On the Cusp von _Scatach_ (Teil Zwei der BtB-Serie) ================================================================================ Kapitel 11: Hate and Love ------------------------- ‚Wo ist Trickreich?‘   ‚Er konnte mich nicht begleiten.‘   ‚Aber ich habe Kekse für ihn.‘   ‚Ich werde sie ihm von dir geben.‘   ‚Und das habe ich für dich gemalt.‘   ‚…Danke.‘   ‚Das sind du und Trickreich! Er hat witziges Haar. Und du schläfst. Du hast sehr sehr lang geschlafen.‘   ‚Das habe ich.‘   ‚Das ist schon okay! Er gibt auf dich acht. Siehst du? Er ist traurig.‘   ‚Traurig?‘   ‚Yup. Als du geschlafen hast war er so traurig.‘   Neji blinzelte langsam und strich mit dem Daumen über die Kante des Bildes, das er zwischen seinen Händen eingerahmt hielt. Maki hatte die Details mit Buntstiften gezeichnet und das mit einer kindlichen Tendenz, die Welt in viel bunteren und kühneren Farbtönen zu sehen. Überspitzte Farben und Proportionen verliehen dem Leben, Erinnerungen und dem Augenblick, den sie eingefangen hatte, ein Gefühl von Bedeutsamkeit und Sentimentalität.    Alles war in den Augen eines Kindes eine Farbexplosion und ein Wunder.    Vielleicht lag es daran, dass ihre Farbpaletten breiter und die Pinsel ihrer Vorstellungskraft unbefleckt waren.    Nejis Wahrnehmung war längst zu einem Grau verkommen. Selbst als Kind waren jede reiche Phantasie und Hoffnung zu dem klaren farblosen Schwarz und Weiß der Realität verwässert worden.    Sein Blick wanderte langsam über Makis Bild.    Während er an den Moment zurück dachte, den sie hier eingefangen hatte, fragte er sich, warum ihm die Welt nicht heller erschienen war, nachdem er es durch diesen gefährlichen schwarzen ‚Schlaf‘ geschafft hatte.   Ist es nicht eigentlich das, was passiert, wenn einem eine zweite Chance auf ein Leben gewährt wird?   Hätte er die Dinge anders sehen müssen? Eine tiefere Wertschätzung empfinden müssen für die Atemzüge, von denen er vergessen hatte, sie zu nehmen? Hätte er sich die Zeit nehmen sollen, diese Schattierungen und Farbtöne neu zu entdecken, die von der Säure dessen, was ihn beinahe umgebracht hätte, ausgebleicht worden waren?   Ist es denn überhaupt von Belang? Ich lebe.   Er hatte den Tod oft genug betrogen. Und dennoch, jedes Mal wenn er es tat, jedes Mal wenn er von dieser Kante des Nicht-Existierens zurückkehrte, verlor die Welt etwas mehr an Farbe.   Eines Tages…wird es anders sein.   Neji summte leise. Er war lebendiger als er es seit Monaten gewesen war – vielleicht sogar Jahren. Er hatte einen Sinn und eine Richtung und Kontrolle über den Zorn, der ihn immer weiter diesem Rand entgegen getrieben hatte.    Niemals wieder.   Behutsam legte er die Zeichnung zwischen zwei Pergamentblätter und schob sie in das abschließbare Fach der Tansu Truhe, die in einer Ecke seines Zimmers stand. Elegant gefertigt wies die Kiste ein kompliziertes Blatt Design auf, das in die blasse Maserung des Kiri Holzes geätzt war. Hiashi hatte den Tansu für seinen Zwillingsbruder in Auftrag gegeben. Es war der einzige Gegenstand, den Neji besaß, der etwas von Wert enthielt. Teile der Vergangenheit wurden hier aufbewahrt; Teile, die sich zusammenfanden, um zumindest ein bisschen Farbe in seine Welt zu bringen. In den Augenblicken, wenn Erinnerungen entschwanden und fort gewaschen wurden.    Seine Fingerspitzen strichen zärtlich über ein Stück Papier. Es steckte als Lesezeichen in einem Band mit Haiku Gedichten, die sein Vater immer gelesen hatte. Vorsichtig zog er das Papier heraus, warf einen raschen Blick auf das Gekritzel von Shikamarus Handschrift und steckte es rasch wieder zurück.   Er schob die Schublade zu.    Es fühlte sich an wie ein vergeblicher Versuch, eine mentale Tür zu einer Erinnerung zu schließen – und all den anderen, die daran geknüpft waren.    An ihn.   Neji ließ seinen Blick durch den Raum gleiten; milchige Seen verharrten auf seinem Futon. Sein Fokus richtete sich auf das Päckchen, das am Ende der Bettrolle lag. Er hatte es aus Hanegakure mitgebracht. Makis Kekse. Und er hatte vollkommen vergessen, das Geschenk Hibari mitzugeben und dem Rotschopf aufzutragen, es an Shikamaru weiter zu leiten.   ‚Er gibt auf dich acht.‘   Neji starrte auf die grobe Kordel, die um das braune Geschenkpapier geschlungen war, folgte den Windungen in den Knoten und empfand eine merkwürdige Symmetrie mit den Sehnen seines Herzens.    ‚Er war traurig.‘   Neji schloss die Augen und wandte sich von dem Futon ab, während er krampfhaft die Kanten der Truhe umklammerte. Fast schon schmerzhaft spürte er, wie sich die Metallarbeit des eisernen Tansurahmens in seine Handflächen biss. Und er versuchte, eine ähnliche Eisenummantelung um die empfindlichen Ränder seines Herzens zu legen.    Er konnte es nicht.    Und das ist der Grund, aus dem ich mich fernhalten muss.   ~❃~   Zahllose winzige Lichter.    Sie funkelten über den Boden wie eingeschlossene Sterne.    Die begehbaren Gärten von HOTARU fingen die Thematik des Glühwürmchens ebenso hingebungsvoll ein wie das Interieur des Ryokan. Kleine Teelichter schwebten an der Oberfläche flacher Teiche und das Wasser kräuselte sich in dem kurvenreichen Gleiten von Karpfen. Eine Reihe Laternen hing von den schlanken Armen gepflegter Bäume. Sie standen akkurat geschnitten entlang eines mit großen breiten Steinen gepflasterten Gehweges.    Der Mond schimmerte herab, doch die Silberstreifen erschienen im Laternenlicht golden und silbrige Nebelwolken wurden von einer Brise zerfetzt.    Energisch schüttelte Shikamaru den Gedanken an blutroten Nebel ab.    Neben ihm verlangsamte Temari ihren Schritt.    Der Schattenninja passte sich ihrem Gang an, als sie von dem steinernen Weg auf eine hölzerne Brücke traten. Die elegante Struktur bog sich tief über einen Seerosenteich. Halb versunkene Steinformationen erhoben sich aus den flachen Wassern und das Laternenlicht spielte funkelnd auf dem feuchten Stein.    Die Kälte zwickte an Shikamarus Haut und grub sich tief.    Träge drapierte seine Arme über die hölzerne Brüstung der Brücke und verschränkte die Hände mit einem festen Druck, der Gefühl zurück in seine tauben Finger zwang. Temari hielt neben ihm inne, doch er wandte sich ihr nicht zu. Er sah einfach nur hinunter auf den Teich und studierte das leichteste Wellenspiel, während er versuchte, zentriert zu bleiben.    Roter Ahorn raschelte in der kalten Brise.    Temari erschauerte ein einziges Mal. „Die Winde sind immer warm.“   Shikamaru drehte marginal den Kopf und spähte zu ihr hinüber. Temari hatte ihre Hüfte gegen die Brücke eingeknickt und einen Ellbogen auf dem Geländer abgestellt. Den anderen Arm hatte sie quer über die Brust geschoben, um die gegenüberliegende Schulter zu massieren.    „Suna.“, sagte sie leise. „Trocken. Warm.“   Sie starrte hinauf zu einer kupfernen Regenkette, die dazu gedacht war, die Tropfen im Zentrum nach unten zu leiten und deren rostigen Schattierungen im schummrigen Licht bronzefarben wirkten. Aus dem Augenwinkel beobachtete Shikamaru sie ruhig.    „Du reist morgen ab.“, erwiderte ebenso leise und hielt seine Intonation irgendwo zwischen einer Frage und einer Feststellung.    Temari fuhr weiter fort, die Regenkette zu mustern und ihre Gesichtszüge wurden von den rußigen Tönen von Schatten und Flamme verschleiert. „Konohas Friede mit Hanegakure ist auch zu Sunas geworden. Es ist gut, Verbündete zu übernehmen. Du hast diese Mission sehr gut gemacht.“   Shikamarus Brauen zogen sich scharf zusammen und die Muskeln an seinen Kiefergelenken zuckten.    Gerade, als sich Temari ihm zuwandte, drehte er den Kopf weg, erhaschte aber noch einen flüchtigen Blick auf diese karmesinroten Nägel, als sie die Arme auf der Brüstung kreuzte. „Wird Zeit, dass du endlich diese Beförderung bekommst.“   Shikamaru seufzte und widerstand dem Drang, seinen Kopf zwischen seine Arme hängen zu lassen. Er wollte wirklich nicht daran denken; geschweige denn darüber reden.    „Kein Interesse.“   „Nein.“, stimmte Temari leise zu. „Das hast du wirklich nicht. Aber in deinem eigenen Revier sollte es ja auch sicher für dich sein, Angebote so unverblümt abzulehnen.“   Shikamaru grinste bitter und das Krümmen seiner Lippen war kaum bemerkbar. Als ob sein Interesse oder seine Versuche, eine Position der Verantwortung zu meiden, wirklich von Belang wären. Tsunade setzte ihn ohnehin schon ein, als würde er den Rang längst innehaben. Ein offizieller Titel hätte also keinen verdammten Unterschied gemacht.   „Allerdings.“, fuhr Temari fort und ihre Stimme senkte sich warnend. „Solltest du Gaara jemals wieder in eine solche Position bringen, dann verspreche ich dir, dass ich nicht zögern werde.“   Shikamaru presste die Lippen aufeinander und wrang die Hände zusammen, bis sich die Fingerknöchel hart genug zusammendrückten, um zu schmerzen.    „Nicht zögern, was zu tun?“, köderte er und klang dabei gelangweilt.    Aus verengten Augen warf sie ihm einen dunklen Blick zu.    Einer von Shikamarus Mundwinkeln hob sich leicht.    Temaris Nägel gruben sich in das Fleisch ihrer Arme, als sie sich von dem Geländer aufrichtete. „Willst du mich wirklich ködern?“   Shikamaru ließ die Frage in der Luft hängen und seine Gesichtszüge waren verschlossen; dunkle Augen wurden von seinen dichten Wimpern abgeschirmt, während er hinunter auf den Teich sah…auf den zerbrochenen Spiegel seiner Oberfläche.    „Bin mir nicht sicher, ob du mich im Moment wirklich fragen solltest, was ich will.“ Er richtete die Frage an seine eigene Reflexion und beobachtete, wie sich die scharfen Winkel seines Gesichtes in Wellen kräuselten.    Er fing das periphere Glimmen von Temaris Stirnband auf und schloss die Lider gegen das Aufblitzen eines ganz anderen Hitai-ate vor seinem inneren Auge. Und mit diesem Aufblitzen kam die Erinnerung an kalten Stahl und an diesen besonderen Augenblick, als das Konoha Emblem von seinem eigenen abgehackten Keuchen benebelt wurde.    Und dann das Aufflammen tiefer opalhafter Iriden, die jeder noch so kleinen Bewegung seines Körpers folgten.   ‚Gib dich mir hin, Shikamaru…‘   Shikamarus Lider flogen auf und er schluckte rau und schwer.    Temari beobachtete ihn aufmerksam.    „Wieso das?“, murmelte sie.    Er hätte auf diese Frage dunkel lachen können.   Warum? Weil jetzt im Moment alles was er wollte, der schnellste Ausweg war, den er finden konnte. Das schnellste Mittel zum Zweck, um den Schmerz dieses Bedürfnisses und der Begierde zu betäuben, diesen zufälligen Fehlzündungen seiner eigenen Gedanken voraus zu sein und die Geister seiner Vergangenheit zu überwinden, die sich nicht aus dem Grab hätten erheben sollen, in dem er sie vor zwei Jahren begraben hatte. Wie zur Hölle es sein konnte, dass das alles ausgerechnet jetzt aufgewirbelt wurde, war jenseits seines Verständnisses; zumindest im Moment. Und er hatte auch nicht die geringste Chance, dahinter zu kommen, wenn er immer näher an sein Limit kam, was Schlafentzug anging.    Wie zur Hölle kann es eigentlich sein, dass dein ‚Vier Uhr morgens‘ Mist zu meinem Problem geworden ist? Du bist fort und es hört verfickt nochmal nicht auf. Du hörst nicht auf…   Er stierte blicklos auf das Wasser und spürte, wie die Brise seinen Atem zerfetzte, als er in Nebelschwaden davon schwebte. Sein Kiefer verkrampfte sich und seine Zähne pressten sich hart aufeinander.    „NARA!“   Der Ruf ließ Shikamaru zusammenzucken und sein Kopf schnellte nach oben, um über die Brücke zu spähen.    Wie ein körperloser Kopf, der im Dunst schwamm, schwebte Kotetsus Gesicht über einer der Laternen und wurde durch das Licht in verrückte schädelähnliche Konturen getaucht. Er trug einen der Straßenpylonen Partyhüte.    „Buh.“, wisperte er.    Shikamaru legte die Stirn in Falten und richtete sich mit einem trägen Schwung auf. „Wie lästig.“   Kotetsus Gesicht spaltete sich zu einem breiten Feixen und seine Zähne blitzten in der Dunkelheit auf. „Ah, du hast mich sehr verletzt, Nara. Wir sind doch ein Team und alles.“   „Team?“, fragte Temari und hob eine goldene Braue.    Shikamaru warf ihr einen halbherzigen Blick zu, der müde und wortlos ‚bring mich nicht dazu, das zu erklären, es ist ein gottverdammtes Drama‘ vermittelte. Und so zuckte sie nur mit den Achseln und verschränkte die Arme, während sie neugierig in Kotetsus Richtung spähte, als der Chūnin über die Brücke stolziert kam.    „Ich unterbreche doch nichts?“ Er wackelte schmeichlerisch mit den Augenbrauen.    „Nein.“, erwiderten Shikamaru und Temari wie aus einem Mund und beide sahen sich für einen Moment verlegen an, bevor sie den Blick abwandten.    Kotetsu schielte kritisch zwischen ihnen hin und her und stemmte die Hände in die Hüften.    Und dann schnaubte er mit spielerisch funkelnden Augen. „Klaaaar.“   Shikamarus Miene wurde mörderisch. „Ich kann mich nicht daran erinnern, deinen Namen auf der Gästeliste gesehen zu haben.“   Kotetsu krallte eine seiner Hände über sein Herz. „Ah, das hat weh getan.“   „Idiot.“, seufzte Shikamaru und rieb sich die Augen.    „Sie haben quasi darauf bestanden, mich rein zu lassen. Ist es denn meine Schuld, dass ich einfach unwiderstehlich für die Ladys bin?“ Kotetsu zuckte mit den Achseln und tat so, als müsste er die Last seiner selbst verliehenen Unwiderstehlichkeit von einer Schulter auf die andere verlagern.    „Hat denn auch eine Lady deine Nase neu sortiert?“, fragte Temari und hob etwas das Kinn, um damit auf die Bandage über Kotetsus Nase zu deuten.    Der Chūnin lachte auf und strich mit dem Daumen über das weiße Gewebe. „Tja, dahinter steckt eine verdammt spannende Geschichte.“   „Hab Spaß dabei, sie damit zu erfreuen.“, murmelte Shikamaru, vergrub die Hände in den Taschen und begann, zurück über die Brücke zu schlendern.    „Ich war gerade dabei, Ino zu erfreuen, bevor sie mich schamlos benutzt hat.“, seufzte Kotetsu und spähte wachsam zu Temari. „Weiber.“   Temari hob eine Braue. Doch Shikamaru hörte sofort auf zu laufen, ließ jeden Anschein eines Gesichtsausdruckes fallen und warf einen undeutbaren Blick über die Schulter auf den anderen Chūnin.    „Dich benutzt?“   „Jo!“ Kotetsu wirbelte auf dem Absatz herum und sein Pylonenhut neigte sich zu einer Seite, als er sich mit scharfen Bewegungen gegen die Schläfe klopfte. „Sie hat sich total verrückt die Kontrolle über meinen Kopf gekrallt. Ich habe gegen meinen Willen für zwei Flaschen Sake bezahlt!“ Kotetsu machte eine Pause. „Mann, das ist wie Verstandvergewaltigung. Ich war bewusstlos und alles.“   „Bewusstlos?“ Shikamarus Brauen zogen sich ruckartig und scharf zusammen.    „Jo, das soll einer verstehen, huh?“, schnaubte Kotetsu. „Und dabei ist sie diejenige, die besoffen ist. Das Jutsu hätte gar nicht funktionieren dürfen.“   „Was nicht besonders für dich spricht.“, schlussfolgerte Temari leichthin, doch ihre Augen blieben auf Shikamaru gerichtet und schätzten neugierig seine Reaktion ein.    Während er Kotetsus empörte, aber spielerische Verteidigung vollkommen ignorierte, bekämpfte der Nara den Drang, sich zornig mit den Fingern durch das Haar zu fahren. Obwohl er sich eigentlich sogar mehr danach fühlte, seine verdammten Finger an der Innenseite seines Schädels entlang kratzen zu lassen, um nach all den nachhallenden Spuren einer möglichen Invasion zu greifen, die er nicht hatte kommen sehen.    Gott, wenn sie…   Zorn und Anspannung stiegen rasant bis zu einer alarmierenden roten Zone in seinem Blut an und er fluchte innerlich. Als Kotetsu ihm hinterher rief, hatte er die Brücke bereits überquert.    „He! Wo gehst du hin?“   Ino umbringen.   ~※~   Ein blondes und lilanes Spektakel zog Shikamarus Aufmerksamkeit auf sich, kaum dass er das Esszimmer wieder betreten hatte.    Ein Spiel von ‚Lass den Ballon mit den Dämlichen Hüten platzen‘ war in vollem Gange.    Naruto und Hinata gegen Kiba und Ino.    Allerdings schien Ino den Sinn des Spiels nicht ganz verstanden zu haben. Denn statt Kiba auf dem Spielfed zu unterstützen, schien der Inuzuka eher Ino auf ihren beiden linken Füßen zu stützen.    Und im Grunde sah Ino so aus, als würde sie mit Kiba tanzen.    Oder eher, Kiba antanzen.   Einen Arm hatte sie wie eine langjährige Geliebte um seinen Hals gelegt und sie schwang aufreizend ihre Hüften, während sie auf den Fersen schwankte um zu versuchen, die Ballons mit ihrem Hut platzen zu lassen. In ihrer anderen Hand hielt sie ein bauchiges Glas, dessen Inhalt über den Rand schwappte.    Ihr glasigen blauen Augen blitzten immer wieder zu Sakura und Hibari, die am Tisch saßen.    Während Kiba zwar lachte, schien er deutlich besorgter darum zu sein, Ino aufrecht zu halten, statt sich zu gestatten, auf die Aufmerksamkeit zu reagieren, die sie im körperlich zuteil werden ließ, als wäre sie eine läufige Hündin.    Shikamarus Augen zogen sich gefährlich zusammen.    Dämliches, leichtsinniges, lästiges Mädchen.   Mit langen Schritten begann er, die Distanz zu schließen und egal wie sehr er versuchte, sein Gesicht zu einem blanken Pokerface zu zwingen, etwas von seinem inneren Aufruhr sickerte hindurch.   Und Kiba bemerkte es sofort.    Seine Nasenflügel bebten mit einem raschen Schnuppern und nahmen das wahr, was nichts anderes sein konnte als die Scheiße, die ordentlich am Dampfen war.    Schlagartig hörte er auf, über das zu lachen, was auch immer Ino ihm ins Ohr gelallt hatte und richtete seine Aufmerksamkeit auf Shikamaru. Auch Hinata folgte dem Blick des Hundeninjas und schnappte hektisch den Ballon aus der Luft, womit sie wiederrum Naruto verwirrte, der überhaupt nichts anderes mitzubekommen schien als die Tatsache, dass das Spiel offenbar abrupt abgebrochen wurde.    „Hey, was ist denn los?“   Kiba versuchte energisch, sich von Ino zu befreien, ohne sie aus dem Gleichgewicht zu bringen und die dunklen Schlitze seiner Iriden spannten sich immer mehr an, je näher Shikamaru kam.    Glücklicherweise stürzte sich Ino auf ihn, bevor einer der Männer etwas Unüberlegtes tun konnte.   „Da bist du jaaaaa!“   Als wäre sie ein gelangweiltes Kind ließ sie Kiba links liegen und warf ihre Arme um Shikamarus Hals, um sie gemeinsam in einem Kreis herum zu drehen, der dem taumelnden Schwappen ihres Getränks entsprach. Es wirbelte in einem rubinfarbenen Schwall durch das Glas; rot wie der Zorn, der sich auf Shikamarus steifen Gesichtszügen auszubreiten drohte.    Doch hier konnte er sie nicht konfrontieren.    „Du hast mich nicht sitzen lassen!“ Ino grinste.    Shikamaru schnitt eine Grimasse wegen des fruchtigen Atems, der ihm ins Gesicht schlug. Er musste einen Arm um ihre Taille schlingen, damit sie nicht umfiel, als sie auf ihren dünnen Absätzen schwankte. Kiba verließ schlagartig die Szenerie, indem er sich mit Naruto und Hinata an den Tisch zurückzog, um sich etwas mehr von dem Kuchen zu holen und der glazialen Spannung zu entgehen, die Shikamarus Gesicht überfrostete.    „Ino…lass mich sofort los.“, knurrte der Schattenninja.   „Warum? Kiba mag mich.“ Ino folgte mit beschatteten Augen den Bewegungen des Hundeninjas und grinste, während sie sich über Shikamarus Arm hängte und ihn so dazu zwang, einen Fuß nach hinten zu setzen, um das Gleichgewicht für sie beide halten zu können. „Jemand mag mich.“   Ruckartig zerrte Shikamaru sie in die Aufrichtung.    Ino jaulte auf und presste sich ihren Drink gegen die Brust. „Auuuu!“, wimmerte sie.    Zornig zischte er ihr ins Ohr: „Reiß dich verfickt nochmal zusammen und stell dich hin.“   „Ich stehe doch, du…du blöder Arschhhh!“, lallte sie.    Shikamaru grub tief in sich nach Geduld und blinzelte zweimal. „Hast du dein Jutsu bei Kotetsu angewandt?“   Ino nickte nachdrücklich und legte einen Arm um seine Schultern, um sich stützen. „Wo ist er hin?“   „Hast du es bei mir benutzt?“   Ino hörte ihm nicht zu. „Wo ist Temariiii?“   Shikamaru richtete seinen Griff an ihr neu aus und schob sie zurück zum entferntesten Ende des Tisches, während er versuchte, dem Stampfen ihrer Hacken auszuweichen. „Halt den Mund und setz dich hin.“   Ino schob schmollend die Unterlippe vor. „Awww, sie denkt, sie wäre zu gut für meinen Shikamaru?“ Ino giggelte und ihre Stimme lallte singsangartig in sein Ohr. „Hey, auf was achtest du denn eigentlich überhaupt bei einem Mädchen?“   „Abstand.“, blaffte er sie an, setzte sie auf einem der Stühle ab und schubste sie von sich, als sie versuchte, schon wieder ihre Arme um seine Schultern zu schlingen. „Lass das.“   „Awww, sei nicht so!“ Ino drehte schwunghaft ihr Handgelenk und verschüttete noch mehr rotes Zeug über die Glasschale und ihre Finger. „Du hast doch einen Harem, Shika!“   Shikamarus Miene wurde vernichtend, als er ihren Arm packte und das Glas aus ihren klebrigen Fingern zerrte, um es auf dem Tisch abzustellen. Energisch stieß er ihre Hände fort, als sie sich erneut nach ihm ausstreckten.    „Hör auf damit.“ Er senkte die Stimme. „Du benimmst dich wie der letzte Idiot und es fängt an, mich wirklich anzupissen.“   Ino zog den Kopf zurück und Verletztheit machte sich auf ihrem Gesicht bemerkbar, bevor sich ein irrationales wildes Flackern in ihren berauschten blauen Augen verfing. „Oh? Bin ich dir peinlich?“, schnappte sie erhitzt. „Lass ich dich schlecht dastehen, Missster Schwessstern Bumssser?“   Shikamarus Kiefer verhärtete sich zu Stahl. „Nett. Wirklich nett.“   Ino feixte säuerlich und tastete den Tisch nach ihrem Glas ab, hielt die Augen aber weiterhin auf ihn fixiert. „Mach schon!“ Mit einem hochmütigen Rucken des Handgelenks winkte sie ihn davon. „Mach und geh Temari an die Wäsche. Das ist doch eh alles…alles, was ihr Kerle wollt.“   Shikamaru runzelte die Stirn und seine dunklen Augen suchten aufmerksam ihr Gesicht ab. Er konnte geradezu spüren, wie sie Rücksichtslosigkeit in Wellen ausstrahlte. Und wenn man dieser Rücksichtslosigkeit seinen Zorn hinzufügte, könnte selbst ein Magic 8 Ball das Ergebnis vorhersehen.    Beruhige dich.   Bedächtig atmete er durch die Nase ein und glättete seine Stirn, um ihr mit einem kühlen Blick zu begegnen und ihr Pathos abzufangen, indem er nicht darauf reagierte. Hoffentlich würde sie diese Taktik zum Schweigen bringen.    „Du bist betrunken.“   Ino schniefte spöttisch und klatschte eine Hand gegen seine Schulter, um ihn weg zu schubsen. „Ich bin nicht betrunken. Ich bin glücklich.“   Shikamaru fing ihr Handgelenk ab und pinnte es an der Seite ihres Stuhles neben dem Tisch fest, während er ununterbrochen versuchte, keine Aufmerksamkeit auf sie zu ziehen.    Er hielt seine Stimme leise und so ruhig wie möglich. „Und du kannst auch sitzen bleiben und glücklich sein.“   „Und du kannst mich an meinen hübschen Arsch lecken.“ Ino versuchte, ihm gegen das Schienbein zu treten und verfehlte ihn komplett.    Shikamaru ging in die Hocke und beugte sich nach vorn. Seine Stimme verhärtete sich zu demselben Stahl seines Griffes, als er ihr Handgelenk festhielt, da er eine Ohrfeige vorhersehen konnte, sollte er sie loslassen. „Wenn du dich nicht beruhigst und den Mund hältst, dann werde ich deinen unerträglichen nervigen Arsch schattenbesitzen und dich hier raus zerren.“   Ino blinzelte eulenhaft und ihre Wangen erröteten, während sich ihre Lippen geschockt öffneten.    Sie starrte ihn an wie ein verletztes, weitäugiges Kind und das für die vollen paar Momente, die es brauchte, bis seine Worte bis in ihren benebelten Verstand gedrungen waren. Und dann brach sie laut genug in Gelächter aus, dass sich Augen auf sie richteten und sich Köpfe drehten. Shikamaru verzog innerlich das Gesicht und ließ sie los, doch eine finstere Miene stand überdeutlich auf seinen Zügen, als er sich auf den Stuhl neben ihr setzte und außer Sichtweite verschwand.    „Ino.“, warnte er leise, aber ohne irgendeinen Erfolg.    „Du willst mich misshandeln, Mann!“, lachte sie, schubste ihn spielerisch und jede Spur ihrer Wut machte Belustigung Platz, als sie diese Worte hin und her drehte. „Du..du Mannmisshandler.“   „Mannmisshandler?“, fragte Sai perplex von der anderen Seite des Tisches. „Sind Frauen denn nicht deine Präferenz, Shikamaru-kun?“   Ein verheerendes Schweigen senkte sich über den Tisch.    Stille – abgesehen natürlich von Ino. Sie begann unkontrolliert in ihren Arm zu prusten und ihr flachsfarbener Pony bebte unter ihrem Lachen. Shikamaru bewegte krampfartig den Kiefer gegen die Spannung, ergriff aber die Gelegenheit, die Aufmerksamkeit umzulenken.    Aus den Augenwinkeln warf er Sai einen äußerst flachen Blick zu. „Es muss weh tun, du zu sein.“   „Sai!“ Naruto stieß ihn mit dem Ellbogen an. „Was zur Hölle? Du kannst doch nicht einfach so mit sowas kommen.“   „Aber so nennt man das doch.“, erwiderte Sai und rieb sich die Rippen. „Coming out.“   Kiba spähte von unter dem Tisch hervor und sprach um einen Mund voll Kuchen herum, den er sich mit Akamaru teilte. „Wer hat sein Coming-out?“   Narutos Miene verfinsterte sich. „Mann Kiba, ermutige ihn nicht auch noch.“   Währenddessen angelte Sai in seiner Tasche nach etwas und legte ein Buch auf dem Tisch ab, bevor er durch mit Eselsohren versehene Seiten blätterte. „Hier steht, dass es ein harter aber stärkender Weg ist.“   „Aus dem Kämmerchen zu kommen?“, kicherte Kiba, während er sich Hintern voran unter dem Tisch heraus wand, um sich wieder auf einen Stuhl zu setzen.    „Kämmerchen? Ist das sowas wie ein Schrank?“ Sai legte die Stirn in Falten.    „Mein Schrank ist lila!“, verkündete Ino und wedelte mit einem Strohhalm herum. Sie ließ ihn über ihre vollen Lippen wandern und warf Kiba einen verführerischen Blick zu. „So wie die Spitzen-Teilchen, die ich darin aufbewahre.“   Kiba verschluckte sich zur selben Zeit an seiner Zunge wie Naruto.    Shikamaru dachte darüber nach, welche Strafe ihn wohl erwarten würde, sollte er seine Teamkameradin erwürgen und ließ hinter seiner Handfläche die Wimpern fallen. Sein Verlangen, Ino zu strangulieren, lenkte ihn jedoch nicht von der Tatsache ab, dass er sie von jedem Mann in der Nähe fernhalten musste, bevor sie sich vollkommen blamierte.    Wo zur Hölle ist Chōji? Eigentlich sollte er derjenige sein, der sich um sowas kümmert.   Shikamaru rieb sich die Lider, nur um sie gleich darauf in weitäugigem Schock aufzureißen, als Ino begann, mit den Fingern über seine Haarlinie zu streicheln.    „Awww, ist schon okay, Shikamaru.“ Sie tätschelte ihn sanft. „Ich werde schon ein nettes Mädchen oder Jungen für dich finden.“   Ruckartig zog er den Kopf von ihrer Berührung fort und stieß unwirsch ihre Hand beiseite. „Fass mich nicht an.“   Ino presste sich in einem bemitleidenden schmalen Schmunzeln die Lippen aufeinander. „Du kannst ruhig weinen. Ich werde dich nicht verurteilen.“   Shikamarus Augen fixierten sich auf ihren Mund und bemerkten die Flecken, die ihr Getränk dort hinterlassen hatte, bevor sich sein Blick auf das Glas richtete, das er ihr weggenommen hatte. „Was hast du getrunken?“   Ino grinste breit. „Irgendwas fruchtig-tuckiges.“   Auf der anderen Seite des Tisches blätterte Sai durch die Seiten seines Buches. „Hier steht, dass ‚tuckig‘ auch ‚homosexuell‘ bedeuten kann.“   Shikamaru suchte nach einer Flasche und überlegte, ob es sich besser anfühlen würde, sie an seinen Mund zu hängen, oder sie Sai über den Schädel zu ziehen. Doch Naruto reagierte für den ganzen Tisch. Sein Kiefer klappte fassungslos nach unten und sein Kegelhut neigte sich prekär auf eine Seite, als er auf seinem Stuhl herumwirbelte und seinen Teamkollegen entgeistert anstierte.    „Sai!“   Kiba nickte nur weise. „Ich glaube, wir sehen alle ziemlich tuckig aus mit diesen dämlichen Hüten.“   „Kiba!“   Neugierig sah Sai auf Kibas Hut. „Ist es denn tuckig, Hüte zu tragen?“   „Sai, würdest du die Klappe halten?!“ Naruto schnappte sich das Buch aus den Händen seines Teamkameraden und pfefferte es wie eine Handgranate, die jeden Moment hochgehen konnte, durch den Raum. „Warum zur Hölle liest du sowas?“   „Ich glaube, Naruto hat Angst, dass du ihn versehentlich outest.“, erklärte Kiba dem kalkgesichtigen und tief verwirrten Sai.    Naruto schnellte zu Kiba herum und der Rand seines Partyhutes verdeckte seine Sicht als er drohend mit einer Gabel in Shinos statt Kibas Richtung stach. „Nimm das zurück!