Nicholas Rush und Mandy - Wahrheit oder Lüge von DamkinaGlencoe (Eine unerwartete Wendung) ================================================================================ Kapitel 1: 1. Kapitel --------------------- Dr. Rush war es gelungen, das Bewusstsein von Dr. Amanda Perry und Ginn mit Hilfe des neuralen Interfacestuhls zu isolieren und in die Datenbank der «Destiny» einzuspeisen. Er steht vor dem Spiegel in seinem Quartier und stutzt sich den Bart mit einer Nagelschere. Hinter ihm liegt ein Hologramm von Amanda Perry wie dahingegossen auf seinem breiten Bett, vor sich ein Schachspiel auf der Bettdecke betrachtend. «Springer zieht auf B6 und schlägt Läufer.» Er wendet sich um, geht zum Bett und beugt sich, auf die Arme gestützt, über Amanda und analysiert das Spiel. Er richtet sich wieder auf, «Schieb ihn selbst rüber», geht weiter um das Bett und wirft die Schere auf ein Tischchen, während Amanda auflacht. «Ich fass es nicht, du bist unkonzentriert.» Er wendet sich wieder zu ihr um und zuckt mit den Schultern: «Ach, ich konnte dich nicht schlagen, als du noch aus Fleisch und Blut gewesen bist. Jetzt habe ich erst recht keine Chance.» «Ich bin ein Mensch, Nick.» «Aber natürlich», er setzt sich langsam auf das Bett und beugt sich zu ihr, «ich hätte vielleicht lieber sagen sollen, du bist jetzt mehr als ein Mensch.» «Ich bin immer noch ich», widerspricht sie. «Was tust du jetzt gerade?» «Ich bin hier bei dir…», verwundert blickt sie ihn an. «Und?» «Und?», sie druckst herum, steht auf und beginnt im Zimmer auf und ab zu gehen. «Und ich analysiere die Struktur, die du in der Datenbank gefunden hast, und versuche mit Hilfe der Schiffssensoren herauszufinden, wie…», sie grinst. «Whow», er lächelt sie spitzbübisch an. Jetzt ist es ihr aufgefallen, was er meint. Sie nicht. «O.k.», sie setzt sich zu ihm auf die Bettkante, «du hast mal wieder Recht.» «Du bist also doch viel mehr als ein Mensch aus Fleisch und Blut.» «Und warum träume ich dann von nichts anderem?» Er sieht ihr tief in die Augen. «Ich habe denselben Traum… Darin kommst du vor.» Sie wendet sich ab, erhebt sich und beginnt wieder zu laufen. Er senkt seinen Kopf traurig. Dann bleibt sie abrupt stehen und dreht sich wieder zu ihm. «Es gibt einen Weg!» Ungläubig blickt er zu ihr hoch. --------------------------------------------------------------------------------- Dr. McKay blickt sich ungläubig um, fasst sich ins Gesicht, blickt auf den Spiegel, von wo ihn ein fremdes Gesicht ansieht. «Wer ist das?» «Das ist eine gute Frage», entgegnet Colonel Young. «Wo ist Rush?» «Er hat Mr. Brody an seiner Stelle geschickt», antwortet Vanessa James. «Er hat gesagt, das würde sie nicht stören.» «Ja, aber deshalb kann er doch nicht tun, was er will!» «Wo liegt das Problem?» «Rush sollte mit ihnen tauschen und ihre Daten auf der Erde durchgehen.» «Ich dachte, ich sollte ihn hier treffen?» «Nein, nein, sie sollen mit Eli reden. Wenn er überzeugt ist, bin ich es auch. Leutnant, sie haben doch nichts dagegen?» «Nein, Sir, ich kümmere mich darum.» Young nimmt sein Funkgerät. «Rush, hier ist Young, wo sind sie?» Er steht auf und verlässt den Raum. Dr. McKay sieht verträumt nach oben. Sie deutet auf ihre beiden Augen. «Ich bin hier oben.» McKay steht auf. «Wir sind uns im Stargate-Kommando begegnet. Sie sind Vanessa – oder?» «Ja», bestätigt sie, greift nach ihrer Jacke und zieht sie über. «Nach ihnen…» «Nein, Ladies first», bemerkt McKay bis ihm ihr missbilligender Blick auffällt. «Ich gehe…» _____________________________________________________________________ Colonel Young stürmt um die Ecke. «Hey.» Cloe Armstrong schliesst sich ihm an. «Er hatte es so eilig, dass er mich beinahe über den Haufen gerannt hätte.» «Hat er etwas gesagt?» «Ich soll ihnen sagen, dass er sich einen Tag frei nimmt.» «Was soll das bedeuten?» «Das habe ich mich auch gefragt. Wir haben ihn gerade gefunden.» Sie betreten den Interfacekontrollraum. Tamara Johanson erwartet sie bereits. «Seine Werte sind stabil, aber da läuft ein Programm, das ich noch nie gesehen habe. Davon habe ich keine Ahnung.» Sie läuft an dem Interfacestuhl vorbei, auf dem Rush mit geschlossenen Augen, die Elektroden an beiden Schläfen und die Hände auf den Armlehnen gefesselt, sitzt. «Haben sie nicht gehört, er hat sich Urlaub genommen», wirft Adam Brody ein. TJ beugt sich über den Monitor. «Das sieht mir eher wie ein Nickerchen aus, hier werden Delta-Wellen angezeigt, Stadium 4, Tiefschlaf.» Young baut sich, die Hände in den Hosentaschen, vor Rush auf. «Vermutlich werden sie jetzt sagen, es ist zu gefährlich, ihn jetzt aufzuwecken.» «Das ist es auch.» «O.k., dann finden sie heraus, was er hier tut, und dann erstatten sie mit Bericht.» ------------------------------------------------------------------------------------------------------------ Rush liegt bäuchlings und nackt auf seinem Bett. Amanda streicht ihm die Haare aus dem Nacken. «Du durchläufst gerade ein Simulationsprogramm», sie beugt sich nieder und küsst seine nackten Schultern. «Es befindet sich in der Datenbank der «Destiny».» Behaglich räkelt sich Rush lächelnd und geniesst die Situation. «Einige von euch haben das schon durchgemacht.» Sie bedeckt seinen Rücken weiter mit zärtlichen Küssen. «Du meinst die Albträume von Colonel Young?» «Mhhh mhhh», stimmt sie zu und streichelt seine Schultern. «Das Programm ist schon vorher in der Lage