich an eine nette kleine Regel: Fragen kostet nichts! Und sei sanfter! Mir tut nun alles weh!” Es war sanfter, als ich es vorgehabt hatte, aber es würde genügen, um seinem Schuldgefühl auf die Sprünge zu helfen. Ich schmiss mein Smartphone neben mich und ließ mich auf die andere Seite der Couch fallen, schob die Beine ebenso auf die Sitzfläche und kauerte mich leicht zusammen. Warum hatte ich ihm nun auch noch geschrieben? Folterte ich mich sofort mit dem Versenden dieser Nachricht. Was hatte mich nun dazu getrieben ihn belehren zu wollen? War er denn nicht erwachsen und alt genug, selbst zu wissen, ob das gut oder schlecht war, was er da getrieben hatte? Außerdem war ich ja sogar selbst schuld und einvernehmlich mit ihm zusammengekommen. Der Sex war nicht der Schlechteste, den ich gehabt hatte und hatte seinen Nutzen erfüllt. Seit Ewigkeiten hatte ich mich innerlich nicht mehr so leicht gefühlt. Meine Flügel so stark nach außen drängen gespürt. Ein verdammtes und hinterhältiges Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Wer weiß, für was das heute gut gewesen war? Vielleicht war dies nun endlich das Ende des freien Falls, meiner Beziehungen. Nun war vielleicht endlich meine Zeit gekommen und morgen würde mir ein netter Mann vor die Füße fallen, der mein Leben auf den Kopf stellt. Alejandro hatte mir vielleicht den Boden der Tatsache gezeigt. Und von diesem Boden konnte es nur noch bergauf gehen. Weit hinauf, so weit wie mich meine Flügel tragen konnten. Kapitel 8: Beobachtung (Alejandro) ~ by PoG ------------------------------------------- 8 Beobachtung (Alejandro) - by PoG Wie es meiner Natur entsprach, musste ich nach dem Essen schlafen. Was ich normaler Weise durch Gebet und Sport hinauszögerte, folgte direkt im Anschluss nach meinem kleinen Nervenzusammenbruch. Als ich erwachte, gähnte ich herzhaft und streckte meine Glieder. Wieso lag ich nochmal auf dem harten Boden? Nachdem diese Frage mir im Dämmerzustand durch den Kopf ging, war ich mit einem Schlag hellwach und mir wurde kotzübel, als mir wieder klar wurde, dass ich Siakoh durch meine Natur wohl gründlich von mir vergrault hatte. Mein Blick viel auf mein Handy… Wie gerne hätte ich ihn angeschrieben. Seine Nummer hatte ich ja, dadurch dass ich mir das wundervolle Bild von ihm schickte. Auch er hatte meine Nummer, da ich den Nachrichtenverlauf absichtlich nicht gelöscht hatte. Aber ob er diese Option nach dem heutigen Desaster noch wählen würde? Ich bezweifelte das stark. Ich wollte mich bei ihm melden und ihm sagen, wie leid es mir täte und dass er mich einfach verrückt machte, aber wenn ich je noch eine Chance haben wollte, musste ich ihm wohl etwas Zeit lassen, sich zu erholen. Außerdem hätte ich auch nicht gewusst, wie ich beginnen sollte. Ich schämte mich viel zu sehr, um ihn nun so einfach zu belästigen... Ob es ihm gut ging? Er fehlte mir jetzt schon. Seufzend nahm ich mein Smartphone zur Hand und warf einen Blick auf das Bild. Es faszinierte mich unglaublich. Nicht nur, dass er es war, der darauf tanzte, sondern auch die Energie, Kraft und Schönheit, die diese Pose ausstrahlte. Kurz entschlossen, machte ich ihn zu meinem Hintergrund für Start- und Sperrbildschirm. So hätte ich ihn wenigstens immer bei mir, auch wenn wir uns nie wiedersähen. Was war nur mit mir los? Ich war doch eigentlich kein schnulziger Softie, der jammerte und sich in den erstbesten Typen verknallte, der ihm über den Weg lief. Aber da ich mich nun mal benahm, wie ein verliebtes Schulmädchen, musste es wohl so sein. Meine Gefühle und meine Besessenheit von ihm gingen doch weit über den reinen Blutdurst hinaus. Sonst hätte meine Sehnsucht nach ihm spätestens jetzt gestillt sein müssen. Aber dem war nicht so. Ganz und gar nicht. Ich brauchte einen Plan, wie ich ihn zum einen wiedersehen und zum anderen ihn vor allem für mich gewinnen könnte. Mit dem Blick auf mein neues Hintergrundbild und Siakohs Suchverlauf im Hinterkopf, reifte ein Plan heran. Ich würde seine Aufmerksamkeit bekommen, indem ich ihn imitierte. Durch geschmeidige Bewegungen würde ich mich direkt in sein Herz tanzen. So wie er es auch bei mir getan hatte. Blieb nur ein Problem… Ich hatte noch nie getanzt und wusste daher nicht, wie man das anstellte. Aber sagte man nicht immer Südamerikaner hätten Rhythmus im Blut?! So schwer konnte es also nicht werden. Hoffte ich. Ich brauchte Platz, Spiegel und eine Kamera, um mir ansehen zu können, was ich da verzapfte und mich hoffentlich zu verbessern. Dios mío, hoffentlich kam niemand auf die Idee durch mein Fenster zu sehen. Ich müsste ihn dann wohl umbringen… Um Platz zu schaffen schob ich den Esstisch an die Wand und stellte die Stühle darauf. Der Couchtisch landete neben dem Sofa und der Sessel wiederum neben dem Tisch. Einen Teppich besaß ich nicht, also hatte ich jetzt eine in etwa 12 qm große, freie Fläche. Nicht ideal. Aber besser als nichts. Spiegel besorgte ich mir aus dem Bad und dem Schlafzimmer und stellte sie links und rechts in die Ecken. Mit der Kamera, für die ich zum Glück in einer nächtlichen, sinnlosen Shoppingaktion ein Stativ gekauft hatte, bildete ich so ein überwachtes Dreieck, mit dem ich mich eigentlich aus allen Blickwinkeln betrachten können müsste. Das Setup stand also, dann fehlte jetzt nur noch die Musik. Meine übliche Musik fiel dabei wohl eher aus... Siakoh wirkte nicht wie jemand, den man mit Rock, Hardrock oder Metal, hinterm Ofen hervorlocken könnte. Ich überlegte krampfhaft, was zu tun wäre und beschloss eine simple Suche in meiner Suchmaschine zu starten: “Songs to say sorry” eingetippt, bekam ich dutzende Treffer, von denen mir einer direkt ins Auge sprang. Von Cher “If I could turn back time” und passend dazu ein Dance-Workout. Besser ginge es doch gar nicht. Das wäre doch der ideale Anfang, um Siakoh zu sagen und zu zeigen, wie leid es mir täte. Wenn er mir dazu noch einmal die Chance gäbe. Ich spielte das Video zweimal ab und versuchte mir dabei die Bewegungen gut einzuprägen. Danach stellte ich mich in mein improvisiertes Tanzstudio und übte die Choreografie. Es klappte recht gut und trotzdem dämmerte es bereits, als ich mit meiner Performance zufrieden war. Völlig verschwitzt beschloss ich nach dem gefühlt tausendsten Durchgang aufzuhören. Ich besah mir noch einmal die letzte Aufnahme und fand nichts mehr auszusetzten. Diesmal stimmte alles, Timing, Mimik, Gestik und Choreografie. Erschöpft lehnte ich mich auf dem Schreibtischstuhl zurück und mein Blick fiel auf das kleine, viereckige Gerät, dass mir den Grund präsentierte, warum ich das alles tat. Die Benachrichtigungs-LED blinkte und kündigte mir eine neue Chatnachricht an. Ich entsperrte den Bildschirm und traute meinen Augen nicht. Mein Vögelchen hatte mir geschrieben. Ich hatte Siakohs Nummer unter diesem Pseudonym eingespeichert, nachdem ich mir das Bild geschickt hatte. Freudig erregt, dass er sich überhaupt meldete, aber auch unsicher, was er mir wohl geschrieben hatte, öffnete ich den Chat per Klick auf das Symbol. Dort stand: “Hey, du Blutsauger! Das nächste Mal, wenn du jemanden zum Futtern suchst, halte dich an eine nette kleine Regel: Fragen kostet nichts! Und sei sanfter! Mir tut nun alles weh!” Ein riesiger Felsbrocken fiel von meinem Herzen. Es waren zwar nicht die freundlichsten Worte, aber ich hatte mit deutlich Schlimmerem gerechnet. Denn er hatte ja vollkommen recht mit dem, was er mir schrieb. Ich hätte ihn fragen sollen, bevor ich von ihm trank und ich hätte definitiv vorsichtiger mit ihm umgehen müssen. Es war einfach mit mir durchgegangen und um ehrlich zu sein, kannte ich auch nur die schnelle, einseitige Befriedigung. Mein erstes Mal war mit einem alten und gerupft wirkenden Yokai meiner Spezies. Der mich zunächst abfüllte und sich dann mehr oder weniger einfach meinen Schwanz in den Arsch schob und mich ritt, bis er sich auf meinen Bauch ergoss. Danach rollte er sich schnaubend von mir runter und fiel in einen Koma ähnlichen Schlaf, während ich mich angewidert reinigen ging. Das erste Mal, dass ich Sex auch mit der Nahrungsaufnahme verband, war als ein Junkie mich um eine Dosis meines Giftes anbettelte und mir seinen Körper als Bezahlung anbot. Für uns beide ein befriedigendes Erlebnis. Allerdings für mich weniger berauschend, als schlicht notwendig, um Bedürfnisse zu stillen. Das, was heut mit Siakoh lief, war eine ganz andere Hausnummer und mit nichts zu vergleichen, was ich bisher erlebt hatte. Nicht nur, dass das Erlebte so viel intensiver, schöner und besser war, als alles mir bisher Bekannte. Es waren auch ganz andere Gefühle daran beteiligt. Es ging mir das erste Mal nicht nur um mich, sondern ich wollte, dass auch er kam und sich gut fühlte. Und dabei hatte ich völlig versagt. War viel zu voreilig vorgeprescht und hatte die Kontrolle verloren. Ob es am zu großen Hunger lag oder daran, dass ich ihn soo sehr wollte?! Ich wusste es nicht, aber es tat mir leid und ich bereute es. Ich sollte meine Gier mit meinen fast 500 Jahren doch eigentlich kontrollieren können. Aber an sich war das nie notwendig gewesen, schlicht und einfach, weil sie mir bisher nie sonderlich ausgeprägt erschien. Siakoh hatte recht. Das nächste Mal würde ich fragen, das nächste Mal wäre ich sanfter. Ich würde lernen mich zu beherrschen. Für ihn, denn ich würde keinen anderen Yokai und kein anderes Blut mehr anrühren. Auch wenn es melodramatisch klang, so hatte ich das Gefühl lieber elendig verhungern zu wollen, als dass auch nur ein Tropfen anderes Blut meine Lippen benetzen sollte. Wer einmal das Paradies gekostet hat, wer würde dann schon freiwillig auf Fertigfraß oder Billignahrung umsteigen? Aber was sollte ich ihm antworten? Wie ihm mitteilen, dass es mir leidtäte, ohne dass ich mich zum absoluten Volldepp machen würde. Oder war es am Ende genau das, was er benötigte, um mir noch eine zweite Chance zu geben? Mein Blick fiel auf den Bildschirm vor mir. Sollte ich ihm das Video einfach schicken und ihm zeigen, was ich für ihn eingeübt hatte? Mhmmm... Ich speicherte die Datei unter dem Namen “Lo siento, Siakoh” als komprimierte mp4 - Version auf dem kleinen Gerät, war aber immer noch unsicher. Am Ende entschied ich mich dagegen. Ich wollte ihm es nicht zeigen, tanzen würde ich erst dann für ihn, wenn er vor mir stünde. Wenn ich ihn im Anschluss daran auffordern könnte mit mir gemeinsam zu tanzen. Dafür benötigte ich jedoch noch ein wenig mehr Zeit. Und einen Tanzpartner und Lehrer, der mir zeigte, wie es richtig ging. Ich würde privaten Tanzunterricht nehmen und dann würde ich ihn auffordern mit mir zu fliegen. Dios mío, bitte hilf mir, dass mein Plan aufgeht. Doch erstmal musste ich ihm eine Antwort senden und ihn irgendwie gnädig stimmen. Durch Zufall fand ich ein süßes Fledermaus-GIF, welches eine animierte Fledermaus mit großen Kulleraugen und Schmollmund zeigte. Das war perfekt. Er müsste bestimmt Lachen und seine Augen hätten endlich wieder das schöne Strahlen von unserer ersten Begegnung an Stelle des bösen Funkelns der letzten Male. Nur als ich seine stahlharte Latte mit meinem Mund bearbeitet hatte, war das Funkeln dem Strahlen gewichen, welches jedoch eher einem fiebrigen Glanz glich als dem freundlichen Leuchten seiner liebevollen Augen. Wie sehr ich dieses Strahlen doch wiedersehen wollte oder überhaupt etwas von ihm. Burro!, schimpfte ich mich, dass ich nicht in seiner Navigationsapp geschaut hatte, wo er wohnte. Es war einfach viel zu viel in den letzten Tagen passiert. Mein Gehirn funktionierte nicht gewohnt präzise und ich machte dumme Fehler. Gut, dass ich mir zu Zeit selbst frei gegeben hatte, so würde keinem Kunden mein desolater Zustand auffallen. Es war an der Zeit für ein klein wenig Ernsthaftigkeit und Konzentration. Ich streckte mich einmal kurz durch und fing dann an Befehle in den PC zu jagen. Keine drei Minuten später hatte ich meinen Zugang zum Einwohnermeldeamt genutzt und ihn anhand seines zumindest in Japan außergewöhnlichen Vornamens gefunden. Seine Adresse und die dazugehörige Appartement Nummer. Das große PH ohne Zahl verriet mir, dass ich heute Abend meine Flügel brauchen würde, hatte mein Vögelchen, ganz arttypisch, sein Nest doch an der höchsten Stelle des Baumes, nämlich in Form des Penthauses seines Wohngebäudes. Er wohnte gar nicht weit weg. Mein Vögelchen, war mir so nah und doch so fern. Das musste ich ändern. Ich zog mich also schnell an. Wobei ich mich diesmal wärmer einpackte. Die Luft draußen roch nach Schnee und auch wenn dieser in der Stadt nur selten liegen blieb, so sanken doch die Temperaturen empfindlich ab. Das hieß ich zog mein Thermo-Laufoutfit unter die übliche schwarze Cargo und einen ebenfalls schwarzen Pullover mit Rollkragen. An meiner gefütterten Lederjacke brachte ich noch das nette Gimmick an, was der Grund gewesen war sie zu kaufen. Ein abnehmbarer grau melierter Kapuzenschal. Dicke Skisocken komplettierten das warme Ensemble. Also schlüpfte ich nur noch in die schweren Biker-Boots und Handschuhe und verließ Wohnung und Haus. Draußen war es tatsächlich schon deutlich kälter geworden und so zog ich mir die Kapuze über und marschierte in Richtung des Wohnhauses von Siakoh. Vor dem Haus blieb ich stehen und ließ meinen Blick die Fassade hinaufwandern. Ganz oben saß mein Vögelchen im Nest. Ob er wohl auf eine Antwort von mir hoffte? Wie sollte ich mich unauffällig nähern?! Um tatsächlich einfach zu fliegen, war es zu kalt und außerdem wohnte Siakoh in einer recht belebten Straße, so dass die Gefahr entdeckt zu werden, nicht gerade gering wäre. Mir kam eine andere Idee und ich trat an die Tür und klingelte willkürlich bei verschiedenen Wohnungen, wobei ich mich an der Gegensprechanlage als Fahrradkurier mit dringender Lieferung ausgab. Es dauerte ein paar Anläufe, bis mir jemand öffnete und ich somit das Haus betreten konnte. Als ich drin war, sog ich die Luft ein und versuchte einen Duftspur von Siakoh zu erhaschen, aber scheinbar war gerade frisch gewischt worden, so dass ich außer beißenden Chemikalien nichts riechen konnte. Brav zog ich meine Schuhe aus und schlich in Socken, die Schuhe in der Hand tragend, zum Aufzug. Es sollte keiner wissen, dass ich hier war, also ließ ich die Besucherpantoffel unbeachtet. Der Lift brachte mich, wie gewünscht, in den vorletzten Stock, wusste ich doch nicht, ob das Penthaus über einen direkten Zugang in die Wohnung verfügte und ich war mir sehr sicher, dass mein Vögelchen gar nicht erfreut darauf reagiert hätte, wenn ich plötzlich mitten in seinem Zuhause gestanden hätte. Die letzte Etage erreichte ich also über das Treppenhaus und sah, dass ich Glück hatte. Es führten weitere Stufen nach oben in Richtung Dach. Wie in den meisten Hochhäusern, würde sich hier oben wohl die Mechanik des Aufzugs und etliche Ab- und Frischluftrohre befinden. Die Tür war, wie in solchen Gebäuden üblich, eine Brandschutztür und mit der Alarmanlage gekoppelt. Wenn man wusste wie, war es jedoch ein leichtes das Auslösen auch ohne Schlüssel zu umgehen. Man musste nur an zwei Stellen die Kabel ziehen und schon ließ sich die Tür unbemerkt öffnen. Ich tat dies, zog mir die Schuhe wieder an, trat hinaus und ließ sie leise wieder ins Schloss fallen. Gespannt schritt ich auf die Kante der Erhöhung zu und blickte hinab auf eine Dachterrasse, wie sie größer und gestylter nicht hätte sein können. Gleichzeitig stand einiges an Deko-Objekten herum, vorzugsweise Figuren nackter Männer. Ich musste leise auflachen, als ich daran dachte, wie ich auch nur für eine Sekunde in Erwägung ziehen konnte, dass Siakoh auf Frauen stehen könnte. Was mir gefiel, waren die vielen Pflanzen, die nun für den Winter alle verhüllt in warmer Jute, auf den Frühling warteten. Besonders fiel mir dabei eine große Pavillon ähnliche Laube in der hinteren rechten Ecke der Terrasse auf, die ebenfalls abgehängt war. Im Sommer konnte man dort bestimmt wunderbar liegen und gemeinsam sinnliche Nächte verbringen. Sollte ich es schaffen, mein Vögelchen, für mich zu gewinnen, würde ich das definitiv ausprobieren wollen. Die Vorstellung ihn hier draußen zu nehmen und es die ganze Welt wissen zu lassen, dass er zu mir gehörte, erregte mich sehr. Aber zunächst musste ich dafür sorgen, dass Siakoh auch tatsächlich MEIN Vögelchen wurde. Ich ließ mich also nieder und robbte vorsichtig bis zur Kante des Daches, um mich dann kopfüber vom Dach hängen zu lassen und in seine Wohnung zu schauen. Meine Sachen rutschten nach und setzten die Haut meines Rückens somit der eisigen Luft aus, aber das war mir egal. Ich hatte ihn gefunden. Mein Vögelchen, Siakoh, lag auf einem dunklen, mit rotem Samt bezogenem Sofa, das mir bekannt vorkam und schaute fast genau in meine Richtung. Zu meinem Glück schien er sehr gebannt von etwas im Fernsehen. Jetzt war also die Gelegenheit ihm zu antworten und dabei live seine Reaktion verfolgen zu können. Allerdings musste ich dafür meine Hände frei haben und mich gleichzeitig vom Dach baumeln lassen. Das funktionierte so nicht. Also zog ich kurzerhand meine Oberbekleidung aus und ließ meine Schwingen erscheinen. Es bestand zwar die Möglichkeit gesehen zu werden, aber die Wahrscheinlichkeit war doch recht gering, hier oben würde mich schon keiner beobachten. Außerdem, wie sagte man so schön. No risk, no fun. Es war etwas schmerzhaft, aber auch unglaublich befreiend, meine Flügel endlich mal wieder auszustrecken. Wann hatte ich mein Youki das letzte Mal so aufwallen lassen?! Ich konnte es beim besten Willen nicht mehr sagen. Ich stieß mich kurz vom Dach ab und schwebte eine Runde über das Haus, um mich dann seitlich an der Mauer zu positionieren, so dass ich einen guten Blick auf ihn hatte, Siakoh mich aber nicht versehentlich sah. Ich zückte mein Smartphone und schickte ihm das GIF. Gerne hätte ich noch eine Nachricht hinzugefügt, aber mir fehlten einfach die Worte. Also hoffte ich, dass ihm dieses Bild alles sagen würde, was ich nicht konnte. Dass es mir leidtäte, dass ich bereute und mich schämte und dass ich hoffte, er gäbe mir, nein uns noch eine zweite Chance. Sein Blick zeigte jedoch nicht ganz die gewünschte Reaktion. Er schmunzelte zwar etwas und besah sich das Bildchen mehrmals, aber das Strahlen seiner Augen blieb verschwunden. Ich musste mir etwas einfallen lassen. Nur was? Grübelnd beobachtete ich ihn weiter. Konnte einfach nicht aufhören ihn anzusehen, obwohl er nichts weiter tat, als dazusitzen und fernzusehen. Jede noch so kleine Geste, jedes Zucken seiner Mundwinkel und jeden Laut von ihm wollte ich aufnehmen und nichts verpassen. Langsam begann ich zu zittern und wusste, dass ich mich wohl anziehen sollte, aber ich konnte mich einfach nicht von seinem Anblick lösen. Seinen sinnlichen Lippen, die immer wieder unbewusst seine Finger streiften, wenn ihn etwas besonders zu fesseln schien. Ich war wie hypnotisiert, gefangen in seinem Bann. Erst als er aufstand und im Bad verschwand, welches ich zu meinem großen Bedauern nicht einsehen konnte, schaffte ich es mich zurück aufs Dach zu begeben und mir meine Sachen überzuwerfen. Dabei lauschte ich angestrengt jeder noch so kleinen Bewegung aus Siakohs Richtung. Die restliche Nacht verlief ruhig. Siakoh war, nachdem er aus dem Bad kam, in sein Bett geschlüpft und schlief nun. Aber scheinbar, war es kein erholsamer Schlaf. Er wälzte sich immer wieder unruhig hin und her und seine Augen flatterten des Öfteren. Ob er noch Schmerzen hatte? Zumindest stöhnte er beständig und verzog gequält das Gesicht. Ich konnte mir das nicht mehr mit ansehen und wäre am liebsten geflohen, um nicht ertragen zu müssen, dass ich ihn so leiden ließ. Gleichzeitig, wollte ich zu ihm schlüpfen, um ihn zu umsorgen, ihm meine Lie… Moment?! War ich wirklich soo weit, dieses Wort zu benutzen? Nein, oder? Wir kannten uns doch kaum, da konnte ich doch nicht an dieses mir nur aus Erzählungen bekannte, mächtige Gefühl denken?! Die ganze Nacht hing ich klischeehaft wie mein Tierwesen kopfüber vom Dach und betrachtete seine schlafende Gestalt. Als sein Wecker klingelte schlug Siakoh die Augen auf und ich konnte seine Morgenroutine, angefangen bei dem ersten schlurfenden Gang zur Kaffeemaschine und ein paar sehr appetitlichen Dehnübungen vor dem Spiegel beobachten. Mit seinen verwuschelten Haaren und den leicht übernächtigten Augen sah, er so süß, unschuldig und ein bisschen hilflos aus, dass ich mich zwingen musste, nicht ans Fenster zu klopfen und um Einlass zu bitten. Ich war fasziniert von ihm und konnte meine Augen nicht abwenden. Alles was er tat sprühte vor Eleganz und seine Geschmeidigkeit, verlieh selbst den einfachsten Bewegungen die Anmut eines Tanzes. Als er dann in gedeckteren Farben bekleidet, aus dem einzigen „Raum“ ohne Fenster kam. Ahnte ich schon, dass er wohl zur Arbeit ginge. Sollte ich ihm auch dahin folgen? Ich entschied mich dagegen. Die Gefahr der Entdeckung wäre zu groß, außerdem forderte die anhaltende Kälte und das Kräfte zehrende Hängen seinen Tribut. Nach dem er zu Fuß aus meinem Blickfeld verschwunden war, beschloss ich mich in die Laube zu begeben und etwas auszuruhen. Mit einem Satz war ich bei dem Gebilde und schlüpfte unter die Abdeckung. Hier drin herrschte ein angenehmes Dämmerlicht und es gab mir fast die Geborgenheit der geliebten Dschungelhöhle meines heimischen Schlafzimmers. Fast augenblicklich, nachdem mein Körper die gepolsterte Sitzfläche der Chaiselongue berührte, schlief ich ein. Mit knurrendem Magen und zitterndem Körper erwachte ich, bei dem Geräusch einer sich öffnenden Tür. Augenblicklich hechtete ich auf meinen Beobachtungsposten zurück und stellte fest, dass mein Vögelchen heimgekehrt war. Die Uhrzeit speicherte ich in meinem Handy als Wecker, damit ich auch morgen wieder rechtzeitig zur Stelle wäre. Er hatte sich scheinbar von unterwegs Sushi mitbenommen und verzehrte dies erschöpft, aber entspannt wirkend vor dem Fernseher. Im Prinzip verlief der Abend, wie der am Tag zuvor, wobei Siakoh sich zwischendurch die Zeit nahm seine Pflanzen zu versorgen und mit einem Staubwedel all den Schnickschnack seiner Wohnung zu entstauben. Wie konnte man nur so viel unnützen Kram anhäufen und sich mit so vielen Farben umgeben? Allerdings musste ich zugeben, dass es mir ein großes Vergnügen bereitete, ihm beim Putzen zuzusehen. Er tanzte leichtfüßig zu einer mir unbekannten, melodischen Musik durch die Wohnung und vollführte immer wieder elegante Drehungen und Sprünge. Ich war begeistert und in mir entbrannte der Wunsch, dass er auch eines Tages für mich tanzen würde. Zu meinem Leidwesen musste ich immer öfter Pausen bei den Beobachtungen einlegen, da meine Kräfte rapide zu schwinden schienen. Auch bekam ich merkwürdige Schweißausbrüche und zitterte ununterbrochen. Aber ich konnte meinen Blick einfach nicht von ihm wenden, wusste ich doch, dass er am nächsten Tag wieder für etliche Stunden dorthin verschwinden würde, wohin ich ihm nicht folgen könnte. Der nächste Tag folgte der gleichen Routine, so dass ich schon vor meinem Vögelchen an den passenden Beobachtungsposten auf ihn warten konnte. Fieser Weise hatte es jedoch in der Nacht begonnen zu schneien und mein Vögelchen kam nicht zur Weckzeit in sein Nest. Ich saß in der Laube, lugte hinaus in die dunkle Wohnung, bibberte und wartete auf seine Heimkehr. Endlich hörte ich seine Schritte und schoss wie gewohnt auf meinen Platz oberhalb der großen Schiebetür zur Dachterrasse. Beim Vorbeugen wurde mir jedoch schwindelig und meine Hand, mit der ich mich festhalten wollte, griff ins Leere. Ich stürzte ab und noch im Fallen drehte sich die Welt um mich und schien von außen zu verblassen. Als ich den harten Aufprall merkte und spürte, wie sich Feuchtigkeit unter mir sammelte, erlosch meine Welt bereits vollkommen und auch der Lärm der Stadt, den ich noch wahrgenommen hatte, wurde dumpfer und verschwand schließlich im Nichts. Kapitel 9: Fieber (Siakoh) -------------------------- 9 Fieber (Siakoh) Es war schon irgendwie niedlich, als die Antwort seitens des Blutsaugers auf meinem Handy ankam. Eine schmollende Fledermaus, die süßer nicht hätte sein können. Wie klischeehaft. Aber das würde ihm auch nichts helfen. Ich hatte zwar, seit unserem Treffen, keinen Tag mehr ohne einen Gedanken an ihn verbracht, aber das hatte nichts zu heißen. Meine Halswunde war noch in der Nacht verblasst, ebenso wie das Gefühl der sexuellen Befriedigung. Es war also alles in der Vergangenheit zurückgeblieben, wobei mein Leben weiterlief. Daran würden auch Gedanken an ihn nichts ändern. Ich arbeitete also wieder wie gewohnt und wich Yosukes Blicken aus, der mich genau musterte, sicherlich auch abschnüffelte und warnende, stumme Botschaften sendete. Es nervte und ich hatte mich auf der Station verbarrikadiert. Soweit das möglich war. Leider hatte dieser Widerstand nun nur 2 Tage gedauert, denn heute war eine Dummheit passiert, die mich nicht wirklich beschäftigte. Der Server der Praxis war abgestürzt. Alle Daten nur noch via Papier abrufbar und der grummelige Chef deshalb aufgebracht. Tja, so war das mit der lieben Technik. Mich störte es weniger, denn ich hatte schon in ganz anderen Situationen die Pflege von Patienten gewährleistet. So machte ich mir Notizen aus meinen Erinnerungen und sprach mich mit meinen Kolleginnen ab. Es würde eine lange Schicht geben, aber wir würden das meistern. Erleichtert verkündete Yosuke, dass ein geeigneter Fachmann gefunden worden war, der sich am nächsten Tag darum kümmern würde. Das hieße also nur einen Tag durchzuhalten. Angespannt rieb ich mir die Augen, als es früher Abend war und wurde mal wieder entdeckt. „Na? Unruhige Nächte gehabt?“, fragte mich mein Freund und ich sah zu dem Rothaarigen in seinem weißen Kittel. Er lehnte sich an den Tresen, an dem ich saß und die Unterlagen frisch aufgeschrieben hatte. Die Nachtschicht war vorgewarnt, aber ich wollte niemanden hilflos zurücklassen. Genaue Informationen waren also unabdingbar und derer hatte ich mich angenommen. „Ich schlafe nur etwas unruhig“, antwortete ich und streckte mich kurz. „Auf unserem Dach hat sich wohl ein Tierchen niedergelassen. Ich habe dem Vermieter schon Bescheid gegeben.“ „Ein Tierchen?“, fragte Yosuke und trat zu mir, er legte seine Hände auf meine Schultern und drückte hier und da leicht zu. Es entspannte mich sofort. „Ja oder irgendwas ist mit dem Mast. Ich hab manchmal Geräusche gehört. Vielleicht kommt es auch durch den Schnee“, berichtete ich und schloss die Augen, ließ den Kopf nach vorn sinken. „Du solltest nach Hause gehen und dich etwas ausruhen. Vielleicht sind das auch noch Nachwirkungen des Draculin“, riet Yosuke und beendete seine kleine Massage. „Ach was! Hör endlich auf dir deshalb Sorgen zu machen. Ich hab den Kerl abgewiesen!“, schimpfte ich und erhob mich, um ihm den Stuhl entgegen zu schieben und aus der Lage zu flüchten. „Er hat dich kontaktiert?“, fragte Yosuke und zog die Augenbrauen zusammen. „Nein, ich habe ihn kontaktiert.“ „Wieso das?“ „Er hatte eine Lektion verdient!“, schnaubte ich und verschränkte die Arme. „So etwas macht man nicht!“ „Du wärst ein wunderbarer Lehrer“, lachte Yosuke auf und verstummte schnell. Ich sah in seinen Augen, dass er über irgendwas nachdachte. Bevor ich allerdings fragen konnte, sah er auf meine Unterlagen. „Sind die vollständig?“ „Was denkst du denn?“, rollte ich mit den Augen und beugte mich nun zum Tresen. „Dann geh nach Hause. Ich geb dir ‘nen Tag frei. Für morgen haben wir ohnehin keine Termine mehr. Allesamt abgesagt. Zum Glück lässt Kusuri sich die Termine der nächsten zwei Tage immer im Voraus ausdrucken.“ „Wie nett!“, grinste ich und lauschte seinem Lob zu Isha kaum noch. Lieber dachte ich daran, was ich zuhause machen würde. Baden… denn zunächst musste ich zu Fuß durch den kalten Schnee. Und es schneite wie verrückt. Ich wäre sicher durchgefroren, bis ich zuhause ankam. „Dann einen schönen Abend, mein Hübscher!“ „Lass dich nicht aufgabeln!“, rief er mir zu und ich biss die Zähne zusammen. Musste er das wie ein Vater rufen? Ich bin doch kein Kind und schon wahrlich alt genug! Ich trat hinaus in die Kälte und wäre lieber wieder zurück in den Schutz des Hauses gegangen. Es war eiskalt und mein Mantel aus hellblauen Nerz-Kunstfell hielt dem zwar stand, aber würde sicher durchnässen. Ich spannte meinen Schirm auf, lief los und kam recht schnell an die Stelle, an der ich ihm vor genau einer Woche den Schirm aufgespannt hatte. Was er wohl gerade tat?, schlich es mir durch den Sinn, bevor ich die Augen weitete und den Kopf wild schüttelte. Warum dachte ich denn nun wieder über diesen Typen nach?! Alejandro, aus México. Er war meinem einstigen Leben sehr nahe, hatte von Geburt an die gleiche Umgebung genossen wie ich, bevor ich meinen Stamm verließ. Ob er auch manchmal die Sehnsucht nach dem ewigen Grün des Dschungels hegte? Na sicher nicht, bei der ganzen Schwärze an ihm und seiner Wohnung. Und genau vor dieser sah ich zur Tür. Das Fenster seines Wohnzimmers lag im Dunkeln, was ich durch den Lichtschacht im Boden sah. Ob er unterwegs war? Schlief er? Was machte er überhaupt so? Naja egal! Siakoh, ab nach Hause! Du willst nicht durchfrösteln, sondern in die Wanne! Somit lief ich los und kam relativ gut durch die neu gebildete Schneeschicht. Meine nachtblauen Budapester waren komplett nass und ich zog sie erst vorm Betreten meiner Wohnung aus, um sie liebevoll hineinzutragen und auf die kleine Heizung zu stellen, die in meinem Eingangsbereich stand. Normalerweise wäre es, laut Hausordnung schon vor dem Fahrstuhl erbeten, aber ich ekelte mich davor, weshalb ich diese Regel missachtete und immer mit meinen Schuhen hinauffuhr. Die Wärme der Heizung spendete mir täglich als erstes einen warmen Hauch. Wunderbar warm, seufzte ich, als ich auch meinen Mantel ausgezogen und über einen Bügel gehängt hatte. Er würde ebenso von der Heizungsluft getrocknet werden. Anschließend ging ich durch mein Wohnzimmer und zog die Fernbedienung aus dem kleinen Schrank, um den Fernseher bereits einzuschalten. Ich hatte Hunger, würde mir zusammen mit etwas Musik etwa zu essen machen, bevor ich in die Wanne stieg. Mir war nicht so kalt wie gedacht. Mein Finger drückte den Startknopf und ein lautes Krachen, löste sich seitens meiner Dachterrasse. Da diese vom Sofa aus zu sehen war, erkannte ich im Augenwinkel, dass dort etwas heruntergefallen war. Vor Schreck sprang ich kurzerhand hinter die Couch, ließ dabei die Fernbedienung fallen und lugte dann über die Lehne. Was zur Hölle war das? Die Schneewehen zogen über meinen Balkon und rissen an den Jutesäcken, in denen meine Pflanzen überwinterten. War eine davon umgefallen? Der Wind wirbelte jedoch auch etwas Anderes auf. Etwas Dunkles, Schwarzes. Meine Augen schreckten auf und ich stürzte zur Schiebetür. Konnte es sein? Tatsächlich! Dieser kleine Stalker!, schimpfte ich innerlich und sah auf den Mann vor mir, der auf dem Boden lag und sich nicht bewegte. Der Schnee lagerte sich schon auf ihm ab, weil der Sturm zur Höchstform aufkam. Hatte dieser Idiot wirklich das getan, was ich gerade in diesem Moment vermutete? Mich beobachtet? Wie lange schon und warum zur Hölle? Ich war verwirrt und stand zwischen den Stühlen meines Seins. Sollte ich mich schützen? Hatte ich doch schon so einige Stalker überwinden müssen. Oder sollte ich ihn hereinholen, meinem Herzensjob nachgehen und ihn zumindest erstmal wieder zurück in die Wirklichkeit holen? Seufzend gab ich dem Drang nach zu helfen. Egal welche Gründe er dafür gehabt hatte, hier auf meinem Dach zu landen. Es ging ihm nicht gut und er war ohne Bewusstsein. Schnell schob ich die Tür auf und stapfte mit meinen Hausschuhen in den Schnee zu ihm. Er rührte sich nicht einmal, als ich ihn ansprach und seine Hand berührte. Dabei bemerkte ich jedoch, dass diese sehr warm war. Er hatte Fieber. Verdammt! Warum ließ er mich nicht mehr los? Ich zog ihn an den Schultern hinauf und stemmte ihn auf meine Arme, zog ihn zunächst an meine Brust und stand dann in einem kräftigen Zug auf. Er schien sehr schwach. Hatten seine Flugfähigkeiten deshalb versagt? Vielleicht war er ja schlicht einkaufen gewesen und ausgerechnet über meinem Dach abgestürzt?! Kurz musterte ich sein Gesicht, welches angestrengt zusammengezogen war. Es ging ihm gar nicht gut und sein Körper kämpfte gegen das Fieber an. Er musste sich erkältet haben. Ganz sicher. Am schnellsten würde es gehen, Isha darum zu bitten ihn zu heilen. Doch der würde nur wieder auf dumme Wortgefechte aus sein. Ebenso wie Yosuke mich rügen und väterlich beschützen würde. Das wollte ich nicht. Außerdem würde auch ich das wieder hinkriegen. Es dauerte eben einige Tage, je nach dem, wie er sich aufrappelte. Angestrengt ließ ich ihn im Badezimmer auf dem Boden sinken und hockte mich vor ihn hin. Meine Finger glitten über seine gefütterte Jacke und öffneten den Reißverschluss, zogen seine schlaffen Arme aus diesem Kleidungsstück. Das Shirt und der Schal folgten. Seine sehr blasse, fast perlweiße Haut schien so zerbrechlich. Wenn ich nicht gewusst hätte, wie hart er zupacken konnte, hätte man meinen können er wäre so empfindlich wie Glas. An seinem rechten Nippel fiel mir ein Piercing auf. Ob er mehr davon besaß? Vorsichtig legte ich ihn auf dem Badezimmerteppich ab und öffnete seine Hose, um sie herabzuziehen. Thermokleidung hatte er getragen und untermauerte meine erste These. Dass er mich stalkte. Doch nun war er ein schwacher Patient, um den ich mich zu kümmern hatte. Nachdem auch die Socken und Shorts ausgezogen waren, musterte ich ihn genauestens, trug ihn aber dann in mein Schlafzimmer. Mit der Decke hüllte ich ihn ein und machte mich dann daran einige Handtücher in kühles Wasser zu tränken. Zudem nahm ich einige große, dicke Handtücher, die ich sonst benutzte, nachdem ich gebadet hatte, mit und schob diese zuerst unter seine Beine. Es folgten die getränkten Wickel, die ich um seine Oberschenkel schlang. Danach waren seine Oberarme dran. Am Ende deckte ich ihn wieder zu und holte sogar noch eine zweite Decke dazu. Diese Methode hatte damals im Krieg so manches Fieber gelindert. Zusammen mit dem Schlaf würde das schon ausreichen. Im Bad suchte ich seine Kleidung zusammen, entledigte den Inhalt der Taschen auf meinen Schrank und warf sie ins Schnellprogramm der Waschmaschine. Er würde sicher schlafen, bis sie durch den Trockner gelaufen war. Doch was nun? Baden traute ich mich nun nicht mehr und sprang für eine schnelle Waschung unter die Dusche. Danach stieg ich in einen meiner beigen Flanellschlafanzüge, steckte sein Hab und Gut in meine Taschen und lugte zuerst von der Tür aus zu meinem Patienten. Er schlief, bewegte sich jedoch wieder und warf seinen Kopf von einer Seite zur anderen, an der er dann verharrte. Das Tuch auf seiner Stirn war dadurch verrutscht und ich ging hin, um es zu richten. Langsam setze ich mich neben seinen Körper und strich das Tuch glatt. Es war schon ganz warm, dachte ich und zog es herunter, um es zu tränken und dann wieder zu platzieren. Danach kontrollierte ich auch die anderen Wickel, die noch in Ordnung waren. Sein Smartphone gab ein Vibrieren von sich und ich holte es samt den restlichen Dingen aus meiner Tasche. Alles fand einen Platz auf dem Nachtisch. Außer seinem Smartphone. Es erweckte die Neugier in mir und den Drang ihm etwas heimzuzahlen. Er wusste ja sichtlich einiges von mir, warum also nicht mal bei ihm herumwühlen und sehen wer hinter der schwarzen Maske steckte, die gerade kreidebleich und wieder ruhig in meinem Bett schlief? Somit betätigte ich den Home-Button und bemerkte, dass das Ding mit einem Passwort gesichert war. Dort stand etwas von Face-ID und ich erinnert mich daran, etwas darüber in den Medien gehört zu haben. Aus einem Versuch heraus hielt ich das Gerät über sein Gesicht, doch es tat sich nichts. Ob das teil vielleicht per Fingerabdruck funktionierte, so wie bei einem Agenten. War er beruflich so etwas? Auch dieser Idee schenkte ich einen Versuch, nahm vorsichtig seine Hand und legte das Gerät unter seinen Zeigefinger. Daraufhin entsperrte sich das Gerät tatsächlich und zeigte mir eine ganze Ansammlung an Apps. Wo sollte man denn da anfangen? Mehrere Ordner bekleideten das Display. Ich beschloss zunächst in den Chat einzutauchen und zu schauen mit wem er so umging. Sehr viele Bekannte waren dort nicht vertreten und in meinem Chat lächelte mir nur die schmollende Fledermaus entgegen. Ob er wohl auch so aussah, wenn ihm etwas leidtat?, fragte ich mich und sah kurz zu meinem schlafenden Mäuschen. Als Nächstes durchsuchte ich seinen Browser, in dem ich ein Video fand. Welche Musik er wohl hörte? Ich schaltete den Ton ab, öffnete das Fenster und las den Titel dieses Videos, in dem ein Mann zeigte, wie man tanzte. Interessant, dass er sich so etwas ansah. Aber der Song ging gar nicht. Etwas von Cher, dieser überdimensionalen Möchtegern-Diva! Bah, ich mochte sie nicht! Nun ja. Jedem das seine, dachte ich und ging in die Fotoaufnahmen über. Dort war kein einziges Bild von Alejandro. Es gab einige Kirchen, die wirklich imposant waren mit ihren weißen sandfarbenen Fassaden. Eine kam mir sogar bekannt vor. Es war Notre Dame. Dieses Bild war jedoch ein Screenshot. Ob er schon mal in Paris war? Ich hatte mich nie sehr für Kirchen, geschweige denn den Glauben interessiert. Ob er so jemand war, der diesen Dingen Glauben schenkte? Mir fiel das Kreuz ein, welches auf dem Nachtisch lag. Ich griff danach und musterte die Härte des Stahls, welcher jedoch filigran und liebevoll gestaltet worden war. War er ein gläubiger Christ? So als Yokai? Noch dazu Komori? Klingend legte ich es wieder zurück und sah durch die Ordner der Galerie und fand dort plötzlich meinen Namen. Es war ein Ordner, in den eine einzelne Datei geladen worden war. Ich öffnete diese und weitete meine Augen. Da war er. Und er bewegte sich in einer Abfolge tanzender Bewegungen, die mir in diesem Cher-Video aufgefallen waren. Hatte er es deshalb gesehen? Um zu üben? Aber warum zur Hölle tat er das? Vor allem mit dem Titel des Ordners, der zwar Spanisch, für mich aber lesbar war. „Verzeih mir, Siakoh“ Als mein Blick wieder zu seinen Augen flog, schlug mein Herz plötzlich schneller und aufgeregt wie ein Kolibri umher. Warum tanzte er zu diesem Song, in dem Cher sich wünschte die Zeit zurückzudrehen und setze dieser Aufnahme der Bitte um Vergebung meinerseits bei? Warum wollte er, dass ich ihm vergebe? Warum war er hier? Wollte er es mir zeigen? Dann hätte er es auch senden können. Ich war immer verwirrter, von dem, was dieser Mann und warum er es tat. Ich erkannte, dass sich seine Augen bald öffnen würden und legte das Smartphone eilig auf den Nachttisch. Er sollte nicht sehen, dass ich gestöbert hatte. Wie lächerlich von mir. Ich hatte getan, wofür ich ihm insgeheim böse war. Heuchler! Ein unangenehmes Gefühl schlich sich durch meinen Magen, als seine langen Wimpern zuckten und sich die Lider langsam öffneten. Er schien kurzzeitig verwirrt und wie in Watte gepackt, erkannte mich dennoch schon wenige Sekunden nach dem ersten Augenaufschlag. „Siakoh!“, hauchte er und begann kurz zu husten. Recht heftig und trocken. Er bellte förmlich und rang nach Luft. Schweigend stand ich auf, ging in die Küche und bereitete einen Tee mit Honig zu, den ich ihm brachte und mich wieder neben ihn setze. „Hier, trink etwas“, bat ich und steckte einen Trinkdeckel mit Schnabel auf die Tasse. Sein Blick sprach Bände der Scham und ich genoss es. Doch als er kurz an dem Deckel sog, schoß mir das Bild seiner Liebkosungen durch den Kopf, wodurch ich hart schluckte. Was sollte das nun? Wieso dachte ich an so etwas? Er legte seinen Kopf zurück ins Kissen, während ich die Tasse auf dem Nachtisch abstellte. „Wie komme ich hier herein?“, fragte er matt und ich rollte dramatisch die Augen. „Wie wohl?“, antwortete ich und legte eines meiner Beine über das andere. „Ich habe dich hier hereingetragen, nachdem du auf mein Dach gestürzt bist.“ „Stimmt. Ich fiel herab“, wisperte er leise und schien sich langsam zu erinnern. „Wie fühlst du dich?“, wollte ich wissen und legte meine Hand auf den Decken ab. „Mir ist heiß!“ „Du hast Fieber“, erklärte ich. „Aber wenn du dich nur heiß fühlst, dann dürfte das morgen verschwunden sein.“ Ein lautes Geräusch zog sich unter meiner Hand hervor und klang wie das Brüllen eines Bären. Ich hob die Hand von der Decke und sah dem Schwarzhaarigen in die Augen, welcher diese abwendete und zum Fenster sah. „Du hast Hunger“, erfasste ich und er schwieg einige Momente. „Wie lange hast du da draußen gesessen?“ „Einige Tage.“ „Dann stalkst du mich also wirklich?“, stöhnte ich auf und bekam seinen Blick geschenkt. „Ich wollte mich entschuldigen!“, erwiderte er schnell und kämpfte sich nach oben. Ich drückte ihn zurück ins Liegen. „Und ich wollte dich nicht mehr sehen!“, setze ich ihn fest und er riss die Augen auf. Wir schwiegen kurz, ich sah den Schmerz in seinen Augen und seufze dann leise und schwer. „Warum?“, fragte ich dann und sah seine roten, nun fragenden Augen. „Warum willst du dich entschuldigen?“ „Ich habe dich verletzt und nicht gefragt“, antwortete er wie ein Kind und ich nickte verstehend. „Das war nicht in Ordnung und tut mir sehr leid.“ „Ist gut“, antwortete ich und sah von seinen Augen hinab auf die Stelle der Decke an der sein Bauch liegen musste. „Und willst du nun fragen?“ „Du meinst?!“, fragte er überrascht und ich schob meinen Ärmel hinauf. „Du bist mein Patient und wenn du hungrig bist, bringe ich dir etwas zu essen, damit du wieder fit wirst“, erklärte ich. „Bist du ein Arzt?“, wollte er wissen und blieb stocksteif liegen. Hatte er nun Hunger oder nicht? „Nein. Ich bin Krankenpfleger, wenn man es genau nimmt“, machte ich klar und er lächelte kurz. „Machst du dich nun lustig? Schwul und Frauenberuf?“ „Niemals! Ich finde das passt zu dir“, überraschte er nun mich und ich spürte wieder mein Herz klopfen. „Du scheinst deine Sache sehr gut zu machen.“ „Ich mache alles immer sehr gut“, rühmte ich mich und rutschte zu ihm. Vorsichtig schob ich meinen Arm unter seinen Nacken und hob diesen an. „Also, wie läuft die Fütterung bei dir ab?“ Kapitel 10: Geborgenheit (Alejandro) ~by PoG -------------------------------------------- 10 Geborgenheit (Alejandro) – by PoG Ich lief durch den Dschungel und hatte es wieder einmal mit meinen Flugversuchen übertrieben. Ich wusste nicht, wie weit mich meine Flügel diesmal getragen hatten, aber es war so schön gewesen die Freiheit unter den Schwingen zu spüren und zu genießen, wie es war dicht unterhalb des Blätterdaches durch die Gegend zu segeln. Mal flitzte ich mit den Affen um die Wette, die sich an langen Lianen von Baum zu Baum schwangen und mal glitt ich sanft mit den Yucatanblauraben umher. Es war einfach toll! Nur jetzt war es doof. Meine Flügel wollten nicht mehr und zitterten, wenn ich sie entfaltete. Also musste ich wohl oder übel den Weg auf dem Boden entlang zurück zu unserer Hütte gehen. Vater würde sicherlich fürchterlich schimpfen. Die Sonne ginge ja bald schon unter… 30 Jahre war ich nun alt und Vater sagte immer, ich sähe aus wie ein Kind. Dabei erklärte er mir auch, warum er nicht fliegen konnte, ich aber schon und auch warum er und die anderen nicht tierischen Bewohner des Regenwaldes so andere Gesichter hatten als ich. Sie hatten schöne wohlgeformte Nasen, wie mein Vater, was ich bei einem meiner verbotenen Streifzüge in die Nähe der ser humanos, feststellte. Nur meine Nase sah irgendwie plattgedrückt und unförmig aus. Wie ein Blatt. Das läge daran, dass ich ein demonio sei, hatte mí padre mir erklärt. Als Vater nur vereinzelte graue Strähnen hatte und meine Flügel gerade Mal als Stummelchen auf meinem Rücken zu sehen waren, hatte er mir eines Abends am Feuer erklärt, dass er und ich aus unterschiedlichen Welten stammten. Damit meinte er aber nicht, dass er vor drei Jahrzehnten mit dem Schiff über den océano, das endlose Wasser, gekommen war, während ich hier im Regenwald geboren wurde. Er erklärte mir, dass ich durch meine dämonische Abstammung besonders gefährdet sei, meine unsterbliche Seele auf ewig in den Feuern der Hölle zu verlieren. Darum müsste ich besonders brav, lieb und nett zu allen Lebewesen sein. Außerdem müsste ich immer ehrlich sein und wenn mir doch einmal ein Fehler passieren sollte und ich etwas Falsches täte, müsste ich mich an Santo Padre wenden, unseren Gott, und ihn um Vergebung bitten. So wirklich verstanden habe ich das nie. Doch ich wollte Vater nicht enttäuschen und hielt mich meistens an seine Anweisungen. Nur ganz manchmal, musste ich einfach wissen, was es auf der Welt außer unserem Zuhause noch so gab. Ich wollte wissen, wo mí padre herkam und wie diese Städte und Häuser aus Steinen wohl aussahen, von den er mir oft zum Einschlafen erzählte. Den Regenwald verlassen hatte ich allerdings noch nie. Das vertraute, dämmrige Grün mit all seinen Geräuschen und Gerüchen, war mein Zuhause. Hier fühlte ich mich wohl. Sicher. Ein lautes Fauchen riss mich aus meinen Gedanken und ich schreckte hoch. Bei meinen Überlegungen hatte ich gar nicht mehr auf meine Umgebung geachtet. Normalerweise entging mir nicht das kleinste Lebewesen im Umkreis von einigen hundert Schritten. Aber dafür musste ich mich sehr anstrengen und durfte an nichts anderes denken. Ein Puma hatte sich durchs Unterholz an mich herangeschlichen und setzte nun fauchend zum Angriff an. Er hielt mich wohl für wehrlose Beute… Dummes Vieh! Auch wenn Vater immer noch ein Kind in mir sah, so war ich doch stark. Außerdem konnte ich ja fliegen. Ich rannte also los, drückte mich mit aller Kraft vom Boden ab und breitete meine Schwingen aus. Einige Meter segelte ich tatsächlich durch die Luft, während mich die Raubkatze auf dem Boden verfolgte. Leider übersah ich durch die Beobachtung meines Verfolgers einen Ast, welcher die empfindliche Haut am linken Flügel aufriss und mich dadurch zu Boden schleuderte. Ich schrie, während ich stürzte und rollte einige Meter hilflos über den Boden, wobei mein verletzter Flügel, der sich nicht mehr einklappen lassen wollte, ein knirschendes Knacken von sich gab und nur noch schlaff auf den Boden hing. Mí padre, hilf mir!! In Todesangst, rappelte ich mich auf und lief so schnell mich meine kurzen, dünnen Beine trugen weiter. Ich entdeckte eine kleine Höhle zwischen Baumwurzeln, in die ich mich zwängen und der Puma mich hoffentlich nicht mehr erreichen konnte. Die große Katze fauchte und brüllte vor dem Eingang und langte immer wieder mit der Pranke nach mir. Ich kauerte seitlich zum Eingang, hatte den Kopf schützend in meinen Händen vergraben und rief verzweifelt um Hilfe. Einmal erwischte mich die Pranke des Pumas und er hinterließ tiefe, blutige Kratzspuren auf meinem Oberschenkel. Plötzlich vernahm ich einen lauten Ruf und hörte kurz darauf das Kreischen des gepeinigten Tieres. Eine Hand streckte sich in die Höhle und die Stimme meines Vaters redete beruhigend auf mich ein. Ich krabbelte zwischen den Wurzeln hervor und warf mich schluchzend in seine starken, wartenden Arme. Hier war ich in Sicherheit. Hier konnte mir nichts passieren. * Mit diesem wohligen Gefühl der Geborgenheit erwachte ich und stellte verwirrt fest, dass ich in einer unbekannten Umgebung lag. Was war passiert? Wo war ich nur? Als ich in den besorgten Ausdruck zweier strahlend gelber Augen blickte, wusste ich zumindest schon mal letztere Frage beantwortet. Es kratzte fürchterlich in meinem Hals, als ich seinen Namen nannte und ein schmerzhafter Hustenanfall schüttelte mich. Daraufhin verschwand mein unfreiwilliger Gastgeber und ich wollte ihn eigentlich aufhalten. Er sollte bei mir bleiben, mir die Geborgenheit geben, die mir der Traum der Erinnerung am Ende bereitet hatte. Ob er sich schon denken konnte, dass ich ihn längere Zeit beobachtet hatte? War er mir böse? Ob er mich wohl in den Arm nähme, wenn ich ihn darum bitten würde? Womit hatte ich mir das verdient, dass er mich auf einmal so nett behandelte? Ich war verwirrt und freute mich gleichzeitig, dass er mich so an sich heranließ und mich umsorgte. Es wäre schön, wenn er von nun an immer für mich da wäre. Er mir Zuneigung und Fürsorge zu Teil werden ließe. Wir das wiederholen könnten, was wir schon einmal taten. Sanfter dieses Mal, natürlich. Bei diesem Gedanken nahm ich saugend einen Schluck aus der Schnabeltasse, die er mir entgegen hielt und sah ihm von unten in die Augen. Dem harten Springen seines Adamsapfels nach zu urteilen, hatte es keine ganz unangenehme Wirkung auf ihn. Die aufgerichtete Haltung war zu anstrengend, also ließ ich mich wieder in die gemütlichen Kissen sinken, die ich bisher nur durch das Fenster gesehen hatte. Jetzt lag ich hier drinnen und konnte ihre Weichheit genießen. Ich fühlte mich wie auf einer Wolke schwebend. Aber was genau tat ich hier eigentlich? Ich wusste nur noch, dass ich auf meinen Beobachtungsposten geeilt war, um seine Ankunft mitzubekommen. Auf meine Frage danach, erklärte er mir, dass er mich hereingebracht hatte, nachdem ich aufs Dach gestürzt sei. Ach ja, mir war schwindelig geworden und daher war ich von der Kante gestürzt. Allerdings klang es bei ihm so, als hätte er angenommen, dass es ein Zufall sei?! War er wirklich so naiv oder wollte er anderes nur nicht wahrhaben, weil es ihn gestört hätte? Mochte er mich nun oder nicht? Half er mir um meinetwillen oder einfach nur, weil er eben so war? Hilfsbereit und aufopfernd? Mir schwirrte der Kopf von all den Fragen und meinen widersprüchlichen Gefühlen und der leisen Hoffnung, dass er mich doch irgendwie mochte. Es war unglaublich anstrengend und aufwühlend. Hitze kroch mir durch den ganzen Körper und gab mir das Gefühl innerlich zu verbrennen. Fieber, sagte er, auf meine Antwort seiner Frage nach meinem Befinden. Er hatte ja keine Ahnung. Ich brannte innerlich lichterloh und daran war bestimmt keine Krankheit schuld. Ich wusste nicht wohin mit mir. War zwiegespalten, zwischen dem Wunsch der Situation zu entfliehen und der Hoffnung für immer hier in der Zeit eingefroren zu werden. Ich hatte Angst ihn erneut zu verletzen und wollte ihn doch einfach nur an mich ziehen. Ihn gleichzeitig beruhigen und selbst beruhigt werden. Ich schwankte zwischen Schamgefühl, Sorge, Rührung und Zuneigung. Bekam seine Fragen nur am Rande mit und beantwortete sie nur mit wenigen Worten. Und während mein Inneres rebellierte, machte mein Körper auf ein ganz anderes Problem aufmerksam. Erneut durchzog mich ein Schamgefühl, als er mein Bedürfnis bemerkte. Bei dem Gedanken an meine letzte Mahlzeit wollte ich ihn nicht mehr ansehen müssen, drehte den Kopf weg und betrachtete den Schneefall. Hätte er mich nicht einfach da draußen erfrieren lassen können?! Da ich anscheinend eh bewusstlos gewesen war, hätte ich davon nicht mal was mitbekommen. Halt?! Hatte er mich gerade des Stalkings bezichtigt?! Okay, ein bisschen hatte er ja recht, aber ich hatte doch einen guten Grund für das Alles gehabt. Dass ich mich entschuldigen wollte, führte ich ihm vor Augen und wollte es auch so gleich einmal richtig tun. Demütig auf den Knien, so wie Vater es mir beibrachte. Doch er ließ mich nicht. Drückte mich zum Bleiben in sein Bett und sagte mir gleichzeitig, dass ich aus seinem Leben verschwinden sollte?! Seine Worte lösten einen heftigen Stich in meinem Herzen aus und mein Magen zog sich krampfend zusammen. Sein Warum riss mich aus dem Schmerz und ich wusste nicht, worauf er hinauswollte. Legte den Kopf schief und blickte ihn abwartend an. Er wollte den Grund für meinen Wunsch nach Vergebung, dabei hatte er ihn mir doch selbst genannt?! Also wiederholte ich brav seine Worte und fügte eine Entschuldigung hinzu. Das würde doch niemals ausreichend sein, oder? Er überraschte mich erneute, als er mich fragte, ob ich ihn nun fragen wollen würde. Er konnte doch unmöglich meinen, dass er sich mir als Mahl anbot?! Wollte er mir wirklich noch einmal als Nahrung dienen? Bot er mir tatsächlich einen weiteren Schluck des Paradieses an? Auch wenn er seinen Ärmel hob und mir seine Adern präsentierte, das meinte er doch bestimmt nicht ernst. War es ein grausamer Scherz seinerseits? Ich war mir nicht sicher. Wusste nicht, was ich davon halten sollte… Wie bei unserer ersten Begegnung fragte ich, ob er ein Arzt sei. Ich musste mich ablenken und durfte der Versuchung nicht erliegen. Es war sicherlich eine Prüfung. Ja, das musste es sein. Er wollte testen, ob ich meine Lektion gelernt hätte. Oder war es mi padre divino, der mich auf die Probe stellen wollte?! Bei seiner Aussage er sei Krankenpfleger, schoben sich meine Mundwinkel nach oben. Es gab wohl keinen Beruf, der besser zu meinem Vögelchen passte. Er umsorgte mich mit Hingabe, obwohl er mich verabscheute. Es schien nicht nur ein Job, sondern seine Berufung zu sein. Ich freute mich für ihn, dass er scheinbar Erfüllung in seinem Leben gefunden hatte. Was ich ihm mitteilte, nachdem er mein Lächeln missinterpretierte. Auch ein Lob, mit dem ich ihm meine Dankbarkeit ausdrücken wollte, gab ich ihm, welches er jedoch etwas selbstgefällig herabwürdigte. Seine darauffolgende Nähe lenkte mich allerdings stark von seiner Arroganz ab. Er schob mir seinen Arm in den Nacken, um mich aufzurichten und ich musste mich zusammenreißen, ihn nicht einfach zu mir zu ziehen und mich an ihn zu kuscheln. Hunger hin oder her. Ich wusste allerdings auch, dass seine Nähe dann wieder meine Gier freisetzen würde und das wollte ich nicht riskieren. Hatte Angst ihn dann endgültig zu verlieren. Viel zu sehr genoss ich es gerade, dass wir einander näherkamen. Seine liebevolle Fürsorge tat mir einfach gut. Auch wenn sie seinerseits vielleicht nur professioneller Natur war. Seine Frage wollte ich dennoch beantworten, löste mich dafür aber von seiner Berührung, um nicht in Versuchung zu geraten. „Im Prinzip hast du das doch schon mitbekommen. Man sucht sich eine Ader und durchbricht mit den Zähnen Haut und Fleisch, um an das Blut zu gelangen. Dabei wird mit dem Speichel vermehrt ein Enzym ausgestoßen, das die Gerinnung hemmt und dem Opfer die Schmerzen nimmt“, erklärte ich möglichst sachlich. „Ja, danke für die Lektion, Herr Lehrer. Du weißt genau, dass ich das nicht meinte“, war seine schnippische Reaktion. Er schien etwas empört über meine plötzliche Distanziertheit. Flehend suchte ich seinen Blick und wollte mich erklären. Ich schluckte meinen Stolz hinunter und beschloss einen kleinen Teil der Wahrheit preiszugeben, um ihn nicht weiter von mir zu stoßen. „Siakoh, versteh mich bitte nicht falsch. Ich würde nichts lieber tun, als noch einmal von deinem Blut zu kosten. Mit dir ist es das erste Mal, dass ich mich danach lebendig und wirklich befriedigt fühle. Dein Blut zu trinken, ist der Himmel auf Erden, es ist wie flüssiges Glück…“ „Warum stellst du dich dann jetzt so an?