Spiel mit dem Feuer von Seredhiel ================================================================================ Kapitel 14: Schlechte Erinnerungen abschütteln ---------------------------------------------- Zurück in der Gegenwart Genervt zog ich die Decke über meinen Kopf, da ich durch das Sturmklingeln an meiner Wohnungstür aus meinen Erinnerungen gerissen wurde. Es war wirklich unerträglich dieses Dauerklingeln. Dadurch dass dieses nicht weniger wurde, schälte ich mich aus dem Bett und schlürfte rüber zur Eingangstür. Je näher ich dieser kam, umso lauter wurde es natürlich. Tatsächlich war ich nun stinksauer auf die Person, die dahinter war. Mit einem Ruck riss ich die Tür auf. “Was zum Teufel...”, fing ich wütend an, doch wurde ich durch die Umarmung meines Gegenüber unterbrochen. Meine Wut verpuffte bei dem vertrauten Geruch und ich ließ mich gegen seine Brust fallen. Sicher hielt er mich im Arm fest und hatte direkt die Tür hinter sich geschlossen. “Wir sind für dich da, Kleines”, vernahm ich seine tiefe Stimme. “Noyn... wieso...”, begann ich und er drückte mich dichter an sich heran. “Auch wenn du heute denkst, dass du vollkommen alleine bist... doch das bist du nicht... Mister Smith hat mich angerufen, weil er dich nicht erreichen konnte”, beantwortete er die Frage, die ich stellen wollte. Auch ohne Worte wusste er meist, was ich sagen wollte. “Ich...”, versuchte ich erneut zu sprechen, doch meine Stimme versagte. Meine Unterlippe zitterte leicht und stumme Tränen liefen über meine Wangen. “Leide nicht alleine, Maron... wir sind alle bei dir und helfen dir durch diesen Tag”, kam es beruhigend über seine Lippen. Er strich leicht über meinen Rücken, um mir den sicheren Halt zu geben, den ich in dem Moment brauchte. Dadurch konnte ich mich fallen lassen und ließ all meine Emotionen hinaus. Anfangs dachte ich wirklich, dass Noyn mit seinen Angestellten spielen würde und ihnen unterschwellig doch die ‘Sexklausel’ andrehen würde. Jedoch hatte ich ihn vollkommen falsch eingeschätzt. Er war immer stets darauf bedacht, dass es uns allen gut ging. Schnell hatte er begriffen, weshalb ich schlussendlich einen Job brauchte, aber er hatte nie etwas dahingehend angesprochen. Geduldig hatte er gewartet, bis ich dazu bereit war, mich ihm an zu vertrauen. Dies tat ich tatsächlich nach knappen zwei Jahren. Er hörte aufmerksam zu und hatte es dadurch geschafft, dass ich ihn mit anderen Augen sah. Es war keine einfache Zeit, doch er half nicht nur mir durch diese hindurch. Weinend klammerte ich mich an sein Hemd und ließ mich von seiner Gegenwart trösten. Seine leisen Worte halfen mir durch diesen Moment. Er hatte mit diesen Recht. Ich war nicht allein. Nie war ich allein gewesen. Immer hatte ich jemanden an meiner Seite, doch das schien ich viel zu leicht zu vergessen. Weshalb es gerade sehr gut tat, dies erneut zu hören. “Danke”, brachte ich flüsternd hervor. “Nicht dafür, Kleines... und nun...”, sprach er und ich sah blinzelnd zu ihm auf. Fragend legte ich den Kopf schief. “Atme einmal tiefer durch und schreib Mister Smith, um seine Sorge zu mildern... danach machen wir es uns mit Pizza, Eiscreme und Wein gemütlich”, zwinkerte er mir zu und irgendwie musste ich schmunzeln. In diesem Augenblick war er alles, aber nur nicht mein Chef. “So ist es richtig”, sprach er erleichtert und ich nickte ihm zu. Schnell wischte ich meine Tränen weg, eilte in mein Schlafzimmer, um mein Handy in die Hand zu nehmen. Dieses machte ich wieder an und starrte mit großen Augen auf das Display. Darauf waren über 50 verpasste Anrufe und mindestens genauso viele Nachrichten darauf. Diese kamen nicht nur von Mister Smith oder Noyn. Nein auch meine beiden Freundinnen hatten es bei mir versucht und tatsächlich Sakura hatte mir geschrieben. Erneut