gewesen, hyper-sensorischen Input zu geben.» Langsam rutscht sie über seinen Rücken herunter, um sich küssend wieder hoch zu arbeiten. «Ich musste nur herausfinden, wie wir beide es gemeinsam erleben können.» Sie wirft ihre Haare zur Seite und rollt von seinem Rücken an seine Seite. «Deshalb also der Stuhl…», er stützt sich auf seine Arme und beugt sich über Amanda, die fortfährt: «In gewisser Weise befindest du dich jetzt ausserhalb deines Körpers. Das würde keinen Spass machen, wenn es nur in deinem Kopf geschehen würde. So können wir uns gegenseitig spüren.» Sie zieht sein Gesicht zu ihrem, um ihn auf den Mund zu küssen. Er lässt nicht locker. «Du must doch aber irgendwelche Parameter eingegeben haben, damit dieses Szenario hier ablaufen kann.» Lächelnd lässt sie sich zurückfallen. «Das war nicht kompliziert. Es ist sogar so einfach, dass du jederzeit kommen und gehen kannst.» «Da sind wir beide also ganz allein in unserer eigenen kleinen Welt?» «Uns steht hier die gesamte Matrix des Raumschiffes zur Verfügung.» Sie rutscht weiter unter ihn. «Wir können sogar mit dem Shuttle irgendwohin fliegen, wenn wir Lust haben…» Er erwidert ihre Küsse. «Tatsächlich? Vielleicht versuchen wir das irgendwann einmal.» «Aber nicht jetzt…», flüstert sie, ihn immer leidenschaftlicher küssend. «Auf gar keinen Fall…», stimmt er zu, schlingt seine Arme um sie und rollt sich über sie, ohne die Küsse zu unterbrechen. Vor Lust stöhnend schliesst sie die Augen und ihre Lippen öffnen sich. -------------------------------------------------------------------------------------- Colonel Young betritt nach Gesprächen mit McKay und Eli, sowie einem Tausch auf die Erde, wo er mit Woolsey konferierte, erneut den Kommandoraum mit dem Interfacestuhl. «TJ, hat sich etwas verändert?» Rush sitzt bewegungslos auf dem Stuhl. «Ich habe nicht das Gefühl, dass er schläft. Das ist eher so eine Art Koma.» Eli geht hinter eine der Steuerkonsolen. «Was ist mit diesem Typen los?» «Das hat uns gerade noch gefehlt, TJ. Aber Scott und ich müssen die Sache durchziehen. Sie haben das Kommando. Im Torraum muss ein Verteidigungsteam bereitstehen.» «Ja, Sir», beeilt sie sich, zu versichern. «Sehen sie bitte auch einmal nach Greer, ich habe ihn heute Morgen auf dem Gang getroffen. Er sah da gar nicht gut aus.» «Er darf nicht einfach so herumlaufen!» TJ macht sich sofort auf den Weg. «Genau», Young sieht ihr nach. Eli wechselt die Konsolen. «Hat Rush ausser zu sagen, dass er sich einen Tag frei nimmt, einen Hinweis gegeben, wieso er das tut?» «Nicht, dass ich wüsste», Cloe sieht kurz auf, während sie weiter an der Konsole arbeitet. «Vielleicht will er einfach nicht sehen, wie McKay seine Arbeit korrigiert», vermutet Young. «Ich will ja nicht behaupten, dass es Rush an Selbstbewusstsein mangelt», widerspricht Eli, «aber er würde alles dafür tun, um Leute und Vorräte hierher zu schaffen.» Young schleicht um den Stuhl. «Also, was ist ihm so wichtig gewesen?» «Oh, bestimmt wird er es mir bei der nächsten Gelegenheit erzählen», bemerkt Eli sarkastisch, wohl wissend, dass Rush seine kleinen Geheimnisse hat, er ihn aber auch nicht verraten würde. Colonel Young wendet sich zum Gehen. «Kümmern sie sich darum, dass er wieder auf die Füsse kommt, damit ich ihn in den Hintern treten kann.» _______________________________________________________ Dr. Rush sitzt noch immer unbeweglich mit geschlossenen Augen auf den augenscheinlich arbeitenden Stuhl geschnallt. Adam Brody richtet sich über seinem Computer auf. «Ich habe nichts gefunden. Und sie?» Eli kontrolliert die Werte. «Sein Gehirn ist nahezu inaktiv. Es ist so, als wäre er gar nicht…», zögernd überlegt Eli weiter, dann geht er zu Brodys Platz. «Gehen sie in den Aufzeichnungen so weit als möglich zurück! Sein momentaner Zustand hat nichts damit zu tun.» Brody lässt die Daten über den Bildschirm laufen. «Das gibt’s ja nicht…» «Ja», stimmt Eli zu, «ein extrem grosses Upload.» Cloe beeilt sich ebenfalls zu Brodys Platz zu kommen, der fortfährt: «Etwa 900 Terra-Byte sind in den Speicher der «Destiny» geladen worden.» «Eli, was ist den das hier?», fragt Cloe. «Das komplette und ungekürzte Bewusstsein eines gewissen Nicholas Rush…» ________________________________________________________________________ «Fühlt sich seltsam an, wenn sonst keiner da ist.» Rush läuft barfuss, gut gekleidet in frischen Jeans und weissem Hemd, gefolgt von Amanda Perry, ebenfalls barfuss und in einem mädchenhaften Sommerkleidchen, durch die Gänge des Schiffes. Sie sind allein. Lachend hüpft sie hinter ihm her. «Vielen Dank», ihre Stimme klingt leicht säuerlich. Er wendet sich ihr zu und nimmt sie an der Hand. «Du weisst, was ich meine», sie kichert nur, «das muss auch für dich anders sein.» «Ja, lässt sich schwer beschreiben», sie flirtet mit ihm, «denn zwischendurch vergesse ich vollkommen, dass sich auch noch andere Menschen hier an Bord befinden.» Er legt seinen Arm um ihre Taille und sie spazieren den Gang weiter entlang. «Ja.» «Zum Beispiel, wenn ich einen Blick nach draussen werfe und um uns herum die Galaxie sehe.» Sie lässt ihn los und läuft rückwärts vor ihm her, überglücklich über ihre neu gewonnene Freiheit. «Und manchmal kann ich die Daten im Bruchteil einer Sekunde durchgehen, wo ich sonst sicher Stunden bräuchte, wenn ich…» Rush bleibt stehen und nimmt ihre Hände. «Wenn du wirklich ein Mensch wärst, oder?» Sie schlingt ihre Arme um seine