“, fuhr er mir dazwischen. „Weil ich Angst hab?!“, nuschelte ich. „Wovor? Dass du nicht aufhören kannst?“ „Nein, davor, dass ich dich danach für immer verliere. Dass du das jetzt aus den falschen Gründen tust. Nur um mir zu helfen.“ Verzweifelt versuchte ich ihm klarzumachen, was ich fühlte. Aber dios mío war ich schlecht darin. „Was ist falsch daran dir helfen zu wollen!?“, kam es dementsprechend verwirrt als Antwort. Ich richtete mich halb auf und fuhr mir abwesend durch die Haare. Wie sollte ich ihm erklären, was ich doch selbst nicht verstand? Wie sollte ich ihm klar machen, dass ich mich wie ein kompletter Irrer aufführte, seit er in mein Leben getreten war? Dios mío, was war nur mit mir los? Es ging mir wirklich beschissen. Alles drehte sich, in meinem Kopf waren tausende Fragen und Antworten und mir wurde von Sekunde zu Sekunde übler. Außerdem war die Decke beim Aufsetzen verrutscht und so spürte ich die Kälte der Luft auf meinem nackte Haut von Rücken, Bauch, Brust und… Po. Kurzzeitig klärten sich meine Gedanken wieder. „Du hast mich ausgezogen?!“, fragte ich leicht konsterniert. „Natürlich, das ist das A und O beim Retten vor Erfrierungen. Raus aus den nassen und kalten Klamotten! Außerdem waren die dreckig. Glaubst du, sowas würde ich freiwillig in mein Bett lassen?! Aber wozu die Aufregung? Da ist doch nichts, was ich nicht eh schon mal gesehen hätte!“, grinste mich das Vögelchen breit an. „Na dann hattest du ja wenigstens etwas Spaß an der Sache“, erwiderte ich seufzend, ergänzte aber: „Ich hoffe, dass es dir gefallen hat, aber könnte ich meine Sachen bitte wiederhaben, ich würde mir gerne etwas anziehen?!“ „Geht nicht. Die sind noch in der Wäsche und müssen danach noch in den Trockner. Aber ich kann dir gerne was von meinen Sachen geben!“ „Äh… hast du denn was Normales?!“, erwiderte ich. „Normal ist doch langweilig. Wenn du schon in meinem Bett liegst, ziehst du auch an, was ich dir gebe!“, kam die zischende Antwort, seitens der Tür zu dem Raum, den ich bisher, neben dem Bad, als einzigen noch nicht kannte. Er kam wieder und hatte mir anscheinend die buntesten Sachen rausgesucht, die er finden konnte. Ich wusste schließlich, dass sich auch gedeckte Farben in seiner Garderobe befanden. Ich erhielt einen kurzen dunkelblauen Satin-Kimono mit pinken, großen Blüten und Blättern in Pastelltönen und eine knappe, knallgrüne Shorts. Das könnte er vergessen. Niemals zöge ich das an. „Das ziehe ich nicht an!“, stellte ich auch sogleich klar. „Dann bleibst du eben nackt!“, kam es mit einem wahrhaft dämonischen Grinsen als Antwort. Ich war sauer und sprang kurzerhand auf, um mir selbst was aus dem Schrank zu holen. Als sich mein geschwächter Zustand bemerkbar machte und ich einfach zurück ins Bett kippte. Mit dem Gesicht voran in die Kissen und den nackten Arsch in die Luft gestreckt. Ging es eigentlich noch demütigender?! Kapitel 11: Vertrauen (Siakoh) ------------------------------ 11 Vertrauen (Siakoh) Prustend hielt ich mir den Bauch, als ich sah, wie der kleine Fledermäuserich, nackt und “mit dem Knackpo nach oben“ zurück in mein Bett gestolpert war. Ich konnte einfach nicht aufhören zu lachen und beugte mich vorn über, um meinen aufkommenden Lachflash auf dem Boden zu entlassen. Der funkelnd rote Blick meines, peinlich berührten Patienten stach mir im Augenwinkel, in dem sich bereits Tränen sammelten. “Verzeih“, gackerte ich wie ein Huhn und versuchte wieder aufrecht zu stehen. Ich ging zu ihm, rang die letzten Lacher hinab und beugte mich dann zu ihm. “Das sieht einfach zu lustig aus!”, sprach ich ihm zu und hielt ihm die Wäsche vor die Nase. Sein Blick hätte finsterer nicht sein können. “Zieh dich an und leg dich wieder hin. Ich koche dir etwas zu essen.” Er musterte mich und seufzte dann, wodurch ich erkannte was los war. Hatte er es zwar geschafft aus dem Bett zu springen, alle Wickel zu verlieren und in der Umgebung zu verteilen, aber nun keinen Funken Kraft mehr im Leibe. Schmunzelnd griff ich nach seinem Arm und zog ihn ins Sitzen. Danach schubste ich ihn an der Hüfte auf seinen Po und musterte seinen nun verwirrten Blick. “Was hast du denn jetzt vor?” wollte er wissen und sah zu, wie ich die Shorts vom Bett zog. “Ich helfe dir, bringe dich ins Bett und dann mache ich dir etwas zu essen“, erläuterte ich und breitete den Stoff richtig herum aus, um ihn über seine Füße zu ziehen. “Wenn du mein Blut schon nicht willst!”, fügte ich schnippisch an und wusste selbst nicht warum. Da bot ich ihm an, ganz legal und nett, mein Blut zu nehmen, damit es ihm besser ging und er nicht mehr hungerte und er schlug es aus. Jedoch war Hunger nicht gut für seine Genesung und ich wollte ihn nicht mehr so schwach sehen. War er denn wirklich zu stolz dafür? “Nichts würde ich lieber wollen…”, wisperte er und ich sah zu seinen Augen empor, als ich die Shorts über seine straffen Oberschenkel schob. “Aber ich will dich nicht vertreiben.”, gab er dazu und sein Blick sprach gequält zu mir. “So schnell wirst du mich nicht los“, antwortete ich, stand auf und zog die Shorts hinauf, hob seine Hüfte an und streifte seinen Hintern mit meinen Fingern, als ich die Shorts auch dort richtete. Alles saß und ich zog ihn an seinen Armen ins Sitzen. Er saß nun vor mir, reichte mir bis zum Hals und musterte verwirrt meine Augen. “Solange du mich noch so brauchst.” „Und wenn ich dich für immer brauche?”, fragte er dann, was mich kurz in der Bewegung innehalten ließ. Ich griff dennoch nach dem Seidenkimono und öffnete den Gürtel dazu. Was sollte ich darauf antworten? Seine Finger berührten vorsichtig meine Oberschenkelaußenseiten, verweilten dort an einer Stelle. Schweigend nahm ich zuerst sein rechtes Handgelenk und führte es in die Ärmel des Kleidungsstückes, bevor ich das andere ebenso führte. Ganz schwach schien er nicht mehr zu sein und fing den freien Fall ab, mit dem ich meinen Verdruss mitteilen wollte. Am Ende zog ich den Kimono vor seiner Brust zusammen, spürte seine erhitze Haut und zog dann den Gürtel zusammen. Dabei war ich seinem Gesicht so nah, das ich seinen Atem hören konnte. Ob ihm diese Nähe zuwider war, wenn er so hungerte? Tja, sollte er ruhig etwas leiden. “Und?”, fragte er, als ich ihn zurück ins Bett legte und die Decke über ihn schlug, nachdem ich die Handtücher zum Schutz des Lakens beseitigt hatte. “Was?”, fragte ich schnippisch und drehte mich zum Gehen, während mein Blick auf ihm haftete. “Würdest du bei mir bleiben, wenn ich dich für immer brauchen würde?”, fragte er erneut und ich drehte den Blick ab. Mein Herz schlug auf einmal wild gegen meine Rippen und als ich zu der Tür zu meinem Schlafzimmer lief, hielt mich ein innerer Drang auf. Ich blieb stehen und legte die Hand an den Türrahmen, bevor ich den Kopf neigte und mein Hirn mich zwang etwas unheimlich Dummes zu sagen: “Ich bliebe, bis du es nicht mehr tätest!” In der Küche schlug ich mir mit der flachen Hand an die Stirn. Wie doof konnte ein einzelnes Wesen nur sein?! Wieso hatte ich denn so etwas gesagt, ja, fast versprochen? War ich von allen guten Geistern verlassen? Dieser Alejandro hatte mich offenkundig gestalkt, war nicht bereit meine Geste der Mahlzeit zu würdigen und nun bat er um die Ewigkeit, die ich ihm auch noch darbrachte. Ich musste wirklich verrückt sein und stampfte in meinen Puschen durch meine Küche bis hin zum Kühlschrank. Seufzend öffnete ich das gute, zweiflüglige Stück und erfasste den Inhalt. In meinem Magen setze dies einen Ruck frei und ich bemerkte nun auch meinen Hunger. Wann hatte ich heute zuletzt gegessen? Naja egal. Ich hatte andere Sorgen und die blieben hoffentlich in meinem Bett liegen. Doch was sollte ich ihm bereiten? Am Ende entschied ich mich für ein Omelette. Für mehr hatte ich nicht ausreichend Dinge hier und müsste am Morgen erst einkaufen gehen, wenn es ihm bis dahin nicht besser ging. Ich schnitt etwas Wurst klein, schmiss sie in eine Pfanne. Schlug das Ei, so wie ich es aus Frankreich kannte mit einem Schuss Milch und bereitete es auf europäische Weise zu. Mit Salz und Pfeffer würzte ich das Ganze und briet zwei tellergroße Fladen. Auf den Tellern bröckelte ich etwas Feta darauf und klappte sie in der Hälfte zusammen. Proteine schadeten bekanntlich nie. Ein paar Apfelschnitze waren schnell geschnitten und mit den beiden Tellern ging ich zu meinem Schlafzimmer. Zuerst flog mein Blick forschend zum Bett, in dem er lag und anscheinend schlief. War er so fertig? Wie lange hatte er da draußen nur ausgeharrt, um an mich heranzukommen? Dieser Freak! Gerade als ich dies dachte, schlugen seine Augen auf, wie die eines lauernden Tieres. Mir lief ein Schauer über den Rücken und meine Flügel kribbelten an den Stellen, an denen sie für gewöhnlich ausbrachen. Mutig ging ich zu ihm ans Bett und stellte die Teller kurz ab, um ihm aufzuhelfen. Dabei bemerkte ich, dass er an Kraft zurückerlangt hatte und spürte seinen Griff an meinem Unterarm. “Was hast du denn da Gutes gemacht? Das riecht herrlich!”, lobte er und ließ mich die Augen rollen. Seine Kitscherei war ja schlimm. Erst böse sein und nun herumschleimen, um es besser zu machen. Nicht mit mir. “Es ist keine Haute Cuisine. Lediglich etwas, was satt macht und nicht zu sehr beschwert, damit du bis morgen schlafen kannst, ohne mich zu überfallen.” “Das würde ich nicht!”, log er und ich schenkte ihm einen alles sagenden Blick, der ihn zwang, etwas beizufügen: “Nicht mehr.” “Richtig so“, grinste ich frech und stopfe das Kissen in seinen Rücken, bevor ich mich neben ihn auf die Kante setze und zuerst ihm den Teller reichte und dann meinen nahm. “Nun iss und dann schläfst du.” “Ja, Mama.”, scherzte er und ich fixierte seinen feixenden Blick. “Wenn schon Ma’am!“, gab ich vor und er lächelte. Und genau dies ließ mein Herz wieder aufschlagen. Er sah so gar nicht aus wie die Art Mann, die ich sonst bevorzugte. Doch irgendwas schien sich in mir für ihn zu erwärmen. Das war irgendwie unheimlich, doch es fühlte sich gut an. Dies war das erste Mal seit langem, dass ich abends in diesem oder einem der anderen Zimmer, in denen ich wohnte, nicht allein war. Er war hier und nahm die Einsamkeit. Wir begannen zu essen und schwiegen dabei. Ich beobachtete genau wie er aß, sah seine Zähne, die ich nur wenige Tage zuvor so schmerzhaft zu spüren bekommen hatte. Ob es bei einem sanften und erlaubten Vorgang weniger weh tat? Doch da erinnerte ich mich ans Draculin und das berauschende Gefühl, als ich es in meinen Körper aufgenommen hatte. “Das ist wirklich gut.”, lobte er und aß bereits die zweite Hälfte. “Zu viel des Lobes.”, antwortete ich matt und stach ebenso ein nächstes Stück herunter. Mein Magen nahm die Mahlzeit dankend an und war doch schon bald gesättigt. “Du isst wirklich wenig“, bemerkte er, als ich den Teller abstellte. “Habe noch nie viel gegessen“, erklärte ich und strich mir über den Bauch. “Ich muss schließlich auf meine Figur achten.” “Die ist doch…”, begann er und ich giftete ihm dazwischen: “Wenn du jetzt schon wieder Lob verteilst, schmeiß ich dich hinaus in den Schnee!” Sein Blick blieb erstarrt, doch er nickte und steckte sich das letzte Stück Omelette in den Mund. Ich nahm ihm den Teller ab und zusammen mit meinem brachte ich ihn zurück in die Küche. Ich aß für gewöhnlich nie in meinem Bett, mochte es einfach nicht und räumte immerzu alles Geschirr weg, bevor ich mich in die weichen Tiefen meines Bettes bequemte. Heute würde es wohl eher die Couch werden, aber was sollte ich tun?! Zurück im Schlafzimmer saß Alejandro noch immer so da, wie ich ihn verlassen hatte und ich begab mich an das Schubfach meines Bettes, in dem ich eine dritte Decke aufbewahrte. Da er schon meine Ausweichdecke aus dem Wohnzimmer in Beschlag nahm, musste ich diese nehmen, welche immer frisch bezogen hier ruhte und auf ihren Einsatz wartete. “Was machst du da?”, hörte ich ihn fragen und stand dabei auf, raffte die Decke und ein Kissen in meinen Armen. "Ich schlafe auf der Couch“, antwortete ich. "Du kannst doch auch hier schlafen. Dein Bett ist groß genug“, erwiderte er und ich lachte kurz auf. Das würde ihm so passen und hinterher überfiel er mich noch im Schlaf. Nicht mit mir! "Ich schlafe nicht bei meinen Patienten, du Sau“, beleidigte ich ihn und machte klar, dass ich wusste, was er im Schilde führte. Sicher war die Abweisung von vorhin nur der Tarnung zu verdanken gewesen. Damit er mich in Sicherheit wog. "Du hast doch auch schon MIT mir geschlafen“, machte er dann klar und ich bemerkte mein inneres Stocken erneut. Da hatte er recht. Schlimmer wie das konnte es kaum kommen und er hatte ja auch versprochen zu fragen, sollte ihn der Hunger überkommen. "Touché“, lobte ich nun seine Auffassung und ging auf die andere Seite des Bettes, setze mich darauf und sah dann ernst zu ihm. “Du hast es versprochen!” “Ich frage!”, antwortete er wissend und ich musste schmunzeln. Er hatte genau gewusst, was mich beängstigte. “Keine Sorge“, wisperte er und rutschte im Bett hinab. Ich wusste wahrlich nicht, woher dieses Vertrauen zu ihm kam, doch ich legte mich zu ihm ins Bett, richtete das Kissen und schob die Schlappen erst von den Füßen, nachdem ich diese unter die Decke geschoben hatte. Es war irgendwie eigenartig. Seit Manolo hatte ich mit keinem Mann mehr im Bett richtig geschlafen. Es war schon so lange her, dass ich mich an das Gefühl, einen Körper neben mir zu spüren, gar nicht mehr erinnern konnte. Alejandro sah an die Decke und ich musterte seine Ohrringe, bis ich bemerkte wie meine Lider schwer wurden und seine Pupillen sich zu mir bewegten. Sofort schossen meine wieder auf, doch der Sog des herannahenden Schlafes zog hart an meinem Geiste. “Schlaf ruhig. Ich werde dir nichts tun!”, versprach er und ich spürte, wie er seine Hand zu meiner schob. Sollte ich sie ergreifen? Ich tat es. Was hatte ich nun schon zu verlieren? Seine Finger schlossen sich um die meinen und gaben mir Wärme. Wie konnte ein Wesen, das angeblich nach Nacht und Tod roch so etwas auslösen? Ich genoss es und spürte nur wenige Minuten, nachdem ich das Licht via Schalter über meinem Bett gelöscht hatte, die Gier in mir wachsen. Es war dunkel, sein Atem ruhig und ich vermutete, dass er bereits schlief. Entgegen meiner Müdigkeit, die noch immer an mir riss, rutschte ich zu ihm. Leise und vorsichtig schob ich mich fast ganz an ihn heran und schloss dann meine Augen. Sein Arm bewegte sich, schob sich unter meinen Kopf und sein Körper drehte sich zu dem meinen. Ich versuchte die Augen zuzuhalten. Konnte es wirklich sein, dass er meiner stummen Bitte nachkam? Dass er mich in den Arm nahm, mir Wärme und den Schutz vor der Einsamkeit der Nacht gewährte? Die ganze Nacht träumte ich vom Dschungel meiner Kindheit, die Wärme dessen und die Vertrautheit, alle Dinge daraus zu kennen. Es waren ewige Jahre seitdem vergangen und nie hatte ich je Sehnsucht danach gehabt. Nie den Drang verspürt dieses Gefühl zu erfahren oder es nicht mehr verlieren zu wollen. Ich wollte jede Sekunde in den Armen dieses Fremden verbringen, nur um dieses Gefühl nicht mehr herzugeben. Die Sonnenstrahlen hatten jedoch einen anderen Plan und ich schob müde die Augen auf. Ich musste mich in der Nacht gedreht haben und lag mit dem Rücken, aber fest umschlungen, vor Alejandro. “Na erwacht, kleiner Prinz?”, fragte er an meinem Ohr und erschauderte meine gerade erwachenden Glieder. Besonderes eines. “Nenn mich nicht so“, antwortete ich und wollte mich aufrappeln. Doch seine Stärke war zurück und er zwang mich zurück in eine feste und liebevolle Umarmung. “Wieso? Du bist doch so königlich in deinem Auftreten.” “Das ist divenhaft, nicht königlich“, schalt ich und wurde rot. Wieso musste er denn nun so etwas sagen? “Dennoch“, schmunzelte er und presste sich noch etwas mehr an mich. “Du bist so warm.” “Das sagt der Richtige“, stichelte ich leicht und gab mich geschlagen. Gegen seine Kraft hatte ich keine Chance. “Wie fühlst du dich?” “Gut“, antwortete er und schenkte mir einen Blick in seine roten Augen. Er lächelte, wodurch sie zu Strahlen begannen. “Und der Hunger?” “Auszuhalten, wenn du so in meinem Arm liegst.”, versprach er und ich drehte den Blick weg. Was war er doch ein Schmeichler. Es war fast nicht zu ertragen. “Dann kann ich heute ja deine Entlassungspapiere fertig machen“, flüsterte ich und spürte einen stechenden Schmerz in meinem Herzen. Was sollte das, Herz? Hast du dich nur durch eine Nacht so sehr an seine Wärme gewöhnt, dass du sie nicht mehr hergeben willst? Du weißt, dass das nicht geht. Ich hatte ein Leben und er sicher auch. Wir konnten nun nicht einfach so alles über den Haufen werfen, nur weil... ja, weil, was? Ich öffnete die Augen und erfasste, welchen Gang meine Gedanken da machten? Konnte es denn wahr sein? Da verliebte sich dieses heimtückische Herz einfach wieder mal und das in jemanden, den ich niemals lieben durfte. Einen Komori. Einem gefährlichen Wesen, welches seine Kontrolle erst erlangen musste. Wie viele Generationen brauchte es noch dafür bis diese Yokaiart sich im Griff hatte und niemanden mehr tötete, nur um an sein Blut zu gelangen? Ob er schon jemanden auf dem Gewissen hatte? Eine geliebte Person gefressen hatte? Ich wusste nichts von ihm. Gar nichts. Und doch hatte er sich in mein Herz geschlichen, einfach weil er Interesse zeigte, meine stummen Wünsche annahm und mich im Arm hielt. Nur weil er mir die Einsamkeit nahm? Das konnte doch nicht sein, oder? Kapitel 12: Versuch (Alejandro) ~by PoG --------------------------------------- 12 Versuch (Alejandro) – by PoG Meine mir selbst gestellte Frage, wurde in der nächsten Sekunde beantwortet, als ich feststellte, dass ich mich nicht mehr rühren konnte. Egal wie sehr ich versuchte meine Muskeln anzuspannen, ich war völlig erschöpft und hatte scheinbar all meine Kräfte verbraucht. Und was tat dieses hinterhältige Biest von einem Vögelchen. Es hatte nichts Besseres zu tun, als mich auszulachen. Na, Prost, Mahlzeit, wenn er das bei all seinen Patienten so machte! Wütend blickte ich in seine Richtung. Wenn ich mich jetzt bewegen könnte, würde ich ihm dieses Lachen schon austreiben. Lang und ausgiebig! Die nächste Aktion des Idioten, war auch nicht viel intelligenter als er mir „meine“ Kleidung reichte und schlicht meinte ich solle mich anziehen. Dachte er wirklich, ich würde auch nur eine Sekunde länger in dieser erniedrigenden Position verbringen, wenn ich in der Lage wäre, sie zu ändern?! Ein schnaubendes Seufzen entkam meiner Kehle und brachte ihm scheinbar den Sachverstand zurück. Oder auch blinden Aktionismus?! Was hatte er nun schon wieder vor? Diese Frage stellte ich laut. Statt mich einfach umzudrehen und die Decke über mich zu breiten, zog und schob er an mir, wie an einer Marionette. Mit einer schnippischen Bemerkung zog er mich an, wie ein Kleinkind, dass zu nichts selbst in der Lage war. Dios mío, nie in meinem Leben hatte ich mich so schwach und hilflos gefühlt. Es war mir unsagbar peinlich. Doch seine Aussage, dass ich sein Blut nicht wollte, konnte ich nicht einfach so im Raum stehen lassen. An meinem Willen lag es doch kein Stück. Aber er war das letzte Mal angewidert davongelaufen. Die Abscheu in seinem Blick, mit dem er mich nach unserem gemeinsamen Erlebnis bedachte, werde ich wohl nie wieder vergessen. Ich hätte es nicht ertragen, wenn er mich noch einmal so anblicken würde. Egal, wie sehr es mich nach seinem Blut verlangte. Und beileibe das tat es. Minute von Minute mehr. „Nichts würde ich lieber wollen…“schlich sich die Wahrheit leise aus meinem Mund, was ihn dazu brachte aufzusehen. Gut, dass ich gerade anderes im Kopf hatte. Diese Position, er so nah vor mir gebeugt und mich von unten ansehend, seine Hände gefährlich nah an meinem Schritt. Aber ich war mir sicher, wenn mein Körper jetzt seine begehrliche Reaktion zeigte, würde auch das ihn wieder von mir entfernen. Also konzentrierte ich mich auf meine Angst und gab sie auch ihm preis. Seine Reaktion überraschte mich und ich war mir sicher, dass ich ihn nicht richtig verstanden hatte. Es konnte doch nicht sein, dass er wirklich gesagt hatte, dass er bei mir bleiben, ich ihn nicht mehr so einfach loswerden würde?! Argh! Dios hilf mir. Seine Finger an meinem Arsch zu spüren, kostete mich alle Selbstbeherrschung, die ich nur irgendwie finden konnte. Konzentration auf die eigentliche Frage, Alejandro! Wollte er wirklich bei mir bleiben? So richtig? Empfand er das Gleiche wie ich? Diese unerklärliche Verbundenheit, dieses unbegreifliche Bedürfnis nach der Nähe des anderen? Konnte das sein? „Solange du mich noch so brauchst!“, relativierte er seine Aussage und versetzte meinem Herzen einen Stich. Aber es war keine vollständige Rücknahme seiner vorherigen Worte. Er ließ mir ein Hintertürchen und es galt für mich nun herauszufinden, ob er dies absichtlich tat oder ob er sich seiner Worte nur nicht bewusst war. Also stellte ich ihm die Frage, ob er auch ewig bei mir bliebe, wenn ich ihn für immer brauchte. Innerlich machte ich mich auf eine harsche Ansage und eine Abfuhr gefasst. Oder eine schnippische Bemerkung und einen schnellen Abgang. Er ignorierte meine Frage zunächst, was mich verwirrte. Wusste er darauf keine Antwort, war er zu gutherzig mich vor den Kopf zu stoßen? Als Zeichen der Vertrautheit und um ihm zu vermitteln, dass es okay sei, wenn er mich ablehnte, suchte ich seine Nähe und legte meine Hände an seine Oberschenkel. Ich rechnete ja mit nichts anderem als seiner Verneinung. Vielleicht noch mit einer Schimpftirade, ob meiner Dreistigkeit, so viel zu fordern, wo er mir doch schon so viel mehr gab, als ich je verlangen konnte. Siakoh schien wirklich wütend über diese Frage zu sein, denn seine vorher sanfte und liebevolle Fürsorge wich einer harschen Professionalität. Er kleidete mich vollständig an und kam dabei immer näher. Ob er das extra tat, um mich zu provozieren? Wenn ja, ging der Schuss nach hinten los. Ich genoss es sehr, so von ihm umsorgt zu werden und sein scheinbar unfreiwilliger Hautkontakt, jagte mir immer wieder kleine, prickelnde Blitze über den Körper. Ich atmete immer wieder tief ein und möglichst viel seines Duftes zu bekommen und mir einprägen zu können, sollte dieser Ausflug in seine Welt, bald ein jähes Ende finden. Er hatte ein leicht gehässiges Grinsen im Gesicht, dass mich stutzig machte. Was dachte mein Vögelchen wohl? Ob er doch versuchte, mich schnellstmöglich loszuwerden und einfach nur sein Gewissen beruhigen wollte, als er mir sein Blut anbot? Zwischendurch hatte ich immer wieder das Gefühl, dass er meine Nähe zu mögen schien, aber nun? Verunsichert erkundigte ich mich nach seiner Antwort, als er mich bereits wieder zudeckte. Er tat, als wüsste er nicht was, ich meinte und ich seufzte innerlich. Doch ich wollte jetzt eine Antwort, auch wenn ich die bange Vorahnung hatte, dass diese mir nicht gefallen würde. Aber lieber eine direkte Abfuhr und ich wusste, woran ich war, als dieses ständige Herumgeeiere. Das ging mir langsam auf die Nerven und überreizte mein Gemüt. Also wiederholte ich meine Frage: „Würdest du bei mir bleiben, wenn ich dich für immer brauchen würde?“ Da er sich abwandte und daran machte den Raum zu verlassen, dachte ich er würde mir die Antwort erneut verweigern. Aber die Reaktion meines Vögelchens versetzte mir einen euphorischen Schock. Er blieb im Türrahmen stehen, stützte sich ab und sprach mit gesenktem Kopf: “Ich bliebe, bis du es nicht mehr tätest!” Er würde nicht gehen! Er würde bleiben! Ich jubelte innerlich, bis mein Grinsen wieder erstarb. Das sagte er doch nicht nur so, weil er mich nicht verletzen wollte, oder? Nein, mein Vögelchen, war ehrlich, tugendhaft und ritterlich. Dios mío, was war ich bitte für ein Weichei geworden?! Das musste das Fieber sein, anders konnte ich mir dieses Bedürfnis so überaus nett zu Siakoh zu sein und seine Gunst zu erlangen, wirklich nicht mehr erklären. Ich war zu niemandem so nett und biederte mich derartig kriecherisch an. Gut, ich wollte auch selten etwas von anderen. Befand mich also normaler Weise auf der anderen Seite und nahm die Angebote der Bittsteller entgegen. So wirklich gefallen, wollte mir diese Position hier nicht. Ich benahm mich doch absolut irrational. Das Beste würde es sein, wenn ich jetzt meine Augen schlösse und meine Kraftreserven durch einen erholsamen Schlaf wieder auffüllen würde. Ich träumte, anders konnte es nicht sein. Ich war in einem Wald und auf der Lichtung vor mir drehte sich mein Vögelchen wie die Ballerina auf einer Spieluhr im Kreis. Er rief mich zu sich. Ich solle ihn fangen und zu dem Meinen machen, lockte er. Ich duckte mich also und wollte ihn mir im Sprung schnappen. Beobachtend hockte ich da und konzentrierte mich darauf den richtigen Moment zu erwischen. Da Drang mir ein appetitlicher Duft in die Nase und ließ mir das Wasser im Mund zusammenlaufen. Schlagartig war ich wach und schlug blitzartig die Augen auf. Er half mir auf und ich linste auf die Teller, die er abgestellt hatte, schnüffelte noch einmal begierig und lobte den leckeren Geruch. Scheinbar hatte Siakoh sich während der Zubereitung wieder distanziert und reagierte genervt auf mein Lob. Warum widerstrebte es ihm so, das einfach anzunehmen? Er musste mir meinen Fehler auch nochmal unter die Nase reiben. Ob er ernsthaft Angst davor hatte, dass ich nochmal über ihn herfallen würde? Es schien so. Denn noch mehrere Male musste ich ihm während unseres gemeinsamen Abends versichern, dass er nichts von mir zu befürchten hatte. Unser Mahl beendeten wir mehr oder weniger schweigend. Nur ein weiteres Lob versuchte ich, auch wenn ich diesmal nicht zu hundert Prozent ehrlich war, da es für meinen Geschmack etwas fade war, wobei ich das generell bei den meisten Gerichten fand, die ich nicht selbst kochte. Er hatte sich wirklich rührend um mich bemüht, beinahe mütterlich, wie ich ihn aufzog, und wollte schließlich sogar auf der Couch schlafen, um wie er sagte, mir Ruhe zu gewähren. Das kaufte ich ihm allerdings kein Stück ab, da steckte mit Sicherheit anderes hinter. Also entkräftete ich seine fadenscheinige Argumentation und er gab sich geschlagen und entschloss sich tatsächlich dazu bei mir zu bleiben, ich konnte mein Glück kaum fassen. Wirklich vertrauen schien er mir allerdings immer noch nicht, wies er mich doch ein weiteres Mal auf mein Versprechen hin, welches ich erneut bekräftigte. Seine Unsicherheit verletzte mich ein wenig. Wieso glaubte er mir nur nicht? Ich hatte ihn doch eigentlich nie belogen, nur einmal meine Kontrolle verloren. Aber egal, alles, was jetzt zählte, war, dass er nun die Nacht neben mir verbringen würde. Ich könnte seine Nähe spüren, seine Wärme und seinen Geruch genießen. Wohlig ließ ich mich tiefer ins Bett gleiten und konzentrierte mich ganz darauf seine Präsenz zu erfassen. Ob wir das von nun an öfter machen würden? Es war schön, nicht allein im Bett zu liegen. Das war eine völlig neue Situation für mich. Nie hatte ich mit einer meiner Affären oder One-Night-Stands das Bett auf diese Weise geteilt. Stets war ich danach, wenn es denn mal in einem Bett geschah, nicht in meinem, bei mir Zuhause hatte ich nie einen meiner Liebhaber empfangen, aufgesprungen, um meiner Buße und der Suche nach Absolution nachzukommen. Dieses Nähe- Gefühl, dass er mir gab, war einfach wundervoll und ich musste mir eingestehen, dass es mir unbewusst wohl in meinem Leben gefehlt hatte, seit mein Vater gestorben war. Ein Gefühl des beobachtet Werdens zog meine Aufmerksamkeit auf sich und aus den Augenwinkeln sah ich wie mein Bettnachbar mich musterte. Er schien bereits einzudösen, aber versuchte sich gegen den Schlaf zu wehren. Ob er immer noch beunruhigt war? Mein kleines Vögelchen, war wohl zu einem kleinen ängstlichen Hühnchen geworden?! Ob ihn Nähe beruhigen würde? Ob er sie annähme? Aber in den Arm nehmen konnte ich ihn schlecht. Das wäre bestimmt zu viel und würde ihn doch noch aus dem Bett vertreiben. Also schob ich ihm, mit einer weiteren Versicherung, dass ich ihm nichts tun würde, meine Hand immer näher. Mein Herz schlug aufgeregt und geriet kurz ins Stolpern, als er sie tatsächlich ergriff. Fest schlang ich meine Finger um seine und wusste, dass ich ihn bis zum Morgen nicht mehr loslassen würde. Ich war glückselig und fiel eingehüllt in eine Wolke aus Geborgenheit und seinen Duft fast augenblicklich in einen festen, traumlosen Schlaf. Konnte es noch besser werden? Es wurde besser. Am Morgen erwachte ich noch bevor die Sonne ihre ersten Strahlen ins Zimmer schickten. Es dämmerte zwar bereits, aber der Himmel hatte erst seinen ersten, zartrosa Schimmer bekommen. Ich war kurz verwirrt, wo ich war, fühlte mich aber himmlisch ausgeruht und entspannt. Es ging mir einfach gut, auch wenn ich tief in meinem Inneren ein leichtes Stechen des Hungers verspürte. Ich lag mit geschlossenen Augen da und genoss die Wärme des Körpers in meinem Arm. Warte?! Was?! Vorsichtig blinzelte ich mit einem Auge, hatte Angst diese wunderbare Illusion zu zerstören, die sich so real anfühlte. Doch es war tatsächlich wahr. Siakohs Körper lag mit der Rückseite an mich geschmiegt in meinen Armen. Eng umschlossen hatten wir anscheinend die Nacht so verbracht, was wohl diesen inneren Frieden in mir auslöste. Nie hätte ich mir erträumt, dass es mal jemanden geben würde, der so etwas in mir auslösen würde. Ich spürte kein Verlangen, keine Gier. Wollte einfach genau dieses Gefühl genießen. Ich war gezähmt worden. ER hatte mich gezähmt. Ob er das wollte oder nicht. Gerade hatte ich allerdings sehr das Gefühl, dass er es wollte, spürte ich doch eine morgendliche Regung aus der Region seiner Hüfte, auf der meine Hand ruhte, die nicht mit der seinen verbunden war. Wir hatten unsere verschlungenen Hände anscheinend tatsächlich die ganze Nacht nicht voneinander gelöst. Es war als wären unsere Körper einander vertrauter, als unsere Köpfe wahrhaben wollten. Gezähmt, vertraut… Ich musste schmunzeln und an die bekannte, recht niedliche Geschichte über einen kleinen, blonden Jungen denken, der seinen kleinen Heimatplaneten verließ, weil er vor seiner anspruchsvollen Rose floh. Er landete auf der Erde und traf dort unter anderem auf einen Fuchs. Der ihn bat ihn zu zähmen, denn zähmen hieße sich einander vertraut zu machen. Neuerdings auch ein erstrebenswertes Ziel für mich. Ich vergrub die Nase in dem besonderen, blonden Haar meines Krankenpflegers, strich sanft an der zarten Haut hinter seinem Ohr und seines Halses entlang und sog dabei jede auch noch so kleine Nuance seines Duftes ein. Das Flattern seiner Lider verriet mir, dass er bald aufwachen würde. Innerlich machte ich mich schon mal darauf gefasst, dass es gleich ein fürchterliches Theater geben würde. Was mich innerlich schmunzeln ließ, musste ich doch an den Titel des Buches und den Namen des blonden Jungen denken: Kleiner Prinz. Es passte auf so viele Arten zu meinem Vögelchen, das gerade seine hübschen Äuglein öffnete. “Na erwacht, kleiner Prinz?”, bedachte ich ihn, leise in sein Ohr raunend, mit seinem neuen Spitznamen. Er schien ihm nicht zu gefallen und er wollte weg, aber da hatte er Pech. Mir ging es gerade einfach gut, ich wollte ihn ein wenig necken und war noch nicht bereit ihn gehenzulassen. So entspannt und schön, war es bisher noch nicht zwischen uns gewesen, das wollte ich auskosten. Als er bei unserem kleinen Wortgefecht errötete, konnte ich einfach nicht anders. Ich wollte ihn noch näher spüren, seine Wärme genießen und endlich entspannte er sich auch wieder und fragte nach meinem Befinden. Meine Antwort hätte zwar nicht schnulziger ausfallen können, aber dennoch entsprach sie voll und ganz meinem innersten Empfinden. Er beendete mein Hoch, dadurch, dass er meinte, er könne mich dann ja entlassen und sich wegdrehte. Meine Umarmung lockerte sich augenblicklich und ich entließ ihn. War das alles nur seinem Pflichtgefühl entsprungen? Aber sein Körper reagierte doch ganz offensichtlich auf mich und wir hatten heute Nacht aneinander gekuschelt verbracht. Das musste doch etwas bedeuten, oder? Ich schluckte hart, tippte ihm auf die Schulter und guckte ihm direkt in die Augen. Ob er meine Verzweiflung sehen konnte? „Wenn du mich so dringend loswerden willst, sollte ich dich nicht aufhalten. Würdest du mir meine Sachen bringen und dürfte ich noch duschen, bevor du mich vor die Tür setzt? Und…“, versuchte ich möglichst nüchtern zu klären. Auch wenn sich ein dicker Kloß in meinem Hals gebildet hatte. „Wenn du das möchtest, kannst du das natürlich tun. Kannst du denn wirklich schon wieder aufstehen?“, musterte er mich kritisch und ich wusste es selbst nicht genau. Vorher war ich voller Energie gewesen, aber nun? „Wird schon gehen…!“, nuschelte ich und machte mich daran, mich aufzusetzen. „Soll ich dir nicht lieber helfen?“ „NEIN!“, schnauzte ich meine Antwort. Er sollte aufhören mich mit seinen Nettigkeiten zu verwirren. Wenn er mich nicht wollte schön, aber es war unfair von ihm, sich so widersprüchlich zu verhalten. Dieses ganze Gefühlsding war neu für mich und ich mochte es nicht, ich fand es einfach anstrengend. Aus meinem Frust schöpfte ich neue Kraft, schüttelte die Decke von mir und stemmte mich hoch. „Wo finde ich jetzt das Bad?“, fragte ich erneut. „Geht das auch freundlicher?! Ich hab mich immerhin die ganze Zeit um dich gekümmert“, kam die patzige Antwort. „Hn… Ich kann mich nicht daran erinnern, dich darum gebeten zu haben“, grummelte ich zurück. „Was hatte ich denn für eine Wahl, wenn du halbtot, weil du mich stalken musstest, vor meine Terrassentür fällst?!“, meinte er nur spitz. „Du hättest das tun können, was jedes normale Wesen auch getan hätte und einen Notruf wählen!“, erwiderte ich überheblich. „Öhm…“ War ihm diese Idee ernsthaft nicht gekommen?! Was war er nur für ein Typ? Egal, ich wollte einfach nur noch weg und ihn vergessen. Was hatte das bitte alles für einen Sinn. Ich machte mich hier doch nur zum Affen. „Das Bad?“, fragte ich genervt erneut nach. „Warte, ich komm mit und zeig dir alles. Und bringe dir dann auch deine Sachen!“ Er lief um das Bett herum und vor mir her über den Flur und öffnete die Tür gegenüber. War das sein Ernst? Er hatte mir nicht sagen können, dass ich einfach nur geradeaus über den Flur gehen müsste?! Ich war gereizt und genervt, riss ihm das Handtuch aus der Hand, das er mir hinhielt und schob ihn aus der Tür. „Nimm das Duschzeug vom obersten Fach, das andere ist zu gut für so einen ungehobelten Kerl!“, hörte ich ihn dumpf durch die Tür rufen. Ich zog mich aus, warf die Klamotten in einen dafür anscheinend bereitstehenden Korb und stieg in die Dusche. So ganz waren meine Kraftreserven wohl nicht wiederhergestellt, bemerkte ich an einem leichten Taumeln und Schwindelgefühl. Sollte ich mich wieder auf meine Ernährung vor der Begegnung mit dem kleinen Prinzen einlassen? Könnte ich das? Gab es ein Zurück, wenn man gezähmt wurde? Ich nutzte die Dusche, um mich von heißem Wasser umspülen zu lassen. Siakoh, war auch hier ganz Prinz und hatte sich eine Regendusche mit zusätzlichen Seitendüsen einbauen lassen. Für japanische Verhältnisse ein ungeheurer Luxus, an den man sich aber durchaus gewöhnen könnte. Um das Prinzlein zu provozieren wollte ich nach einem besonders edel aussehenden Tiegel greifen, der auf dem mittleren Brett des Duschregals stand. Aber ich griff ins Leere und hielt mich an der Tür der Dusche fest, welche natürlich genau in dem Augenblick nachgab, als mein unfreiwilliger Gastgeber mit meinen Sachen auf dem Arm in den Raum kam. Ich landete auf ihm und er auf dem Boden. Unsere Blicke trafen sich und augenblicklich versank mein Blick in seinem und unsere angespannten Gesichtszüge verzogen sich zu einem breiten Grinsen, welches in lautem Gelächter gipfelte. Vorbei war die Anspannung der letzten Minuten und ich rollte lachend von ihm runter. Nachdem wir uns beruhigt hatten, beugte er sich über mich und fragte: „Was ist denn da passiert?“ „Ähm…“, sagte ich schüchtern, blickte zurück in seine Augen und errötete leicht. Statt einer Antwort umschlang ich seinen Nacken mit meinen Armen und zog ihn zu mir runter. Kurz bevor sich unsere Lippen berührten hauchte ich: „Darf ich?“ Er antwortete nicht, sondern beugte sich tiefer hinab, um unsere Lippen zu vereinigen. Ich löste die Umklammerung seines Nackens, packte ihn an der Hüfte und zog ihn auf mich. Er seufzte in den Tanz, den unsere Zungen mittlerweile aufführten und ich spürte meine Reaktion auf seine Laute an dem Stoff seiner Shorts reiben. Als wir außer Atem waren, löste ich meine Arme von ihm richtete mich auf, nahm sein Gesicht in meine Hände und sah ihm noch einmal in die Augen und fragte: „Lässt du mich noch einmal das Paradies schmecken?“ „Wenn du mich lieb bittest?!“, grinste er mich frech an. Ich legte den Kopf leicht schief, machte große Augen und schob die Unterlippe vor. „Biiiiittee?“ „Ist das hier okay? Und wird es weh tun?“, sprach er und streckt mir seinen Unterarm hin. Ich ergriff seinen Arm, strich ihm zärtlich über die Haut und meinte: „Das ist perfekt. Eigentlich solltest du nur einen sehr kurzen Pieks merken, aber ich versuche mal etwas, wenn das okay ist? Wenn es klappt, spürst du nicht mal den.“ Ich leckte ausgiebig über die Innenseite seines Armes, etwas oberhalb des Handgelenks, dort wo man die Ader noch gut sehen konnte. Vorsichtig entblößte ich meine Zähne und mit einem kurzen schnellen Ruck durchstieß ich seine Haut und alle darunterliegenden Schichten, um an den himmlischen Lebenssaft zu kommen. Ich trank einige Schlucke und versuchte jeden Tropfen einzeln meine Kehle hinablaufen zu lassen. Dieses Gefühl war erneut unglaublich. Es war ungleich intensiver, da ich diesmal nicht von Gier gepackt, sondern bei klarem Verstand war. Ich nahm die Nuancen des Blutes meines Prinzen in allen Einzelheiten wahr und vor allem spürte ich ein mir gänzlich unbekanntes Gefühl. Es war, als würde ich eine Essenz von Siakoh aufnehmen. Ich spürte Schmerz, Leid, Leidenschaft und so unglaublich viel Wärme und Geborgenheit. Bald war ich gesättigt und drückte mit der Hand die Einstichstellen zusammen. Wie gerne besäße ich nun heilende Kräfte, um ihn vor weiterem Blutverlust zu schützen. Verzweifelt blickte ich in meines Prinzen Augen, welche mich nur liebevoll musterten, als er plötzlich irritiert dreinblickte und seine Hand an meinen Mundwinkel schob. Er streifte meine Haut und hielt mir einen Finger vors Gesicht. „Ist es immer so, dass danach so grünliche Flüssigkeit aus deinem Mund läuft? Das habe ich letztes Mal gar nicht bemerkt.“ Verwirrt ließ ich seinen Arm los und uns beiden stockte der Atem. Die Einstichstellen waren bereits verschlossen und fast verschwunden, nur zwei kleine, rote Pünktchen zeugten noch von meinem Eindringen. Was hatte das nun schon wieder zu bedeuten? Kapitel 13: Aufkommende Gefühle (Siakoh) ---------------------------------------- 13 Aufkommende Gefühle (Siakoh) Unser Morgen hatte so gut begonnen. Er wollte mich nicht gehen lassen, war wieder halbwegs fit und ich könnte ihn entlassen. Diese Worte entwickelten sich in meinem Inneren zu einem Felsen, der immer schneller rollend, den Berg hinab, auf eine Felswand zuraste. Ich spürte einen inneren Widerstand. Als ob ich ihn nicht gehen lassen könnte. Nicht wollte. Und seine Reaktion war daher nicht überraschend. Er giftete mich an, wollte duschen und forderte seine Sachen zurück. Verdrehte Welt. Hatte ich nicht vor wenigen Tagen Reißaus nehmen wollen und meine Sachen zurückgefordert? Ich wollte ihm helfen, er war pissig und schnauzte mich an, worauf ich einging und zurück maulte. Wenn er doch nur wüsste, dass ich ihn eben nicht einfach so dem Rettungsdienst hätte überlassen können. Nicht nur wegen den dummen Bemerkungen meines Chefs und der eventuellen Eifersucht durch Yosuke. Ich wollte ihm helfen, auch wenn es sich am Anfang nicht danach anfühlte. Nun hatte ich es nicht bereut. Und doch… Vielleicht hatte ich mich getäuscht. Die Gefühle, den Traum und die Wärme seines Körpers falsch interpretiert. Mein Herz drückte. Ich zeigte ihm, etwas mürrisch, weil ich nicht wusste, wie ich aus dieser Lage herauskommen sollte, das Bad. Alejandro war plötzlich wie ausgewechselt. Die Krankheit hatte ihn wohl so lammfromm werden lassen. Nun da es ihm besser ging, bekam ich sein wahres Gesicht zu sehen und dieses war kühl. Er riss mir das Handtuch aus der Hand, welches ich ihm gab. Gut, sollte er stinkig sein. Dummer Vampir. Dusch dich und dann raus mit dir, du elendiger Stalker! Ich wies ihn an, bloß nicht mein teures, französisches Shampoo zu benutzen und verschwand in meine kleine Waschküche. Dort knurrte ich vor mich hin und sah, dass ich seine Wäsche nicht mehr in den Trockner bugsiert hatte. Oh man. Wie sollte ich das nun machen? Er sollte sich gefälligst sofort verziehen und mein Herz sollte das komische Stechen, bei solchen Gedanken, gefälligst wegstecken. Ist mir doch egal, wie warm er sich angefühlt hatte, wie geborgen ich mich gefühlt hatte. Niemand würde mich je zu schätzen wissen und mehr wollen als nur das Blut in meinem Körper. Also zurück in die Einsamkeit und die Geborgenheit als Reserve nutzen. Nachdem ich die Wäsche nun in den Trockner geworfen hatte, entschied ich ihm erneut Kleidung von mir zu geben. Diesmal wählte ich ein schwarzes Shirt mit V-ausschnitt, meine beste, dunkelgraue Skinny Jeans und eine dunkelrote Sweatjacke, mit der ich mal versucht hatte das Joggen zu beginnen. Natürlich auch Shorts und Socken. Damit bewaffnet ging ich zum Bad, wollte ihm die Wäsche zurechtlegen, eine Erklärung dafür geben und mich dann in die Küche verziehen. Vielleicht würde er ohne ein Wort aus meinem Leben verschwinden. Seufzend suhlte ich mich in dem ausgelösten Schmerz meines Herzens, welches ich verurteilte und drückte die Klinke der Badezimmertür hinab. Ich trat durch die Tür, hörte einen Knall und spürte dann das Gewicht an meiner linken Schulter, das mich zu Boden drückte. Was zum?!, erschrak ich und fing mich halbwegs ab, bevor mein Kopf noch den Blumentopf streifen konnte und ich zum Patienten wurde. Mein Blick hob sich sofort zu demjenigen, dessen Gewicht ich auf mir gespürt hatte und der nun seinen Körper zwischen meinen aufgestellten Beinen gebremst hatte. Wir starrten einander für einige Sekunden an, erfassten was passiert war. Er musste umgefallen sein, hatte sich an der Duschtür abgefangen, die ihn nicht gehalten hatte und damit hatte er mich als Bremse für seinen völligen Sturz genutzt. Normalerweise hätte mich so etwas erzürnt, denn ich mochte keine Schubsereien. Doch hier, mit ihm zwischen meinen Beinen, rissen sich meine Mundwinkel schneller hinauf, als ich darüber nachdenken konnte. Ich lachte los, ebenso wie er. Wir fanden es beide unglaublich lustig. Wir kugelten uns vor Lachen, er rollte sich von meinem Körper und ich folgte ihm, fragend, ob meine Theorie stimmte. Er bluffte und legte die Arme um meinen Nacken, womit er mich näher an sich zog. Unser Lachen erstarb langsam und ich versank in seinen Augen. Eine Gänsehaut erfasste mich und die Stimmung wandelte sich. Unsere Gesichter näherten sich, ein innerer Drang baute sich auf und überschlug sich in mir. Ich wollte seine Nähe. Wer wusste, wie lange ich sie noch haben und genießen konnte? Er fragte, ob er mich küssen durfte. Meine Lektion trug Früchte und ich gab ihm seine Belohnung. Unsere Lippen trafen aufeinander, fingen sofort einen wilden Streit an, der mich keuchen ließ. Augenblicklich reagierte auch mein Körper und auch das spürte er, zog mich immer näher und dann auf sich. Ich spürte seine Beule direkt unter meinem Intimbereich und es kribbelte die Hüfte aufwärts über meine Schultern hinweg. Alejandro löste den Kuss, hielt dann meinen Kopf fest und sah mir tief in die Augen. Er war wieder zurück. Die liebevolle und zugegeben sehr zärtliche Version. Ich sah sein kurzes Ringen, bevor er mich fragte, ob ich ihm das Paradies noch einmal zukommen lassen würde. Ich hatte es ihm versprochen und gab ihm nur eine kleine Aufgabe auf, wodurch ich die erste Version des schmollenden Komori-Yokais bekam. Doch an das GIF reichte es lange nicht heran. Süß war es dennoch. Ich erlaubte es und fragte nochmal nach, ob es schmerzen und wie genau er vorgehen wollte. Mein Unterarm, den ich ihm zeigte, genügte, sagte er und erklärte mir, dass er etwas Neues ausprobieren wollte. Ebenso versprach er sanft zu sein, es mich kaum spüren zu lassen. Ich wappnete mich, als ich seine langen, spitzen Zähne sah, die sich langsam meiner zarten und durchblickenden haut am Handgelenk näherten. Er leckte zärtlich über die Stelle, die er auserwählte und als er seine Zähne mit einem gezielten Akt einsetze, tat es wahrlich nur einen Hauch lang weh. Danach erfüllte mich ein Rausch. Er erfasste meinen Körper und wie in Trance sah ihm dabei zu wie er langsam und beinahe hingebungsvoll an meinem Handgelenk saugte. Es war, als würde er den Nektar einer Honigwabe trinken, welcher sich köstlich süß in seinen Mund ergoss. Und mir schwirrte der Kopf vor lauter Herzklopfen. Ich beobachtete, wie er sich löste, wie er sofort seine Hand auf die blutende Stelle legte und dann seine roten Augen hob. Mein Herz schlug auf. Ich konnte es bald nicht mehr verneinen, dass da etwas war, was ich für diesen Mann spürte. Alejandro hatte es geschafft mein Herz zu erschüttern, welches dieses wahnsinnige Gefühl in unglaublich schnellen Schlägen durch meinen Körper pumpte. Es war erschaudernd. Mein Blick fiel zu seinem Mund, den ich zu gerne küssen wollte. Aber da erkannte ich etwas anderes, wischte ihm die grünliche Flüssigkeit aus dem Mundwinkel und zeigte sie ihm. Er schien kurz verwirrt, sah zu meinem Handgelenk und war noch irritierter. Was war denn nur los? „Die Wunde ist verheilt“, nuschelte er und ich musste zugeben, dass es stimmte. Aber warum? Warum blutete es nicht wie verrückt. So wie vor einigen Tagen? Lag es an seinem Versuch? „Was hast du anders gemacht?“, fragte ich und spürte plötzlich seine Lippen auf den meinen. Ich war so überrascht, dass ich meine Hand auf seine nackte Brust legte und seine Bewegungen erwiderte. Doch ich wollte auch wissen, was es damit auf sich hat. „Alejandro, einen Moment.“ „Nein. Ich kann das noch nicht wahrhaben“, keuchte er und drängte mir seine Zunge auf. Ich wollte mich wehren, erfahren, was er damit meinte, aber seine Hand glitt an meinen Beckenknochen und schob sich in meine Hose. „Nein“, seufzte ich halb ernst in seinen Mund und drückte ihn etwas von mir. Sein Entsetzen war zu spüren. „Bitte!