Four Soulmates in an Other World von _Momo-chan_ ================================================================================ Kapitel 8: Offenbarung ---------------------- „Die Wahrheit ist eine unzerstörbare Pflanze. Man kann sie ruhig unter einem Felsen vergraben, sie stößt trotzdem durch, wenn es an der Zeit ist.“   Frank Thiess   ♥♦♣♠       Das Gebäude leerte sich. Viele der Zuschauer machten sich bereits auf den Heimweg und es wurde stiller in der Lobby. Dominique und Noé hatten sich auf eine der Bänke gesetzt, während Jeanne und Vanitas sich in respektvollem Abstand ein Wasser vom Getränkeautomaten holten.   Mit glühenden Wangen sah Dominique auf ihre nervös ineinander gefalteten Hände in ihrem Schoß.   „Es tut mir so leid!“   Noé hatte die Arme verschränkt und betrachtete sie mit ernstem Blick.   „Domi, es ist nicht in Ordnung das Tagebuch anderer Menschen zu lesen.“   Hätte Dominique sich nicht so geschämt, sie hätte sich gleich ein weiteres Mal in ihn verliebt. Jeder andere wäre wohl wütend geworden und hätte über Tage nicht mit ihr gesprochen. Aber Noé tadelte sie nur sanft, als wäre sie ein Kind, das gerade jemandem die Schaufel weggenommen hatte. Dieser Mann war einzigartig und er hatte nie ernsthaft etwas zu verbergen. Bisher hatte nur Vanitas es geschafft ihn richtig sauer zu machen, aber selbst das hielt nie lange an.   „Bitte verzeih mir, Noé. Ich werde es nicht wieder tun. Ich habe auch nur so lange darin gelesen, weil…“, sie schluckte schwer. „Die Dinge die du geschrieben hast… Sie verfolgen mich. Es ist als ob… ich das alles selbst erlebt habe. Ich träume seither jede Nacht davon. Und es kommen neue Dinge hinzu, die du nicht geschrieben hast. Wie ich auf einem Riesenrad stehe und…“   Sie verstummte, als ihr Blick nach oben schwang und den von Noé traf.   Er sah sie plötzlich entsetzt und mit weit aufgerissenen Augen an.   „Riesenrad…?“     Es stimmte. Noé hatte keine Szene mit einem Riesenrad aufgeschrieben, aber jetzt wo Domi davon sprach… Er konnte es ganz deutlich sehen, spürte plötzlich eine tiefe Angst um seine Freundin. Wie in Trance legte er seine Hände an Domis Oberarme und drückte sie leicht, um sich zu vergewissern, dass sie auch wirklich wohlauf war und vor ihm saß.     „Ist mit euch beiden alles in Ordnung?“, riss Vanitas‘ Stimme ihn aus seinen Gedanken. Jeanne und Vanitas waren mit den Wasserflaschen zurückgekommen und sahen Dominique und Noé besorgt an. Noés Blick schweifte zwischen allen dreien hin und her.   „Denkt ihr… Dass wir uns vor dem Studium schon mal irgendwo getroffen haben?“, entfuhr es ihm leise. Angestrengt wühlte Noé in seinen Erinnerungen. So musste es doch sein, oder nicht? Sie mussten sich schon einmal während der Schulzeit begegnet sein. Anders war es nicht zu erklären, dass er Vanitas und Jeanne so gut zu kennen schien. Sie erschienen ihm ebenso vertraut wie Domi, mit der er aufgewachsen war.   Alle sahen sie ihn mit einem Ausdruck des Unwohlseins an, aber offenbar traute sich niemand etwas zu sagen. Niemand fand die Worte. Gerade als Noé sich erklären wollte, wurden sie von einer jungen Frau in einem blauen Business Kostüm angesprochen.     „Der Vorsitzende hat jetzt Zeit für Sie. Bitte folgen Sie mir.