Tale of Tsukiko (月子のお話 - Tsukiko no ohanashi) von federfrau ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Luka gähnte. Er war jetzt schon den ganzen Tag unterwegs, so wie die letzte Nacht und das zu Fuß. Nicht, dass das seine persönliche Entscheidung war, denn auch wenn er vom Aussehen sicher mit Leichtigkeit einem armen Wanderer glich, mal abgesehen von dem Katana, welches er auf seinem Rücken trug, er war alles andere als das. Doch wenn man, so wie er, schon seit fast drei Wochen unterwegs war, konnte man einem das wohl kaum übel nehmen. Und was den Grund anging, dass er zu Fuß ging: In einem Moment der Unachtsamkeit hatte man ihm sein Pferd gestohlen. Ein neues zu erstehen, dazu hatte er zur Zeit nicht ausreichend Geld. Zumindest dann, wenn er sich nicht gerade einen Klepper kaufen wollte, der vermutlich nach einem Eintagesritt den Geist aufgab. Also musste er nun wohl oder übel zu Fuß gehen und sich außerdem möglichst bald eine Arbeit suchen. Denn ja, mit seinem Pferd war auch sein Proviant weg. Der befand sich nämlich in den Satteltaschen. Ebenso seine Wanderkarte. Glücklicherweise jedoch konnte er von sich behaupten, ein gutes Gedächtnis zu haben und sich Dinge leicht merken zu können. Daher wusste er, dass er nach zwei, maximal drei Stunden ein kleines Dorf hier erreichen würde. Und die Preise für Unterkünfte waren erfreulicherweise deutlich weniger horrend, als in Städten. Immerhin ein kleiner Lichtblick. Luka hatte Glück. Er erreichte das Dorf gerade als der Himmel begann sich langsam von Rosa nach Blau zu färben. Hätte er ein wenig länger gebraucht, hätte er auch diese Nacht auf freiem Feld unter einem Baum schlafen müssen. So aber war er gerade darum herum gekommen. Und das Gasthaus selbst, vor dem er jetzt endlich stand, war auch sehr leicht zu finden gewesen. Wie in den meisten Fällen befand es sich am Dorfplatz. Auf dem hölzernen Schild, welches direkt über dem Eingang hing, stand Shiawasena tsuki – glücklicher Mond. Obwohl Luka doch sehr bezweifelte, dass dieser zu Gefühlsregungen fähig war. Er atmete noch einmal tief durch, stieß Eingangstür auf und trat ein. Der Innenraum des Gasthauses war rustikal eingerichtet. Es standen Holztische im Raum, vor diesen wiederum lagen Sitzkissen, auf welchen man es sich bequem machen konnte. Zudem kam Luka nicht umhin, diesen köstlich duftenden Essensgeruch zu bemerken, der in der Luft hing. Wenn das Essen so gut schmeckte, wie es roch, würde er definitiv auf seine Kosten kommen. Jetzt merkte er endlich, wie viel Hunger hatte. Was kein Wunder war, denn er hatte schon eine ganze Weile nichts mehr gegessen. Selbst eine Schale Reis würde ihm reichen, solange er jetzt nur etwas zwischen die Zähne bekam. Luka trat an einen der Tische und ließ sich auf einem Sitzkissen nieder. Sein Katana legte er neben sich ab. Kaum hatte er das getan, schob schon jemand den Vorhang zur Seite, die den Gastraum zur Küche trennte und herein trat ein junges Mädchen, welches nicht älter als siebzehn oder achtzehn sein konnte. Auf ihren Händen balancierte sie geschickt ein Holztablett mit drei Schalen Reis, Ramen und etwas, das ganz nach Okonomiyaki aussah. Allein bei dem Anblick lief ihm schon das Wasser im Mund zusammen. »Ich komme gleich zu Euch«, sagte sie, bevor sie an einen anderen Tisch ging, um die Speisen abzustellen. Luka nickte. Er hatte heute ohnehin nichts mehr vor als jetzt etwas zu essen und dann zu schlafen. Endlich wieder auf einem Futon. Das letzte Mal, dass er das tat, war gefühlt schon eine Ewigkeit her. Auch wenn es genau genommen nur zehn Tage waren. Doch diese kamen ihm eher wie Jahre vor. Was besonders daran lag dass ... »So, da bin ich. Entschuldigt bitte, dass Ihr kurz warten musstet«, riss das Mädchen ihn aus seinen Gedanken, bevor diese vollends abdriften konnte. »Was kann ich für Euch tun?« »Also erstmal würde ich gerne etwas essen«, antwortete Luka. »Und außerdem-« Weiter kam er nicht. »Ist das etwa ein echtes Dōtanuki, welches Ihr habt?«, fiel sie ihm nämlich ins Wort, als sie sein Katana bemerkte. »Ich habe noch nie eines gesehen, aber das ist es, oder? Es ist wunderschön!« Luka blinzelte irritiert ob ihres begeisterten Ausbruchs, mit dem er nicht gerechnet hatte. Ebenso wie es ihn überraschte, dass sie sich mit Schwertern auskannte. Dann nickte er. »So ist es.« »Das erscheint Euch wahrscheinlich seltsam aber: Darf ich es mal halten?« Luka runzelte die Stirn. »Es ist aber schwer.« »Ihr müsst Euch keine Sorgen um mich machen«, sagte sie und lächelte. »Mache ich nicht.« Luka seufzte, dann reichte er es ihr. Sie nahm es mit einer Verbeugung an, wog es kurz in der Hand und zog es mit einer eleganten und geübten Bewegung aus der Scheide. Nur um es dann mit Bewunderung zu betrachten. »Wirklich schön«, sagte sie noch einmal. Luka war verwirrt, so wie sie mit dem Dōtanuki umging, erschien es ihm, als hätte sie nicht zum ersten Mal ein Katana in der Hand. Aber das machte keinen Sinn. Denn Samurai waren die einzigen, welche diese benutzten. Wie sollte ein Mädchen aus einem kleinen Dorf den Umgang damit gelernt haben? Vielleicht war sie einfach nur geschickt. »Es ist gar nicht so schwer wie ich dachte«, meinte sie in diesem Moment. »Trotzdem aber mehr als ein gewöhnliches Katana.« »Tsukiko!« Das Mädchen zuckte von dem Ruf überrascht zusammen, ebenso wie Luka, und murmelte einen leisen Fluch. Dann drehte sie sich um, zu dem Mann, der mit deutlich verärgerter Miene zu ihr trat. »Vater.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)