“, raunte er mit tieferer Stimme. Mein flüchtiger Blick auf seinen Körper verriet mir, dass er mehr wollte. Ich haderte nur Sekunden, spürte selbst meine Lust und schämte mich weniger dafür, dass er es sah. Mehr dafür, dass ich dem nichts entgegensetzen konnte. „Ich will es dir zeigen“, bat er. „Nicht hier“, antwortete ich und seine Augen blinzelten überrascht und strahlten mit dem nächsten Augenaufschlag. Schweigend rutschte ich von seinem bereits erigierten Penis und stellte mich auf. Meine Hand richtete ich auf ihn, um ihm aufzuhelfen, was er annahm und tat. Sofort beugte er sich wieder zu mir und küsste sanft meine Wange, wanderte küssend zu meinen Lippen. „Zeig mir wo“, wisperte er und leckte über meine Lippen. „Wenn du mich lässt, zeige ich dir noch viel mehr“, versprach ich und mein letzter Widerstand, die Vernunft, war gebrochen. Was sollten die Gedanken, wenn ich doch spürte, was ich wollte. Ich wollte ihn, hier und jetzt. Wollte sehen, was er draufhatte, wenn er mir Zärtlichkeit versprochen hatte. Ich nahm seine Hand, drehte mich herum und wurde von ihm umschlungen. Seine Lippen legten sich auf meinem Nacken ab, küssten diesen und ließen meinen gesamten Rücken kribbeln. Meine Latte drückte fast schmerzhaft, so wie die seine an meinen Hintern drückte. So gingen wir zurück in mein Schlafzimmer, in dem ich mich herumdrehte, meine Arme um ihn schlang und der Ausbruch der Leidenschaft begann. Unsere Küsse brannten wie Feuer, prickelten auf unserer Haut. Ich schubste ihn aufs Bett, auf dem er rücklings landete. Sein Prachtstück hinauftragend. Ein netter Anblick, grinste ich frech und hob die Hände an den obersten Knopf meines Schlafanzugs. Einen nach dem anderen knöpfte ich langsam auf, bewegte etwas meinen Körper dabei, drehte mich dann herum und kreiste meinen Hintern, während ich den Stoff über meine Schultern zog und dann darüber warf, während ich mich wieder zu ihm drehte. Sein Blick schien überrascht, doch genießerisch, was ich daran erkannte, dass er seine Arme unter seinem Kopf verschränkte. Genieß die Show ruhig, kleiner Fledermäuserich, dachte ich und kreiste mit den Hüften, während ich meine Hose ergriff und sie langsam herunterzog und mit den Beinen hinabtrat. Aber nicht schnell und ungeschickt, sondern auf erotisch, gleitende Weise. Sein Blick flog über meinen Körper, anerkennend, genüsslich. Somit trat ich näher ans Bett schob mein Knie auf die Kante seitens seiner Beine und krabbelte über seinen trainierten Körper. Ich musste zugeben, dass nun, wo ich ihn richtig begutachten konnte, sein Anblick durchaus nach meinem Geschmack war. Die helle Haut gab einen glänzenden Kontrast zu meiner dunklen. Die Haare, die sich über seinem Glied hinauf zum Bauchnabel bahnten, waren beinahe fein. Er rasierte sich jedoch nicht. Es war natürlich. Seine Bauchmuskeln, scharf definiert, sportlich. Was er da wohl machte? Das Tanzen in dem Video sah laienhaft aus. Das konnte nicht für diesen Körper verantwortlich sein. An seiner Brust erkannte ich das Piercing an seiner rechten Brustwarze. Ob das sehr geschmerzt hatte? Ich stemmte die Hände neben seinen Kopf ab und beugte meine Lippen zu seinen. Er schien meiner Bitte nachzukommen, mich gewähren zu lassen und so wollte ich ihm zeigen, wie Zärtlichkeit funktionierte. Mit einem Kuss begann ich. Einem kurzen, bevor ich ihm über die Lippen leckte, er mir seine Zunge entgegenschob und ich zu seinem Kinn überging. An seinem Kiefer knabberte ich mich entlang zu seinem Hals, führte dort eine zarte, feuchte Spur zu seinem Schlüsselbein hinab. Meine Hände glitten über seine Oberarme, hinab zu seinen Fingern, die sich kurz mit meinen verhakten, bis ich die meinen an seinen Bauch legte. Währenddessen fand meine Zunge seinen nackten Nippel und umkreisten diesen. Sein Atem ging keuchend, sein Schwanz zuckte unter mir und berührte den meinen, wodurch ich stöhnte. Das schien ihm zu gefallen und seine Hand fand meinen Hinterkopf, streichelte durch mein Haar. Ich blickte hinauf, sah seinen erregten Blick und wie er die Lippen aufeinanderpresste. Meine Hand schob sich über seine Bauchmuskeln, während ich genau beobachtete, wie er reagieren würde, wenn ich ihn dort berührte. Er zeigte seine Zähne, während er den Kopf zurückwarf. Doch das war nicht das Überraschendste, was ich gerade erkannte. Nicht das mir seine Reaktion nicht gefiel. Aber da gab es etwas, was mir zuvor nicht aufgefallen war. Ich krabbelte weiter hinab küsste jeden seiner Bauchmuskeln, wollte meine Aufregung zwecks dieses Gegenstandes runterspülen und gelangte dann mit einem Kuss auf seine Scham an meinem Ziel. Vorsichtig beäugte ich die kleinen silbernen Kugeln und schluckte hart. Kein Wunder, dass ich so wund gevögelt gewesen war. Wenn er auch dort ein kleines Gadget vorwies. Um kein zu großes Aufsehen zu dieser Überraschung zu bewirken, leckte ich über seine Eichel und umkreiste das Metallstück. Mit der Hand glitt ich über seine seidige Haut und rieb sie immer rhythmischer. Alejandros leises Stöhnen klang wie Musik in meinen Ohren, beflügelte mich und das fast im wahrsten Sinne des Wortes. Ich konnte sie kaum zurückdrängen, weil ich selbst schon zum Bersten erregt war. „Siakoh!“, stöhnte er meinen Namen und zog sanft an meinem Haar, damit ich aufsah. Sein Schwanz lag auf meiner Zunge, die ich quälend langsam über seinen Schaft nach oben zog. Alejandros Blick war die reine Ekstase. Ich hielt es nicht mehr aus, ließ mir von ihm nach oben helfen und setze mich für einen innigen Zungenkuss auf seinen Schoß. Sein Glied rieb dabei zwischen meinen Backen und ließ mich keuchen. Er konnte sich nicht mehr zurückhalten. Ich aber wollte meine Macht nicht aufgeben. Langsam hob ich mein Becken und ließ ihn eine Position annehmen, die das Eindringen leichter machen würde. Er war noch leicht feucht von meinem Speichel und da das letzte Mal nur wenige Tage her war, glitt er diesmal leichter in mich hinein. Ich zitterte vor Erregung, spürte das ausgefüllte Gefühl und konnte den Kuss nicht mehr erwidern, da sich ein Stöhnen löste. „Das fühlt sich so gut an“, raunte er kehlig und legte seine Hände an meine Hüften. Nach einer kurzen Verweilzeit fing ich an mein Becken zu heben und ihn ein Stück weit hinausgeleitet zu lassen. Als ich ihn zurück hineinführte, biss ich die Zähne aufeinander. Ich war so scharf, dass ich es selbst kaum aushielt sanft zu sein. Aber ich musste ihn testen. Wissen, ob er dazu fähig war. Denn ich wollte, dass er es war. Ich wollte ihn, so sehr. Es war krank, anders konnte man es nicht sehen. Durch eigenen Zufall hatte ich ihn angesprochen, er hatte mich beklaut, zweimal. Als ich mir mein Hab und Gut zurückholte, fielen wir halb einvernehmlich übereinander her, wodurch ich fast einen Tag blutete und nicht sitzen konnte. Dann dachte ich er wäre fort, ich allein und fand ihn stalkend, auf meinem Dach. Pflegte, bekochte und beschlief ihn nun. Warum?, fragte ich mich selbst. Mein Herz gab die Antwort: Ich hatte Gefühle für ihn. Welche genau ließ sich nicht einschätzen. Aber sie waren da und ich musste herausfinden, was es war. Mein Körper für seinen Teil, genoss die rhythmischen, gleitenden Bewegungen, die ich auf Alejandro ausführte. Seine Fingernägel ritzten sich leicht in meine Haut, doch er bewegte sich im Einklang mit mir, war nicht drängend oder wollte mich untergraben. Er ließ mich gewähren. Auch als er seine Hand an meine Männlichkeit legte, bewegte er sie im Einklang mit unseren restlichen Bewegungen. Wir keuchten, wurden lauter und stöhnten um die Wette, bis ich spürte, wie mein Orgasmus aufstieg. Ich konnte es nicht mehr zurückhalten und hielt inne. „Nicht jetzt!“, stöhnte er bittend und ergriff meine Hüfte, presste sich in mich und ließ mich erschüttern. Ich beugte mich zu ihm hinab, küsste ihn und kam. So heftig und mit größtem, freigesetztem Druck. Alejandro kam ebenso, füllte mich aus und ich spürte das Kribbeln, verlor kurz die Kontrolle über meine Flügel. Sie breiteten sich über meinen Rücken aus und legten sich wie ein Schutzschild um uns herum. Heftig atmend zitterte ich unter dem dichten Federkleid und schmiegte mich an seinen Körper. Wir genossen die Wärme des anderen, die Erfüllung und Erleichterung, die wir gerade durchlebt hatten. Es war mir egal, dass er meine Flügel sah. Ich wollte das er mich kennenlernte und wollte alles über ihn wissen. Ich wollte mehr, denn das was ich bis jetzt spürte, war unglaublich. Hoffentlich würde es nicht wie die letzten Male enden. Aber Alejandro war in allen Dingen so anders. Ganz anders. „Wunderschön!“, hörte ich ihn in mein Ohr flüstern, wodurch ich mich etwas aufrichtete und seinen Augen folgte, die meine Federn betrachten. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen, bevor ich meine Flügel wieder einklappte und verschwinden ließ. „Das war schön.“ erwiderte ich und seine Augen musterten die meinen, während seine Hand sich auf meine Wange legte. „Zärtlich“, erfasste er schmunzelnd und ich schnaubte. „Ich hab dir nur gezeigt, wie man das richtig macht!“, lobte ich mein Werk und spürte das glitschige Gefühl zwischen uns. „Wir sollten duschen!“ „Sollten wir“, grinste er und das genau so, dass ich wusste, was er gerade dachte. Aber nein. Diesmal nicht. Ein ungebetenes Geräusch untermauerte meinen Entschluss und wir beide sahen dem vibrierenden und leuchtenden Gerät entgegen. „Ein Anruf.“ „Das heißt mir gehört das warme Wasser.“ stichelte ich und glitt von seinem Körper. Ein letztes Keuchen seinerseits drang an mein Ohr, bevor ich schnell ins Bad ging und mich dort an die Tür lehnte. Wir hatten es erneut getan. Zärtlich und voller Leidenschaft. Mein Herz brannte für das neue und aufgewirbelte Gefühl der Zuneigung. Es versprühte Glück und auch wenn ich Angst hatte, wieder verletzt zu werden, wollte ich dem allen eine Chance geben. Alejandro verdiente es. Ich verdiente es. Eilig duschte ich und sah zu, wie Alejandro zu mir in die Dusche stieg, meinen Körper umfasste und das warme Wasser auch ihn begoss. Meine Hände glitten an seine Wangen. „Wer war das?“, fragte ich vorsichtig. Es ging mich im Grunde nichts an. „Ein Auftraggeber. Ich werde mich morgen darum kümmern“, antwortete er dennoch und lehnte seine Wange an meine. „Bist du Profikiller?“, fragte ich spielerisch, weil es sich so aus seinem Mund anhörte. „Höchstens für Softwareganoven. Ich bin Programmierer“, amüsierte er sich und strich mir über den Rücken. „Kann ich dich auch etwas fragen?“ „Spuck‘s aus!“ gab ich ihm einen Schubs. „Wie soll das nun weitergehen?“, wollte er wissen und ich weitete die Augen. Dass er nun so schnell auf den Punkt kam, hätte ich nicht gedacht. Was sollte ich ihm antworten? „Ich…“, stotterte ich und erkannte seinen fixierenden Blick. Etwas unter Druck fiel mir nur ein Ausweg ein: „Mache uns Frühstück! Deine Wäsche ist noch im Trockner! Ich habe sie gestern Abend vergessen umzuräumen. So lange musst du hierbleiben oder meine Kleidung tragen.“ Mein Blick glitt zu der Kleidung, die auf dem Boden verteilt war. Der seine folgte dem und wandte sich dann wieder meinem zu. „Auch, wenn das Zeug da besser ist, als das Schlafgewand der Rache, von gestern, so würde ich gerne noch etwas mit dir frühstücken“, lächelte er. Ob er es verstehen könnte, wenn ich es langsam, forschend nach unser beider Gefühlen angehen wollte? Oder würde er es verspotten und mich allein lassen? „Ist gut“, antwortete ich lächelnd, spürte seine Lippen auf den meinen und fügte hinzu. „Ich muss aber zuerst einkaufen gehen.“ „Dann begleite ich dich.“ „Ich glaube, das schaffe ich auch allein“, wies ich ab und nahm mein Shampoo, tropfte nur wenig davon in meine Hand, schäumte Haar und meinen Körper damit ein. Alejandro griff zu einem, welches ich ihm empfohlen hatte, tat es mir gleich. Es war ein neutrales, denn ich roch ohnehin keinen Unterschied. „Gemeinsam macht doch mehr Spaß“, gab er einen guten Grund und ich geriet ins Wanken. Wie gerne hätte ich es gewagt. Aber es war doch noch nichts. Wir kein Paar oder sonst etwas Nennenswertes. Damit hausieren zu gehen, erschien mir nicht richtig. Vor allem, weil ich nicht wusste, wer uns alles sehen würde. Spontane Besucher, die dann etwas ausflippen würden. Yosuke, zum Beispiel. „Ein anderes Mal. Ruh dich noch etwas aus“, bat ich, wusch mein Shampoo raus und gab ihm anschließend einen Kuss. „Und ich komme endlich mal wieder in ein Zuhause, indem jemand auf mich wartet“, strahlte ich ihn heimtückisch an und stieg aus der Dusche, um mich abzutrocknen. „Du hast gewonnen, kleiner Prinz“, rief er mir zu und ich stockte. Über diesen Spitznamen mussten wir noch reden. Aber nun, war es schön den Gedanken an eine Wiederkehr zu haben. Die Wiederkehr zu ihm, in meinem Zuhause. Kapitel 14: Achterbahn (Alejandro) ~by PoG ------------------------------------------ 14 Achterbahn (Alejandro) by PoG Mein kleiner Prinz, wieso stellst du nur Fragen, auf die ich keine Antwort hatte?! Oder vielleicht lieber haben wollte? Es verfestigte sich ein Gedanke in meinem Unterbewusstsein, drängte sich langsam an die Oberfläche, aber ich erlaubte ihm noch nicht aufzutauchen. Für dieses Eingeständnis fehlte mir noch der Mut. Das würde alles auf den Kopf stellen, mehr noch als es mein Vögelchen tat, als er so unverhofft in meinem Leben landete. Ich war nicht der Typ, der Liebesbeziehungen hatte, eigentlich hatte ich nicht mal Freundschaften. Ich nutzte Kontakte nur dazu, um meine Ziele zu erreichen. Dieses Interesse, das ich nun für ein anderes Wesen an den Tag legte, überforderte mich. War ich bereit mich darauf einzulassen? Andererseits war ich jetzt schon so weit vorgedrungen. Wie und warum sollte ich nun noch einen Rückzieher machen? Ängstlich vor dem Unbekannten war ich noch nie gewesen. Aber Siakoh meine Vermutung mitzuteilen, hätte unweigerlich bedeutet mit ihm über Gefühle zu reden. So weit war ich dann doch noch nicht, oder? Mit einem Kuss versuchte ich ihn abzulenken und ihm gleichzeitig einen Hinweis darauf zu geben, was ich vermutete, woher die Veränderung kam. Er ging zunächst darauf ein, ließ aber nicht so schnell locker, was mich dazu trieb, weiterzugehen. Noch immer berauschte mich das Glücksgefühl des letzten Trunkes und mein Bedürfnis mich dafür bei meinem Prinzen zu revanchieren wuchs ins schier Unermessliche. So dass ich mich daran machte seinen Schwanz zu verwöhnen. Allerdings blockte es dieser mit einem Nein ab. Mit einem kleinen Anflug von Panik unterbrach ich mein Tun. War ich erneut zu weitgegangen? Hatte ich sein Verhalten missverstanden und er wollte mich noch immer schnell loswerden? Das konnte doch nicht wahr sein?! Er war doch ganz offensichtlich auch angetan von unserem Tun. Warum ließ er es nicht zu? War ich wieder zu forsch? Warum verstand er einfach nicht, dass ich ihm vielleicht nicht mit Worten sagen konnte, was ich empfand, aber dass ich meinen Körper sprechen lassen wollte?! Ich bat ihn darum, es ihm zeigen zu dürfen und er ließ mein Herz erleichtert höherschlagen, als er mich darauf hinwies, dass er es lediglich nicht hier auf dem Boden des Bades zulassen wollte. Die Nähe zu ihm wollte ich jedoch nicht so einfach aufgeben. Küsste und umarmte ihn weiter, auch als er mich zurück in sein Schlafzimmer führte. Mein kleiner Prinz wollte offensichtlich die Herrschaft übernehmen. Sollte er. Ich würde mich diesmal zurückhalten und ihm zeigen, dass ich auch anders konnte. Wenn es denn so wäre?! Ich hoffte es aus tiefstem Herzen und war zum Zerreißen begierig auf diese neue Erfahrung. Und was für ein guter Lehrer mein Vögelchen war. Angefangen bei der kleinen Showeinlage zu Beginn, als er mein Verlangen durch das aufreizend langsame und sinnliche Ausziehen ins Unermessliche steigerte. Natürlich kannte ich das Prinzip des Striptease, aber bisher hatte sich mir nie erschlossen, was dieses Rumgeeiere vor dem Sex eigentlich sollte. Behinderte es doch nur die schnelle Befriedigung und kostete damit nur unnötig Zeit. Als mein kleiner Prinz aber anfing sich langsam mit dezent schwingenden Hüften zu entkleiden, hätte ich ihm den Rest meines Lebens einfach nur dabei zu sehen können. Allerdings hatte er wohl noch andere Pläne und näherte sich mir, um mir eine weitere Lektion zu erteilen. Nur zu gerne ging ich darauf ein und ließ mich von ihm verwöhnen, auch wenn ich eigentlich schon längst mehr als bereit für den nächsten Schritt war. Seine Küsse wanderten tiefer hinab, was mich schier verrückt werden ließ. Ich wollte ihn und es kostete mich alle Selbstbeherrschung ihn nicht einfach wieder zu dem Meinen zu machen. Aber ich hatte ihm ein wortloses Versprechen gegeben, dass ich einzuhalten gedachte. Während sich Siakoh immer südlicher bewegte und mir immer mehr Gestöhne entwich, stieg in mir auch die Neugier auf, was er wohl zu meinem Schmuckstück sagen würde. Ob er so etwas schon mal gesehen hatte? Ich wollte so gerne auf seine Reaktion achten, aber meine Konzentration ließ mich im Stich. Ich konnte kaum noch an mich halten, als mein Prinz seinen letzten Kuss so nah an meinem Penis setzte. Dios mío, er machte mich schier wahnsinnig vor Verlangen. Als er dann auch noch Mund und Hand in Kombination einsetzte, musste ich ihn ausbremsen. Ich wollte noch nicht kommen. Wollte ihn erst um mich spüren, also verfestigte ich den Griff in seinem Haar, welches ich zuvor ergriffen hatte und zog ihn vorsichtig zu mir, nachdem ich ihn angesprochen hatte und er mir einen der geilsten Anblicke meines ganzen Lebens schenkte. Sein Gesicht, mich von unten anblickend mit meinem Schwanz im Mund. Ich hätte schon allein von dieser Aussicht kommen können, aber ich sammelte alle Beherrschung, die ich finden konnte. Er kam glücklicherweise meiner stummen Bitte nach und unterbrach sein Tun, um unsere Lippen wieder zu vereinigen und die Zungen tanzen zu lassen. Dass meine steinharte Erektion so in seiner Ritze entlanggleiten konnte, verbesserte die Situation aber nur kurzzeitig. Bitte, mein Vögelchen, lass mich fliegen! Ich konnte mich nicht daran erinnern, jemals in meinem ganzen Leben so erregt gewesen zu sein. Es war unglaublich, was dieser bunte Yokai in mir auslöste. Als er mich dann auch noch in sich eindringen ließ, war es wirklich fast um mich geschehen. Er quälte mich jedoch mit langsamen und langgestreckten Bewegungen. Um nicht doch noch die Beherrschung zu verlieren, klammerte ich mich an seiner Hüfte fest, während ich ihm meine Empfindung mitteilte. Die süße Folter von Siakoh hielt an und fand erst ein Ende, als ich ihn durch das Spielen mit seinem Prengel auch weiter in Richtung Höhepunkt trieb. Sein keuchendes Stöhnen ließ mich die Engel singen hören und ich wünschte mir, wir würden ewig so weitermachen. Es war Qual und Wohltat zugleich. Nie hatte ich Sex so genossen. Nie befriedigte mich bereits die Ausführung des Aktes derartig. Ich war im Reinen mit mir selbst und völlig im Hier und Jetzt aufgegangen. Es war unglaublich und fast meditativ. Leider war die Stimulation für mein Vögelchen doch zu viel und beinahe zu schnell, kündigte sich seine Erlösung durch starkes Zittern und immer härter werdenden Druck um meinen Schwanz und in meiner Hand an. Ich wollte es noch auskosten und bat um Aufschub, aber gleichzeitig wusste ich, dass es nicht funktionieren würde. Mein Vögelchen hatte den Aufstieg ohne Wiederkehr bereits begonnen und so intensivierte ich noch einmal das Gefühl und drang so tief in ihn, wie ich es nur konnte. Auch er gab mir noch mehr Verbundenheit, indem er unsere Münder wieder miteinander verschloss, kurz bevor er kam. Und wie er das tat. Es fühlte ich an, als wolle er mir meinen Penis brechen, so stark presste er sein Fleisch um mich zusammen. Das war auch zu viel für mich und mit einem gewaltigen Schub kam ich. Was dann passierte war allerdings beinah noch unglaublicher, schöner und befriedigender. Mein Vögelchen ließ mich seine wahre Gestalt in Form seiner mächtigen Schwingen sehen, welche uns wie einen Kokon umschlossen und uns vor dem Rest der Welt verbarg. Er hatte uns eine Höhle aus Geborgenheit, Zufriedenheit und purem Wohlgefühl erschaffen. Ich starrte auf dieses prächtige Federkleid und hätte Weinen können vor Glück. Es war unglaublich, ER war unglaublich und einfach… wunderschön! Nie hatte mich ein Gefühl solcher Wärme durchströmt und erstmals in meinem Leben, empfand ich eine so große Zuneigung zu jemandem, dass ich nicht anders konnte, als den Gedanken oder viel mehr die Frage, die tief in mir schlummerte, an die Oberfläche zu lassen. War das, was ich für Siakoh empfand Liebe?! Konnte es sein, dass ich mich zum ersten Mal in meinem langen Leben verliebt hatte?! Dieses Lächeln, dass er mir schenkte, als er uns wieder der Welt freigab, ließ mein Herz schmelzen und ich konnte nicht anders. Musste ihn noch ein wenig mehr berühren. Sein Gesicht spüren. Also legte ich meine Hand an seine Wange und strich darüber, als er mir mitteilte, dass es auch ihm gefallen hatte. So mochte es mein kleiner Prinz also gerne?! Wenn wir uns einander von nun an öfter hingaben, würde ich es schaffen, meine Beherrschung nicht noch einmal zu verlieren. Da war ich mir nun sicher. Ich konnte also auch sanft sein. „Zärtlich!“, sprach ich den Gedanken laut aus und schmunzelte, bei dem Gedanken daran, was dieser kleine Prinz wohl noch alles in mir auslösen würde. Mit ihm entdeckte ich ganz andere Seiten an mir, lernte mich selbst noch einmal neu kennen. Als Siakoh schließlich den Vorschlag einer Dusche machte, wobei ich ihn noch zu einer zweiten Runde animieren wollte, vibrierte mein Handy und kündigte einen Anruf an. Mein kleiner Prinz beanspruchte das warme Wasser für sich und verließ mich mit einem letzten erregenden Gleiten. Oh, er war ja sowas von fällig, wenn ich diesen Störenfried beseitigt hatte. Genervt ging ich ans Telefon. „Ja?!“, blaffte ich mein Gegenüber an. „Wo bleiben Sie?“, schnauzte es zurück. Oh, fuck… ich hätte heute ja in der Klinik den Server reparieren sollen. So ein Mist, das hatte ich ja vollkommen vergessen. „Entschuldigen Sie, aber ich hatte einen Unfall und bin leider noch nicht wieder fit.“ „Aber fit genug, um Ihr Smartphone zu benutzen sind Sie allem Anschein nach schon. Wie wäre es dann mit Bescheid geben?! Dann hätten wir uns einen anderen IT-Idioten gesucht. Außerdem wissen Sie schon, dass das hier eine Klinik ist, wir also alles da hätten, um zu ihrer Genesung beizutragen?!“, fuhr mich die gereizte, männliche Stimme an. „Einen besseren IT-Idioten, wie Sie es so schön nennen, hätten Sie aber nicht finden können. Da lohnt es sich schon mal einen Tag zu warten. Ich bin morgen früh da und als Entschädigung komme ich Ihnen auch beim Preis entgegen. Einverstanden?“, versuchte ich professionell zu bleiben. Grübelte aber gleichzeitig über etwas anderes nach. Die Stimme kam mir bekannt vor. Nur woher? „Das will ich auch hoffen. Morgen, pünktlich um 7 Uhr! Ich will, dass das erledigt ist, bevor hier Hochbetrieb herrscht! Zwei Tage im Mittelalter sind wahrlich genug!“, grunzte es noch, bevor einfach grußlos aufgelegt wurde. Dir auch einen schönen Tag, Wichser. Ich für meinen Teil hatte jetzt vor dafür zu sorgen, dass meiner so schön wurde, wie er begonnen hatte. Ich mogelte mich zu meinem Vögelchen unter die Dusche und schmiegte mich direkt eng an ihn. Dieses Bedürfnis ihm nahe zu sein, war seltsam, aber ich genoss es sehr. Es machte mich ruhig und zufrieden, ohne zu beschweren oder zu vernebeln, wie es so manch andere Droge tat. Denn wenn mir unsere Zusammenkunft heute eines gezeigt hatte, dann dass er meine Droge war. Er machte mich unglaublich high, allerdings konnte auch er, wie das pharmazeutische Pendant dafür sorgen, dass ich hart abstürzte. Was er mir bewies, als ich unsere nahe Zukunft ansprach. Und er mir wieder einmal auswich. Zunächst war er neugierig und wollte mehr von mir und meinem Leben wissen, was ich ihm auch im Rahmen meiner Möglichkeiten mitteilte. Alles konnte ich ihm noch nicht in allen Einzelheiten mitteilen. Ich würde ihn nicht belügen, sollte er genauer nachfragen, aber es gab Dinge in meinem Leben, die mehr als nur eine physische und irgendwie geartete emotionale Verbindung bräuchten, um es zu teilen. Ich müsste vorher wissen, dass ich ihn nicht direkt verlieren würde, ehe ich ihm meine Abgründe zeigen könnte. Ob das jemals der Fall sein würde? Ich war mir nicht sicher. Mir fiel auf, dass ich auch von ihm immer noch nicht viel wusste. Ich kannte einen Teil seiner Gewohnheiten in seinen vier Wänden, aber sonst? Wir müssten uns noch kennenlernen, das war jedoch etwas, worauf ich mich schon sehr freute. Aber Siakoh verpasste dem wieder einen Dämpfer, indem er mich schon fast hinauskomplimentierte und das ohne meine eigenen Klamotten. Nicht mit mir, mein kleiner Prinz. Jetzt hast du mich soweit an dich rangelassen und dich so weit vorgewagt, da könnte ich es doch nicht zulassen, dass du dich nun wieder zurückziehst. Ich stellte also klar, dass ich zum Essen bleiben würde, auch wenn ich ein wenig erleichtert war, dass er auch „normale“ Klamotten besaß. Mit einem weiteren Kuss wollte ich unsere Nähe wiederaufbauen, als er meine Pläne erneut durchkreuzten und meine Unsicherheit, trotz seiner scheinbaren Freude erneut entfachte. Er wollte nicht, dass ich ihn beim Einkaufen begleitete und legte mir eine mehr als fadenscheinige Erklärung dar. Auch wenn sein Wunsch und die Freude darüber Zuhause erwartet zu werden mit Sicherheit der Wahrheit entsprach, merkte ich deutlich sein Unbehagen bei dem Gedanken daran, dass wir uns zusammen in der Öffentlichkeit zeigten. Warum denn bloß? Machte er sich so Gedanken, was die anderen dachten? Hatte er sich etwa noch gar nicht geoutet? Aber wer würde bei seiner auffälligen Erscheinung ernsthaft anderes in Erwägung ziehen? Gerade hier in Japan? Wir mussten ja auch nicht knutschend und fummelnd durch die Gegend laufen. Auch wenn mir der Gedanke daran gerade mehr als nur gefiel. Der Thrill mein Vögelchen in der Öffentlichkeit zu vernaschen, insbesondere in diesem Land, in dem solche Dinge doch auf die eigenen Wohnräume und dort meist auch das Schlafzimmer beschränkten, erregte mich schon bei dem bloßen Gedanken daran. Meine sich aufbauende Erektion blieb allerdings unbemerkt, da Siakoh sich schon abgeduscht und zum Ankleiden ins Schlafzimmer begeben hatte. Sollte ich erst fertig duschen? Ich entschied mich dagegen, war ich doch immer noch begierig auf eine zweite Runde. Nass und nackt, wie ich war, flitzte ich über den Flur in den gegenüberliegenden Raum und schnappte mir mein Vögelchen, bevor es mir entflöge. Er war alles andere als begeistert, als ich ihm seine gerade angezogene Shorts wieder runterriss, ihn aufs Bett bugsierte und mich über seine Erektion beugte, um ihn oral zu verwöhnen. Seine anfängliche Beschwerde ging jedoch alsbald in lautes Stöhnen über. Anscheinend machte ich meine Sache gut. War zwar leidenschaftlich aber nicht zu wild, bestimmt, aber nicht grob. Als er sich nach hinten sinken ließ, veränderte auch ich meine Position und begab mich ebenfalls aufs Bett. So über ihn, dass ich meine Erregung vor seinem Gesicht platzierte und auffordert mit der Hüfte wackelte. Er ging darauf ein und gemeinsam bereiteten wir einander die schönsten Gefühle. Als ich dann auch noch vorsichtig mit erst einem und dann zwei Fingern in ihn eindrang und seine Prostata massierte, dauerte es nicht lange, bis er sich in meinen Mund ergoss. Er ließ seine Finger an meinen Eiern spielen und brachte mir so die zweite Erlösung des Tages. Erschöpft und mit einem breiten Grinsen ließ ich mich zu Seite kippen und setzte einen zarten Kuss auf seinen Oberschenkel. Siakoh rappelte sich auf und legte sich halb auf mich, gab mir einen langen, aber unschuldigen Kuss und schmunzelte: „Du bist ja unersättlich!“ „Ich kann einfach nicht genug von dir bekommen!“, erwiderte ich süffisant grinsend. „Dann weiß ich ja, wie ich dich dazu bringe das Chaos, dass du hier veranstaltet hast, in Ordnung zu bringen!“, grinste er spitzbübisch und ließ seine Hand, kurz über meinen frisch erschlafften Penis gleiten, was mich zum Zucken brachte. „Aber ich bin noch sooo schwach…“, versuchte ich mich mit einem Hundeblick vor der Aufgabe zu drücken. Aber er blieb erbarmungslos. „Nichts da! Du hast eben erst was gegessen und wenn du dich beeilst, kannst du dich danach wieder ins Bettchen kuscheln und schlummern, bis ich dich mit leckerem Frühstück wecke.“ Er gab mir noch einen flüchtigen Kuss, stand auf und zog sich an. Träge rollte ich mich herum und stemmte mich auf alle Viere, um selbst aufzustehen. Als sich seine Hand auf meinen Arsch legte, er darüberstrich und sein Daumen kurz an meinen Eingang spielte. Ich zuckte kurz zusammen und blickte erstaunt über die Schulter zu ihm und erntete ein kurzes Auflachen und amüsiertes Grinsen. „Du benimmst dich ja wie eine frigide Jungfrau!“ Ich musste schlucken, spürte wie mir absolut untypisch das Blut in die Wangen schoss. „Wirklich?!“, kam die überraschte Antwort auf meine beschämte Reaktion. „Das ist… überraschend. Dann freu ich mich schon darauf, dir noch viele schöne Erfahrungen zu zeigen.“ Sprach’s und gab mir einen Kuss auf den Allerwertesten, bevor er sich meinen Lippen zuwandte und sagte: „Gibt’s irgendwas, mit dem ich dir eine besondere Freude machen kann?“ „Ähm…“, war meine überforderte Antwort. „Ich meinte zum Frühstück oder brauchst und magst du jetzt nichts mehr essen?!“, fragte er amüsiert. „Eine Misosuppe wäre toll“, strahlte ich ihn an. Diese salzige Brühe war etwas, was ich hier zu schätzen gelernt hatte. Während für mich die meisten Nahrungsmittel äußerst geschmackslos waren, liebte ich alles, was scharf oder salzig war. Scheinbar eine Eigenheit von unserer Art, wie ich im Laufe meines Lebens gelernt hatte. Mein kleiner Prinz verzog zunächst etwas angewidert das Gesicht, seufzte dann aber und sagte: „Also keine Naschkatze?! Wie schade. Ich bin ein wahrer Süßschnabel.“ „Ich hab doch jetzt dich, was brauch ich da noch Süßigkeiten in meinem Leben?!“, nutzte ich die Steilvorlage für einen neckischen Kommentar. „Das, was du von dir gibst ist ja auch schon fast klebrig süß, du kleiner Schleimer.“ „Ich schleime nicht, ich versuche nett zu sein“, schmollte ich zur Antwort und zog eine beleidigte Schnute. Ein Kuss und ein neckisches Knabbern an meiner Unterlippe, waren meine Belohnung, bevor er seufzend meinte: „So jetzt muss ich aber wirklich los, sonst wird das heute nichts mehr mit dem Frühstück.“ „Beeil dich. Ich erwarte dich sehnsüchtig hier“, erwiderte ich und räkelte mich gespielt genüsslich auf dem Bett. Er war allerdings schon aus dem Raum und bekam meine Showeinlage nur zum Ende mit. „Hier denk dran, dein Chaos zu beseitigen, du Pornostar.“ Mit diesen Worten hatte er mir einen Putzlappen ins Gesicht geschmissen, welchen ich stöhnend vom Gesicht zog, als ich auch schon hörte, wie sich die Wohnungstür schloss und seine Schritte sich weiter entfernten. Ich raffte mich auf. Ging ins Badezimmer, duschte kurz, trocknete mich ab und zog mir, die von ihm rausgelegten Sachen an. Allerdings ließ ich das T-Shirt weg und den Reißverschluss der Sweatjacke ließ ich fast vollständig geöffnet. Ich mochte das kühle Gefühl auf der Brust. Ich ging noch kurz ins Schlafzimmer, um mir mein Kreuz umzuhängen. Ohne das fühlte ich mich einfach nackt, egal wie viel ich trug. Bevor ich mich daran machte, das verteilte Wasser wegzuwischen, schob ich mir noch die Ärmel zum Ellenbogen hoch und begab mich auf die Suche nach Eimer und Putzmittel. Wenn ich schon sauber machte, dann auch richtig. In einem Schrank in einem kleinen Raum, in dem auch Waschmaschine und Trockner standen, wurde ich fündig und prüfte nebenbei noch den Stand des Trocknungsprozesses. Leider waren die Sachen noch nicht fertig. Gerade als ich den Raum wieder verlassen wollte, lenkte ein Vibrieren, meine Aufmerksamkeit auf einen flachen, leuchtenden Gegenstand, der mir nur allzu vertraut war. Siakoh hatte sein Handy vergessen. Schmunzelnd nahm ich das Gerät in die Hand und stellte fest, dass er auch immer noch keine Sperre eingerichtet hatte. Darüber würde ich definitiv gleich mit ihm reden, wenn er wieder da wäre. Das war wirklich fahrlässig. Aber ein anderes Gesprächsthema drängte sich mit einem erneuten Vibrieren in den Vordergrund. Es poppte die Pushnachricht auf und zeigte einen Zwinkerkuss - Emoji von seinem Hübschen. Mein Herz krampfte sich zusammen und setzte einige Schläge aus. Hatte mein kleiner Prinz bereits einen anderen Fuchs gezähmt? Spielte er nur mit mir? Was hatte das nur zu bedeuten? Ein Teil von mir wollte die anderen Nachrichten auch noch lesen, aber mein Gehirn entschied sich dazu, meine Gefühle abzustellen, die Hand zu öffnen und das Smartphone einfach daraus hinausgleiten zu lassen. Es fiel allerdings nicht auf den Boden, sondern traf zunächst meinen nackten Fuß. Was mich schmerzhaft aufkeuchen ließ. Ein Eispanzer legte sich um mein Herz und ich führte meine begonnene Arbeit mechanisch durch, ehe ich mich an den Tresen setzte, welchen Siakoh zum Essen nutzte, den Kopf in die Hände stützte und auf die Rückkehr des Yokais wartete, der mich so eine Achterbahn durchleben ließ. Als ich seine Schritte vor der Tür hörte, sich der Schlüssel im Schloss drehte und die Tür mit einem Ruck aufflog, erhob ich matt meinen Blick. Siakoh gab der Tür einen Tritt, der sie zuschlug und kam voll beladen durch den Flur und sah mich nicht, da er eine Tüte vor dem Gesicht trug. Eine weiter schleppte er in der anderen Hand und stellte alles mit einem erleichterten Seufzen in seiner offenen Küche auf der Anrichte ab. Er schien meinen Blick auf sich zu spüren, denn er blickte irritiert in meine Richtung und sagte lächelnd: „Oh, hey, du bist ja wach. Ich dachte, ich könnte mich jetzt noch ein bisschen an dich kuscheln.“ „Mhmhmm…“, machte ich, wendete meinen Blick ab und blickte aus dem Fenster, hinaus auf die Dachterrasse in deren hinterer Ecke die Laube stand, die mir ein paar Tage, ein Obdach geboten hatte. Dios mío, war das wirklich erst gestern gewesen?! Kapitel 15: Definition (Siakoh) ------------------------------- 15 Definition (Siakoh)  Wäre ich nicht geflüchtet, hätte sich dieser gefräßige, kleine Fledermäuserich noch einmal an mir vergangen. Es war wunderbar! Doch ich brauchte eine Pause. Wir überstürzten das doch alles. Diese riesige Leidenschaft war nicht nur ein Druck abbauen und in meinem Herzen rumorte ein immer intensiveres Gefühl, welches ich gut kannte. Schon einige Male hatte ich es gespürt. Jedes Mal war es unerwidert und zerstört worden.  War das der Grund, warum ich ihn nicht zu nah heranlassen wollte? Ihn mit körperlicher Nähe abspeiste? Wobei man dies nicht direkt sagen konnte. Jede seiner Berührungen war ein Hochgenuss und brachte mich in wunderbare Sphären, die ich nie mehr loslassen wollte. Ich wollte sie für immer spüren. Seine Leidenschaft, seine Berührungen, seine Gegenwart. Aber ich brauchte noch mehr als das. Liebe. Liebe, die meine erwiderte.  Ob das überhaupt funktionieren könnte? Er war doch so ganz anders als ich. Oder war er genau so wie ich? Wir teilten die Einsamkeit. Die selbige Leidenschaft. Passten körperlich zueinander. Aber wie wäre es mit dem Rest? Ich wusste gar nichts von ihm.  Seufzten starrte ich die Verpackungen mit Misosuppe an. Dieses salzige Gericht mochte er. Also wusste ich doch schon eine Kleinigkeit. Und er war beruflich als Programmierer tätig. Auch eine Sache. Er mochte mein Blut, bezeichnete es als Paradies. Doch das genügte doch nicht!, raufte ich imaginär die Haare und griff nach einer der Misopackungen. Es war eine der milden Sorte. Gewürze hatte ich zuhause zuhauf, sollte er mehr davon benötigen.  Als ich durch die Gänge des kleinen Ladens ging erkannte ich ein Gesicht wieder. Das dunkelhaarige Mädchen stand bei ihrem Großvater und bat um eine Kleinigkeit. Lächelnd ging ich auf die beiden zu und war erleichtert, dass ich auf mein Bauchgefühl vertraut hatte und Alejandro zuhause geblieben war.   „Hallo, ma Chérie!“, begrüßte ich die Kleine, als sie ihre goldenen Augen zu mir hob.   „Oh, Siakoh!“, freute sie sich und auch die braunen Augen des Mannes wandten sich zu mir. Freundlich und dann kurz erstarrt. Oh Mist! Ich hatte seine Nase mal wieder vergessen.  „Hey, Siakoh!“, begrüßte er mich. „Genießt du deinen freien Tag?“, fragte er auffällig und schien sich kurz umzusehen, bevor er Emikos Bitte nach einem speziellen Kinderjoghurt nachgab und ihn in den   Einkaufskorb lud, den er in der Hand hielt.   „Ach, ich bin nur etwas einkaufen, weißt du“, wiegelte ich ab und hob meinen Korb, der schon gut gefüllt war. „Der Kühlschrank ist ganz leer, wenn man kaum zu Hause ist.“  „Kann ich verstehen“, gab er zu und packte noch zwei Tüten Milch ein, die Emiko ihm reichte. „Wir sind es auch kaum gewohnt zuhause zu sein. Der It-ler hat uns für heute auch noch abgesagt und nun bin ich los, damit wir zuhause etwas kochen können.“  „Und backen!“, strahlte Emiko mich an. „Wir wollen Kekse für Weihnachten backen!“  „Oh, für Weihnachten?“, ging ich auf das Thema ein. Das Serverproblem war für mich eh kaum von Belang. Ich kam schließlich auch ohne technische Hilfe klar. „So wie in Europa?“, fragte ich an Yosuke gewandt und er nickte.  „Ja, ich habe Emiko einige Rezepte aussuchen lassen. Mal sehen, ob es gelingt.“  „Ach bestimmt!“, grinste ich und beugte mich zu Emiko. „Du musst auf ihn aufpassen. Er futtert sonst den ganzen Teig!“  „Hey!“, maulte Yosuke und ich wandte mich aus dem Gespräch. Alejandro wartete und mein eigener Hunger trieb mich langsam an.   „Ich werde dann mal weitergehen“, verabschiedete ich mich und spürte dann Yosukes Arm am Rücken. Er beugte sich leicht zu mir und sah mich direkt an.  „Ich hoffe, du passt auf dich auf?!“, fragte er leicht drohend. Ich drehte mich gekonnt aus seinem Arm und wedelte mit der Hand.   „Ich weiß nicht, was du damit meinst!“, antwortete ich schnippisch und winkte dann der kleinen Yokai. „Auf Wiedersehen, ma Chérie! Bitte heb einige Plätzchen für mich auf!“  „Mache ich, Siakoh!“, versprach sie und eiligen Schrittes begab ich mich in die Obstabteilung. Hier würden sie sicher nicht noch einmal vorbeikommen. Zumindest nicht wegen der Plätzchen. Eine Ananas, Trauben, Äpfel und Birnen fanden den Weg in meinen Korb. Zudem etwas Brot und Eier.   Am Ende wuchtete ich den Korb auf die Theke und die Kassiererin tippte alles geschwind ein. An den Aufstellern der Kasse hingen verschiedene Dinge herum, die ich für gewöhnlich kaum beachtete. Doch heute fiel mit einige Dinge „für schnelle Nummern“ auf. Besonders eine kleine Tube Gel, stach mir ins Auge und ich gab sie zusätzlich in den Korb. Die freundliche Dame sagte dazu nichts und nannte mir den Betrag, den ich zu zahlen hatte. Eilig sortierte ich die gekühlten Dinge in eine Tragetasche und die trockenen Lebensmittel in eine andere Tüte. Bezahlte und machte mich auf den Heimweg. Nicht das Yosuke doch noch vorbei kam.  Zuhause angekommen war ich ganz schön fertig. Die Tüten wurden von Schritt zu Schritt schwerer und als ich endlich das Schlüsselloch gefunden hatte, lief ich schnell in die Küche, stellte die Tüte mit den trockenen Lebensmitteln vor mir ab und wuchtete die andere daneben. Seufzend vor Erleichterung schloss ich die Augen und als ich sie öffnete, zog kurz der Schreck bei mir ein.   Rote Augen musterten mich und ich fasste mir an die Brust. Musste er mich denn so erschrecken?  „Oh, hey, du bist ja wach. Ich dachte, ich könnte mich jetzt noch ein bisschen an dich kuscheln“, begrüßte ich ihn und hatte diese Möglichkeit wirklich in Betracht gezogen. Auch wenn es noch einiges zu klären gab. Wir mussten einander kennenlernen.  Sein Murren überraschte mich jedoch. Was war denn nun los? Sonst war er doch um keine Anmache verlegen. Vielleicht war er müde, dachte ich und begann damit den Einkauf auszupacken. Dabei beobachtete ich Alejandro immer wieder aus dem Augenwinkel und spürte, dass irgendwas nicht stimmte. Noch nicht einmal, als er aus seiner Ohnmacht erwacht war, war er so schweigsam gewesen. Ob das eines der Dinge war, die ich noch nicht von ihm wusste?  „Ich habe die Misosuppe bekommen“, sprach ich ihn nun auf seinen Wunsch an und bekam seinen Blick geschenkt. Doch kein einziges Wort verließ seine Lippen. Es war unheimlich. Wir waren uns so nah gewesen und nun war er distanziert, zurückhaltend. „Hast du schon Hunger?“, versuchte ich es weiter.  „Ein Wenig“, antwortete er und schob seine Unterarme auf den Tresen meiner Bar, an der er saß. „Aber du solltest nun etwas essen. Hast ja noch gar nichts im Magen.“   „Ach, das macht mir nichts. Ich bin es gewohnt unregelmäßig zu essen“, winkte ich ab und besah mir die Packung der Misosuppe. Wie bereitete man das nochmal zu?  „Das sieht man dir auch an“, erwiderte er und ich sah zu ihm. „Du bist blass!“  „Na, wenn du mir auch das Blut aussaugst!?“, schimpfte ich liebevoll und er schnaubte kurz. Da kam mir ein Gedanke. „Wie oft musst du das nun tun? Also… Gibt es da einen Rhythmus?“  Seine Augen weiteten sich kurz, bevor er antwortete:  „Es ist recht impulsgesteuert. Aber alle zwei bis drei Tage“, überlegte er. „Zumindest wenn es so gut schmeckt“, begann er kurz zu grinsen, was mich hoffen ließ. Doch seine Mimik veränderte sich, wieder als er beifügte: „Meine längste Durststrecke, seit ich auf den Geschmack kam, waren wohl ein paar Wochen.“  „Das ist wirklich lang“, murmelte ich. „Was heißt auf den Geschmack gekommen? Hast du das als Kind nicht gebraucht?“, fragte ich, als ich Wasser in einen Topf füllte.   „Kann ich dich etwas Anderes fragen?“, bremste er meine Frage aus und ließ mich stutzen. Natürlich durfte er, aber ich hatte gedacht, nun etwas mehr von ihm zu erfahren.   „Ist es dir unangenehm über deine Kindheit zu sprechen?“, fragte ich deshalb und sah wie sich seine Finger anspannten.  „Was soll das werden?“, fragte er nun ernst und erstach mich mit seinen Augen.  „Ich… wollte nur wissen...“  „Das meine ich nicht, Siakoh“, wandte er seinen Blick ab und schob sich vom Stuhl. Er kam zu mir, schlang seinen Arm um meine Hüfte und schob die Hand des anderen Armes an mein Kinn. Er sah mich gequält an. Ich konnte lesen, dass etwas in seinen Gedanken umherspukte.   „Was willst du wissen?“, ging ich auf ihn ein und verwarf meine Frage. Ich musste auch ihm die Gelegenheit geben, den Ton anzugeben, auch wenn ich diese Rolle lieber mochte.  „Was soll das zwischen uns werden?“, konkretisierte er seine Frage und hatte mich nun in die Falle gelockt. Mein Herz wurde wild in meiner Brust und ich lauschte nur nebensächlich dem Rauschen des Wassertopfes neben uns, der auf dem eingeschalteten Herd stand.   „Ich will dich kennenlernen“, antwortete ich ehrlich, denn das war es, was ich wollte. Seine Augen wurden ruhiger, er lehnte die Stirn an meine. „Vielleicht können wir Dates haben?!“, schlug ich vor.  „Dates?“, fragte er und fuhr mit der Hand meinen Rücken hinauf.  „Ja, warum nicht?“, lächelte ich und lehnte mich an ihn. „Dann können wir uns kennenlernen und etwas unternehmen.“  „Ich muss zugeben, dass ich da echt keine Ahnung von habe“, schluckte er und streichelte meine Wange. Das Rauschen des nun kochenden Wassers ließ mich die Nähe leicht abbrechen. Doch Alejandro schmiegte sich an meinen Rücken und sah mir beim Hantieren zu.  „Ich könnte den Anfang machen“, schlug ich vor. „Wir könnten ins Kino oder essen gehen.“  „Ich koche für dich!“, schlug er dann vor und ich sah zu ihm. „Du hast ja nun schon zweimal für mich gekocht. Dann wäre ich sowieso mal dran.“  „Das klingt gut“, ging ich drauf ein und gab ihm einen Kuss. Er erwiderte die von mir erdachten, kurzen Bewegungen und wurde intensiver. Ich hielt mich an der Arbeitsplatte fest und spürte seine Zunge in meinem Mund. Wir begannen zu kämpfen, ich drehte mich zu ihm und nahm sein Gesicht in meine Hände. Er tackerte mich zwischen sich und er Platte fest, zeigte mir die Leidenschaft, von der ich schon kosten durfte und doch mussten wir diese Zuneigung aufgeben als die Miso sich aufgelöst hatte und begann leicht zu schäumen.  „Ich muss umrühren“, nuschelte ich durch unsere Lippen. Alejandro ließ von mir ab und musterte mich. Mein Atem ging schon schneller. Er hatte mich schon wieder in die Erregung getrieben. Doch ich hatte genug Zurückhaltung, um mich aufs Kochen zu konzentrieren.  Er schlich wieder um mich herum, schien plötzlich wieder nervös und ich sah zu ihm.   „Alles in Ordnung?“, fragte ich und hörte dann ein Vibrieren. Unsere Blicke flogen in dieselbe Richtung und ich gab eilig die Nudeln ins Wasser, um das Smartphone zu holen, das mir gehörte. Alejandros konnte es nicht sein. Er trug seines sicher immer bei sich.  Doch zunächst konnte ich es nicht finden und erblickte es dann am Boden liegend in meinem Hauswirtschaftsraum.   Warum lag es hier unten?, fragte ich mich, nahm es auf und ging zurück zur Küche. Die Nudeln brauchten nicht so lange und ich wollte bereits die Teller vorbereiten. Eine Dose Gemüse würde als Zugabe reichen.   Kurz gab ich das Gemüse dazu, fand Alejandro immer noch an derselben Stelle vor und öffnete dann mein Smartphone. Ich schmunzelte kurz, weil Yosuke mir zuerst ein Zwinker-Smiley gesendet hatte, auf ein lustiges Video antwortete, welches ich ihm gestern auf dem Heimweg hatte zukommen lassen. Doch mir fiel die Uhrzeit auf und dass die der letzten Nachricht, ein Hinweis wann ich morgen zur Arbeit kommen sollte, eine andere war. Um eine Stunde versetzt.   „Du freust dich aber sehr, wenn man dir schreibt“, hörte ich Alejandros Stimme und sah zu ihm. Sein Blick war finster und prüfend.  „Ach, das ist nur eine Nachricht von meinem Hübschen“, erklärte ich und merkte sofort, dass ich diesen Kosenamen wohl lieber nicht gebraucht hätte. Alejandros rote Augen wurden noch finsterer, während er auf mich zu kam. Seine Nähe verbunden mit diesem Blick ließ einen eiskalten Schauer über meinen Rücken laufen. Ich schluckte hart, als ich seinen Körper nur wenige Zentimeter von meinem spürte. Die Luft knisterte unangenehm.  „Wer ist „mein Hübscher“?“, wollte er wissen, was ich geahnt hatte. Aber wieso interessierte Alejandro das? Wir hatten offiziell noch keine Beziehung, oder? Hatte ich den Grad verpasst, an dem sich die Spielerei in eine Bindung gewandelt hatte?   Doch ich wollte ehrlich sein:  „Mein Hübscher ist Yosuke. Mein bester Freund.“   „Und du nennst ihn ernsthaft so?“   „Ja.“  „Warum?“, kam es wie im Kanonenschusswechsel. Ich bekam Angst das Falsche zu sagen.  „Weil er hübsch ist“, stotterte ich.  „Mehr nicht?“, bohrte er nach und berührte meinen Körper mit seinem. Die Nudeln der Suppe waren schon total verkocht. Egal! Ich hatte anderes zu regeln.  „Vielleicht“, antwortete ich und erwiderte seinen Blick der kurz geschockt wirkte.  „Was genau soll das heißen?“, setze er mich fest und ich geriet in Panik. „Ist der Geruch, der an dir haftete, als du nach Hause kamst, von ihm?“  Ich riss die Augen auf und sah in seine wissenden. Ich saß in der Falle. Was genau roch Alejandro? Wieder der Fluch meines fehlenden Sinnes. Wie ausgeprägt war diese Sache? Dachte er ich hätte etwas mit Yosuke?  „Ich traf ihn beim Einkaufen“, antwortete ich atemlos.   „Mehr nicht?“, wiegte er mich in Sicherheit und setze zum nächsten Stich an. „Wolltest du deshalb allein gehen? Siehst du ihn öfter?“   „Ich sehe ihn nur selten in diesem Laden. Er war schlicht nach der Arbeit da! Der Laden ist in der Nähe“, erklärte ich mich um Kopf und Kragen.  „Er arbeitet hier in der Nähe?“   „Ja“, gab ich preis und schluckte als ich seine Hände an meinem Rücken spürte und wie er mich an sich zog.  „Bin ICH dein Freund?“, fragte er dann aus heiterem Himmel und ich spürte mein Herz aufschlagen. Es wies mir die Antwort.  „Ja."  „Mehr als das?“, fragte er nach der Definition. Wieder ein Impuls meiner Gefühle für ihn, die immer weiterwuchsen. Hatte ich deshalb Angst verspürt? Nicht wegen ihm an sich, sondern, dass er mich fallen ließe? Dass ich wieder einmal in die Tiefe segelte und das endlos lange?  „Ja“, wisperte ich und schlang nun die Arme um ihn, als Zeichen wie ernst es mir war. Er war mir wichtig geworden, auch wenn wir einander nicht kannten. Er gab mir all das, was ich mir schon so lange wünschte. Nähe, Zuneigung um meinetwillen, Geborgenheit. Und ich wollte mehr als das. Ich wollte Liebe von ihm.  „Dann ist es so!", hörte ich ihn flüstern und spürte seine Lippen an meinem Hals. Er küsste mich dort, dann auf meiner Waage, als er meinen Kopf in seine Hände nahm und schließlich auf meinen Mund.  Der Kuss entbrannte ebenso wie meine Gedanken. Ich hatte es gesagt. Dass er mir mehr wert war als nur eine Freundschaft. Nun waren wir ein Paar! War das nicht viel zu schnell? Was sollte ich nun tun?  Was würde meine Außenwelt dazu sagen? Yosuke würde toben. Der Griesgram sich freuen, weil Yosuke aus dem Schneider war. Und der Rest? War das alles richtig?  Waren Alejandro und ich wirklich das Richtige?  Ich öffnete meine Augen einen Spalt weit und musterte Alejandro, als ich seine Zunge schmeichelnd um meine spürte. Er war so zärtlich. Meine Augen fielen zu. Ich würde es herausfinden. Alejandro und die Gefühle, die er in mir auslöste, waren es wert.   Wir lösten den Kuss widerwillig, etwas keuchend und ich musterte nun das satte Rot, welches auf mich hinabsah. Er lächelte, schien vorerst beruhigt.  „Du musst nun etwas essen!“, bestand er und schaltete im nächsten Moment den Herd ab, welcher die Misosuppe fröhlich zerkochte. Ich sah zum Topf und dabei zu wie er ihn von der heißen Platte schob.   „Ich habe gar keinen Hunger mehr darauf“, gestand ich und sah seine Zähne, als er grinste.   „Nach was steht dir der Sinn?“, fragte er und sah mich kurz auffordernd an. Er zeigte auf den Topf, ich verstand und wollte mir einen Spaß erlauben. Die Essschalen standen in einem der Unterschränke und ich ging zu diesem, öffnete ihn und beugte mich tiefer als gebraucht hinab. Dabei beugte ich ein Knie ein, wodurch sich kurz meine Hüfte bewegte. Ich wusste von diesem Anblick und war mir sicher, dass es auf ihn wirken würde. Holte die Schalen heraus und drehte mich dann zu ihm herum. Er hatte mich beobachtet und schmunzelte, als er mir das Geschirr abnahm und ich ihm einen Schöpflöffel in die Hand drückte. Er füllte die Schale für mich und ich bekam große Augen.   „Deine!“  „Niemals!“, erwiderte ich. „Das kann keiner essen!“  „Ist es dir wirklich zu viel? Du brauchst Kraft.“  „Wofür brauche ich Kraft?“, fragte ich arrogant und sah ihn ebenso an. „Ich bin stark!“  „Daran zweifle ich nicht“, grinste er weiter und gab mir die Schale in die Hand. Sie war bereits sehr warm und ich hielt sie ausschließlich am oberen Rand fest, als ich sie eilig zum Tresen tragen musste. Alejandro folgte mir, stellte seine Schale ab und beugte sich dann zu mir, um mir ins Ohr zu flüstern. „Aber wenn wir es noch einmal treiben, bist du vielleicht völlig ausgelaugt.“  Mein Blick wandte sich zu ihm, sahen in sein spielendes Rot und ich schluckte. Er war wirklich verfressen und süchtig danach! Doch ich musste mir eingestehen: ich war es auch. Süchtig nach ihm.      