Just like Aspen von _Delacroix_ (Türchen Nr. 5 des Fanfiction-Adventskalenders 2022) ================================================================================ Just like Aspen --------------- „Du bist so sexy“, raunte es in sein Ohr, doch Aiden beschloss es einfach zu ignorieren. Er wusste, dass er sexy war, er brauchte niemanden, der es ihm sagte. „Pass auf, wo du hinfährst“, entgegnete er kühl und verlegte sich darauf, wieder aus dem Seitenfenster des unangenehm klischeehaften Sportwagens zu schauen. Sein Fahrer, ein blond gefärbter Sunnyboy aus seinem Jahrgang, schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. „Keine Sorge, ich bin schon oft bei Schnee gefahren“, versicherte er, „Meine Familie fährt jedes Jahr nach Aspen. Dagegen ist das hier das reinste Kinderspiel.“ Aiden rollte mit den Augen. Er hätte seinem Date sagen können, dass die Autos in Aspen normalerweise über Schneeketten und etwas Abstand zum Unterboden verfügten, doch mit Blick darauf, dass es nicht sein knallrotes Identitätsproblem war, das mit Pech im Schnee stecken blieb, zog er es vor, die Fakten doch besser für sich zu behalten.   Er und Harvard Paw brauchten diesen Ausflug. Stumm drückte er seinen Teddybären etwas fester an sich. Er trug bereits sein jährliches Weihnachtsoutfit, das dieses Jahr aus einer knallroten Schleife bestand. Im letzten war sie blau gewesen, aber Harvard hatte das rote Band festlicher gefunden und so hatte Aiden sich nicht lange bitten lassen und es dem Bären umgebunden, bevor er mit ihm losgezogen war, um in Kingston Cupcakes zu futtern und die letzten Geschenke zu abzuholen.   Wenn sein Date den Bären seltsam fand, dann zeigte er es nicht. Stattdessen lamentierte er immer noch über die Launen eines Skiurlaubs in Aspen. Als wäre Aiden noch nie in Aspen gewesen. Mühsam unterdrückte er ein Gähnen und rückte den Bären vor seiner Brust zurecht. Für einen Moment beobachtete er die monotone Arbeit der Scheibenwischer. Es schneite nicht sehr stark, dafür aber kontinuierlich, was dafür sorgte, dass die Schicht auf der Straße mit jeder Stunde noch ein bisschen dicker wurde. Typisch, da musste man einmal im Jahr nach Kingston und prompt beschloss das Wetter an genau diesem Tag komplett verrückt zu spielen. Er konnte sich an Jahre erinnern, da war er die Strecke einfach gelaufen. Es war nicht sonderlich weit. Doch hätte er es heute versucht, er hätte sich wahrscheinlich die eine oder andere Frostbeule geholt. Neben ihm begann sein Chauffeur prustend zu lachen. Aiden hob skeptisch die Augenbrauen. Was war an Frostbeulen denn bitte so witzig? „Siehst du den Freshman da?“, gackerte sein Date, „Der Blick ist doch Weltklasse!“   Misstrauisch folgte Aiden dem Fingerzeig und blieb mit den Augen an einem Schneemann hängen. Im ersten Moment wollte er sein Date anfahren, dass es überhaupt nicht witzig war, ihm einen Schneemann als Mitschüler zu verkaufen, doch dann machte der Schneemann einen schwerfälligen Schritt voran und ihm wurde klar … Sein Fahrer hatte recht. Schlimmer noch. Je länger er das mürrische, weiße Etwas beobachtete, desto bekannter kam es ihm vor. Die präzisen Bewegungen, der wütende Blick … „Halt sofort an!“   Der Sportwagen bremste und schlitterte noch ein gutes Stück die Straße hinunter, bis er schließlich zum Stehen kam. Sein Fahrer fluchte, doch Aiden war das ziemlich einerlei. Eilig riss er seine Tür auf, ignorierte den Schnee, der in seinen Fußraum wehte und linste aus dem Wagen. „He Freshman“, rief er, „Gehts dir nicht gut?“ Der Blick des „Schneemanns“ wurde wenn möglich noch düsterer. „Mir geht es ausgezeichnet.“, entgegnete Seiji Katayama mit klappernden Zähnen. Eine dicke Schneeschicht lag auf seinem Mantel. Selbst seine Mütze war von einer weißen Schicht überzogen und seine Lippen leuchteten in einem ziemlich ungesund aussehenden Blau. Aiden legte den Kopf schief. „Wirklich?“, entgegnete er, „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du erfrierst gerade.