“   Nach einem kurzen Blickwechsel folgten die vier jungen Menschen der Dame, welche sie in ein Zimmer führte, das einem Salon ähnelte. Um einen kleinen Tisch stand ein riesiges Sofa und zwei Stühle. Die Wände waren gesäumt mit schlichten Bücherregalen, aber es befand sich kein Fenster im Raum. Eine zweite Tür lies vermuten, dass es sich um ein Durchgangszimmer handelte.   „Ich lasse Sie nun allein. Der Vorsitzende wird gleich bei Ihnen sein.“, sagte die Frau, als sie beim Verlassen des Zimmers, die Tür hinter sich schloss. Schweigend setzten sich Noé, Dominique und Jeanne auf das Sofa, während Vanitas den Stuhl bevorzugte. Misstrauisch verschränkte er die Arme. Ihm gefiel das alles hier nicht. Er konnte nicht festmachen woran es lag, aber irgendetwas war seltsam.     Mit einem leisen Klicken öffnete sich die Tür und der Mann auf den alle warteten betrat den Raum. Sein schwarzer Anzug war extravagant. Die Innenseite des Kragens mit Rot und Gold verziert, eine goldene Krawattennadel; sein Haar war zurückgegelt. Mit einem etwas unwohlen Gefühl sah Vanitas ihm in die Augen.   Heterochromie.   Er wusste nicht, ob er ihm zuerst in das blaue oder das braune Auge mit dem rötlichen Schimmer sehen sollte. „Willkommen. Wie schön, dass ihr hier seid. Ich bin der Vorsitzende von Germain Cooperations. Ihr könnt mich einfach Monsieur Germain nennen.“, sagte der Mann mit einem sanften Lächeln, ehe er sich auf einen weiteren Stuhl setzte und die Beine übereinander schlug.   Noé war der erste, der die Sprache wieder fand. „Lehrm… Ich meine Vater! Was hat das hier alles zu bedeuten? Haben wir wirklich gewonnen? Wieso hast du nicht gesagt, dass du der Gastgeber bist?“   Seine Stimme überschlug sich fast, als die Fragen aus ihm heraussprudelten, was Noés Gegenüber nur ein sanftes Lachen entlockte.   „Noé hat recht, Großvater. Wieso hast du uns nicht gesagt, dass du uns hierher eingeladen hast? Was hat das alles zu bedeuten?“   Der Angesprochene lächelte nur breit. „Naja, es sollte eben eine Überraschung werden. Vor allem für dich, Vanitas…“, sein Blick wanderte zu Vanitas herüber. Dieser sank vor Unbehagen etwas weiter in den Stuhl. Wovon redete dieser Germain da? Er kannte Noés Vater nicht. Von welcher Überraschung sprach er da?     „Ich möchte euch tatsächlich als Streamer fördern, aber ich habe mit euch allen auch noch etwas anderes Wichtiges, abgesehen von der Preisverleihung, zu besprechen. Deswegen war es mir wichtig euch heute alle gemeinsam hier zu haben.“ Dominique knirschte mit den Zähnen. Er hatte das also wirklich alles von langer Hand geplant. Das sah ihrer Familie ähnlich. Absolut gruselig war das. Selbst Jeanne sah beunruhigt aus.   „Aber bevor wir zum ernsten Teil kommen, will ich euch zuerst den positiven Teil meiner Überraschung zeigen.“, Germains Blick wandte sich zu der Tür, aus der er gekommen war. „Ihr könnt reinkommen.“     Keiner der Anwesenden, mochte seinen Augen trauen, als plötzlich Mikhail und Luca den Raum betraten.   „Misha!“, rief Vanitas beinahe entsetzt und löste sich aus seiner Starre. Der Angesprochene war den Tränen nahe. „Bruder!“, erwiderte er mit brüchiger Stimme, ehe er Vanitas in die Arme lief. Haltsuchend drückte er sich an die Brust des Älteren. „Was hat das zu bedeuten? Was machst du hier?“, redete Vanitas besorgt auf seinen kleinen Bruder ein, während er ihn festhielt.   Auch Luca begrüßte indes Dominique und Jeanne, die ihn nur fragend ansahen.     „Ich habe ihn adoptiert.