Kapitel 16: Kennenlernen (Alejandro) ~by PoG -------------------------------------------- 16 Kennenlernen (Alejandro) by PoG Siakoh spürte, dass ich mich von ihm abgewendet hatte. Er versuchte mich mit Belanglosigkeiten, wie seinem Einkaufserfolg zu ködern, was nur bedingt gelang. Unhöflich wollte ich nicht sein, also ging ich darauf ein und sein Smalltalk zeigte tatsächlich Wirkung. Der eisige Griff um mein Herz wurde lockerer und der harte Panzer schmolz langsam bei der Wärme, die mein Vögelchen in seinen Augen trug. Allerdings sprach er meinen Blutdurst auf einmal ganz offen und beinahe neugierig an. Ging es ihm darum? Gebot ihm sein Helfersyndrom mir auch weiterhin als Mahlzeit zur Verfügung zu stehen? Es war zum verrückt werden. Wir gingen einen Schritt aufeinander zu, um uns wieder zwei voneinander zu entfernen und dann wieder zwei nach vorn und einen zurück. Die Choreografie dieses komplizierten Tanzes war mir zu hoch. Ich war einfacher, direkter und dennoch wollte ich ihn nicht verletzten und auch selbst nicht verletzt werden, weil er mich von sich stieß. Als er dann auch noch auf meine Kindheit zu sprechen kommen wollte, hatte ich genug Anreiz abzublocken und meine drängendere Frage zu stellen. Ich musste endlich wissen, woran ich war. Er verstand mich wieder einmal falsch und ich beschloss mit meinem Körper etwas mehr Nachdruck zu verleihen. Außerdem hatte ich bereits bei seinem Eintreten am Rande meiner Wahrnehmung etwas bemerkt, dass ich nun überprüfen wollte. Ich stand auf und ging zu ihm und zog ihn in eine Umarmung. Es war tatsächlich so, dass eine feine Note eines herben, eindeutig männlichen Duftes, dessen Nuancen ich schon einmal gerochen hatte, an ihm haftete. Allerdings in wirklich minimaler Ausprägung. Meine Frage war das dringendere Problem, welches es zu klären galt, doch auch das löste sich in Wohlgefallen auf, nachdem mein Vögelchen mir versicherte hatte, dass es nicht davonfliegen würde, sondern mich kennen lernen wollte. Die Erleichterung beflügelte mich, allerdings stellte er eine Forderung, die mich schwer ins Grübeln brachte, was ich ihm gegenüber allerdings auch eingestand. Mein kleiner Prinz wollte sich ausführen lassen. Romantik, war absolutes Neuland für mich, aber gut, ich würde mich schlau machen und war auf meinen Einfall der Dinnereinladung, wobei ich das Mahl für uns breiten würde, schon etwas stolz. Ein guter Einfall, lobte mich auch mein Vögelchen. Wie froh ich war, dass es mit uns vorwärts gehen und sich entwickeln würde. Liebevoll und leidenschaftlich gingen wir miteinander um und genossen einfach unsere Gesellschaft. Bis mein Vögelchen sich ums Essen kümmern wollte und mich ein dumpfes Vibrieren ablenkte. Auch Siakoh hörte es und ging sein Smartphone suchen. Mir fiel meine Beobachtung wieder ein und ich dachte daran, dass ich ihn unbedingt fragen müsste, wer denn sein „Hübscher“ sei. Als er wieder kam besah er sich augenscheinlich etwas, dass ihn sehr zu erfreuen schien. Ein Stechen durchfuhr und Wut baute sich in mir auf. Da waren wir wieder an dem Punkt angelangt, wo wir unseren Fortschritt durch zurücktreten zu Nichte machten. Auf meine Ansprache hin, gab er zu, sich über eine Nachricht seines Hübschen zu freuen. Was mich wütend die Fäuste ballen ließ, obwohl ich streng genommen ja eigentlich keinerlei Anspruch auf die Zuneigung und Treue Siakohs hatte. Trotzdem, der Gedanke daran, dass er das Gleiche, was wir heute Morgen teilten mit einem anderen haben könnte, noch dazu mit jemandem der augenscheinlich vergeben war, machte mich rasend und es fiel mir verdammt schwer die Beherrschung nicht zu verlieren. Aber ich riss mich zusammen und fragte nach der Verbindung der beiden. Sein bester Freund, war es also, den er so „hübsch“ fand. Dass er zugab, dass Freundschaft nicht alles war, was zwischen ihnen existierte, ließ meinen Puls sich wieder erhöhen. Ich war ständig gefangen zwischen meinem Bedürfnis ihm nahe, zärtlich zu ihm zu sein und ihn einfach an mich zu reißen und dafür zu sorgen, dass er nie wieder jemand anderem gehören wollen würde. Ich hätte schreien können. Er hatte ihn auch noch getroffen und dieser Bastard hatte seine dreckigen Finger an ihn gelegt. Was war das nur für ein egoistisches Arschloch?! Reichte es ihm nicht, dass er einen Partner hatte?! Musste er auch noch meinem Vögelchen den Kopf verdrehen?! Lief da was zwischen den beiden? Ich wollte Siakoh packen und ihn schütteln, weil er nicht wirklich mit der Sprache rausrückte. Er wich mir aus. Ich brauchte jetzt Klarheit, egal was mit dem anderen war, dass konnte ich noch früh genug klären. Ich würde ihn schon los. Was sah mein Vögelchen in mir? Einen Freund oder mehr? Einen Lover oder einen Geliebten oder gar einen Partner? Sag es mir, kleiner Prinz! Und das tat er. Auch wenn er sich sichtlich unwohl fühlte. Seine Augen schreckgeweitet waren. Er stand zu mir. Sah mehr in mir als nur einen Freund. Das genügte mir erst Mal. Ob wir für ihn jetzt ein Paar waren? Das würde ich später in Erfahrung bringen müssen, meine Anspannung wollte sich erstmal lösen und mein Körper sehnte sich nach einem Ventil, um den aufgebauten Druck loszuwerden. Mein Herz lechzte nach Bestätigung seiner Worte. Mit allem Gefühl, zu dem ich fähig war, küsste ich ihn, umschmeichelte ihn und wollte ihm zeigen, wie viel er mir bedeutete. Er genoss es sichtlich und spielte mit mir. Seine lasziven Bewegungen verfehlten ihre Wirkung nicht, aber ich machte mir auch Sorgen um mein Vögelchen. Er aß wie ein Spatz und verbrauchte doch Energie, wie ein aufgedrehtes Huhn. Dabei brauchte ich ihn doch im Vollbesitz seiner Kräfte, wenn er mit mir spielen wollte. Ich gab ihm also, mit einem kleinen Hinweis auf meine weiteren Pläne, eine ordentliche Portion der Suppe und grinste ihn breit an. Er würde es definitiv noch brauchen. Lasziv leckte ich mir demonstrativ die Lippen. Oh, wir würden es heute noch einmal treiben, da gab es gar keinen Zweifel. Aber gerade überwog bei mir tatsächlich ein Gefühl der Fürsorge. Auch etwas Neues für mich, dass mir das Wohlbefinden eines anderen am Herzen lag. Ich ging also um ihn herum zum Barhocker und zog ihn mit mir. Meine Schale stellte ich ab, setzte mich auf einen der Stühle und griff, als er sich ebenfalls setzen wollte, nach seiner Hüfte, um ihn seitlich auf meinem Schoß zu platzieren. Ich wollte seine Nähe nicht eine Minute aufgeben. Nicht, nachdem wir jetzt wieder in unsere gemeinsame Blase eintauchen konnten, in der die Probleme der Außenwelt keine Rolle spielten. „Hey, wie soll ich denn so vernünftig essen?!“, protestierte mein kleiner Prinz. „Ich füttere dich“, sprach ich und füllte auch schon einen Löffel mit der Suppe. „Vorsicht! Heiß!“, gab ich ihm den Hinweis, wie einem kleinen Kind und pustete auch kurz auf den Löffel, ehe ich ihm den Löffel vor den Mund hielt. „Schnäbelchen auf!“ „Was soll das werden?! Ich bin kein Kleinkind!“ „Aber mein süßes Vögelchen, kleiner Prinz! Das muss ich gut versorgen, sonst kippt es mir noch aus den Latschen!“, nahm ich ihm den Wind aus den Segeln. Auch wenn ich hier gerade absolut kitschig war, so fühlte es sich gut und beinahe natürlich an, so mit ihm umzugehen. Es war rein instinktiv. Ich hatte das Bedürfnis für ihn zu sorgen und mich um ihn zu kümmern. Wollte, dass es ihm gut ginge und an nichts fehlte. Er fügte sich und nahm brav Löffel für Löffel seines Mahles zu sich. Als die Schale zur Hälfte geleert war, hielt sich mein Vögelchen den Bauch und meinte: „Puuuhhh… ich bin pappsatt. Ich kann nicht mehr.“ „Du hast nicht mal die halbe Portion gegessen. Nimm bitte noch zwei Löffelchen. Einen für dich und einen für mich.“ „Aber ich platze!“ „Bitte!“ „Na schön, du Nervensäge, lässt ja eh nicht locker!“ „So ist’s brav!“, grinste ich ihn an und gab ihm einen Kuss auf die Nasenspitze. Ehe die vereinbarten Löffel noch in seinen Mund wanderten. „Und was ist mit dir? Du hast dein Essen nicht mal angerührt!“ „Ich bin nicht wirklich hungrig“, antwortete ich, aber nahm mir seine Portion zu Hand und schlang den Rest kurz runter. Es schmeckte leicht salzig, war aber für meinen Geschmack eindeutig zu mild. „Lecker, wenn auch etwas mild für meinen Geschmack“, gab ich seinem fragendem Blick preis. „Hättest du es nicht in einem verschlungen, hättest du nachwürzen können. Ich hab alles da!“, empörte sich das Vögelchen. „Spielt doch keine Rolle! Essen ist doch eh nur Nahrungsaufnahme zur Energiegewinnung.“ „Oh Gott, bei der Einstellung freu ich mich ja jetzt schon auf das Essen, welches du mir kochen wirst.“ „Du wirst dich wundern“, prahlte ich selbstgefällig. „Lässt du mich jetzt wieder runter? Dann kann ich noch alles wegräumen. Deine Sachen müssten jetzt übrigens auch trocken sein.“ „Willst du mich loswerden?“, drohte meine Stimmung wieder zu kippen. „Nein! Ich würde mich freuen, wenn wir noch ein bisschen reden würden.“ „Soso, reden nennst du das also?!“, grinste ich anzüglich. „Ich meinte tatsächlich reden. Wobei ich gegen das Andere auch nichts einzuwenden hätte“, ging er darauf ein, ließ sich von meinem Schoß gleiten und strich dabei wie zufällig über die leichte Beule in meiner Hose, was mich zucken ließ. Ich stand ebenfalls auf und öffnete lasziv grinsend, den eh schon fast vollständig geöffneten Reißverschluss der Sweatjacke meines kleinen Prinzen. Welcher mich mit meiner noch vollen Schüssel in der Hand, irritiert anblickte. „Was tust du da?“ „Mich ausziehen?!“, war meine schlichte Antwort. Die Jacke ließ ich von meinen Armen gleiten und hängte sie dann ordentlich über den Stuhl, ehe ich mich daran machte Siakohs Hose und Shorts folgen zu lassen. Dieser stand mit leicht geöffnetem Mund immer noch mit der Schüssel in der Hand am Kühlschrank, in welchem er den Rest wohl verwahren wollte. Es hatte meinen Vögelchen scheinbar tatsächlich die Sprache verschlagen. Als ich nackt, wie mi padre santo mich erschuf, durch die Wohnung zum Trockner lief, um meine eigene Kleidung zu holen. Gerade als ich mich bückte und nach meinen Klamotten griff, spürte ich, wie sich zwei Hände fest um meine Hüfte legten und eine unbekleidete Vorderpartie sich an mir rieb. „Soll ich dir jetzt die unbekannten Freuden zeigen?!“, raunte er. „Nein, kleiner Prinz. Jetzt bist erstmal du fällig!“, erwiderte ich, während ich mich blitzschnell aufrichtete, umdrehte und ihn in einem Schwung auf der Waschmaschine platzierte, so dass ich ihn perfekt vor mir positioniert hatte und seine Beine auf meinen Schultern auflagen. Mein Kreuz landete noch auf einem Regalbrett oberhalb von Siakohs Kopf, was dieser erneut mit einem fragenden Blick quittierte, welcher aber von mir mit einem Kuss und meinem leidenschaftlichen Eindringen zum Schweigen gebracht wurde. Es war schnell, etwas härter und es war verdammt gut. Auch meinem Vögelchen schien es gefallen zu haben, der Geräuschkulisse nach zu urteilen, die er mir geboten hatte. Ein wahrer Gesang aus Stöhnen, Raunen, Keuchen und Anfeuerungen. Als wir fertig waren, trug ich meinen Prinzen auf Händen ins Badezimmer, wo wir uns kurz unter der Dusche abbrausten. „Was wollen wir denn heute noch machen? Bleibst du über Nacht?“, fragte mich mein Vögelchen, als wir uns gerade abtrockneten. „Du wolltest doch reden?! Also reden wir. Ich muss heute Abend nach Hause. Morgen früh, muss ich zu meinem Kunden, den ich heute Morgen vertrösten musste. Da muss ich leider noch ein paar Dinge für vorbereiten“, beantwortete ich seine Frage und sah, dass seine Unterlippe sich kurz schmollend vorschob, so dass ich ergänzte: „Aber bis dahin sind es ja noch einige Stunden und wir werden ab jetzt ja viele Nächte miteinander teilen können!“ „Hmpf… Ja, da hast du recht“, ließ mich mein Vögelchen das Strahlen seiner Augen wiedersehen und verschwand im Schlafzimmer, um sich anzuziehen. „Brauch ich meine Hose, wenn wir reden wollen?“, rief ich ihm auf dem Weg in den Hauswirtschaftraum zu, war ich es doch gewohnt bei mir Zuhause meist in Shorts oder nackt rumzulaufen. Seine Antwort war ein schnaubendes Lachen. „Aber zieh dir wenigstens deine Shorts an. Dein nackter Arsch wird nicht auf meinem Sofa platziert!“ „Hatte ich eh vor. Sonst würden wir ja gar nicht zum Reden kommen, weil du die ganze Zeit abgelenkt wärst!“, erwiderte ich feixend, was ihn erneut zum Schnauben brachte. Als wir beide angezogen waren, ich in meiner Shorts und T-Shirt, beides schwarz und Siakoh in ein türkises Monster von einem Flausch-Pulli gehüllt und ebenfalls nur mit einer Shorts, allerdings in einem royalen Blau bekleidet, trafen wir uns im Wohnzimmer und machten es uns auf seinem Sofa gemütlich. „Fernsehen?“, fragte er, doch ich schüttelte den Kopf. „Dabei kann man so schlecht reden. Was hältst du von leiser Lounge-Musik?“, mich da musikalisch zwar nicht auf mein bevorzugtes, aber ein dennoch akzeptables Terrain begebend. „Gern, kennst du einen Radiosender, der sowas abspielt?“ „Kleiner Prinz, bist du so verwöhnt, dass du nicht mal weißt, was dein Smart-TV so alles kann?“, zog ich ihn neckend auf, nahm ihm die Fernbedienung ab und suchte nach dem entsprechenden Programm. Als Bildwiedergabe zog sich ein Lagerfeuer an einem wunderschönen, tropischen Sandstrand durch das Bild. Mit dem Rücken lehnte ich mich an die Armlehne des Sofas, fand jedoch keine wirklich bequeme Position. Mein Vögelchen betrachtete mein Herumgerutsche amüsiert und ich fluchte: „Du brauchst unbedingt andere Möbel. Diese alten Dinger sehen zwar nett aus, aber für einen gemütlichen Couch-Tag zu zweit, sind die absoluter Mist!“ „ICH bin mit ihnen bislang immer hervorragend zurechtgekommen!“, wandte er schnippisch ein. „Aber WIR brauchen etwas, was für und beide passt!“, konterte ich. Bemerkte, dass ich da Andeutungen über ein gemeinsames Heim machte und ruderte schnell zurück. „Also irgendwann mal. Für jetzt reicht es, wenn du mir eins dieser dicken Kissen von dem Sessel da reichst.“ Siakoh ging nicht weiter auf meine Aussage ein und kam stumm meiner Bitte nach. Nachdem ich mich nun bequem positioniert hatte, zog ich mein Vögelchen in meine Arme und platzierte ihn so vor mir, dass er umschlossen von meinen Gliedmaßen bequem auf den Bildschirm und die Dachterrasse blicken konnte, auf der es so eben wieder begonnen hatte zu schneien. Er zog noch eine Decke über uns und so saßen wir eingehüllt in einen Kokon aus Wärme und Geborgenheit in seinem Wohnzimmer, dass mich so sehr an meine Heimat erinnerte. Ich schloss die Augen, sog die Luft ein und roch den exotischen Duft der Pflanzen des Dschungels, die hier so zahlreich den gesamten Raum schmückten. Ein tiefer innerer Frieden erfüllte mich, ich zog mein Vögelchen enger an meine Brust und vergrub in die Nase in seinem Haar. „Auuu!“, kam es von Siakoh und ich blickte ihn irritiert an. „Kannst du das Ding da nicht ablegen?!“, sprach er, nachdem er sich seitlich nach vorne gebeugt hatte und deutete mit verdrehtem Oberkörper auf meine Kette. „Nein! Es tut mir leid. Ich dreh es weg, aber ablegen, werde ich es nicht“, war meine bestimmte Antwort. „Wieso? Welche Bedeutung hat es, woher hast du es und warum legst du das beim Sex immer ab?“, bestürmte er mich auf einmal neugierig mit seinen Fragen, als hätte er nur auf einen Anlass gewartet, um sie loszuwerden. Ich seufzte, blickte auf den fallenden Schnee und wusste, dass ich nun nicht mehr drumherumkäme, ihm einen Teil meiner Vergangenheit preiszugeben: „Mein Vater gab es mir, als ich noch klein war und er feststellte, dass ich ein, wie er es nannte demonio, sein musste. Er wollte damit meine Seele schützen.“ „Wieso hat er festgestellt, dass du ein Yokai bist. War er selbst keiner? Bist du ein Hanyou? Dann ist das auf deinem Rücken eine Tätowierung und gar kein Dämonenmal?! Und glaubst du an den ganzen Kram? Dass mit Seele, Gott und Wiedergeburt oder ewigem Leben und dem ganzen Zeug?“ „Woah, langsam, kleiner Prinz! Du fragst mich da Sachen, die mein gesamtes Leben beschreiben. Das geht nicht so schnell. Eins nach dem anderen okay?“ „Uups, aber du bist gerade so offen, dass muss ich ausnutzen!“, schmunzelte er über sich selbst und gab mir einen liebevollen Kuss auf die Wange. „Ich geb mir Mühe, es so kurz wie möglich zu machen! Also: erstens mein Vater war ein Mensch und nicht mein leiblicher Vater. Er lebte als Eremit im Regenwald Yucatans und fand mich eines Tages als Säugling schutzlos zurückgelassen ein Stück von seiner Hütte entfernt. Als guter Christ, konnte er mich hilfloses Wesen natürlich nicht einfach sterben lassen und so nahm er mich bei sich auf und lehrte mich auch seinen Glauben. Damals für mich nur eine simple Theorie, deren Lehren ich ihm zuliebe befolgte, aber die mich erst später selbst berührten.“ Bei den Gedanken, an die Begebenheiten, die diesen Wandel auslösten, erhielt die Kälte erneut Einzug in mein Herz. Siakoh starrte mich sprachlos an und wusste augenscheinlich nicht, was er zu meiner Offenbarung sagen sollte. „Oh… Gott…Das…Das klingt furchtbar!“ „Hey, kleiner Prinz! Mein Vater hat sich gut um mich gekümmert und war immer für mich da. Einmal hat er mich sogar vor einem Puma gerettet“, erinnerte ich mich an die geträumte Erinnerung von vorletzter Nacht. „Klingt trotzdem nicht so, als hättest du eine schöne Kindheit gehabt.“ „Doch, ich würde schon sagen. Ich hatte etwas, was vielen Kindern heutzutage fehlt. Ich hatte Freiheit. Ich hatte zwar meinen Vater, der mir immer bedingungslosen Rückhalt bot, aber er ließ mich meine Fehler machen und zeigte mir, dass es nicht schlimm ist, wenn man falsche Dinge tut. Wenn, wann nachher aufrichtig bereut, verzeiht Gott einem nahezu alles. Aber das Herz muss dabei rein sein, die Wahrheit sprechen. Entschuldige, ich werde missionarisch.“ „Freiheit fehlte nicht nur heutzutage…“, nuschelte mein kleiner Prinz. Und ich begriff, dass auch er eine Last aus der Vergangenheit mit sich trug. „Wer hat dir die deine genommen?“, fragte ich interessiert. „Meine Geburt. Ich bin der einzige Sohn des Oberhauptes unseres Stammes und sollte heiraten, wen man mir vorsetzte. Alle anderen durften lieben, wen sie wollten. Da gab es keine Regeln. Nur ich hatte keine Wahl. Deshalb bin ich da weg und habe nie wieder zurückgeblickt“, kam es ungewohnt düster von meinem Vögelchen. „Hattest du denn jemanden im Sinn, den du heiraten wolltest?“ „Ja, wegen ihm, bin ich abgehauen.“ Seine letzten Worte versetzten mir einen Stich. Ob er immer noch an ihm hing? Wenn dieser jetzt hier auftauchte, würde mein Vögelchen mich dann verlassen? Oder war dieser Yosuke etwa derjenige? „Sag mal, ist es dieser Yosuke, den du heiraten wolltest?“, wollte ich wissen. „Ich, Yosuke heiraten?! Der Gedanke ist mir tatsächlich noch nie gekommen“, prustete er los und ich war beruhigt. „Mein kleiner Prinz ist also wirklich ein Prinz“, schmunzelte ich. „War. Deshalb kann ich es nicht leiden, wenn du mich so betitelst.“ „Oh, das tut mir leid. Ich nannte dich so, wegen des Buches von diesem Franzosen… Wie hieß der noch gleich?! „Antoine de Saint-Exupéry. Was hat das mit mir zu tun? „Du veränderst mich. Du hast meine Gier gezähmt, mich gezähmt. Ich fühlte mich wie der Fuchs in dem Buch. Und du bist auch in deinem Auftreten so lässig elegant und geschmeidig. Gleichzeitig bist du sorglos, so als wärst du gut behütet aufgewachsen. Eben wie ein Prinz. Apropos sorglos, mein Vögelchen… ich muss mit dir schimpfen.“ „Wieso das?! Weil ich mir wildfremde Männer ins Haus hole und denen meinen Körper und mein Herz präsentiere?“, schmunzelte er mich an. „Nein! Und jetzt sei mal bitte kurz ernst. Du bist fahrlässig, wenn du deine elektronischen Geräte nicht mit einem Passwort oder einem Muster schützt. Jeder Fremde, der deine Sachen findet, kann da dran, selbst wenn der Finder eigentlich ein netter Mensch ist, führst du die Leute damit unnötig in Versuchung“, schimpfte ich. „Aber ich finde es lästig, sowas einzugeben. Außerdem vergesse ich Zahlen so schnell.“ „Komm, dann richten wir dir ein Muster ein. Das kannst du dir bestimmt besser einprägen und wenn ich es kenne, kann ich dir im Zweifelsfall auch helfen.“ „Und hast weiterhin uneingeschränkten Zugriff“, blickte er mich mit hochgezogener Augenbraue schmunzelnd an. „Ich verspreche dir, ich lasse es, an dein Smartphone zu gehen. Zumindest ungefragt. Aber du musst mir versprechen, ehrlich zu mir zu sein!“ „Deal!“ Ich griff nach seinem Handy und öffnete die Einstellung soweit, dass er nur noch ein Muster eingeben musste. Er überlegte kurz und zog dann in dem neun Punkte Raster einen Strich, von unten links nach oben links von dort eine Diagonale zur Mitte, eine Diagonale nach oben rechte, einen Strich nach unten rechts, von dort zur oberen Mitte und wieder zum Ausgangspunkt unten links zurück. „Wieso so kompliziert?“ fragte ich. Er schmunzelte: „Es erinnert mich an dich, genauer gesagt an dein Mal. Und es ist ein M und ein A.“ „M und A?“ „Mein Alejandro!“ Kapitel 17: Zufall (Siakoh) --------------------------- 17 Zufall (Siakoh) Das Alejandro sich mir öffnete war erleichternd. Es beruhigte mich etwas, auch wenn seine Kindheit eine völlig andere war, als die meine. Er wurde ausgesetzt und von einem gottesfürchtigen Menschenmann großgezogen. Ich dagegen hatte immer alles gehabt, was ich brauchte und wollte. Wieder fiel mir die Tatsache auf, wie verschieden wir waren. Aber die Gleichgültigkeit dessen wurde ebenso wie die Erkenntnisse darüber immer stärker. Egal was uns zu dem gemacht hatte, was wir nun waren. Wir waren es. So hatten wir uns getroffen und saßen nun hier beisammen. Es fühlte sich immer richtiger an, dass es so war. Ich genoss jede Berührung, lauschte jedem seiner Worte, das er mit seiner maskulinen Stimme sprach. Er verzauberte mich und ich war ihm verfallen. Doch solange es sich so herrlich anfühlte, hier in seinen Armen zu liegen, seine Wärme zu spüren, würde ich es zulassen und genießen. Auch ich erzählte ihm etwas von mir, was ihn zu überraschen schien. Jedoch ging er nicht weiter darauf ein, als in Erfahrung zu bringen, ob es damals Yosuke war, für den ich mein Dorf verlassen hatte. Zum Glück war dem nicht so und ich musste Alejandro auch noch nicht beichten, was zwischen Yosuke und mir tatsächlich gelaufen war. An sich war es ja gar nichts. Aber ich wusste Alejandros Eifersucht nicht einzuschätzen. Seine Laune wechselte von kühler Standhaftigkeit in geradezu liebevolle Gesten. So auch die Geste der Sorge um meinen digitalen Fingerabdruck. Für mich hatte dies alles überhaupt keinen Wert, doch weil es ihm am Herzen lag, ging ich darauf ein und zog eine Linie auf den neun Punkte, die mein Smartphone mir zeigte. Schnell war mir eingefallen, wie die Linie verlaufen würde und wie ich sie definitiv nicht vergessen konnte. Ein M und ein A. Mein Alejandro. Das konnte ich gar nicht vergessen. Es war so dermaßen kitschig, aber es fühlte sich gut an und er lächelte mich liebevoll an, als ich ihm die Bedeutung erklärte. Er gab mir einen Kuss und nachdem wir einige Minuten darin schwelgten, die Wärme unseres Atems zu kosten, löste er sich und sah auf die Uhr. „Möchtest du mich noch etwas fragen, bevor ich gehen muss?“ „Die Zeit mit dir vergeht viel zu schnell“, nuschelte ich und legte meinen Kopf auf seiner nackten Brust ab. Ich hörte sein Herz schlagen und schloss dabei meine Augen. Ich spürte jetzt schon so etwas wie Sehnsucht. Auch wenn ich wusste, dass es sein musste und auch ich etwas Ruhe brauchte, bevor ich morgen ins Gefecht zog. Yosuke hatte auffällig reagiert und mit Absicht seinen Geruch an mir platziert. Das würde er büßen! Sicher wusste auch der Griesgram davon und würde die Schlüsse ziehen, wenn er sich an den Unfall erinnerte. „Wir können uns später noch texten, wenn du willst“, schlug er vor und ich nickte schweigend. Seine Finger strichen mir über den Rücken, kraulten mich liebevoll zwischen den Schulterblättern, während ich dem ruhigen Klang eines Pianosolos lauschte. Es war so gemütlich, schwelgend und sein Herz ein so stolzes, rhythmisches Klopfen, dass ich spürte wie die Müdigkeit mich außer Gefecht setzte. So plötzlich, dass ich ihm auf die eigentliche Frage gar nicht mehr geantwortet hatte. Normalerweise ließ ich mir eine solche Gelegenheit nicht entgehen, aber heute schien ich wirklich übertrieben zu haben. Dieser Mann war mein Kryptonit. Erst das Ablegen auf meinem weichen Kopfkissen, riss mich aus meinem Schlaf, dem ich wohl verfallen war. Ich öffnete schwerfällig die Augen und spürte Lippen auf den meinen. Kurz erwiderte ich die zarte und vorsichtige Bewegung und erkannte das Rot seiner Augen vor mir, als wir uns gelöst hatten. „Jetzt habe ich dich doch geweckt“, entschuldigte er sich erfassend und streichelte mir über die Schläfe. „Bin ich etwa eingeschlafen?“, maulte ich leise wispernd. „Ist doch nicht so schlimm“, vergab er mir und gab mir noch einen Kuss. „Ich habe über dich gewacht und mit dir gekuschelt. Das war schön.“ „Musst du gehen?“, startete ich einen letzten Versuch ihn am Gehen zu hindern. „Ich muss“, seufzte er. „Glaub mir, dass ich dich sonst nicht hier allein schlafen lassen würde.“ „Hoffentlich die letzte Nacht“, schmunzelte ich und rieb meine Nase an seiner. Er hatte ja schon von gemeinsamen Möbeln gesprochen. Wieso dann nicht eine solche Andeutung machen? „Das hoffe ich auch, mein Prinz. Schlaf nun weiter“, lächelte er und streichelte mein Haar als er aufstand und aus dem Raum ging. Es war ein harter, aber glatter Schnitt und die Müdigkeit zog so schnell an mir, dass ich zurück in einen festen Schlaf fiel. Total gerädert ging ich die handschriftlichen Unterlagen der letzten beiden Tage durch und quälte mich regelrecht durch den Papierstapel. Ich wollte zurück nach Hause. Am besten mit Alejandro. Noch einen Tag frei. Das wäre so herrlich, dachte ich darüber nach, was wir alles getrieben hatten. So viel Erleichterung hatte ich schon lange nicht mehr verspürt. Auch wenn es durchaus turbulent zugegangen war, so fanden wir immer einen Weg zurück in die Zweisamkeit. Die Wortgefechte machten mir mitunter Angst und doch waren sie ein Zeichen für uns. Wir verfolgten dasselbe Ziel. „Träumst du, Siakoh?“, hörte ich eine bekannte Stimme, die sich zu mir über den Tresen des Schreibtisches beugte und mich beobachtet hatte. Ich musste von nun an aufpassen. „Vielleicht“, zog ich das Wort beleidigt lang und schrieb etwas auf die Unterlagen, tat beschäftigt. „Schlecht geschlafen?“, wollte er mir entlocken und ich schenkte ihm keinen einzigen Blick. „Ein wenig. Ich bin früh ins Bett und habe wohl übertrieben.“ „Übertrieben, glaube ich dir. Das andere eher nicht“, grinste der Wolf breit und bekam einen finsteren Blick geschenkt. „Was willst du wissen? Spuck es aus, Yosuke!“, brummte ich genervt. „Du weißt, dass ich eine gute Nase habe, oder?“ „Wie könnte ich dieses Detail jemals vergessen?“, scherzte ich und rollte die Augen, während ich mich im Stuhl zurücklehnte. „Also was riechst du?“ „Etwas, was mir gestern beim Einkaufen schon aufgefallen ist. Du stinkst nach Komori.“ „Wie nett. Ich stinke“, quittierte ich und fing an weiter an den Unterlagen zu arbeiten. „Könntest du nun weiterarbeiten gehen? Wollte der Computerfutzi nicht um sieben da sein?“, versuchte ich das Thema zu wechseln und ihn abzuwimmeln. „Ja, er ist bereits bei Kusuri, weswegen ich hier bin“, erklärte Yosuke und sah mir direkt in die Augen. Dieser Blick gefiel mir nicht und ich verzog die Augenbrauen. Warum war er wegen dem Computerfreak hier? Moment. Er hatte eine gute Nase, roch Alejandro an mir, der ein Komori ist und als Programmierer arbeitet. Mir fiel es wie Schuppen von den Augen und ich erstarrte. Er musste hier sein. Yosuke schien mein Gedankengang aufzufallen und seine Lippen zogen sich zu einem wissenden Schmunzeln. „Willst du mir nun etwas verraten?“, setze er noch einen drauf und beugte sich weiter zu mir. Dieser böse Wolf! „Ich muss mal!“, wich ich aus, schob meinen Stuhl zurück und sprang auf. Doch, bevor ich den Raum verließ, rief ich ihm noch etwas zu: „Und wehe du fasst mich nochmal ungefragt an, Wolfsjunge!“ Ein Lachen verfolgte mich, während ich in die Richtung des Chefbüros lief. Ob er darinsaß? Oh, diese verdammte nichts riechende Nase! Aber da war ja noch seine Aura. Ich blieb an der Wand vor dem Büro stehen und streckte meine Fühler aus. Das Büro schien leer zu sein und ich atmete erleichtert aus. „Na, wen haben wir denn da?“, fragte es nah hinter mir und ich erstarrte zur Salzsäule. Das konnte doch nicht wirklich stimmen. Langsam wendete ich mich um, sah im Augenwinkel noch wie Yosuke mir gefolgt zu sein schien und wurde von roten Iriden erfasst. Ich schluckte. „Alejandro!“, erfasste ich seinen Namen und beobachtete wie seine Augen von mir zu Yosuke wanderten, der sich grinsend zu mir begab und seine Hand auf meine Schulter legte. „Na, was für eine Überraschung, nicht wahr?“ wollte er scherzen. Doch die Augen vor mir schienen darin etwas anders zu sehen. Schnell schüttelte ich die Hand von meiner Schulter und sah wie auch noch Kusuri dazu kam. Er sah auf seine Uhr und begann zu sprechen: „Sie haben wirklich wunderbare Arbeit geleistet und es tatsächlich bis sieben Uhr geschafft.“ Die erstarrte Haltung meines Partners schien wie aufgelöst, als er ohne ein Wort auf mich zuging, sich mein Handgelenk schnappte und mich zu sich zog. Schneller, als ich mich versah, packte er meinen Kopf und presste seine Lippen vor versammelter Chefetage auf meine. Ich riss die Augen auf und klammerte meine Hände an seine. Was sollte das werden?! Nur einen Moment später spürte ich seine Hand an meiner Körperseite und als sie an meinem Hintern zum Liegen kam, dämmerte es mir. Er wollte mich als seinen Besitz markieren. Wegen Yosuke! „Oh, wie nett“, gluckste Kusuri erfreut und ich presste meine Hände auf Alejandros Brust, um ihn auf Abstand zu bringen. „Nicht hier!“, bat ich und sah ihm direkt in die Augen, die plötzlich zornig wirkten. „Du hast nicht erwähnt das ER auch hier arbeitet!“ „Hä?“, fragte ich, verstand den Themenwechsel nicht. „Was meinst du?“ „Ihn!“, brummte er und sah dann zu Yosuke, der verwundert dreinschaute. „Was sollte mit mir sein?“, frage er auch noch unschuldig und ich preschte vor, um die Wogen zu glätten. „Er meint deine Umarmung gestern im Laden!“, erklärte ich. „Umarmung?“, wurde Kusuri hellhörig. „Du hast deinen Geruch an mich gebracht“, warf ich Yosuke vor. Dieser ließ die Schultern hängen, weil ich seinen Plan durchschaut hatte. Doch da spürte ich schon wie Alejandro an mir vorbeitrat und sich Yosukes Kragen packte. Sofort griff ich nach seinem Arm und wollte ihn aufhalten. Kusuri schien dagegen die Ruhe selbst. Kein Wunder. Yosuke war ein erfahrener Kämpfer und würde Alejandro nur verletzten. „Wehe!“, begann Alejandro auf Yosuke einzusprechen, der nun einen gefassten, aufmerksamen Blick gegenüber seinem Angreifer aufzog. „Alejandro, bitte hör auf“, bat ich leise und bekam keine Reaktion. „Wehe, du fasst Siakoh noch einmal an! Und sei es nur ein Korn auf seinem Kittel, hast du es nicht zu beseitigen!“, knurrte mein Freund und ich geriet fast schon in Verzückung, weil er mich so in Schutz nahm. „Bitte hör auf!“, sagte ich deswegen sanft und bekam nun seinen Blick, der düster und heimtückisch war. „Mit dir rede ich gleich!“, versprach er sauer und meine Hand begann zu zittern. Was hatte das zu bedeuten? „Du brauchst dir keinerlei Gedanken zu machen“, versprach Yosuke und ergriff Alejandros Hände, um sie mit einem kräftigen Ruck von seinem Kittelkragen zu lösen. „Ich bin bereits vergeben!“ „Der arme Irre!“, schimpfte Alejandro und wandte sich ab. Seine Aura flackerte und ich warf Yosuke kurz einen fragenden Blick zu. Er erwiderte den Blick und schmunzelte. War ihm diese Sache etwa ein Spaß? Alejandro packte sich meine Hand, wandte sich an Kusuri und streckte die Hand aus. „Meine Bezahlung, bitte! Und ziehen Sie eine Stunde Lohn für Siakoh davon ab!“, befahl er Kusuri harsch und dieser formte die Augen zu Schlitzen, bevor er in seine Kitteltasche griff und einen Umschlag herauszog. „Durch den Rabatt sollte es wohl passen“, erklärte er. „Und wenn Sie wieder einmal einen Unfall haben, wenden Sie sich doch gerne an den „Armen Irren“!“, erklärte Kusuri, wodurch Alejandro nun angeschmiert war, den Umschlag ergriff und grußlos Richtung Ausgang ging. Mit mir im Schlepptau. Stolpernd folgte ich ihm, spürte den schmerzlichen Griff um mein Handgelenk immer mehr und als wir im Treppenhaus waren hielt ich ihn an einem Absatz an, indem ich das Geländer mit der freien Hand ergriff. „Bleib stehen!“, bat ich ernst und spürte seine Krallen in meiner Haut. „Warum lügst du mich an?“, fragte er und starrte vorwärts, anstatt mich anzusehen. „Ich habe nicht gelogen!“, gab ich Antwort und spürte nun die Ungerechtigkeit in mir aufsteigen. „Doch das hast du!“, schrie er mir entgegen und sah mich nun auch gebannt an. „Wieso arbeitet er hier!?“ „Er ist mein Chef!“, entgegnete ich ihm. „Das wird ja immer besser!“, schnaubte er und kam auf mich zu. Ich wich einige Schritte aus, doch spürte bald die Wand im Rücken, als er seine Hände an meine Arme legte. „Wolltest du es mir sagen?“ „Wieso?“, fragte ich energisch. Dieses Spiel wurde mir zu bunt. Was bildete er sich eigentlich ein, wenn er mich dies fragte? Ich war ihm doch keinerlei Rechenschaft schuldig für mein vorheriges Leben! „Dein Lover arbeitet direkt neben dir. Ich habe allen Grund das zu fragen!“, war seine Erklärung und mir platzte der Kragen. „Warum?! Weil du mir nicht vertraust?!“, zischte ich ihm entgegen und spürte eine eiskalte Hand, die sich um mein Herz legte. Es passierte wieder. Die Liebe entglitt mir. Alejandro stoppte kurz, schien zu überlegen. Doch für mich stand es fest. „So kann ich das nicht!“, spuckte ich ihm ins Gesicht und schob ihn von mir. Er schien überrascht und ich wollte ihm gerne eine Erklärung dafür geben: „Wenn das zwischen uns funktionieren sollte, dann brauche ich Vertrauen! Diese Aktion hat mir gezeigt, dass du mich besitzen willst. Zu mehr wirst du nicht fähig sein!“ „Siakoh!“, nannte er meinen Namen und ergriff meine Hand, die ich ihm entzog. So nicht mein Freund! Zuerst so auffahren und nun einen Rückzieher machen? Vergiss es. Sollte die Einsamkeit mich eben wiederhaben. Ich würde es überleben. „Sprich mich nicht an!“, blockte ich ihn ab und drehte mich zum Gehen. In schnellen Schritten floh ich. Mein Herz war gefroren und schwer wie ein Stein. Warum musste das passieren? Wieso reagierte er so über, obwohl doch nie etwas zwischen Yosuke und mir war. Nur ein verdammter, zurückgenommener Kuss. Mehr nicht. Da gab es zwar den Beschützerinstinkt, aber... Yosuke wollte im Grunde nur mein Bestes und war auf mein Wohl bedacht. Alejandro wollte mich nur besitzen. Das merkte ich, als ich seine Hand wieder an meiner spürte und er mich im nächsten Moment an die Wand drückte. „Lass mich los!“ „Nein! Ich will nicht, dass du gehst!“, erklärte er und fing sich einen Schlag ins Gesicht ein. Meine Fingerknöchel brannten, meine Seele zerbarst. Es stand mir nicht zu Gesicht andere, vor allem Personen, die ich liebte, zu schlagen. Aber er setze mich unter Druck und wollte mich gefangen nehmen. Niemals! Nie mehr würde ich das zulassen. Und er musste es am besten wissen. Mir war meine Freiheit wichtig. Als ich mich aus seiner Nähe wandte, blieb er wie angewurzelt stehen. Der Faustschlag hatte gesessen und ich sah etwas Blut an seinem Mundwinkel. Alles in mir sträubte sich davor, ihn einfach so stehen zu lassen. Aber ich konnte nicht. Ich würde nicht bei jemanden bleiben, der mich auf diese Art einzwängte. Mein Herz blutete und schmerzte, wand sich wie in einer Falle gefangen. Ich brach eilig durch die Tür zum Korridor der Station und lief zu den Personalräumen. Meine Schicht hatte erst vor zwei Stunden begonnen. Also standen mir noch einige bevor. Schnell wollte ich mich sammeln, um dann wieder zurückzugehen. Aber wie befürchtet gelang es mir nicht so schnell. Ich spürte den Druck in mir aufsteigen. Meine Brust wurde eng, ich rang nach Luft, als sich der erste schluchzende Laut aus meiner Kehle fraß. Ich beugte mich zu meinem Spint, wollte am liebsten darin verkriechen und gab mich meinen Tränen hin. Wie lächerlich! Wieso weinte ich denn wie ein Kind? Hatte ich ihn nicht von mir gestoßen? Ich war doch selbst schuld an meiner Lage. Doch die nassen Tropfen ergossen sich einige Minuten über meinen Wangen, bis ich völlig erschöpft auf der Bank Platz nahm und mein Gesicht untypisch mit meinem Ärmel wegwischte. „Du wirst niemals jemanden finden!“, murmelte ich und starrte auf den Boden. Seine Augen erschienen in meinem Inneren. Der Schock. Die Endgültigkeit meiner Worte, die ich so hart gesprochen hatte. „Idiot!“ beschimpfte ich mich selbst. Den restlichen Tag verbrachte ich schweigend und auch wenn Yosuke es versuchte, so schickte ich ihn weg, oder ging ihm aus dem Weg. Sicher ahnte er, dass die Sache nicht gut ausgegangen war. Aber er gab es irgendwann auf. Nach Feierabend ging ich in ungewohnt matten, schweren Schritten, einen Umweg nach Hause. Ich wollte ihm nicht über den Weg laufen, auch wenn es lächerlich war. Schließlich wusste er, wo ich wohnte. Ein winziger Funke glomm in meinem Herzen. Dass er dort auf mich wartete und mir vergeben würde. Auch ich würde es tun, wenn er mir versprach solch eine Aktion nicht noch einmal abzuziehen. Ich war ehrlich und treu, auch wenn ich nie die richtige Gelegenheit dazu bekommen hatte. Aber zuhause war niemand. Es war so kalt und leer, wie es zuvor gewesen war, bevor Alejandro in mein Leben stürzte. Die Dunkelheit zu verjagen war mir zuwider. Das Licht blieb also aus. Schweigend und voll leidendem Herzen ging ich in mein Schlafzimmer. Doch das Bett schien mir nun fremd, beschmutzt. Ich zog es ab und warf alles in die ebenso fremde und beschmutze Waschmaschine. Selbst im Bad kam mir nun alles anders vor. Der Gedanke an seinen Schwächeanfall geriet in meine Gedanken, als ich die Stelle vor mir sah. Hier hatten wir gelacht und uns geküsst. Schluss!, schimpfte ich meine Gedanken, schruppte das gesamte Bad und zog mich am Ende erschöpft aus. In meinem Schrank fand ich nichts, was mich glücklich machte und schlüpfte schlicht in eine Shorts. Als ich zurück ins Schlafzimmer kam, sah ich auf einem antiken Ankleidestuhl meine Sweatjacke. Jene, welche er getragen hatte. Ich ging zu diesem, ergriff sie zornig und stapfte zur Waschmaschine. Doch, bevor ich sie achtlos davorwarf und sie mit brennenden Blicken strafte, hielt ich inne. Der Stoff fühlte sich noch warm an, was dumm und schlicht unmöglich war. Ach, wenn ich nur riechen könnte, quälte ich mich und zog das Shirt an meine Nase, vergrub mein Gesicht darin. Wieder stiegen Tränen in meinen Augen auf, die sich in den Stoff zogen. Was hatte ich nur getan? Nun war ich allein. Hatte meinen Traum, meine Gefühle hintergangen, weil ich mich angegriffen gefühlt hatte. Mein dummes Ego sich aufplustern musste. Diese vorlaute, dämlich eilige Art! Ich hasste mich dafür. Sicher konnte er mir das niemals verzeihen. Ich hatte einen riesigen Fehler begangen. Das würde er mir nie verzeihen. Ich hatte meinen Fledermäuserich, meinen Alejandro von mir gestoßen. Ich hatte ihn verloren. * „Na Ladys, da habt ihr mir wohl eine weitere Bruchlandung zu teil werden lassen“, brummte der Mann auf der Couch angepisst und stand mit verschränkten Armen auf. „Ich kann dann ja mal gehen.“ „Hey, Moment!“, hielt die Autorin ihn auf und streckte die Hand aus. „Nun warte doch erstmal ab!“, bat auch die Beta und zeigte auf die Frau neben sich. „Du kennst doch diese Dramanudel! Sei froh, dass sie ihn nicht gekillt hat!“ „Was soll das denn nun heißen?!“, protestierte die Autorin und funkelte ihre Freundin an. „Na wer killt denn in jeder Story fröhlich ihre Charas?“, warf die Beta vor und ließ die Autorin erstarren. „Damit könntest du recht haben…“, murmelte sie und versteckte sich etwas hinter ihrem Tablett. „Ihr seid echt komisch, Ladys!“, betitelte Siakoh und ließ sich auf der Lehne der Couch nieder. „Wenn noch etwas kommt, dann bleibe ich.“ „Sehr gut!“ „Aber nur, wenn es auch gut aus geht!“, forderte er und die Damen der Runde sahen sich an. Sie grinsten und schienen sich einig. „Wir geben alles, Siakoh!“, versprachen sie schlussendlich. Kapitel 18: Eifersucht (Alejandro) ~by PoG ------------------------------------------ 18 Eifersucht (Alejandro) by PoG Wie sehr hatte ich den Tag und den Abend mit meinem Vögelchen genossen. Es war zu niedlich, als er in meinen Armen einschlummerte. Ich beobachtete ihn eine ganze Weile, aber ein Blick auf die Uhr meines Smartphones sagte mir, dass ich mich langsam auf den Weg machen sollte. Morgen würde mit Sicherheit ein anstrengender Tag werden. Mein Auftraggeber hatte sich bei unseren kurzen Gesprächen, schon als schwieriger und anspruchsvoller Kandidat präsentiert, so dass ich mir keine große Hoffnung auf einen angenehmen Arbeitstag machte. Einige weitere schöne Stunden mit meinem kleinen Prinzen, wären mir deutlich lieber gewesen, aber auch er musste wieder arbeiten. Also schob ich mich leise seufzend so unter den schlafenden Vogel, dass ich ihn auf meine Arme nehmen und vorsichtig ins Bett bringen konnte. Sein Kopf schmiegte sich Nähe suchend in meine Halsbeuge und er klammerte sich an mir fest. Nur schwer konnte ich mich aus seiner Umarmung befreien und durch die viele Bewegung erwachte er schließlich doch noch. Er führte mich sehr in Versuchung, aber ich beschloss ihm und mir Ruhe zu gönnen, guckte er mich doch nur aus sehr kleinen Augen an. Ich hatte ihn wohl etwas zu sehr gefordert. Aber mein Vögelchen so verschlafen zu sehen und seine Zuneigung zu spüren, die er mir so großzügig zukommen ließ, war ein Anblick, den ich zu gerne noch einmal haben wollte. Nach einen Nasenkuss von Siakoh und einem Kopfstreichler meinerseits, machte ich mich auf den Weg in meine Wohnung. Sie wirkte kalt und kahl, im Vergleich zu dem Vogelnest. Aber es war auch wohltuend und erdete mich wieder. Es war als erwachte ich aus einem wunderbaren, aber auch surrealen Traum. Ich erkannte mich selbst kaum wieder, wenn ich bei meinem Vögelchen war und sein Duft mich umhüllte. Es tat gut wieder klar denken zu können. Allerdings ließ es mich auch zweifeln, ob diese ganze Beziehungsgeschichte für mich tatsächlich das Richtige war. Aber ich wollte lernen mich auf mein Vögelchen einzulassen, ohne mich in ihm zu verlieren. Vielleicht erwartete ich auch zu viel von mir. Nach fast 500 Jahren allein, war es ja eigentlich nicht verwunderlich, wenn ich kein richtiges Maß dafür hatte, wie sehr sich das Leben um seinen Partner drehen sollte. Aber wenn ich auf Siakohs letzte Worte vertrauen würde, hätte ich nun ja noch viel Zeit zum Eingewöhnen. Ich kramte meine Werkzeugtasche zusammen, zog mir noch einige Dateien auf den Arbeitslaptop und legte diverse Kabellage mit diesem in die Aktentasche. Einen Serverausfall zu beheben, konnte eine durchaus aufwändige Sache sein. Vor allem, wenn ich noch einen neuen Server einrichten müsste, würde ich wohl den ganzen Tag benötigen. Im Bett liegend ließ ich die Zeit mit Siakoh noch einmal Review passieren und die Erkenntnis, dass er es wert war und ich die Sache mit ihm unbedingt hinbekommen wollte setzte sich in meinem Herzen fest. Morgen nach der Arbeit würde ich mit meiner Recherche beginnen, wie so ein romantisches Dinnerdate aussehen musste. Ich wollte meinen kleinen Prinzen beeindrucken und ihm zeigen, dass ich nicht der ungehobelte Klotz war, der ich in seinen Augen zu sein schien. Ob er sich deswegen so gesträubt hatte mich an sich ranzulassen? Er war es gewohnt verwöhnt und umsorgt zu werden. Etwas, dass ich erst lernen musste. Eine natürliche Begabung schien ich darin jedenfalls nicht zu haben. Aber ich würde es schon schaffen, Siakoh der Freund zu werden, den er sich wünschte und den er verdiente. Mit dieser Zuversicht im Herzen schlief ich ein. Ich erwachte bereits um 4 Uhr morgens und fragte mich, was ich nun tun sollte. Mit der Recherche zu beginnen, war keine Option, dafür kannte ich mich zu gut. Wenn ich mich auf eine Sache fokussierte, vergaß ich alles drumherum, dann würde ich also doch noch zu spät kommen. Ich beschloss mein verpasstes Sportpensum nachzuholen, auch wenn ich gestern alles gegeben hatte, um ein ausreichendes Maß an Bewegung zu bekommen. Nach einer kurzen Dusche zum Wachwerden, beschloss ich zunächst den Pool zu benutzen, um ein paar Dutzend Bahnen zu schwimmen. Mit einer engen Schwimmshorts und Hausschuhen bekleidet lief ich über den Flur und bog kurz vor der Tür zur Tiefgarage links ab. Handtücher waren im Service des Hauses inbegriffen. Also tauschte ich im Eingangsbereich Hausschuh gegen Badelatschen, nahm mir ein großes Duschtusch aus dem Regal und ging zum Becken. Beides ließ ich am Beckenrand zurück und ging am Wasser entlang zum Startblock auf der anderen Seite. Eine großzügige Spende meinerseits, um die Schwimmmöglichkeit zu optimieren. Wie erwartet war ich allein und musste mich also nicht zurückhalten und konnte meine dämonische Schnelligkeit nutzen. Das angenehm kühle Nass auf der Haut zu spüren belebte mich und die gleichförmigen Bewegungen taten mir gut. Ich spürte die Tage des Nichtstuns, aber meine Muskeln wurden zusehends geschmeidiger. Nach dem Schwimmen trocknete ich mich ab und nutzte die frühe Stunde, um spärlich bekleidet noch einige Pfeile präzise auf ihrer Zielscheibe zu platzieren. Das Anspannen, Zielen und die kontrollierte Atmung, beruhigten mein aufgewühltes Inneres und brachten mir meinen Fokus zurück. Da mein heutiger Auftrag in einer Klinik war, musste ich mich nicht in einen Anzug schmeißen, etwas, das ich nur äußerst ungerne tat und daher vermied ich es, como el diabolo evitó el agua bendita. Eine Klinik hatte außerdem auch Umkleideräume, in denen ich mich kurz frisch machen könnte, also beschloss ich mein Laufprogramm mit dem Weg dorthin zu kombinieren. Die würden sich schon nicht beschweren, wenn ich ein paar Stunden eher dort auftauchen würde. Ich stopfte also Boxer, Cargo und Rollkragenpulli in meinem Rucksack und packte auch den Inhalt der Aktentasche um. Die Werkzeugtasche wurde obenauf geschnallt und ich schlüpfte in meine langen Laufklamotten. Mit dem Rucksack musste ich erst einen Rhythmus finden, der ihn nicht zu sehr schwanken ließ, aber dann klappte es gut und das Laufen wurde gleichmäßiger. Je näher ich meinem Ziel kam, desto bekannter wurde die Gegend. Vor gar nicht langer Zeit war ich doch schon einmal hier gewesen. Wie konnte mir das entgangen sein? Ich kannte die Adresse. Es war die des Gebäudes, über das es so wenig Informationen gab und aus dessen Tiefgarage mein, mir damals noch unbekanntes, Vögelchen entschlüpft war. Es war eine Klinik und wahrscheinlich für Yokai. Siakohs Arbeitsplatz. Burro! Wo war nur mein Gehirn die letzten Tage?! Okay, vielleicht war es eher das Blut, dass in anderen Regionen meines Körpers unterwegs gewesen war. Ob ich meinem Vögelchen gleich begegnen würde? Wann war nur sein Arbeitsbeginn? Könnte ich mir einen Kuss oder eventuell noch mehr rauben? Ein freudiges Kribbeln durchzog meinen Bauch, als ich daran dachte. Alejandro, konzentrier dich! Trabajar antes que el placer! Ich betrat das Foyer, blickte mich um und entdeckte die Beschilderung, die Toilettenräume auswies. Umgezogen und mit etwas Wasser und Deo erfrischt, begab ich mich an den Tresen der Anmeldung. Die Dame stöhnte kurz, als ich ihr mein Anliegen mitteilte. „Ich kann auch wieder gehen und später wiederkommen, aber ich dachte Ihr Problem sei dringender Natur?“, fragte ich sie mit einer Mischung aus Genervtheit und Irritation. „Da haben Sie recht, aber der Chef ist… nun ja… etwas schwierig, was Planänderungen angeht. Ich freue mich, dass Sie schon da sind, weil der Mist hier nicht zum Aushalten ist“, druckste sie herum und wedelte mit einigen Blättern Papier vor meinen Augen herum. „Aber darauf ihm sagen zu müssen, dass der Plan sich geändert hat, freue ich mich nicht gerade.“ „Dann lassen Sie’s! Sagen Sie mir einfach wo ich ihn finde und ich sage, Sie seien gerade nicht an Ihrem Platz gewesen“, bot ich ihr einen Ausweg. „Ich müsste eh mal dringend wohin. Okay. Er müsste im Büro sein. Nehmen Sie den Aufzug ganz nach oben, dann halten Sie sich links und am Ende des Flures die Tür auf der rechten Seite“, nahm sie mein Angebot an, erhob sich und blickte sich kurz noch einmal um, bevor sie aus meinem Blick verschwand. „Danke!“ Mit einem knappen Nicken hatte ich mich umgedreht und den Knopf betätigt, der den Aufzug rief. Dieser war bereits im Erdgeschoss, so dass ich direkt einsteigen und ihn in den obersten Stock schicken konnte. Ich hielt mich an die Beschreibung und fand mich vor einer weißen, unscheinbaren Tür wieder. Dr. med. K. Isha, Chefarzt, teilte mir das Schild neben dieser mit. Nach einem tiefen Atemzug, wollte ich klopfen, hatte aber im Gegensatz zu den unteren Räumlichkeiten meine Nase diesmal nicht verschlossen und nahm einen Geruch auf, den ich kannte. Bzw. genau genommen zwei. Es war eine Duftkombination, die ich bereits mehrmals gerochen hatte. Einmal in der gleichen Konstellation wie jetzt und einmal in umgekehrten Intensitäten. Ein Schweine-Hund-Yokai, dem der Geruch nach Wolfsyokai anhaftete. Ein Knurren entwich mir. Der Wolf war der beste Freund, meines Prinzens, dieser Yosuke. Kein Zweifel. Sein Geruch hatte sich in mir eingebrannt. Diesen Schweinehund kannte ich ebenfalls, es war der Dunkelhaarige, den ich bei Siakoh sah, als er eine Panne hatte. Die enge Vermischung der Düfte und die Erinnerung an die Nachrichten meines Prinzen und seines Hübschen, ließen nur den Schluss zu, dass es sich bei Dr. K. Isha, um Kusuri handeln musste, wie ich vermutete der Partner von Yosuke. Anders ließ sich es sich nicht erklären, dass bei dem Geruch des einen stets eine Note des anderen zu riechen war. Wenn sein Partner hier arbeitete und Siakohs Chef war, wie oft sahen sich Yosuke und mein Prinz wohl? Wie eng waren ihre Leben tatsächlich verwoben? Ich würde es herausfinden. Aber nun galt es erstmal professionell zu bleiben und meinen Job zu erledigen. Ich seufzte und wollte gerade klopfen, als die Tür schon aufgerissen wurde. „Herrgott, nochmal, wenn Sie was wollen, klopfen Sie an, anstatt mich von der anderen Seite der Tür anzuschreien!“, schnauzte mich das bekannte braune Gesicht des Dunkelhaarigen an. Seine goldenen Augen funkelten mich unter den leicht zusammengezogenen Augenbrauen an. „Ich hab doch nicht mal was gesagt, wie soll ich dann schreien?“, war meine irritierte Antwort. „Ihr Youki?! Sie scheinen es nicht sonderlich gut unter Kontrolle zu haben, wenn Ihnen nicht mal bewusst ist, wenn es aufwallt. Aber kommen wir zu der eigentlichen Frage: Was wollen Sie? Hier und von mir? Wollen Sie jetzt doch Geld für Ihre Hilfe?! Dann lassen Sie sich gesagt sein, dass ich das ganz schön unverschämt finde!“ „Äh…“, stammelte ich irritiert. „Sie haben mich beauftragt Ihr Serverproblem zu beheben.“ „Oh… Da sind Sie aber früh dran. Wir hatten doch sieben Uhr vereinbart?! Nun ja, eigentlich ist es ja gut. Je eher wir unser System wieder nutzen können, desto besser. Und Sie haben Glück, heute ist es eine ruhige Nacht“, sprach mein Gegenüber und ging den Flur runter. „Kommen Sie oder haben Sie Wurzeln geschlagen?