Monogatari von Harulein (Eine Geschichte der Uchiha-Familie) ================================================================================ Kapitel 18: [Madara] Der naive Idealist --------------------------------------- Oktober 1991 Auf dem Heimweg vom Schicksalstal zurück ins Regenland schlugen plötzlich Madaras Fallensysteme, die er in Akatsuki installiert hatte, um Kakuzu zu überwachen, deutlichen Alarm. Er war noch weit entfernt von der Grenze zwischen Feuerreich und Regenland, als ihm diese Fallen meldeten, Kakuzu habe das Haus, in dem er mit Kisame lebte, begonnen deutlich umzubauen, und die Energie im Boden unter dem Dorf beeinflusst, in eine Richtung, die dafür sprach, dass er plante, selbst nach Bijuu zu suchen und einen einzufangen. Madara saß gerade in einem der Straßenlokale auf dem Weg und aß zu Mittag, als ihn diese Meldungen erreichten, und sie erschreckten ihn so, dass ihm ein lauter Fluch entwich. Zwei andere Reisende sahen sich irritiert zu ihm um und er entschuldigte sich sofort, aber diese Nachricht war alles andere als gut und passte wirklich nicht in seinen Plan. Die Zeit war knapp, er hatte nicht die Möglichkeit, Kakuzu jetzt auch noch zurecht zu stutzen und diesen an dessen mehr als unpassenden Plänen zu hindern. Der Neunschwänzige Fuchs war schon auf dem Weg nach Konoha und Madara musste dann dort sein, daran führte kein Weg vorbei. Er war sowieso im Verzug. Eigentlich hatte er nur kurz ins Regenland gewollt, um dort nach dem Rechten zu sehen, und dann gleich wieder los nach Konoha, um das Dorf zu retten und den Fuchsgeist für sich zu gewinnen. Es war wirklich keine Zeit da, um sich noch mit Kakuzu zu befassen. Er beeilte sich also, setzte seinen Weg fort und nahm dann nicht mehr die Straße, sondern den Weg quer durch den Wald, über die Bäume. Zwar hatte ihn das harte Training im Schicksalstal erschöpft, aber jetzt, wo es um Zeit ging, musste er einfach schnell sein. Als er am nächsten Tag die Grenze des Regenlandes erreichte, bekam er eine weitere Nachricht, eine Meldung von Sasori: Nagato hatte begonnen, sich an den Veränderungen, die Kakuzu und Kisame unternahmen, anzuschließen. Sasori hatte versucht, das zu unterbinden, doch Nagato war so wütend auf Sasori wegen Konans Weggang, dass er überhaupt nicht zugehört hatte, er hatte Sasori sogar angegriffen. Madara stoppte sofort und aktivierte jetzt eine Technik, die er nur äußerst selten benutzte, weil sie sehr viel Kraft erforderte: Er benutzte das „Teleporter-Jutsu“, ein Jutsu mit extremer Geschwindigkeit, das im Uchiha-Clan entwickelt worden war, aber nur von wenigen stabil beherrscht wurde. Mit diesem Jutsu war er drei Mal so schnell, und so erreichte er Akatsuki am Abend diesen Tages, war dann jedoch wirklich völlig fertig. Sasori empfing ihn und bemerkte sofort, dass Madara sich erst einmal ausruhen musste. Er begleitete ihn ins Haus und während Sasori Essen kochte, brachten beide sich gegenseitig auf den neuesten Stand. Madara berichtete, dass Konan gut in Kumo Gakure angekommen war, und was er im Schicksalstal der Senjuu geschafft hatte, und dann erzählte Sasori, was inzwischen hier passiert war. Aus dem zweigeschossigen Haus, in dem Kakuzu lebte, war ein hoher Turm geworden, und Nagato war aus dem kleinen Haus in diesen Turm umgezogen. „… er ist mit einem Messer auf mich los“, sagte Sasori. „Ich hab ihm nur gesagt, er solle warten, bis du wieder da bist. Er sagte, ich hätte Konan überredet, nach Kumo zu gehen, und hätte sie ihm immer schon weggenommen.“ Madara war darüber mehr als erschrocken. Dass Nagato eifersüchtig auf Sasori war, war immer relativ klar gewesen, aber bisher war diese latente Eifersucht nie handgreiflich geworden. „Wo ist Nagato jetzt?“, fragte Madara. „Vorhin war er in dem Turm.“ „Ich muss mit ihm reden. Das geht so nicht, und er ist mein Sohn, ich bin verantwortlich für seine Erziehung.“ Sasori sah ihn an, mit einer Mischung aus seiner üblichen Ungerührtheit und einem schwer zu lesenden Ausdruck in den Augen. „Madara … ich sag dir das nicht gern, du weißt, ich bin dir loyal und so … aber Nagato ist dir längst komplett entglitten. Ich weiß nicht, ob er überhaupt noch wirklich versteht, was du sagst. Er ist in eine Dunkelheit eingetaucht, aus der er gar nicht mehr selbst heraus will.“ „Meinst du?“, fragte Madara. Sasori nickte. „Leider, ja. Selbst ich verstehe ihn nicht, auch wenn ich selbst …“ er brach ab. „Wenn du selbst was?“ Sasori schwieg eine ganze Weile, dann sagte er: „Ich hab meine Eltern auch durch den Krieg verloren. Deswegen … bin ich bei meiner Großmutter aufgewachsen. Deswegen hasse ich es, zu warten. Ich hab immer auf meine Eltern gewartet, verstehst du?“ Ihm war deutlich anzusehen, dass ihn dieses offene Geständnis sehr, sehr viel Überwindung kostete. „Aber ich habe nur in Sicherheit gewartet. Nagato hat seine Eltern sterben sehen, denke ich. Er sagt es nicht, aber es ist klar.“ Madara sah Sasori an. „Danke, dass du mir … das erzählst. Ich sehe dir an, dass das schwer für dich ist.“ „Ich bin lieber einer, der ungerührt aussieht“, sagte Sasori. „Ist für mich einfacher.“ „Das kann ich verstehen.“ „Wie sind denn jetzt deine Pläne?“, fragte Sasori dann. „Ich muss nach Konoha. Der Neunschwänzige Fuchs wird dort demnächst auftauchen und ich bin möglicherweise der Einzige, der ihn aufhalten kann. Wenn alles klappt, werde ich ihn versiegeln und mitbringen.“ „Und wenn nicht?“ „Ich habe Sicherheitsvorkehrungen getroffen und diese an einem bestimmten Ort deponiert. Falls ich falle … würdest du den Laden hier übernehmen?“ „Du meinst, ich trete dann an deine Stelle?