“, warf Germain in den Raum, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt. Alle Blicke richteten sich auf ihn, ehe er weitersprach: „Nachdem meine liebe Dominique und Noé aus dem Haus waren, brauchte ich eine neue Aufgabe. Es war wirklich einsam in der Villa und da habe ich Misha bei mir aufgenommen. Und wie es der Zufall will ist er der kleine Bruder von Noés Mitbewohner. Ist das nicht wundervoll?“   Vanitas sah ihn mit einem zerknirschten und leicht wütenden Gesichtsausdruck an. Er traute diesem Mann nicht. Egal ob er Noés Adoptivvater oder der Weihnachtsmann persönlich war.   „Das ist doch nie und nimmer Zufall! Was wollen Sie von Misha?!“, giftete er Germain an.     Der sanfte Zug von kleinen Fingern an seinen Ärmel, riss Vanitas‘ Aufmerksamkeit wieder zurück zu Mikhail. „Mach dir keine Sorgen, Bruder! Er behandelt mich gut! Er hat gesagt wir können wieder zusammen sein, wenn du mit dem Studium fertig bist.“   Unsicher sah Vanitas ihn an, ehe sein Blick zurück zu Germain wanderte. War das wirklich in Ordnung? Wie war das überhaupt zu Stande gekommen? Es musste Nachforschungen gegeben haben. Anders konnte er sich das Ganze nicht erklären.     Jeanne, die alles beobachtet hatte, fühlte sich währenddessen nur wie eine Zuschauerin. Als wäre sie in eine Familienfeier geraten zu der sie nicht gehörte. Natürlich war sie heute nur als Vanitas‘ Begleitung hier gewesen, aber irgendwie kam ihr die Situation doch merkwürdig vor. Immerhin stand sie ja zumindest Dominique und Luca sehr nahe. Ihr Blick fiel auf letzteren, der sich zwischen sie und Domi gesetzt hatte, ehe sie die Stimme erhob.   „Aber, wenn wir wegen der Preisverleihung und Mishas Adoption hier sind, warum haben Sie dann Luca mitgebracht?“, wollte sie wissen, ehe ihre Augen auch unsicher zu Dominique schwankten. Wahrscheinlich wäre es angebrachter gewesen, wenn Domi diese Frage gestellt hätte. Auch wenn Jeanne Luca unglaublich lieb hatte, gehörte sie nicht zur Familie.     „Ach, nun… Ihn nicht herzubringen wäre zu gefährlich gewesen.“, Germain schenkte Jeanne ein Lächeln, das sie erschaudern lies. „Immerhin ist heute der Tag an dem alle Erinnerungen sich treffen werden.“   Die kleine Gruppe an Menschen sah ihn verwirrt an. Er sprach in Rätseln. Germain blickte zu Luca. „Zugegebenermaßen waren Mishas und Lucas Seelen noch sehr jung an dem entscheidenden Tag. Es könnte also sein, dass sich die beiden nicht an alles aus ihrem früheren Leben erinnern können werden. Aber das Risiko einen von euch in diesem Moment allein zu lassen ist dennoch zu hoch. Deswegen habe ich euch heute alle hier versammelt.“   „L… Vater, ich verstehe das nicht. Wovon sprichst du da?“, machte Noé seiner Verwirrung schließlich Luft. Germain lächelte ihn sanft an.   „Du wirst es gleich erfahren.“, sagte Germain und sah hinaus zu einer großen Uhr an der Wand, deren Sekundenzeiger sich lautstark auf die Zwölf zubewegte. „Es sind ohnehin nur noch wenige Sekunden. Am besten bleibt ihr sitzen.“     Noé folgte seinem Blick zur Uhr. Als der Sekundenzeiger die oberste Zahl schließlich traf, ging ein Pulsieren durch seinen Körper. Seine Sicht schwankte für einen Moment in verschiedenen Farben, sein Herzschlag dröhnt in seinen Ohren und dann… Sah er alles vor sich.   