“   Doch Kiba lachte nur wölfisch und ließ die Zähne aufeinander schnappen. „Bring mich doch dazu, Turteltaube.“   „Turteltaube?“, fragte Sai.   „Das ist der Kosename für ihre Liebhaber.“, zwitscherte Sakura über den Tisch und streichelte den kleinen orangenen Vogel auf Hibaris Schulter.    Sai blinzelte. „Wirklich?“    „NEIN!“, bellten Kiba und Naruto wie aus einem Mund.    „Doch!“, plärrte Ino und legte ihre hohen Hacken auf der Kante ihres Stuhles ab, als sie herum wirbelte und Shikamaru mit ihrem Haar ins Gesicht peitschte.    Ugh.   Diese Nacht verwandelte sich in etwas, das surreal genug war, dass sich der Schattenninja ernsthaft fragte, ob ihm jemand etwas in seinen Kaffee gemischt hatte. Zu schade, dass das nicht der Fall war. Denn das hätte zumindest Sinn gemacht. Er lehnte sich von Inos tatschenden Fingern weg, als sie die Arme und ihren Rücken nach hinten bog, um ihm kopfüber eine Entschuldigung entgegen zu lallen.    Stur starrte er auf die Tür und betete darum, das Chōji endlich auftauchte.    Währenddessen war Naruto damit beschäftigt, mit einer Faust unter Sais Nase herum zu fuchteln. „Ich bin nicht Teil dieses Teams, Idiot!“   „Ich glaube nicht, dass du ein Team hast, Naruto.“, neckte Sakura.    Und schockierender Weise erhob jetzt Shino die Stimme aus der gedämpften Dunkelheit seines Mantelkragens und ließ seine Worte ruhig über den Tisch schweben. „Vielleicht tendierst du auch zu beiden Teams, Naruto. Warum? Weil du eine Neigung dazu hast, überspitzte und defensive homophobische Qualitäten zu zeigen.“   „Stimmt.“ Kiba klopfte Shino auf die Schulter.    Der Aburama nickte ein einziges Mal. „Und dazu kommt auch noch die Tatsache, dass deine Überreaktionen für gewöhnlich vollkommen unbegründet sind. Also frage ich, was das wohl bedeutet?“   „Das Offensichtliche.“ Tenten hob den Blick von dem Sternzeichenbuch und wirbelte Messer und Gabeln über ihre Knöchel als wären es Kunai. „Die Lady, dünkt mir, protestiert zu viel.“   Naruto blinzelte und richtete sich ruckartig auf seinem Stuhl auf. „Whoa, wie hast du mich gerade genannt?“   „Einen Ladydog!“, giggelte Ino und warf ihre Arme in die Luft wie eine Cheerleaderin, wobei sie gerade so Shikamarus Kiefer verfehlte, als er sich duckte.    Er streckte einen Arm an ihr vorbei, ergriff ihr Getränk und die dazugehörige Flasche, um es außerhalb ihrer Reichweite zu schieben, ohne dass sie es merkte.    „LADY WAS?“ Naruto donnerte seine Hände auf den Tisch und schob sich mit einem vor Beleidigung rotem Gesicht auf die Füße; seine Nasenflügel bebten zornig. „Ich bin niemandes Hün-“   „Lady, dünkt…“, korrigierte Lee und hob einen Zeigefinger. „Das ist archaisch, Naruto.“   „Lee hat dich gerade als alte Frau bezeichnet, Naruto.“, krähte Kiba und sein Grinsen wurde durch seine spitzen Fangzähne noch schärfer. „Weil du auch wie eine kämpfst.“   Schlagartig sprang Naruto mit geballten Fäusten auf seinen Stuhl. „Na los, komm her und sieh was passiert.“   Ino klatschte begeistert in die Hände. „Oh yeah, Hundekampf!“ Sie streckte ihre Finger nach ihrem Glas aus, ergriff aber nichts als Luft, woraufhin sie sich auf ihrem Stuhl umwandte. „Heeeee, wo ist mein Drink?“   „Weg.“, knurrte Shikamaru mit den Augen weiterhin auf den Ausgang gerichtet. „So wie ich innerhalb der nächsten fünf Sekunden.“   Inos Augen weiteten sich und sie drehte sich ihm zu, um sich in seinem Ärmel festzukrallen. Shikamaru starrte stur auf die Tür.    „Bitte geh nicht.“ Sie stieß einen nach oben gerichteten Atemzug aus, um ihre Strähnen von ihren Augen weg zu pusten und blinzelte durch den Raum. „Wo ist mein Chōji? Ich will, dass meine Jungs zusammen sind!“   „Eh?“ Naruto hielt mitten in der übertriebenen Darbietung einer männlichen Pose inne und sah entsetzt auf Ino hinunter. „Du willst was?“   „Na dass ihre Jungs zusammen sind.“, echote Sai leise und blätterte durch ein anderes Buch. „Ich glaube, dass sie damit auf ein sehr beliebtes Genre in der Fiktion von Frauen anspielt. Hier steht auch, wie es genannt wird und zwa-“   „Würdest du es endlich gut sein lassen!“, plärrte Naruto und schwang seine Faust, wobei er Sais Hut mit einem lauten ‚PENG‘ in einen Ballon hämmerte.    Shikamaru zuckte zusammen und kam abrupt auf die Füße. „So…das war’s.“   Ino klammerte sich an sein Handgelenk. „Lass mich nicht allein, es ist mein Geburtstag! Es ist uuunssser Geburtstag. Du hast es versprochen.“   „Ino…“, fauchte er, doch das Grollen zerbrach angesichts des wässrigen Schleiers über ihren Augen. „Wag es ja nicht.“   Ino begann zu schniefen und biss sich hart genug auf die Lippe, um Shikamaru erkennen zu lassen, dass sie diese Wasserspiele diesmal nicht vortäuschte. Ihre blauen Seen begannen sich zu füllen und glitzerten mit einem Schein, der drohte, in einem schmalen Strom über die spitze Barriere ihrer Wimpern zu rinnen.    „Ino.“, seufzte er durch zusammengebissene Zähne.    Die Yamanka sackte auf ihrem Platz zusammen und starrte auf seinen verwaisten einsamen Stuhl. „Ich will doch nur, dass das Team zusammen ist.“   Wie ein geprügeltes Kind fiel sie mit einem gebrochenen Schluchzen nach vorn auf ihre Arme und machte diese kleinen ruckartigen Bewegungen, die Shikamaru zeigten, dass ihr emotionaler Damm näher am Brechen war als es der in seinem Verstand zu diesem Zeitpunkt war.    Gottverdammt…   Er fluchte leise, scannte den Raum in einem vergeblichen Suchen nach Chōji und fing stattdessen Sakuras Blick auf. Mit einem leichten Heben des Kinns und einem vielsagenden Blick auf Ino winkte er sie zu sich. Die pinkhaarige Kunoichi bahnte sich ihren Weg um den Tisch herum auf ihn zu und sah mit einem Ausdruck peinlich berührter Entschuldigung auf die Yamanaka.    „Sie ist wirklich durch.“   „Sag bloß.“, seufzte Shikamaru. „Weißt du, wo Chōji ist?“   Sakura gestikulierte zur Tür. „Ich glaube, er hat Hinata vorhin in der Küche geholfen.“   Ah…klar.   Shikamaru schüttelte den Kopf und ein leichtes Schmunzeln zupfte an seinen Mundwinkeln. „Klar. Danke.“   Sakura nickte und sah zu, wie sich der Schattenninja über eine wimmernde Ino beugte. Seine Hände schwebten unbeholfen an ihren Schultern und suchten nach dem besten Winkel, um sie zu fassen.    „Shikamaru…“ Sakura beobachtete ihn unsicher und versuchte ihr Möglichstes, mit einem grimmigen Lächeln Unterstützung anzubieten, das sich rasch zu einer Grimasse verzerrte. „Vielleicht solltest du nicht…“   Ein weiser Rat. Gottverdammt richtig; er sollte nicht.    Das wird weh tun.   Er ahnte bereits das Ergebnis voraus, das stark auf Inos Neigung beruhte, widerwärtig aggressiv zu werden, wenn sie sich derart weit in einen lästigen Winkel ihres inneren Zauberwürfels verirrte. Und dazu kam auch noch die Tatsache, dass sie mehr als nur ein bisschen bedient war.    Sich vorsichtig voran tastend schnippte er gegen ihren Kopf. „Zeit zu gehen, Prinzessin.“   Ino versteifte sich angesichts dieses verabscheuten Spitznamens und grollte in ihre Armbeuge.    „Ich hasse dich!“, blaffte sie und ließ eine Hand nach außen schnellen, um grob in seine Richtung zu schlagen; ihre Stimme zitterte und war schwer von Tränen. „Geh weg!“   „Ich wünschte“, knurrte er zurück, packte ihren herumfuchtelnden Arm und zerrte sie auf die Beine. „Komm schon, Bewegung.“   „Du bist so ein Mistkerl!“ Ino ballte eine Hand zur Faust und ließ sie auf seine Brust niederfahren, nur um gleich darauf ihre Stirn dorthin sinken zu lassen, während sie stöhnte und nach vorn schwankte. „Ich hasse dich.“   Shikamaru seufzte und begegnete Sakuras Blick über den blonden Bogen von Inos Pferdeschwanz hinweg. Die Lippen der Haruno pressten sich zu einem angespannten leichten Lächeln zusammen, doch Besorgnis schimmerte in ihren Augen.    „Nicht gerade die klügste Idee, Shikamaru.“   Der Nara brachte ein erzwungenes schwaches Lachen zustande, dass zu einem bellenden Husten wurde, als Ino hart gegen seine Brust schlug. Ihre Faust donnerte wieder und wieder nach unten, als sie ihren Frust heraus hämmerte und jeder Hieb etwas schwächer wurde.    Sakura verzog das Gesicht. „Brauchst du Hilfe?“   „Jo, morgen, wenn ich grün und blau bin.“, scherzte er schwach und schlang einen langen Arm um Inos Taille, um sie davon abzuhalten, sich zurück auf den Stuhl fallen zu lassen. „Könntest du Chōji rüber schicken?“   Sakura salutierte ihm mit den Fingerspitzen und nickte. „Na klar. Ich geh ihn sofort suchen.“   „Danke.“   „Ich hätte ihn haben können, wenn ich gewollt hätte.“, wimmerte Ino und ließ den Worten etwas folgen, das halb Grollen, halb Kichern war. „Wo ist Chōji? Chōji liebt mich.“   Shikamaru bedachte sie mit einem perplexen Blick. „Jo, er wird begeistert sein zu sehen, wie du dich wie ein Idiot aufführst.“   Ino versuchte, ihn von sich zu schieben. „Ich hasse dich.“   „Danke.“ Shikamaru wandte seine Aufmerksamkeit der Tür zu und holte entschlossen Luft, die ihn beinahe sofort wieder schlagartig entwich, als Ino ein erneutes Trommelfeuer ihrer Fäuste gegen seine Brust begann. „Hör auf, mich zu schlagen, oder ich-“   Ino heulte irgendetwas Klagendes und Bemitleidenswertes hervor, das wie ein weinendes Tier klang.    Shikamaru seufzte in ihr Haar.    Wie lästig.   ~❃~   ‚Wie zur Hölle machst du das? Wie zur Hölle kannst du das hier unterdrücken?‘   Die Worte suchten ihn noch immer heim.    Sie hielten sich ebenso hartnäckig wie dieser törichte Zwang, der ihn jetzt antrieb.   