“ Madara nickte. Und Sasori lächelte. „Alles klar. Ich kümmere mich dann um Konan und das hier. Vielleicht wird Kakuzu dann weiterziehen, und Kisame auch … Ich habe zumindest von ihnen gehört, dass sie es hier langweilig finden. Und Nagato … na ja, er will ja sowieso am liebsten zurück nach Ame Gakure …“ „Hast du … noch mehr gehört?“, fragte Madara leise. „Nichts genaues mehr. Ich wollte eigentlich was erfahren, aber dann kam Nagato mit dem Messer, das hat es unterbrochen. Aber … es fiel wieder der Name Orochimaru.“ „Der hat inzwischen angeblich ein eigenes Dorf gegründet, Oto Gakure.“ „Kisame sagte nur, dass er und Kakuzu da Kontakte haben. Kannst du mir mehr über Orochimaru erzählen?“ „Er ist einer der legendären Sannin, zusammen mit Jiraiya vom Krötenberg und Tsunade Senjuu, alle drei waren Schüler des Hokage der dritten Generation. Seine Obsession sind Jutsus, er versucht auf allen möglichen und unmöglichen Wegen, egal ob sie erlaubt sind oder nicht, so ziemlich jedes Jutsu zu beherrschen, was es gibt. Er ist äußerst ehrgeizig und schreckt auch vor Experimenten an Menschen nicht zurück.“ „Was für Experimente?“, fragte Sasori, zwar wachsam, aber auch ein klein wenig interessiert. „Experimente zu Jutsus und zur Unsterblichkeit“, sagte Madara. „Ewige Jugend und so was. Aber er geht damit grundsätzlich über die Grenzen des Erlaubten. Tsunade arbeitet auch an Jutsu zur ewigen Jugend, aber sie bleibt dabei im legalen Rahmen. Orochimaru nicht. Nie.“ Sasoris Gesicht hatte den Ausdruck einer ungerührten Puppe, als er fragte: „Wo ordnest du da meine Kunst ein?“ Madara sah ihn überrascht an. „Willst du mir gerade sagen, dass du das spannend findest, Sasori?!“ „Nicht direkt. Ich denke nur … falls er hier auftauchen sollte, um mit Kakuzu zusammen zu arbeiten, wäre es doch passend, wenn ich so tun könnte, als interessierte mich das, was er tut.“ „Du willst weiter den Agenten spielen?“ Sasori nickte. „Mir gefällt das.“ Er schwieg wieder einen Moment, dann sagte er: „Konan wird ja wieder kommen. Und ich weiß ja, sollte ich … über die Stränge schlagen, wird sie mich in der Luft zerreißen. Sie kennt inzwischen jedes Geheimnis meiner Kunst, ich hätte keine Chance gegen sie.“ Madara lächelte. „Ich finde das mit euch beiden echt gut.“ Und Sasori erwiderte dieses Lächeln, mit einer für ihn seltenen Offenheit. „Ich auch. Ich mag Konan ehrlich gern.“ „Sie mag dich auch“, sagte Madara. „Du bist wahrscheinlich ihr bester Freund. Ich fand es bemerkenswert, wie ihr euch vom ersten Moment an so gut verstanden habt. Sie ist eine ganz erstaunliche kleine Person.“ „Ihr Uchihas habt doch viel mit Hochbegabung zu tun, oder?“, fragte Sasori. Madara nickte. „Ja.“ „Wo würdest du sie da einordnen?“ „Sie ist definitiv oberhalb der durchschnittlichen Auffassungsgabe. Du erinnerst dich sicher noch, wie sie mit drei Jahren schon war. In Konoha würde man sie vermutlich als Wunderkind bezeichnen. Sie erinnert mich manchmal stark an meinen Patensohn.“ „Ist der auch so schnell?“ „Ja. Er hat mit zwei Jahren mit dem Training begonnen, wurde mit drei Jahren eingeschult und beherrschte mit vier, als ich Konoha verlassen habe, bereits den Ansatz eines der stärksten Genjutsu unseres Clans. Das letzte, was ich über ihn gehört habe, war, dass er inzwischen Medizin studiert hat und gleich mit Psychologie weiter macht. Er ist jetzt etwa zehn Jahre alt.“ „Wow“, erwiderte Sasori nur, sah tatsächlich beeindruckt aus. „Wie heißt er?“ „Itachi. Und manchmal denke ich, er und Konan würden sich sicher gut miteinander verstehen.“ „Ich habe seinen Namen gehört, als ich jetzt in Suna Gakure war. Man spricht über ihn.“ „Das kann ich mir vorstellen.“ Madara fühlte den Stolz auf seine Familie und besonders auf ein Kind wie Itachi in diesem Moment sehr. Sasori lächelte wieder. „Vielleicht lerne ich ihn ja auch mal kennen … Man weiß nie.“ Über diesem Gespräch war das Essen fertig geworden, Sasori deckte den Tisch und die beiden aßen zusammen. Danach zog Madara sich auf sein Zimmer zurück, um sich auszuruhen, und Sasori kehrte in sein eigenes Haus zurück. Auf dem Weg begegnete er Kisame. „Wo ist Nagato?“, fragte Sasori ihn. „Bei uns oben“, antwortete Kisame. „Ist Madara wieder da?“ Sasori nickte. „Er weiß Bescheid mit Nagato.“ Kisame grinste. „Er wird nichts machen können. Nagato hat sich anders entschieden.“ „Das habe ich ihm gesagt“, sagte Sasori. „Will Nagato denn … zurück nach Ame Gakure?“ Kisame grinste, und Sasori wusste selbst so genau, wie man log, dass er erkannte, dass Kisame nicht die Wahrheit sagte, als dieser antwortete: „Hat er gesagt.“ Sasori ging in diesem Moment aber nicht weiter darauf ein. Er zog sich lieber in sein eigenes Haus zurück und bemerkte, dass ihm Konan nun doch sehr fehlte. Sie war immer da gewesen, hatte sein stilles Haus und sein ernstes Wesen mit einer Offenheit und Lebendigkeit erfüllt, die Sasori davor nie so erlebt hatte. Er wusste genau, dass es gut für Konan war, in Kumo Gakure diese Ausbildung zu machen, sie brauchte das und hatte es sich so sehr gewünscht. Er konnte ihr nicht böse sein, dass sie dorthin gegangen war, und er gönnte ihr das wirklich. Er hätte ihre Pläne niemals sabotieren wollen, nur weil er sie bei sich behalten wollte, doch in diesem Moment wünschte er sich, sie wäre noch hier. Und der Gedanke, jetzt ein Jahr lang auf ihre Rückkehr warten zu müssen, war wirklich schmerzhaft für ihn. Der einzige Trost in diesem Augenblick war, dass er wusste, dass Konan seine Angst und seinen Schmerz des Wartens kannte. Sie wusste es, und er konnte so wenigstens ein klein