bildeten sich Tränen in meinen Augen. Noyn hatte absolut recht, denn ich war nicht allein. Sie waren alle für mich da. Tief atmete ich durch und schloss dabei die Augen. Damit sammelte ich mich und überlegte einige Momente, da ich Mister Smith beruhigen wollte und ebenso Sakura. Später würde ich sie anrufen. Meine Finger flogen über die Tastatur des Handys: ‘Entschuldigt, dass ich mich erst jetzt melde... ich war mit meinen Freundinnen bei einem Spatag und mein Akku lief leer... kam erst jetzt heim und habe direkt dieses angeschlossen. Mir geht es sehr gut und ich melde mich morgen bei euch noch einmal.’ Zufrieden mit der Nachricht sendete ich diese an Mister Smith und eine ähnliche schrieb ich an Sakura. Wobei ich hinzu fügte, dass die beiden mich etwas ablenkten und ich meine Tante am frühen Abend ihrer Zeit anrufen würde. Bevor ich zurück ins Wohnzimmer schritt, ging ich noch ins Bad und wusch mir einmal mein Gesicht. Ich sah wirklich fertig aus, denn diese Erinnerungen an damals zerrten noch heute an mir. Egal wie viele Tage, Wochen, Monate oder gar Jahre vergingen, der Schmerz war nach wie vor da. Er würde niemals vergehen, aber er würde vermutlich mit der Zeit geringer und erträglicher werden. Das hatte zumindest Sakura immer wieder mir gesagt und genau heute verstand ich ihre Worte. Dank meiner Freunde wurde ich dieses Mal eher aus meinem Tief geholt und konnte sogar an diesem Schreckenstag zu lächeln. Noch einmal spritzte ich mir kaltes Wasser ins Gesicht und verließ erst dann das Bad. Überrascht weiteten sich meine Augen, als ich mein Wohnzimmer betrat. Das Bild, welches mir bot, war unglaublich. Auf dem kleinen Tisch waren vier Pizzakartons ausgebreitet. Diese waren bereits in Stücke geschnitten und auch vier Weingläser standen bereit, wobei Rosalie gerade das letzte auffüllte. “Aber... was macht ihr... denn hier?”, brachte ich stockend heraus. “Na was wohl”, antwortete Amélie, die gerade noch Getränke brachte. “Wir sind hier und du solltest dich doch eigentlich bei uns melden”, meinte Rosalie und ich biss mir unsicher auf die Unterlippe. Tatsächlich war dem so, aber ich wollte die beiden an diesem Tag nicht stören. “Solltest du nicht bei einem Date sein?”, hakte ich nach. “War ich auch... und er versteht, warum ich hier sein muss”, zwinkerte sie mir zu und ich seufzte. “Es tut mir leid”, brachte ich nur hervor und beide nahmen mich gleich in den Arm. “Muss es nicht... wir sind für dich da... immer”, merkte Amélie an und ich drückte beide an mich. Dass Noyn ebenso da war, wussten wir drei, doch war das nichts Schlimmes. Er hatte uns wahrlich in schlimmeren Situationen schon gesehen. Die Umarmung tat mir sehr gut und wir lösten uns. Sogleich setzten wir uns und begannen damit die Pizzen zu vertilgen. Dabei sprachen wir sehr viel und ich konnte viele schöne Erinnerungen mit meinen Eltern mit meinen Freunden teilen. Ja... ich zählte mittlerweile auch Noyn dazu. Irgendwie war er wie der typische verrückte Onkel für uns. Der ebenso äußerst beschützend sein konnte. Dies zeigte er Tag ein Tag aus und besonders ich war ihm dankbar dafür. Es war uns oftmals ein Rätsel, warum er noch Single war, doch als er meinte, dass die meisten nicht damit klar kommen würden, welche Art von Agentur er besaß, verstanden wir dies schlussendlich. Denn es war nicht nur für uns ‘Escorts’ schwer einen Partner zu finden. Dank ihrer Anwesenheit ging es mir mit jeder Minute besser. Es war unglaublich, wie viel sie mir halfen. Besonders nach vorne zu sehen, hatte ich mit ihrer Hilfe gelernt. Für diesen Abend war ich den dreien sehr dankbar und würde ihnen etwas leckeres Kochen, um mich richtig bei ihnen zu bedanken. Es war trotz allem ein guter Tag gewesen. Wie versprochen meldete ich mich bei Sakura, sobald ich am kommenden Tag auf