Ein ganzes Leben zog vor seinem inneren Auge an ihm vorüber. Alles was er in seinen Träumen gesehen hatte, alle Sätze die ihm so bekannt vorkamen und noch so viele Dinge mehr und schließlich wusste er, dass das nicht nur Visionen waren. Schmerzhafte Erinnerungen an Louis und seine Großeltern, aber auch angenehme und aufregende. Das war sein Leben gewesen. Damals in der anderen Welt. Damals als er ein Archiviste war, ein Vampir.   Angespannt krallte er sich in das Sofa unter ihm, um Halt zu suchen. Sein ganzes Weltverständnis war gerade zusammengebrochen und doch war er immer noch er selbst. Der gleiche Noé wie zu vor, aber mit zwei Vergangenheiten. Das war es also die ganze Zeit gewesen was sie verfolgt hatte. Es war alles Real und sie hatten sich alle wiedergefunden, aber wie?     Vanitas war kurz davor von seinem Stuhl zu fallen. Die Erinnerungen, die auf ihn einströmten waren zu viel für ihn. Alles was er in dieser Welt bereits erlebt hatte, schien sich zu wiederholen, nur in einer anderen Welt. Sein Vater nicht von einem Auto, sondern einem Vampir getötet. Die Zeit bei der Kirche, Moreau, Luna… Ihm war übel. Mit schockgeweiteten Augen hielt er sich beide Hände vor dem Mund und zitterte am ganzen Leib. Warum? Warum musste er das alles zweimal durchmachen? Wieso lies ihn das Leid nicht los? Er war so überfordert. Alles strömte auf einmal auf ihn ein. Seine Mission, die verzweifelte Suche, Noé, seine Gefühle für Jeanne, Misha… Ein Schluchzen entrann seiner Kehle und auf einmal sah er Misha in die Augen… Misha… Misha war in dem anderen Leben zu seinem Feind geworden, aber jetzt war er hier… ein unschuldiges Kind. Hatte er das auch alles gesehen? Würde er…?   Aber Mikhail sah Vanitas nur mit leeren Augen an, als würde er in seinem Inneren einen ganz eigenen Kampf führen, die rechte Hand in seinen linken Unterarm krallend. Ja… Misha hatte wieder zwei gesunde Hände.     Jeannes Augen füllten sich mit dicken Tränen. Sie sah ihre Eltern erneut sterben. Noch viel brutaler und grausamer als es ihr in diesem Leben widerfahren war. Sie sah Lord Ruthven für den sie gleichermaßen Liebe und Abscheu, ja Angst, empfand. Er war nicht mehr nur der strenge, aber nette Ziehonkel aus diesem Leben. Sie sah Chloé und Jean-Jaques, Luca… nein, Meister Luca… Dominique… Und dann das Ereignis von jenem Tag. Mit Schrecken erinnerte sie sich an ihren letzten Atemzug. Sie war in Vanitas‘ Armen gestorben. Haltsuchend umfassten ihre Hände die des kleinen Luca, der sich ebenfalls an sie klammerte.     Dominique zitterte am ganzen Leib, kalter Schweiß stand ihr im Gesicht, die Erinnerungen an das Tagebuch, noch so frisch, übermannten sie wie eine hohe Welle aus Meerwasser und breiteten sich aus. Ein ganzes vergangenes Leben rauschte an ihr vorbei, mischte sich mit der Gegenwart. War die Vampirin ihr wahres Ich? Oder diejenige, die sie jetzt war? Aber sie fühlte sich nicht wie ein anderer Mensch als zuvor. Es war, als wären ihr nur ein paar vergessene Dinge wieder eingefallen. Schreckliche Dinge, schöne Dinge, wundersame Dinge… Schwer atmend – sie hatte gar nicht gemerkt wie sich ihr Puls verschnellert hatte – blickte sie zu ihrem Großvater. Er war noch immer ihr Großvater, aber menschlicher und gealtert. Er wartete einfach ab, gab ihnen Zeit sich von dem Schock zu erholen.     „Das waren nicht nur Visionen, oder?“, brachte sie keuchend hervor. „Das waren unsere Erinnerungen.“ Germain lächelte nur wissend.   „Ich bin gestorben.“, brachte Jeanne schluchzend hervor. Diese Erkenntnis saß immer noch schmerzlich tief.   „Nein, wir sind alle gestorben.