Comfort von Votani (Haru x Rin) ================================================================================ Kapitel 1: Comfort ------------------ Der Wind wehte ihr eiskalt um die Nase, doch Rin wusste insgeheim, dass ihr Gesicht nicht nur aufgrund der Winterkälte gerötet war, sondern auch, weil sie sich gerade ziemlich dumm vorkam. Aus den Augenwinkeln schielte sie zu Haru hinüber, der mit ausdruckslosem Gesicht an ihrer Seite ging. Sein Blick war geradeaus auf die schneeverschneite Straße gerichtet, während seine Hand unnachgiebig an ihrer festhielt. „Es ist nicht mehr weit“, entrann es Haru, als er ihren Blick bemerkte. Er deutete auf das leuchtende Reklameschild der Bäckerei, die sich wie das Licht eines rettenden Leuchtturms aus den stürmenden Wellen erhob. Allerdings vermochte nicht einmal der Anblick ihres Zielorts Rins tobendes Gefühlschaos zu besänftigen. Am liebsten wäre sie stehen geblieben, wenn nicht sogar umgekehrt, aber sie wollte Haru nicht erklären müssen, weshalb sie es sich anders überlegt hatte. Außerdem wären sie dann umsonst den ganzen Weg gelaufen. Rin schluckte ihren Unmut hinunter, als Haru die Tür für sie öffnete und die Glocke darüber mit einem hellen Ton ihr Eintreten ankündigte, die Blicke anderer Kunden sowie des Personals auf sich ziehend. Harus Finger lösten sich von ihren, ehe seine Hand den Platz auf ihren Rücken fand, weil Haru immer ganz genau wusste, was sie brauchte und wie er sie auch ohne Worte stärken konnte. Ihren Schal am Kinn höher ziehend, bis er fast an ihre Lippen reichte, trat Rin in die kleine Bäckerei und betrachtete all die Leckereien, die in den Auslagen ruhten. Alles sah fürchterlich frisch und gut aus, aber der Anblick des Gebäcks änderte rein gar nichts an Rins Unsicherheit. Sie kannte sich hiermit nicht aus, verstand nichts von Nettigkeiten und davon, wie man anderen eine Freude machte. Immerhin war sie grob und direkt, sodass man ihr oft in der Vergangenheit eine giftige Zunge unterstellt hatte. Es gab nur wenige Menschen, die sie aus einem anderen Blickwinkel sahen, die irgendwie hinter die Maske, die Rin einfach nicht ablegen konnte, weil sie gleichzeitig auch eine Schutzmauer darstellte, schauen konnten. Es waren diese Menschen, die Rin eine Freude bereiten wollte, für die sie anders sein wollte. „Meinst du, Tohru würde sich wirklich über Gebäck freuen?“, fragte sie an Haru gewandt, als sie schweigend vor dem Glastresen zum Stehen kamen und den Blick über die Auslage wandern ließen. „Ich meine nur… Sie hat bestimmt auf der Bahnfahrt hierher gegessen und…“ Außerdem war sie mit Kyo unterwegs und Kyo und sie hatten einander nie besonders nahgestanden. So richtig konnte Rin immer noch nicht verstehen, was Tohru in ihm sah und hätte noch immer nichts dagegen, wenn sie mit ihm Schluss machen würde, um wieder nach Hause zurückzukehren. Doch wenn Rin ehrlich mit sich selbst war, wollte auch sie, dass Tohru glücklich war und wenn Kyo Tohru so glücklich machte wie Haru sie, dann wollte Rin diesem Glück nicht im Weg stehen. Ein frustrierter Laut entwich Rin, als ihr Blick an einem Dessert hängen blieb, was mit seiner Dekoration vollkommen aus dem Bild zu fallen schien. Die Kuchenstücke waren mit weißer Glasur in der Form von Harfen bedeckt, als seien die Harfen aus Eis gemacht. „Wer isst überhaupt Kuchen im Winter?!