Neji wusste das, doch nicht einmal dieses Wissen konnte die Sehnsucht aufhalten.    Ich kann es immer noch nicht unterdrücken.    Es zog sich wie ein wellenförmiges Heben und Senken durch ihn, trieb ihn vorwärts und zerrte ihn fort; alles in derselben Bewegung. Kleine Körner der Vernunft glitten vor und zurück, als ein dumpfer Schmerz mitten in seiner Brust strandete.    ‚Ich werde davon laufen. Einer von uns muss es tun.‘   Neji bog scharf nach rechts ab und änderte damit bereits zum siebten Mal die Richtung. Ununterbrochen feuerte sein Verstand einen tadelnden Schwall ab.    Du hast versprochen, dass du davon fort laufen würdest. Das hast du getan. Jetzt halte dich fern.   Der Schmerz sank noch etwas tiefer in seine Brust.    Er katapultierte sich auf ein höheres Level, als versuchte er, diesem Kummer zu entkommen und lief über den Rand eines Gebäudes, das nahe bei der Akademie stand. Bedächtig sprang er hinunter auf eine Dachterrasse. Während das Haus größtenteils leer stand, war dieser Teil von einem großen quadratischen Sitzbereich dominiert, der von einem Dach geschützt und beschattet wurde.    Wer hätte das gedacht…?   Er hatte sich keinen Kurs vorgezeichnet, was dazu geführt hatte, dass er sich irgendwie willkürlich durch das Dorf bewegte und seine Route in mehreren Stops und Starts resultiert war. Doch im Grunde hatte er auch gar nicht vorgehabt, sein Ziel wirklich zu erreichen; nur, es zu umkreisen wie eine Feder, die im Griff eines unerschütterlichen Strudels gefangen war.    Neji atmete einen Strom aus Luft aus und sah zu, wie sie vom Wind fort gejagt wurde.    Morgen würde er einen Weg finden, dem nächsten kalten Windhauch aus Konoha hinaus zu folgen. Eine weitere Mission, ein weiteres Mittel zum Zweck, ein weiterer Schritt zu seinem finalen Ziel. Eine Mission mehr bedeutete immer eine Gelegenheit mehr, all die Teile zu finden, die so grob von dem Brett gezerrt worden waren, das er vor Wochen auf den Kopf gestellt hatte.    Keine weißes Blatt Papier, nur eine Neupositionierung von Teilen…ist es nicht so, Nara?   Neji spürte, wie die Spuren eines Lächelns an der Gefühlslosigkeit seiner Lippen zupften.    Er begab sich tiefer in die Schatten; ein dunkles Band über einem hölzernen Platz. Er kannte diesen Ort. Wusste, dass Shikamaru ihn immer wieder zu einem Zweck aufsuchte, den Neji einst überhaupt nicht nachvollziehen konnte.    Doch ein brennender Sonnenuntergang und ein eiskalter Sonnenaufgang vor zwei Wochen hatten das geändert.    Energisch versuchte er, die Kühle der Luft und den Griff der Erinnerung abzuschütteln und setzte sich, bevor er sich nach hinten auf das breite Holz legte, um hinauf in den Himmel sehen zu können. Seine Mondsteinaugen folgten den Wolken, die in einem unheimlichen Hauch gegen den Hintergrund aus endlosem Schwarz und unzähligen Sternen erleuchtet wurden.   Er würde auf den Sonnenaufgang warten.    ‚Sonnenaufgang, huh? Schätze mal, dass ich ein weiteres beschissenes Hallo aushalten kann…‘   Neji blinzelte langsam und kämpfte darum, die Augen nicht vollkommen zu schließen.    Könntest du einen weiteren Abschied ertragen?   Er sah zu, wie eine Wolke über den Mond schwebte und lächelte traurig.    Alles Gute zum Geburtstag…Shikamaru.   ~❃~   „Zieh sie aus.“   „Nein.“   „Zieh sie aus!“   „Nein!“, plärrte Ino ungraziös zusammengesackt vom Boden hoch und ihre tränenüberströmten Wangen waren zornrot. Sie stierte zu dem abgespannten Schattenninja hinauf. „Mistkerl!“   Shikamaru wich einem Schlag aus, während er vor ihr in die Hocke ging. „Wenn du sie nicht ausziehst, dann lass ich dich hier liegen.“   „OooOooh!“ Mit dem spöttischen Ausdruck übertriebener Angst zog sie den Kopf zurück, schniefte ihre Tränen hoch und wedelte verscheuchend mit einer Hand in seine Richtung. „Na dann geh doch! Verzieh dich. Du bist so gut darin, zu verschwinden!“   Shikamaru spannte seinen Kiefer an und krümmte die Finger in die Haut zu beiden Seiten von Inos Hals, um sich davon abzuhalten, seine Hände unnachgiebig um ihre Kehle zu legen. Sie sank nach hinten gegen die Wand und streckte ihm die Zunge heraus. Er entschied sich für Abstand statt der Versuchung zu würgen und so rammte Shikamaru seine Fäuste hart gegen die Wand und schob sich auf die Beine.    „Geh nur.“, höhnte sie. „Geeeeh.“   Er trat einen Schritt zurück und starrte durch den gelangweilten Halbmast seiner Wimpern nach unten.    „Zieh sie aus.“, wiederholte er und leierte die Worte müde herunter.   Ino zog ihr Bein zurück und versuchte, ihn hart gegen das Schienbein zu treten. Shikamaru wich ihr mit Leichtigkeit aus und beobachtete den bösartigen Sporn ihres Absatzes, der die Luft durchstach und laut auf den polierten Holzboden krachte. Sie hatte seinen Rist bereits mehrmals durchlöchert und ein misshandelter Fuß war ohnehin schon mehr, als er bereit war zu erleiden.    „Whoa, was ist denn hier los?“, rief eine Stimme den Korridor entlang.    „Chōji!“ Ino winkte theatralisch mit dem Arm wie eine Maid in Not, die ihren Helden begrüßte. „Du bist hier! Du bist kein Arschloch! Du bist mein allerbestester Freund!“   „Uh, okay? Ino, warum hockst du so auf dem Boden?“ Der Akimichi beschleunigte seine Schritte und suchte Shikamarus Gesicht aufmerksam nach einer Erklärung ab. „Was ist denn los?“   Shikamaru ruckte mit der Hand verärgert in Inos Richtung, bevor er sie hinunter auf seine Hüfte senkte und sein Gewicht von einem weiteren scharfen Tritt fort neigte. „Willst du damit sagen, dass dieses Schaum vor dem Mund Drama nicht reicht, um dich ins Bild zu setzen?“   Ino fauchte und knurrte und ging auf ihn los.    Rasch stellte sich Chōji zwischen die beiden, legte eine Hand an Inos Schulter und hob die andere, um Shikamaru auf Abstand zu halten – oder eher die schneidenden Worte des Schattenninjas. „Hey, mach es nicht noch schlimmer.“   Kopfschüttelnd lachte Shikamaru kehlig und freudlos. „Als ob ich das müsste.“   Ino versuchte erfolglos, über Chōji hinweg zu klettern, statt um ihn herum zu laufen und krallte sich mit lila lackierten Nägeln in seinen Rücken, die es nur danach juckte, sich in Shikamarus feixendes Gesicht zu graben.    „Du bist so ein Bastard!“, zischte sie ihn an.    Das ließ Shikamaru zögern und seine Eingeweide verkrampften sich.    ‚Und hier ist der höhnische Bastard, den deine Freunde nicht zu Gesicht bekommen.‘   Wenn sich der Hauch einer Emotion auf seinem Gesicht zeigte, dann nur für den Bruchteil einer Sekunde und er verlor sich sofort wieder hinter der Chamäleonhaften Veränderung zu seiner unberührten und trägen Miene. Er schüttelte den Kopf und seine mangelnde Reaktion machte Ino fuchsteufelswild. Chōji musste sie in einer bärengleichen Umarmung einschließen, um sie an Ort und Stelle halten zu können.    „Komm schon Ino, beruhig dich.“, sagte der Akimichi sanft und warf Shikamaru einen frustrierten Blick zu. „Gott, würdest aufhören, sie noch weiter aufzuziehen?“   Mit einem langsamen Heben der Braue täuschte Shikamaru die pure Unschuld vor.    Ino kreischte irgendetwas Unverständliches und wirbelte ihre Beine in einer rapiden Abfolge von Tritten herum, die Shikamaru irritiert beobachtete – und dann kalkulierend. Der Schattenninja passte ihre Bewegungen genau ab, packte ihren Knöchel und löste einen ihrer Schuhe, während der scharfe Absatz des anderen über seinen Handrücken schrappte.    Chōji zuckte zusammen. „Au!“   Shikamaru grunzte etwas, das übersetzt wohl sowas wie ‚sag bloß‘ bedeutete, bevor er dieselbe Methode nutzte, um auch Inos anderen Schuh zu konfiszieren. Er hakte die Riemen über seine Finger und trat zurück, während er die Dinger wie einen Siegerpreis vor ihr hin und her baumeln ließ.    „War das wirklich so schmerzhaft für dich?“, spottete er.    Ino keuchte mit stetig steigendem Zorn und ihr Gesicht war rot gesprenkelt und von Wimperntusche befleckt. Ein ungezügeltes Verlangen zu verstümmeln verzerrte ihre Gesichtszüge zu der Wildheit einer Wölfin, die sie vorhin auch schon auf Sakura gerichtet hatte.    „ICH HASSE DICH!“   Shikamaru blinzelte langsam. „Ja, das habe ich inzwischen mitbekommen.“   Sie ließ den schrillen Schrei einer Todesfee hören und stürzte sich in eine weitere Reihe vergeblicher Tritte, von denen jeder Chōji traf und ihn auf der Stelle schwanken ließ. Der Akimichi neigte sich nach hinten, bis ihre Beine nicht länger den Boden berührten und ihr weniger Freiraum blieb, um um sich zu schlagen.    „Uh, wo sollen wir sie hinbringen?“, fragte Chōji.   „LASS MICH RUNTER!“, kreischte Ino und die Höhe ihres Schreis fühlte sich an wie Nägel, die über ein Trommelfell kratzten.   Shikamaru bewegte krampfartig den Kiefer gegen den Ohrenschmerz und zog einen Satz Zimmerschlüssel hervor, wobei er auf das in das Etikett gravierte Symbol spähte. „Folge den Glühwürmchen.“   Und das taten sie.    Sie schritten die Korridore entlang und Shikamaru übernahm die Führung, indem er einige träge Schritte voraus lief. Sie kamen an Räumen vorbei, deren Türen weit genug auseinander lagen, um auf die luxuriöse Größe hinter jeder einzelnen schließen zu können. Alle waren mit unterschiedlichen Glühwürmchensymbolen markiert, die in rot oder lila auf die Holzmaserung gemalt waren. Shikamarus Blick glitt über die Schlüssel in seiner Hand, bevor seine Aufmerksamkeit auf der Suche nach Inos Zimmer zwischen den Türen hin und her wanderte.    