“, fügte Vanitas zitternd an. „Gestorben und wiedergeboren.“   „Das ist korrekt, Vanitas.“, erklärte Germain als wäre er in die Rolle eines Lehrers zurückgekehrt.   Auch Noé fand endlich seine Stimme wieder: „Dann war es Schicksal, dass wir uns alle wiederbegegnet sind? Wieso können wir uns erinnern?“ Er hatte so viele Fragen. So viele…   Germain begann zu grinsen.     „Oh, du irrst dich. ‚Mon Chaton‘.“   Der alte Kosename lies Noé frösteln.   „Es war kein Schicksal... Nicht das Schicksal hat euch hier her in diese Welt geführt, sondern ich. Euer Schicksal, nein eure Seelen gehören nicht in das Universum, in dem ihr seid. Deswegen war es unausweichlich, dass eure Erinnerungen zurückkehren würden und zwar genau jetzt… Weil heute der Tag ist an dem ihr exakt so alt seid wie bei eurem Tod. Mit Ausnahme der Hexe des Höllenfeuers… nein, Jeanne natürlich. Ihr Alter entspricht dem menschlichen Pendant zu ihrem vorherigen Leben.“     Er sah Noé forschend an. „Da du in deinem vorherigen Leben ein Archiviste warst, Noé, hätten deine Erinnerungen freilich eher zurückkehren können. Deswegen habe ich regelmäßig die Hypnose bei dir angewandt.“ Es war als ob ein Groschen fiel. Noé schluckte. Das waren also diese ‚Meditationen‘, die sein Vater… sein Lehrmeister mit ihm gemacht hatte. Kein Wunder, dass diese Träume erst begannen, als er nach Paris zog und Vanitas traf. Und seine Fähigkeit Erinnerungen abzurufen, musste auch die anderen beeinflusst haben. Deswegen die Träume, deswegen die Déjà-vus…     „Ich erinnere mich…“, presste Vanitas hervor. „Wir waren alle in diesen Kampf zwischen Ihnen und Ruthven verwickelt. Aber wieso hätten Sie uns alle retten sollen? Auch mich?“     Germains Grinsen wurde breiter. „Es war einfach zu interessant euch alle zu beobachtet. Auf die eine oder andere Art sind auch du und Misha meine Schützlinge. Ich wollte sehen was mit euch geschieht, aber… Etwas kam dazwischen. Der entscheidende Kampf zwischen Ruthven und mir begann zu früh und mein Plan für den Frieden der Welt konnte nicht beendet werden. ich musste also einen Weg finden meine Schachfiguren zu erhalten.“     „Den… Frieden?“, brachte Noé nur keuchend hervor.   Nun ergriff Dominique das Wort: „Eins verstehe ich nicht… Wieso ist mein… Sind unsere Leben fast genauso verlaufen wie vorher? Unsere familiäre Herkunft, dass wir uns wieder treffen… Sogar unsere Namen sind dieselben, obwohl wir keine Vampire mehr sind.“   Germains Grinsen nahm eine gespenstische Form an.     „Damit ihr diejenigen bleibt die ihr wart… Hätte euch ein anderer Lebensweg ereilt als zuvor, wärt ihr zu anderen Menschen geworden. Das hätte zu einem Ungleichgewicht der Weltordnung geführt, sobald ihr euch erinnert hättet. Also musste ich ein Universum auswählen in dem ihr nahezu die gleichen Bedingungen hattet wie bisher.“     Stille trat ein. Für einen kurzen Moment sagte niemand etwas. Die Flut der Informationen war zu groß, dass nicht einmal alle Fragen, die sich nun stellten formulieren ließen.     Mit einem lauten Knall wurde der Tisch zur Seite gestoßen.   Innerhalb einer Sekunde stand Vanitas plötzlich vor Germain und wollte ihn schlagen. Letzterer konnte seine Handgelenke gerade noch festhalten, das überlegene Grinsen nicht von seinem Gesicht weichend. Vanitas‘ Augen schienen Funken zu sprühen, das Gesicht zu einer wütenden Grimasse verzerrt.   „DU HÄTTEST ES VERHINDERN KÖNNEN!