wenig darauf vertrauen, dass ihrer beider Freundschaft ihr wertvoll genug war, dass sie auf jeden Fall zurückkehren würde. Aber Sasori musste mit diesem schrecklichen Gefühl des Wartens irgendwie umgehen, er brauchte eine Ablenkung, ein anderes Ziel, damit er so auf Konan warten würde können, dass sie beide, wenn das Mädchen zurückkam, wieder an ihre gute, enge Freundschaft anschließen würden können. Und so setzte er sich an seine Werkbank und begann damit, seine gesamte Sammlung an Marionetten systematisch durchzusehen, auf etwaige Schäden und Schwächen zu kontrollieren und die Schäden auszubessern. Er hatte so viele, dass diese Arbeit einige Tage in Anspruch nehmen würde, es war also eine gute Aufgabe, um den Gedanken an das quälende Warten zu vertreiben. Sasori war jemand, der schmerzhafte Gefühle mit Aktivität bekämpfte, und er vermutete, dass Konan das entweder von sich aus selbst auch tat, oder es von ihm gelernt hatte. Sie waren sich da jedenfalls ähnlich. Nach drei Tagen war er fertig damit, hatte diese Arbeit nur unterbrochen, um sich bei Madara sehen zu lassen und mit diesem über die anstehenden Dinge zu sprechen. Madara war schon mitten in den Vorbereitungen für den Weg nach Konoha und für den Kampf gegen den neunschwänzigen Fuchsgeist, und Sasori unterstützte ihn dabei mit dem Wissen, dass er über den einschwänzigen Tanukigeist aus Suna Gakure hatte. Zwar waren der Tanuki und der Fuchs von derselben Art, doch sie standen einander an den beiden äußersten Enden der Reihe der neun Bijuu gegenüber, der Fuchsgeist war der Stärkste und der Tanukigeist der Schwächste von ihnen. Doch eines hatten sie gemeinsam: Bijuu hatten eine starke Verbindung zum Mond, und Madara erklärte Sasori, dass auch der Uchiha-Clan sich gut mit der Macht des Mondes auskannte. Zudem kannte Madara den geheimen wahren Namen des Fuchsgeistes. Er verriet ihn Sasori jedoch nicht. Es wurde Oktober. Madara bereitete sich intensiv auf den Fuchsgeist vor und Sasori fasste einen eigenen Plan: Er wollte wieder nach Suna Gakure und dieses Mal hatte er dort ein konkretes Ziel. Bisher hatte er vor allem zufällige Gegner im Kampf dann in Marionetten verwandelt, um sie nicht zu verschwenden. Er hatte bisher keinen Gegner explizit nur dafür ausgewählt, ihn dann zu einer Marionette zu machen. Das war nun anders. Er wollte nun jemanden gezielt angreifen, besiegen und zu einer Menschenmarionette machen. Ein wenig hatte dieser Plan auch mit Sasoris Vermissen von Konan zu tun, er hatte sich deswegen einfach sehr stark ablenken müssen und dabei war er auf die Idee gekommen, seine Kunst auf eine nächste Stufe zu heben. Er wollte eine Menschenmarionette mit einem ultimativen Jutsu erschaffen, eine unbesiegbare Lieblingswaffe, ähnlich wie Madaras Amaterasu. Und in Suna Gakure lebte eine ganz bestimmte Person, die dafür perfekt geeignet war und zudem eine solche Herausforderung darstellte, dass dieser Reiz Sasoris Vermissen von Konan und die quälende Aussicht des Wartens wirksam übertönte. Ein ultimativer Gegner als ultimative Ablenkung und zum Erschaffen einer ultimativen Lieblingswaffe … Schnell würde er diese Waffe nicht bekommen. Es bedurfte für diesen Gegner einer großen Menge an Vorbereitung, viel Zeit und viel Übung, doch das war Sasori nur recht. Je größer die künstlerische Herausforderung war, desto besser war er beschäftigt. Madara verbrachte die Zeit damit, seine sämtlichen Bücher, Schriften und Geheimnisse sorgfältig und gründlich zu sichern und packte alles zusammen, um es im Feuerreich im Tal der Senjuu zu deponieren. Dann ging er in sein kleines Bergtal und teilte es in zwei Hälften: Die zwei großen Hände wanderten ein Stück den Berg hinauf in Richtung der Akatsuki-Hochebene, die Statue des Ersten Hokage verschloss er in eine abschüssige Höhle am anderen Ende. Und das Modell für die Behausung, die er für den Fuchsgeist gebaut hatte, folgte den beiden Händen den Berg hinauf. Ein letztes Mal probte er den Angriff, ging noch mal genauestens alles durch, was er für den Kampf gegen Kurama vorbereitet hatte. Danach kehrte er nach Akatsuki zurück und besprach alles, was es noch zu besprechen gab, mit Sasori. Sie gingen beide Möglichkeiten durch: Einen Erfolg des Kampfes, der bedeutete, dass er Kurama mit hierher brachte. Aber auch die Möglichkeit, dass er den Kampf nicht überlebte und Sasori hier übernehmen musste. „Konan wird sich, falls ich falle, nur noch schwach an mich erinnern können. Ich habe ein dahin gehendes Jutsu vorbereitet“, sagte Madara. „Ich möchte dich bitten, dass du in dem Fall nicht von dir aus mit ihr über mich sprichst. Kannst du das?“ Sasori nickte. „Ja. Und ich werde gut für sie sorgen.“ „Danke, Sasori.“ Madara lächelte. „Ich verlass mich auf dich.“ Und Sasori erwiderte das Lächeln. „Ich weiß. Und das kannst du.“ Dann machte Madara sich auf den Weg. Ein eigenartiges Gefühl ergriff ihn, er konnte es jedoch nicht einordnen. War es Angst vor der Begegnung mit dem Fuchsgeist, ein Gefühl von Schicksal oder einfach nur Heimweh nach Konoha? Er dachte noch eine Weile darüber nach, doch das brachte ihm keine Antwort, also ließ er es sein. Er konzentrierte sich vollkommen darauf, seinen Plan immer wieder durchzugehen, zwang sich, an nichts anderes mehr zu denken. An der Grenze zum Feuerreich gab es immer noch Grenzkontrollen und Madara vermutete zuerst, dass das mit Oto Gakure und Orochimaru zusammenhing. Doch die beiden Anbu, die zusätzlich zur Grenzpolizei in dem Grenzposten saßen, musterten ihn auffällig. Er trug zwar wieder die orangene Maske und eine völlig neutrale Kleidung, doch in diesem Moment hatte er das bestimmte Gefühl, als suchten die Anbu nicht mehr nach Orochimaru, sondern ihn, Madara Uchiha. Konnte es sein, dass Konoha nun doch wieder nach ihm suchte? War er irgendwo nachlässig gewesen und hatte eine Spur hinterlassen, die Konoha in die Hände geraten war? Hatten sie vielleicht einen seiner Flugbriefe gefunden, oder war er auf der Reise mit Konan doch irgendwo aufgefallen? „… unterzeichnen, hier bitte“, riss ihn der Grenzer aus seinen Gedanken. „Wenn Sie keinen Stempel haben, mindestens mit ihrem Namen.