Sechs Türen weiter den Gang hinunter hörte Ino schließlich auf zu heulen und begann stattdessen zu singen.    Sie hatte das Tretspiel aufgegeben, doch Chōji trug sie trotzdem weiterhin, da ihr räumliches Bewusstsein in etwa so gut funktionierte wie ihre Fähigkeit, eine Melodie zu treffen, geschweige denn den Text. Ihr betrunken gelalltes Lied verklang blubbernd im Hintergrund.    Shikamaru ignorierte es die meiste Zeit über und hielt vor einer der Türen.    Das gemalte Bild passte zum Etikett. Er drehte die Schlüssel über den Knöcheln und runzelte angesichts des Schmerzes in seinem Kopf die Stirn, der weniger mit Inos Gesinge zu tun hatte und viel mehr mit seiner eigenen Flut mentalen Geplappers. Sein Fokus teilte sich selbst in raue, unebene Segmente zwischen einem rapiden Zustrom von Gedanken auf; ein Ansturm verschiedenster Augenblicke, Erinnerungen und mentalen Notizen, die alle um seine Aufmerksamkeit buhlten.    Fuck. Seid einfach still…   Er ließ seinen Kopf gegen das Holz sinken und presste die Lider aufeinander, bevor er bebend ausatmete. Chōji war derweil viel zu sehr von dem Arm voll Ino abgelenkt, um es zu bemerken.    „Uh, ist das unser Zimmer?“, fragte der Akimichi mit hoffnungsvoller Stimme.    „Ziiiiimmeeeer.“ Ino trällerte das Wort zusammenhanglos in ihr Lied.    Während er den Schlüssel drehte, nickte Shikamaru. „Jo.“   Mit der Schulter schob er die Tür auf und trat sich mit den Zehen die Schuhe von den Füßen, um sie nach vorn in das Foyer zu kicken und Inos Hochhackige direkt hinterher zu pfeffern. Er trat ein und zur Seite, damit Chōji Ino über die Schwelle und weiter in den Hauptteil des Gästezimmers tragen konnte.    „…sind all die Blumen hin…?“, sang Ino.    Shikamaru strich mit den Fingern die Wand entlang und suchte nach dem Lichtschalter. Sein Daumen traf das Ziel. Ein dämmriges Pulsieren von kleinen Katzenaugenlichtern erglühte in dem Zimmer und retroreflektierendes Glas griff das Licht der bernsteinfarbenen Hauptbirnen auf, die hinter Shōji Schirmen und Fusama Paneelen platziert waren. Es war dieselbe honiggleiche Illumination, die auch im Restaurant genutzt wurde.    Und die kleinen Katzenaugen Applikationen hielten die Glühwürmchen Thematik aufrecht.    Dachte ich mir…   Shikamaru ließ seinen Blick durch den luxuriösen Raum wandern und nahm die Elemente des Interieurs in sich auf, die alle von Rot und Lila durchzogen waren und in eine irgendwie moderne Struktur eingehüllt waren. Aber es strahlte dennoch ein traditionelles Ambiente aus, das sich vor allem in den Rollbildern, dem dekorativen Alkoven und auch in dem Blumenarrangement deutlich machte.    „Ino, setz dich einfach hier hin, okay?“   Shikamaru spähte zu seinen Teamkameraden hinüber.    Chōji ließ Ino vorsichtig auf eine lange niedrige Couch sinken, deren Enden sich wie Stierhörner nach oben bogen. Es war ein elegantes und anmutiges Design, auf dem sich Ino schamlos ausbreitete und sich streckte wie eine Katze. Chōji zog ihren Rock nach unten und versuchte, sie dazu zu bringen, sich hinzusetzen. Doch stattdessen ließ sie ihre Arme von einem Ende des Sofas baumeln, ließ den Kopf hängen und brach abrupt in Tränen aus.    Shikamaru sah Chōji an.    Chōji blickte hilflos zurück.    Und Ino gab ein Geräusch von sich, das Shikamaru noch nie zuvor gehört hatte. Es ordnete sich irgendwo zwischen einem Schluchzen, einem Schrei und einem strangulierten Husten ein. Beide Männer bewegten sich unbehaglich auf ihrem Platz.    Shikamaru rieb sich den Nacken. „Wie lästig…“   „Was soll das heißen; ‚lästig‘?“ Chōji gestikulierte mit einer Hand in die Richtung der Yamanaka. „Was ist passiert?“   Achselzuckend ließ Shikamaru die Schlüssel um seine Finger wirbeln. Doch das Aufblitzen des Metalls konnte nicht von dem Schimmern von Inos Tränen ablenken. Sie schmierten sich wie glänzendes Schwarz über ihre Unterarme und waren von Wimperntusche befleckt wie verlaufene Farbe.    Verdammt.   Shikamaru ignorierte weiterhin vehement die sich aufbauende Anspannung, bis Chōji die Stirn in Falten legte und ihn mit etwas ansah, das deutlich stärker war als bloße Erwartung. Letztendlich hörte Shikamaru auf, die Schlüssel umher zu drehen und fing sie mit einem leisen Rasseln in seiner Handfläche auf.    „Was?“, blaffte er defensiv.   Chōji seufzte und zuckte bei einem besonders herzzerreißenden Schluchzer von Ino zusammen. „Ich suche ihr ein paar Taschentücher.“   Shikamaru schloss die Finger um die Schlüssel. „Taschentücher…“   „Für die Tränen, falls du das nicht bemerkt haben solltest.“, erklärte Chōji sarkastisch und bewegte sich auf seiner Suche durch den Raum. „Mann, was ist nur los mit euch beiden?“   Shikamaru blinzelte hart und verschluckte sich beinahe an seinem Atem. „Was zur Hölle soll das denn heißen? Euch beiden?“   Ino hob ruckartig den Kopf. „Es ist nicht seine Schuld!“   Sprachlos wegen dieser vollkommen unerwarteten Verteidigung musterte Shikamaru sie argwöhnisch aus dem Augenwinkel. „Ist es nicht?“   Ino schüttelte den Kopf abgehackt von Seite zu Seite und spritzte Tränen in alle Richtungen, bevor sie sich auf dem dunkelbraunen Sofa zu einem Ball zusammenrollte und in das plüschige Gewebe weinte.    „Es ist alles meine Schuld.“, heulte sie. „Es bin immer ich!“   Oh Gott…es ist ein verfickter Zauberwürfel…   Shikamaru konnte förmlich spüren, wie die scharfen, spitzen und komplizierten Ecken davon in sein Hirn stachen und von ihm verlangten, dieses große, lästige Mysterium zu lösen, das Yamanaka Ino war. In plötzlicher Panik stierte er zu Chōji und wirbelte auf dem Absatz herum, um sich rasch von dieser Szenerie zu entfernen. Er marschierte mit großen Schritten zu den Schiebetüren an der entferntesten Seite des Raumes.  „Ich hole Taschentücher und du kümmerst dich um das Drama hier.“   „Nein!“ Chōji trat ihm in den Weg und stach mit einem Finger in seine Richtung. „Du kümmerst dich darum.“   Shikamaru wich einen Schritt nach hinten, als hätte der Finger ihn geschubst. „Das ist ein schlechter Scherz. Sie weint.“   Chōji rollte mit den Augen. „Hab ich schon irgendwie bemerkt.“   „Na dann bemerkst du ja vielleicht auch ‚irgendwie‘ unsere Rollenverteilung hierbei.“ Mit einem allumfassenden Armschwung, drehte sich Shikamaru halb. Als würde er einen Vorhang zu einem zerstörten Bühnenbild aufziehen. „Du bist der ‚allerbesteste‘ Freund und ich bin der Bastard.“   „Ja, das bist du.“, sagte Chōji leise. „Wann genau ist es dazu gekommen?“   Shikamaru zuckte zurück, als hätte er einen heftigen Schlag eingesteckt.    Er wollte etwas darauf erwidern, musste aber feststellen, dass er es nicht konnte und schloss ruckartig den Mund.    Eine schwere Stille packte ihn bei der Kehle; härter noch als der Blick, mit dem Chōji ihn ansah. Es war ein Funkeln zorniger Verwirrung, das so fremd auf dem Gesicht des Akimichi war, dass Shikamaru einen Moment brauchte, um zu bemerken, dass er die Kontrolle über seine eigenen Züge verloren hatte. Er stierte seinen ältesten Freund an und seine dunklen Augen zuckten gegen die Emotionen an, die er bereits vorhin vor Ino zu verstecken versucht hatte.   Er konnte hören, wie sie im Hintergrund leise schluchzte.    Chōji unterbrach das Starren nicht.    Und Shikamaru konnte es nicht länger halten.    Nicht, wenn seine Augen drohten, mehr preiszugeben, als er bereit war zu zeigen.    Er senkte den Blick.    Und er sah nicht, wie Chōjis zorniges Funkeln auf eine tief traurige Weise weich wurde. Doch der Akimichi sagte überhaupt nichts, um der Spannung die Schärfe zu nehmen. Stattdessen ließ er sie einfach über Shikamarus Kopf hängen und drehte sich der Tür zu, in der der Schattenninja eine Fluchtmöglichkeit gesucht hatte.    Sie schloss sich leise hinter ihm.    Und Shikamaru ließ das sanfte Klacken des Holzes das Zeichen sein, um seinen Gesichtsausdruck zu lösen. Seine Lider pressten sich hart zusammen, bevor sie sich bebend öffneten und sich seine Augen auf die quadratischen Felder in dem Tatami Boden fixierten. Gedankenlos zeichnete er mit seinem Blick die Schatten nach, die von dem niedrigen Tisch in der Mitte des Raumes geworfen wurden.    Es gab nicht viel, was er wirklich hasste.   Aber mit Chōji zu streiten war etwas, das er verabscheute.   Für Shikamaru war Chōji die einzige Person, bei der er sich niemals vorstellen konnte, ernsthafte Schläge auszutauschen, sei es nun verbal oder auf andere Art. Und wann immer diese Gefahr bestand, erschütterte es ihn an Ort und Stelle, innen und außen – als hätten sie bereits einen Kampf ausgetragen und sich währenddessen blutig geprügelt.    Ino nuschelte irgendetwas.    Shikamaru zuckte angesichts des Lautes zusammen, schluckte angespannt und wandte sich ihr zu.    Sanft strichen die Sohlen seiner Füße über die Matten.    Seine sich nähernden Schritte wurden von ihrem Schniefen übertönt. Mit sehr viel Anstrengung aber ohne den geringsten Erfolg versuchte sie, sich in eine Ecke der Couch zu verkriechen. Shikamaru war sich nicht sicher, wie sie es überhaupt schaffte zu atmen, doch ihre zerfetzten Schluchzer ertönten weiter hinter einem Gewirr blonder Strähnen und verschränkter Arme.    „Ino.“, rief er leise.    Doch Ino schüttelte nur den Kopf; oder zumindest sah es so aus. Shikamaru seufzte und ging in die Hocke, während er sich ausgelaugt fühlte und müde und…   Schuldig…   Er war sich ziemlich sicher, dass er dieses Wort mit der vollen Kraft seiner 6.205 Sonnen hasste.   