“ „Äh…“ Immer noch sprachlos lief ich ihm hinterher. Was war das nur für ein Yokai? Seine Aura war gewaltig und ich hatte dennoch das Gefühl, dass er sich zurückhielt. Ich war beeindruckt. Eine wirklich imposante Persönlichkeit. So ganz anders als mein zartes Vögelchen. Was war dieser Yosuke nur für ein Typ, dass er zu diesen beiden so unterschiedlichen Charakteren eine Verbindung fand? „Hier ist der Serverraum. Sie kennen sich dann ja sicher besser aus als ich. Viel Vergnügen. Ich hoffe es geht schnell! Hier ist der Schlüssel. Schließen Sie wieder ab, wenn Sie fertig sind“, sprach’s und verschwand. Also gut, dann ran an die Arbeit! Das Problem war kniffliger als gedacht, aber ließ sich dennoch einfacher beheben, als anfangs befürchtet. Ich hatte es hier mit guter und nicht gerade günstiger Hardware zu tun, die zu dem auch vernünftig gesichert wurde. So dass sie trotz des Ausfalls keinen Datenverlust zu beklagen hatte. Es hatte zwar eine der Festplatten des Servers getroffen, die scheinbar durch einen Kurzschluss durchgeschmort war, aber da mehrere Speicher verbaut waren, die sich ständig selbst kopierten, war das alles halb so wild. Eine neue Festplatte war schnell organisiert und auch die Installation würde nicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Ein Fahrradkurier brachte mir die geforderte Hardware von dem Händler meines Vertrauens. Ein Privileg, dass ich nicht nur meinem guten Ruf zu verdanken hatte. Er stand mir 24/7 zur Verfügung, seit ich seinen Arsch gerettet hatte, indem ich einige Daten wiederherstellte, die er sich widerrechtlich aneignete und bei deren Kopiervorgang er die originale Festplatte zerstörte. Es gab halt Leute, die es gar nicht mochten, wenn man sich zu viel für ihre Angelegenheiten interessierte. Ich führte den Austausch und die Installationen schnell durch und überprüfte nebenbei noch die Sicherheit der Software. Die Firewall war veraltet und auch bei einigen anderen Programmen, fehlten Updates oder es gab schlicht bessere Alternativen. Ich optimierte also das komplette System. Ein Service, den ich nie separat in Rechnung stellte. Ich genoss das Gefühl, der Perfektion, wenn wieder alle Befehle und Arbeiten ineinandergriffen und alles funktionierte, wie ein hochpräzises Uhrwerk. Daher ließ ich mich auch nie nach Studentarif bezahlen, sondern vereinbarte grundsätzlich nur Festbeträge. Ich wurde nur selten von Problemen überrascht, die mich mehr Zeit kosteten als ursprünglich gedacht. Sorgfältig verschloss ich den Serverraum und begab mich zum Büro des Chefarztes. Auf dem Flur begegnete ich einem bekannten Unbekannten. Unsere Blicke streiften sich, hielten einander kurz fest und lösten sich nur widerwillig aus unserem stummen Kampf, als wir aneinander vorbeigingen. Seine braunen Augen trugen einen Silberstreif und ließen einen starken Willen erahnen. Zum Abschied musterte ich kurz sein Äußeres. Es stimmte. Er WAR hübsch. Dieser Gedanke, ließ mein Inneres frustriert Grollen. Wenigstens stand ich ihm in der Größe kaum nach und mein Kreuz war breiter. Außerdem war er scheinbar einer dieser Sesselfurzer, die den ganzen Tag in Anzug und Krawatte rumliefen. Die langen Haare hätten rebellisch sein können, wären sie nicht streng zurückgebunden gewesen. Was mein Vögelchen wohl von so einem langweiligen Spießer wollte? Und was tat er überhaupt hier? Allem Anschein nach hatte er sein Männchen besucht. Hoffentlich verzog er sich jetzt direkt wieder dahin wo der Pfeffer wuchs und ließ mein Vögelchen in Frieden. Gut, dass er mir hier oben begegnete. Mein Blut kochte bereits bei dem Gedanken, dass er seine Griffel an meinen Prinzen legen könnte. Jetzt musste ich erstmal meinen Job beenden, dann konnte ich mich beruhigen und mir noch einen Kuss von Siakoh stehlen. Der würde sicherlich auch bald anfangen zu arbeiten. Ich klopfte dieses Mal direkt an und trat auf die Aufforderung hinein. „Ich habe alles erledigt. Sie sollten jetzt wieder Arbeiten können. Fahren Sie Ihren Rechner bitte hoch, damit ich Überprüfen kann, dass auch alles funktioniert wie gewohnt.“ „Das ging aber schnell“, kam es erstaunlich zahm. Anscheinend ließ sich dieser Miesepeter von der Anwesenheit seines Partners genauso beruhigen, wie Siakohs Nähe es bei mir tat. „Fantastisch. Was haben Sie gemacht? Es geht alles so viel schneller!“, fragte er dann auch noch lobend. Und ich war schockiert. Er war wie ausgewechselt. Aber auch wenn ich die Anwesenheit des Wolfes riechen konnte, so fehlten Spuren dessen, was mir diesen Stimmungswechsel plausibel gemacht hätte. „Nur ein paar Updates, auch bezüglich der Sicherheit. Ich würde Ihnen allerdings vorschlagen ein Kühlsystem in ihren Serverraum zu integrieren. Ein Dunkler in sich verschlossener Raum ist an sich schon die richtige Wahl, aber die Wärmeentwicklung ist nicht zu unterschätzen. Da reicht eine einfache Belüftung nur bedingt aus. Wenn Sie es wünschen, kann ich es Ihnen gerne zeigen und Ihnen dann einen Kostenvoranschlag organisieren, was eine Kühlung kosten würde?!“ „Ja, ich habe noch ein paar Minuten und wenn sich damit eine weitere Zeitreise ins Mittelalter vermeiden lässt, erscheint mir das eine durchaus sinnvolle Investition zu sein“, erwiderte er, stand auf und wir verließen das Büro, um wieder zum Serverraum zurückzukehren. Ich erklärte ihm alles und er war einverstanden. Ich verließ den Raum und er bat mich schon mal zu seinem Büro zurückzukehren, wo wir dann die Formalitäten und die Bezahlung regeln würden. Ich hatte mir angewöhnt bei Neukunden nur Barzahlung zu akzeptieren. Kurz vor meinem Ziel, sah ich jedoch ein anderes Objekt meiner Begierde und näherte mich ihm mit freudig klopfendem Herzen. „Na wen haben wir denn da?“, richtete ich meine Worte an ihn und brachte ihn zum Zusammenzucken. Mein Vögelchen war aber schreckhaft heute! Ich schmunzelte und wollte ihn eigentlich gleich freudig in meine Arme schließen, um ihm einen Kuss zu stehlen. Als meine Nase einen Duft einfing und mein Blick an ihm vorbei glitt. Hinter Siakoh tauchte schon wieder dieser Yosuke auf und zu meinem Entsetzen trug er diesmal einen Kittel und ein Stethoskop hing um seinen Hals. Er war Arzt und arbeitete hier?! Zusammen mit… MEINEM Prinzen?! Und nun fasste er ihn auch noch an?! Das konnte er vergessen! Siakoh gehörte mir. Ich wollte ihn und er mich und das würde ich diesem Wolf jetzt auch ein für alle Male beweisen. Ich schnappte mir meinen kleinen Prinzen und küsste ihn mit all meiner Leidenschaft und auch seinen Knackarsch nahm ich in Besitz. Sollten diese beiden Krawattenheinis doch gucken, wie sie wollten. Siakoh und ich waren jetzt zusammen und das sollte die ganze Welt wissen, damit sich keiner mehr falsche Gedanken machen brauchte. Als Siakoh mich etwas peinlich berührt abwies, blitzte mir eine Erinnerung in mir auf: „Siehst du ihn öfter?“, fragte ich. „Ich sehe ihn nur selten in diesem Laden. Er war schlicht nach der Arbeit da! Der Laden ist in der Nähe“, fiel mir Siakohs Aussage wieder ein. Er hatte mich bewusst im Unklaren gelassen. Er hatte mich belogen. Aber der Wolf schien ein falsches Spiel gespielt zu haben, reagierte er doch Schuld bewusst. Er wollte mich also provozieren?! Das konnte er haben! Ich packte ihn mir und drohte, dass er die Finger von MEINEM Freund zu lassen habe. Was er, mit der Begründung abtat, bereits vergeben zu sein. Ich dachte an die eindeutig zweideutigen Nachrichten der beiden und schnaubte nur. Kusuri konnte einem leidtun. Oder wusste er davon und akzeptierte es einfach? Siakohs Bitte um Beruhigung, kam ich nicht nach. Mit ihm hatte ich auch noch ein Hühnchen zu rupfen, was ich jetzt zu tun gedachte. Das gerupfte Hühnchen war allerdings am Ende ich und stand wie vom Donner gerührt im Treppenhaus dieses verdammten Krankenhauses. Er hatte mich verlassen. Einfach so. Ohne Bedauern, ohne mir die Möglichkeit zu geben, es wiedergutzumachen. Einfach zurückgelassen. Hilflos, mit all meinen Gefühlen überfordert, die gerade über mich hereinbrachen. Ich war wütend auf Siakoh, weil er das mit uns einfach so beendete, wo es gerade erst so vielversprechend angefangen hatte. Sí, maldito, ich hatte schon wieder Scheiße gebaut, aber ich versuchte doch gerade zum ersten Mal eine Beziehung zu führen. Bzw. einen Anfang dafür zu finden. Er war doch der Erste, der mir den Aufwand wert erschien. War ich es ihm denn nicht wert? War ich es generell einfach nicht wert? Mierda! Warum hatte ich nur so einen Mist gebaut?! Erst war ich ihm nachgelaufen wie ein Verrückter und nun vergriff ich mich auch noch an seinem besten Freund. Alles nur, weil ich Angst hatte, dass er mich nicht wollte, bzw. mich verlassen würde und jetzt hatte mein Handeln genau dazu geführt. Andererseits hatte er mir das Stalken doch auch verziehen, akzeptierte diese Seite an mir. Wieso eskalierte es dann jetzt? War ich ihm peinlich oder lag es an ihm, diesem Wolf im Schafspelz, der sich zwischen uns drängte. Mich schlecht machen wollte und ich spielte ihm auch noch so dämlich in die Karten. Jetzt hatte er was er wollte. Eine unüberwindbare Kluft zwischen meinem Vögelchen und mir und das, obwohl wir beide Flügel hatten. Wut und Verzweiflung kämpften in meinem Innern um die Polposition und es gewann keiner. Mein Inneres schaltete auf Autopilot und ich sah, wie die Welt an mir vorbeiglitt, die Wände der Klinik gegen die Straße getauscht wurden und die Regale eines Supermarktes tauchten auf und verschwanden wieder. Straßenzüge wechselten sich und dann war ich Zuhause und dann Schwärze. Kapitel 19: Feigheit (Siakoh) ----------------------------- 19 Feigheit (Siakoh) Dunkel und trübe zog ich die nächsten Tage durch mein Leben. Ich hatte mich für drei Tage krankgemeldet und rief so einen Sturm der Nachrichten herauf. Es waren Nachrichten von Yosuke und auch vom Griesgram, der wissen wollte, warum ich urplötzlich krank war. Doch ich las die Nachrichten eher undetailliert, schnappte nur die wichtigsten Worte heraus, um zu erfahren worum es ging. Ich wartete. Auf eine Nachricht von ihm. Und selbst? Ich traute mich nicht Alejandro zu benachrichtigen. Das Bild seines schwarzen Motorrads war alles, was ich von ihm besaß. Nebst den warmen Erinnerungen an unseren einen Tag. Den Tag in Freiheit vor der Außenwelt. Wir hatten in einem Kokon gelebt, der nur uns gehörte. Mit diesen Gedanken geißelte ich mich und lag heute den ganzen Tag in der Wanne. Meine Haut war schrumpelig und kalt, da das Wasser schon wieder an Wärme verloren hatte. Doch es wäre nun schon das vierte Mal, das ich das Wasser halb abließe und es mit kochendem auffüllte. Ich wollte darin ertrinken. Wieso war ich so dumm und hatte überreagiert? Alejandro wollte mich. Mehr als alles andere und hatte genau dies gezeigt. Das er mich zur Not in seiner Wohnung einschließen würde, bevor Yosuke mich noch einmal sehen könnte. Natürlich war dies eine Überdramatisierung dessen, aber das war sein Gedanke gewesen. Er wollte mich. Der erste Mann, welcher mich wirklich wollte. Und ich stieß ihn von mir. Ich war ein Idiot. Anstatt das Wasser zu wärmen, zog ich mich träge aus dem kalten und spürte sofort den kühlen Hauch meiner Wohnung, als ich mich ins Handtuch wickelte. Ich hatte zwar schon einige Depressionen durchlebt, aber diese war mit Abstand die schlimmste. Ich aß nichts, trank nur wenig und war es mir nicht mal wert zu heizen. Die Pflanzen ließen bereits den Kopf hängen, so wie ich es tat, wenn ich in meinem Flanell-Schlafanzug auf der Couch saß und der Dunkelheit frönte. Am vierten Tag weckte mich ein Klopfen an meiner Tür und ich schob brummend meine Schlafmaske von den Augen. Gestern hatte ich beschlossen einfach zu schlafen, bis ich nicht mehr aufwachte. Ich war jämmerlich, ein Wrack. Das Klopfen wurde heftiger und ich schob mich aus meinem Bett, schlüpfte in meine Puschen und schlurfte zur Haustür. „Ich komme ja schon!“, maulte ich. „Wer nervt denn so früh am Morgen?!“ Ein winziger Funken öffnete sich in meinem Herzen. Ob er es war? Würde er den Mut finden, der mir fernblieb, um mit mir zu sprechen. Wäre es Alejandro, dann würde ich mich sofort vor seine Füße werfen und mich entschuldigen. Ich hatte alles ruiniert. Auch wenn wir über die Eifersucht reden mussten. Ich öffnete die Tür und spürte den Funken erlöschen, als ich in die braunen Augen des Verursachers der Eifersucht sah. „Yosuke.“ „Guten Morgen, Siakoh!“, hörte ich eine mädchenhafte Stimme und sah hinab. „Ma Chérie“, begrüßte ich auch seine kleine Begleiterin und ging einen Schritt zurück. „Was für eine Überraschung.“ „Das kann ich nur zurückgeben!“, sprach Yosuke mich an und schob sich in meine Wohnung. Zusammen mit seiner kleinen süßen Adoptivtochter. „Seit wann lässt du dich so gehen?“ „Ich bin krank“, antwortete ich und warf matt die Tür ins Schloss. „Schon vergessen?“ „Nein. Diese Ausrede ist mir bekannt“, brummte er und ging in meine Küche. Ich folgte, als wäre ich der Gast dieser Wohnung. „Deshalb hat Emiko dir ein paar Kekse eingepackt, um dich aufzumuntern.“ „Hier!“, freute sie sich und überreichte mir eine kleine Präsenttasche, in der ich einige verzierte Päckchen sah. „Von allem etwas!“ „Danke dir, ma Chérie“, bedankte ich mich und streichelte ihr kurz über den Kopf. Schnaubend versuchte ich Haltung anzunehmen und straffte meine Schultern. Ich musste mich wieder aufrappeln. Auch wenn es schmerzte. „Wollt ihr etwas trinken?“ „Kaffee wäre nett“, grinste Yosuke scheinheilig. Ich ahnte genau, dass er hier auf einer Mission war. Schließlich hatte er mitbekommen, was passiert war und mich an diesem Tag ständig darauf angesprochen. Er hatte meine Tränen gerochen, da war ich mir sicher. „Und eine Milch für dich?“, bot ich Emiko an, welche nickte und sich neugierig umsah. „Du kannst dich ruhig umsehen“, gab ich zu verstehen und wieder strahlten ihre Augen, bevor sie sich dem Wohnzimmer näherte. Mein Blick flog zu Yosuke, nachdem ich den Wasserkocher anschaltete und einen Handfilter vorbereitete. „Also?“ „Hm?“, tat er unschuldig. „Du bist doch sicher nicht wegen der Kekse hier“, maulte ich meinen Verdacht leise, wollte Emiko nicht verletzten. Ich freute mich aufrichtig. Löffel für Löffel gab ich Kaffeepulver in den Filter. „Natürlich bin ich das!“, bestand er darauf und schob sich die Finger durch seinen Pony. Er trug sein Haar heute offen und so fielen seine Strähnen über seine Schultern. „Aber?“, bohrte ich nach und hörte das Wasser bereits brodeln. „Ich muss natürlich auch wissen, was mit dir los ist. Wolltest du dich heute weiterhin krankmelden und hier vor dich hinvegetieren?“, erfasste er meine Lage. Ich schob den Stoff meiner Kleidung zurecht, nahm den Wasserkocher und goss die Flüssigkeit über den Pulverkaffee im Filter. Leicht schäumend setzte sich die schwarze Brühe in der Kanne darunter ab. „Was wäre schon dabei?“, murmelte ich und spürte den entgeisterten Blick meines Freundes. „Ich weiß“, maulte ich und schloss die Augen. „Du verurteilst mich dafür.“ „Das stimmt! Wie kannst du nur sowas machen?!“ „Ich fühle mich eben danach!“, schmollte ich und setze den Kocher ab, als die Kanne voll war. „Das ist Unsinn!“, tat er ab und stemmte sich auf meine Arbeitsplatte. „Hat der Typ dir so den Kopf verdreht?!“ Hatte er das? Wenn ich ehrlich war, dann entsprach genau das der Wahrheit. Er hatte mir ein Gefühl ins Herz gepflanzt, dass ich nicht mehr, für nicht mal eine Sekunde, aufgeben würde. Sollte es noch einmal dazu kommen. Sollte er mir vergeben. Irgendwann. „Oh, man. Dein Schweigen spricht Bände. Du bist echt verknallt.“ „Sag das nicht so. Es ist aus.“ „Nur, weil du so reagiert hast“, stieß er den Finger in die Wunde. „Danke. Sehr nett mich darauf hinzuweisen“, grummelte ich und verschränkte die Arme. „Bekomme ich Kaffee?“, bat er und zwang mich dazu mich wieder zu lockern. Ich entnahm meinem Schrank zwei Tassen und stellte sie auf der Platte ab. In eine gab ich den Kaffee, in der zweiten bereitete ich eine Milch mit etwas Kakao zu. Yosuke trank einen Schluck und so schwiegen wir einige Sekunden. „Habt ihr geredet?“, fragte er und sah mir direkt in die Augen. Ich hielt dem Blick kaum stand und schloss deshalb die meinen. „Nein. Er schrieb kein Wort.“ „Und du?“, erfasste er meinen Fehler. „Traue mich nicht. Schließlich bin ich schuld daran“, gab ich zu. „Du bist so engstirnig!“, schollt er. „Ruf ihn doch an. Vielleicht sitzt er auch zuhause und schmollt. Er schien mir sehr überzeugend, als er mich bedrohte. Du scheinst ihm wichtig zu sein.“ Stimmte das? War ich ihm wirklich so wichtig, dass es selbst Yosuke in einer Drohung erkannte? Was hatte er aus Alejandros Augen gelesen. War da etwas, was ich gespürt und wonach ich mich so sehr sehnte? War es etwa… „Ich denke, er mag dich sehr“, sprach er meinen Gedanken aus und nahm einen weiteren Schluck aus seiner Tasse, während ich erstarrt ins Leere blickte. Mein Herz schlug auf. Das erste Mal seit Tagen. „Rede mit ihm! Und ich habe dir noch den Rest der Woche krank eingetragen.“ „Was?“, fragte ich verwirrt. „Damit du das in Ruhe klären kannst!“, erklärte er, stand auf und straffte seinen Mantelkragen. Er wollte wieder aufbrechen. „Moment, Yosuke!“, bat ich und griff nach seiner Hand. „Ich kann das nicht!“ „Dann ruh dich noch etwas aus und er wird dir nie verzeihen!“, zerschmetterte er meine Hoffnung mit realistischem Argument. „Oder soll ich mal mit ihm reden?“ „Nein, das wäre nicht richtig!“, quengelte ich los und hörte Emiko zurückkommen. „Deine Wohnung ist voller Blumen, Siakoh! Das ist wie im Dschungel!“, staunte sie und sprang auf uns zu. Sie erkannte ihre Tasse Milch und nahm sie an sich, um zu trinken. „Schön, dass es dir gefällt“, lächelte ich und dachte an Alejandro. Er hatte sich hier auch so wohl gefühlt. „Wir müssen dann gehen, Emiko. Oji wartet in der Praxis auf uns“, gebot Yosuke zur Eile und die kleine trank die Tasse leer. „Schade. Ich wäre gerne noch geblieben.“ „Du kannst jederzeit wiederkommen, ma Chérie“, bot ich an und sie strahlte vor Freude. Ihr Lächeln könnte die Arktis zum Schmelzen bringen. Ich brachte beide zur Tür und fühlte mich wieder auf den richtigen Weg gebracht. Aber ob das etwas bringen würde? Wenn ich mich bei Alejandro meldete? „Mein Angebot steht“, riss mich Yosuke aus meinen Gedanken. „Ich kann morgen bei ihm vorbei gehen. Brauche nur eine Adresse.“ „Nein, schon gut. Ich schaffe das! Und nun raus mit dir. Pass gut auf deinen Oji auf, ma Chérie!“ verabschiedete ich mich und schob mich eilig zurück in meine Wohnung, um die Tür zu schließen. Ich lehnte mich mit dem Rücken an diese und rutschte hinab. Mit geschlossenen Augen legte ich meine Hände an den Kopf. Da spuckte ich große Reden und spürte schon jetzt die Angst, die mich aufzufressen drohte. Ich würde es niemals schaffen ihm zu schreiben. Dafür hatte ich zu viel Mist gebaut. Aber Yosuke hatte auch recht. Würde ich hier weiter nur herumsitzen, dann würde das gar nichts mehr werden. Somit beschloss ich aufzustehen und warm duschen zu gehen. Danach suchte ich mir anständige Kleidung, bestehend aus einer dunklen violetten Jeans und grauen Shirt heraus auf dem ein ebenso violettes Kastenmuster abgedruckt war, heraus und zog es an. Danach schaltete ich die Heizung an, ließ Tageslicht in meine Wohnung und räumte die wenigen dinge weg die ich die letzten Tage benutz hatte. Zum Schluss gab ich den vernachlässigten Dschungel meines Zuhauses Wasser, für das die Blätter dankbar an Kraft gewannen. „Tut mir leid“, flüsterte ich ihnen zu und übte schon einmal die Worte. Ich kannte sie in dutzenden Sprachen. Ob es genügen würde, ihm diese vorzutragen, um zu zeigen wie leid es mir tat? Als nächstes zog ich meine Winterbekleidung an und ging aus dem Haus. Ich musste einkaufen. Er hatte mir zwar ein Dinner versprochen, aber ich wollte es mir nun unter den Nagel reißen, um es für meine Entschuldigung zu missbrauchen. An Dekoration und Tischwäsche war ich komplett ausgestattet. Mir fehlte nur die Idee, was ich ihm vorsetzten könnte. Die Idee mich nackt auf einem Teller zu räkeln schlich sich unpassend durch meinen Kopf. Aber das einzige Gericht, welches er mochte und von dem ich Kenntnis besaß war Misosuppe. Dies war dem Anlass nicht gerecht genug. Es musste etwas Besseres sein. Ich entschied mich für Dinge, die ich gut kochen konnte und die mir nie misslangen, kaufte dafür ein. Nachdem ich im Supermarkt alles erledigt und sich der Laden unheimlich gefüllt hatte, flüchtete ich mich in den Lotterieladen und stellte die schweren Tüten ab. Ich hatte es nicht mit Technik und suchte mir eine nette Karte heraus, bezahlte sie und machte mich dann auf den Heimweg, auf dem mir immer mehr eilende Weihnachtsboten entgegenkamen. Mir war nie bewusst gewesen, dass sich in Japan auch beschenkt wurde. Das hieße für mich ebenso Präsente zu besorgen. An sich feierte ich Weihnachten ja auch, jedoch nur mit dem Hintergrund, dass wir in meiner Bar dazu immer ein großes Tamtam gemacht hatten. Das wäre dieses Jahr anders. Ob ich es mit Alejandro feiern würde?, fragte ich seufzend und sah zum Himmel hinauf. Der Schnee hatte schon wiedereingesetzt und die Flocken fielen auf mich herab. Es war schließlich der höchste Feiertag der Christen. Sicher würde er feiern wollen. Aber ob er dies mit mir tun würde? Oh bitte! Bitte lass ihn so vergebungsvoll sein wie sein Gott es war. Zuhause angekommen befreite ich den Briefkasten von seiner Last und brachte alles in die Wohnung. Dort gab ich allem seinen Platz, besah mir die Rechnungen und warf sie achtlos in eine dafür vorgesehene Kiste. Darum könnte ich mich auch noch in ein paar Tagen kümmern. Nun gab es Wichtigeres! Auf meiner Couch ließ ich mich nieder und schrieb fein säuberlich: Es tut mir leid, ins Innere der Karte und verstaute diese im dazugehörigen Umschlag. Ob ich sie gleich wegbringen sollte? Ich schimpfte mich, denn in mir zog ein ungutes Gefühl auf. Als wäre es dumm und hinrissig es zu versuchen. Oh, Siakoh! Maulend und mit einer Portion Selbstgeiselung warf ich am Ende die Karte in den Müll. Das würde doch alles nichts bringen. Alejandro mochte doch sicher gar kein richtiges Essen und war nur an meinem Blut interessiert. Das stimmt nicht, sprach das Engelchen in meinem Kopf und ich gestand es mir ein. Er wollte mich. Das hatte ich ja schon kapiert. Nur annehmen konnte ich es irgendwie nicht. Was war an mir, dass er mich mögen konnte? War es nur mein Blut? Unsere naheliegenden Heime? Der Dschungel unserer Kindheit? Er wusste nichts von meiner Tanzleidenschaft und der Leidenschaft mich in Frauenkleidern zu werfen und anderen den Kopf zu verdrehen. Ich war eine Femme fatale, wenn es darauf ankam. Ob er das überhaupt händeln wollte? Und wenn ja, würde er mir die Ausflüge in diese Welt zugestehen? Wenn ich auch mal für andere tanzte? Diesen Drang hatte ich noch nie wirklich aufgeben können, seit ich damals durch Manolo in diese Welt trat. Würde er damit klarkommen? Mein Herz versetze mir einen Stich. Es wollte nur noch für ihn Tanzen, so wie es mein tierischer Instinkt mir vorsagte. Aber was wäre, wenn er mich nicht mehr wollte. Dann hatte ich niemanden der mich je so wichtig werden könnte, um diesen einen Tanz aufzuführen. Ich verlor mich wieder in der Depression und versank darin. Auf die Couch gerollt schloss ich die Augen und spürte den Mut schwinden. Ich würde es sicher versuchen ihn zu diesem Dinner einzuladen, um mich zu entschuldigen. Aber heute traute ich mich noch nicht. Auch zwei Tage später hatte ich mich noch nicht getraut und war schockiert darüber, dass Yosuke sich tatsächlich eingemischt hatte. Er hatte mir diese Tatsache gebeichtet, als ich bei ihnen zuhause gewesen war, weil Emiko mich eingeladen hatte. Sie wollte Crêpes machen und Yosuke schlug mich vor, um es ihr zu zeigen. Als langjähriger Franzose konnte ich gar nicht anders als meine Ehre zu verteidigen. Ich hätte ihn allerdings lynchen können und ging am Abend schimpfend nach Hause. „Dieser Wolfsjunge! Warum kann er nicht einmal die Füße stillhalten!“, brummte ich in meinen Schal hinein. Es war kalt geworden. „Wie armselig komme ich jetzt rüber, wenn ich ihn einlade!“ Forschend lugte ich auf mein Smartphone. Keine Nachricht. Seufzend steckte ich es wieder weg. Yosuke hatte ihn getroffen, wohl auf der Straße und er hatte ihn zu einem Kaffee eingeladen. Dort sprachen sie. Aber mehr verraten wollte er nicht. Nicht welches Ergebnis dabei herausgekommen war. Dieser Verräter! An meinem Wohnhaus angekommen öffnete ich den Briefkasten und sah hinein. Nur ein einzelner Umschlag lag drin und trug weder Poststempel noch Briefmarke. Was sollte das denn?, dachte ich und nahm ihn an mich, schloss monoton das Kastenfach und ging zum Fahrstuhl, der mich nach oben fahren würde. Während er dies tat, öffnete ich den Umschlag vorsichtig und bekam Herzrasen. Es war eine Karte mit einem Bild des Dschungels. Ranken und Blätter verschlangen sich nebst wunderschönen Blüten. Ich öffnete die Karte mit zittrigen Händen und musste zunächst aus dem Fahrstuhl steigen. Im kleinen Vorraum zu meiner Wohnung ging ich in die Hocke und riss die kleine Karte auf. Ich musste mir selbst Mut zusprechen, um die Worte zu lesen und atmete heftig ein, bevor ich las was darinstand. Kapitel 20: Ein neuer Freund (Alejandro) ~by PoG ------------------------------------------------ 20 Ein neuer Freund (Alejandro) by PoG Ich war in meiner kalten, leeren, grauen Wohnung und kam langsam wieder zu mir. Was hatte ich eigentlich gekauft? Hatte ich die Sachen aus der Klinik mitgenommen? Wo war mein Handy? Warum war es dunkel und was stank hier so erbärmlich? Ich strich mir mit der Hand über die Augen, blinzelte ein paar Mal und richtete mich dann langsam auf. Uhhhh… Blöde Idee! Ganz blöde Idee! Mein Schädel dröhnte und es drehte sich alles. Warum? Was war nur passiert? Das Letzte, woran ich mich erinnern konnte, war, dass… dieser Idiot… diese dämliche Tucke… dieser… argh… dieser außergewöhnliche Vogel mit dem geilen Knackarsch… Dios, was würde mir dieser Arsch fehlen. Der Rest konnte mir gestohlen bleiben, aber der Sex war wirklich fantastisch gewesen. Das war wirklich bedauerlich. Nun ja, ich war vorher klargekommen und würde das wohl auch weiterhin. Oder? Ja, natürlich würde ich das. Ich war doch keine Pussy, die ewig ihrem Lover hinterher heulen würde. Niemals würde ich so tief sinken. Er hatte mir klar gemacht, dass er mich nicht mehr wollte. Dass er mich nicht so akzeptierte, wie ich war. Dann eben nicht! In meiner Wut war ich doch aufgesprungen und auch wenn ich schwankte, so blieb ich stehen. Ich sah mich um: Okay, ich hatte also auf meinem Sofa gelegen. Das erklärte schon mal die Rückeschmerzen. Aber warum, wieso war ich nicht im Bett gewesen? Seufzend machte ich mich auf den Weg ins Schlafzimmer und stieß dabei immer wieder gegen herumliegende Flaschen. Wann hatte ich das alles getrunken? Das konnte ich doch unmöglich alles in einem Rutsch eingekauft haben?! Auf dem Weg zu meinem Schlafzimmer kam ich am Bad vorbei und erstarrte. Es war ein Massaker. Überall waren rote Tropfen und in meiner Wanne lag ein Körper. Er stank und war in einem erbarmungswürdigen Zustand. Voll Erbrochenem und seinem Geruch nach auch Fäkalien. Es war ein Mann, optisch Mitte vierzig und hatte schulterlanges, rotbraunes Haar. War er tot? War es etwa wieder passiert und ich hatte keine Erinnerung daran? Panik stieg in mir auf, als der Kerl sich regte und mich immerhin insofern beruhigte. „Moin, Kleiner. Haste Nachschub organisiert oder schon wieder Hunger?“ „Weder noch. Ich bin fertig und hätte meine Wohnung gerne wieder für mich.“ „Was’n mit dir los?! Wieso bist’n so stressig?!“ „Sie können von mir aus noch duschen und meinetwegen bekommen Sie noch neue Klamotten, damit Sie DAS da entsorgen können…“, ich zeigte auf seine Bekleidung. Anfassen würde ich das mit Sicherheit nicht. Geschweige denn waschen. Schon bei dem Gedanken daran wurde mir übel. „…aber dann verschwinden Sie!“ „Okay, okay. Sehe schon, jetzte biste wieder nüchtern. Dann seh ich mal zu, dass ich Land gewinne. Aber die das Angebot mit Dusche und Klamotten, nehm‘ ich gern an. Willste noch mit Duschen? Wo’s die ganze Zeit im Suff nicht geklappt hat?“ „Bitte WAS?!“, fragte ich entsetzt. „Na mehr als deine Zunge innen Hals, hab ich doch von dir nicht bekommen!“ Ich sollte ihn geküsst haben?! Mir stieg die Galle hoch und ich musste den Kopf über die Schüssel hängen. Wie beschissen, ich mich gerade fühlte. Mein Herz schmerzte und zerriss beinah vor Sehnsucht, nach der warmen Geborgenheit in den Armen meines Vögelchens. „Ey, ey… Jetzt kotz doch nich das gute Zeug wieder aus. Gleich haste sonst wieder Hunger und ich bin raus. Ich brauch so ja schon drei Tage, um mich zu erholen“, sagte mein Gast und kam auf mich zu, um mir beruhigend über den Rücken zu streichen. „Fass mich nicht an, du widerliche Kröte! Dusch und dann verpiss dich endlich!“, mein Kopf klärte sich, im gleichen Maße, wie mein Magen sich leerte und so viel hatte ich wahrnehmen können: Er war ein Yokai, und zwar ein Kappa. Nachdem mein Magen sich beruhigt hatte, stand ich auf und verließ das Badezimmer, in dem sich mein „Gast“ ungeniert entkleidet und zu Duschen begonnen hatte. Ich ging in die Küche nahm mir einen großen Müllsack unter der Spüle hervor, kehrte ins Bad zurück und stopfte seine verdreckten und beschmutzen Sachen hinein. Dann kramte ich im Schlafzimmer eine alte Hose, Shorts, T-Shirt, Socken und eine Jacke zusammen und brachte alles dem inzwischen sauberen Mann. So gewaschen und mit nassem zurückgelegtem Haar, sah er gar nicht mal so übel aus. Ich konnte verstehen, dass mein betrunkenes Ich ihn mitgenommen hatte. Er war muskulös und breit gebaut und wirkte durch Haar und Bart verwegen und wie ein raubeiniger Seemann. Hatte ich ihn am Hafen aufgelesen? Es war einmal mein Zeitvertreib gewesen, solchen gestanden Männern den Kopf zu verdrehen und sie zu sich windenden, wimmernden Waschweibern zu machen. Die nachher nicht damit klarkamen, sich einem anderen Mann hingegeben zu haben. Egal was meine Intention gewesen sein mochte, nun wollte ich, dass er ging. Also ließ ich ihn sich ankleiden und räumte derweil schon mal die Flaschen zusammen. Käpt’n Jack, wie ich ihn heimlich taufte, sollte allerdings recht behalten. Ich bekam wieder Hunger. Also ging ich zurück ins Bad, ohne anzuklopfen, es gab ja nichts, dass ich nicht schon gesehen hätte und sagte: „Hunderttausend Yen, wenn du mich noch einmal trinken lässt.“ „Oh ha, da hat’s aber wer nötig. Kann ich ja schlecht ablehnen. Aber du machst noch‘n ordentlichen Verband drum. Also da bitte!“, streckte er mir den Unterarm hin, auf dem noch Spuren vorheriger Bisse zu sehen waren. Ich kramte nach Verbandszeug und mit einem kurzen „Deal!“ ritzte ich ihn auf und ließ das Blut in meinen Mund fließen. Es befriedigte nicht und stillte dennoch meinen Hunger. Allerdings kehrte auch ein leicht benebeltes Gefühl zurück. War der Kerl etwa immer noch blau? Ich beendete meine Mahlzeit und sah, wie er mit der anderen Hand grinsend eine Flasche Sake einer Discountermarke ansetzte und sich eine beachtliche Menge in die Kehle laufen ließ. „Baka!“, beschimpfte ich ihn. Ergriff seinen Arm und legte einen straffen Verband an. Drückte ihm die Jacke in die Hand und bugsierte ihn samt Müllsack zur Wohnungstür. „Ey, mein Geld.“ Ich fluchte, erblickte aber im selben Moment den Umschlag, den mir der Doc. überreicht hatte. Darin war zwar mehr, als vereinbart, aber Hauptsache der Kerl verschwand endlich. „Hier und jetzt raus!“ Ich ging noch mit bis zur Haustür und wartete, bis er die Schuhe getauscht hatte. Immerhin hatte er Manieren. Und in meinen Klamotten, würde man ihn nicht so schnell für einen Obdachlosen halten. Wenn man nicht zu genau hinsah… Aber es war später Abend. Meine Nachbarn würden schon nix mitbekommen. Ich wollte die Tür gerade schließen, als ich einen bekannten Duft in die Nase bekam. Was wollte ausgerechnet DER hier? Das konnte doch nur ein Zufall sein. Ob einer der anderen Hausbewohner einen Arzt gerufen hatte? Allerdings hatte er keinen Arztkoffer oder sonstige Materialien dabei. Dies und seine Reaktion auf meinen Anblick, ließen anderes vermuten. Und mein erster Impuls war auf dem Absatz kehrt zu machen und ihm die Tür vor der Nase zu zuschlagen. „Alejandro, bitte warte. Ich muss mit dir reden. Es ist wirklich dringend und ich werde nicht eher gehen, bis du mich angehört hast!“ Ich atmete seufzend ein. Na, das konnte ja heiter werden. „Ich hab auch Bier mitgebracht! Import aus Deutschland!“, versuchte er die Stimmung zu lockern und hielt ein Sixpack in die Höhe Schweigend deutete ich ihm mir zu folgen und wir gingen in meine Wohnung. „Setzt dich irgendwo hin und bedien dich am Kühlschrank. Ich muss noch was machen.“ „Duschen zum Beispiel?!“, witzelte der Wolfsyokai und erntete einen genervten Blick. „Wenn dich mein Geruch stört, kannst du ja wieder gehen.“ „Es ist mehr dein Äußeres, der Gestank hier drin, überdeckt deinen schon ganz gut!“, konnte er sich auch weiterhin die blöden Sprüche nicht verkneifen. Aber wieso sollte ich duschen, wenn ihm meine Optik nicht gefiel? „Versteh mich nicht falsch, aber man sieht noch Reste deiner letzten Mahlzeit an dir. Das ist etwas… ablenkend?!“ „Oh!“, nuschelte ich und verschwand im Badezimmer. Ein Blick in den Spiegel bestätigte seine Aussage. Allerdings hatte er sich noch harmlos ausgedrückt. Ich sah aus, als hätte ich mehrere Schweine geschlachtet. Überall klebte Blut in verschiedenen Trocknungsstadien. Schnell ging ich duschen und zog mich dann in mein Schlafzimmer zurück. Hier war zum Glück alles beim Alten und ich konnte mich auf mich konzentrieren. Ich schlüpfte in eine schwarze Jogginghose und hängte mir eine gleichfarbige Sweatjacke um. Trotz der Dusche fühlte ich mich besudelt und unrein. Ich musste dringend etwas für mein Seelenheil tun, bevor ich in der Lage war, mich dem zu stellen, was da draußen auf mich wartete. Mein Blick fiel auf den Nachttisch und ich erschrak. Wo war es? Wo war das Erbstück meines Vaters? Der Schutz für meine Seele vor der Verdammnis? Mierda! Ich musste es finden! Ich rannte ins Badezimmer, doch auch hier war es nicht zu finden. Mierda! Mierda! Mierda! Was sollte ich nur tun? Was wenn ich es verloren hätte? Wäre dann auch meine Seele unwiederbringlich verdammt? Ich raufte mir die Haare und brach in die Knie. Mi padre, was habe ich nur getan. Lo siento! Bitte verzeih mir! „Kann man dir helfen?“, hörte ich plötzlich seine Stimme aus Richtung des Flures. „Kannst du meine Seele vor der Verdammnis retten?!“ „Junge, was hast du eingeworfen?!“ Sein Kopf erschien fragend im Türrahmen. „Nichts! Mach dich nicht über mich lustig! Ich meine das ernst! Schön für dich, wenn du keinen Glauben hast, aber wage es nicht, den meinen ins Lächerliche zu ziehen, Wolf!“ „Yosuke! Und jetzt komm mal wieder runter und sag mir, was genau los ist. Wieso solltest du verdammt sein?“, sagte er, trat in den Raum und ging vor mir in die Hocke. „Mein Kreuz ist weg! Dieser dreckige Bastard von einer Kröte muss es geklaut haben oder ich hab es verloren! Mierda, verdammt!“ „Du meinst diese klobige Kette, die letztes Mal um deinen Hals hing?!“, erkundigte er sich. „Ja, es ist das Einzige, was mir von meinem Vater blieb!“ „Verstehe, dann helfe ich dir erstmal suchen! Los komm, hoch mit dir!“, sagte er sanft, aber bestimmt und griff mir unter die Arme, um mich hochzuziehen. „Lass uns systematisch vorgehen, wo hast du schon gesucht?“ „Schlafzimmer und Bad!“, antwortete ich ihm knapp und stand mit gesenktem Kopf vor ihm. Ich kann mir so klein und verloren vor. „Bleiben also, Wohnzimmer, Büro und Küche. Wo hast du die letzten Tage die meiste Zeit verbracht?“, fragte er überlegend. Anscheinend hatte er, die Zeit genutzt, um sich umzusehen. „Ich weiß es… Moment, wieso Tage? Wir haben uns doch erst heute Morgen gesehen?!“ „Heute Morgen?!“ „In der Klinik?! Als… Siakoh… ähm… als wir beschlossen haben, getrennte Wege zu gehen.“ „Alejandro, das ist fast eine Woche her! Fünf Tage, um genau zu sein. Weißt du wirklich nicht mehr, was du in der Zeit gemacht hast?“, war seine leicht geschockte und für mich umso schockierendere Antwort. „Was?! Das kann nicht sein. Ich kann mich an nichts erinnern!“, stammelte ich. „Das erklärt, deinen Zustand und den deiner Wohnung. Ich nehme an, dass es nicht immer so bei dir aussieht?! Dann hätte ich Sias Interesse noch weniger verstehen können.“ Er klang ein wenig erleichtert, aber auch… besorgt. Sorgte er sich um mich? Wieso sollte er das tun? Wir waren Fremde, er hatte mich nur ein einziges Mal gesehen und da hatte ich ihm gedroht und war handgreiflich geworden. Wollte er mich in falscher Sicherheit wiegen? Egal, er wollte mir suchen helfen, dann sollte er. Danach konnte ich ihn immer noch rausschmeißen. „Okay, legen wir los, damit ich danach mit dir reden kann. So aufgelöst, wie du bist, hat das gerade ja keinen nennenswerten Nutzen.“ Wir teilten uns auf, er übernahm die Küche und ich das Büro. Das Wohnzimmer würden wir im Anschluss gemeinsam durchsuchen, da hier auch größere Möbelstücke verrückt werden müssten. Leider fanden wir beide nichts. Und meine Verzweiflung stieg. Auch als wir das komplette Wohnzimmer auf den Kopf gestellt, das Sofa angehoben und den Teppich zusammengerollt hatten, fanden wir nichts. Ich war fertig mit der Welt. Müsste losziehen und diesen Kappa suchen. Entweder hatte er es oder er konnte mir vielleicht einen wichtigen Hinweis liefern. „Danke, dass du mir geholfen hast, aber ich muss dann jetzt dieser verdammten Kröte hinterher!“ „Setz dich, das hat so doch keinen Sinn. Wir trinken jetzt ein Bier und dann gehen wir gemeinsam los und holen uns Erkundigungen über ihn ein.“ „Ich will kein Bier! Ich will meine Kette!“, maulte ich. „Jetzt klingst du wie Sia, wenn er seinen Willen nicht bekommt. Er erinnert mich dann immer an meine Enkelin“, schmunzelte Yosuke. „Na vielen Dank auch! Ich klinge also wie ein kleines Mädchen?!“, fauchte ich. Seufzend stand er auf und holte zwei seiner mitgebrachten Biere aus dem Eisfach. Er kramte kurz in meinen Schubladen und dann hörte man ein Ploppen und ein Scheppern. Anscheinend hatte er den Flaschenöffner gefunden. Mit zwei über die Flasche gestülpten Gläsern kam er zurück, ließ sich auf die Couch plumpsen und drückte mir ein Bier in die Hand. „Hier, du Mäuschen und jetzt setz dich endlich!“, feixte er und zog mich am Arm hinunter aufs Sofa. „Ey!! Und Aua!!“, quietschte ich passend zu meinem neuen Spitznamen auf. „So doll war das doch gar nicht. Da siehst du aus wie Dracula persönlich und weinst schon, wenn man dich nur härter anfasst?!“ „Ersteres ist genetisch und zu zweitem: mir bohrt sich gerade irgendetwas Hartes in den Arsch!“ „Gut, dass du nicht auf meinem Schoß gelandet bist. Das wäre dann doch zu viel des Guten!“, giggelte Yosuke. „Haha, sehr witzig!“, sagte ich, während ich in die Ritze des Sofas griff und tatsächlich einen massiven Metallgegenstand daraus hervorzog. „Uuuhh, dein Arsch hat einen guten Spürsinn!“ prustete der Wolf nun laut lachend los. Sollte er Witze reißen. Die Freude und Erleichterung, die ich nun verspürte, konnte er mir nicht madig machen. Ich nahm das Kreuz in die Hände, küsste es, sank auf die Knie und legte es mit geschlossenen Augen an meine Stirn. Stumm betete ich ein Gracias a Dios und rechnete es Yosuke hoch an, dass er mich nicht einfach unterbrach, obwohl ich seinen musternden Blick auf mir ruhen spürte. „Danke!“, sagte ich, nachdem ich geendet hatte. Ob er verstand was ich meinte? „Nicht dafür!“, grinste er breit. „Aber irgendwann musst du mir mal erzählen, was es damit auf sich hatte. Hast du dich denn jetzt wieder beruhigt?“ „Gleich“, sagte ich, wickelte mir das Band, an dem mein Kreuz hing, wieder um den Hals, setzte mich zurück auf das Sofa und nahm einen tiefen Zug des kühlen Bieres. „Ahhhhh… Jetzt!“, ergänzte ich meine Aussage, spürte die Wirkung des Alkohols diesmal auf angenehme Weise und sagte: „Das ist wirklich lecker. Definitiv eine Sache, die die Deutschen gut können.“ „Stimmt“, sagte Yosuke und wirkte weit weg. Wir schwiegen eine Weile und hingen jeder unseren Gedanken nach. Keiner wollte den Augenblick zerstören, der gerade so viel angenehme Entspannung brachte. Ich lehnte mich zurück, legte die Füße auf den Couchtisch, schloss genießend die Augen und nahm ab und zu einen Schluck des Bieres, bis die Flasche leer war. Yosuke war wohl auch fertig mit seiner, denn er stand auf, nahm meine vom Tisch und brachte sie in die Küche, wobei er mit zwei frischen wiederkam und sich und mir einschenkte. „Wenn du das bei Sia gemacht hättest, hätte er dir den Hintern mit dem Nudelholz versohlt!“ „Mhm?“, ich blinzelte mit einem Auge träge zu ihm. „Na, die Füße auf den Tisch gelegt. Man merkt, dass ihr euch noch nicht lange kennt.“ „Streust du gerne Salz in offene Wunden? Keine nette Eigenschaft, so als Arzt, meine ich.“ „Entschuldige. Aber wenn du sagst offene Wunde… Fehlt er dir?“ „Wonach sieht’s denn aus?“ „Entweder feierst du gerne hart, lang und exzessiv oder du leidest und versuchst deinen Kummer im Alkohol zu ertränken. Ich kenne dich nicht gut genug, um das tatsächlich zu beurteilen, aber den Ausdruck in deinen Augen kenne ich.“ „Woher?“ „Ich hatte ihn selbst für eine lange Zeit! Sia hat mich damals daraus gerettet.“ „Damals?“ „Zwischen den Kriegen lernten wir uns kennen.“ „Oh… So lange schon?!“ „Hihihi, das ist doch nicht lange, Kleiner“, kicherte er fast feminin. „Kleiner? Ich bin fast 600 Jahre alt“, empörte ich mich. „Ich sag doch, Kleiner. Das ist gerade ein gutes Drittel der Zeit, die ich auf die Liebe meines Lebens warten musste.“ „Du hast dich auch erst so spät verliebt?“, wurde ich hellhörig. Vielleicht war das ja normal unter Yokaimännern, die einander liebten?! „Oh nein, verliebt hatte ich mich schon viel früher. Aber er… nun ja, das erzählt er dir vielleicht eines Tages selbst. Wenn du nun Teil unseres Lebens wirst.“ Ich erstarrte und guckte ihn überrascht an. Bisher hatten wir keinen Blickkontakt gehalten, nur nebeneinandergesessen und geradeaus gestarrt. „Wie meinst du das? Hat Siakoh nichts gesagt? Er hat Schluss gemacht, bevor es überhaupt anfing.“ „Und du gibst so leicht auf?! Dann war mein erster Eindruck doch korrekt und du bist nicht der Richtige für meinen besten Freund! Er verdient jemanden, der ihn auf Händen trägt und den Boden vergöttert, über den er läuft. Ein wörtliches Zitat, aber er hat recht. Mir ist nie ein freundlicheres Herz als das seine begegnet. Leider hat er in der Liebe bisher kein Glück erlebt. Er verliert langsam den Glauben daran und das zerfrisst ihn innerlich. Ich mache mir Sorgen um ihn! Wenn es in deiner Macht steht ihn zu retten, dann bitte ich dich: Tu es!“, überschüttete mich Siakohs bester Freund und redete sich dabei immer mehr in Rage. „Ich hab Mist gebaut. Er wird mich nicht mehr wollen.“ „Das habe ich auch und er wollte mich danach noch immer.“ Ich fuhr hoch. „Ihr hattet also doch was miteinander?! Ich wusste es. Was soll dann diese Schmierenkomödie hier? Filmst du mich heimlich, damit ihr euch nachher über die dumme Fledermaus lustig machen könnt. Die ihr Herz das erste Mal verliert und damit heillos überfordert ist, weil er niemanden hat oder hatte, mit dem er über so etwas reden könnte. Der nicht weiß, wie man auf ein Date geht oder wie man erkennen soll, ob man jemanden liebt?! Grandios! Pendejos! Dann hast du dein Material ja jetzt bekommen. Du weißt wo die Tür ist! Raus! Und wenn ich deinen Kusuri das nächste Mal sehe, sag ich ihm, dass er sich mal angucken soll, was Wolf und Vogel so miteinander teilen!“ „Das wagst du nicht!“, sprang Yosuke jetzt auch auf und packte mich am Kragen. „Alles was Sia und ich je hatten, war ein einziger Kuss, den ich zu tiefst bereue, weil…“ In diesem Augenblick holte ich aus, nutzte meine freihängende Position, um mich eindrehend noch mehr Schwung zu holen und schmetterte ihm meine Faust mitten ins Gesicht. Voller Genugtuung spürte ich, wie seine Knochen brachen, hörte erst das Splittern und dann sein schmerzerfülltes Keuchen. Er ließ mich los, presste seine Hand auf sein Gesicht und knurrte aus tiefster Kehle: „Fuck! Du kleiner Bastard! Du hast mir die Nase gebrochen!“ „Sag niemals wieder, dass du es bereust, dass du seine Lippen kosten durftest! Ich würde mein Leben geben, um sie ein weiteres Mal zu spüren!“ „Dein Glück, dass du das gerade gesagt hast. Ansonsten hätte ich dich jetzt windelweich geprügelt!“, grollte er. „So, wo wir deine Gefühlslage jetzt also erläutert haben, bringst du mir bitte ein Tuch und etwas Eis!“, ergänzte er wieder vollkommen freundlich. Was war denn das für eine Reaktion?! Allerdings tat es mir auch schon wieder leid. Hatte mich meine Impulsivität doch erst überhaupt in die Situation gebracht, dass ich hier nun mit dem Wolf in meiner Höhle saß, anstatt mit dem Vogel in seinem Nest zu hocken. Also tat ich wie geheißen und wickelte ein Kühl-Pack in ein Küchentuch, ehe ich ein weiteres Tuch befeuchtete und alles zu ihm brachte. „Es tut mir leid“, sagte ich zähneknirschend. „Macht nix!“, grinste er mich breit an, bevor er mir so eine Ohrfeige verpasste, dass mein Kopf sich auf die andere Seite drehte. Kurzseitig sah ich Sternchen, als ich schon spürte, wie Yosuke mich aufs Sofa setzte und mir das Kühl-Pack auf die Wange drückte. „Sorry, Kleiner, aber das war noch für deinen Auftritt in der Klinik und die Beleidigung meines Mannes!“ Er tupfte sich mit dem feuchten Tuch sein Gesicht sauber und ich staunte nicht schlecht. Seine Nase sah aus wie vorher. Wie konnte das denn gehen? Wir Yokai heilten zwar schnell, aber soo schnell? „Was ist mit deiner Nase passiert? Ich hab gespürt, wie sie gebrochen ist!“ „Meine persönliche Gabe. Hast du auch eine?“, fragte er neugierig. „Unsichtbarkeit?!“, scherzte ich und dachte an mein angeborenes Talent, in der Beobachtung von anderen Lebewesen. „Echt?! Das ist ja unglaublich! Zeig mal!“, wurde er neugierig. „Ähm… Tut mir leid, das war ein Insider mit mir selbst…“, nuschelte ich verlegen. „Ach so, okay. Wie dem auch sei… Willst du Sia zurückgewinnen? Wenn ja, hast du schon einen Plan?“ „Ähm…“ „Was denn nun? Willst du meinen besten Freund als Lebenspartner oder nicht?“ „Ich will! Aber denkst du, dass er mich noch will?“ „Er will. Glaub mir. Er ist aber eine Dramaqueen und möchte im Sturm erobert werden. Du wirst dich also anstrengen müssen. War das vorhin dein Ernst, als du meintest, du hättest keinerlei Erfahrung in romantischen Dingen?“ Ich glaubte es nicht. Da wurde ich doch tatsächlich rot. „Ja“, war meine leise und seehr kleinlaute Antwort. „Macht nix. Kriegen wir hin. Hier ist meine Karte, wenn du irgendwelche Fragen hast, scheu dich nicht mich anzurufen, okay?“ „Wieso tust du das?“ „Erstens, weil ich will, dass es Sia wieder besser geht und er endlich auch sein Glück findet, selbst wenn es so ein stinkender Komori wie du ist. Und zweitens weiß ich, wie beschissen Liebeskummer ist.“ „Danke für das Kompliment… und das Hilfsangebot. Ist es Kusuri, auf den du so lange gewartet hast?“ „Gerne und ja. Über 1500 Jahre um genau zu sein Es war die beschissenste Zeit meines Lebens und dennoch würde ich es wieder tun. Für ihn jeder Zeit.“ „Dann seid ihr immer noch glücklich?! Also lohnt es sich für so etwas wie Liebe zu kämpfen?“ „Nicht für jede Liebe, aber für die Richtige auf jeden Fall!“ „Woran erkenne ich, dass er der Richtige ist?“ „Egal was passiert, am Ende des Tages, möchtest du nur ihm alles erzählen und in seinem Arm einschlafen. Du wirst es einfach spüren und die Erkenntnis wird sich ihren Weg von deinem Herzen in dein Gehirn bahnen. Themenwechsel: Schon eine Idee, was du machen möchtest?“ „Ich hatte ihm ein Dinnerdate versprochen…“ „Klingt super. Er steht auf süße Nachspeisen. Also lass dir da was Nettes einfallen“, zwinkerte er mir verschwörerisch zu. „Du schaffst das und denk dran, du bist nicht allein.“ „Danke!“ „Nichts zu danken. Du weißt, wenn du ihm das Herz brichst, wirst du es bereuen. Also lass uns nun anstoßen und den Abend noch gemütlich ausklingen.“ Und das taten wir. Wir tranken noch jeder ein Bier und genossen es einfach beieinander zu sitzen und jeder seinen Gedanken nachzuhängen. Langsam verstand ich, warum Siakoh die Nähe zu diesem Yokai suchte und seine Gesellschaft genoss. Aber würde er wohl für immer mein Konkurrent um den Platz im Herzen meines Vögelchens bleiben? Als Yosuke sich schließlich seufzend erhob und meinte, dass er wohl mal nach Hause sollte, drehte er sich an der Tür noch einmal um. „Wenn du ihn einlädst, mach’s persönlich! Nicht einfach plump anschreiben. Sia steht auf romantischen Kitsch. Und keine Sorge: man sieht Funken bei Euch!