Schultern. «Ich bin aber hier lieber mit dir zusammen, mit meinem Körper, hier bei dir», bekräftigt sie. «Nur als Bewusstsein zu existieren, ist sehr einsam.» Rush blickt ihr tief in die Augen und schüttelt den Kopf. «Ich will aber nicht, dass du jemals wieder einsam bist.» Ihre Hände wuscheln durch seine Haare. «Du hast keine Ahnung, wie glücklich ich darüber bin, dass du das sagst.» Sie küsst ihn auf den Mund. «Tatsache ist», wendet er ein, «wenn es mir gelingen sollte, mit den realen Systemen der «Destiny» zu interagieren», er klopft mehrfach beim Laufen gegen die Wand, «könnten wir mehr Zeit miteinander verbringen.» «Aber das geht nicht. Das System ist isoliert.» «Es wäre keine Simulation mehr, wenn es Auswirkungen auf die reale Welt hätte», überlegt er. «Wir müssen unbedingt Eli und Ginn davon erzählen.» Er stoppt. «Können wir das nicht erst einmal für uns behalten?» «Ja, natürlich…Ich muss jetzt aber gehen…» Sie stöhnt und umarmt ihn. «Must du das wirklich?» «Zum einen bin ich lange genug weg gewesen, und ich will nicht, dass Colonel Young hysterisch wird.» Sie lacht und schmiegt sich an ihn, um in zu überzeugen, länger zu bleiben. «Und zum anderen muss ich wirklich arbeiten.» Sie nickt säuerlich. «Also, gibt es hier irgendwo eine Tür oder muss ich nur mit dem Finger schnippen?» «Es ist sogar noch einfacher…», sie lächelt. «Ja?» Sie lässt ihn los und rennt im Gang vor ihm her. Mit grossen Schritten folgt er ihr zum Interfacekontrollraum, wo sie den Stuhl bereits an der Lehne und den Armstützen berührt. «Du musst dich einfach nur hinsetzen, deine Augen schliessen, und wenn du sie öffnest, bist du zurück.» «Ach, und dann werden sie alle mit vorwurfsvollen Blicken dastehen und auf eine Erklärung warten», seufzt er. «Ich kann’s kaum erwarten.» Zögernd bleibt er am Stuhl stehen. «Aber, du kommst bald wieder?» «Naja», er umarmt sie von hinten, «du kannst mich ja auch in der realen Welt besuchen.» Etwas säuerlich nickt sie. Man merkt, sie will nicht, dass er geht. Er küsst sie auf die Schulter und sie schmiegt sich fester an ihn. «Natürlich ist es nicht dasselbe, aber… hey, ich liebe doch nicht nur deinen Körper, sondern auch deinen Verstand.» Bittersüss lächelt sie zustimmend. «Ja», sie wendet sich zu ihm um, «dann geh…setzt dich.» Sie schiebt ihn in Richtung der Sitzfläche. «Gut», er nimmt auf dem Stuhl Platz. «Ich komme später und sage dir Gute Nacht.» «Also, bis dann», er legt mit einer entschlossenen Geste seine Arme auf die Armlehnen und schliesst die Augen. Die Lichter des Stuhles gehen an, die Kopfelektroden klappen nach vorn und stellen sich an seinen Schläfen ein… dann verlöschen die Lichter und die Elektroden nehmen die Ausgangsposition ein. Rush sitzt noch immer in den neuen Jeans und dem weissen Hemd auf dem Stuhl und öffnet die Augen. «Amanda… es funktioniert nicht…», er sieht sie fragend an. Ihr Gesichtsausdruck ist nicht zu deuten. Sie stürzt zu der Bedienkonsole hinter dem Stuhl «Es hätte funktionieren sollen…» Rush erhebt sich und wendet sich ihr zu. «Das ist noch lange kein Grund zu Panik.» Sie druckst herum. «Wie wäre es mit einem zweiten Versuch?» Er greift sich ans Kinn und überlegt. «Das habe ich schon getan…» «Vielleicht kann ich ja die Simulation irgendwie anders abschalten…», sie läuft in Richtung eines anderen Terminals. «Nein, nein», er folgt ihr. «Das ist zwar eine gute Idee, aber du hast doch selbst gesagt, dass dieses System isoliert ist. Und deshalb hat nichts von dem, was du jetzt tust irgendeine Wirkung in der realen Welt.» Sie senkt die Augen und schüttelt den Kopf. «Ich weiss nicht, wie ich so dumm sein konnte…» Sie beginnt zu laufen, wie sie es immer tat, wenn sie überlegte. «Aber das bist du doch wirklich nicht.» Er steht am Stuhl, einen Unterarm darauf gestützt. «Wahrscheinlich ist es nur eine Kleinigkeit.» «Schon möglich…aber», er zieht die Augenbrauen hoch, «ich kann nicht weg und du kannst es von hier aus nicht erledigen.» «Richtig», sie druckst herum, «du kommst allein klar?» »Ganz bestimmt», er versucht ihr Mut zu machen, «geh nur.» Sie schliesst die Augen und löst sich auf. Dabei bemerkt sie den Anflug von Angst und Verzweiflung in seinem Gesicht nicht mehr. ________________________________________________________________ Eli marschiert durch den Interfacekontrollraum. «Ginn», ruft er, «Ginn!» «Eli», unterbricht ihn Brody, « sie befindet sich im Speicher des Schiffes. Da hört sie sie nicht schlechter als sonst.» Er überprüft gerade Rush’s Lebensfunktionen. «Und wieso antwortet sie dann nicht?» «Wieso glaubst du, dass sie uns helfen kann?», wirft Cloe ein. «Ich glaube, ich weiss, was Rush tut… Ginn und ich hatten nämlich dieselbe Idee. Ich bin sicher, sie unterhalten sich.» «Was?» «Die Antiker haben bei ihren Recherchen mit dem Transfer von menschlichem Bewusstsein experimentiert. So funktionieren doch auch die Steine, oder?» «Das wissen wir nicht», entgegnet Brody. «Was hätte das für einen Sinn?», fragt Cloe. «O.k., das ist ein wenig…», Eli druckst herum und kichert, «in der vorletzten Nacht hat mich Ginn in meinem Quartier besucht. Wir haben so geredet, und ich hab so was gesagt, wie: Wäre es nicht toll, wenn wir nicht nur reden könnten?» «Du meinst richtigen physischen Kontakt?» Eli verdreht die Augen und stimmt zu: «Ja» Brody fragt: «Und sie meinen…» Schnell unterbricht ihn Eli: «Ja, ja, genau das habe ich gemeint… Ehrlich gesagt hatte ich nur