Langsam hakte er seinen Arm über das kurvige Ende der Couch und seine Fingerspitzen schwebten nahe an Inos Scheitel. Er seufzte schwer – schon wieder – und bot ein unbeholfenes kleines Kraulen an dem Bogen ihres Pferdeschwanzes an.    „Wirst du aufhören zu weinen?“   „Nein.“, nuschelte sie in das Sofa.    Shikamaru versuchte es nochmal und tätschelte ihren Kopf mit einem erzwungen wirkenden Hüpfen der Finger. „Du bist lästig.“   Ino schniefte und drehte den Kopf, um durch geschwollene Pandaaugen und die verklebten Haare in ihrem Gesicht zu blinzeln. „Du bist ein Mistkerl.“, lallte sie.    Achselzuckend brachte er ein schiefes Lächeln zustande. „Ja, wahrscheinlich.“   „Ich liebe dich.“   Shikamaru hörte sofort auf zu lächeln.    Es hätte witzig sein sollen, diese Worte zu hören, wenn man ihre vehementen Hasserklärungen vor gerade einmal einer halben Stunde bedachte. Er summte ein leises ‚Hn‘ der Belustigung aus der Rückseite seiner Kehle hervor und schüttelte den Kopf.    „Ich liebe dich sehr.“, fügte Ino hinzu.    „Du bist betrunken.“, erwiderte Shikamaru ruhig, da er nicht wusste, was er sonst darauf antworten sollte – wollte auch gar nicht darüber nachdenken.    Ino grinste albern und verzog das Gesicht gegen den Ansturm von noch mehr Tränen. „Ich will tanzen gehen.“   Eine von Shikamarus Brauen wanderte nach oben. „Kein Tanzen mehr.“   „Habe ich getanzt?“   „Oja. Über meinen Fuß.“   Und Kiba.   Der Gedanke legte seine Stirn in Falten, doch er verlieh diesem mentalen Nachwort keine Stimme.    Ino schniefte und drückte ihre Wange in das Polster, während sie über die Kante schielte und versuchte, einen Blick auf besagten Fuß zu erhaschen. „Habe ich dir weh getan?“   „Mein Gang wird niemals wieder sein wie zuvor.“, antwortete er trocken und versuchte, damit ein Kichern aus ihr zu locken, das die Tränen auf Abstand halten würde.    Ino grinste, doch fette Tropfen liefen aus den Winkeln ihrer wässrigen Augen. Sie zogen sich nass schimmernd über ihren Nasenrücken und sammelten sich in einer dunklen kleinen Pfütze auf dem Polster. Shikamaru zog die Brauen zusammen und krümmte einen Finger, um mit dem Knöchel der Spur zu folgen, unbeholfen die Tränen fort zu wischen und die verirrten und verklebten Strähnen aus ihrem Gesicht zu streichen.    „Warum weinst du denn überhaupt?“, murmelte er und versuchte, dabei genervt zu klingen.    Ino zog die Nase kraus und vergrub die Zähne in ihrer Unterlippe, um darauf herum zu kauen, während sich ihre Augen schon wieder mit dem salzigen Nass zu füllen begannen. „Weil mich niemand will…nur mich…um meinetwillen…“   Shikamaru blinzelte rapide. „Was?“   Ino stierte über seine Schulter und ihr glasiger Blick fokussierte sich auf etwas, von dem er wusste, dass er es nicht sehen würde, selbst wenn er sich danach umdrehen würde. Er konnte ihre Gedanken nicht lesen, aber er wusste, dass sie um die Ränder ihres inneren Zauberwürfels herum schlich.    „Mom hatte recht.“, wisperte sie verbittert. „Niemand will mich…“   Shikamarus Augen wurden rund. „Deine Mom hat das zu dir gesagt?“   Ino schloss die Lider und vergrub das Gesicht in ihrer Armbeuge. Stirnrunzelnd zerrte Shikamaru seinen Fokus aus seinem mentalen erschöpften Taumeln und zwang ihn, sich dem zuzuwenden, was noch von seiner Konzentration übrig war. Eine solche Gelegenheit würde er vermutlich kein zweites Mal bekommen.    Yamanaka-san. Inos Mutter.    Denk nach.   Wie einen Steckbrief, der in irgendeinem zerebralen Schrank verstaut war, zerrte er hervor, was auch immer sein Hirn an Daten zu Inos Mutter zu bieten hatte und raste mental die Details entlang.    Kein Ninja. Sehr dünn. Oberflächlich. Hübsch. Ist ausgetickt, als sich Ino als Genin die Haare abgeschnitten hat. Meine Eltern mögen sie nicht.   Naja, Shikaku benahm sich zumindest etwas taktvoller, was das anging. Yoshino hingegen hatte überhaupt keine Probleme damit, die geringwertigen Eigenschaften von Selbstbefangenheit der Frau aufzuzählen. Und Yoshinos Miniaturskizze von Inos Mutter war, dass diese Frau so seicht war ein Seerosenteich und Steine an ihren Fingern trug, die groß genug waren, dass Babys daran ersticken konnten. Und zu dieser Strichliste kam noch die Tatsache, dass sie offenbar überhaupt nichts zu essen schien, was mehr als einen Eierbecher füllte und jeden verachtete, der es tat – was sie auch bei den Akimichis nicht unbedingt in das beste Licht rückte.   Shikakus einzige Beschwerde bestand dahingegen eher in einer amüsierten Beobachtung. Eine, von der es ihm eine unbändige Freude bereitete, Inoichi deswegen zu sticheln. Und die drehte sich darum, dass Inos Mutter einen unerschütterlichen, aber völlig unbegründeten Verdacht hegte, ihr Ehemann würde hinter ihrem Rücken bei jeder sich bietenden Gelegenheit an brillanten Plänen der Untreue arbeiten und sie ausführen.    Und wenn er jetzt so darüber nachdachte, dann erinnerte sich Shikamaru an eine beiläufige Unterhaltung zwischen seinen Eltern vor neun Jahren. Eine Konversation, die sein junges Hirn vollkommen automatisch in dem mentalen Yamanaka Schrank abgeheftet hatte.    ‚Sie denkt ernsthaft, dass er fremdgeht? Schon wieder?‘   ‚Schon wieder.‘   ‚Das ist nicht witzig, Shikaku. Diese Frau…‘   ‚Inoichi hat schon immer gerne geflirtet und sie war schon immer paranoid. Es musste also so kommen.‘   ‚Aber es ist vollkommener Schwachsinn. Nach dem zu urteilen, was du mir erzählt hast, war er ihr gegenüber noch nie etwas anderes als hingebungsvoll und…Shikamaru, hör auf, vor dich hin zu starren und iss deine Eier.‘   ‚Ich mag sie nicht.‘   ‚Iss sie. Der arme Mann. Inoichi hätte aufstehen und gehen sollen, bevor er…bevor der Storch gekommen ist.‘   ‚Ich weiß, was das bedeutet, Mom.‘   ‚Iss deine Eier.‘   ‚Er liebt sie, Yoshino.‘   ‚Warum? Weil sie wunderschön aussieht, wenn sie an seinem Arm hängt?‘   ‚Nein.‘   ‚Naja, ist auch egal, aber stell dir nur vor, was sie mit Ino machen wird. Das arme Mädchen.‘   Shikamaru blinzelte sich von der Erinnerung zurück in die Gegenwart.    Und sofort richtete sich eine Reihe von Inos innerem Zauberwürfel korrekt aus. In einem einzigen ‚Klick‘ schoben sich die farbenfrohen Quadrate an die richtige Stelle und gestatteten es Shikamaru, dieser Logik auch unmittelbar zu folgen.    Warum zur Hölle bin ich nicht schon viel früher dahinter gekommen?   Und am Ende dieser Frage kam die schlagartige Antwort.    Weil du es nicht wissen wolltest.   Shikamaru biss hart die Zähne gegen das Schuldgefühl in seinen Eingeweiden zusammen. Verspätet bemerkte er, dass sich Inos Blick wieder auf ihn gerichtet hatte und ihre wässrigen Seen blinzelten, um ihn in den Fokus zu bringen.    Ino schniefte. „Du bist ganz genauso…du denkst…dass ich nutzlos bin…“   „Nein. Das denke ich nicht!“, erwiderte Shikamaru ernst und ignorierte die Flecken von Wimperntusche, als er ihr seinen Ärmel anbot.    Sie packte seine ganze Hand und zog ihn nach vorn, um ihren Kopf in seiner Armbeuge zu vergraben und erneut heftig zu schluchzen. „Es ist nicht fair…du hast Chōji…und ich habe…niemanden…“   „Das ist nicht wahr.“   „Meine beste Freundin…hat mich verlassen…wegen eines Jungen…Mom hat von Anfang an gesagt, dass sie das tun würde…hat gesagt, ich wäre…nur Konkurrenz…immer nur ein Wettbewerb…sie hatte recht…mit allem.“   Shikamaru runzelte die Stirn und beobachtete sie für einen Moment schweigend. „Sakura.“   Ino wurde vollkommen still und ihr Atem stockte ihr in der Kehle.    „Was weißt du schon?“, zischte sie.    „Mehr als ich will.“, gestand er und versuchte, die feuchte Wärme ihrer Tränen zu ignorieren, die seinen Ärmel tränkten. „Nicht, dass du auch nur die Hälfte der Zeit irgendeinen Sinn ergeben würdest.“   Inos Kopf schnellte nach oben und sie funkelte ihn zornig an. „Du…du bist so ein…ARGH!“   Shikamaru starrte sie ausdruckslos an.    „Du kapierst es nicht! Du…du weißt es nicht…“ Erneut ließ sie den Kopf hängen und fauchte das letzte Wort hervor, bis ihr Atem durch das Gewebe seines Oberteils brach und beinahe seinen Arm versengte, bevor sie wieder anfing zu weinen.    Stirnrunzelnd versuchte Shikamaru, seinen Arm zurück zu ziehen. Doch Ino klammerte sich hart genug daran, um seine Blutzirkulation abzuschneiden.    Okay, das wird jetzt aber sicher nicht passieren.   Er gab es auf, sich zurück ziehen zu wollen und veränderte stattdessen seine Position, indem er sich hinkniete. Langsam lehnte er sich gegen das Sofa; es war nicht bequem, aber zumindest bekam er so noch keinen Krampf.    „Niemand versteht es…“   „Ich versuche es.“, sagte er sehr leise. „Aber ihr Frauen seid so verdammt kompliziert…“   Ino hickste kopfschüttelnd. „Männer sind dumm.“   Das ließ Shikamaru schmunzeln. „Höchstwahrscheinlich.“   „Du solltest aber eigentlich schlau sein…“, klagte Ino ihn mit bebender Stimme an, die immer noch schwer von Tränen war.    „Scheinbar.“ Er spähte aus den Augenwinkeln zu ihr. „Kann ich jetzt meinen Arm wieder haben?“   Ino ruckte heftig verneinend mit dem Kopf, während salzige Ströme aus ihren Augen quollen. Es wurde langsam ziemlich schmerzhaft, sich das ansehen zu müssen. Und vor allem wegen der Tatsache, dass Shikamaru wusste, dass sie sich selbst am nächsten Morgen dafür hassen würde. Er hoffte inständig, dass sie sich einfach nicht daran erinnern würde. Und nach dem glasigen, leicht verwirrten Blick zu urteilen, den sie auf den Fußboden richtete, war es gar nicht so unwahrscheinlich, dass sie es wirklich vergessen würde.    