“ Madara nahm den Stift, den der Mann ihm reichte, und schrieb in derselben neutralen Schrift, die er für die Flugbriefe benutzt hatte, denselben Namen hin, den er sich mal spontan in der gleichen Situation ausgedacht hatte: Tobi Darama. „Und dann bräuchte ich noch einen Fingerabdruck“, sagte der Grenzer. „Wie bitte?“, fragte Madara, tonlos vor Überraschung. „Seit der Sache mit Oto Gakure müssen wir von jedem, der keinen Stempel hat, einen Fingerabdruck nehmen. Anweisung des Feudalherrn.“ Madara spürte die Blicke der beiden Anbu, die am anderen Ende des Raumes saßen und ihn unablässig beobachteten. Er versuchte, nicht zu überrascht zu wirken und keinerlei Widerwillen zu zeigen, zog seinen linken Handschuh aus. Der Grenzer kam mit Tinte und Madara färbte seinen linken Ringfinger mit der Tinte ein und drückte ihn dann auf das Blatt, neben seinen falschen Namen. „Danke.“ „Ich war lang nicht unterwegs, es hat mich überrascht“, sagte Madara. „Jaja, das mit Oto Gakure hat einiges durcheinander gebracht.“ Madara spürte, wie einer der Anbu ihn anstarrte. Er konnte es nicht sehen, waren doch er und der Anbu beide gleichermaßen voll maskiert, doch er spürte den Blick eindeutig. Und einen Augenblick später wusste er, dass er erkannt worden war. Keiner sagte oder tat etwas, keine Bewegung verriet es, doch Madara hatte solche Dinge sehr klar im Gefühl. Er wunderte sich, keiner der beiden stand auf oder versuchte, ihn festzunehmen. Vielleicht hatten sie nur den Auftrag, ihn zu beobachten. Madara dachte an Minato, der ja nun Hokage war, und irgendwie passte das zusammen. Er und Minato hatten einander ja gut gekannt und gemocht. Und wenn Minato einen Grund hatte, anzunehmen, dass es richtig war, jetzt doch noch nach ihm, Madara, zu suchen, passte das ja auch irgendwie in den Plan. Wenn es Madara gelang, den Fuchsgeist einzufangen und Konoha zu retten, wäre es nur sinnvoll, dass Minato sowieso nach ihm gesucht hatte. Madara verließ die Grenzstation, spürte, dass die Anbu-Männer ihm hinterher schauten, und er wusste, sie würden ihm irgendwie folgen. Ein zuerst leichter, dann langsam stärker werdender Wind kam auf. Madara nahm den Weg durch die Baumkronen, dort war er schneller als auf dem Boden, doch irgendwann wurde der Wind so stark, dass er doch zurück auf den Erdboden gehen musste. Er war sicher, dass dieser Wind mit dem Fuchsgeist zusammen hing. Die Böen zerrten an seinen Kleidern und seinem Haar, ließen seine Rüstung unter dem Umhang klappern und die Kette mit dem kleinen Glöckchen, die Konan ihm mal gemacht hatte, klingelte ununterbrochen. Immer wieder drehte der Wind, kam mal von vorn und mal seitlich oder im Rücken, und das laute Rauschen der Bäume im Sturm hatte zugleich etwas Heimatliches, aber auch Bedrohliches an sich. Ob die Anbu ihm noch folgte? Er wusste es nicht, der Wind verzerrte alle Spuren. Madara war selbst in seiner eigenen Zeit bei der Anbu nie wirklich gut darin gewesen, seine Spuren völlig zu verwischen, das hatte er im Grunde erst nach seiner „Desertation“ gelernt. Er war niemand, der sich gern versteckte, sondern einer, der stark und präsent seinem Gegner direkt gegenüber trat. Und in diesem Sturm hier gerade konnte ihm das fast egal sein, ob ihm jemand folgte. Er hatte vor, sich dem stärksten aller Bijuu zu stellen und ihn einzufangen, da waren ein paar Anbu, die ihm folgten, nichts dagegen. Und so konzentrierte er sich voll darauf, den Wind zu lesen, mit aktiven Sharingan, und als diese in ihrer Tiefe nicht mehr ausreichten, beschloss er, die Kaleidoskop-Sharingan zu benutzen. Die waren zwar mit Risiko verbunden, machten ihn aber noch mal sehr deutlich stärker und mit ihnen sah er genau, wo sich der Fuchsgeist aufhielt und wie dessen Energie das Wetter beeinflusste. Mit diesen Augen konnte er den gesamten Wald so vollständig durchblicken, jede noch so kleine Regung der Energie erkennen, und den Sturm so genau lesen, dass er innerhalb weniger Minuten genau wusste, wo der Fuchsgeist gerade war. Es war nicht mehr weit bis dahin. „Gleich hab ich dich“, flüsterte er und schickte die Jutsus, die er zuerst brauchte, schon mal „in die Startlöcher“, brachte in sich alles in Position. In diesem Moment erreichte er eine Lichtung, und sah, wie der Vollmond an diesem 10. Oktober in vollem Glanz zwischen den jagenden Wolken leuchtete. Durch die Kaleidoskop-Sharingan hatte die Welt einen roten Schimmer, und als Madara einen Moment lang dastand und den Mond betrachtete, sah es für ihn aus, als hätte sich das Muster seines Sharingan über das Rund des Mondes gelegt. Es passte perfekt darauf, ein rotes Mandala auf dem weißen, vollen Mond, wie die Projektion eines Bildes auf einer strukturierten Leinwand. War es ein Zeichen? Es fühlte sich so an. Der Mond, der heilige Himmelskörper des Uchiha-Clans, leuchtete rot auf ihn hinab, und in der Ferne war ein wildes Brüllen zu hören, der fauchende Sturm im Duett mit dem wütenden Fuchsgeist. Konoha Gakure war nicht mehr weit entfernt, schon so nah, dass Madara wahrnehmen konnte, wie