laut gedacht, aber der Vorschlag ist bei ihr gar nicht gut angekommen.» «Sie ist gerade erst gestorben und ihr Bewusstsein wurde in den Speicher transferiert…», brummt Brody vorwurfsvoll. «Und sie denken nur daran… ihre…» «Nein, nein, nein», widerspricht Eli, «sie war durchaus dafür…» Cloe senkt den Kopf. «Wieso dann?» «Sie hat gesagt, das könnte gefährlich sein.» «Wieso?» «Glaubst du nicht, dass das Hoch- und Runterladen eines menschlichen Bewusstseins gefährlich ist?» Betreten sehen alle drei auf Rush, der unbeweglich und blas in dem leuchtenden und arbeitenden Stuhl verharrt. «Ich wollte sie trotzdem dazu überreden, aber da ist sie ziemlich sauer geworden, depressiv, oder eine Kombination von beidem. Und sie ist seitdem nicht wiederaufgetaucht.» ______________________________________________________________ «Entschuldige, dass ich so lange weg war.» Rush greift ihre Hand. Er steht am grossen Panoramafenster und verfolgt den Hyperraumflug der «Destiny». «Ich hatte durchaus meinen existentiellen Spass dabei. Ich habe versucht, den Unterschied zwischen diesem Ort und der realen Welt zu erkennen. Und falls es einen gibt, dann habe ich ihn nicht entdecken können.» Er klopft wieder an ein Metallrohr. «Du wirst aber trotzdem wiederkommen?» «Erst einmal muss ich weggehen um wiederzukommen.» Sie nickt. «Das sollte kein Problem mehr sein.» «Daran habe ich nie gezweifelt», Rush lächelt Amanda an. «Was war das Problem?» Amanda druckst herum. «Eigentlich ist es Ginn gewesen…» «Ginn?», Rush zweifelt, «was hat sie denn damit zu tun?» «Ich glaube, sie ist... damit nicht einverstanden.» «Das geht sie überhaupt nichts an…» «Ich weiss, aber irgendwie äussert sich ihr ganzes Missfallen darin, dass sie dich hier festhält.» Mit zweifelndem Ausdruck im Gesicht versucht Rush hinter ihre augenscheinliche Unruhe zu blicken. Er lässt sich aber nichts anmerken. Beide stehen, sich an beiden Händen haltend vor einander. «Wollen wir es noch einmal probieren?» Nickend stimmt Amanda zu. Er küsst sie auf die Wange und begibt sich zum Stuhl und nimmt Platz. Hinter seinem Rücken zieht sie ein säuerliches Gesicht, fängt sich aber wieder, als er sie wieder anblickt, nachdem er sich gesetzt hatte. Sie winkt ihm zu. «Bis dann…» «Wir werden sehen…», er lehnt sich zurück, legt die Arme auf die Armlehnen, der Stuhl leuchte auf und die Kopfelektroden klappen an ihren Platz. Er schliesst die Augen. Die Elektroden klicken an seine Schläfen… Dann lösen sich die Elektronen und klappen zurück. Das Licht des Stuhles verlischt. Brody beugt sich von vorn zu ihm und schreit während Rush die Augen öffnet: «Er ist zurück! Er ist wieder da!» Rush sieht an sich runter. Er trägt wieder das alte braun-grüne kurzärmelige T-Shirt mit dem langärmeligen weissen Shirt darunter. «Da müssen sie doch nicht so Schreinen», brummt er. «Was haben sie sich eigentlich dabei gedacht?», schimpft Eli. «Ich bin vor allem hungrig… wie lange bin ich weg gewesen?» Cloe antwortet: «Etwa 12 Stunden!» Wie steif erhebt er sich aus dem Stuhl, die Hand auf den Bauch gepresst. «Das kam mir auch so vor…» Weitere Vorwürfe prasseln auf ihn ein: «Wenn sie so etwas vorhaben, sollten sie vorher Bescheid geben…» Er winkt ab und wendet sich zur Tür. «Ja, ja…» «Young ist ziemlich sauer!», schreit Eli ihm hinterher. «Er kann mich gerne später anschreien…» «Wie konnten sie nur so rücksichtslos sein?», schimpft Eli und folgt Rush, der abwehrt. «Sie können mich auf dem Weg zur Messe anschreien, wenn sie wollen…» Eli sieht sich noch einmal um und folgt Rush kopfschüttelnd. _______________________________________________________________ Rush stochert in einem Teller voll undefinierbarem grünen Gemüse. Eli sitzt ihm gegenüber. «Ich glaub’s einfach nicht…» «Amanda sagt, das wäre so eine Art unbewusste Missbilligung.» «Ginn würde nie jemand verletzen», widerspricht Eli. «Das spielt doch keine Rolle, ich bin zurück», er stopft sich die nächste Gabel voll Grünzeug in den Mund. «Und, wie ist es gewesen?» Eli kann seine Neugierde nicht mehr unterdrücken. Rush sieht sich in der Messe um, ob ihnen jemand lauscht und beugt sich flüsternd zu Eli: «Absolut…körperlich…» Ein leichtes Grinsen umspielt Eli’s Mundwinkel. _____________________________________________________________________ Rush blättert in seinem Zimmer in seinem Notizbuch als Amanda vor ihm auftaucht. «Mandy…» «Ich wollte sicher sein, dass du es gut geschafft hast.» Er lächelt. «Wieder zu Hause.» «Da bin ich froh. Ich habe mir Sorgen gemacht.» «Das weiss ich doch.» «Das Letzte was ich jemals wollte, ist…» Sie löst sich blitzschnell auf. _________________________________________________________________________ Das Schiff bebt. Eli kann sich gerade noch festhalten. «Was ist denn das gewesen?» «Eine Notabschaltung des FDL-Antriebs.» Hinter ihm steht Ginn. Er fährt herum. «Ginn…» Die läuft rasch auf ihn zu. «Ich glaube nicht, dass es dem Schiff schadet, aber ich brauche eine Ablenkung. Dr. Rush ist in Gefahr…» Beide stehen neben dem leuchtenden Stuhl, auf dem sich der bewusstlose Dr. Rush befindet. Eli versucht, ihre Hand zu ergreifen, was aber bei dem Hologramm nicht gelingt. Ginn sprudelt heraus: «Es war ein Fehler. Sie hat es nicht absichtlich getan, aber es gibt keinen Weg aus der Simulation.» «Von wem redest du?» «Dr. Amanda Perry… Ich wollte es dir schon längst sagen, aber… sie hindert mich ständig daran… oder sie unterdrückt mich. Es