“ Seiji starrte ihn finster an, sagte aber nichts. Offensichtlich hatte er mit seiner Vermutung nicht ganz unrecht. „Planst du dir pünktlich zu den Ferien eine Lungenentzündung einzufangen?“ Seiji schürzte die Lippen. „Natürlich nicht“, widersprach er, „Mein unmöglicher Mitbewohner hielt es für amüsant, mir heute früh um fünf mitzuteilen, dass er ein Weihnachtsgeschenk von mir erwartet.“ „Ein Weihnachtsgeschenk?“, echote Aiden. „Dann bist du also losgerannt, um ihm ein Geschenk zu kaufen?“, mischte sich prompt sein Fahrer wieder ein. Aiden schenkte ihm einen missbilligenden Blick, doch es war schon zu spät. „Wer ist das?“, fragte Seiji und lugte skeptisch an ihm vorbei in das Innere des Autos. Aiden seufzte. „Das ist Alfie, mein Fahrer.“ „Mein Name ist Archie“, verbesserte dieser prompt, „Von Archibald.“ Aiden ignorierte den vorwurfsvollen Unterton. „In Ordnung Leopold“, wiegelte er ab, „Seiji, sollen wir dich vielleicht mitnehmen?“ Dieser warf ihm einen skeptischen Blick zu. „Ich glaube nicht, dass das möglich ist“, entgegnete er. „Der Porsche Cayman ist ein Zweisitzer.“ Aiden warf probeweise einen Blick nach hinten. Verdammt, Katayama hatte recht. Natürlich hatte er recht, immerhin gehörte seinem Vater eine nicht ganz kleine Automobilfirma. Möglicherweise hatte er an diesem Witz von einem Auto sogar etwas verdient. „Ich date halt immer nur eine Person“, scherzte Leonard. Aiden ignorierte das dringende Bedürfnis, mit den Augen zu rollen. „Fein“, entgegnete er. „Dann lösen wir das eben anders.“ Mit einer eleganten Bewegung stieg er aus dem Wagen und bot Seiji mit einer Handbewegung seinen Platz an. „Steig ein, bevor du noch erfrierst“, befahl er und drückte dem Jungen prompt seinen Teddy in die Hand. Harward Paw musste nun wirklich nicht auch noch nass werden. Es reichte völlig, wenn der Schnee ihm die Frisur ruinierte. Auf der anderen Seite des Autos öffnete sich die Tür. „Was hast du vor?“, fragte Ludwig skeptisch, während er aus dem Wagen stieg. „Ich dachte, wir wollten Cupcakes essen gehen?“. Betont langsam schritt Aiden um den Wagen herum. „Es tut mir leid“, gurrte er, „Aber die Gesundheit meines Teamkollegen ist gerade wichtiger. Das verstehst du doch, nicht wahr?“ Der andere Junge nickte. „Natürlich“, versicherte er. Aiden setzte sein schönstes Lächeln auf. „Ich wusste, ich kann mich auf dich verlassen“, säuselte er, während er vorsichtig die Hand auf Lesleys Brust legte. Seine Daunenjacke schmiegte sich warm und weich an Aidens Finger, während er noch ein bisschen näher rückte. Er hätte die Sommersprossen in Alexanders Gesicht zählen können, wäre ihm danach zumute gewesen. Sein Gegenüber atmete schwer. „I-Ist das wirklich okay?“, wollte er wissen. „Es ist etwa eine Meile bis zur Schule zurück.“ Aiden lächelte huldvoll weiter „Ich weiß.“ „Es könnte noch stärker zu schneien beginnen“, flüsterte Albert besorgt. „Ich weiß.“ „Es wird sicher kalt.“ Aidens Hand wanderte zu Antons Kinn. „Jetzt mach dir mal keine Sorgen“, flötete er, „Du hast ja eine dicke Jacke an.“   Einen Moment lang starrte Aaron ihn an, als wäre er ein Geist, dann wich ihm wie auf Befehl alle Farbe aus dem Gesicht. „I-Ich“, begann er, verschluckte sich an seiner eigenen Aussage und brachte trotzdem noch irgendwie ein ungläubiges „Aber …“ zustande. „Das ist mein Auto“, klagte er schließlich. Aiden tätschelte ihm die Wange. „Und das soll es auch bleiben“, versicherte er ihm. „Ich bin mir sicher, Seiji Katayama ist kein Autodieb.“ Im Wagen rümpfte Seiji missbilligend die Nase. „Natürlich nicht“, bestätigte er. „Also“, verkündete Aiden lächelnd, „Dann wäre das ja geklärt.“ Der Junge vor ihm gaffte ihn sprachlos an, als er die Hand von seiner Wange löste und sich an ihm vorbei ins Auto drängte. „Mach dir keine Sorgen“, rief er über seine Schulter, während er sich auf den Fahrersitz fallen ließ. „Gegen einen Tag in Aspen wird dieser kleine Spaziergang sicher das reinste Kinderspiel." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)