“ Haru hob den Blick zur Decke, als dachte er ernsthaft über ihre barsche Frage nach. „Vielleicht ist es wie Eis. Nicht zu jeder Jahreszeit angebracht, aber doch immer lecker. Und manchmal kann man sich einfach nicht beherrschen“, schlug er schließlich vor, obwohl Rin nicht einmal sagen konnte, ob sie ihren Ausruf ernst gemeint hatte. Rin studierte sein Seitenprofil für einige Momente. Seine Haare waren wie üblich gestylt, doch auch sein blasses Gesicht war von der Kälte leicht gerötet. Sie hatten schon so viele Winter seit ihrer Kindheit miteinander verbracht, so viele Male seine kalten Lippen geküsst und sich von ihm aufwärmen lassen, aber es war immer wieder wie ein Blitzschlag, der durch ihren Körper fuhr, wenn sie ihn ansah und ihr mal wieder auffiel, wie sehr sie sich trotz all der Jahre zu ihm hingezogen fühlte. Der Knoten in Magen lockerte sich bei seinem Anblick, bei seinen merkwürdigen Worten, die Sinn ergaben und es doch nicht taten. Ihre Mundwinkel zuckten, als sie den Blick auf die Kuchenstücke senkte, die mit Harfen aus Glasur beschmückt waren und rein gar nichts mit einem langerhofften Wiedersehen zu tun hatten. „Ich wünschte, Tohru hätte mir früher Bescheid gesagt, dass sie in der Stadt ist, anstatt erst heute morgen“, murmelte Rin und presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. Haru streichelte beruhigend über ihren Rücken, die Wärme seiner Hand selbst durch ihren Wintermantel spürbar. „Sie wollte dich überraschen.“ „Ich hasse Überraschungen.“ Rin verzog das Gesicht. „Wenigstens Kazuma-san hätte etwas sagen können. Er wusste es ganz sicher und hat es verheimlicht.“ Immerhin übernachteten Tohru und Kyo während ihres Besuchs bei ihm, weshalb Rin nicht glaubte, dass er nicht vor ihrer Anreise informiert gewesen war. Haru deutete ein Zucken der Schultern an. „Überraschungen halten uns jung“, war seine Antwort und Rin schnaufte. Aber Haru hatte sich noch nie von ihrer abweisenden und schroffen Art einschüchtern lassen. Auch in dieser Weise war Haru anders als alle anderen, obwohl Rin annahm, dass dies auch mit der Tatsache zu tun haben könnte, dass er sie zu lange kannte. Er hatte sie gekannt, bevor ihre Familie wie Glas zersplittert war, eine Zeit, an die sie sich ungern zurückerinnerte. Selbst nach all den Monaten, die seit dem Brechen des Fluchs vergangen waren, war der Schmerz nicht weniger geworden. Die Wunden waren nicht geheilt, zumindest nicht in Rin. Das Gefühlschaos war noch immer da und schlich sich nachts in ihre Träume, aus denen sie meist erwachte, weil sie Harus Arm um ihre Hüfte wahrnahm oder seine Lippen, die sich gegen ihre Schläfe pressten. „Du weißt, dass Tohru sich über alles von dir freuen wird“, meinte Haru stattdessen so furchtbar weitsichtig, dass es Rin schon wieder die Verlegenheit in das inzwischen aufgewärmte Gesicht trieb. „Sie weiß, dass es von Herzen kommt und dass du an sie gedacht hast.“ Rin wandte sich von ihm ab. „Wieso musst du immer so gefühlsduselig sein, Haru?!“ Sie entzog sich seiner Berührung, als sie sich stattdessen an die Kassiererin wandte, die aus Höflichkeit ihre Distanz gewahrt hatte, aber dennoch in der Nähe lauerte, um ihre Bestellung aufzunehmen. „Zwei Stücke des Kuchens, bitte“, bat Rin und deutete auf das dekorierte Gebäck, von dem sie nicht genau wusste, um was es sich eigentlich handelte. Allerdings wusste sie auch nicht, was für Kuchenarten Tohru aß oder nicht. Sie hoffte, dass es ihr schmecken würde, denn sie hatte keinen Zweifel daran, dass Harus Worte der Wahrheit entsprachen. Tohru würde sich über den Kuchen freuen und ihn sofort essen. Aus den Augenwinkel sah sie Haru, der sie mit seinem gewohnt intensiven Blick beobachtete, der jedes Mal ein Kribbeln auf Rins Haut auslöste. Noch immer verstand sie nicht genau, was Haru in ihr sah, aber sie hoffte, dass er nie aufhören würde, sie so anzuschauen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)