ist schwer zu erklären, aber ich brauche meine ganze Konzentration, um überhaupt hier zu sein…» Eli schüttelt ungläubig den Kopf. «Wieso sollte sie das tun?» «Sie versucht, Zeit zu gewinnen, um das Problem der ursprünglichen Programmierung der Simulation zu lösen, aber sie kann es nicht. Das Programm lässt sich nur von aussen beenden.» Sie sieht ihm fest in die Augen. «Du musst es tun, Eli!» «Wie?» «Du musst.», und Ginn verschwindet. «Ginn…», Eli sieht sich suchend um, «Ginn?». Aber sie ist weg. Sein Blick fällt auf den bleichen Dr. Rush…. _____________________________________________________________________ Amanda taucht wiederbei Rush auf. «Hey, was ist passiert?» Sie senkt den Kopf. «Ich habe gespürt, dass eines der FDL-Antriebsmodule überlastet war. Ich habe eine Notabschaltung veranlasst.» «Sehr gut», er lächelt. Sie tritt näher an ihn heran und setzt sich neben ihn auf das Bett. «Also… soll ich dich jetzt deiner Arbeit überlassen oder wollen wir uns eine Weile unterhalten?» «Naja», er blickt zur Seite, um sie dann schulterzuckend wieder anzusehen, «eigentlich muss ich arbeiten.» «Wir sehen uns bald…», sie lächelt leicht süsssauer, versucht das aber zu verbergen. «Sicher», bestätigt Rush. Sie steht auf, küsst ihn auf die Wange und verschwindet. Rush überlegt einen Moment und greift sich an die Wange. In der Realität hätte er Amandas Kuss nicht spüren dürfen…. ____________________________________________________________ Rush läuft durch die Gänge des Raumschiffes. Gelegentlich begegnen ihm andere Besatzungsmitglieder. Er sieht sich um, erreicht nach kurzer Zeit den Steuerraum, wo er auf Eli trifft. «Sollten sie nicht versuchen, mich aus dem Interface-Stuhl zu holen?» Rush beginnt an einer Tastatur etwas einzugeben. «Ähhhm… wenn sie immer noch dort wären, dann hätte ich es versucht. Aber wie ich sehe...» Leise piepsend geht ein Alarm los und unterbricht Eli, der sich sofort dem Kontrollpanel zuwendet. «Was machen sie da?» «Machen sie sich darüber keine Gedanken…» «Sie reduzieren überall die Stärke der Schilde.» «Ja», Rush stellt weiter ein, «kein Grund zur Sorge.» Der Alarm geht laut los. Eli rennt zu Rush und fällt ihm in den Arm. «Stopp! Stopp! Wenn die Schildstärke unter 4% fällt, wird das Schiff auseinanderbrechen!» Rush wehrt ihn ab und wendet sich ab. «Ihnen wird nichts geschehen.» Mit schnellen Schritten verlässt er den Raum. «Nein, sie können doch nicht einfach…», aber Rush ist schon weg. Eli versucht noch etwas am Kontrollpanel zu ändern, aber Rush hat seinen Code gesichert. ___________________________________________________________________ Im Observationsdeck wird Dr. Rush schon von Amanda Perry erwartet. «Warum tust du das?» «Weil ich die Simulation noch nicht verlassen habe. Ich muss jetzt selbst einen Weg hinausfinden.» «Aber doch nicht so!» «Du weisst doch, alle Simulationen brauchen Parameter, Bedingungen, bei denen das programmierte Szenario unterbrochen wird. Wenn das nicht hilft», er schüttelt den Kopf, «dann weiss ich auch nicht weiter.» Amanda wird leicht panisch. «Nein, nein, Nick, das geschieht jetzt wirklich.» Sie legt ihre Hände auf seine Schultern. «Du wirst alle auf diesem Schiff umbringen.», beschwört sie ihn eindringlich. Er blickt ihr fest in die Augen und schüttelt den Kopf. «Das glaube ich nicht.» Ein gleissender Lichtschein beginnt an der Spitze des Schiffes. Beide drehen sich zum Fenster. Amandas Gesichtsausdruck ist angsterfüllt. Dr. Rush sieht mit stoischer Gelassenheit zu, wie die die gleissenden Explosionen und das Feuer über das Schiff auf sie zukommen…. __________________________________________________________________ Inzwischen hat aus TJ den Interfacekontrollraum erreicht. Eli springt von einem Kontrollpanel zum anderen. «Die Simulation lässt sich nicht abschalten.» «Warum nicht?» fragt Cloe. «Weil Perry die Simulation programmiert hat!» Er geht zu einem anderen Kontrollpanel. «Sie hält ihn dort fest, ob mit oder ohne Absicht.» «Und was wollen sie jetzt tun?» Eli schlägt mit der Hand auf das Panel. «Ginn hat mir gesagt, dass es nur von aussen gelingen kann. Dr. Perry hat sie weggezogen, bevor sie es genauer erklären konnte», er beginnt etwas in den Computer einzugeben. «Aber ich glaube, was sie mir sagen wollte…» Konzentriert arbeitet er weiter. ____________________________________________________________________ Dr. Rush erwacht auf dem Bett seines Zimmers, zuckt kurz zusammen und blickt an seinem Körper herunter, bevor sein Blick auf die am Fussende seines Bettes stehende Amanda Perry fällt. «Wieso hast du das getan, Nick?», fragt sie während er sich langsam aufsetzt. «Um zu beweisen, dass es nicht real war.» Fragend hebt er seine Hände. «Wieso hast du mich angelogen?» «Ich…ich habe gedacht, es ist nur ein kleiner Defekt. Ich habe gedacht, ich könnte es reparieren.» Ertappt hebt und senkt sie ihren Blick. «Und sie hätten deinen Körper am Leben erhalten können, während ich versucht hätte, eine Lösung zu finden…» «Und was tun wir jetzt?» Er sinkt auf dem Bett wieder in sich zusammen. «Das habe ich nicht mehr in der Hand. Ginn hat inzwischen Eli erreicht.» «Es ist also nicht ihre Schuld gewesen?» Er blickt ihr fest in die Augen. Sie senkt ihren Blick und schüttelt den Kopf. «Nein», dann blickt sie ihm in die Augen, «ich habe einen Fehler gemacht, als ich die Parameter für die Simulation programmiert habe. Es hat so einfach ausgesehen, dass eigentlich