gewacht war. Durch die Zeitverschiebung war bei ihr schon später Nachmittag und wir hätten damit genug Zeit, um mit einander zu reden. Dank ihr fühlte ich mich meinen Eltern am nächsten. Jedes Mal, während wir zusammen sprachen, vergaßen wir schnell mal die Zeit. Stundenlang erzählten wir uns von meinen Eltern und auf diese Weise konnten meine Erinnerungen an sie niemals verblasen. Sakura stärkte mich mit jedem Gespräch mehr und mehr. “Maron... egal... wie aussichtslos etwas sein konnte, man findet immer einen Weg.” “Stimmt, Tante Saku”, lächelte ich. “Ich danke dir, dass du dir die Zeit genommen hast.” “Jederzeit, Maron... deine Eltern werden immer bei dir sein und ich bin mir sicher, dass sie sehr stolz auf dich sind... du hast schon bald deine Abschlussfeier, nicht wahr?”, wollte sie von mir wissen und lenkte damit das Thema auf ein positives Ereignis. Direkt stimmte ich dem zu, denn diese stand tatsächlich in sechs Tagen an. “Korrekt... ich muss noch ein Kleid dafür suchen”, erklärte ich und so sprachen wir über die Länge oder gar die Farbe, die mir gefallen könnte. Doch sie gab mir ebenso Anregungen, was sie sich an mir vorstellen könnte. Es tat mir gut, meinen Fokus auf etwas anderes zu legen. Erneut wusste Sakura genau, was ich brauchte, und lenkte mich genau darauf hin. Sie war wie ein guter Geist, der mir half den rechten Weg zu folgen, um wieder aus dem tiefen Loch der Traurigkeit zu kommen. Trotz der Entfernung kannte sie meine Gefühlslage und merkte stets an meiner Stimmlage, wie es mir ging und wie sie mir helfen konnte, hatte sie ebenfalls parat. In diesem Punkt war sie genauso wie meine Mutter, weil auch sie mich damals immer wieder aufgemuntert hatte, als ich am Boden war und nicht weiter wusste. Gestärkt durch dieses Gespräch konnte ich nach vorne sehen und nahm mir vor, bei der Abschlussfeier ein Kleid zu tragen, welches sowohl mir als auch Sakura gefallen würde. Mir kam nämlich eine Idee, beides zu kombinieren. Diese setzte ich direkt am Montag in die Tat um. Amélie und Rosalie begleiteten mich, da sie mich bei der Suche unterstützen wollten. Diese kleine Shoppingtour tat mir sehr gut und stärkte mich erneut für die nächsten Tage. Ein Schritt nach dem anderen ging ich seit dem Schicksalstag und dies würde ich weiterhin tun. Soviel stand für mich fest. Wobei ich das Gefühl hatte, dass ich um einiges stärker war als die Jahre zuvor. Mit einem Lächeln sah ich in den Spiegel der Umkleide und mir war klar, dass dies das Kleid war, welches ich zu der Feier tragen würde. Selbst meine Freundinnen waren sprachlos, als sie mich darin erblickten. “Wow... das ist es!”, meinten sie nach einigen Minuten und ich kicherte leise. “Gut... dann haben wir das und die Feier kann kommen”, grinste ich und zog mich rasch um. Denn ich wollte das Kleid sorgfältig verpacken lassen und mit nach Hause nehmen. “Wollen wir noch ins Café?”, wollte Amélie wissen und wir stimmten dem zu. “Gerne”, meinte Rosalie und wir suchten ein nettes kleines Lokal, um dort einen Cappuccino zu trinken. Dazu nahmen wir uns ebenso ein Stück Kuchen, denn das brauchten wir nach diesem kleinen Marathon. Genüsslich seufzten wir alle drei fast schon zeitgleich und das brachte uns direkt zum Lachen. “Jedes Mal dasselbe mit uns”, amüsierte ich mich und die beiden nickten. “Korrekt”, grinste Rosalie breiter. “Du sag mal, Rose”, begann ich und sie blinzelte leicht. “Was denn, Maron?”, fragte sie nach. “Wiederholt ihr euer Date?”, wollte ich neugierig wissen und Amélie war genauso wissbegierig wie ich. “Oh... ähm ich...”, stammelte sie leicht und spielte nervös an ihren Haaren herum. Eindringlich sahen wir sie an. “Ehrlich gesagt... wollen wir das tun, sobald er zurück von seiner Geschäftsreise ist.” “Er... musste weg?”, hakte ich nach und ein schlechtes