Aber er würde es nicht.    Ich habe den Grund für das, was sie so durcheinander gebracht hat. Schätze mal, dass wir jetzt versuchen können, es wieder ins Lot zu bringen…   „Mir ist schlecht…“, nuschelte Ino.    Sofort zuckte Shikamaru auf den Ballen seiner Füße nach hinten. „Wenn du auf mich kotzt, dann knallt‘s.“   Ino giggelte blöde. „Knallt’s…“   Shikamaru ignorierte das Echo und zerrte seinen Arm zurück, um ihre Schultern zu packen und sie vorsichtig auf die Füße zu hieven. „Komm schon.“   „Alles, was du sagst, klingt so schmutzig…“   Verlegen räusperte sich Shikamaru. „Das liegt nur an deinem verdrehten Verstand.“   „Deiner ist verdrehteter…“   „Das ist nichtmal ein richtiges Wort.“   „Ist es wohl.“, schimpfte Ino und schwankte unstet auf den Füßen, während sie ihre Arme um seinen Nacken schlang, um die Balance halten zu können. „Alles dreht sich…“   „Darauf möchte ich wetten.“ Langsam begann Shikamaru, sich nach hinten zu bewegen und verzog das Gesicht, als sie gegen ihn stolperte und ihre Knie einknickten. „Shit!“   „Lass mich nicht fallen, Dummerchen.“ Ein Kichern blubberte in ihr hoch und überholte ihre Tränen, bevor sie schlagartig ernüchterte. „Du lässt mich immer fallen…“, wisperte sie.    Shikamaru erstarrte für den Bruchteil der Sekunde, den sein Hirn brauchte, um diese Aussage in den Kontext einzufügen. Kopfschüttelnd und mit einem leisen Grollen zog er sie wieder nach oben.  „So ist das nicht.“   Ino verstummte plötzlich, stellte sich auf die Zehenspitzen und verstärkte den Griff ihrer Arme um seinen Nacken.   Für einen langen unangenehmen Moment stand Shikamaru einfach nur da.    Und dann, statt sie von sich zu schieben, stemmte er widerwillig die Hände in die Hüften und neigte sich nach vorn, um den Druck von seiner Wirbelsäule zu nehmen, als sie sich wie ein Mühlstein um seinen Hals hängte. Im Ernst, diese betrunkenen Stimmungsschwankungen waren noch viel lästiger einzuschätzen als die üblichen Pendelbewegungen in ihrem Verhalten.    „Es tut mir leid, Shikamaru…“   Shikamaru erstarrte vollkommen angesichts dieser leisen Entschuldigung. Das waren immer sehr gefährliche Worte in seinem Verstand, doch diesmal ging es um die Art und Weise, wie sie sie sagte; mit diesem leisen, zerknirschten Wispern.    Stirnrunzelnd sah er hinunter auf ihren Scheitel. „Leid?“   Sie nickte und kitzelte mit ihrem Haar sein Gesicht. „Es tut mir leid.“   Er schüttelte den Kopf und wimmerte hörbar, als sich ihre Arme noch härter um seinen Nacken klammerten. „Okay, jetzt haben wir den Schmerz…“   Und aus irgendeinem Grund schienen diese Worte wie ein Messer durch Inos Herz zu sein und sie begann sofort wieder zu weinen. Da er vollkommen mit der Situation überfordert war und nicht wusste, was er tun sollte, ließ Shikamaru den Kopf nach hinten kippen und stierte an die Decke, während er ein müdes ungläubiges Kichern zustande brachte.    Sie heulte noch heftiger gegen seine Brust.    „Ino…“ Shikamaru reckte den Hals nach hinten, um wenigstens den schlimmsten ihrer klagenden Laute zu entkommen und fühlte sich zunehmend belästigt von den Tränen und seiner Unfähigkeit, herauszufinden, warum genau sie einfach nicht aufhören wollten.    Bitte hör auf zu weinen…   Vollkommen ohne sein aktives Zutun hoben sich seine Hände, um sich an ihre bebenden Schultern zu legen. Doch schlimmer als ihre heftiger werdenden Schluchzer war diese reibende Empfindung in seiner Brust. Inos Kummer begann, empfindliche Schaltungen in ihm umzulegen; Schaltungen, bei denen er zwei Wochen damit verbracht hatte, sie im Rückwärtsgang zu halten.    Er biss hart die Kiefer aufeinander und Panik durchfuhr ihn schlagartig.    Ich kann das nicht…   Aus dem Augenwinkel erhaschte er eine Bewegung.    Chōji stand am anderen Ende des Zimmers und hielt einen Stapel Geschenke im Arm. „Dein Zeug ist in deinem Zimmer den Gang runter.“   Shikamarus Kiefer klappte fassungslos nach unten. „Du bist gegangen?“   Chōji grinste leicht. „Jo, aber nur für `ne Minute. Sakura und Kiba haben die Geschenke hergebracht. Wie geht’s ihr?“   Shikamarus Augen weiteten sich flehend und er spähte vielsagenden auf Inos Kopf. Doch Chōji schmunzelte einfach nur und neigte seine Stirn den Korridor entlang, der jenseits des Tokonoma Alkovens lag.    „Ich hab ihr Bett schon vorbereitet.“, sagte er.    Shikamaru bedachte ihn mit einem äußerst flachen Blick. „Wirklich hilfreich. Also wie genau wollen wir jetzt…“, er brach ab und ruckte mit dem Kopf zu Ino und dann in Richtung des Schlafzimmers.    Chōji blinzelte und wog die Optionen mit einem Ausdruck ernster Nachdenklichkeit ab. Und dann ruckelte er bedeutsam mit den Geschenken, drückte sie sich etwas näher an die Brust und nickte. Shikamaru stierte ihn ausdruckslos an; er verstand den Wink nicht. Chōji wiederholte das kleine Hüpfen und die Ummantelung seiner Arme. Mit weiten Augen machte es bei Shikamaru ‚Klick‘ und vehement kopfschüttelnd bellte er ein raues Lachen hervor.    „Netter Vorschlag. Aber da bin ich raus. Du machst das.“   „Aber du schlägst dich so gut.“, lobte Chōji neckend und ließ seinen Blick zwischen den beiden Teamkameraden hin und her wandern.    Ino hing noch immer an Shikamaru, als wäre er ihre Rettungsleine und ihre Schluchzer wurden von berauschtem Stöhnen und kleinen Hicksern unterbrochen, die ihre Arme zusammenzogen wie eine Fallschlinge.    Shikamarus Augen verengten sich zu Schlitzen. „Wenn ich sie hochhebe, dann wird sie mich vollkotzen.“, zischte er zwischen zusammengebissenen Zähnen. „Und davon kann man sich nicht erholen. Das mach ich auf keinen Fall.“   „Du wirst mir dafür danken.“, versicherte Chōji.    „Bevor oder nachdem sie auf mich gekotzt hat?“   „Nah komm schon, so betrunken ist sie nicht.“   Shikamaru funkelte ihn zornig an, stupste Ino mit der Hüfte an und schubste sie dadurch beinahe mit allen vieren von sich gestreckt auf den Boden, bevor er sie gerade noch rechtzeitig an der Taille auffing. Er warf Chōji einen bedeutungsschweren Blick zu.    „Oh aber klar, sie hat sich total unter Kontrolle.“, stimmte er sarkastisch zu.    „Warum hast du das gemacht?“, blubberte Ino und sah aus, als wäre er soeben über all die Teile des Herzens getrampelt, dass sie gerade ausheulte. „Warum? Du bist so gemein…“   Chōji kicherte. „So gemein. Ich denke, du solltest sie tragen, weil du so ein gemeiner Mistkerl bist.“   „Ich liebe diese Logik.“ Shikamaru grinste und war in seinem Inneren mehr als erleichtert, dass Chōji wieder mit ihm scherzte – selbst wenn es auf seine Kosten ging.    „Liebe euch alle…ich liebe dich, Chōji.“, plärrte Ino; überwältigt von der tiefen Liebe, die sie plötzlich für jeden entwickelte. „Ich liebe dich, Shikamaru.“   Shikamaru seufzte. „Hör auf, solche Sachen zu sagen.“   Chōji lachte auf und schielte um die Geschenke herum. „Warum denn? Ist doch süß.“   „Es ist nicht süß!“, knurrte Shikamaru und war sich nicht sicher, was zur Hölle er wirklich dabei empfand, dass diese drei Worte an ihn gerichtet wurden; völlig egal wie platonisch.   Äußerst vorsichtig ging er in die Knie und versuchte, den besten Winkel zu finden, aus dem er Ino greifen konnte.    Das ist so bescheuert…   Er nahm einen bedächtigen Atemzug und entschied sich für die ‚Das Pflaster schnell abziehen‘ Methode statt Zögern und hoffte inständig, dass es auf diese Weise auch wirklich weniger schmerzhaft werden würde. Mit einem raschen Neigen der Schulter brachte er Ino aus dem Gleichgewicht, fing sie in den Kniebeugen auf und hob sie im Brautstil an, während er einen Arm um ihre Schultern legte.    Ino ließ ein kurzes überraschtes Quietschen hören, schlang sich die Arme um den Bauch und stöhnte, als ihr Kopf gegen seine Schulter fiel. „Ich fühl mich gar nicht gut.“   Shikamaru funkelte Chōji vielsagend an. „Soll ich dir schonmal danken?“   Lachend lehnte sich Chōji gegen die Wand. „Das wird explosionsartiges Erbrechen zwar nicht aufhalten, aber du wirst dir dann weniger gemein vorkommen.“   „Wenn es explosionsartig ist, dann ziele ich mit ihr auf dich.“ Und Shikamaru illustrierte diese Drohung, indem er sich dem Akimichi zuwandte.    Rasch duckte sich Chōji hinter die Geschenke und Kichern waberte über seinen behelfsmäßigen Schild. Shikamaru konnte das leise Lachen nicht in sich halten, das aus ihm stolperte und rollte aufgrund der Absurdität dieser Situation mit den Augen.    Inos Kopf sackte von einer Seite auf die andere und sie kuschelte sich an seinen Hals. „Jetzt bin ich müde.“   „Das ist wenig überraschend.“, murrte Shikamaru sanft und zog den Kopf von ihr fort, als sie rührselige Zuneigungsbekundungen gegen seinen Kiefer nuschelte. Mit einer vorsichtigen Drehung wandte er sich dem Schlafzimmer zu. „Bettgehzeit für dich.“    ___________________ Sooo die Party ist wohl fürs erste vorbei :D Ein sehr emotionales und auch irgendwie dramatisches Kapitel und ja was soll ich sagen...mein Vorsatz von 'Kein Kapitel mehr, das länger als 6000 Worte ist', hat SUUUUPER geklappt -.-' xD Naja wie auch immer, ich hoffe sehr, dass es euch gefallen hat und es würde mich SEHR interessieren, was ihr davon haltet, vor allem, weil hier etwas mehr über Ino verraten wird! :)  Vielen vielen Dank wir immer an alle meine lieben und treuen Reviewer/innen und Leser/innen!!           Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)