nichts schief gehen konnte.» Ihre Stimme klingt verzweifelt. «Bitte, was waren denn die Parameter?» «Ich gebe dir keine Schuld.» Seine Stirn kräuselt sich in einem verzweifelten Ausdruck. «Wofür?» Sie blickt zur Seite. «Amanda, bitte antworte mir...», fleht er verzweifelt. Sie blickt in wieder an, «Dass wir beide uns lieben… das ist alles… das ist das Einzige gewesen, was geschehen musste und dann hättest du jederzeit kommen und gehen können… Ich liebe dich, Nick.» Sie schüttelt verzweifelt den Kopf. «Aber du liebst mich nicht.» «Nein! Nein!», er springt auf. «Natürlich liebe ich dich! Das kann nicht das Problem sein!» «Das ist nichts, was du irgendwie erzwingen könntest…» «Aber es ist wahr, ich liebe dich…», sein Ausdruck wird immer verzweifelter. Sie schüttelt wieder den Kopf. «Es ist einfach von Anfang an nicht fair gewesen», sie bewegt sich einen Schritt auf ihn zu. «Ich habe schon mein ganzes Leben diese Gefühle für dich...» «Nein, nein, Amanda, hör mir zu, hier und jetzt. Hör nicht auf das Urteil dieses dämlichen Programmes…» Sie senkt die Augen. «Wir haben nur noch wenig Zeit, denn Eli hat», sie unterbricht kurz, «schon begonnen, den Speicher, der unser Bewusstsein enthält, zu löschen.» «Das von dir und Ginn?» «Es ist ein seltsames Gefühl…» «Unterbrich ihn!» «Ich kann es nicht…» «Nein! Versuche es! Du musst dich schützen!» Sie blickt ihm in die Augen. «Ich weiss, du gibst dir die Schuld an meinem Tod… aber tu es nicht», sie schüttelt ganz heftig den Kopf. «O.K.?» Zärtlich legt sie ihre Hand an seine bärtige Wange. «Denn wenn es nicht passiert wäre, dann hätte ich das hier nie gefühlt.» «Ich liebe dich wirklich…», seine Stimme zittert, aber er blickt ihr fest in die Augen, während seine Arme hilflos an ihm hängen. «Ich schwöre es.» «Leb wohl…», dann löst sie sich vor ihm wie in weissen Rauch auf. Nur ein leises Schluchzen entfährt ihm. Er ist jetzt wieder ganz allein… …bis sich eine zarte Frauenhand auf seine Schulter legt. Rush fährt herum. Vor ihm steht eine Frau, die er noch nie gesehen hat. Ihre dunkelroten Haare sind auf ihrem Hinterkopf zu einem wirren Knoten zusammengesteckt. Sie trägt ein zartes, langes, fliessendes wollweisses Kleid mit Ärmeln bis über die Ellenbogen. Ihre strahlend blauen Augen leuchten warm und gütig. «Wer?» «Mein Name ist Khandro Lal. Ich will dir helfen, Nicholas.» Vorsichtig wischt sie eine Träne von seiner Wange. «Du musst sie nicht verlieren… Aber zuerst musst du hier raus.» «Aber wie?», er schüttelt verzweifelt den Kopf. «Es ist richtig, Amanda hat als einzigen Parameter eingegeben, dass ihr euch liebt. Sie hat dabei zwei Fehler gemacht. Sie hat dein Bewusstsein nicht zuerst in den Datenspeicher des Schiffes geladen, sondern sofort in die Simulation. Damit kannst Du nur heraus, wenn dieser Parameter erfüllt ist. Wie soll das Schiff aber ein Gefühl wie Liebe kennen? Also hat es seine Datenbanken durchsucht und daraus definiert, was Liebe ist… In deiner Kultur hat man das früher Heilige Hochzeit genannt. Es hat weniger mit einer körperlichen Vereinigung zu tun, als mit der Freisetzung eines multidimensionalen Energieschubes durch ein Paar in einer rituellen Verbindung.» Nervös streicht sich Rush durch die Haare. «Wer bist du?» «Ich musste euch durch das Tor auf die «Destiny» folgen, weil der Planet zerstört wurde. Ich habe das Schiff halten lassen und die Stargates angewählt, damit ihr Vorräte sammeln konntet…» «Du bist eine aufgestiegene Antikerin…» Sie nickt. Rush braucht einen Moment, sich zu sammeln. «Na gut, hier in der Simulation bin ich ein Avatar, den ich von aussen steuere. Nicholas, ich muss dich schnellstens hier raus schaffen. Wenn Eli die Simulation löscht, wird das an deinem Bewusstsein einen enormen Schaden anrichten.» «Wie soll das mit der Heiligen Hochzeit gehen? Wir können doch nicht…» Sie lacht. «Das brauchen wir nicht. Ich bin ein Avatar und dein Bewusstsein ist schon von deinem Körper getrennt. Das macht es viel einfacher…» Zärtlich legt sie ihre Arme um seinen Hals. «Nimm mich in deine Arme und küss mich…» Rush zieht sie an sich und presst seine Lippen auf ihren Mund. Als ihre Körper Kontakt aufnehmen, beginnen zwei Lichter im Bereich beider Unterleiber aufzuleuchten und sich zu umkreisen. Runde um Runde schrauben sich die umkreisenden Lichter höher, während Rush und Khandro Lal zu einem imaginären Körper zu verschmelzen scheinen, bis die Lichter an beider Kopf über dem Scheitel die Körper verlassen… blitzartig lösen sich beide auf und verschwinden. __________________________________________________________________ Dr. Rush wacht auf. Er befindet sich auf der medizinischen Station. In seinem Arm befindet sich eine Infusion. Panisch schaut er sich um. Er kann sich nur noch daran erinnern, wie er Khandro Lal in seine Arme genommen und sie geküsst hatte, an das elektrisierende Gefühl, als der Energiestoss im Inneren seines Körpers nach oben geschossen ist…dann war alles dunkel. Er richtet sich auf. «Was ist passiert?» TJ rennt zu ihm. «Wieso bin ich hier?» Beruhigend legt TJ ihre Hand kurz auf seine Schulter. «Sie sind schon seit ein paar Tagen zurück. Aber sie sind die ganze Zeit im Koma gewesen.» Er sieht sich um. Neben ihm sitzt Eli. «Eli, was haben sie da getan?» «Sie fragen, was ich getan hab? Ich habe den Speicher, auf dem sie gewesen sind in die Quarantäne transferiert. Sie sind jetzt vom Rest des Schiffes abgeschnitten – und von