Gewissen machte sich in mir breit. “Denk nicht einmal daran, Maron”, sagte Rosalie direkt und ich blinzelte leicht. Ehe ich darauf reagieren konnte, setzte sie fort. “Raphael und ich hatten einen tollen Tag und ich bin nur zwei Stunden früher weg, als er wegfliegen musste”, erklärte sie und meine Augen weiteten sich. “Ihr hattet wohl ein kurzes Zeitfenster”, überlegte Amélie und sie nickte. “Mhm... eigentlich wollten wir nur den Vormittag und Mittag zusammen verbringen... doch... es war so schön, dass wir einfach noch im Park waren und vermutlich wohl seinen Flug vergessen hätten”, gestand sie mit roten Wangen. Sie brachte uns dadurch zum Lachen und tatsächlich atmete ich erleichtert durch. Denn ich begriff, dass sie trotzdem ein gutes Date hatte. “Wie toll... also ist da mehr zwischen euch?”, wollte nun Amélie wissen und Rose bekam noch rötere Wange. “Ich weiß nicht... aber... ich würde gerne mehr... doch... ich bin unsicher”, antwortete sie. “Wegen dem Job?”, hakte ich nach und sie nickte. “Auch... jedoch ist seine Arbeit nicht ohne. Er muss öfters auf Geschäftsreise und ich weiß nicht, ob ich ihn immer begleiten könnte oder gar dürfte”, sprach sie ihre Sorge aus und irgendwie verstand ich sie. Es wäre sicher nicht so leicht alles unter einen Hut zu bekommen. “Hast du mit ihm schon darüber gesprochen?”, wollte ich wissen und sie schüttelte den Kopf. “Soweit kamen wir noch nicht”, meinte sie schließlich. “Doch... ich denke, dass wir das tun sollten. Denn die Chemie zwischen uns stimmt. Sowohl bei unseren Gesprächen als auch eben im Bett.” “Und... denkst du, dass du noch mit anderen schlafen könntest?”, sprach Amélie ein weiteres Problem an, welches Rosalie wohl haben könnte. “Hmmm”, entkam es ihr und sie dachte wirklich darüber nach. “Wenn ich ehrlich sein soll... könnte ich vermutlich mit keinem anderen mehr schlafen als ihm”, bemerkte sie, denn so klang sie schon nach der Kreuzfahrt. “Das verstehe ich”, lächelte Amélie und ich grinste leicht. “Außer hin und wieder ein Dreier oder Vierer, nicht wahr, Rose?”, zwinkerte ich ihr zu und sie kicherte über diese Worte. “Stimmt... Raphael ist dahingehend nicht abgeneigt, doch ständig braucht er es nicht, genau wie ich eben”, lächelte sie ehrlich und breiter grinsten wir. Wir kannten nur zu gut, welche Vorlieben sie hatte. Nur zu gerne freute ich mich für meine Freundin. Scheinbar hatte sie ihren perfekten Partner gefunden, der ihr das geben konnte, was sie brauchte. Rosalie war selbstständig und würde wohl kaum auf ihren Job für einen Mann gänzlich verzichten. Aber ihre Arbeitseinstellung würde sie wie es aussah für ihn ändern. Ihre Sorge verstand ich sehr gut, weil ich genau die gleichen wohl haben würde. Jedoch hoffte ich sehr, dass sie darüber sprechen könnten, um all das aus der Welt zu schaffen. Tatsächlich war ich mehr als gespannt zu sehen, ob die beiden ein Paar werden würden und wie es bei ihnen ablaufen würde. “Wann lerne ich ihn denn mal kennen?”, wollte ich von ihr wissen. Amélie hatte da einen Vorteil mir gegen über. Obwohl er so gut rüber kam von den Erzählungen, musste ich ihn sehen, um zu sehen, ob er es ernst meinte. Denn meine liebe Rose verdiente es, glücklich zu sein. “Stimmt... wie wäre es, wenn wir ein gemeinsames Abendessen machen, sobald er Zeit hat?”, schlug sie vor und darüber musste ich schmunzeln. “Klingt nach einem Plan”, grinste ich sie an und nippte an meinem Cappuccino. Nachdem wir fertig waren, gingen wir alle drei unserer Wege, da wir in den kommenden Tagen durchaus einige Buchungen hatten. Wobei ich nur zwei hatte, während die beiden jeweils drei hatten. Dass ich weniger arbeiten musste, lag mit Sicherheit an meiner Abschlussfeier. Noyn wollte, dass ich mich voll und ganz darauf konzentrieren konnte. Daher hatte ich den Freitag