das Dorf sich gegen den Bijuu zu verteidigen versuchte. Es war so, wie Madara es von Anfang an gedacht hatte: Kurama forderte sein Land zurück. Er sprang hoch in die Bäume und folgte dem Lärm, hörte das wütende Brüllen des Fuchses immer näher kommen, er bewegte sich darauf zu und der Fuchs bewegte sich seinerseits. Und dann erreichte Madara einen tiefen, weiten Riss im Wald, eine Schneise der zerbrochenen Bäume und zersprengten Felsen. Der Lärm wurde immer lauter, und schließlich brauchte Madara sich nur noch umzudrehen, um ihn zu sehen. Am Ende dieser gewaltigen Spur stand er, zu voller Größe aufgebaut, größer als das riesige Felsmassiv hinter dem Dorf. Madara konnte es sehen, den Fuchs, das Dorf mit dem Felsen, und die vom Boden aus aufblitzenden Jutsus, mit denen Konoha sich zu wehren versuchte. Die neun Schwänze peitschten durch die Luft, sie waren der Grund für den Sturm. Und es war so laut, dass Madara seine eigene Stimme nicht mehr hören konnte. Eigentlich hatte er vorgehabt, den Fuchsgeist direkt mit seinem wahren Namen anzusprechen, doch in diesem Sturm würde niemand es hören, er selbst nicht und Kurama erst recht nicht. Der Sturm war so stark, dass Madara sich wirklich konzentrieren musste, sich an seinen Schlachtplan zu erinnern. Er schloss kurz die Augen, um sich zu sammeln, und aktivierte als ersten Schritt das Sicherheits-Jutsu, mit dem er Konan schützen und den Teil seiner Selbst, der sich im Tal der Senjuu befand, versiegeln wollte. Es funktionierte. Für diesen Kampf war er anonym und unerkennbar, und er würde, wenn er überlebte, danach das Jutsu wieder lösen und es wäre alles gut. Er griff in seine Hosentasche, tastete nach dem Stück Jade, das er immer bei sich trug, und als er es herausnahm, sah er, dass es schwach aber sichtbar leuchtete. „Ich mache Ihnen jetzt alle Ehre, Hokage der Ersten Generation“, flüsterte Madara, dann steckte er die Jade wieder ein und verwandelte sich, nahm die äußere Gestalt seines ewigen Idols an, wurde zu seiner eigenen Version von Hashirama Senjuu. Der Fuchsgeist hatte ihn noch nicht bemerkt, und um das zu ändern, ließ Madara mit dem Jutsu des Erdwalls eine gewaltige Mauer aus Erde aus dem Boden wachsen, genau zwischen dem Fuchs und dem Dorf. Und es funktionierte. Der Fuchsgeist drehte den Kopf, wandte sich halb um, und fauchte wütend. Mit einem alten Klassiker seines Clans, dem Jutsu der Flammenden Feuerkugel, machte Madara sich bemerkbar, so dass der Fuchs wusste, wo er war. Er schien irritiert, sah ihn einen Moment lang einfach nur an. Er war tatsächlich so verwundert, dass seine Schwänze ein wenig still hielten und der Sturm ruhiger wurde, genug, damit Madara wieder sprechen konnte. Madara ging innerlich alle Texte des Ersten Hokage durch, kopierte dessen Sprachmuster und erschuf ein offenes Genjutsu, in dem es ihm gelang, so zu tun, als beherrschte er das Holzversteck. Doch das Chakra des Fuchsgeistes war so stark, dass selbst Madaras mitgebrachtes Jubi-Chakra es nicht zu greifen vermochte. Das war ein schlechtes Zeichen. Denn das Jutsu des Phantomdrachens baute ebenso auf Jubi auf und das Chakra des Fuchses war viel, viel schwerer zu greifen, als Madara es sich je hatte vorstellen können. Doch er spielte sein Spiel weiter. „Wir haben uns lange nicht gesehen“, rief er mit Hashiramas Stimme dem Fuchs entgegen. „Erinnerst du dich noch an mich?“ Kurama sah erst jetzt wirklich hin, er kniff die riesigen Augen zusammen und riss sie dann wieder auf. Wusste er, dass der Erste Hokage schon lange nicht mehr lebte? War er verwirrt, ihn zu sehen? Madara konnte es nicht erkennen, selbst mit dem Sharingan nicht. „Du willst dein Land zurückfordern, stimmt’s?“, rief er ihm zu. „Das Land, das ich dir abgekauft habe. Ich habe dir damals einen guten Preis bezahlt, warum bist du also wieder hier?“ Madara wusste nicht einmal, ob Kurama in dieser Form überhaupt sprach. Und Konoha schien jetzt auch bemerkt zu haben, dass der Fuchsgeist sich umgewandt hatte. Sie würden versuchen, nachzusehen, warum. Die Situation wurde immer komplizierter und Madara fragte sich nun zum ersten Mal, ob sein Plan überhaupt so lückenlos war, wie er gedacht hatte. Er dachte an Kakuzu, der „Fangt einen Bijuu“ damals so lapidar daher gesagt hatte, und fragte sich, ob Kakuzu diese Situation hier anders, erfolgreicher angegangen wäre. Jedoch vermutlich deutlich brutaler. Madara scannte noch einmal die Situation, und er sah, dass eine Gruppe der Konoha-Nins, die eben noch gegen den Fuchsgeist ihre Jutsus losgeschickt hatten, sich nun in einem großen Bogen um das Kampffeld herum bewegten. Sie suchten nach dem Verursacher des Erdwall-Jutsus, dem, zu dem sich Kurama umgewandt hatte. Madara wusste, wenn sie ihn in seiner Verwandlung als Hashirama sahen, würde er auch dem Fuchsgeist gegenüber auffliegen. Er musste also schnellstmöglich verhindern, dass er erstens von ihnen erwischt wurde und zweitens ebenso schnell den Fuchsgeist in einen Zweimannkampf verwickeln. „Wartet auf den Vierten Hokage!“, hörte er einen der Männer rufen. „Ist er das nicht?“ „Der Angriff kam von Norden, das kann nicht Minato gewesen sein!“ „Wer ist es dann?“ Kurama schien diese Stimmen ebenso zu bemerken. Er starrte Madara an, mit einem Blick, der sofort deutlich machte, dass die Tarnung keinen Sinn mehr machte. Denn auch wenn sich der Fuchsgeist lange Zeit in seiner eigenen Dimension aufgehalten hatte, er konnte zählen, und „Vierter Hokage“ hieß logischerweise, dass der Erste Hokage vor ihm hier eine Fälschung war. Und zum ersten Mal sprach Kurama jetzt: „Du bist nicht der Erste Hokage!!