uns.» Seine Stimme bricht ab. «Sie?» «Es gab keinen anderen Weg – hat jedenfalls Ginn gesagt. Und deshalb habe ich es getan.» Mit völlig verzweifeltem Ausdruck sieht Rush ihn an. «Um sie zu retten…» Eli wendet sich mit verächtlichem Blick ab und geht. Rush setzt sich weiter auf. «Nein – Eli», noch zu schwach versucht er aufzustehen. TJ drückt ihn zurück ihn zurück auf das Bett. «Nein! Vergessen sie es!» Tränen steigen ihn ihm auf vor Trauer um Amanda. «Sie müssen sich ausruhen. Sie haben Glück, dass sie noch am Leben sind.» Mühsam schluckt er ein Schluchzen hinunter. «Hören sie auf sie, Doc», meldet sich Greer vom Nachbarbett. «Sie weiss genau, wovon sie redet.» Langsam lässt er seinen Kopf wieder auf das Kissen sinken. _______________________________________________________________ Nicht lange später erlaubt TJ Dr. Rush die Krankenstation zu verlassen. Mit langsamen schweren Schritten geht er zu seinem Quartier, schliesst die Tür und lässt sich auf das Bett fallen. Seine Gedanken kreisen um die Geschehnisse der letzten Tage. Kaum hatte er nach dem Tod seiner Frau wieder jemand gefunden, der sein Herz berühren konnte, wurde sie ihm wieder entrissen. Anfangs war es nur wie ein Traum, da Amanda’s brillanter Geist auf der Erde in einem schwer behinderten Körper gefangen war. Durch die Kommunikationssteine konnte sie zumindest zeitweise in einen gesunden Körper tauschen, ein Gefühl, dass sie nicht kannte. Dann wurde sie in Ginn’s Körper ermordet. Nie hätte er gedacht, dass er imstande sein könnte, aus Wut und Rachedurst den Mörder zu jagen und töten. Er war weder ein Soldat noch besonders gross und kräftig. Solche Eigenschaften hatte er als Wissenschaftler nie gebraucht. Dann geschah ein Wunder, da die Kommunikationssteine das Bewusstsein von Amanda Perry und auch Ginn gespeichert und auf Cloe übertragen hatten. Das zweite Wunder war, als es ihm gelang, das Bewusstsein der beiden Frauen mit Hilfe des neuralen Interfacestuhles in den Schiffsspeicher zu übertragen. Nein, es war kein Wunder, sondern die Antiker Technologie. Amanda war wie ein kleines Mädchen, wie sie ihren holographischen Körper entdeckte, und sie war so schön, so attraktiv, dass ihm der Kopf schwirrte. Kein Wunder, dass er sich, auf ihren brillanten Geist vertrauend, auf das Abenteuer einliess, sein Bewusstsein mit Hilfe des Stuhles in ihre Simulation zu laden, ohne das gründlich geprüft zu haben. Die Idee war zu verlockend. Ohne die Hilfe der aufgestiegenen Antikerin wäre sein Bewusstsein jetzt durch Eli’s Aktion, die Simulation aufzulösen, zerstört, da sein Bewusstsein nur in die Simulation geladen war. Amanda hatte ihn zu ihrem Besitz gemacht und die ganze Zeit belogen. Hätte Khandro Lal nicht eingegriffen, würde er nicht mehr existieren. Er verstand noch nicht, was sie getan hatte. Sie hatte in ihm Gefühle und eine Energie ausgelöst, die er so noch nie erlebt hatte. Heilige Hochzeit – sie hatte Recht, in einer normalen körperlichen Beziehung zwischen Mann und Frau, egal wie intensiv sie auch ist, war dieser Zustand nicht zu erreichen. Damit hatte Amanda ihm mit der Programmierung der Parameter für das Verlassen der Simulation eine Hürde eingebaut, die für sie beide nicht zu nehmen gewesen wäre. Das hatte nichts mit Gefühlen und Liebe zu tun – mit Liebe schon, aber einer anderen Art Liebe für den Aufstieg in eine höhere Bewusstseinsstufe. Jetzt verstand er, Khandro Lal hatte ihm den Weg zum Aufstieg gezeigt, jedenfalls einen Weg, der normalerweise aus einer rituellen menschlichen Vereinigung die Energie für den Aufstieg transformieren konnte. Trotzdem krampfte sein Herz vor Schmerz um Amanda. Als er einen kleinen Luftzug spürt, öffnet er die Augen. Khandro Lal sitzt neben ihm im Schneidersitz auf dem Bett. «Wie geht es dir, Nicholas?» Sie sieht seinen schmerzvollen Gesichtsausdruck als er abwinkt. Khandro legt ihm ihre Hände auf Stirn und Brust und schliesst ihre Augen. Er fühlt, wie eine kraftvolle Energie in ihn strömt. Wenige Sekunden später fühlt er sich stärker und fit. «Ich kann dich fühlen...» «Natürlich, ich bin kein Hologramm.» Sie lächelt sanft. «Fühlst du dich schon stark genug, mit mir zum Interfacestuhl zu gehen? Ich kann es nicht tun. Du must es tun. Ich darf mich nicht einmischen.» Er setzt sich auf. «Wie? Du darfst dich nicht einmischen? Du hast dich doch schon eingemischt…» Sie druckst ein wenig rum und verzieht ihren Mund. «Nun ja, ich habe in einer Computersimulation gespielt, tröste jetzt einen Freund und rede mit ihm. Ich greife nicht aktiv ein.» «Du hast doch das Schiff auch angehalten, damit wir auf den Planeten Vorräte sammeln konnten.» Ihr Lächeln ist jetzt spitzbübisch. «Das Schiff muss ab und zu aus dem Hyperraum fallen, wo, spielt doch keine Rolle.» Sie seufzt. «Manchmal verstehst du etwas langsam, was ich dir sagen will…» «Ich verstehe nicht…» «Ich habe schon öfter mit dir geredet…auf der Brücke…in Gestalt deiner Frau…» Sie senkt ihre Augen. Rush streicht sich die Haare aus der Stirn. «Ich habe mich schon gewundert, welche Halluzinationen mir das Schiff eingegeben hat. Und du bist nie wirklich darauf eingegangen, was ich gefragt habe.» «Ich habe versucht, dich indirekt zur Lösung deiner Probleme zu führen, ohne mich direkt einzumischen. Du musstest allein darauf kommen.» «Zeigst du dich jetzt in deiner wahren Gestalt?» Er mustert sie. Das wollweisse dünne Kleid ist bis zu ihren Knien hochgerutscht. Die