“, schrie er den Mann vor sich an.   „Du hättest behindern können, dass Misha und ich…!“, seine Stimme wurde bei jedem Wort immer leiser, aber das Entsetzen wich nicht aus seiner Mimik.   Germain hatte die Macht gehabt die Welt zu wählen, in der sie wiedergeboren wurden. Er hätte ihnen all das Leid ersparen können.     Vanitas zuckte zusammen, als er den Schmerz spürte, den der Druck auf seinen Handgelenken auslöste. Germain war stärker als er aussah.   „Du willst hier doch keinen Aufstand anzetteln, oder Junge?“, flüsterte Germain in einem gefährlichen und doch irgendwie amüsierten Ton.   Ein Keuchen entfloh Vanitas, als Dominique ihn zurückzog, da Noé noch immer völlig neben sich stehend auf dem Sofa saß. Es brauchte einen Moment bis Vanitas bewusst wurde, dass sie nicht mehr in ihrer alten Welt waren. Niemand von ihnen hatte besondere Kräfte. Die Polizei würde sie einfach hier herauszerren, wenn es nötig war.   Misha sah ihn ängstlich an. Er schien nicht alles zu begreifen. War nur ein Teil seiner Erinnerungen zurückgekehrt? Und auch Luca war einfach nur damit beschäftigt mit den Tränen zu kämpfen.     „Was passiert jetzt?“, erklang Jeannes weinerliche Stimme. „Werden… Werden wir unser jetziges Leben verlieren? Gehen wir zurück nach…“   Germain erhob sich von seinem Stuhl und strich seinen Anzug glatt, ehe er sagte: „Zu eurem Übel oder zu eurem Wohl… Könnt ihr nicht in euer altes Leben zurückkehren. Und tatsächlich ist das leider auch ein Problem für mich… Ich musste mich beeilen und Abstriche machen. Zwar ist diese Welt beinahe ideal aber ich habe nicht einberechnet, dass sie so wenig Magie besitzt, dass ich sie selbst nicht mehr verlassen kann… Da auch meine Seele in einen Menschenkörper gezwängt wurde... Ich kann erst dann zurück, wenn ich sterbe.“   Er lächelte mild.   „Und das ist vielleicht auch eine sehr nette Abwechslung.“   Sein Blick wanderte über die erschütterten Gesichter.     „Ob ihr nach eurem Tod in die vorherige Welt zurückkehren werdet, vermag ich nicht zu sagen, aber ich lege euch ans Herz dieses Leben zu nutzen, in dem ihr nicht mehr um das Leben kämpfen müsst. Ich stehe nach wie vor dazu euch in eurer Karriere unterstützen zu wollen und ich werde mich um Misha kümmern, bis er alt genug ist es selbst zu tun.“         Etwa eine halbe Stunde später standen alle auf dem Parkplatz des Veranstaltungsgebäudes um sich von Luca und Misha zu verabschieden.   Die frische Luft half einen klareren Kopf zu bekommen, auch wenn es wohl noch eine Weile dauern würde alles zu verarbeiten. Luca musste sich immer noch zurückhalten nicht zu schluchzen als er Jeanne umarmte. Mit glasigen Augen sah er zu ihr auf. „Ich bin so froh… so froh, dass du lebst, Jeanne.“ Liebevoll strich sie ihm übers Haar. „Ich bin auch froh, dass wir uns alle wieder haben, Meister… ich meine Luca. Ich werde bald wieder vorbeikommen und auf dich aufpassen. Komm gut heim.“   Auch Misha drückte Vanitas noch einmal fest. „Es wird alles gut, großer Bruder. Wir können jetzt ein normales Leben führen und uns immer sehen. Zusammen mit Bruder Noé und Domi.“ Vanitas nickte stumm, aber es fiel ihm noch schwer die neue Situation zu akzeptieren, auch wenn er froh war, dass es Misha gut ging.   Er blickte auf, als er Noés Hand auf seiner Schulter spürte.   „Lasst uns nach Hause fahren.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)