“ „Nein“, gab Madara zu. „Du hast Recht, das bin ich nicht.“ Seine Gedanken rasten, und ehe er die Verwandlung vollends fallen ließ, zog er den Jadekristall aus seiner Tasche, drückte ihn fest in seiner Hand und ließ ihn dann wieder in die Tasche hinein fallen. Dann löste er die Verwandlung, öffnete seinen Umhang, nahm die Maske ab und öffnete das Band, mit dem er sein Haar zusammen gefasst hatte. Kurama starrte ihn an, seine neun Schwänze peitschten wieder wilder durch die Luft, der Sturm nahm wieder zu. „Wer bist du dann?!“, brüllte er. „Ich bin Madara Uchiha! Und ich werde jetzt das tun, was die Aufgabe meines Clans ist: Ich werde Konoha vor dir beschützen, dich einfangen und mitnehmen! Dies hier ist nicht mehr dein Land, du hast es dem Ersten Hokage damals übergeben und man hält sich an seine Versprechen, verstanden?!“ Der Fuchsgeist fauchte wütend und drehte sich nun ganz zu ihm um, machte einen Sprung in seine Richtung. Madara wich zurück, schleuderte ihm eine Flammende Feuerkugel entgegen und bereitete sich auf das nächste Jutsu vor, das Drachenflammengeschoss. Er ließ beide Jutsus über das Kaleidoskop-Sharingan laufen, um sie zu verstärken, und das bemerkte der Fuchsgeist. „Wieso bist du nicht bei deinem Dorf, Madara Uchiha?“, brüllte er. „Ich hatte Wichtigeres zu tun!“ „Wichtigeres als deinen Clan?!“ Madara wollte antworten, doch in diesem Moment kam ihm einer der Konoha-Nins viel zu nah. Er wusste, der andere sah ihn, und er hörte durch den Sturm: „Madara?! Wo kommst du denn jetzt so plötzlich her?“ „Jetzt bin ich ja hier!!“, schrie er gegen das Brüllen des Windes an. „Geht beiseite, Leute, ich regele das!“ Er schloss die Fingerzeichen des Drachenflammengeschosses und schleuderte es dem Fuchs entgegen. Doch der Fuchsgeist riss einfach das Maul auf und schluckte das Jutsu mit einem Biss. Es schien ihm überhaupt nichts auszumachen, er war noch viel, viel stärker, als Madara es geahnt hatte. Wahrscheinlich hatte er sich seit dem letzten Kontakt mit der Dimension der Menschen zusätzliche neue Kräfte angeeignet. Und es war Vollmond. Der Vollmond stärkte nicht nur das Sharingan, sondern ebenso und noch mehr die Kräfte aller Bijuu, und Kurama war nun mal der Stärkste unter ihnen. „Verflucht noch eins“, flüsterte Madara zu sich selbst, „Er ist noch viel stärker geworden!“ Er wusste, einen langen Kampf konnte er sich hier nicht leisten. Er musste das hier schnell lösen, und zwar so, dass das Dorf so wenig Schaden nahm wie möglich. Madara blickte rüber nach Konoha. Jeden Moment musste Minato auftauchen. Madara war sich nicht sicher, ob Minato irgendein Jutsu drauf hatte, mit dem sich der Fuchsgeist einfangen ließ, aber vielleicht hatten sie zu zweit eine Chance? „Hör zu, Fuchsgeist!!“, schrie er dem Bijuu entgegen. „Egal, ob ich es schaffe, dich zu fangen, wir gehen jetzt woanders hin, du lässt das Dorf in Ruhe!“ Kurama hörte ihn, doch er riss nur das Maul auf und brüllte ihm entgegen. „Ich kenne deinen Vertrag mit dem Hokage der Ersten Generation!“ „Der ist hinfällig, der Erste Hokage ist nicht mehr hier!!“, fauchte der Fuchs, und unter seinem Maul sammelte sich dabei eine Kugel aus purem, tiefrotem Chakra. Er ging zum Angriff über, wenigstens nicht in Richtung des Dorfes, doch nun brauchte Madara zwei der stärksten Jutsus, die er überhaupt beherrschte. Er zog die Rolle für Amaterasu heraus, biss sich auf die Lippen und ließ Blut auf das Siegel tropfen. Amaterasu gehorchte, kam heraus und bildete einen schützenden Ring um Madara herum. Er griff hinein, nahm sich eine der schwarzen Flammen und bildete aus ihr sein nächstes Jutsu, das Jutsu der Großen Flammensphäre. Kurama feuerte das Chakra ab, es traf auf die Flammensphäre und tatsächlich war diese stark genug, um es aufzunehmen und abzuwehren. Es gab ein riesiges Feuerwerk am Himmel, und Madara nutzte diesen Moment, aktivierte das Jubi-Chakra und das Jutsu des Phantomdrachens. „Du wirst jetzt mit mir kommen, Fuchsgeist!!!“, schrie er und ließ das Drachenjutsu kommen. Es bildete eine dichte Wand aus reinem, beinahe weißem Chakra, senkte sich über den Kopf des Fuchsgeistes und machte ihn für einen Moment bewegungsunfähig. „Wa-was ist das?!“, fauchte der Bijuu, nun zum ersten Mal so etwas wie erschrocken. „Damit verwandle ich dich!“ Doch es war schwer, dieses Jutsu zu halten. Madara spürte, dass er nicht genug Chakra hatte. Und selbst das Jubi-Chakra würde nicht lange halten. Das Kaleidoskop-Sharingan verschlang zu viel Kraft, und drei Jutsus zugleich zu halten, Amaterasu, den Phantomdrachen und die Bereitschaft, noch eine Flammensphäre anzuwenden, war selbst für jemanden wie Madara zu viel. Jetzt dachte er an Konan, und an das Jutsu, mit dem er sie schützen wollte. Er vertraute Sasori, dass er gut für das Mädchen sorgen würde, und dennoch, es tat weh. „War ich zu naiv?“, fragte er sich. „Ein naiver Idealist … Ich war nie anders. Ich wollte immer so sein, genau wie der Erste Hokage. Aber … ich würde alles genauso noch einmal machen.“ Er sammelte noch einmal all seine Kraft, aktivierte sämtliche Jutsus neu und schleuderte alles dem Fuchs entgegen. Die Wand aus weißem Jubi-Chakra in Form des Drachens senkte sich über den Fuchsgeist, dieser war tatsächlich für einen Moment bewegungsunfähig und Madara zog in diesem Augenblick sein letztes Ass aus dem Ärmel: „Ich kenne deinen Namen, Fuchsgeist!“, rief er. Der Fuchs riss die Augen auf, sah tatsächlich ernsthaft getroffen aus. „Dein Name ist Kurama, stimmt’s?