Nägel ihrer nackten Füsse scheinen wie mit goldenem Glitzer überzogen wie auch die Nägel an beiden Ringfingern. An ihren Fingern schimmern zwei breite goldene Ringe. Ihre Ohren sind mit vielen kleinen roten, grünen und weissen glitzernden Steinchen und Blüten geschmückt. Eine solche Blüte befindet sich auch auf ihrem linken Nasenflügel. Ihre grossen blauen Augen werden von einer zarten fast weissen Haut unterstrichen und ihre aufgesteckten Haare leuchten im Licht wie Kupfer. Sie war so sanft und ruhte in sich, wie seine Frau, war aber trotzdem ganz anders. «Ja», sie lacht und sieht ihn wieder an, «ich glaube, auf der Brücke hättest du mich als Khandro nicht so gut aufgenommen. Aber jetzt kennst du mich aus der Simulation.» Rush nickt. Er hätte niemals so mit Khandro diskutiert wie mit seiner imaginären Frau. «Warum ich, Khandro?» Ein Hauch von Röte zeigt sich auf ihren Wangen. «Du bist der Einzige, der das Schiff wirklich verstehen kann…» «Das könnte Eli auch, vielleicht sogar noch besser…» Sie schüttelt den Kopf. «Eli ist ein Kind. Er kann die Verantwortung noch nicht tragen…Und - ich mag dich, Nicholas. Ich konnte dich nicht so verzweifelt sehen…» «Hat man das so gemerkt?» «Die Mannschaft bestimmt nicht…», sie blickt ihm in die Augen. «Nicholas, möchtest du Amanda zurück?» «Wie meinst du das?» Rush bemerkt ihre leicht belegte Stimme. «Du kannst Amandas und Ginn’s Bewusstsein in kleine portable Geräte laden, die es auf dem Schiff gibt, jedes in eines. Aktiviert man die Geräte, kann sich ihr Bewusstsein als Hologramm manifestieren. Es ist wie nach dem Transfer in den Speicher des Schiffes, nur, dass sie da keinen Unfug mehr anrichten können. Ihr könnt reden, miteinander Zeit verbringen, Probleme diskutieren… alles wie vorher.» Er schwingt seine Beine auf den Boden. «Das ist möglich?» «Natürlich, sonst würde ich es nicht sagen…» «Warum willst du das tun?» «Weil ich dich mag, Nicholas, und ich möchte, dass du glücklich bist… Du bist nicht so gefühlskalt und böse, wie du es den anderen gern vormachst.» Sie springt auf. «Komm…», und deutet mit dem Kopf zur Tür. Gemütlich schlendern sie gemeinsam zum Interface-Kontrollraum. Das Kleid umfliesst ihre Figur und schleift jetzt wie eine kleine Schleppe über den Boden. Sie gleitet wie eine Elfe über den Boden. Eli sitzt an einer der Steuerkonsolen. Er sieht auf, als er Rush kommen sieht. «Sollten sie sich nicht noch ausruhen, Dr. Rush?» «Nein, ich habe zu tun.» Er blickt zwischen Eli und Khandro Lal hin und her, bis ihm klar wird, dass Eli sie nicht sehen kann. Zögernd folgt er ihr zu einem Wandschrank, den sie bisher nicht öffnen konnten. Nachdem sie ihm die Hand auf die Schulter legt, weiss er, wie er den Schrank öffnen kann. In dem Fach findet er mehrere kleine pyramidenförmige Objekte. Er nimmt zwei an sich und schliesst den Schrank. Wieder folgt er Khandro Lal, die ihm einen Steckplatz am neuralen Interfacestuhl zeigt, in den so eine kleine Pyramide genau hineinpasst. Am Kontrollpanel berührt sie wieder seine Schulter und fast automatisch bedient er das Gerät. Der Stuhl leuchtet auf. «Was tun sie, Rush?» «Ich hole Ginn und Mandy aus der Quarantäne…» «Halten sie das für eine gute Idee? Dr. Perry hat genug angerichtet. Es hat sie fast das Leben gekostet!» «Das wird sie nicht mehr können», brummt er und arbeitet weiter, wechselt die Pyramiden am Stuhl und steckt die erste selber ein. Kurze Zeit später kann er die zweite Pyramide aus dem Stuhl nehmen. Er stellt die Pyramide vor Eli auf das Kontrollpanel und aktiviert sie. «Hier haben sie Ginn zurück. Passen sie gut auf sie auf.» Sofort manifestiert sich Ginn als Hologramm. Eli springt auf. Ginn juchzt auf. «Eli!» Glücklich sehen sich die beiden in die Augen, was Rush mit einem Lächeln quittiert. __________________________________________________________________________ Leise zieht Rush sich zurück, die Hand in der Hosentasche auf seiner Pyramide mit Amandas Bewusstsein. Er sieht sich um. Khandro Lal ist nicht mehr da. In seinem Zimmer angekommen, stellt er die kleine Pyramide auf einer Konsole an der Wand ab. Er bleibt einen Moment stehen, dann beginnt er in seinem Zimmer auf und ab zu wandern. Immer wieder bleibt er vor der Pyramide stehen, kann sich aber nicht überwinden, sie zu aktivieren. Ihm schmerzt das Herz, aber um so länger er in sich hinein hört, umso mehr erkennt er, dass Amanda eigentlich nur sich selbst liebte. Er war ihr bewunderter Lehrer, für den sie trotz ihres brillanten analytischen Geistes schwärmte wie ein verliebtes Schulmädchen. Und aufgrund ihrer schweren Behinderung hatte sie zugegriffen, als sie auf einmal alle Möglichkeiten bekam, von denen sie schon immer geträumt hatte. Ginn liebte Eli, doch sie hatte sich geopfert und abschalten lassen, um ihn, Rush, zu retten. Ihre Liebe war aufopfernd und ehrlich. Amanda hatte ihn in der Simulationsmatrix wie einen Gefangenen eingesperrt und belogen, wenn auch nicht absichtlich. Aber vor allem hatte sie gelogen, selbst als er sie damit konfrontiert hatte. Trotzdem stellt sich eine gewisse Zufriedenheit ein. Er hatte Eli Ginn zurückgeben können. Der Gedanke an Khandro Lal, die auf einmal da war, als er sie wirklich brauchte, ihre blauen Augen, berührt sein schmerzendes Herz mit einem lindernden Hauch. Bleierne Müdigkeit überkommt ihn und er legt sich auf sein Bett und schläft im Nu ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)