Torschusspanik von Centranthusalba ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Gregor, mach was draus!“ Im letzten Moment schießt Kevin den Ball in hohem Bogen rüber zu seinem Stürmer, bevor er von zwei Verteidigern der Teufel umgerannt wird. Wie eine Rakete stürmt der Gerufene übers Spielfeld, sein Ziel fest vor Augen. „Stoppt ihn, lasst Gregor nicht zum Schuss kommen!“, schreit Viktor seine Defensivspieler zur Hilfe. Angespannt geht er in Position und erwartet den gefährlichsten Stürmer der Stadt zum Schuss auf sein Tor ausholen. Tatsächlich erreicht die Nummer 3 der Teufel den Angreifer zu spät. Gregor erwischt den Ball und schießt, ohne zu zögern, volley auf das Tor der Teufel. Gespannt wie eine Feder streckt sich Viktor nach oben. Mit einem mächtigen Knall prallt der Ball von der Latte ab. Ein Raunen geht durch die Schüler der Kitahara, die sich am Spielfeldrand eingefunden haben, um das Match der beiden rivalisierenden Mannschaften zu verfolgen. Viktor verfolgt mit den Augen, wie der Ball zurück ins Feld fliegt. Er knirscht mit den Zähnen. Wie befürchtet, ist Gregor seinem eigenen Schuss nachgelaufen und nimmt den Ball sofort wieder an. Wie ein Tiger fokussiert er sich auf Viktor im Tor. Einen kurzen Moment lang sehen sich die Kontrahenten in die funkelnden Augen. Gregor schießt aus kurzer Distanz. Viktor geht in die Knie, blockt den Ball mit beiden Händen ab, doch der Stürmer lässt nicht locker. Mit einem Kampfschrei schlittert er über den Rasen dem Ball nach, erreicht das begehrte Leder mit der Fußspitze, lupft es direkt aus Viktors Händen über den Torwart hinweg. Dann rutscht er ungebremst mit den Füßen voran in den Gegner hinein. Erst das Netz beendet den Frontalangriff des Kickers-Stürmers. Als sich die Staubwolke am Tor wieder legt, erhebt sich Gregor hustend und keuchend. Mit der Hand wischt er sich erleichtert den Schweiß von der Stirn. Tor. Geschafft. Gegen einen der besten Torhüter der Gegend. Das war echt Arbeit. Er sieht Charlie und Kevin jubelnd auf ihn zustürmen und hebt lachend die Hand zum Victory-Zeichen. Da hört er es hinter sich leise husten. Verwundert dreht Gregor sich um. „Viktor?“ Erst jetzt hebt er auch den linken Arm, mit dem er sich bis eben auf seinem Gegner abgestützt hatte. „Was ist mit ihm?“, ertönt jetzt auch die Stimme eines Verteidigers im roten Trikot, „Hey Käpt’n!“ Das Siegeslachen auf Gregors Gesicht ist wie eingefroren. Zögerlich berührt er Viktor an der Schulter. Der Kapitän der Teufel liegt zusammengekrümmt im Tor. Er zittert leicht und durch die zusammengepressten Zähne zieht er stoßweise Luft. Seine Augen sind schmerzhaft zusammengedrückt und seine Lippen haben eine bläuliche Färbung angenommen. „Viktor? Alles ok?“ In Gregors Kopf rauscht es. Eben noch war er voller Adrenalin über das gemachte Tor und nun fühlt sich der Anblick seines Rivalen an, wie ein Fußtritt in die eigene Magengrube. Inzwischen sind immer mehr Spieler zum Tor gekommen und starren ratlos auf den am Boden liegenden Torhüter. „Jetzt holt doch endlich die Sanitäter!“ – „Haben wir hier nicht!“ – „Dann den Schularzt, du Idiot!“ – „Wir brauchen Hilfe!“ Alles ruft aufgeregt durcheinander. Gregor sitzt immer noch auf dem Boden und sieht hilflos zu, wie sich Viktors Brustkorb verzweifelt hebt und seine Lippen immer blauer werden. Die Aufregung um sich herum nimmt er nur wie durch eine dicke, graue Wolke war. Bis ein Schrei ertönt. Ein Schrei, den er so nie hören wollte: „Onii-chan!!! Was ist mit ihm?!“ Conny hat sich aus der Masse des Publikums gelöst und ist quer übers Spielfeld zum Tor gelaufen. Im Augenwinkel bemerkt Gregor, wie Gordon mit ausgestreckten Armen auf sie zuläuft und sie vom Ort des Geschehens wegdrückt. „Hey Gregor,“ hört er plötzlich eine feste Stimme direkt neben seinem Ohr. Eine kräftige Hand packt ihn an der Schulter und schiebt ihn mit Bestimmtheit zur Seite, „hast du ihn mit den Füßen im Bauch erwischt?“ Gregor nickt wie hypnotisiert. „Joey, komm mal her, anpacken!“, ruft der Neuankömmling einem weiteren, kräftig gebauten Schüler zu. Mit sicheren Händen drehen sie den verkrampft daliegenden und immer noch um Luft ringenden Viktor auf den Rücken. „Was tun sie?“, schreit Conny dazwischen, „Holt doch endlich einen Arzt! Gregor, was hast du getan?“ „Keine Angst,“ der Schüler lächelt beruhigend, „Zwerchfell eingedrückt. Im schlimmsten Fall ein paar geprellte Rippen. Das haben wir öfter mal beim Karate-Training. Wir wissen, was man dann tun muss.“ Er nickt dem anderen, den er eben Joey gerufen hatte, zu und positioniert seine Pranken auf Viktors Schultern. Dieser zuckt mit den halb geschlossenen Augen, während sich sein Körper unter den verzweifelten Versuchen Luft zu holen immer wieder zitternd aufbäumt. Oliver, der Kapitän des Kitahara-Karate-Clubs, beugt sich nah über das schmerzverzogene Gesicht: „Das wird jetzt kurz etwas weh tun, aber dann wird’s besser.“ Er wartet nicht, ob Viktor verständig nickt oder sonst irgendein Zeichen gibt. Stattdessen gibt er dieses an seinen Kameraden und auf ein kräftiges „1-2-3!“ drücken sie den gekrümmten Körper an den Schultern und den Oberschenkeln nach unten auf den Boden, ziehen ihn mit einem Ruck auseinander und dehnen mit Gewalt den eingerollten Oberkörper auseinander. Viktor entfährt ein markerschütternder Schrei, gefolgt von einem rasselnden Geräusch, als endlich wieder Luft in seine eingedrückten Lungen strömt. Nach einigen erschöpften Atemzügen öffnet er schließlich wieder die Augen. „Du bist wirklich der gefährlichste Stürmer, den ich kenne, Gregor“, keucht er, dann heben Oliver und Steve ihn hoch und tragen ihn mit seinen Armen über ihren Schultern vom Platz Richtung Krankenstation. Schweißgebadet hockt Gregor immer noch im Tor und starrt auf die Stelle, an der Viktor bis eben gelegen hatte. Er kann keinen klaren Gedanken fassen. In seinen Ohren rauscht es. ~⚽️~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)