“ Kurama antwortete nichts. Doch für einen Moment nahm sein Ausdruck einen Zug an, den Madara als einen Funken Schmerz und Schwäche deuten konnte. Er hatte ihn getroffen, emotional erreicht. Die Frage war nur, ob sich Kurama diesen Moment der Schwäche eingestand. Doch das tat er nicht. Vielleicht, weil es das erste Mal seit langer, langer Zeit war, dass er seinen wahren Namen von einem Menschen zu hören bekam. Er war eine Persönlichkeit, ein fühlendes Wesen voller Wut, und auch wenn es ihn berührte, dass Madara ihn „Kurama“ nannte, er war einfach viel zu wütend. „Seit tausenden Jahren als Waffe missbraucht, sind die Bijuu natürlich wütend auf uns Menschen. Sie werden erst Ruhe geben, wenn wir sie vollends als fühlende Wesen anerkennen.“ Es war ein Zitat des Ersten Hokage, das Madara durch den Kopf schoss. Er blickte zum Himmel, wo der Vollmond zwischen den im Sturm jagenden Wolken leuchtete, und für einen Augenblick projizierte sich sein Kaleidoskop-Sharingan wieder auf den weißen Himmelskörper. Dem Ort, von dem die Bijuu einst auf die Erde gekommen waren. Doch Madara ging die Kraft aus. Er konnte das Jutsu des Phantomdrachens, mit dem er Kurama gefesselt hatte, nicht mehr lange halten, es nicht über den ganzen Körper des Bijuu ziehen. Und für eine weitere Flammensphäre reichte sein Chakra nicht mehr aus. Er versuchte ein anderes Jutsu, das der Aschetarnung, um sich einen Moment zu verstecken und wieder Kraft zu sammeln. Doch es war zwecklos. Kurama konnte einfach hindurchsehen, und der Sturm war viel zu stark. Und als sich der Staub verzog, hatte der Fuchsgeist einen Felsen in einem seiner Schwänze, wie umklammert mit einer Hand. Madara sah sich nach den Konoha-Nins von vorhin um, doch die waren längst wieder zurück bei den Verteidigungsmauern des Dorfes. Er war allein, und Minato war immer noch nicht da. „Kurama!!“, schrie Madara dem Fuchsgeist entgegen, „Komm schon, wir gehen woanders hin! Der Vierte Hokage ist gleich hier und der wird dich auch nicht entkommen lassen!“ Der Fuchsgeist sagte nichts, fauchte und brüllte nur. Und dann machte er einen Satz auf Madara zu, einen riesigen Sprung, mit dem er schließlich direkt vor ihm stand. Madara zog Amaterasu hoch, so weit er nur konnte, doch Kurama war jetzt nicht mehr einfach nur wütend, er war in sich berührt und in einer Weise getroffen und verunsichert in seinem Plan, dass er blindlings angriff. Madara machte noch einen Versuch, Amaterasu durch ein Körperteil von Susanoo zu verstärken, doch Kurama fegte auch das einfach beiseite. Das Ass im Ärmel, das sein wahrer Name hätte sein können, stellte sich als Verschlimmerung der Situation heraus, es hatte aus einfacher Wut andere Gefühle gemacht, mit denen Kurama selbst nicht umgehen konnte. Madara versuchte noch, zurück zu weichen, doch Kurama war einfach viel zu schnell. Das Jutsu des Phantomdrachens ließ den Fuchs wieder frei und er schleuderte den Felsen durch die Luft wie Madara es mit Gunbais Sense getan hätte. Das Einzige, was er noch tun konnte, war, das letzte Sicherheits-Jutsu zu aktivieren. Er schickte sein sämtliches verbliebenes Chakra auf direktem Wege ins Schicksalstal, ließ es dort alles versiegeln, und aktivierte dann sein von Ikue gelerntes Amnesie-Jutsu, das von selbst einen Anker im Boden unter ihm setzte. Es drang tief in den Waldboden ein und setzte sich dort fest. „Ich habe es nicht geschafft“, dachte Madara. „Ich habe das Regenland versucht zu retten, Konoha zu retten, Konan und Nagato zu retten … Und nur bei Konan ist es mir gelungen. Dafür aber gut. Sasori wird gut auf sie achtgeben.“ Für einen Moment fühlte er Reue und auch Wut auf sich selbst. „… Aber ich habe immer nur getan, was ich für richtig hielt. Ich bin ein naiver Idealist, aber ich bin mir selbst treu gewesen. Ich würde es alles noch einmal so machen.“ Der Felsen flog durch die Luft, Madara sah ihn kommen, doch er schloss nicht die Augen. Er empfing den Schlag mit aktivierten Sharingan und fühlte, wie sich sein Bewusstsein löste. Und als er auf dem Waldboden aufschlug, versenkte sich sein Ich-Gefühl in das Siegel im Boden. … Kurama war viel zu wütend, um sich weiter um seinen besiegten Gegner zu kümmern. Er wandte sich um und sprang wieder auf das Dorf zu, versuchte, es direkt anzugreifen. Doch in diesem Moment stellte sich ihm ein neuer Gegner in den Weg, ein Mann im weiß-roten Mantel auf dem Kopf der Riesenkröte Gamabunta. … Der Körper, der vor wenigen Minuten noch Madara Uchiha gewesen war, richtete sich taumelnd wieder auf. Er hatte den Schlag überlebt, doch sein Selbst und die meisten seiner Erinnerungen waren aus dem Körper verschwunden, versiegelt tief im Erdboden. Ein neues Bewusstsein ohne Namen war entstanden, eine blanke Persönlichkeit, die sich verwirrt umschaute und sich dann ungelenk aus der zerbrochenen Rüstung befreite. Auf dem Boden lag die orangene Maske mit dem einzelnen Loch, und er setzte sie sich auf. Der Lärm des Kampfes zwischen dem Fuchsgeist und dem Vierten Hokage machte dieser neuen Persönlichkeit Angst, auch wenn er keine Ahnung hatte, was passierte. Und so machte er sich schnellstmöglich davon, weit weg. Als er sich halbwegs in Sicherheit wähnte, begann er, in seinen Kleidern wahllos nach Hinweisen auf etwas zu suchen, was ihm sagen konnte, wo er war. Dass er seinen eigenen Namen nicht kannte, bemerkte er erst, als er versuchte, sich selbst anzusprechen. Und er fand etwas, die Kopie des Grenzposten-Scheins mit dem Fingerabdruck und dem Namen „Tobi Darama“. „Tobi Darama?“, fragte er laut in den Wald hinein. „Wer ist das? Ich?“ Er erhielt keine Antwort. „Okay. Ich bin Tobi. Keine Ahnung, wer Tobi ist. Tobi? Na egal. Bin ich eben Tobi, ne?