“ Romantischer Kitsch also?! Konnte er haben… Bestimmt. Morgen, jetzt brauchte ich Schlaf. Ich erwachte und ging an meinen Laptop, suchte ein Dschungelmotiv mit Blüten und den Spruch von Ernst Ferstl raus: Wachsende Liebe Die Wurzeln des Glücks treiben kostbare Blüten. Druckte es auf stabiles Papier und schrieb auf die Rückseite: Hochverehrter und Begehrter Siakoh Diallo! Möchtest du morgen um 19:30 Uhr mit mir die Früchte dieses Baumes kosten? Ich lade dich hiermit herzlich zu einem gemeinsamen Dinner bei mir ein, welches ich kochen werde. A. P.S.: Es tut mir leid! Bitte gib uns noch eine Chance! Mit meinem Motorrad machte ich mich in Windeseile auf den Weg und schmiss die Karte in den Briefkasten Siakohs. Kapitel 21: Ehrlichkeit (Siakoh) -------------------------------- 21 Ehrlichkeit (Siakoh) Ein kleiner Vers war passend und geschnörkelt abgedruckt. Gefolgt von einer kitschigen Anrede und Bitte. Er lud mich zu unserem ersten Date ein. Das Dinner welches er mir versprochen hatte. Mein Herz klopfte wie wild in meiner Brust, als ich die Karte immer und immer wieder las. Es war einfach perfekt. Ich las seine Mühe darin. Die Bitte ihm zu verzeihen, jedoch ließ mich stocken. Er gab sich die Schuld? Dem war doch nicht komplett so. Auch mich traf die Schuld daran. Ich hatte ihn nicht erklären lassen, hatte einfach dicht gemacht, als er sich seiner Gefühle, auch wenn es heftige Eifersucht war, klar wurde. Nun lastete noch mehr Schuld auf mir, denn ich hatte ihm vollkommen schlechte Gefühle gemacht. Die ganze Zeit hatte ich gedacht, er wollte mich nicht mehr, lebte sein Leben einfach ohne mich weiter. Doch hier erkannte ich, dass auch er sich fürchtete, dass es zu spät war. Das der Fehler, den er begangen hatte, zu groß gewesen war. So wie ich es getan hatte. Mit der Ausnahme, dass er mutiger war und mich wirklich einlud. Ich musste zu ihm. Das war klar. Noch einmal las ich die Uhrzeit und grübelte. Gestern hatte ich den Briefkasten geleert, das hieße die Karte musste im Laufe des letzten Tages eingeworfen worden sein. Er lud mich also für heute um halb acht abends ein. Geschockt sprang ich auf und lief zu meiner Küche. Dort auf dem Backofen befand sich eine Digitaluhr und ich riss die Augen auf. Es war bereits halb acht! Doch so wie ich aussah, konnte ich nicht zu ihm. Ich hatte die letzten Stunden damit verbracht Crêpes zu backen und so roch ich sicher auch. Ein Dinner war ein Dinner und dafür musste ich mich zurecht machen. Es tat mir fast schon leid, als ich eilig unter die Dusche sprang und mich danach neutral schminkte. Kurz hatte ich gezögert, doch ich wollte diesmal alles richtig machen. Alejandro sollte alles, wirklich alles von mir wissen, bevor wir einen gemeinsamen Lebensweg beschritten. Noch so einen Fehler durfte es nicht zwischen uns geben! Niemals! Nachdem ich im Bad fertig war, meine Haare aufwendig gestylt hatte, sprang ich in meinen Kleiderschrank und fieberte krampfhaft darüber nach, was ich anziehen sollte. Am Ende entschied ich mich für ein weißes Hemd mit Volant-Kragen und schmalen Ärmeln. Die Knöpfe waren dunkelrot, passend zu der bordeauxroten Weste, die ich darüber zog und in eine ebenso bordeauxfarbene Jeans schlüpfte. Es war eine kleine farbliche Annäherung an die dunklen Farben, die Alejandro trug. Doch ganz ohne etwas Eleganz konnte ich auch nicht und band mir ein goldenes, zweifingerbreites Band um den Kragen. Dies genügte und ich schlüpfte in meinen besten Mantel aus Schneeleopardenimitat. Dazu graue Stiefeletten mit Spitze und einem Miniabsatz. Das war ich. So müsste er mich akzeptieren und annehmen. Ohne mich in einen Käfig zu sperren. Würde aus uns ein Paar werden, wäre ich die Treue selbst. Das konnte er mir glauben. Mit einem letzten Blick auf die Uhr erkannte ich, dass ich aktuell schon eine Stunde Verspätung aufwies. Ich grämte mich, doch das spornte meine Schritte nur an und ich lief fast schon zu seiner Wohnung. Keuchend stemmte ich meine Hände auf die Knie, als ich vor seiner Tür zum Stehen kam. Kurz zu Atem gelangen und dann klingeln, nahm ich mir vor und tat es. Einen Moment musste ich warten, bis der Summer ansprang und ich die Tür aufschob. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als ich hindurchtrat und meinen Blick zu der Treppen wandte, an dessen Ende er auf mich warten würde. Wenn er es denn getan hatte. Noch könnte er mir die Tür einfach vor der Nase zuschlagen und mich bettelnd und flehend davor schreien lassen. Ich erkannte das stechende Rot seiner Augen und spürte das Rasen meines Herzens. Sein schwarzes Haar hatte er zurück gegelt und zu einem kleinen Zopf gebunden. Er trug ein schwarzes Hemd, welches bis oben zugeknöpft, allerdings ohne Krawatte oder Fliege geziert war. Dazu eine schwarze Stoffhose und ordentlich geputzte, schwarze Derbys. Er war adrett, außer seiner Lieblingsfarbe kaum wieder zu erkennen. Meine Finger schwitzten, weil ich immer nervöser wurde. Was hatte er nur alles aufgefahren, um mir den Hof zu machen und sich für die Nichtigkeit seines Eifersuchtskrampfes zu entschuldigen. Wieso nahm er nur alles auf sich? „Da bist du ja“, begrüßte er mich recht unterkühlt aber höflich. Er war sicher sauer, weil ich zu spät war. „Entschuldige bitte meine Verspätung!“, japste ich auf und trat die Stufen so schnell es ging herunter. „Ich…“, begann ich und wurde unterbrochen: „Du siehst hübsch aus!“, sprach er mich an und ich spürte Wärme in meine Wangen ziehen. Er sah mir direkt in die Augen, was einen direkten Blitz in mein Herz sendete. Ich schluckte, hielt vor ihm an und strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr. Ich war wie ein verdammtes Schulmädchen, das von ihrem Schwarm angesprochen wurde, nachdem es Jahre darauf hoffte. „Danke“, bedankte ich mich und sah wie er die Hände hob, um mich hinein zu bitten. „Komm doch rein. Ich habe gekocht.“ „Bei einem Dinner nicht verkehrt“, rutschte es mir heraus und sofort stoppte ich mein vorlautes Mundwerk. Ich spürte wie die Stimmung zwischen uns war. Angespannt und doch dazu hingerissen, alles zu durchbrechen. „Darf ich dir den Mantel abnehmen?“ fragte er und überspielte meine Worte, auch wenn ich ein minimales Schmunzeln in seinen Mundwinkeln erkannte. „Gern“, gestand ich und nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, nahm er mir den Mantel ab. Seine Augen musterten mich, so wie ich ihn zuvor betrachtet hatte. Ob ich ihm auch so aufgetakelt gefiel? „Die Farbe gefällt mir“, grinste er plötzlich und schob einen Kleiderbügel in den Mantel. „Das hatte ich gehofft“, gab ich zu und sah durch die Wimpern zu ihm. Ich war noch immer nervös und der Drang vor ihm auf die Knie zu fallen und um Verzeihung zu bitten noch nie so groß wie jetzt. „Dann passt das ja“, lächelte er und reichte mir die Hand, während er seinen anderen Arm an sein Kreuz legte. „Darf ich dich zu deinem Platz geleiten?“ „Du fährst aber ganz schön auf“, schmunzelte ich, nahm seine Hand und spürte einen Stein von meinem Herzen fallen. Ein kleiner Kiesel, von einem monumentalen Berg, der sich auf meinem Herzen errichtet hatte. „Ich habe etwas gut zu machen“, flüsterte er, als er mich durch seinen Flur geleitete. Da ich bei meinem ersten Besuch zu abgelenkt gewesen war, sah ich mich neugierig um. Ein Raum lag auf unserem Weg und durch die Tür sah ich, dass es sich um ein Büro handeln musste. Einige Dinge standen an ein Regal gelehnt. Ich erkannte einen Sportbogen und sah zu Alejandro. Er sah starr nach vorn, schien ebenso nervös wie ich, wegen der Worte, die er sagte. „Das stimmt nicht ganz“, gab ich bekannt und spürte seine Finger zucken. „Können wir das nach dem Essen besprechen?“, bat er und ich nickte verstehend. „Du schießt mit dem Bogen?“, fragte ich, ihm zuliebe themenwechselnd und folgte seinen Schritten in die Küche. Das Zentrum des Raumes, welcher im Dunkeln lag, ließ mich die Augenlider weiten. Ich erstarrte. Dort war ein Tisch und zwei Stühle, fein säuberlich in weiß bezogen worden. Die Tischdecke beherbergte einen Kerzenständer mit drei roten Kerzen, welche frisch entzündet waren, zwei rote Platzdecken, auf denen feines, weißes Porzellan in Form von Tellern standen. Ebenfalls rote Servietten aus dickem Stoff, waren zu einer Bischofsmütze gefaltet und standen auf den Tellern. Alte, sicher wertvolle Weingläser rundeten nebst vornehmem Besteck das Ensemble ab. Alejandro sah mich an und antwortete dann auf meine Frage: „Ja, seit ich hier in Japan bin, ist es zu meiner Version von Triathlon geworden. Komm, setz dich bitte. Das Essen wartete auch auf dich.“ „Das tut mir wirklich leid“, setze ich noch einmal an und setze mich auf den Stuhl, den er mir bereitstellte und mich dann gentlemanlike heranschob. „Für den Anblick und dass du da bist, war es die Wartezeit wert. Auch wenn ich zugeben muss das es vor einigen Minuten schlecht fürs Dinner aussah“, machte er einen Witz und begab sich an den Kühlschrank, um eine wunderschöne Etagere herauszuholen. Diese stellte er in die Mitte des Tisches und nahm dann platz. Die Sushi-Röllchen sahen herrlich schmackhaft aus und mein Magen tat dies lautstark kund. „Wann hast du zuletzt gegessen?“, stellte er eine Frage, auf die ich lieber nicht antworten wollte. Nicht mal beim Backen heute, hatte ich etwas heruntergebracht. Außer Tee war nichts in meinem Magen. „Reicht es, wenn ich sage, dass es herrlich lecker aussieht?“, fragte ich zurück und erkannte seinen ernster werdenden Blick. „Zum Glück habe ich einiges für den heutigen Abend geplant, Siakoh“, verhieß er. Doch mir viel etwas anderes auf. „Kein „kleiner Prinz“?“ „Willst du dieser denn noch sein?“, fragte er angespannt und schob im nächsten Moment seine Hand über den Tisch zu mir. Ich sah zu dieser und zurück in seine Augen. „Ich will nicht mehr“, antwortete ich und machte eine Pause, um die passenden Worte zu finden. Sein Blick jedoch entglitt und er zog seine Hand zurück. „Warte! Lass mich doch erstmal aussprechen, du dumme Fledermaus!“ „Dumm?!“, fragte er empört nach und ich schnappte mir seine Hand. „Bitte hör mir zu!“ „Lass uns das auf nach dem Essen verschieben!“, bat er erneut und ich drückte seine Hand. „Erst wenn du mich nicht mehr bei meinem richtigen Namen nennst!“, zwang ich ihm auf und beugte mich dafür zu ihm. Wir starrten einander an. Ich sah Zweifel in seinen Augen. Ob er auch den meinen sehen konnte. Zweifel, ob all dies wirklich das Richtige war. Wenn wir uns nicht einmal normal unterhalten konnten! Sein Blick wandelte sich jedoch, ich sah Mut darin und er umfasste meine Hand. Er war so warm und weich. Ob er spürte wie sehr mein Herz schlug, wie meine Finger begannen zu zittern? „Es tut mir wirklich leid, Alejandro!“, brachte ich hervor und schob meine Finger zwischen seine. Sein blick war starr auf mich gerichtet, als würde er nicht verstehen, was ich damit sagen wollte. „Ich habe überreagiert, weil ich mich in die Enge getrieben fühlte. Dabei wolltest du mir nur zeigen wie wichtig ich dir bin“, sprach ich mich in Rage. „Du brauchst dir über Yosuke keine Gedanken mehr machen! Aber ich werde ihn auch nicht aus meinem Leben verbannen! Wenn du mich so willst, dann bin ich damit einverstanden.“ „Kleiner Prinz!“, sprach er mich an und ich bemerkte jetzt erst wie meine Augen feucht geworden waren und sich eine Träne gelöst hatte, um über meine Wange zu laufen. „Bitte tu das nicht!“, bat er und eine eiserne Faust legte sich um mein Herz. Wollte er nun mir eine Abfuhr geben? „Ich kann damit nicht umgehen! Ich bin eine Null in Sachen Tränen!“, beruhigte er mich und ich blinzelte, die Tränen herunter. Mit der Serviette tupfte ich mir die Augen trocken und sah einige Mascara-Reste daran. Ich sah sicher fürchterlich aus. „Ich will dich mehr als ich jemals jemanden gewollt habe.“ Dies versetze meinem Herz einen Blitzschlag, befreite es von jedem Staubkorn und schaffte das Geröll weg, mit dem ich es die letzten Tage vergiftet hatte. „Du verzeihst mir also. Trotz meiner Freundschaft zu Yosuke?“, fragte ich zaghaft. „Ihr kennt euch schon so lange. Es wäre unfair mich dazwischen zu stellen“, antwortete er darauf und rieb dabei mit dem Zeigefinger über meinen. „Und ich glaube, dass er ganz glücklich ist, damit, was er hat. Er ist also keine Gefahr für mich.“ „Ich weiß das er hier war“, gestand ich, da er sowieso schon zu viel verriet. „Auch wenn ich nicht begeistert war…“, lächelte er und rieb sich mit der Hand über seine Wange, was mich fragend schauen lies. „… aber er gab mir den Mut, dich einzuladen.“ „Mut, der mir fehlte“, gestand ich kleinlaut und brachte sein Lächeln zum Erlöschen. „Ich muss dir jedoch noch etwas sagen.“ „Nur zu“, bat ich darum. Alejandro nahm einen tiefen Luftzug und klammerte seine Finger an meine. So als ob er sich festhalten würde. „Ich habe in den letzten Tagen so viel getrunken, dass ich mich an nichts mehr erinnere. Dabei hielt ich mir einen obdachlosen Yokai, um meinen Blutdurst zu stillen. Ich gab ihm Geld und Kleidung, als ich wieder bei klarem Verstand war.“ Es schockte mich, als ich das hörte. Hörte was ich ausgelöst hatte. Zu was er wurde, wenn man ihn fallen ließ. Das wollte ich nie mehr zulassen. Niemals sollte er so abstürzen. „Auch das tut mir leid, Alejandro.“ „Dafür kannst du nichts, mein kleiner Prinz“, lächelte er und ich erwiderte seinen Blick. „Ich habe die Kontrolle verloren.“ „Das wird nicht mehr vorkommen“, versprach ich ihm und er schenkte mir den erlösendsten Blick, den er mir je senden konnte. Den Blick seiner Liebe. Leider zerstörte mein Magen diesen wunderschönen und herzaufschlagenden Moment. Er knurrte lautstark und voller Scham legte ich meine freie Hand darauf ab. „Verzeihung. Mein Magen hat ein schlechtes Gefühl fürs richtige Timing.“ „Ich glaube, wir sollten nun endlich mit dem Dinner beginnen“, schlug Alejandro vor und küsste liebevoll meine Fingerknöchel. Er war der Richtige, egal was passieren würde. Ich spürte es in diesem Moment. Nachdem wir ehrlich waren, uns vergaben und einander anlächelten. Kapitel 22: Dinner (Alejandro) ~by PoG -------------------------------------- 22 Dinner (Alejandro) by PoG Auf dem Weg nach Hause überlegte ich, was ich kochen sollte. Wir hatten über unsere Vergangenheit geredet, unsere Verbindung zum Dschungel. Konnte ich das irgendwie aufgreifen? Ich würde recherchieren müssen, also ab nach Hause und an den PC! „Romantisches Dinner“ tippte ich in meine Suchmaschine und besah mir zunächst die Bilder. Es gab einen gemeinsamen Konsens: 1. Kerzenlicht, als Beleuchtung 2. Ein schön gedeckter Tisch 3. Wein Optional: Blumen, insbesondere rote Rosen. Ob Siakoh sich auch über sowas freuen würde? Naja, eine konnte ja nicht schaden. Ich seufzte. Noch nie hatte ich sowas gekauft oder mir auch nur Gedanken darüber gemacht. Das war ja richtig Arbeit. Aber gut, für ihn würde ich das machen. Wenigstens das eine Mal. Ich müsste mir auch noch eine Tischdecke besorgen, sowas besaß ich nicht. Wofür auch, wenn man meinen Esstisch bedachte, der eh nur als Ablage für Unterlagen oder maximal zum Schrauben an PC oder Motorradteilen genutzt wurde. Normal gegessen wurde bei mir eh selten und wenn, dann aß ich direkt stehend in der Küche oder setzte mich vor den Fernseher. Hatte ich Kerzen? Irgendwo waren bestimmt ein paar Teelichter, aber die waren auch denkbar unromantisch, also musste noch ein Leuchter mit den passenden Kerzen her und Servietten. Aus Stoff. Immerhin besaß ich ein Set hochwertiger Weingläser aus Kristallglas, im 18. Jahrhundert aus einem Impuls heraus für ein kleines Vermögen in Georgien erstanden, hatten diese langstieligen Trinkgefäße mit der doppelten Quecksilberspirale im Fuß und der eingeschliffenen Rankenverzierung, mich überallhin begleitet und waren dennoch nie in Gesellschaft benutzt worden. Dieser besondere Anlass würde also ihre Premiere werden. Ob ich mein normales Geschirr verwenden konnte? Es war schlicht weiß und daher okay, aber Siakoh würde es mit Sicherheit auffallen, dass es nichts Besonderes war. Ob es ihn stören würde wusste ich nicht, wollte aber kein Risiko eingehen, also setzte ich ein Set hochwertiges Porzellan ebenfalls auf die Einkaufsliste. Es folgten noch Gardinen, Stuhlhussen und Lichterketten, da auch das gesamte Ambiente passen sollte. Als nächstes machte ich mich an die Menüplanung. Ich wollte gerne etwas aus seiner Heimat kochen, ihm meine vorstellen und einen Tribut an das Land zollen, dass uns zusammengeführt hatte. Es würde als neuguinerianisch, mexikanisch und japanisch geben. Japanische Misosuppe mit Sushi als Vorspeise. Beides konnte ich gut, da ich es schon oft gekocht hatte. Mexikanisch würde ich einfache Tamales mit Mole servieren. Diese gefüllten Bananenblätter, würden eine Verbindung zu unserer Dschungelherkunft darstellen. War Siakoh Vegetarier? Ich würde nichts riskieren und die fleischlose Variante wählen. Bei der Recherche nach Gerichten aus Neuguinea machte ich eine, für mich etwas gruselige Entdeckung. Dort standen Fledermäuse auf dem Speiseplan. Ob Siakoh schon mal davon gekostet hatte? Die Vegetarier-Variante gefiel mir mit einem Mal deutlich besser. Bekam ich doch das gruselige Bild, wie mein kleiner Prinz, auf seinem Thron saß und einer Fledermaus den Kopf abbiss, wie dieser kranke Musiker es getan hatte. Es schüttelte mich bei dem Gedanken und ich verdrängte das Bild aus meinem Kopf. Das Gericht Mumu ein Mix zwischen Gemüsepfanne und Eintopf wurde am Häufigsten vorgeschlagen und so dachte ich, dass ich damit nichts falsch machen könnte. Auch wenn es eigentlich mit Schweinefleisch gekocht würde, so fand ich auch eine vegetarische Variante. Ob ich diese ganzen doch ziemlich exotischen Zutaten bekäme? Süßkartoffeln, Maniok, Yams, Kochbananen und Kokosnussmilch, kannte man ja und würde ich dementsprechend auch bekommen, aber bei Taro und Kumu, war ich mir unsicher. Ingwer bekam ich quasi an jeder Straßenecke. Der Vorteil war, dass auch dieses Gericht in Bananenblättern gegart wurde. Allerdings traditionell auf heißen Steinen… Meine Lösung hieß Pizzastein. Nachdem ich meine Recherche beendet hatte und die Planung vollständig stand, war es bereits Nachmittag und ich würde keine frischen Zutaten auf dem Markt mehr bekommen. Also beschloss ich zunächst im Supermarkt einige der Lebensmittel und in einem dieser Läden, um die ich sonst einen großen Bogen machte, alles für die Dekoration zu besorgen. Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass ich jemals so einen Aufwand betreiben würde, nur um eine Person in meinem Leben zu halten, beziehungsweise sie zurückzugewinnen. Ob er auch wirklich kam? Wenn nicht würde ich den ganzen Kram einfach samt meiner Wohnung abfackeln. Ob ich mich dabei in ihr aufhielt oder nicht, würde dann mein Gemütszustand zeigen. Ich shoppte ausgiebig und betrat dabei nicht nur einen Supermarkt und einen Deko-Laden, nein es waren am Ende des Tages drei Supermärkte und fünf Läden mit Dekorationsartikeln. Dafür hatte ich beinahe alles zusammen und würde morgen früh auf dem Markt nur noch die Kochbananen und Süßkartoffeln, sowie frischen Fisch für das Sushi besorgen. Dem Taxifahrer, fielen fast die Augen aus dem Kopf, als er sah, dass ich einen halben Umzug im Gepäck hatte. Mit Mühe und Not brachten wir alles im Kofferraum und der Rückbank unter und ich bekam noch den Karton mit dem Porzellan auf den Schoß, als ich auf dem Beifahrersitz Platz nahm. Ein großzügiges Trinkgeld überzeugte den guten Mann mir noch zu helfen, alles in die Wohnung zu schaffen und nach einem weiteren Bonus ließ er sich auch dazu herab mein Leergut mitzunehmen und zu entsorgen. Ein weiteres Häkchen auf meiner noch langen Liste. Mittlerweile war es schon stockdunkel und ich müsste wohl eine Nachtschicht einlegen, um alles hier auf Hochglanz zu polieren und den Mief der letzten Woche rauszukriegen. Aber was tat man nicht alles für die …Liebe? Liebte ich diesen Vogel tatsächlich? Konnte man das so schnell sagen? Nein, soweit mir das einzugestehen war ich noch nicht. Ich zog es aber in Betracht, dass es so wäre. Alles andere müsste sich noch zeigen. Seufzend ließ ich die Einkäufe im Eingangsbereich stehen und öffnete erstmal alle Fenster und Türen, bis auf die Wohnungstür. Ein eisiger Hauch zog sich nun durch meine Wohnung, aber er war erfrischend und erneuerte den abgestandenen Mief. Ich beschloss zunächst das Badezimmer für meinen Besuch vorzubereiten und dann nach und nach die ganze Wohnung zu putzen. Ich räumte also auf, wischte und saugte Staub, schrubbte und polierte die Armaturen bis alles blinkte und glänzte. Über allem lag der beißende Geruch der Putzmittel, aber das würde sich noch verziehen, bis Siakoh käme. Außerdem hatte ich auf den Rat einer Verkäuferin gehört und mir Duftstäbchen aufschwatzen lassen, die die Wohnung mit ihrem Rauch in ein exotisches Inselparadies verwandeln sollten. Dios mío, wenn ich an diese Person zurückdachte, verdrehten sich mir immer noch die Augen. Wie sie „Kawaaiiii!“ quietschte, vor Freude hüpfte und begeistert in die Hände klatschte, als ich ihre Frage für welchen Anlass ich die Tischdecke und Servietten denn bräuchte, mit einem schlichten „Ein Date.“ beantwortete. Ich hoffte meine Wahl würde ihm gefallen, WENN er denn käme. Ich war weniger optimistisch als Yosuke. Allerdings kannte er ihn besser. Sia nannte er ihn. Ob ich das auch dürfte? Ich müsste ihn fragen. Das Badezimmer war fertig und ich ging ins Büro. Das war eigentlich immer ordentlich, also musste ich nur kurz Staub entfernen und den Boden wischen. Dabei störten mich jedoch einige Kabel, die ich schon längst geordnet haben wollte. Also nahm ich das in Angriff, zog den bereitliegenden Kabelkanal auf, befestigte ihn an der vorgesehenen Stelle und legte die entwirrten Stränge ordentlich hinein, bevor ich die Abdeckung wieder auf den Kanal schob. Nun war auch dieser Raum absolut vorzeigbar. Jetzt war also das Wohnzimmer dran, dass Yosuke und ich bei unserer Suchaktion schon gut vorbereitet hatten. Ich entfernte den Staub von allen Oberflächen, saugte die Polstermöbel, vor allem in den Ritzen, und den Boden und wischte letzteren noch gründlich nach. Danach räumte ich wieder alles an seinen Platz und holte eine der neugekauften Lichterketten, die ich um mein Fenster hinter dem Sofa drapierte, so dass sie für eine schöne indirekte Beleuchtung sorgte. Auch eine neue Flauschdecke, hatte ich besorgt, falls Siakoh auf dem Sofa kuscheln wollen würde. Einige Stumpenkerzen auf einer Baumscheibe vollendeten die wohnliche Atmosphäre und ich zog weiter ins Schlafzimmer. Hier saugte und wischte ich ebenfalls, gab den Pflanzen Wasser und entfernte braungewordene Blätter. Glich Siakohs Wohnung einer Lichtung im Dschungel, so war mein Schlafzimmer eine der bewachsenen Höhlen. Ebenso grün, nur ohne Blüten. Mit frischer Bettwäsche wollte ich mich auf alles vorbereiten. Siakoh, sollte nirgends etwas auszusetzen haben und sich rundum wohlfühlen. Auf dem Nachttisch platzierte ich ein besonderes Highlight für den morgigen Abend. Ich hatte einen Schokobrunnen besorgt und würde hier noch eine Schale Erdbeeren und Sahne parat stellen. Ein Schauer der Erregung durchzog meinen Körper ausgehend von meinem Unterleib, als ich daran dachte, was wir damit dann anstellen konnten. Auch zum Thema Vorspiel hatte ich mir noch ein paar Anregungen gesucht, damit ich seinem Wunsch nach Zärtlichkeit nachkommen könnte. Eine Massagekerze und passende Utensilien legte ich auf dem anderen Schränkchen am Bett bereit. Auch hier konnte ich also ein Häkchen setzen. Als letztes fehlten noch der Flur und am Wichtigsten die Küche. Die konnte ich allerdings erst machen, wenn das Kochen soweit abgeschlossen war. Also wollte ich schon mal beginnen. Für die Tamales und die Mole hatte ich ebenso, wie für die Misosuppe, bereits alles da. Den Sushi-Reis konnte ich auch schon mal vorbereiten. Also schmiss ich den Reiskocher an, der hier in keinem Haushalt fehlen durfte und schnippelte, hackte und würfelte alle Zutaten in die passenden Formen. In ein paar Stunden hatte ich alles vorbereitet, allerdings verriet mir ein Blick auf die Uhr auch, dass ich mich schon auf den Weg machen konnte, die letzten Zutaten zu besorgen. Es war bereits 6 Uhr morgens, was hieß, dass in dreizehneinhalb Stunden hoffentlich Siakoh zu mir kommen und ich ihn bald wieder als mein bezeichnen könnte. Mein Puls beschleunigte sich bei dem Gedanken daran und ich konnte mir einen kleinen Funken Hoffnung nicht verkneifen. Auf dem Weg zum Markt, drängte sich mir der Gedanke auf, was ich wohl anziehen sollte. Er liebte es chic, aber ich wollte mich auch nicht verstellen. Anzug fiel also aus. Das wäre nicht mein Stil, aber ein Hemd ginge schon. Ich würde mal schauen, was mein Kleiderschrank so hergab, wenn ich wieder zuhause wäre. Mein Blick glitt nach vorne. Da waren schon die ersten Stände. Etwas kräftig dunkel-, beinahe blutrotes fesselte meine Augen. Ich dachte an die Bilder zurück, die ich am Anfang meiner Planung gefunden hatte. Sollte ich wirklich? Ach, was soll die Scham?! Ich machte mich doch eh schon total zum Affen. Dann konnte ich auch noch für das Tüpfelchen auf dem i sorgen. „Yoi tsuitachi, bara o kaitai nodesuga“, kaufte ich eine Rose und ging weiter. Frischer Lachs, Thun- und Butterfisch, besorgte ich ebenso wie die fehlenden Kochbananen und Süßkartoffeln. Auf dem Heimweg stieg meine Nervosität weiter an. Würde er wirklich kommen? Er hatte sich nicht gemeldet, aber das hieß doch nichts, oder? Zuhause angekommen, erledigte ich die letzten Vorbereitungen und putzte dann noch die Küche. Miso und Sushi waren fertig und die Tamales waren ebenfalls schon gegart, während die Mumu-Päckchen auf ihren heißen Steinen im Ofen schmorten. Im Kühlschrank standen auch noch zwei Glasschüsseln mit dunkler Mousse au chocolat bereit, auf die ich mit weißer Schokolade Herzen gemalt hatte. Den Tisch deckte ich als nächstes ein und brachte an der leeren Gardinenstange die neuen Vorhänge, samt Lichterkette an. Dios mío, sah das kitschig aus, aber es glich eindeutig den Bildern aus dem Internet. Eine Lichterkette hatte ich noch übrig. Da hatte ich mich wohl verkalkuliert. Es war mittlerweile 17:30 Uhr, also höchste Zeit mich fertig zu machen. Ich ging unter die Dusche und rasierte mein Gesicht, meinen Intimbereich und meine Achseln gründlich. Man wusste ja schließlich nie. Im Schlafzimmer stand ich dann vor meinem Kleiderschrank und war mir immer noch unschlüssig. Ich zog ein Hemd an, meine Cargo, zog das Hemd wieder aus und ein T-Shirt an. Tauschte Cargo gegen Jeans. T-Shirt gegen Rolli, den gegen eine Sweatjacke. Die Jeans gegen eine Jogginghose, die Sweatjacke gegen das Hemd und die Jogginghose gegen die eines Anzugs. Ja, das würde gehen und wäre chic genug. Hemd in die Hose oder draußen? Drinnen. Aber irgendetwas fehlte. Ein Gürtel also. Und die Haare? Yosuke trug sie immer zu einem Zopf und er gefiel Siakoh, sollte ich das dann auch versuchen? Ich tat es und es sah ganz okay aus, allerdings standen die kürzeren Strähnen wirr vom Kopf, also nahm ich noch etwas Gel und legte die Widerborsten an. Noch ein mildes After Shave aufgetragen und ich war fertig. Ich war doch schneller als gedacht und mir fiel auf, dass ich noch eine gute Stunde hatte. Was sollte ich denn nun machen? Wenn ich mich nicht beschäftigte, würde ich verrückt werden. Ich ließ mich rücklings auf das frischgemachte Bett fallen und starrte an meine pflanzenbehangene Decke. Oft hatte ich in meiner Kindheit so die Abende verbracht und den Sternen beim Aufgehen zugesehen. Da kam mir eine Idee. Ich hatte ja noch eine Lichterkette übrig. So konnte ich Siakoh, den schönen Anblick zeigen. Also fummelte ich die Lichterkette zwischen den Pflanzen entlang und befestigte sie sie an der Decke. Das kam dem Original tatsächlich relativ nahe. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich nur noch fünf Minuten hatte, bis Siakoh vor meiner Tür stehen würde. Ich sprang vom Bett, strich es glatt und begutachtete mich im Spiegel. Sah ich gut genug aus? Ich schluckte. Natürlich sah ich gut aus. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Nervös lief ich durch den Flur zur Haustür und wieder zurück. Anscheinend verspätete er sich etwas. Konnte ich noch irgendetwas optimieren? Ich hatte Essen und stimmungsvolle Beleuchtung. Fehlte etwas? Oh, Mierda! Musik! Ich hatte Musik vergessen. Schnell rannte ich in mein Büro und suchte nach meinem transportablen Lautsprecher. Der würde es schon tun. Im Wohnzimmer hätten wir die Anlage und fürs Schlafzimmer oder Bad nähmen wir die Box einfach mit. Nachdem ich das Gerät in der Küche platziert hatte, setzte ich mich auf einen der Stühle und erstellte eine Playlist für den Abend. Da ich Siakohs Geschmack nicht kannte, hatte ich mich wieder auf Loungemusik beschränkt. Aber auch das hatte mich nur einige Minuten gekostet. Allerdings war es mittlerweile 20:00 Uhr. Und er hatte weder etwas von sich hören lassen, noch war Siakoh hier aufgetaucht. Ich würde ihm noch eine halbe Stunde geben, aber mehr als eine Stunde käme er bestimmt nicht zu spät. Die Idee mit dem Verbrennen, meiner neuen Errungenschaften kam mir wieder in den Sinn. Das würde ein Feuer geben, grinste ich in mich hinein. Ich stand auf, legte mich aufs Sofa und schloss die Augen. Sollte ich ihn auf Knien mit der Rose in der Hand in Empfang nehmen? Nein, irgendwo war auch mal Schluss. So sehr konnte ich mich dann doch nicht erniedrigen. Die Blume stand in einem Glas auf dem Tisch und schien mich mit jeder vergehenden Minute weiter zu verhöhnen. Langsam wurde ich wirklich genervt und sauer! Was bildete sich dieser eitle Fatzke eigentlich ein?! Ich machte mich hier lächerlich! Versuchte aber noch mich zurückzuhalten und den kleinen Funken Hoffnung nicht zu verlieren. Ich zwang mich einfach liegen zu bleiben und stellte mir den Wecker für 20:35 Uhr und begann mit einer Entspannungsmeditation. Der Wecker klingelte und ich seufzte. Er kam nicht. Gab uns keine Chance mehr. Sollte ich nun heulen oder wütend sein. Ich wusste es nicht. Also stand ich auf und ging in die Küche. Der Geruch des Essens widerte mich an. Ich nahm den Topf mit der Suppe und wollte diese gerade in den Ausguss kippen, als es plötzlich klingelte. Mein Herz setzte aus. Konnte es wirklich sein? Kam er doch noch? Ich stellte den Topf ab, atmete tief durch, entzündete vorsorglich die Kerzen, ging zur Tür und betätigte den Öffnungsmechanismus. Einen weiteren tiefen Atemzug später, öffnete die Wohnungstür und ging die Schritte zur Treppe. Ausnahmsweise einmal in Schuhen, da sie mein Outfit einfach abrundeten. Langsam erklomm mein Blick Stufe für Stufe und dann sah ich ihn. Mit stockte der Atem. Dios mío, ich stand auf diesen Kerl. Auch wenn er sich so auffällig anzog, dass es für drei reichen würde. Er war einfach atemberaubend und ich war sprachlos, nervös und wirr im Kopf. Alles verschwamm und fühlte sich dumpf an. Ich bekam kaum etwas von dem mit, was passierte, aber wir redeten. Beichteten unsere Gefühle und Fehler und verziehen uns. Erst das laute Knurren des Magens meines kleinen Prinzen, der er jetzt wieder sein wollte, wieder war, brachte mich zurück in die Gegenwart. Nun war alles bereinigt und unser Date konnte beginnen. Zunächst aßen wir Sushi und Misosuppe. Es war mir wirklich recht gut gelungen. Wobei mir auffiel, dass mein kleiner Prinz nur wenige Bissen tat. Aber er probierte von allem und lächelte mich immer zu an. Auch den zweiten Gang betrachtete er neugierig und kostete sowohl von den Tamales, als auch von der Mole. Irgendetwas war allerdings komisch an dem Lächeln meines Prinzen. „Kleiner Prinz?“ „Ja?“ „Du guckst so komisch. Schmeckt es dir nicht?“ „Ähm… Um ehrlich zu sein… Es ist furchtbar. Entschuldige. Aber es ist völlig überwürzt und total versalzen. Du musst mich wirklich sehr lieben!“ „W… Wa… Was muss ich? Wie kommst du denn dadrauf?“ „Na das sagt man doch so. Ist das Essen versalzen, ist der Koch verliebt!“ „Ach so… Hm… Ich find’s ganz normal.“ „Im Ernst? Es tut mir leid, aber ich bekomm davon keinen Bissen mehr runter!“, gestand er mir. Ich war schon etwas pikiert. Aber gut. Vielleicht traf das Mumu mehr seinen Geschmack. Ich servierte ihm also dieses Gericht mit einen „Guten Appetit!“. Leider war seine Reaktion auch hier sehr verhalten und Enttäuschung machte sich in mir breit. „Schmeckt dir das auch nicht?“ „Gleiches Problem. Aber der Gedanke ist es, das zählt und ich find’s toll, dass du dir so viel Mühe gegeben hast.“ „Ein schwacher Trost“, schmollte ich. Und stand auf, um ihm den Nachttisch zu bringen. Den konnte ich immerhin nicht versalzen haben. „Awweee…Mit Herz!“, freute sich Siakoh über das schnulzige Detail. „Ich hoffe wenigstens das schmeckt dir. Wobei ich so gar kein Süßschnabel bin“, entschuldigte ich mich schon Mal im Voraus. Siakoh nahm einen Löffelvoll und schluckte ihn angestrengt lächelnd runter. „Wie viel Zucker hast du da drangemacht?!“ „Nur ein bisschen mehr, als im Rezept stand. Mit der ursprünglichen Menge war es nicht mal ansatzweise süß.“ „Bitte werde nicht sauer. Aber wenn du nochmal für mich kochst. Halte dich bitte an das Rezept. Anscheinend scheinen bei Euch Fledermäusen die Geschmackssinne irgendwie anders.“ „Mhmm…, damit könntest du sogar recht haben. Wir haben ja noch genug Essen übrig, damit deine Chefs Versuchskaninchen spielen können“, grinste ich, wurde aber wieder ernst, weil mir eine Sorge die Laune trübte. „Bist du jetzt sehr enttäuscht, dass es dir nicht geschmeckt hat?“ „Nein, gar nicht. Ich weiß deine Mühe sehr zu schätzen. Das ist das erste Mal, dass jemand so etwas für mich gemacht hat“, sagte er und klang tatsächlich etwas gerührt. „Aber du siehst unglücklich aus.“ „Naja…Ich hab mir so viel Mühe gegeben…“, murmelte ich. Er ergriff meine Hand und sah mir tief in die Augen. „Danke dafür, es bedeutet mir wirklich wahnsinnig viel!“ „Warte, ich hab noch was für dich!“, sprang ich auf und holte die Rose aus dem Wohnzimmer und ein Tuch aus der Kommode im Flur. Ich ging in die Küche zurück und hockte mich vor ihn. „Hier, kleiner Prinz, die Königin der Blumen für den König meines Herzens!“, schnulzte ich und er lachte leise. „Lässt du dich von mir verführen? Dann kann ich dir noch eine Überraschung zeigen.“ „Jederzeit und überallhin!“, strahlte er mich an und roch kurz an der Rose, ehe er sie in sein Wasserglas stellte. Ich stand auf, nahm das Tuch und band es ihm so um den Kopf, dass seine Augen verdeckt waren. Vorsichtig zog ich ihn hoch, führte ihn in mein Schlafzimmer und stellte mich vor ihn, um ihn sanft auf mein Bett zu dirigieren. „Das war jetzt aber ein bisschen plump!“, scherzte er, woraufhin ich mich zu ihm beugte und raunte: „Wart’s ab!“ Ich hatte das Licht gelöscht, die Kerzen entzündet, die Lichterkette angeschaltet und die Musik aus der Küche mitgenommen. “Halte die Augen noch kurz geschlossen, bis ich dir Bescheid gebe, dass du sie öffnen darfst“, schnurrte ich in sein Ohr, löste das Tuch von seinen Augen und legte mich neben ihn. Den Kopf an seinen lehnende und seine Hand haltend wisperte ich: “Du kannst gucken.” „WOW!“, entkam ihm ein leises Staunen. „Das ist wunderschön!“ Ich blickte ihn an, die kleinen Lichter funkelten in seinen Augen und das Kerzenlicht zauberte einen goldigen Schimmer auf seine Haut. „Ja, das ist es!“, flüsterte ich. „Darf ich dich ausziehen?“ „Wir haben uns doch kaum geküsst und du willst mir schon an die Wäsche?“, fragte er. „Ich würde dich gerne etwas verwöhnen“, sagte ich und deutete auf die Nachttische rechts und links vom Bett. „Nur wenn du dich auch ausziehst.“ Also zogen wir uns beide bis auf die Shorts aus und ich malte mit der Sprühsahne Muster auf seine Haut, die ich mit schokolierten Erdbeeren wieder von ihm abnahm und ihn damit fütterte oder verführerisch selbst davon abbiss. Zärtliche Küsse vervollkommneten den Augenblick und auch unsere Zungen nahmen Schokolade oder Sahne gegenseitig direkt von unseren Körpern. Als mein kleiner Prinz, anfing sich immer näher an meine wachsende Erregung zu küssen, hielt ich ihn auf und lenkte seinen Blick zu mir. „Mein Süßschnabel ist heute aber gierig. Ich würde aber gerne bei klarem Verstand bleiben und deinen Körper einfach liebkosen und verwöhnen ohne in Ekstase zu verfallen. Ist das okay für dich?“, bat ich ihn um den Verzicht auf Intimeres. Anstelle einer Antwort zeigte er mir sein Einverständnis durch einen langen, liebevollen Kuss, bei dem sich unsere Zungen sanft umspielten und er seine Hände mit den meinen verwob, als würden wir einander nie wieder loslassen wollen. Als ich ihn im Anschluss auf dem Bauch liegend, mit warmem Öl massierte, entlockte ich ihm immer wieder wohlige Seufzer und tiefes Stöhnen. Es schien ihm zu gefallen und das machte mich sehr glücklich. Die Massage mit leiser Musik und in wohliger Wärme ließ meinen kleinen Prinzen entspannt einschlummern. So dass ich eine Decke über ihn ausbreitete, mit darunter schlüpfte, mich fest an ihn schmiegte und selbst die Augen schloss. Kapitel 23: Frühstück (Siakoh) ------------------------------ 23 Frühstück (Siakoh) Die Sterne funkelten über uns, wie sie es damals im Dschungel getan hatten. Alejandros Schlafzimmer war eine kleine Höhle aus grünen Kletterpflanzen die sich überall miteinander verbanden und verschlangen. Die Lichterkette die er darin verwoben hatte, wirkte wie Glühwürmchen, die sich eine Pause auf den Ranken gönnten, bevor sie sich wieder in die Lüfte schwingen würden. Es war atemberaubend. Ebenso wie der Abend. Alejandro hatte mit allem einen Volltreffer gelandet. Wenn man vom Essen absah. Doch der Nachtisch, rettete auch die Gedanken an die überwürzten Speisen, als ich die Süße der Erdbeere, zusammen mit der Leichtigkeit der Sprühsahne und dem herben Schokoladenaroma schmeckte. Meine Zunge über seine weiche, warme Haut zu schieben, rundete alles ab. Während des Höhepunktes unseres Dates, einer wahrlich gekonnten und entspannenden Massage, schlief ich vollkommen beglückt unter ihm ein. Der Nährstoffmangel gepaart mit den herabfallenden, beruhigten Gefühlen in mir, schickte mich in die Traumwelt. Obwohl die Realität dieser schon den rang abgejagt hatte. Als ich am Morgen erwachte spürte ich den Druck eines harten Körperteils an meinem Hintern und sah augenreibend und vorsichtig über meine Schulter. Alejandro schlief noch, hielt mich in seiner sanften Umarmung und ich nutzte die Gelegenheit ihn zu beobachten. Seine Mimik war völlig entspannt, seine Lippen geschlossen. Mir fiel auf wie lang seine schwarzen Wimpern waren und ich schob meinen Körper langsam herum. Ob ich es wagen konnte sie zu berühren? Mutig traute ich mich und fuhr mit den Fingerspitzen über seine Wange und berührte die Spitzen seiner Wimpern. Sein Gesicht bewegte sich, sodass ich die Hand zurückzog und mich nicht mehr bewegte. Ich wollte ihn nicht wecken. Von was er wohl träumte? Mein Magen meldete sich blubbernd und ich spürte den neu erweckten Hunger. Zum Glück hatte Alejandro wirklich nicht mehr genau nachgefragt. Er würde mich nur rügen und versuchen mir essen zu zuführen, was mir Sodbrennen bereitete. Und das brachte mich auf eine Idee. Langsam schob ich seinen Arm von mir und wand mich aus seiner Umarmung, rutschte an den Rand und schlich mich aus dem Schlafzimmer. Durch die Jalousie glitt der Sonnenschein eines schneebedeckten Morgens, was ich erkannte, als ich durch das Badezimmerfenster sah. Kurz frisch gemacht, ging ich in die Küche und sah mich um. Der Dinner-Schauplatz lag noch immer voller Romantik und ich strich über die Tischdecke. Die Kerzen waren heruntergebrannt. Liebevoll streichelte ich eines der Blütenblätter meiner Rose und bewunderte ihre Farbe noch einmal. Er war so süß, dachte ich an Alejandro und lächelte verliebt. Ich sollte das schnell aufräumen, entschied ich und sah mich nach dem kleinen Musiklautsprecher um. Ach der war im Schlafzimmer. Aber mit Musik konnte ich viel besser aufräumen. Doch wenn ich nun zu Alejandro ins Zimmer ginge, würde es ihn wecken und dann wäre das Frühstück hinfällig, was mein Magen nicht aushalten würde. Also suchte ich mein Smartphone aus meiner Manteltasche und entnahm ebenso die In-Ear-Kopfhörer. Mit dem neuen Muster entsperrte ich das Kleingerät und steckte die Kopfhörer hinein. Zuerst erschien mir eine Nachricht von Yosuke, der nach meinem Wohlbefinden fragte. Mit einem Blick durch den leeren Flur, antwortete ich eilig mit einem „Küken + Fledermaus = Herz“-Emoji und sendete ihm dies. Er würde das schon verstehen. Danach öffnete ich YouTube und suchte nach einem Song den ich zu gerne hörte: Rihannas Song „Please don´t stop the music“ von einem Mann gesungen. Mit den Hörern im Ohr legte ich in der Küche los, räumte den Tisch leer, zog die Hussen sowie die Tischdecke ab und legte alles ordentlich zusammen. Da wir nicht gekleckert hatten, würde alles auch noch ein weiteres Mal herhalten können. Ob wir so nun öfter aßen?, träumte ich kitschig. Nachdem ich alles in den Geschirrspüler verstaut und den Rest zusammengestellt hatte, um eine weitere Fuhre zu betätigen, sobald die Maschine frei war, sah ich im Kühlschrank nach, was ich zum Frühstück zaubern konnte. Mittlerweile lief „We will rock you“ von Queen aus meiner Playlist und ich konnte gar nicht anders als meinen Körper zu dem rhythmischen Klatschen zu bewegen. Doch ich ermahnte mich immer wieder dazu leise zu sein, während ich ein Paar Eier am Rand eines Messbechers in diesem Takt aufschlug und sie anschließend verquirlte. Als ich die Pfanne heraussuchte, sie auf dem Herd abstellte und Butter darin erhitze, wechselte die Musik zu einer Tangoversion von The Police´s “Roxanne”. In mir brannte eine Sicherung durch und ich verließ die Pfanne, um zum Video, welches ich genau im Hirn hatte, mitzutanzen. Dabei schloss ich genüsslich die Augen und wand mich geschmeidig hin und her. Das Fett spritzte und ich goss das Ei herein, schwang dennoch die Hüften und spürte plötzlich kalte, feuchte Hände an meiner Hüfte. Ein Schrei löste sich und ich blieb wie erstarrt stehen. Ertappt sah ich zu den forschenden, roten Augen, die grinsend über meine Schulter sahen. Eilig sah ich nach vorn, rührte im Ei herum und lauschte dem Höhepunkt des Liedes, bevor Alejandro sich meinen rechten Ohrstecker nahm und ihn in sein Ohr steckte. „Krass!“, nuschelte er amüsiert und sprach mich noch immer nicht auf meine Showeinlage an. „Interessante Version dieses Liedes. Kannte ich gar nicht.“ „Es ist ein Tango, aus dem Film Moulin Rouge“, erklärte ich. „Du hast diese Art Tanz ganz schön drauf“, lobte er und streichelte meine Hüfte, bis vor zu meinem Bauch. Das Rührei stockte bereits und ich schaltete den Herd ab. Herumdrehend, schlang ich die Arme um seinen Hals und löste so die Kopfhörer aus unseren Ohren. „Ich kann dir gerne zeigen wie es geht.“ „Ich kann bereits tanzen!“, brüstete er sich und ich dachte an das Video, welches ich gesehen hatte als er bewusstlos in meinem Bett gelegen hatte. „Das was ich bis jetzt gesehen habe, ist nicht überzeugend“, grinste ich frech und Alejandro klappte der Mund auf, weil er den Zusammenhang verstand. „Wann hast du in meinem Handy gestöbert?“ „Als du bewusstlos in meinem Bett lagst“, schmunzelte ich und begann seinen Nacken zu kraulen. Seine strubbeligen Haare kitzelten über meinen Handrücken. „Deine Sicherheitsdinger sind nicht gerade sicher.“ „Du hast meinen Fingerabdruck geklaut?“, fragte er und schien beeindruckt. Ich nickte und er beugte sich breit grinsend zu mir. „Du böses Vögelchen!“, raunte er und begann meine Lippen zu küssen. Ich schloss siegessicher die Augen, drückte mich an ihn und spürte seine Zunge an meiner Unterlippe, die ich ihm öffnete und sie mit meiner willkommen hieß. Alejandros Hände glitten über meinen Rücken, schoben sich in meine Shorts und unter meine Hinterbacken. Er zog mich noch näher an sich schob mich einen Schritt neben den Herd und hob mich dann auf die Arbeitsplatte. Sein Körper schob sich zwischen meine Oberschenkel, während seine Hände darüber streichelten. Immer weiter in Richtung Körpermitte. „Nicht!“, hauchte ich und spürte, dass er nicht aufhören würde. Meine Gegenwehr war ohnehin nur ein fadenscheiniger Hauch. Nur eine Berührung und ich würde aufgeben. Mein Magen jedoch, brachte das größtmögliche Argument vor, wodurch Alejandros Zunge sofort aufhörte die Hitze unserer Körper zu schüren. „Hunger?“, fragte er auf meine Lippen. „Nicht auf das Rührei“, sagte ich zweideutig. „Aber mich kannst du nicht essen“, bedachte er. „Du kannst aber mich essen“, bedachte ich und er lehnte sich schnaubend zurück. „Alles zu seiner Zeit, mein kleiner Prinz. Nun wird gefrühstückt!“, befahl er und nahm die Pfanne vom Herd. Seine Latte schlug einen Schatten in seinen Shorts. Es war die reine Verschwendung, seufzte ich und rutschte von der Arbeitsplatte. Alejandro warf ein Handtuch unter die Pfanne, welche er auf dem Tisch abstellte. Danach wandte er sich zum Hängeschrank und entnahm dort zwei Teller, die er verteilte. Ich dagegen wusste zumindest wo er das Besteck beherbergte und fischte zwei Gabeln heraus. „Danke fürs Aufräumen!“, sagte er, als wir uns niederließen und er mir eine Riesen-Portion Rührei auf den Teller schob. „Nicht dafür!“, lächelte ich angespannt und sah auf meinen Teller. „Das ist zu viel!“ „Iss es!“, schmunzelte er und lud seinen Teller nur halb so voll. „Du wirst deine Energie noch brauchen“, raunte er und sah mir direkt in die Augen. „Ach, wusstest du noch nicht, dass ich erst beim dritten Date mit jemanden ins Bett steige?“, wollte ich scherzen und brachte ihn zum Lachen. „Die Masche kannst du bei mir nicht mehr ziehen, kleiner Prinz.“ „Das habe ich gehofft“, brachte ich ihn mit dieser Anspielung zum Verstummen und schob mir die erste Ladung Frühstück in den Mund, wobei ich ihm genau in seine Augen sah. „Ach ja?“, fragte Alejandro und begann ebenso zu essen. Ich spürte seine Füße an den meinen und schmiegte meinen rechten Fuß an den seinen. Dieser versteckte Hautkontakt prickelte. „Wollen wir nach dem Frühstück etwas Baden gehen?“ „Warum nicht. Das Massageöl klebt noch immer an mir“, gab ich grinsend preis. „Ich muss ordentlich geschruppt werden.“ „Das lässt sich machen“, versprach Alejandro. Wie besprochen und nach dem Zwang den gesamten Inhalt meines Tellers leer zu essen, wurde ich rückwärts ins Bad geschoben, während wir uns heftig küssten. Unsere Finger glitten über den Körper des anderen, erforschten die kleinen Unebenheiten. Doch Alejandro machte sich erneut rar, löste sich und stellte das Wasser auf die perfekte Temperatur ein. Rauschend ergoss sich der Strahl in die Badewanne und füllte sie augenblicklich. Doch meine Augen starrten lediglich auf den Prachtarsch meines Freundes. Bei diesem Gedanken, wir als Paar, schlug mein Herz heftig auf. Diese beiden Rundungen gehörten ganz mir. Also legte ich meine Hände auf diese und zog Alejandros Shorts herab. „Geduld ist eine Tugend, kennst du den Spruch?“ „Sagt wer?“, grinste ich und ließ seine Shorts über seine Schenkel gleiten, gab seiner linken Pobacke einen Kuss und spürte dann wie er sich herumdrehte und mich aufhielt auch an der Stelle seiner Intimität einen Kuss oder mehr zu platzieren. „Baden, kleiner Prinz.“ „Menno!“ schmollte ich und spürte wie nun er mich auszog. „Dein Magen muss erstmal die Nährstoffe aufnehmen. Und ich will noch etwas mit dir kuscheln, bevor du meine Nachbarn einweihst, dass es ab nun lauter werden kann.“ „Welch nette Vorstellung“, bestätigte ich und ließ mich von ihm in die Wanne geleiten. Er stieg dazu, setze sich in das warme Wasser und lehnte sich in die Halbschräge, zog mich an der Hand zu sich und platzierte mich direkt vor sich. Genüsslich spürte ich das Wasser und lehnte mich an Alejandros Bauch. Bauch an Bauch lagen wir in der Wanne und schlossen kurz beide schweigend die Augen. Er schaltete das Wasser ab, als die Wasseroberfläche fast komplett über meinen Po herumschwabbte. Die letzten Tropfen, die sich von der Armatur lösten, brachten einen heftigen Entspannungspegel. „Lust auf eine kleine Fragerunde?“, flüsterte Alejandro, brachte seine Brust zum Vibrieren. Wir behielten unsere Haltung bei, während ich antwortete: „Leg los. Was willst du wissen?“ „Lebst du schon lange in Japan?“, fragte er, hob gleichmäßig atmend seine Brust auf der mein Kopf gebettet lag. „Gerade mal einige Wochen“, gab ich schmunzelnd zu. „Im Ernst? Du sprichst ohne Akzent“, argumentierte er. „Ich spreche jede Sprache ohne Akzent und lerne sie innerhalb weniger Tage komplett“, antwortete ich auf Spanisch und spürte eine Bewegung seinerseits. „Na? Gedacht du kannst hinter meinem Rücken über mich lästern?“, fragte ich fies und fixierte amüsiert seine Augen. „Ich bin beeindruckt und werde es im Hinterkopf behalten“, lächelte er schwach und stellte dann seine nächste Frage: „Was hast du vor Japan gemacht?“ „Ich lebte in Frankreich, Paris und habe eine Bar geleitet“, seufze ich stolz. „Das vermisse ich schon etwas. Jeden Tag tanzen.“ „Du kannst nun mit mir jeden Tag tanzen“, schlug er vor. „Naja. Ich habe weniger MIT jemanden getanzt. Ich habe FÜR die Gäste getanzt“, wurde ich genauer. „Was genau soll das heißen? Welche Art Bar war das?“, fragte er skeptisch und schien über meine Erfahrung nachzudenken. „Es war eines Transvestiten- und Dragqueen-Bar“, sagte ich die Wahrheit und sah Alejandros überraschten, etwas geschockten Blick. „Möchtest du noch mehr Details?“ „Nein, ich glaube, das erklärt zumindest deinen Kleidergeschmack“, kam es grübelnd von ihm. „Hey!“, protestierte ich. „Keine Kritik an meinem Modegeschmack!“ „Niemals, kleiner Prinz“, versprach er und strich mir über das Gesicht, schob eine Haarsträhne hinter mein Ohr. „Was hast du sonst noch so „gearbeitet“?“ „Was soll diese Tonlage?“, fragte ich spielend vorwurfsvoll, wollte aber auch antworten: „Ich war bei der französischen Streitkraft und habe in beiden Kriegen dem Lazarett direkt an der Deutschen Grenze gedient. Davor war ich Prinz.“ „Daher deine Leidenschaft zu helfen.“ „Genau. Ich wollte leidenden Menschen helfen und habe so einiges miterlebt. Naja. Hoffen wir, dass es keine Kriege mehr geben wird.“ „Ich glaube das wird ein Wunsch bleiben“, seufzte er pessimistisch und streichelte mir wieder durchs Haar, strich es zurück als würde er es stylen. „Gehen lassen, würde ich dich nicht mehr.“ „Und mein Wissen verschwenden? Wie ritterlich“, rollte ich die Augen. „Aber wie war es bei dir? Seit wann bist du hier, wo warst du vorher?“ „Ich lebe nun seit gut 30 Jahren hier. Davor war ich bis auf eine paar Jahre in Spanien durchweg in México unterwegs. Im Schatten der Menschheit und ohne jeglichen Kontakt. Außer zu meinen Opfern“, erzählte er. „Sagst du mir Bescheid, wenn du Hunger hast?“ fragte ich vorweg und ließ ihn seufzen. „Ich meine, nur damit du mich nicht wieder heimtückisch überfällst!“ „Sagt der notgeile Fummler!“, lastete er mir an. „Wenn du auch so heiß bist...“ „Macht wohl die Jugend“, grinste er protzend und spielte mit seinen Brustmuskeln. Ich veränderte meine Haltung und verschränkte die Arme auf seiner Brust, um mein Kinn darauf abzulegen. „Wie alt bist du?“ „Noch nicht ganz 500. Du?“ „Uff, das wird jetzt hart. Du bist älter als ich“, ärgerte ich ihn und antwortete dann. „Ich bin 433 Jahre alt.“ „Ein wenig, KLEINER Prinz. Nur ein wenig“, rang er sich den Altersunterschied gering. „Du bist ziemlich präzise. Hast du einen Geburtstag bestimmt?“ „So kann man das sagen“, brummte ich etwas beleidigt. Es hatte einen Grund warum ich ungern darüber sprach. „In meinem Dorf wurde mein Geburtstag immer sehr, sehr groß gefeiert. Unzwar am Jahreswechsel.“ „Dann hast du an Neujahr Geburtstag?“ „So scheint es zu sein“, gab ich mein Unwissen zu. Es war einfach immer so gewesen. „Und du?“ „Ich hab mir da nie Gedanken drüber machen müssen“, winkte er ab und legte seine Arme auf dem Wannenrand ab. „Dann ernennen wir einen Tag!“ „Unnötig.“ „Für mich nicht!“ „Wenn du willst denke ich mal drüber nach“, gab er auf und seufzte. „Aber sag mal, vermisst du deine Heimat nicht manchmal?“ „Interessante Frage“, gestand ich und schloss die Augen. „Aber nein. Ich kann nie mehr zurück und habe auch nie den Drang gehabt dorthin zu gehen. Wer weiß ob mein Vater überhaupt noch existiert?!“ „Du hast nie nachgesehen?“ „Bist du jemals zu deiner Kolonie gegangen und hast nachgesehen?“ „Ich weiß nicht mal, wo die ihre Höhle haben, das ist etwas ganz anderes“, zeigte er auf und ich musste gestehen, dass er recht hatte. „Ich habe mir meinen Dschungel zuhause aufgebaut. Du hast deine Höhle ja auch im Schlafzimmer“, grinste ich und stemmte mich dann etwas über ihn, um meine Lippen auf seine zu legen. „Und da will ich liebend gern mit dir hin. In deinen Dschungel.