davor frei, genau wie den Samstag selbst. Die Woche verging schnell und ich hatte zwischendrin in Ruhe mit dem Ehepaar Smith telefoniert. Beide waren noch unterwegs, weshalb wir uns wohl erst in einer Woche wiedersehen würden. Doch sie dachten an mich und wünschten mir eine schöne Abschlussfeier. Es war wirklich süß von ihnen, dass sie sich so sehr um mich kümmerten. Immer mehr hatte ich das Gefühl, dass ich für sie wie eine Enkeltochter war. Sie meinten, dass sie etwas für mich zugeschickt hätten und Noyn würde es mir vermutlich am nächsten Tag überreichen können. Da sie meine Adresse nicht hatten, schickten sie die Pakete demnach zur Agentur und Noyn verteilte diese, sobald sie da waren. Mir war in dem Moment nicht klar, was sie geben wollten, aber ich würde das sicher schon bald erfahren. Am Freitagabend kamen meine Freundinnen vorbei und wir machten noch ein klein wenig Wellness mit Gesichtsmaske, Maniküre und Pediküre, die wir uns gegenseitig machten. “Aaaah... das tut echt gut”, seufzte Amélie und ich schmunzelte. Sie schienen genauso angespannt zu sein wie ich. “Absolut!”, merkte Rosalie an. “Wie schaut es denn bei dir aus, Ami?”, wollte ich von ihr erfahren und sie schmunzelte leicht. “Och wie immer... die Buchungen laufen sehr gut... und ob Alessandro mich noch einmal sehen will, weiß ich gar nicht”, meinte sie und wirkte ein wenig geknickt. “Hattet ihr nicht noch einmal mit einander gesprochen?”, hakte ich bei ihr nach. “Nach dem Yachtausflug haben wir nur einmal telefoniert”, berichtete sie ein wenig traurig, ehe sie seufzte. “Reagiert er auf deine Nachrichten?”, interessierte ich mich und sie nickte leicht. “Nur kurz... ich weiß, dass er momentan viel arbeitet, aber... irgendwie wirkt er darin ziemlich desinteressiert”, merkte sie an und man konnte ihr ansehen, dass es sie ziemlich mitnahm. “Weißt du, Ami... warte, bis er wirklich da ist und nicht abgelenkt ist”, gab ich ihr den Rat. Denn ich konnte mir denken, dass es nicht seine Absicht war, kühl und distanziert zu wirken, aber wenn er ein Geschäftsmann war, dann war das sein Arbeitsmodus. “Meinst du?”, fragte sie nach und ich nickte zustimmend. “Weißt du... es klingt so, als hätte er eine wichtige Position inne. Von Mister Smith weiß ich, dass er bei der Arbeit ganz anders agiert als privat”, beantwortete ich ihr die Frage und lächelte sie zuversichtlich an. “Wenn Henry bei der Arbeit ist... erkenne ich ihn kaum wieder, deshalb warte auf seine Rückkehr und sprich noch einmal mit ihm.” “Ich würde Marons Rat befolgen, Ami”, lächelte Rosalie und ich nickte noch einmal. “Na gut... ich werde so lange warten”, meinte sie und zufrieden lehnte ich mich zurück. “Würdest du denn mit anderen verkehren bis dahin?”, wollte Rosalie von ihr wissen und da wurde ich tatsächlich hellhörig. “Oh... ich weiß ehrlich gesagt nicht”, überlegte Amélie und tippte sich nachdenklich auf den Wangenknochen. “Aber... vermutlich könnte ich das nicht... nach dem letzten Abend auf der Yacht will ich nur ihn...”, gestand sie und ich grinste einmal mehr. Meine beiden Freundinnen haben sich wohl verliebt, ohne dass sie es bemerkt hatten. Unweigerlich wanderten meine Gedanken zu meinem Unbekannten. Doch schnell schüttelte ich diesen ab. Mir war unbegreiflich, warum er mir ausgerechnet jetzt in den Sinn kam, wo ich bei meinen Freundinnen und ihre Lover über Liebe nachdachte. Es wäre unmöglich, dass ich mich in einen Unbekannten verlieben würde. Auch wenn ich wusste, dass er Mister N. hieß und ich mich bei ihm sowohl auf bei dem möglichen Sturz sicher und beschützt fühlte als auch auf der Tanzfläche. Blind hatte ich ihm vertraut und noch heute war es mir unbegreiflich, wie es dazu kommen konnte, dass ich untypisch für mich agierte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)