“ Er lief ein Stück, blieb dann wieder stehen, schaute auf den Zettel. Dort stand auch der Name der Grenzstation. „Muss ich da hin?“, fragte er sich laut. Auf dem Weg durch den Wald versuchte er, sich zu orientieren, und entdeckte dabei einen kleinen Schrein am Wegesrand. Es war ein Jizo-Schrein mit einer hübschen kleinen Figur darin. Jizo-Figuren sahen oft aus wie Kinder, und Tobi bemerkte dabei, dass da etwas nicht zusammen passte. Er bemerkte, dass sein Körper viel größer und stärker war, als er sich fühlte. „Wie alt bin ich überhaupt?“, fragte er laut. Es kam keine Antwort. Und so beschloss er, es selbst zu bestimmen. „Ich bin acht. Acht hört sich gut an.“ Er schaute wieder auf den Zettel mit dem Namen. Aber da er keine Ahnung hatte, wo er war und wie er zu diesem Ort, der dort stand, hin kommen konnte, setzte er sich erst einmal auf die Stufen des Schreins und wartete. Einige Stunden vergingen so, in denen Tobi genug Zeit hatte, den Wald zu beobachten und sich zu fragen, wer er war und woher er kam. Je länger er still dasaß, umso näher kamen ihm die Vögel des Waldes, und auch ein kleines Flughörnchen näherte sich. Er bemerkte, dass ihm das gefiel, und je mehr er sich damit beschäftigte, umso egaler wurde ihm, dass er keine Ahnung hatte, woher er eigentlich kam und wohin er gehen sollte. Es zog ihn dahin, sich an diesen Wald anzupassen, und je näher ihm die Tiere kamen, umso wohler fühlte er sich. Und weil er einfach keine Ahnung hatte, wo er hingehen sollte, beschloss er, eine Weile hier zu bleiben. Er verbrachte die Nacht im Wald, schlief auf dem Boden, im Moos. Und als er am nächsten Morgen aufwachte, war sein Haar voller Gras, Moos und Blätter. Es störte ihn und so suchte er nach irgendetwas, womit er es auskämmen konnte. Doch hier, mitten im Wald gab es keinen Kamm. Das Einzige, was er fand, war ein abgenutztes Kunai in einem Baumstamm, und so schnitt er sein Haar damit auf Schulterlänge ab und band es mit einem Stofffetzen zusammen. So war es pflegeleichter. Gegen Mittag, er erkannte es am Stand der Sonne, wurde es ihm zu einsam hier, und er machte sich auf dem Weg, nach Menschen zu suchen. Es dauerte lange, bis er welche fand, genauer gesagt eine kleine Raststation, wo es etwas zu Essen gab. Erst jetzt bemerkte Tobi, dass er sehr hungrig war, und auch, dass er, um Essen zu bekommen, Geld brauchte. Die grundlegenden Informationen des Lebens waren noch in ihm vorhanden, auch wenn er keine Ahnung hatte, woher sie kamen. Er konnte lesen, wusste, dass er Geld brauchte um zu essen, und als er nun zum ersten Mal in seinem Bewusstsein auf andere Menschen traf, wusste er halbwegs, sich unauffällig zu verhalten. Er hatte das Gefühl, dass es sicherer war, sich anzupassen. „Entschuldigung, kann mir bitte jemand Geld leihen? Ich war im Wald und habe Hunger.“ Mit diesen Worten sprach er die Menschen an, die an dieser Raststation saßen und Pause machten. Eine junge Frau mit einem etwa vier Jahre alten Kind war schließlich bereit, ihm einen Teller mit Reisbällchen und eine Suppe zu bezahlen. Das Kind schaute Tobi neugierig an, und er bemerkte bei sich, dass er sich mehr mit dem Kind identifizierte als mit der Mutter. Am Tag darauf fand er nach langem Wandern und Suchen endlich die Grenzstation, die auf dem Zettel in seiner Tasche vermerkt war. Hier erfuhr er, dass jemand mit seinem Namen vor kurzem tatsächlich hier gewesen sein musste, denn der Grenzposten konnte sich erinnern. „… und Sie haben keine Ahnung, ob Sie das waren?“, fragte dieser ihn. Tobi schüttelte den Kopf. „Wissen Sie irgendetwas anderes?“ „Nee“, sagte Tobi. „Eigenartig …“, antwortete der Grenzer. „Ich kann mich genau an Ihre Maske erinnern. Aber Sie hatten längeres Haar.“ „War Gras und Moos drin, hab ich abgeschnitten“, sagte Tobi. „Wo kam ich denn her?“ „Sie denken auch, dass Sie das waren?“ „Weiß nicht.“ „Also, der Mann, der diesen Zettel unterschrieben hat, kam aus dem Regenland. Wissen Sie, dass hier die Grenze zwischen Feuerreich und Regenland ist?“ Tobi zuckte mit den Schultern. „Ziehen Sie mal ihren Handschuh aus. Dann können wir nachsehen, ob das hier auf dem Zettel auch Ihr Fingerabdruck ist.“ Tobi zog beide Handschuhe aus und sah sich seine Hände an. Am linken Ringfinger war noch ein wenig Stempeltinte zu erkennen. Der Grenzer verglich diesen mit dem Fingerabdruck auf dem Zettel und stellte eine Übereinstimmung fest. „Und Sie haben wirklich gar keine Ahnung, wer Sie sind?“ „Ich bin Tobi. Also … anscheinend.“ „Haben Sie Erinnerungen an irgendwas? Ihre Heimat, ihre Familie?“ Tobi schüttelte wieder den Kopf, und erst jetzt realisierte er, dass der Grenzer das vielleicht traurig fand. Er selbst fühlte dabei nichts. Er hatte einfach keine Ahnung. „Ich habe leider auch keine Informationen, woher dieser Mann wirklich kam. Nicht mal, ob Tobi Darama sein wirklicher Name war. Es waren zwei Anbu hier, als ich ihn habe durchreisen lassen, und die schienen mehr über ihn zu wissen. Aber mir haben sie nichts gesagt“, erzählte der Grenzer. Tobi legte den Kopf schief und suchte in sich nach irgendeinem Fixpunkt, irgendeiner Erinnerung. Doch er fand nichts, nur zusammenhanglose Informationen über das Leben selbst, ohne jede Verbindung zu sich als Person. „Bleiben Sie gern ein paar Tage hier. Vielleicht kehrt Ihre Erinnerung zurück oder jemand sucht nach Ihnen und findet Sie hier“, sagte der Beamte. Tobi freute sich so sehr darüber, dass er freudig aufsprang. „Cool!“ Und so blieb er erst einmal hier. Bis dann wirklich jemand auftauchte, der nach ihm gesucht hatte … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)