“ „Na dann würde ich vorschlagen, wir waschen uns erstmal gründlich“, wisperte er zwischen meine Lippen und breitete seine Hände auf meinem Hintern aus. Von wegen ich sei der Fummler unter uns beiden. Unsere Küsse wurden wilder, heißer, kämpferischer, während ich mich zurücksetzte und Alejandro meiner Bewegung folgte. Er berührte meine Arme, fuhr über meine Brust und rieb mit den Fingern über meinen rechten Nippel. Ich keuchte und schob meine Hand über seine Beine, hinauf zu seinem wieder halbsteifen Glied. Es zuckte freudig als es meine Finger spürte, die ich liebevoll darüber schob und es leicht reizte. „Waschen!“, erinnerte er mit fadem Atem. „Wir werden doch nur wieder dreckig“, hauchte ich zurück. „Musst du immer das letzte Wort haben?“ „Ja!“, nahm ich diese Ehre an mich und spürte seine Krallen in meiner Haut. „Hm!“ „Gefällt es dir heute hart?“, fragte er vorsichtig nach und kurz zog ich meine Zunge zurück, um ihn anzusehen. „Wenn du dabei zärtlich bist?“ „Das wiederspricht sich“, stellte er grinsend fest und küsste mich wieder, während er mich zurückdrückte und sich über mich beugte. „Musst du immer das letzte Wort haben?“, fragte nun ich und bekam schon seine Finger zu spüren, die sich langsam in mein Loch schoben. Ich biss die Zähne zusammen, spürte das Kribbeln in meiner Schwanzspitze und sah zu Alejandros roten Augen auf. Er positionierte meine Beine um seine Hüfte, während er mich sanft dehnte. „Zärtlich genug?“ Ich nickte nur, weil sich schon die ersten stöhnenden Laute aus meinem Hals schlichen. Das war so ersehnt und ich so geil auf ihn, dass ich sofort steif geworden war. Meine Latte wippte erregt zwischen uns. Ebenso wie seine, die er schon in Position schob, seine Finger aus mir herauszog und dann seine Eichel an mir rieb. „Dann kann ich ja nun hart sein!“, raunte er erregt und schob sein Glied in mich. Ich beugte den Rücken durch, legte meine Hände auf seine, die mich an sich heran schoben. Das Wasser und die damit verbundene Schwebe ließ ihm da die volle Gewalt. Ich stöhnte auf, als er komplett in mir versunken war. „Herrlich!“ „Denk daran, wenn ich dich nehme“, keuchte ich ihm verheißungsvoll zu und wurde mit einem gezielten, harten Stoß zum Stöhnen gebracht. „Heute noch nicht!“, versprach er und nahm mich. Das Plätschern des Wassers wurde lauter, je schneller er wurde. Seine Hände stemmten sich an den Rand, hatten so mehr Halt, während ich meine Beine um ihn schlang, um die Nähe nicht aufzugeben, die wir hatten. Unser Keuchen, wandelte sich in Stöhnen, dieses in Schreie, als er die Position änderte und mich von hinten nahm. Meine Finger bohrten sich in die glatte Oberfläche seiner Wanne, die kühl an meiner Wange lag. „Mehr!“, bettelte ich und bekam den Wunsch erfüllt. Seine Hand pumpte meinen Schwanz, während er Schauer über meinen Rücken rammte, die nicht mehr aufhörten. Ich spürte die Erlösung aufwallen, wollte aber nicht aufhören. Wie lange wir wohl Sex haben konnten? Wie oft? Das würden wir sicher noch herausfinden. „Ich..“, keuchte er in mein Ohr und ich wusste welche Worte sein Orgasmus ihm aus dem Mund nahm. Auch ich war soweit und entlud meine Erregung ins Wasser, spürte wie er sich aus mir zurückzog und meinen Rücken besudelte. Sein Glied lag zuckend und glühend auf meinem Steiß. Sein Körper beugte sich auf meinen Rücken, als ich meine Beine anzog und im Wasser sitzend zu ihm sah. Er schmiegte seine Wange an meine und umarmte mich. „Das war zart-hart“, erfand er einen Begriff dafür und brachte mich zum Schmunzeln. „Du bist so süß, wenn du Sex bekommen hast.“ „Süß?“, murmelte er an meiner Schulter und löste einen Arm von mir. „Schlechter Spitzname“, sagte er amüsiert und bevor ich wusste was er sich als Rache für dieses Wort ausgedacht hatte, hörte ich das Rauschen des Duschkopfes und den Gedanken an das damit verbundene, kalte Wasser. „NEIN!“ Kapitel 24: Fragen (Alejandro) ~by PoG -------------------------------------- 24 Fragen (Alejandro) by PoG Als ich erwachte, war ich allein. Siakohs Bettseite war verwaist und nicht mehr warm, aber es war noch spürbar, dass vor nicht allzu langer Zeit jemand darin lag. Außerdem hörte ich ihn in meiner Küche rumoren und roch erwärmte Butter. Sofort hatte sich meine erste Beunruhigung gelegt und machte einem Hochgefühl Platz. Er war nicht geflohen, weil er den gestrigen Abend bereute. Im Gegenteil, er fühlte sich hier in meiner Wohnung schon so heimisch, dass er zu kochen begann. Ein dämliches Grinsen breitete sich in meinem Gesicht aus und ließ sich nicht abstellen. Ich schlug die Decke zurück und sprang schwungvoll aus dem Bett, um mich ein wenig zu dehnen und kurz ein paar Liegestützen zu machen. Gut durchblutete Muskeln wirkten schließlich größer und attraktiver. Anschließend ging ich ins Bad, erleichterte mich und brauste mich danach kurz kalt ab und verließ die Dusche, ohne mich groß abzutrocknen. Wie jeden Morgen gurgelte ich kurz mit Mundspülung, schlüpfte in eine frische Boxershorts und machte mich dann auf den Weg zu meinem fleißigen Gast. Der Anblick, der sich mir in der Küche bot, ließ mich schmunzeln. Es war zugleich süß, wie erregend, wie mein kleiner Prinz mit Stöpseln in den Ohren völlig in seiner Welt abgetaucht war und tänzelnd das Frühstück, augenscheinlich Rührei bereitete. Ich lehnte mich mit locker verschränkten Armen an den Türrahmen und besah mir das Schauspiel. Wie lange er wohl brauchen würde, um mich zu bemerken? Der Takt, den er gerade mit den Eiern schlug und die sehr leisen Laute, die aus den Hörern drangen, gaben mir preis, dass er gerade einen rockigen Klassiker hörte, den ich gerne mochte. Als das Lied aber wechselte, drehte mein Vögelchen richtig auf und die Niedlichkeit wandelte sich zur Erotik, da er anfing seine Hüfte lasziv im Takt der für mich kaum hörbaren Musik zu schwingen. Das Lied war mir bekannt, diese Version aber nicht und doch hatte sie unbestreitbar etwas für sich. So verleitete sie mich dazu, meinen Prinzen ein wenig zu triezen. Meine noch feuchten Hände legte ich auf seine Hüfte und ein breites Grinsen schlich sich in mein Gesicht, als er erschrocken erstarrte. Als er nur peinlich berührt dastand, wollte ich wissen, ob ich das Lied tatsächlich richtig erkannt hatte und schnappte mir seinen Stöpsel aus dem rechten Ohr. Es stimmte, aber es war krass, wie diese Version sich vom Original unterschied. Nach einer Erklärung seiner- und einem Kompliment meinerseits, reagierte mein kleiner Prinz endlich und trennte unsere Kabelverbindung durch sein Winden in meinen Armen. „Ich kann dir gerne zeigen, wie es geht“, bot er mir an und ich musste an mein intensives Training denken, dass uns näher zusammenbrachte, obwohl er es nie gesehen hatte. Sollte ich es ihm wohl dennoch einmal vorführen?! Würde er sich darüber freuen und es genießen, dass er mit mir einen Tanzpartner an der Seite haben konnte, wenn er es sich wünschte? Ich teilte ihm mit, dass ich bereits tanzen könne und erwartete seine freudige Reaktion. Allerdings machte mir mein kleiner Prinz einen Strich durch die Rechnung und offenbarte mir, dass er zum einen bereits wusste, wie ich tanzte und zum anderen er nicht sonderlich begeistert von meinen Fähigkeiten war. Ein Stechen der Enttäuschung durchzuckte mein Herz und betrübte kurz mein Gemüt, während mein Verstand blitzschnell seine Rückschlüsse zog und ich wusste, dass es keine andere Möglichkeit gab, als dass er das Video auf meinem Handy gesehen haben musste. Dieser freche Piepmatz, hatte tatsächlich meinen wehr- und arglosen Zustand ausgenutzt und meine eigenen Waffen gegen mich eingesetzt. Hätte er nicht unfair gekämpft und mich mit physischen Mitteln besänftigt, wäre ich wohl ernsthaft sauer geworden. Doch so konnte ich mich eines gewissen Gefühls von Stolz nicht erwehren, welches aufkam, als er mir beichtete meinen Finger genutzt zu haben, um die Sicherheitsbeschränkung zu umgehen. Ich färbte wohl schon auf mein kleines, böses Vögelchen ab. Dies musste ich mir grinsend eingestehen und ich fühlte mich nur umso mehr von ihm angezogen. Ich verlieh meiner Hingerissenheit Ausdruck, indem ich ihn zärtlich küsste und auch wenn er sich ein wenig zierte, hätte sein Magen nicht rebelliert, so wäre daraus mehr geworden. Aber mein Vögelchen passte ja nicht auf sich auf, also musste ich doppelt Acht darauf geben, dass er genug aß. Schließlich wollte ich noch viel mit ihm erleben und dafür brauchte er nun mal Energie. Während des Essens verhielten wir uns wie verliebte Teenager, neckten uns und flirteten miteinander und tauschten immer wieder kleine Zärtlichkeiten aus, die in einem heftigen Geknutsche auf dem Weg ins Badezimmer gipfelten. Mein kleiner Prinz hatte es diesmal besonders eilig, aber ich bremste ihn aus. Ein wenig Reizen und Anregen war in Ordnung, da es unsere Lust im Endeffekt nur steigern würde, aber ich wollte die lockerere und angenehme Stimmung zwischen uns nutzen, um ein wenig mehr über mein Vögelchen zu erfahren. Besonders seine Gabe des Verstehens und Lernens jeder Sprache, beeindruckte mich wirklich, als er mir akzentfrei bestätigte: „Hablo cualquier idioma sin acento y lo aprendo completamente en unos pocos días.“ Trotzdem switchten wir wieder ins Japanische, da dies einfach unsere Alltagssprache war. Mit seiner Eröffnung, dass er für andere getanzt und sich in eine Frau verwandelt hatte, war ich wirklich überfordert und meine Eifersucht wollte sich wieder Vordrängen. Insbesondere die Kombination mit seiner Eingangseröffnung, dass er es vermisste, gab mir zu denken. Würde er dauerhaft ohne dies glücklich sein? Könnte ich damit leben, wenn es anders wäre? War er treu oder hielt er nichts von Monogamie? Neben den zweifelnden Fragen, mischten sich aber auch Überlegungen anderer Art und ich war ein wenig neugierig auf den weiblichen Siakoh. Ob er mir auch als Frau gefallen würde? Die auffälligen Farben und teilweise Schnitte seiner Kleidung drängten sich vor mein inneres Auge. Irgendwie passend und langsam setzten sich die Puzzleteile zu einem Bild zusammen. Geduldig beantwortete Siakoh alle meine Fragen und ich erfuhr noch interessante Einzelheiten über ihn, wie, dass er in beiden Weltkriegen mehr oder weniger direkt an der Front diente und sich auch dort wie heute um Kranke und Verletzte kümmerte. Seinen frommen Wunsch keinen weiteren Krieg erleben zu wollen, teilte ich nur bedingt. Natürlich war ich nicht erpicht darauf, hielt es aber für realistischer, dass es doch noch einmal dazu käme. Außerdem interessierte es mich nur am Rande, was mit der Menschheit geschehen würde. Wir Yokai mussten uns schließlich nicht unbedingt in die Belange der Menschen einmischen, sollten die sich doch gegenseitig umbringen. Natürlich könnten ihre Waffen auch uns schaden, aber es gab noch genügend Möglichkeiten einem nahenden Krieg zu entfliehen. Auch von den letzten beiden Kriegen hatte ich nur am Rande mitbekommen. Sollte es noch einmal dazu kommen würde ich Siakoh auf keinen Fall ein weiteres Mal sein Leben für andere Geschöpfe riskieren lassen. Helfersyndrom hin oder her. Da könnte er sich noch so querstellen. Ich würde ihn mir schnappen und in meine alte Höhle zurückkehren. Denn dort wären wir sicher. Bis auf wenige vorwitzige Abenteurer, allerdings handelte es sich bei diesen meist nicht um Menschen, hatte sich dort rund 350 Jahre lang niemand blicken lassen. Als hätte er meine Gedankengänge mitbekommen, fragte mein kleiner Prinz mich dann nach meiner Vergangenheit aus, was ich ihm grob zusammenfasste. Ich war immer noch nicht dazu bereit von mir aus, mehr preiszugeben, als nötig und zunächst hatte das kleine Angstvögelchen eine andere Sorge, die ich ihm aber schnell nehmen konnte. Wobei er mir im darauffolgenden, verbalen Schlagabtausch einen wohligen Schauer über den Rücken schickte, als er betonte, wie heiß er mich fände. Als wir dann auf unsere Alter zu sprechen kamen, überraschte mich mein kleiner Prinz ein wenig. Er war wortwörtlich und im übertragenen Sinn mein KLEINER Prinz, was er mit außergewöhnlicher Präzision beantworten konnte. Es war mir nicht bewusst, dass andere Yokai als die, in der Moderne geborenen, ihr Geburtsdaten kannten. Auch bei Siakoh schien es mehr ein ausgesuchtes, als tatsächliches Datum zu sein. Aber immerhin wusste ich nun, dass mein Vögelchen bald seinen Schlüpftag feiern würde. War es meine Aufgabe als Freund dafür zu sorgen, dass dieser Tag unvergesslich für ihn würde? Wie hatte er wohl die letzten Jahre gefeiert? Mit Yosuke? Mein Prinzchen störte meine Gedankengänge, weil er wissen wollte, wann ich denn Geburtstag hätte. Etwas, dass mir völlig absurd vorkam und ich eigentlich auch schnell abwimmeln wollte. Es hatte sich schließlich noch nie jemand über meine Geburt gefreut. Mí padre, sagte mir zwar manchmal, dass er sehr froh war, mich gefunden zu haben, aber das war nun wirklich schon lange her. Gerade mal 50 Jahre war ich alt, als er seine letzten Worte an mich richtete, meine Hand ergriff und… nein… das gehört nun nicht hier hin. Ich seufzte und lenkte mich und ihn mit der Frage ab, ob er seinen Dschungel nicht manchmal vermisste, so wie ich es tat. Er beantwortete meine Frage zwar, doch ich spürte, dass dies auch kein schönes Thema für ihn war und so ging ich nur zu gerne auf seine Ablenkung ein. Wir neckten und liebkosten uns und meine Lust war nicht nur vollständig wieder da, sondern hatte sich durch den vielen, intensiven Hautkontakt noch gesteigert. Sodass sich auch meine Gier wieder deutlicher bemerkbar machte und ich mein Vögelchen dieses Mal am liebsten wieder ohne Rücksicht auf Verluste um den Verstand vögeln wollte. Aber dies nicht ohne zu fragen zu tun, hatte mich die Zeit der Abstinenz nur allzu schmerzlich gelehrt. Ein Teil von mir, machte sich über mich lustig und rollte die Augen ob meiner Zahmheit, aber diesen brachte ich mit einem innerlichen Knurren zum Schweigen und fragte mein Vögelchen, nach seiner Stimmung. Hart, aber zärtlich, war seine Aufgabe. Also fing ich mit sanftem Vorspiel an, um den eigentlichen Akt nur umso härter zu vollziehen und uns beide in höchste Ekstase zu bringen. Einen kleinen Schock versetzte er mir mit der Androhung, dass er mich auch mal nehmen wolle. Er konnte es ja nicht wissen, aber dies hatte ich noch nie zugelassen. Um meine Unsicherheit diesbezüglich zu überspielen, stieß ich ihn noch heftiger. Mein Vögelchen würde heute keine Gelegenheit dazubekommen, dieses Thema noch einmal aufzubringen. Dies versprach ich ihm und mir. Keuchend und stöhnend verausgabten wir uns beide und als ich gekommen und wieder im Kuschelmodus war, rutschte mir ein selten dämlicher Satz raus: „Das war zart-hart.“ Mein kleiner Prinz machte sich noch darüber lustig und bezeichnete mich als süß. Das schrie regelrecht nach Rache, welche ich ihm auch unmittelbar in Form von eiskaltem Wasser aus der Brause zukommen ließ. Sein „Nein“ ging im nächsten Moment in ein fast mädchenhaftes Kreischen über und er brachte mich zum Lachen, als er versuchte an die Brause zu gelangen, die ich allerdings hoch über seinen Kopf hielt, wo er auf Grund seine kleineren Körpergröße nicht drankam. Er sprang aus der Wanne und brachte sich so in Sicherheit. „Ist mein kleiner Prinz also ein feiges Hühnchen?!“, zog ich ihn noch zusätzliches auf. „Püh! Du bist ein Arsch!“, kam es patzig zurück und er verschränkte die Arme und bibberte schmollend vor sich hin. „Ich dachte, ich wäre süß?!“, ärgerte ich ihn weiter, verließ die Wanne ebenfalls und breitete meine Arme mit einem großen Duschtuch darin aus. „Na komm schon her, du nacktes Hühnchen! Dann heiz ich dir wieder ein bisschen ein.“ Er zierte sich jedoch und drehte mir demonstrativ den Rücken zu. Da ich aber zwischen ihm und den Handtüchern stand, konnte er nicht viel anderes tun. Ich ging also zu ihm, umschloss ihn mit den Armen und wickelte ihn in ein Tuch. Anschließend rubbelte ich ihm über den Frotteestoff, bis sich seine Haut schon rot färben musste. Ganz zum Schluss rubbelte ich eine bestimmte Stelle besonders aufmerksam und es zeigte die gewünschte Wirkung. Der kleine Schmollprinz drehte sich zu mir, weshalb ich vor ihm auf die Knie sank und den Kopf leicht schief in den Nacken legte, während meine Hände sich langsam von unten seine Beine hinaufschoben. „Verzeiht mein ungebührliches Verhalten, Eure Hoheit!“ „Nenn mich nicht so!“ „Okay, kleiner Zwischensnack!“, grinste ich frech von unten herauf, während meine Hände ihr Ziel gefunden hatten und fest, aber sanft mit seinen Genitalien spielten und mein Gesicht sich Stück für Stück der gleichen Stelle näherte. Er stöhnte auf, griff in mein Haar und zog den Kopf schneller an sich. Ich öffnete meine Lippen und verwöhnte ihn mit ausgiebigen Zungenschlägen und intensivem Saugen. Die gleichzeitige Massage seiner anderen empfindlichen Stellen, brachte mein Vögelchen schnell zum Fliegen und er gab mir den gewünschten Imbiss. Die Lippen leckend erhob ich mich wieder und strich meinem Vögelchen eine Strähne hinters Ohr. „Alles wieder gut?“ „Du kämpfst unfair!“, maulte er, kuschelte sich aber an meinen Arm. Ich entzog ihm das Handtuch und führte ihn zurück ins Schlafzimmer. Die Heizung hatte die Höhle bereits kuschlig erwärmt, also legten wir uns einfach nackt aufs Bett. Ich streifte mir mein, auf dem Nachttisch liegendes, Kreuz über und zog ihn an meine Brust. Das Kuscheln und der Körperkontakt Haut an Haut waren einfach wunderbar. Ich vergrub meine Nase in seinem Haar und ließ mich von seinem Duft benebeln. „Darf ich dir noch ein paar Fragen stellen?“, fragte Sia, während er zärtlich Kreise auf meiner Brust zeichnete und immer wieder mit meinem Anhänger spielte. „Du darfst mich alles fragen, aber ich möchte ehrlich sein und hoffe du akzeptierst es, wenn es Dinge gibt, die ich nicht beantworten kann. Irgendwann sollst du alles von mir wissen, aber ich bin nicht so gut, wie du vielleicht denkst. Und…ähehäm…“, räusperte ich mich. „Und was?“, fragte er neugierig, aber nicht zu drängend. Er schien zu spüren, dass es mir schwerfiel weiterzusprechen. „Ich habe Angst, dass du gehst, wenn du meine Sünden kennst“, wisperte ich kaum verständlich. „Das würde ich nicht! Nichts was du tun könntest, würde mich dazu bringen, dir einfach den Rücken zuzukehren“, begehrte er auf, sah mir in die Augen und gab mir einen bekräftigenden Kuss. „Gibst du mir noch etwas Zeit?“, bat ich ihn. „Wenn du mir ein paar Fragen jetzt beantwortest“, war seine Antwort. „Frag. Ich werde antworten, wenn ich kann“, erwiderte ich. „Wieso legst du dein Kreuz immer ab, bevor du mit mir schläfst?“ „Ich begehe eine Sünde und das Kreuz soll nicht weiter besudelt werden. Es ist meine Verbindung zu meinem Vater und Gott. Meine Möglichkeit, Absolution zu erlangen und meine Seele zu retten.“ „Weil wir nicht verheiratet sind?“, fragte mein kleiner, naiver Prinz. „Nein“, lachte ich schnaubend. „Weil ein Mann nicht bei einem anderen Mann liegen sollte. Aber ich kann dir einfach nicht widerstehen. Ich bin schwach!“ „Soso, du hast also eine Schwäche für mich?!“, schenkte mir mein kleiner Prinz sein strahlendstes Lächeln. „Dann bin ich dein erster Mann?“ „Nein, bei weitem nicht. Allerdings bist du der Erste, bei dem ich mich nicht schuldig fühle. Mit dir fühlt es sich richtig an, obwohl es Sünde ist. Darf ich dir auch eine Frage stellen?“ „Klar, was willst du wissen?“ „Bei deiner Vergangenheit mit der Bar und so, da hattest du doch sicher schon eine Menge Liebhaber, oder? Hattest du auch mal was mit einer Frau?“ „Ja und nein“, antworte er und ich hob fragend die Augenbraue. „Ja, ich hatte viele und nein, ich hatte nie was mit einer Frau. Das Verlangen danach hatte ich nie. Erinnerst du dich an deine erste Mahlzeit? Wie war das für dich? Wie ist das allgemein für dich? Einfach als würdest du anderes essen oder ist das irgendwie besonders?“, bestürmte er mich mit einer Flut von Fragen, die das kurze Stechen, das der Gedanken an meinen bei einem anderen liegenden Prinzen auslöste, hinwegspülte. „An meine erste, „normale“ Nahrung erinnere ich mich nicht. Mein Vater wusste nicht wirklich, was ich war und versorgte mich daher, wie man ein menschliches Kind füttern würde. Aber du meinst bestimmt, mein erstes Blutmahl, oder? Das ist eine von den Sachen, die mir schwerfallen zu erzählen…“ „Bitte! Ich verurteile dich auch nicht. Du kannst ja nicht anders, es liegt in deiner Natur.“ „Mhmm… Also schön, aber ich muss dafür etwas ausholen: Mein Vater starb, als ich etwa 50 Jahre war und so allein auf mich gestellt, musste ich mich auch selbst versorgen. Dabei unternahm ich immer längere Streifzüge und begegnete einer Gruppe anderer Komori-Yokai. Genau genommen erst einem Mädchen. Dieses hockte an einem Wasserloch und wusch sich. Sie war hübsch, hatte niedliche Zöpfe und schönes, glänzend schwarzes Haar. Ich ging auf sie zu und wollte ihr Hallo sagen, doch sie sah mich und schrie: „FANTASMAAA!!“ So dass ein paar Jungs ankamen, mich beschimpften und mich mit Stöcken und Steinen bewarfen. Ich zog mich zurück, blieb aber in der Nähe, um zu lernen. Einmal gingen sie auf Jagd und überwältigten einen Paka-Yokai. Sie ritzten seine Haut überall auf und leckten das fließende Blut. Der Geruch überwältigte mich. Ich zitterte vor Hunger und wäre am liebsten zu den anderen gestürzt, um es ihnen gleich zu tun, aber mein Instinkt hielt mich zurück. So beobachtete ich, wie sie ihr Opfer einfach liegen ließen und weiterliefen. Sein Herz schlug flach, aber regelmäßig, also lief auch ich weiter, verlor sie aus den Augen, entdeckte aber eine Siedlung der Menschen. Ich wusste Menschen sind schwach, einen Menschen konnte ich auch allein festhalten. In dem Haus, dass mir am nächsten Stand, war ein geöffnetes Fenster… Ich… spürte die Wärme des pulsierenden Blutes mit meinen Komori-Sinnen und war wie… ferngesteuert. Rein, ans Bett und die Zähne in das schlafende Kind. Immer und immer wieder stieß ich meine Zähne in sie und leckte, saugte und trank ihr Blut… Den Anblick werde ich nie vergessen… Ihre schwarzen Haare, die Haut fast so blass, wie meine eigene… Sie rührte sich nicht mehr… Das Pulsieren hatte aufgehört… Sie war… gestorben… Ich… habe… sie… umgebracht… Ich floh aus dem Haus und zurück in den Schutz der Bäume, wo ich zusammenbrach, mich übergab und liegen blieb…“, erzählte ich, wobei meine Stimme immer brüchiger und leiser wurde und ich meine Krallen krampfhaft in meinem Bettlaken vergrub, um ihm nicht wehzutun. Was würde er nun denken? Ich hatte getötet! Ein unschuldiges Kind. Würde er dennoch bei mir bleiben? Kapitel 25: Füttern (Siakoh) ---------------------------- 25 Füttern (Siakoh) Die weiteren Fragen, die wir einander stellten, gingen von Sexualerfahrungen, von denen wir beide genug vorweisen konnten, zu einem der Themen die Alejandro nicht besprechen wollte. Sein Gelübde zum Christentum war der Grund, warum er das Kreuz um seinen Hals ablegte, wenn wir unsere Leidenschaft teilten. Es machte mich jedoch sehr glücklich, dass er sagte, dass es mit mir anders war. Dass er sich dabei gut und nicht sündig fühlte. Doch mein vorlautes Verhalten, unbedacht und vorschnell, brachte ihn dazu, mir mehr über seinen Blutdurst zu verraten. Eigentlich wollte ich nur wissen, wie es so war, aus Neugier und weil ich ihn so gut es ging versorgen wollte. Nie mehr sollte er auch nur einen Gedanken daran verschwenden, sich irgendwo anders zu bedienen. Ich war der Einzige! Dieser Gedanke verschreckte mich kurz. Ich nahm das alles wieder viel zu ernst! Aber ich wusste auch warum. Es fühlte sich gut an. Ich empfand etwas Starkes, Berauschendes und Leidenschaftliches für Alejandro. Ich wollte ihn ganz für mich. Auch als er mir etwas Schreckliches offenbarte, seinen ersten richtigen Blutrausch beschrieb, ließ sich das Gefühl für diesen Mann nicht umstoßen. Er hatte getötet. Ein unschuldiges, schlafendes Kind. Das Gesicht des kleinen Mädchens, welches in dem Dorf gelebt und in meinen Armen gestorben war, als ich mein Heimatdorf verlassen hatte, glimmte auf. Wegen ihr hatte ich den Drang gehabt mich der Medizin zu widmen und anderen zu helfen. Ein Instinkt, der unerwartet stark in mir verborgen gewesen war und mir nun auch Alejandro in mein Leben gebracht hatte. Seine roten Augen sahen wartend auf mich herab, als ich mich langsam aufstütze, um näher an sein Gesicht zu kommen. Ich forschte in seinen Augen, die immer nervöser wurden. So wie sein Herz, welches immer schneller schlug. „Das klingt nach einem einschneidenden Erlebnis“, begann ich auf seine Erzählung zu antworten, nachdem die ein unangenehmes Schweigen ausgelöst hatte. Alejandro starrte mich förmlich an und sein Kiefer spannte sich fest an. Er wartete auf mehr, also versuchte ich mein Bestes: „Ich kann mir vorstellen, dass dies eines der Themen ist, vor denen zu Angst hattest es mir zu erzählen.“ „Wirst du nun gehen?“, fragte er angespannt. Ich verzog die Augenbrauen. „Nein. Ich bleibe hier.“ „Aber es war ein kleines Kind. Ich habe getötet und..“, versuchte er mir die Tragweite klar zu machen. Ich legte den Finger auf seinen Mund. Zugegeben musste ich gestehen, dass es unheimlich war. Alejandro war ein Mörder. Aber er war nicht der erste, der mir über den Weg lief, dem ich mich hingab. Im Krieg waren wir alle Mörder gewesen. Auch ich hatte nicht jeden retten können. Diese Schande lag ebenso schwer auf meinen Schultern, doch war es nicht sein Gott, der diese Sünde vergab? Alejandro hatte Hunger und weder Wissen noch Erfahrung gehabt. Er war selbst ein Kind, verstoßen und ganz allein, nachdem sein Ziehvater gestorben war. Woher hätte er wissen sollen, was passierte, wenn er die Kontrolle verlor? „Es ist mir egal, was in deiner Vergangenheit war. All das hat dich zu mir gebracht und das allein ist mir wichtig“, versicherte ich und sah wie seine Augenlider sich weiteten. Er schien überrascht, beinahe wie erstarrt. Konnte er es mir nicht glauben? Ich entschied der Verwunderung nachzugehen: „Außerdem tust du das doch jetzt nicht mehr, oder?“ Er schüttelte den Kopf, wodurch ich den Finger von seinen Lippen nahm und ihn antworten ließ: „Nein. Es war das erste und letzte Mal. Danach waren es immer nur Yokai. Da wusste ich, dass sie es aushalten konnten.“ „Siehst du“, lächelte ich und rückte noch ein wenig näher an ihn heran. Seine Haut fühlte sich unglaublich an meinem Körper an. Diese Zärtlichkeit war schon fast unwirklich, auch wenn das Thema so gegensätzlich war. „Du hast daraus gelernt und nun... hast du mich.“ „Hast du denn gar keine Angst?“, fragte er und hob seine Hand an meine Wange. Ich legte den Kopf hinein und lehnte die Stirn an seine. „Dass ich die Kontrolle verliere?“ „Niemals“, versprach ich und grinste dann. „Ich weiß mich zu wehren.“ „Ach ja?“, wollte er wissen und ich führte ihm daraufhin die Hand auf den Bauch. „Ich denke schon. Du magst es viel zu gern, mich hart ranzunehmen.“ „Heftiges Argument, mein kleiner Prinz“, schmunzelte er und wir küssten uns sanft. Seine Arme umschlangen mich und ich schob mich auf seinen Körper, wollte den maximalen Körperkontakt. Natürlich blieb das nicht ohne Folgen, doch diesmal sollte es nicht dazu kommen. Unsere Gespräche endeten viel zu oft in Sex. Wir waren mehr und auch wenn es unglaublich war, so wollte ich noch viele andere Momente mit ihm erleben. Unsere Lippen lösten sich langsam, fast qualvoll, als ich zwischen seinen Lippen eine weitere Frage stellte: „Was wollen wir als nächstes machen?“ „Willst du das nun jedes Mal vorher festlegen? Für so jemanden hätte ich dich gar nicht gehalten“, raunte er und ich spürte seine Hände an meinem Hintern. „Das meinte ich nicht!“, rollte ich die Augen, ließ ihn aber machen. Seine Finger brannten sich einen warmen, elektrisierenden Weg über meine Haut. „Ich sprach von Dates.“ „Dates? Du willst noch mehr?“ „Dachtest du, eines würde genügen?“, fragte ich skeptisch. „Es hat dich in mein Bett gebracht“, grinste er und ich schob mich beleidigt von ihm. Er reagierte jedoch und zog mich zurück, presste mich an seinen Körper. „Nicht noch einmal den beleidigten Prinzen!“ „Du hast mich noch nie beleidigt erlebt“, sagte ich verheißungsvoll und legte die Hände an seine Brust. Unsere Nasenspitzen waren sich wieder sehr nah. „Ich würde dir gerne noch mehr schöne Abende bescheren.“ „Du mir?“, fragte er verwundert. „Allein, dass du bei mir bist, bereitet mir schöne Tage.“ „Du Süßholzraspler“, schnurrte ich und bekam einen kurzen Angriff. Alejandro schoss vor, küsste mich und schaffte es, mich herumzuschleudern, Sodass ich unter ihm lag. Dort tackerte er meine Hände ins Laken und legte sich zwischen meinen Beinen ab. „Hey!“ „Du nennst mich viel zu oft süß. Ich sollte diesen Irrglauben wohl zerstreuen“, raunte er an meinen Hals. „Bitte, mein Süßer!“, setze ich einen drauf. „Lass uns noch ein paar Dates haben“ Er küsse meinen Hals. Direkt über der Halsschlagader, an der ich meinen Puls an seinen Lippen schlagen spürte. „Wenn du dir einen anderen Namen für mich ausdenkst“, setze er eine Bedienung. Ich ging sie ein. „Ich denke mir einen aus!“ So verblieben wir und ich lud ihn für genau eine Woche später zu mir nach Hause ein. Doch hätte ich geahnt, dass meine Gefühle mich schon ab der ersten Minute, nachdem ich seine Lippen ein letztes Mal geküsst hatte, solch ein Ausmaß annehmen würde, hätte ich ihn für den nächsten Tag eingeladen. Die Minuten schienen die doppelte Länge anzunehmen und selbst die Arbeit lenkte mich kaum ab. Yosuke hatte mir sofort aufdringlich klar gemacht, dass er meine Nachricht richtig verstanden hatte und freute sich für „uns“. Allein dieses Wort sendete einen Schauer über meinen Rücken. Dabei hatten wir gar nicht genau besprochen, ob wir nun ein Paar waren oder nicht. Das würde ich ihn fragen, sobald wir uns wiedersehen konnten. Alejandro arbeitete heute ebenso wie ich und antwortete nicht auf meine Nachricht. Ich hatte ihn gefragt, ob er schon unterwegs war. Der Kunde wollte ihn erst spät treffen und da ich heute wieder Nachtschicht hatte, saß ich in einer gedämmten Umgebung, vor meinen Unterlagen und lauschte ausschließlich der Stille. Die Patienten, die heute da waren, waren ein Säugling und deren Mutter. Die menschliche Mutter hatte eine schwere Geburt gehabt und war vollkommen entkräftet. Selbst Kusuri hatte dies zugesetzt, doch er konnte beide retten. Nun brauchte es nur etwas Zeit und Ruhe. Seufzend setze ich mich wieder an meine Unterlagen und tippte einen kleinen Versorgungsbericht in den Computer ein. Er war sicher schon beschäftigt und würde mir antworten, wenn es passte. Das Gemurmel eines frischen Erdenbewohners, erweckte wenige Minuten später meine Aufmerksamkeit. Mit einem Blick auf die Uhr wusste ich, dass er bereits wieder Hunger haben würde. Die Mutter schlief und sollte es auch weiterhin. Somit schob ich den Stuhl zurück, schwang mich auf und schaltete im Vorbeigehen den kleinen Flaschenwärmer in der Küche ein. Danach ging ich zum Zimmer, in dem das kleine Mädchen gerade anfing, den ersten Schluchzer zu bilden. „Schhh… Ganz ruhig“, beruhigte ich es, als ich es vorsichtig aus dem Beistellbett nahm und an meine Schulter legte. Die Mutter öffnete müde die Augen und sah zu mir. „Ich füttere sie schnell. Schlafen Sie ruhig weiter“, versprach ich und sah wie sie verunsichert in meine Augen blickte. „Geht ganz schnell. Dann bringe ich die Kleine wieder.“ Mit einem kleinen Nicken ließ sie mich gewähren und so verließ ich den Raum. In der Küche entnahm ich die vorbereitete warme Flüssigkeit und gab Säuglingspulver dazu. Das Kleine war recht umgänglich und ließ mir die Zeit alles vorzubereiten, bevor ich mich in einem Sessel niederließ und eine Decke unter meinen Arm und um das Baby legte und begann es zu füttern. Schmatzend saugte das kleine an der Flasche und brachte mich zum Lächeln. Das Vibrieren meines Smartphones riss mich kurzzeitig aus der Beobachtung und ich hoffte, dass es Alejandro war. Leider hatte ich es nicht mitgenommen und musste mich noch etwas gedulden. Als hätte sie es gewusst, genoss die Kleine die Mahlzeit vollkommen und schlief ab und an dabei ein. Liebevoll seufzend kitzelte ich ihren Fuß, um sie wieder zu wecken und hielt dabei die Flasche aufrecht, als ein Schatten durch den Flur glitt. „Mama dauert es wohl auch schon zu lange“, flüsterte ich dem Baby zu und hob dann den Blick, um ihn auf die junge Frau zu lenken. Doch überrascht riss ich die Augen auf. „Alejandro!“, freute ich mich. „Hey!“, lächelte er und kam auf mich zu. „Ihr zwei?“ „Was machst du denn hier?“, fragte ich und bekam seine Lippen aufgedrückt. Oh, wie gut sie sich anfühlten. Nach fast einer Woche fühlte ich mich wie ausgetrocknet und er war meine Oase in mitten der Wüste. „Ich hatte in der Nähe zu tun und dachte, ich könnte dich besuchen“, wisperte er auf meine Lippen und presste sie wieder auf meine. Er schien ebenso ausgehungert. „Dann ist alles in Ordnung?“, wollte ich wissen und sah in seine rot schimmernden Augen. „Ja. Alles gut“, bestätigte er und sah zu meinen Armen. „Heute Babydienst?“ „Sie ist heute geboren worden.“ „Ein Hanyou“, erfasste er und setze sich vor mir auf den kleinen Tisch. „Genau. Ihre Mama braucht noch etwas Ruhe und deshalb füttere ich sie“, lächelte ich und erfasste, dass die Flasche nun geleert war und das kleine Mädchen auch schon wieder selig schlief. „Ich bringe sie schnell zurück.“ „Ist gut.“ „Wartest du auf mich?“, fragte ich und stand dabei auf. Alejandro tat es gleich und legte seine Hand an meinen Rücken. „Ich bin ja für dich hier“, schmunzelte er und küsste mich noch einmal. Freudig brachte ich die Kleine zurück zu ihrer Mutter, deckte sie zu und kontrollierte eifrig die Flüssigkeitszufuhr der Mutter, sowie die Vitalwerte. Alles war bestens, sodass ich die Tür leise schloss und zurück zu meinem Freund ging. Wenn er denn mein Freund war. Mein Partner? Alejandro saß auf dem Bürostuhl, auf dem ich zuvor gesessen war, bis ich zum Füttern geeilt war. Er schien ruhig, hatte sich angelehnt, die Augen geschlossen und die Hände miteinander verschränkt. „Da bin ich“, flüsterte ich ihm zu und küsste sein Ohr. Sein Arm schob sich um meine Hüfte, zog mich ruckartig auf seinen Schoß und dann öffnete er seine Augen. „Ich hab dich so vermisst“, gestand er und ich erkannte, dass seine Stimme rauer war. „Ich dich auch“, lächelte ich und lehnte mich an ihn. „Aber ich habe das Gefühl, dass bei dir noch mehr dahintersteckt.“ „Was unterstellst du mir da, kleiner Prinz?“, fragte er mürrisch und vergrub seine Hände unter meinem Kittel an meinem Rücken. „Dass du mich gerne befummelst“, stichelte ich und er kam diesem Spruch auffällig nach, indem er seine Hände in den Bund meiner Hose schob. „Sag mal…“, durchbrach er mein Spiel und machte mich neugierig. „Fütterst du heute alle, die hungrig sind?“ „Du hast Hunger?“, fragte ich überrascht und sah ihm in die Augen, deren Blick er nur schwächlich in meinen halten konnte. Er schien sich zu schämen. „Auf was genau?“ „Muss ich es wirklich aussprechen?“, fragte er kleinlaut und griff in meinen Hintern hinein. Ein Schaudern zog sich über meinen Rücken. Es kribbelte. „Irgendwie denke ich an zwei Dinge gleichzeitig“, gab ich zu und legte die Hände an seine Wange, bevor ich ihn küsste und mich eng an ihn drückte. Unsere Zungen trafen aufeinander und begannen einen innigen, leidenschaftlichen Kuss miteinander. Ich genoss es, doch... „Wir können es hier nicht tun.“ „Wer sollte es merken?“, fragte er und küsste mich wieder. „Ich bin im Dienst“, brach ich ab und setze mich auf. „Aber füttern kann ich dich, solltest du an mein Blut denken.“ „Zugegeben, hatte ich gehofft das du dazu bereit wärst?!“, fragte er und zog seine Hände noch immer nicht aus meiner Hose. „Warum sollte ich nicht?“, lächelte ich und streichelte über sein schwarzes Shirt. Das Kreuz hing wie immer dominant zwischen seinen Schlüsselbeinen. „Das haben wir noch nicht geklärt“, murmelte er und brachte mich auf den Gedanken, den ich selbst schon gedacht hatte. Seine Augen fixierten die meinen. „Möchtest du es klären?“, fragte ich ruhig. „Ich weiß es nicht“, seufze er und lehnte den Kopf an den Stuhl. „Dann warte unser Date ab“, gab ich nach und schob meine Arme um seinen Hals, lehnte mich wieder an ihn und legte den Kopf zur Seite. „Und nun stille deinen Hunger.“ „Ich will dich, Siakoh!“, hörte ich seine Stimme an meinem Ohr. „Ich will dein sein“, antwortete ich und spürte meinen heftigen Herzschlag. Würde das nun doch die Definition unserer Zweisamkeit sein? Doch Alejandro antwortete nicht und rieb seine Nase an meinem Hals, bevor er seinen Mund öffnete und ich seine Zähne spürte. Kurz brachte mich der Schmerz zum Zucken, als ich den leichten Rausch spürte und seinem Trunk lauschte. Dabei schloss ich die Augen, entspannte meinen Körper so gut ich konnte, auch wenn seine Hände sich an meinen Hintern pressten. Es war fast schon zärtlich als er über die Wunde leckte und mich an sich drückte. Seine Hände glitten über meinen Rücken und vergruben sich in meinem Haar. „Ich danke dir!“, hauchte er in mein Ohr und küsste auch dies. Danach meinen Kiefer und zum Schluss meine Lippen. „Du bist mein Paradies!“ „Gern“, murmelte ich, genoss mit geschlossenen Augen seine Berührungen. Dass sich allein dies nach knapp einer Woche so anfühlte war unglaublich. Doch ich wollte es wissen. „Antwortest du mir?“ „Du willst es wirklich definieren?“, fragte er heiser und sah mir in die Augen. „Ich will nur wissen, ob das, was ich fühle auch das ist, was du willst“, gestand ich. Das Wimmern des Babys weckte jedoch wieder meinen Sinn der Hilfsbereitschaft. „Moment.“ Eilig ging ich in den Raum und sah nach. Die Mutter hatte sich jedoch schon um das Neugeborene gekümmert und so verließ ich sie nach einem kurzen Gespräch. Mein Blick flog sofort zum Stuhl, auf dem wir gerade gesessen hatten. Aber Alejandro war nicht mehr da. Verwirrt sah ich mich um und ging durch jeden Raum. Perplex stellte ich fest, dass er nirgends zu finden war. „Alejandro?“, rief ich so laut es ging. Doch es tat sich nichts. Beleidigt stampfte ich zu meinem Stuhl, trat ihn in die Ecke und ließ meiner Wut freien Lauf. Was war das nur für eine miese Aktion?! War er wirklich nur hier gewesen, um an mein Blut zu kommen? Ich wollte es nicht glauben! Also ergriff ich mein Smartphone und entsperrte es. Die Nachricht, die zuvor beim Füttern eingetroffen war, war von Alejandro gewesen. Er kündigte an, dass er mich besuchen würde. Doch da war noch eine zweite neuere Nachricht, die mich stocken ließ. „Ich freue mich schon auf unser Date morgen, mí Tesoro.“ Mein Schatz, schwirrten die Worte durch meinen Kopf, während ich die Lebensmittel für das Dinner anordnete, das ich später für Alejandro zubereiten würde. Ein paar Blätterteighappen mit Lachs, Rumpsteak mit Röstkartoffeln und Rosmarin und zum Dessert Schockoladensoufflé. Ich freute mich auf sein Gesicht, wenn er es aß und hatte meine Gewürze schon in kleinere Streuer umgelagert, damit er eine Auswahl hatte, um alles nachzuwürzen. Doch am meisten freute ich mich auf das kleine Tanztraining, welches ich mir für Alejandro ausgedacht hatte. Ein netter, kleiner Walzer würde der perfekte Einstieg in seine Tanzerfahrung werden. Ich hoffte sehr, dass er das Tanzen mochte und wir diese Leidenschaft ebenso teilen konnten, wie unsere körperlichen Vorlieben. Dass er mich nun als „seinen Schatz“ bezeichnete, machte mich glücklich und zuversichtlich. Allerdings fragte ich mich, warum er gestern einfach gegangen war. Hatte ich ihn zu sehr unter Druck gesetzt? Dabei hatte er es doch selbst vorangetrieben. Es war verwirrend. Aber positiv denkend, versuchte ich die wirren Gefühle in mir zu verschließen. Ein letztes Mal kontrollierte ich die Playlist, die ich mühsam herausgesucht hatte und hörte auch schon die Klingel. Mit heftigem Herzschlag sprang ich auf und lief zur Tür. „Ja?“, fragte ich durch die Gegensprechanlage und konnte meinen freudigen Ton kaum kontrollieren. „Ich bin’s!“, hörte ich seine Stimme und grinste breit. Oh, wie sehr ich mich auf ihn freute. „Komm hoch!“, bat ich und drückte den Knopf, um ihm die Tür zu öffnen. Im Spiegel meines Eingangsbereiches kontrollierte ich mein Outfit, drehte mich in meiner engen, blauen Stoffhose und passte den Sitz meiner Hosenträger an. Zusammen mit einem weißen, ärmellosen Shirt rundete das meine Tanzkleidung ab. Ob ich ihm so gefiel? Der Fahrstuhl gab einen kleinen Ton von sich und öffnete sich. Mein Blick flog sofort zu ihm und ich war voller Freude. Auch er sah zu mir und lächelte. „Hey!“, begrüßte ich ihn mit einem Kuss und spürte seine Wärme an mir. „Schön dich zu sehen!“, erwiderte er und umarmte mich. „Ich bin schon sehr gespannt, was du dir ausgedacht hast.“ „Das wird dir sicher Spaß machen“, grinste ich, nahm seine Hand, nachdem er seine Schuhe ausgezogen hatte und gemeinsam gingen wir in mein Wohnzimmer. Hier hatte ich alle Möbel und Pflanzen zur Seite geschoben und mein großer Teppich lag nun frei. Der Bildschirm des Fernsehers leuchtete in gedimmten Farbwechsel. „Ich will dir etwas zeigen.“ „Du willst tanzen?“, fragte er erfassend und legte seinen Mantel auf meiner Sessellehne ab. Er kam mir irgendwie distanziert vor. Hatte ich gestern etwas Falsches getan und seine Nachricht falsch interpretiert? Aber er war ja hier, also musste alles gut sein, oder? „Etwas Walzer, zum Einstieg“, grinste ich und schaltete die Musik ein. Danach stellte ich mich auf und hob die Hände zu Alejandro. Er kam zu mir, gab mir seine Hand und ließ sich von mir führen. „Ich werde den führenden Part einnehmen, versuche einfach zu folgen.“ „Ungewohnte Rollenverteilung“, schmunzelte er und ließ sich von mir in der perfekten Haltung aufstellen. Sein Arm lag auf meinem, welchen ich an seiner Hüfte platziert hatte. Die anderen Arme hoben wir auf Schulterhöhe seitlich zu unserem Körper. „Vielleicht nutzen wir die Gelegenheit später mal“, grinste ich versprechend, sah das kurze Erstarren in seinem Blick und lenkte ihn wieder auf die aktuelle Lage. „Nun merk dir jedoch erstmal die Schritte.“ Ich wartete den Takt des Liedes ab und begann dann einen Schritt zurück im Dreiviertel-Takt zu gehen. Alejandro folgte mir, stolperte jedoch weniger als gedacht und kam ziemlich schnell auf die richtige Schrittfolge. Er beobachtete genau, sah mir irgendwann sogar in die Augen, während wir durch den Raum tanzten. „Du machst das wirklich sehr gut“, staunte ich stolz und wirbelte ihn kreiselnd umher. Doch das war wohl genug und er löste unsere Haltung um sich auf meiner Couch nieder zu lassen. „Schon genug?“ „Reicht das als erstes Training nicht?“, fragte er und hob die Hand zu mir. „Wir können doch noch viele Male miteinander tanzen.“ „Wenn du willst“, gab ich zurück. „Ich werde immer bereit dafür sein.“ „Ja“, wisperte er und ließ mich neben ihm Platz nehmen. Irgendwas war komisch und förderte mein Unbehagen. Die Angst kroch in meiner Gefühlswelt nach oben. War ich zu weit gegangen? Zu aufdringlich? Zu fordernd? „Ist alles in Ordnung, Alejandro?“, fragte ich und sah ihm ins Gesicht. Irgendetwas stimmte hier doch nicht! Ich würde das nun aus ihm herauskriegen. „Ja, kleiner Prinz“, tat er es ab und legte seinen Arm um meine Schulter. „Wenn das so ist… warum bist du dann gestern so schnell weg gewesen?“, fragte ich gerade heraus. Seine Augen blieben ruhig, machten mich irgendwie nervös. Was war nur passiert? Was hatte ich schon wieder falsch gemacht? Bitte Schicksal, sei nicht wieder so mies zu mir. Beruhige dich, Siakoh. Er ist schließlich hier. Das hieß doch, dass er mich wirklich wollte, so wie er es geschrieben hatte. Oder etwa doch nicht? Kapitel 26: Walz goes on (Aljenadro) ~by PoG -------------------------------------------- 26 Walz goes on (Alejandro) by PoG Siakoh gab meinem bangen Herzen sehr schnell wieder Ruhe. Ein wenig überraschend war es schon, dass der das so locker zu nehmen schien. Er sagte, es sei ihm egal, was in der Vergangenheit passiert sei. Dies klang im ersten Moment sehr verlockend und doch nagte das Gefühl an mir, dass seine Zuneigung nicht wirklich mir galt, sondern dem Bild, dass er sich von mir machte. Er kannte nur wenige Puzzlestücke und schien sich dennoch direkt in diese Sache zwischen uns zu stürzen. Eigentlich war das aber doch genau das, was ich wollte. Wieso konnte ich es dann nicht einfach genießen? Mein Vögelchen nannte mich immer wieder süß und auch wenn ich es spielerisch versuchte ihm begreiflich zu machen, dass ich alles andere als das war, so meinte ich es durchaus ernst und hatte Sorge, was passieren würde, wenn er seine rosarote Brille absetzte. Ich schüttelte die düsteren Gedanken ab und genoss den Rest des Tages mit meinem kleinen Prinzen. Erst eine Woche später wollten wir uns wiedersehen. So lange sollte ich es wohl aushalten können. Ich hatte einen neuen Auftrag und sollte ein bestehendes Datenbanksystem optimieren, alle Daten exportieren und eine automatische Sicherung einrichten, die sowohl intern als auch extern Daten sicherte. Da Cloudanbieter, allerdings in rechtlichen Grauzonen arbeiten, musste ein zusätzliches Verschlüsselungssystem eingerichtet werden, da es sich um sensible Informationen eines Pharmakonzerns handelte. Dies und mein Sportprogramm, welches ich wieder täglich absolvierte, hielten mich beschäftigt und auch mein kleiner Prinz hatte zu tun, so dass sich unser Kontakt auf einige wenige Nachrichten am Tag beschränkte. Einer meiner Stammkunden störte meine eingerichtete Arbeitsroutine, indem er um ein dringendes Treffen am nächsten Abend bat. Seufzend blickte ich auf mein Smartphone und wusste nicht direkt, was ich antworten sollte. Es handelte sich um einen jener Kunden, denen ich schon des Öfteren bei nicht ganz legalen Anliegen geholfen hatte. Mal ging es darum Daten verschwinden zu lassen oder auch mal größere Geldbeträge unbemerkt an der Steuer vorbeizuschleusen, ohne dass es nachvollziehbar war, wie es bei einfachen Transfers auf Nummernkonten im Ausland der Fall war. Mit der eigentliche Geldwäsche hatte ich nichts am Hut, ich übernahm lediglich den Transfer des Geldes und hatte dafür ein Programm entwickelt, dass das Geld, in viele kleinere Summen aufteilte und über mehrere Konto schleuste, bis es anschließend wieder in festgelegten Abständen auf dem gewünschten Konto einging. Es wäre auch möglich gewesen, die alles händisch zu machen, aber mein Programm erledigte es gründlicher und deutlich bequemer. Ein Transfer über 10 verschiedene Konten, war so keine Seltenheit, was es für die Behörden nahezu unmöglich machte den Weg nachzuvollziehen, bzw. vor allem durch die geringen, aber nicht auffällig kleinen Summen keine Aufmerksamkeit erregte. Da mein Kunde es dringend machte, aber nicht auf die Bearbeitung noch am selben Tag bestand, ahnte ich bereits, dass es um einen weiteren Transfer gehen würde. Allerdings war es mir ein Rätsel, warum er dafür auf einen persönlichen Kontakt bestand. Meist erledigten wir diese Geschäfte über ein Postfach, in dem ich Anweisungen und Bezahlung vorfand. Ich informierte meinen kleinen Prinzen am nächsten Tag, also darüber, dass er sich nicht sorgen sollte, wenn er erst spät von mir hören würde und erhielt prompt die Antwort, dass er die Nachtschicht haben würde. Gut, dann wäre er beschäftigt und würde sich keine Gedanken machen. Ich wusste nicht, ob Siakoh sich Gedanken darüber machte, mit was genau ich eigentlich mein Geld verdiente, aber bisher hatte er zum Glück nicht gefragt. Ich konnte immer noch nicht einschätzen, wie sehr mein Vögelchen an den Grenzen des Gesetzes hing. Eigentlich wirkte er nicht so, als würde er sich zu Illegalem verleiten lassen, aber auch das Ausleben der Homosexualität und das Führen gewisser Etablissements waren zu früheren Zeiten gegen das Gesetz gewesen und dennoch hatte er beides getan. Auf dem Weg zu meinem Kunden erhielt ich eine Nachricht meines Prinzen, wie sehr er mich vermisste und dass er sich schon so sehr auf morgen freue. Ich hatte leider nicht mehr die Zeit zu antworten, da ich schon knapp dran war. Wieder die Grenzen der Legalität dehnend, kam ich gerade noch pünktlich an dem Restaurant an, dessen Séparée der bevorzugte Treffpunkt meines Klienten war. Ich parkte meine Kleine direkt vor dem Hintereingang und verschaffte mir durch das übliche Klopfzeichen Einlass. Im Gehen entledigte ich mich meines Helms und der Handschuhe und fuhr mir einmal mit den Fingern kämmend durch das Haar, während ich gleichzeitig den Kopf schüttelte. Auch wenn dies keiner meiner Kunden war, bei dem ich manierlich und gestriegelt ankommen musste, ein Mindestmaß an Ordnung gehörte auch für ihn zu einem respektvollen Umgang. Ein kurzer Blick auf die Spiegelung in der Glasscheibe eines Bildes ließ mich zufrieden grinsen. Meine schwarze Lederkombi hatte ich geöffnet, trug die Jacke lässig über der Schulter und der ebenfalls schwarze Rollkragenpullover schmiegte sich eng um meinen Oberkörper und betonte so meine muskulöse, athletische Figur. Ich sah heiß aus und wusste, dass dieses kleine Zugeständnis an meinen Kunden, den alten Sack wieder dazu bringen würde mich besonders fürstlich zu entlohnen. Er genoss es mit mir zu spielen und die auffällig häufigen, „zufälligen“ Berührungen, die er mir immer wieder zukommen ließ, hatten mir schon so manchen Schauer über den Rücken gejagt. Keinen erregten, versteht sich. Aber ich ließ ihn gewähren, brachte diese „Gefälligkeit“ doch den positiven Nebeneffekt mit sich, dass sich der alte Schmierlappen stets großzügig mit hochwertigen Blutkonserven bei mir bedankte. Darauf wäre ich nun nicht mehr angewiesen. Ich freute mich schon darauf das Walross in seine Schranken zu weisen. Ich würde es mir natürlich nicht völlig mit ihm verscherzen, aber seine Flossen hatte er ab jetzt bei sich zu behalten. Kurz legte ich meine Hand auf die Stelle des Pullis unter der sich mein Kreuz abzeichnete. Mí padre, freust du dich für mich, auch wenn ich ein Sünder bin?! Die strahlenden, zitronengelben Augen meines Paradiesvogels zeigten sich vor meinem inneren Auge und ich musste unwillkürlich lächeln. Er fehlte mir. Sein Körper, sein Geruch und sein Geschmack. Bei dem Gedanken an letzteres zog sich mein Magen zusammen und ließ ein Knurren verlauten. Es war an der Zeit für eine weitere Mahlzeit, wenn ich nicht Gefahr laufen wollte, dass die Gier wieder die Kontrolle übernähme. Vielleicht sollte ich meinem Vögelchen die Nachtschicht etwas versüßen?! Die Klinik läge eh auf dem Heimweg. „Ahhh, Alejandro, mein Bester!“, drang das tiefe, gedehnte Brummen meines Klienten an mein Ohr und sogleich spürte ich seinen feuchten, heißen Atem auf der Wange, als er mich zur Begrüßung an sich zog und mir ganz nach Pariser Manier drei Wangenküsse aufdrückte. Eine Attitüde, die sich der alte Mann angewöhnt hatte, um seinem Auftreten einen weltmännischen Anschein zu verleihen. „Schön, dass man dich mal wiedersieht. Das letzte Mal ist schon wieder viel zu lange her. Aber du kennst das ja. Die Geschäfte… Immer gibt es irgendetwas um das sich gekümmert werden muss und bei den ganzen Idioten, die mich umgeben, muss man es am Ende doch selbst erledigen“, seufzte er theatralisch. „Nur auf dich ist wie immer Verlass, mein Lieber.“ Während er das sagte, schob er mich in Richtung eines Tisches mit Sitzkissen und wollte die Gelegenheit nutzen, seine Hand versehentlich über meinen Rücken auf meinen Arsch zu schieben, was ich mit einer galanten Drehung meines Körpers aus seiner halben Umarmung heraus, zu verhindern wusste. Ich lächelte ihn unverbindlich charmant an, wobei mir jedoch nicht entging, dass mein Gegenüber kurz skeptisch eine Augenbraue nach oben zog. Ehe er sich wieder gefangen hatte. „Setz dich doch, mein Bester. Und dann lass uns etwas Gutes trinken. Ich habe da einen besonderen Tropfen für dich. Ich denke er dürfte nach deinem Geschmack sein. Ein junger Usagi-Yokai“, lächelte er mich breit an, wobei seine Augen hinterhältig blitzten. „Vielen Dank, werter Kaiyomoto-sama, aber ich muss ablehnen. Gegen einen Sake hätte ich allerdings nichts“, erteilte ich ihm eine Abfuhr und bot gleichzeitig die Möglichkeit nicht rüde zu erscheinen. Diese japanischen Umgangsformen, waren auch nach all den Jahren immer noch anstrengend und ein weiterer Grund, warum ich mir einen Beruf mit wenig Personenkontakt ausgesucht hatte. „Oh… Wie kommt das? Ich hörte doch deinen Magen laut und deutlich nach einer Mahlzeit verlangen. Sag bloß, das hat etwas mit diesem ominösen Gesichtsausdruck und deiner geistigen Abwesenheit bei deinem Eintreten zu tun?“, fragte er süffisant grinsend, nachdem er einem Kellner signalisierte uns das Gewünschte zu bringen und beugte sich gleichzeitig ein wenig vor, wodurch er seine Neugier verriet. „Ich war nur in Gedanken… und habe neuerdings einen etwas speziellen Geschmack entwickelt“, erwiderte ich ausweichend und versuchte das Thema zu wechseln. „Sagt, Kaiyomoto-sama, was ist der Anlass für dieses Treffen? Der Auftrag, den Ihr für mich habt, scheint ja nicht durch die üblichen Formalitäten händelbar zu sein.“ „Mein altes Herz sehnte sich einfach nach deiner erfrischend jugendlichen Erscheinung und kompetenter Konversation, als es mit den Speichelleckern um mich herum möglich ist.“ „Das ist zweifellos ebenso schmeichelhaft, wie nicht die vollständige Wahrheit.“ „Du hast mich ertappt. Aber ich möchte gerne so lange wie möglich in den Genuss deiner Gesellschaft kommen“, grinste das Walross und ergriff meine unbedacht auf dem Tisch liegende Hand. Seine fleischigen Finger umschlossen schwitzig die meinen und ich musste mich zusammenreißen sie nicht ruckartig wegzureißen und ihm dabei womöglich den ein oder anderen Finger zu brechen. „Leider muss ich das Vergnügen heute kurzhalten. Ich habe noch eine Verabredung“, lächelte ich entschuldigend und zog meine Hand zurück. „So, so. Eine Verabredung also. Dann lag ich also mit meiner Vermutung richtig, dass hinter deinem veränderten Auftreten jemand besonderes dahintersteckt… Wer ist es, der dich so kalt gegenüber deinem alten Freund werden lässt?!“, fragte er mich schief anblickend, den Kopf auf die mächtigen Hände gebettet. „Das spielt keine Rolle und ich bin doch nicht anders. Das Treffen kam einfach recht kurzfristig und ich habe das frische Blut schon immer den Konserven vorgezogen“, verfiel ich errötend in Verteidigung und gab damit wohl mehr preis als das ich verbarg. Ein wissendes Lächeln bekleidete das Gesicht meines Gegenübers. „Wie süß, der kleine Flattermann hat sich verliebt. Das wurde aber auch mal Zeit, mein Bester. Pass nur auf, dass du deine Prioritäten nicht aus den Augen verlierst. Der Zeitpunkt deines amourösen Erwachens ist etwas ungünstig. Ich benötige deine Fähigkeiten für etwas, dass deine höchste Aufmerksamkeit erfordert“, kam er nun endlich zur Sache und erregte gleichzeitig meine Wut. Was bildete sich dieser alte Fettsack eigentlich ein?! Als wäre ich ein dummer Schuljunge, der auf Grund einer kleinen Schwärmerei den Kopf verlieren würde. Ich war immer noch professionell und hatte mich vollkommen unter Kontrolle. „Wenn Ihr aufhören würdet, so ein Geheimnis um die Sache zu machen, dann könnte ich mich umgehen darum kümmern.“ „Ich kenne ein paar Leute, die deine speziellen Fähigkeiten benötigen, etwas Geld verschwinden zu lassen.“ „Okay und warum das Treffen? Das unterscheidet sich doch lediglich darin von den anderen, dass Ihr nur Mittelsmann und nicht Auftraggeber seid.“ „Diese Leute sind nicht sehr vertrauensselig. Ihre Geschäfte erfordern allerhöchste Diskretion. Sie wollen sich morgen Abend mit dir treffen, um die Details persönlich zu besprechen und sich ein Bild von dir machen zu können.“ „Ich kann morgen Abend nicht…“ „Alejandro, sei nicht dumm… Du bekämst mit einem Schlag so viel Geld, dass du dir diesen Wagen kaufen könntest, von dem du mir immer so vorschwärmst. Dein kleiner Spatz, wird das schon verkraften einmal auf dich zu verzichten.“ „Was sind das für Leute, die mir unaufgefordert ein so großzügiges Honorar offerieren? Wo ist der Haken?“ „Kein Haken. Nur eine Branche, die höchste Sensibilität und Verschwiegenheit erfordert.“ „Kein heißer Brei, bitte. Was machen diese Leute?“ „Pornographie…“ „Und?“ Das konnte nicht alles gewesen sein. Deshalb würde niemand so freigiebig sein und einem IT-ler so viel Geld geben, nur damit er den Fiskus umgehen könnte. „… mit Kindern.“ Ich schluckte, wusste warum Kaiyomoto MICH für DIESEN Job empfohlen hatte. Ich hatte in der Vergangenheit bewiesen, dass mein moralischer Kompass anders tickte als bei den meisten. Ich hatte nur selten Mitleid. War der Meinung, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied war. Zeigte mich nach Außen, meist als abgefucktes Arschloch, dass nichts erschüttern konnte, auch wenn es in meinem Inneren längst nicht immer so aussah. Kinder waren eine andere Sache. Kinder konnten nichts für ihr Schicksal. Wollte ich solche Leute unterstützen? Andererseits verlangten sie nichts, was ich nicht schon tausend Male getan hatte. Das Geld war definitiv ein Argument. Außerdem nagten Kaiyomotos Worte immer noch an mir. Hatte ich mich so verändert? Hatten sich meine Prioritäten verschoben? War ich immer noch ich selbst oder verformte ich mich in der Wärme, die mein kleiner Prinz in mir auslöste, wie eine Wachsfigur? „Ich überleg’s mir! Schickt mir die Daten“, war alles was ich hervorbrachte, ehe ich mich ruckartig erhob. Ich musste hier raus. Ich hatte Hunger, wollte mich in der Geborgenheit meines Vögelchens verbergen und gleichzeitig verfluchte ich mich dafür, dass ich meine Deckung soweit hatte fallen lassen. Selbst Außenstehende sahen anscheinend, wie es in meinem Inneren aussah. Das war nicht ich. Das war nicht gut, oder? „ALEJANDRO, ich habe mich sehr weit für dich aus dem Fenster gelehnt. Enttäusche mich nicht!“, dröhnte die Stimme meines langjährigen Kunden hinter mir her. Ich musste zu Siakoh, mich überzeugen, dass das zwischen uns richtig war, dass es das wert war. Also schrieb ich ihm, dass ich zu ihm käme. In der Klinik angekommen fand ich meinen Prinzen mit einem Baby auf dem Arm vor. Er war zärtlich im Umgang mit dem kleinen Hanyou-Mädchen. Ich ließ mich seufzend auf den Stuhl fallen, als er die Kleine zurück zu ihrer Mama brachte. Er wäre sicher entsetzt, wenn er über den neuen Auftrag Bescheid wüsste. Sollte ich ihn also ablehnen? Was würde ich tun, wenn das Vögelchen nicht in mein Leben geflattert wäre? Würde ich dann auch nur eine Sekunde zögern? Ich war mir unsicher, aber mit der Rückkehr meines Prinzen verdrängte ich diese Gedanken und konzentrierte mich wieder auf ihn. Er tat mir den Gefallen, mich trinken zu lassen und wir tauschten einige Zärtlichkeiten, bis er mich mit der Bitte um Festlegung unseres Beziehungsstatus aus dem Konzept brachte. In einer Beziehung sollte man doch alles von einander wissen, oder? War ich dazu wirklich schon bereit? Das Neugeborene rettete mir den Arsch, indem es die Aufmerksamkeit meines Prinzen auf sich lenkte. Es gab mir die Gelegenheit mich aus der Affäre zu ziehen und so der Antwort zu entgehen. Ich verließ das Krankenhaus. Flüchtete, rannte beinah hinaus zu meinem Motorrad, aber dort angekommen, hielt ich noch einmal an. Ich musste ihm wenigstens eine kleine Nachricht zugestehen. Auch wenn ich noch nicht wusste, was genau das zwischen uns eigentlich war, ich wollte ihn in keinem Fall verlieren oder vor den Kopf stoßen. Er sollte wissen, dass er für mich wichtig war. Ich verehrte und begehrte ihn. Er war mein Paradies, mein Zuhause, mein Schatz, den ich behüten und beschützen musste. Ich durfte ihn nicht in meine dunkle Welt hineinziehen. Aber konnte ich dies vermeiden, wenn ich mit ihm in einer Beziehung wäre? Kaiyomoto hatte mir die Daten geschickt und ich beschloss meinem alten Kunden zu Liebe, dieses eine Mal meine erstaunlich großen Skrupel hinunterzuschlucken und diesen Job zu erledigen, wie ich es immer tat. Allerdings stellte ich die Bedingung, dass diese Leute sich nach mir zu richten hatten und verlegte den Termin auf den frühen Nachmittag, so dass ich ungestört und pünktlich zu dem Date mit meinen Prinzen fahren könnte. Sollten sie diesem Wunsch nicht nachkommen, würde ich mich nicht weiter rechtfertigen und die Mitarbeit verweigern. Das Treffen verlief erstaunlich unspektakulär. Die übermittelte Adresse führte mich zu einem Anwesen am Rande der Stadt, dort wurde ich freundlich von einem Butler in Empfang genommen und in einen großen Saal geführt. Meine neuen Klienten stellten sich als gemischte Gruppe mittelalter Männer und Frauen heraus, von denen allerdings nur zwei in direkten Kontakt mit mir traten und mich in einen angrenzenden Raum führten. „Guten Tag, es freut uns, dass Sie es einrichten konnten. Leider fiel ihr Wunschtermin auf eines unserer monatlichen Treffen, so dass wir nur wenig Zeit haben und alles schnellst möglich klären würden“, sprach ein ältlicher, kleiner Mann. Allem Anschein nach ein Mensch. „Ist mir recht. Legen wir schnell die Parameter fest und ich bin wieder weg. Allerdings bekomme ich die erste Hälfte des Honorars bereits im Voraus. Der Rest wird fällig, sobald ich die Transaktion abgeschlossen habe“, erläuterte ich, womit sich die beiden einverstanden erklärten. Mit einem neuen Zahlungseingang von 1,5 Millionen US-Dollar auf einem Firmenkonto in Georgien wurde unser Geschäft besiegelt und ich würde den Transfer des Geldes die nächsten Tage durchführen. Dennoch ließ mich das Thema nicht vollständig los und lenkte mich auch während des Dates bei meinem kleinen Prinzen noch ab, so dass ich nach der ersten Tanzrunde mich aufs Sofa fallen ließ und ihn zu mir zog. Ich musste jetzt seine Nähe spüren und in unseren Kokon zurückkriechen, den wir uns bei meinem letzten Aufenthalt hier aufgebaut hatten. Er saß neben mir und blickte mich skeptisch, beinahe verzweifelt an. „Was ist los mit dir, Alejandro?“, fragte er mich. „Nichts! Zumindest nichts, was dich betrifft. War einfach ein anstrengender Tag. Kann ich dich um etwas bitten?“ „Willst du mir davon erzählen? Und natürlich kannst du das. Jederzeit und um alles“, war seine prompte Antwort. „Hast du Whiskey da und würdest mir einen einschenken?“ Mit einem schnellen „Klar!“ stand er auf und ich rief ihm hinterher: „Einen doppelten, bitte!“ Als er mit dem Getränk und in weiser Voraussicht der gesamten Flasche zurückkam, kippte ich das Glas in einem Schluck hinunter, zog ihn auf meinen Schoß und vergrub meine Nase in seinem Haar. Sein Geruch beruhigte mein aufgewühltes Gemüt und brachte mich langsam dazu mich zu entspannen. Er lehnte seinen Kopf gegen meinen und wir schwiegen einen Augenblick, wofür ich ihm sehr dankbar war. „Danke, dass du für mich da bist!“, flüsterte ich in sein Ohr, stand dann auf und ließ ihn sanft an mir hinabgleiten, bis er wieder auf seinen Beinen stand. Ich löste mich aus seiner Umarmung und ging zu seiner Anlage. Nachdem ich diese via Bluetooth mit meinem Smartphone verbunden hatte, wählte ich ein Stück aus, dass mich seit dem ersten Hören tief berührt hatte und passender Weise mit den neu erlernten Tanzschritten übereinstimmte. „The waltz goes on“, war ein wunderbarer Walzer, den Sir Anthony Hopkins jahrzehntelang für sich behalten hatte, bis er André Rieu bat, ihn uraufzuführen. Er war tragisch, melodisch und einfach wunderschön. „Darf ich bitten?“, verbeugte ich mich galant vor meinem Prinzen, ehe ich auf Play drückte, hielt ihm meine Hand entgegen und blickte ihm von unten tief in die Augen. Kapitel 27: Never let me go (Siakoh) ------------------------------------ Alejandro verhielt sich merkwürdig. Dieses Gefühl bekam ich einfach nicht los, auch wenn er mir versicherte, dass alles gut war. Die Forderung nach Whiskey untermauerte mein Gefühl nur und dennoch war ich sofort bereit ihm von der Flüssigkeit zu geben. Er trank das volle Glas in einem Zug hinab. Wie oft hatte ich diese Art der Verdrängung schon beobachten dürfen? Manolo, Yosuke. Nun auch er? Was war da, was er mir nicht mitteilen konnte? Was angeblich nichts mit mir zu tun hatte. Wir waren doch so etwas wie ein Paar. Sollte ich ihm dann nicht jede Last erträglicher machen können, indem er sich mir anvertraute? Oder war es die Tatsache, dass er dies nicht tat. Mir vertrauen. Seine Liebe suchende Umarmung, die wir schweigend teilten, ließ all diese Gedanken in meinem Kopf zu einem kochenden Sud aufsteigen. Mein Herz schlug wie wild, weil ich Alejandro bei mir hatte und wurde doch mit Gift verseucht, weil er so anders war als sonst. Er sagte es läge an der Arbeit, die er heute gehabt hatte. Ob ich dahingehend nachbohren sollte? Nein! Ich durfte nichts überstürzen und ihm das Gefühl geben, alles kontrollieren zu wollen. Auch wenn es vielleicht aus Sorge geschah, hatte mir voreiliges Verhalten bis jetzt nie gutgetan. Am Ende war ich immer allein gewesen. Aber es fiel mir schwer, die Gedanken zu unterdrücken und als ich mich doch umentschieden, ihn fragen wollte was heute passiert war, schenkte er mir beruhigende Worte. Er bedankte sich dafür, dass ich für ihn da war. Mit Verwirrung und heftigen Herzklopfen sah ich ihm in die Augen, als er sich erhob, mich somit von seinem Schoß schob und zu der Anlage an meinem Fernseher ging um etwas einzustellen. Ich erkannte das Orchester, welches sanft anfing zu spielen, das Lied. Ich hatte es selbst immer auf Lager gehabt, wenn es in der Bar verlangt wurde. Alejandro drehte sich zu mir, kam einige Schritte zurück, legte den linken Arm in sein Kreuz und beugte sich mit ausgestrecktem rechten zu mir. Wie ein Gentleman, bat er mich um den nächsten Tanz. Ich konnte nicht anders als ihm zuzusagen und damit seine Hand zu ergreifen, damit er mich auf die Tanzfläche meines Wohnzimmers zog. Diesmal wollte er den führenden Part einnehmen, was ich zuließ und mich darauf freute, zu sehen, was er durch mich erlernt hatte. Der Walzer begann und Alejandro gab den Takt vor. Vielleicht eine Sekunde zu spät, aber dafür mit perfekter Schrittfolge. Die Sorgen in meinem Kopf glitten zurück, der Genuss dieses Tanzes überwog und ich genoss es, dass er mich herumführte, unsere Körper sich ab und an ein wenig streiften und wir doch nicht aus dem Gleichgewicht des Rhythmus gerieten. Er war wirklich begabt, musste ich gestehen und der Wunsch ihm noch andere Tänze beizubringen wurde größer. Er hatte mir zugesichert, dass er mehr wollte und damit mein Tanzpartner zu bleiben. Für meine tierische Seite das Nonplusultra. Das Lied verstummte in den letzten Wogen der Geigen und ich neigte meinen Körper an den seinen, um in einen stehenden, wogenden Tanz überzugehen. Sein linker Arm umschloss mich, während er meine rechte Hand an seine Brust zog und sie mit der seinen bedeckte. Meinen Kopf bettete ich über seinem Herzen und schloss die Augen. Die Dunkelheit des Abends wurde nur durch den farblichen Wechsel des Bildschirmes unterbrochen und brachte uns so wieder zurück in die Blase der Zweisamkeit, die wir nach seinem Stalking-Trip genossen hatten. „Das ist schön“, flüsterte ich und spürte, wie er sein Kinn an meinen Kopf lehnte. „Ja“, wisperte er zurück und nach einigen kleinen Schritten kamen wir zum Stillstand, hielten uns noch etwas im Arm, bis ich an den restlichen Plan meines Abends dachte. „Hast du Hunger? Ich habe ein Menü vorbereitet“, fragte ich und hob vorsichtig den Blick. Irgendwie wollte ich den Moment nicht aufgeben. „Ein wenig“, gab er zu und sah mir in die Augen. Das satte Rot strahlte in der Dunkelheit, wie damals, als ich ihn das erste Mal sah. „Wann hast du zuletzt gegessen?“ Eine Frage, die irgendwie zur Gewohnheit wurde, seufzte ich innerlich. Doch diesmal konnte ich einen recht guten Ablauf meiner täglichen Nahrungszufuhr vorweisen. „Heute Mittag, als ich vorbereitete. Also haben wir noch etwas Zeit“, murmelte ich und zog mit dem Finger Kreise auf seiner Brust. „Ich habe da noch etwas anderes geplant.“ „Klingt interessant“, brummte er und schob seine Hände über meine Hüfte nach unten. „Wird es“, versprach ich und löste mich aus seiner Umarmung. „Aber du müsstest einen Moment warten.“ „Auf dich… IMMER“, lächelte er und das Wort der Unendlichkeit ließ mein Herz hüpfen. Ich hatte mir, für den passenden Moment, vorgenommen ihm eine kleine Showeinlage zu präsentieren, die ihm klar machen sollte, wie sehr ich wollte, dass er für immer bei mir blieb. Das Wort des Gefühls auszusprechen würde noch etwas dauern, aber ich hatte erkannt, was sich tief in meinem Herzen für diesen Mann angepflanzt hatte. „Dann warte hier. Ich rufe dich gleich“, versprach ich und küsste ihn. Es sollte nur kurz sein, aber Alejandro attackierte mich mit einem zärtlichen Verlangen, welches mich in seinen Bann zog. Er hatte eine unglaubliche Wirkung auf mich, gerade weil wir uns auch für eine Woche kaum berührt hatten. Meine Lenden zogen in süßer Vorfreude dessen, was wir noch tun würden, zusammen. Nur mit aller Kraft und Aufbringung meines Willens schaffte ich es, meine Zunge aus seinem Mund zu befreien und einen großen Schritt zurück zu machen. „Gleich, mí Tesoro.“ Sein Blick, als ich seine Worte wählte, war überrascht und doch auch freudig. Und das machte mich glücklich. Wir sagten einander nicht die genauen Worte, doch wir zeigten es uns, streuten es in anderen Synonymen ein und somit war klar, dass wir einander wollten. Mit einem letzten Blick stahl ich mich in mein Schlafzimmer, in dem ich heute morgen ebenso etwas vorbereitet hatte. Alejandro stand nicht so auf Kitsch, dennoch hatte ich alles frisch bezogen, in neue dunkelrote Bettwäsche aus Seidenstoff. Zudem hatte ich einen Steg aufgestellt, der ein wenig einer Bühne glich und zwei große Lampen aus meiner Abstellkammer geholt die ich ab und zu für Fotoaufnahmen gebrauchte und diese in dämmrigem Licht eingestellt auf diese Bühne gerichtet. Ansonsten war der Raum dunkel. Ob ihm gefallen würde, wenn er sah, was ich zu meinem zweiten Beruf gemacht hatte? Hop oder Top! Er sollte mich ganz kennen. Ohne jedes Geheimnis! Meine wahre Yokaigestalt hatte ich ihm gezeigt. Also meine Flügel. Mehr hatte ich dahingehend nicht vorzuweisen. Als ich in meinem Ankleidezimmer, das vorbereitete, mit roten Pailletten bestickte Kleid öffnete und dann aus meiner Kleidung stieg, dachte ich darüber nach, ob Alejandro auch eine dämonische Form besaß. Er war ja auf mein Dach gekommen. Hatte er dafür meine Schlösser geknackt und sich dort einfach verbarrikadiert? Oder war er hinaufgeflogen, so wie es eine Fledermaus mit ihren Flughäuten sicherlich vermochte. Ich hatte nie wirklich danach gefragt, nur sein schwingenartiges Tattoo am Rücken gesehen. Ob dies etwas mit seiner Gestalt zu tun hatte und in Wahrheit eine art Mal war, so wie meine Ranken, welche ich gedankenverloren mit dem Finger auf meinem Bein nachzog, bevor ich in mein Kleid stieg. Ich würde ihn danach fragen, nahm ich mir vor, zog das Kleid mit Hilfe eines kleinen Stabes, an dem ein Haken befestigt war, zu und setze mir einen kleinen Zylinder auf den Kopf. Stolz sah ich mich im Spiegel an, musterte das lange Kleid mit Oberschenkelschlitz und drehte mich einmal langsam hin und her. Alles saß. Nur die Schuhe und ein wenig Lippenstift und schon war es komplett. Ich nahm den Lippenstift beugte mich aus meinem Ankleidezimmer heraus und rief: „Alejandro? Kannst du bitte mal ins Schlafzimmer kommen?“ So als würde ich seine Hilfe benötigen. Doch ich hatte anderes im Sinn. Nun zeigte sich, was ich mir durch meinen Freund angeeignet hatte. Ich nahm mein Smartphone, verband es mit einer kleinen Box, um die ich Yosuke gebeten hatte und suchte ein Lied heraus. Es war leider nur eine Playback Version, doch ich würde Judy Bridgewater schon mit meiner Stimme übertönen. Solange der Sinn ihres Songs „Never let me go“ zu Alejandro durchdrang, war alles safe. Ich hörte seine Schritte und dann sein Fragen nach mir. „Setz dich einfach aufs Bett!“, wies ich ihn an und zog meine Lippen ein letztes mal nach, bevor ich mich aufstellte und aus dem Zimmer hinauslugte um ihn zu beobachten. Er sah sich um, was mich die Lippen schürzen ließ. Ob er ahnte was ich vorhatte? Zumindest kam er meiner Bitte nach, ließ sich auf meinem Bett nieder und lehnte die Hände stützend hinter sich auf. Sein Blick verriet seine Vermutung und das war mein Startschuss. Ich ließ das Lied anspielen und durch die Verdunklung des Ankleidezimmers glitt ich recht unbemerkt auf die Bühne, als ich das erste Wort des Liedes sprach. „Darling!“, und gleich mit den anschliessenden Wünschen begann. „Hold me!“, dabei traf ich jeden Ton, stieg den kleinen Steg hinauf und begann mich leicht in dem Lied zu wiegen. Mein Blick schob sich dabei nur einmal kurz in Alejandros Rot, welches mir neugierig folgte. Ich schlang die Arme um meinen Oberkörper, bevor ich den nächsten Wunsch in dem Lied folgte und den Steg langsam schwingend hinabschritt. „Kiss me!“ Die Melancholie in dem Lied, verbunden mit der Leidenschaft und dem Wunsch, der hinter jeder Bitte folgte, mich nie mehr gehen zu lassen, zeigte, dass es mir ernst war. Dieser Song war einfach perfekt und hatte immer meine Sehnsucht nach einem solchen Partner geschürt. Nun saß dieser jemand vor mir und ich wollte es. „Never let me Go!“ Im Höhepunkt des Liedes sang ich, wie sehr ich wollte, dass er mein Herz nur für ihn aufschloss, den Schlüssel dazu wegwarf und es mit seiner Liebe und Zuneigung füllte. Er es liebevoll umarmte und mir sagte, dass niemand jemals einen Platz in dem seinen haben würde, außer mir. Und dass er es mir sagte. Wie sehr wünschte ich mir, dass wir es einander sagten. Doch wieder zweifelte ich an meinem Handeln, war zu fordernd und beendete das Lied, nahm eine Pose ein und spürte erst jetzt, wie sehr mein Herz schlug. Es klopfte wie wild, drohte mir die Luft zu nehmen, die ich heftig ziehend einatmete. Es war anders als die Male, wenn ich für andere auf die Bühne getreten war. Es war fundamental. So heftig und groß, dass ich drohte in Ohnmacht zu fallen, mich nicht traute in seine Augen zu sehen, aus Angst, er würde fliehen. So wie es immer gewesen war. Oh, bitte sag etwas, dachte und verschloss meine Augen. Als ich plötzlich Hände an meinen Armen spürte und wie sich ein Körper zu dem meinen gesellte. Alejandro umarmte mich, zog mir den Zylinder vom Kopf und warf ihn weg, wodurch ich meine Augen wieder öffnete und ihn ansah, bevor er den Druck auf mich erhöhte. „Hold me!“, wiederholte er meine Worte aus dem Lied, ohne zu singen. Es war wie ein flüsterndes Versprechen. „Kiss me!“, sprach er weiter und beugte seine Lippen auf meine, küsste mich voller Leidenschaft und ich erwiderte die Bewegungen. Er ging rückwärts, achtete darauf, dass ich nicht von der Bühne stürzte und warf mich dann aufs Bett. Rücklings landete ich und japste kurz nach Luft, bevor er mir sie wieder nahm, indem er sich über mich beugte und küsste. Seine Zunge glitt sofort in meinen Mund und seine Hände pressten sich an die meinen. Unsere Handflächen berührten sich und ich spürte das Kribbeln in meinem Körper. Alejandros Hüfte drückte sich an meine, als er seine Hände löste, meine Beine aufstellte und diese dann mit den Fingerspitzen nachzog. Durch den Rock kam er sofort an das gewünschte Zentrum, welches er zunächst über der, heute mal dezent schwarzen Spitzenwäsche berührte. Seine Lippen verzogen sich während unseres Kusses zu einem Schmunzeln. Ja, mein lieber, ich dachte an alles! Ob es ihm also gefiel? Frauenkleidern zu tragen war für mich wie jede andere Kleidung. Es bedeckte meinen Körper zu seinem größtmöglichen Vorteil und dem Anliegen angemessen. Dennoch war es für die Mehrheit komisch und anders, weswegen ich oft auch Kritik bekommen hatte. Gerade zu früheren Zeiten. Aber bei Alejandro hatte ich das Gefühl, dass er es zwar zunächst komisch fand, nun aber seine Vorteile sah und so schob er den Rock beiseite, löste seine Lippen von meinen und setze sich zwischen meinen Beinen auf. Sein Blick sprach etwas Neugieriges und doch auch Schelmisches aus und ich bemerkte, dass ich nicht der Einzige hier war, der nun etwas Feminines trug. Durch den Lippenstift, hatte auch er nun rote Lippen. Die Kontur war jedoch längst verschoben und ein wenig sah es wie bei einem Clown aus. Aber ich fand es sexy und anziehend, ihn so zu sehen. Ob er es andersherum auch so empfand? Er zog mein rechtes Bein hinauf, küsste sich von meinem Knöchel hinauf zu meinem Knie, während er meinen Pump vom Fuß zog und ihn herunter auf den Boden warf. Doch das war mir egal, auch wenn dieser Schuh ein halbes Vermögen kostete und nicht mal mehr hergestellt wurde. Seine Küsse vernebelten meine Sicht, als er an meinem Oberschenkel angelangt war und diese langsam in Richtung meiner Intimzone lenkte. Ich wand mich etwas, spürte jedoch seinen festen Griff, mit dem er auch mein anderes Bein fixierte. Das ließ mich darauf schließen, dass er mir heute keine Freiheiten lassen würde. „Lock my Heart!“, wisperte ich Alejandro zu, als er den ersten Kuss auf meinen Schwanz platzierte. Er folgte meinen Fingerzeig zu meinem Nachttisch und beugte sich herüber. In der Schublade befand sich ein langes Band, welches ich insgeheim auch für Alejandro dort hinterlegt hatte. Nun war die Situation passend. Er verstand sofort was ich damit meinte und zog das Band heraus, veränderte meine Position und befestigte meine Handgelenke zunächst aneinander und dann an den Pfosten meines Bettes. Dann begann er dort weiterzumachen, wo er aufgehört hatte und ließ mich stöhnen. Er befreite mein Glied und küsste es, leckte und saugte daran. Das Kribbeln wurde immer härter und ich spürte wie auch dies dem Text glich. Er füllte diesen Akt mit seiner Liebe. Es wurde ihm heiß, zog er doch sein Shirt ebenso wie seine Hose direkt aus. Auch sein Kreuz landete zu Oberst auf seiner Kleidung. Mir gefiel, was ich sah. Seine so helle Haut, die nur sanfte Schatten an seine Muskeln warf. Dass er nun nackt und ich bekleidet war, reizte noch mehr und das Einzige, was er mir teilweise nahm, war meine Spitzenshorts. Er zog sie ein Stück über meine Schenkel und zwängte sich dann in den kleinen Spalt meiner Beine. Seine Eichel fühlte sich bereits erhitzt und willig feucht an, als er sich an mir rieb und die Beine weiter hinaufdrückte und damit meinen Rücken durchbog. Ich keuchte auf, weil ich mir durch meine Fesselung keine Linderung in der Haltung verschaffen konnte und er mich bereits in Besitz nahm. Ein Schrei entfuhr mir, voller Lust und Erregung getränkt. Alejandro war gierig. Fast so sehr wie bei unserem ersten Mal, als er sich von hinten in mich rammte. Auch nun war er fordernd, nahm sich alles, was ich bieten konnte und presste seine Lippen auf meine, wodurch ich noch kleiner zusammengeschoben wurde. Ich bekam nur keuchend Luft, weil ich die Empfindungen, die Enge und seine Leidenschaft nur schwer in eine Gerade bekam. Er nahm mich vollkommen ein und schenkte mir so seine Liebe. Die Erregung steigerte sich, als er meinen Schwanz packte, der inzwischen halb eingeklemmt zwischen meiner Kleidung lag. Seine Schübe direkt unter der Eichel machten mich wahnsinnig. „Ich kann nicht mehr!“, stöhnte ich in seinen Mund, bekam seine Zunge zu spüren und wie mich die Lust immer weiter überkam. Ein Wimmern entfloh mir, als er noch tiefer vorstieß und mich damit kommen ließ. Die Gänsehaut war enorm und ich verkrampfte meinen Körper. Das spürte Alejandro und biss mir auf die Lippe. Er entschuldigte sich gleich mit sanftem Saugen daran, als ich sein Zucken spürte. Auch ihn hatte es um den Verstand gebracht. So verharrten wir kurz in dieser Stellung, als er das Zittern meiner angespannten Muskeln spürte und sich aus mir zurückzog. Sein Sperma kam dem spürbar nach. Er hatte wohl ganz schön Druck gehabt und mit einem beherzten Griff zum Nachtisch wischte er uns mit mehreren Taschentüchern sauber. Danach legte er sich neben mir ab und sah mir grinsend in die Augen. „Mir gefallen Kleider nun ein wenig mehr als vorher“, gestand er ein und brachte mich zum Lachen. Der Lippenstift klebte ihm um den Mund herum bis zum Ohr, welches ich zwischendurch erwischt hatte. „Lippenstift steht dir auch gut.“ „Was?“, fragte er kurz und wischte sich mit den Fingern über die Lippen. Das ölige Rot schimmerte nun an seinen Fingerspitzen und er verstand. „Clownsparade?“, scherzte er. „Ein wenig wie ein Gruselclown“, machte ich mich lustig und sah dann zu meinen immer noch gefesselten Handgelenken, die langsam ein gewissen Wundschmerz aussendeten. „Machst du mich los?“ „Mir gefällt das“, widersprach er mit einem halben Lob. „Du siehst toll aus und ich könnte so viel mit dir anstellen…“ „Das hättest du gerne, wie?“, fragte ich spielerisch und setze meinen besten, bittenden Blick auf. „Und wie gerne“, frohlockte er. „Außerdem hast du es dir doch selbst gewünscht, bei deiner kleinen Darbietung.“ „Kleine Darbietung?“, kritisierte ich seine Wortwahl. „Wunderbare Show?!“, korrigierte er und rutschte noch etwas näher. „Throw away the key…“, wisperte er den Teil des Songs, den er gemeint hatte. „Ach ja? Das interpretierst du da hinein?“, lachte ich, hoffend, dass er das nicht wirklich so sah. „Niemals“, schmunzelte er mir zu und kam meinen Lippen wieder nahe, als ich seine Hände an der Fessel spürte. „Niemals lasse ich dich wieder gehen.“ (Alejandro by PoG) Kapitel 28: Zweifel (Alejandro by PoG) -------------------------------------- 28 Zweifel (Alejandro) by PoG Wir tanzten und ich genoss es die Führung zu übernehmen. Es war herrlich so mit ihm abzutauchen und die ganze Welt um uns herum auszublenden. Nachdem der Tanz geendet und wir beschlossen hatten, dass Essen noch etwas aufzuschieben, verschwand mein Vögelchen mit der Bitte, dass ich mich etwas gedulden müsste in Richtung Schlafzimmer. Was er wohl vorhatte?! Eine besondere Form des Liebesspiels? Hatte er Ähnliches vorbereitet, wie ich bei unserem ersten Date? Dann gäbe es also erst den Nachttisch und dann das Menü. Ich grinste in mich hinein und freute ich auf das Kommende. Zum Glück musste ich gar nicht lange warten und er rief mich zu sich. Betonte extra, dass ich ins Schlafzimmer kommen sollte. Als ob ich nicht an seinem Geruch erkennen könnte, wo er sich gerade aufhielt. Ich betrat den Raum und anders als beim letzten Mal, war dort eine Art beleuchte Bühne aufgebaut. Ob er mir eine seiner Shows vorführen wollte?! Ich war gespannt und hoffte auf einen Striptease. Wie gefordert setzte ich mich und er glitt durchs Dämmerlicht auf die Bühne. Das Lied, dass er spielte kannte ich nicht und entsprach nicht wirklich meinem Geschmack, aber es war melodisch und hatte etwas tragisch Dramatisches. Es passte zu meinem Vögelchen. Was mich aber wirklich beschäftigte, war sein Outfit. Es war nicht wie erhofft sexy und leicht zu entfernen, aber es hatte was. Ich wusste echt nicht, was ich davon halten sollte, als er mir seine Dragqueen-Vergangenheit beichtete, hatte ich doch nur diese schrillen und übertriebenen Personen aus dem Fernsehen im Kopf. Das, was mein Prinz, nein meine kleine Diva, hier bot, war... anders. Es war auf merkwürdige Art bezaubernd und seine wunderbar samtige Stimme schlug mich beinah sofort in seinen Bann. Ebenso seine geschmeidigen Bewegungen, welche mich trotz des Kleides erotisch triggerten. Oder auch gerade deswegen? Das Lichtspiel auf den Pailletten betonte seine schlanke Linie und seine kurvige Hüfte. Es lenkte meinen Blick auf diese Regionen, während seine Stimme mir honigsüße Worte ins Ohr summte. Ob er meinte, was er sang? Aber er würde sich wohl kaum dieses Lied ausgesucht haben, wenn er es nicht so meinte. Ich war gefesselt und fasziniert. Nur zu gerne wollte ich seinen Wünschen nachkommen und bewies ihm, dass ich ihn gesehen UND gehört hatte, indem ich auf den Liedtext antwortete. Ich wollte ihn und zeigte ihm dies überdeutlich. Aber auch für unser Liebesspiel hatte mein Prinz einen Plan. Er überließ mir vollends die Führung und ich durfte ihn mir durch Fesselung Untertan machen. Das schmeichelte meinem geschwächten Ego, so dass ich es dieses Mal wieder besonders genoss. Außerdem bat er mich diesmal nicht um Zurückhaltung, so dass ich ihn dieses Mal härter rannahm. Aber ich hatte dazu gelernt und achtete genau auf seine Geräusche. Er sollte schreien und ein leichter Schmerz wäre wohl nicht schlimm, solange er es genoss, aber genau diese Wonne, wollte ich hören und es schien mir zu gelingen. Am Ende waren wir beide befriedigt und erschöpft und mein Vögelchen, bat mich seinen „Käfig“ zu öffnen. Als ich meinem kleinen Prinzen ins Ohr raunte, dass ich ihn nie wieder gehen lassen würde, wünschte ich mir von ganzem Herzen, dass es so käme. Ich wollte ihn und seine Nähe, all die Gefühle, die er in mir auslöste, nie wieder missen. Wir küssten einander voller Hingabe und Zuneigung. Ehe ich ihn erlöste und ihm zu verstehen gab, dass es nochmal Zeit würde, dass er Nahrung zu sich nähme, insbesondere nun, da er sich so verausgabt hatte. „Ich ziehe mich nur schnell um, damit das Kleid nicht schmutzig wird.“ „Ist es das nicht eh schon?!“, lachte ich und deutete auf einen klar erkennbaren dunklen Fleck. „Ich wusste gar nicht, dass du soo weiblich bist.“ „Hä?“ „Es sieht aus, als hättest du deine Tage!“, kugelte ich mich nun vor Lachen. Pikiert und empört stand mein Prinz auf und schlug mir einmal hart auf den Arsch, den ich ihm durch mein Rumgerolle präsentierte. „Die Schuld daran trägst ganz alleine du! Du Wüstling!“ Ich setzte mich wieder auf, zog die schmollende Diva zurück aufs Bett und in meine Arme. Küsste ihn sanft hinters Ohr und flüsterte ihm zu: „Dafür bin ich nur zu gerne verantwortlich und wenn du möchtest, lasse ich das Kleid auch für dich reinigen.“ „Nicht nötig. Danke, aber wer weiß, welchen stümperhaften Laien du das dann machen ließest. Das darf nur die Reinigung meines Vertrauens.“ „Wie du magst, aber ich übernehme die Rechnung gerne. Du hast schließlich recht und ich habe meinen Teil dazu beigetragen.“ „Dafür darfst du mich zu unserem nächsten Date einladen!“, zwinkerte er mir zu. „Vielleicht sollten wir dieses erstmal genießen, bevor wir schon das Nächste planen. Auch wenn mir der Auftakt und das Zwischenspiel schon sehr gut gefallen haben.“ Meine kleine Diva verschwand lächelnd im Ankleideraum und gab mir von da aus Anweisung: „Damit du dich gar nicht dran gewöhnst, dass ich das brave Hausfrauchen spiele, kannst du schon mal in der Küche den Ofen auf 120°C anstellen. Die Vorspeise ist schon drin und muss nur noch kurz warm werden.“ Ich tat wie geheißen und wir genossen ein wirklich phantastisches Menü. Ich war sehr gerührt, dass mein kleiner Prinz so fürsorglich war und mir eine Auswahl an Gewürzen bereitstellte, die ich nach Belieben dem Essen hinzufügen konnte. „Du bist so aufmerksam! Vielen Dank, mí Corazón.“ „Dein Herz?“, fragte mein Vögelchen entzückt und ich hätte mir auf die Zunge beißen können. Dieser Kosename war mir einfach so rausgerutscht. Ich hoffte, er würde nicht zu viel hineininterpretieren, auch wenn es sich nicht verkehrt anfühlte ihn so zu nennen. Er war mein Herz. Oder zumindest der Grund, warum ich mein Herz das erste Mal in meinem Leben spüren konnte. Aber soweit es auszusprechen war ich nicht. Eigentlich konnte ich es mir nur schwer eingestehen. Es war so neu, so anders. ICH war so anders, wenn ich seine Nähe spürte. Das fiel mir nach wie vor schwer zu akzeptieren und mich drauf einzulassen. Es bestand schließlich die nicht unwahrscheinliche Möglichkeit, dass er mich verstieße, wenn er mein wahres Ich sehen würde. Sowohl das Innere als auch das Äußere. Als hätte er meine Gedanken gelesen, richtete er sich auf und blickte mich auf einmal ernst an. Wir hatten es uns wieder auf seinem Sofa bequem gemacht und kuschelten vollgegessen unter einer Decke, während leise Musik im Hintergrund lief. „Alejandro?“ „Mhm?“ „Ich will dich kennen lernen!“ „Hö? Du kennst mich doch schon.“ „Das meine ich nicht. Ich kenne nur das, was du mich sehen lässt. Aber ich will mehr!“, verlangte er. Ruderte aber im nächsten Moment zurück, als er meinen wohl leicht geschockten Blick bemerkte. „Es muss ja nicht alles sofort sein, aber einen kleinen Teil bei jedem Treffen?“ Ich seufzte. „Okay, das klingt fair. Womit soll ich anfangen?“ „Dein voller Name? Meinen kennst du schließlich.“ „Alejandro de la cruz.“ „Vom Kreuz?!“, schmunzelte er und spielte mit meinem Erbstück, dass wieder auf meiner Brust ruhte. „Wie passend. Selbstgewählt?“ „Nein. Mein Vater hieß José Garcia de la Cruz. Also habe ich seinen Namen angenommen. Traditioneller Weise wäre es Garcia, aber de la Cruz erschien ihm passender, weil ich für ihn ein Geschenk Gottes war, trotz meines Äußeren.“ „Was gibt es an deinem Äußeren auszusetzen? Du siehst doch verboten gut aus.“ „Vielen Dank für die Blumen. Aber das war nicht immer so. Du versteckst deine Flügel und deine Male doch auch, wenn du nicht gerade auf der Bühne bist.“ „Du meinst deine wahre Yokaigestalt? Zeigst du sie mir?“ „Genau, ich hatte niemanden, der mir zeigen konnte, wie man das Youki kontrollierte. Mein Vater war zwar ein geistlicher Gelehrter und hatte daher eine vage Vorstellung von Yokai, aber das war mehr oder weniger nur die Tatsache, dass wir existieren und ansonsten, eben die Üblichen Legenden der Menschen.“ „Oh, das stell ich mir schwierig vor. Du erzähltest ja bereits, dass du viel allein warst, aber so…, mein armer, kleiner Fledermäuserich! Von jetzt an bist du nie wieder allein und falls du noch Fragen hast… ich bin für dich da!“ „Hey, ich bin 450 Jahre älter, meinst du nicht, dass ich auch ein bisschen klüger geworden bin?!“ „Du bist doof. Dass du dazu gelernt hast, kann ich sehen. Aber vielleicht gibt es ja noch Dinge, die du nicht weißt, die ich dir zeigen kann?!“, schmollte mein kleiner Prinz. „Obwohl es eigentlich an dir ist, mir was zu zeigen…“ „Du wirst nicht lockerlassen, oder?“ „Wie gut kennst du mich?!“ „Gut genug, um genau das zu wissen. Beim nächsten Treffen, okay?“ „Wieso sträubst du dich so?“ „Ich mag es nicht.“ „Wieso?“ „Es ist hässlich, okay?“, entwich es mir genervt. „Entschuldige! Ich wollte dich nicht verärgern.“ „Schon gut, aber können wir das Thema jetzt BITTE sein lassen?“ „Gleich. Ich hab noch zwei Fragen?!“ Seufzend gab ich mich geschlagen und sagte: „Na schön, aber nur weil du so lecker für mich gekocht hast.“ „Okay. Wie bist du damals auf mein Dach gekommen? Hast du Flügel und kannst fliegen? Und was hat es mit dem Tattoo auf deinem Rücken auf sich?“ „Das sind eigentlich drei genau genommen sogar vier Fragen, aber ich will mal nicht so sein und sie dir alle beantworten. Ja, in meiner wahren Gestalt habe ich Flügel und kann fliegen, aber auf dein Dach bin ich „damals“, so lange ist das ja noch gar nicht her, über die Brandschutztür gelangt. Ich weiß wie man die Alarmanlage außer Gefecht setzt“, grinste ich ihn frech an. „Du Ganove!“, schlug er mir spielerisch auf den Arm. „Hey, du weißt, dass ich kein unbeschriebenes Blatt bin“, gab ich ihm Schulter zuckend einen kleinen Teil der Wahrheit preis. Ich musste ihn schließlich langsam auf die Wahrheit vorbereiten, bevor sich unsere Verbindung vertiefte und die Kluft, die die Wahrheit unweigerlich mit sich bringen würde, nur noch größer wurde. „Das ist wohl wahr… Und dein Tattoo?“ „Das ist wie mit deinen Ranken, mein Dämonenmal. Allerdings hab ich das Glück, dass ich das nur beim Baden in öffentlichen Bädern verbergen müsste. Da ich die aber meide, hat sich dieses „Problem“ erübrigt“, spielte ich auf das Tattooverbot, beziehungsweise die prüde Einstellung der Japaner zu dem Thema an. „Interessant, dass es bei dir ausgerechnet diese Form angenommen hat…“, meinte er leicht grübelnd. Es stimmte. Die Entstehung der Male war merkwürdig unwillkürlich. Er hatte keine Markierung an der Stelle, an der seine Schwingen erschienen, dafür Male die Arme und Beine bedeckten. Aber im Prinzip, spielte das ja auch keine Rolle. Es war wie die Muttermale der Menschen. Irgendwie gab es eine genetische Komponente, aber vollkommen gleich waren sie nie. Wir versanken wieder in Schweigen und genossen das enge Beisammensein mit einigen Streicheleinheiten und Küssen. So wurde es immer später und schließlich fragte mein Prinz: „Bleibst du über Nacht? Dann würde ich vorschlagen wir tauschen die Couch gegen das Bett. Kuscheln können wir da auch und es ist nicht so schmerzhaft, wenn wir dabei einschlafen.“ Wie um seine Worte zu unterstreichen gähnte er herzhaft und hielt sich, wie ein kleines Mädchen, die beärmelte Hand vor den Mund. „Besser ist das. Bevor ich dich wieder ins Bett tragen muss. So viel wie du gegessen hast, schaff ich das bestimmt nicht mehr“, grinste ich ihn frech mit rausgestreckter Zunge an und stand auf. „Du gibst mir doch immer die riesigen Portionen. Also sieh zu, wie du das händelst. Los, Sklave, trag mich! Ich will ins Bett!“, befahl er mir spielerisch und streckte mir seine Hände entgegen. „Ich geb dir gleich Sklave. Du kleines, verwöhntes Prinzesschen!“ Mit diesen Worten packte ich ihn mir und warf ihn wie einen Sack Mehl über meine Schulter. Er schrie Zeter und Mordio und zappelte wie wild umher, worauf ich seine Beine mit meinem Arm in eine eiserne Umklammerung nahm und ihm einen kräftigen Klapps auf den Po gab. „Solch ein Gebaren ziemt sich aber nicht für eine wohlerzogene Prinzessin. Also wirst du jetzt still sein, sonst muss ich die Fessel gleich noch einmal zum Einsatz bringen und dich ordentlich züchtigen.“ „Das hättest du wohl gerne!“ „Eigentlich jederzeit, aber gerade bin ich herrlich vollgefuttert und in Kuschelstimmung“, schnurrte ich ihn an, nachdem er, dank mir, ein wenig unsanft im Bett gelandet war. Wir schliefen eng aneinander geschmiegt bis zum nächsten Morgen. „Mmmhmmm… An das Aufwachen in deinen Armen kann ich mich wirklich gut gewöhnen.“ Seufzte mein Prinz wohlig. „Ich kann mir auch nur wenig Schöneres vorstellen“, erwiderte ich. „Gerade ist Kaffee aber eine harte Konkurrenz. Aber du bleibst liegen. Ich mach uns welchen und dann gibt’s Frühstück im Bett.“ „Uhhh… Da könnte ich mich glatt dran gewöhnen!“, kam die freudige Antwort und ich sah, wie mein Prinz sich in noch einmal tief in die Decken einmummelte. Nach einem Kuss auf die Stirn verließ ich das Zimmer. Eine kleine Weile später hatte ich zwei Buttercroissants mit Erdbeermarmelade bestrichen und eine Grapefruit halbiert. Zusammen mit Café au lait ein perfektes französisches Frühstück. Auch wenn ich mir nichts aus dem süßen Gebäck machte, so wusste ich, dass es meinem Vögelchen besonders gut schmecken würde. Ich lud alles auf ein Tablett mit Standfüßen und kehrte ins Schlafzimmer zurück, wo mein kleiner Prinz noch seelenruhig schlummerte. Das Tablett stellte ich vorsichtig auf der Kommode ab und öffnete zunächst die schweren Vorhänge, so dass die Sonne ihre warmen Strahlen hineinschicken und den Schlafenden an der Nase kitzeln konnte. Die Spitze eben dieser bekam einen Kuss von mir, ehe ich mich aufs Bett setzte und die Füße des Tabletts über meinen Beinen platzierte. „Guten Morgen, kleine Schlafmütze“, weckte ich ihn sanft und nachdem er sich ausgiebig geräkelt hatte, griff mein Vögelchen beherzt zu. Es schien ihm wirklich alles zu schmecken, was mich sehr freute. „So, kleiner Prinz. Ich muss mich jetzt aber langsam auf den Weg machen und noch etwas arbeiten.“ „Das ist aber schade. Aber gut, was muss… Denk aber dran, was du mir versprochen hast?! Wenn wir uns das nächste Mal sehen lässt du mich deine wahre Gestalt sehen!“ „Ja ja! Ist ja schon gut. Bis bald dann!“, sprach ich und gab ihm noch einen Abschiedskuss. „Bis bald und lass mich nicht zu lange warten!“, rief er mir noch hinterher, als ich schon fast aus der Wohnung war. Zuhause angekommen, machte ich mich direkt an meinen Auftrag. Jedoch fiel es mir ungewohnt schwer mich zu konzentrieren. Immer wieder schwebten mir das Bild meines Prinzen mit dem kleinen Neugeborenen auf dem Arm durch den Kopf. Abwechselnd mit dem Blick der gebrochenen Kinderaugen meines ersten Opfers. Auch die herannahemde Offenbarung schwebte über meinem Kopf, wie ein Damoklesschwert. Ich bekam ein heftiges Ziehen in der Magengegend und mein Puls beschleunigte sich rasant. Was würde er nur von mir denken, wenn er alles über mich wüsste. Wenn er mein abstoßendes wahres Ich gesehen hätte, könnte er mich dann überhaupt noch lieben?! Während die Unsicherheit weiter an mir nagte, beschloss ich das Beste aus der Sache zu machen und meinen Vogel schlicht ins Kino zu einzuladen: „Hallo, liebstes Vögelchen. Lust mit mir morgen Abend in eine fremde Welt abzutauchen und uns mal in die Öffentlichkeit zu trauen? Kino? Ich hole dich um 19:00 Uhr ab. Dann haben wir noch genügend Zeit, um uns auf einen Film zu einigen. Freu mich schon und vermisse dich! Dein Alejandro.“ Seine prompte Zusage folgte nahezu umgehend mit der Erinnerung an mein Versprechen und so war es beschlossene Sache. In gut 24 Stunden würde es sich entscheiden, ob unsere Zuneigung stark genug war, um über Äußerlichkeiten hinwegzusehen. Auch wenn sie so gravierend, wie die meiner Verwandlung, waren. Seufzend vergrub ich mich in meine Arbeit und war froh mich dieses Mal besonders konzentrieren zu können. Einen Fehler durfte ich mir hierbei nicht erlauben. Einem inneren Impuls folgend erstellte ich von allen Transaktionen Screenshots und speicherte das Protokoll meines genutzten Programms ebenfalls ab. Ich war mir nicht sicher warum, aber ich hatte das unbestimmte Gefühl, dass ich dieses Mal Beweise für meine Arbeit und deren korrekte Ausführung haben sollte. Die Arbeit nahm mich völlig in Beschlag, so dass ich erst am nächsten Vormittag dazu kam mir noch eine Portion Schlaf zu gönnen. Ich träumte schlecht, erinnerte mich an meine Kindheit, wo ich mit Steinen beschmissen und verjagt wurde. Träumte von gruseligen Fratzen, die mich jagten und einem Siakoh, der sich das ganze Schauspiel ansah und auf mein Flehen um Hilfe nur in höhnisches Gelächter ausbrach und mir sagte, dass ich eine Ausgeburt der Hölle und ihm so etwas Widerwärtiges wie ich noch nicht unter gekommen sei. Völlig gerädert wachte ich am frühen Nachmittag auf und haderte mit mir, was ich nun tun sollte. Ich versuchte mir immer wieder zu sagen, dass alles gut werden würde und ich Vertrauen in unsere Gefühle haben sollte, aber genau das fiel mir zunehmend schwerer. Hatte sich das nicht alles viel zu schnell entwickelt? Lichterloh gebrannt wie ein Strohfeuer, aber waren es nicht auch genau diese Art von Bränden, die zwar hell und heiß brannten, aber ebenso schnell wieder erloschen? Ich hatte mich Hals über Kopf in diese Sache hineingestürzt, ohne über die Konsequenzen nach zu denken. Das rächte sich jetzt. Ich war ängstlich, voller Zweifel und verunsichert. Und hasste mich dafür, dass ich so schwach war. Durch ihn so weich wurde. Wie in Trance griff ich zu meinem Smartphone und schrieb Siakoh eine Nachricht: „Ich kann das nicht! Es tut mir leid! Alejandro“ Das angewiderte Traumgesicht des kleinen Prinzen kam mir immer wieder vor Augen und bestätigte mir, dass es richtig war, es hier und jetzt zu beenden. Ich konnte ihn nicht mit meiner wahren Welt konfrontieren. Niemals wollte ich sehen, wie das Strahlen seiner Augen erlosch, weil ich es mit meiner Dunkelheit ertränkte. Es war besser so. Mit Sicherheit das Beste für alle Beteiligten. Diese Gedanken nahmen mir die Luft zum Atmen. Schnürten meine Kehle zu und drückten schwer auf meine Brust, die ein reißendes Gefühl offenbarte. Es war mein Herz, dass dieser Entzweiung nicht standhielt. Es schmerzte, stach und konnte sich nicht entscheiden, ob es stehenbleiben oder davonrasen wollte. Wäre mein Verstand nicht gewesen, hätte ich nicht eine Sekunde gezögert und die eingehenden Anrufe Siakohs angenommen. Ihn um Verzeihung angebettelt und wäre mit ihm zu jeder Tanzveranstaltung gegangen, die ich hätte finden können. Nur um ihn glücklich zu machen. Aber da war diese Stimme in meinem Kopf, die mir immer wieder sagte, dass ich nicht gut genug für ihn sei. Dass es eh zerbrechen würde, wenn er wüsste, was ich war, wie ich war. Lieber jetzt den schmerzhaften Cut, als später, wenn das Leid nur umso größer würde. Ich rollte mich auf meinem Bett zusammen und gab mich der tröstenden Vertrautheit meiner Dschungelhöhle hin. Nur ein bisschen hier liegen. Mich selbst eng umschlingend, um mein Zerbrechen zu verhindern. Und Atmen. Tief atmen. Mit jedem Luftzug, der meine Lungenflügel weitete, wurde auch mein Herz wieder ruhiger und ich entspannte mich. Es war richtig so. Er und ich hatten keine Zukunft. Zumindest nicht, wenn ich sein Licht nicht zum Erlöschen bringen wollte. Und das durfte nicht sein. Die Welt brauchte meinen bunten Paradiesvogel. Nur er konnte so viel Freude und Liebe in die Welt bringen. Ohne sein Leuchten, würde sie ein dunkler und grauer Ort. Mit diesem Gedanken lehnte ich erneut einen Anruf ab. Einige Zeit später klingelte es an meiner Tür und ein wutentbrannter Siakoh stampfte auf mein Einlassen hin, auf mich zu. Nahm wortlos meinen Schlüssel, der immer in der Eingangstür steckte, packte mich am Kragen und zog mich daran eisern schweigend und unter Aufbietung all seiner Kraft zur Haustür und hinaus ins Freie. Dass ich nur Socken anhatte ignorierte er ebenso wie die Tatsache, dass es zwar dunkel, aber dennoch nicht sonderlich spät war. Er ließ seine Flügel erscheinen, stieß sich kraftvoll vom Boden ab und riss mich mit sich empor. Immer höher stieg er mit mir hinauf und bald sahen wir die Lichter der Stadt nur noch als einen funkelnden Teppich unter uns liegen. Es war ein sternenklarer Himmel und ich fragte mich, wohin er uns bringen wollte. Langsam wurde die Luft schon dünner. Abrupt verharrte er in der Luft und senkte den Blick zu mir. „Du dummer, dummer Fledermäuserich! Wovor hast du solche Angst? Fällt es dir so schwer mir, nein uns, zu vertrauen? Dann lass mich dir zeigen wie einfach das geht!“ Mit diesen Worten zog er mich höher, begann einen innigen Kuss und tat das Unfassbare: Er legte seine Flügel nicht einfach nur an, sondern ließ sie komplett verschwinden, klammerte sich an mich und wir stürzten zusammen in die Nacht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)