Sherlock Holmes von Cyrene (das unheilvolle Familienerbstück) ================================================================================ Kapitel 29: Eine rätselhafte Botschaft -------------------------------------- Es vergingen noch einige Stunden, bis dann langsam die Sonne aufging. John Watson gab einen brummenden Laut von sich, drehte sich in seinem Bett auf die Seite, wobei die Sonnenstrahlen, die durch sein Schlafzimmer Fenster fielen, ihm einen guten Morgen zu wünschen schienen. Er atmete erleichtert aus, versprühte, langsam aufwachend, eine ersehnte Zufriedenheit in sich, denn er hatte wirklich gut geschlafen. Sherlock hingegen hatte seit dem unerwarteten Anruf nicht mehr geschlafen. Eine Weile lang saß der Consulting Detective schon, mit einer Zeitung in der Hand, an ihrem gemeinsamen Tisch im Wohnzimmer. Wartete. Es dauerte nun auch nicht mehr lange, bis der Doktor dann auch schon, im Bademantel und mit leicht zerzausten Haaren, ebenfalls das Wohnzimmer betrat. Mit langsamen Schritten, noch vor sich hin gähnend, kam er auf seinen Mitbewohner zu, setzte sich mit einem knappen aber freundlichen ‘Guten Morgen’ zu ihm an den Tisch und musste erst einmal vollends wach werden. “Diese Nacht keine Alpträume?” Auf Sherlocks Frage hin, wurde John tatsächlich (schon wieder) leicht rot um die Nase, rieb sich dann kurz die Augen und schüttelte den Kopf. //"Geträumt habe ich schon, aber einen Alptraum kann man das nicht direkt nennen!"// Sherlock lächelte unmerklich in sich hinein, konnte natürlich sehr genau im Gesicht des Kleineren ablesen, was dieser im Moment dachte, lenkte dabei seine Aufmerksamkeit wieder auf die Zeitung in seinen Händen und las weiter. Gerade als John beschloss sich erst mal einen Kaffee einzuschenken, klopfte es plötzlich an der Tür. Kurzzeitig sahen sich die beide Ermittler gleichzeitig und fragend an. John war der Erste der sich in Bewegung setzte und schnell zur Wohnungstür lief. “Ah, Guten Morgen Mrs. Hudson.”, kam es auch schon begrüßend. Sherlock horchte auf. Er wusste nicht wieso, aber irgendeine Ahnung machte sich in ihm breit und diese sollte auch nicht enttäuscht werden. “Hier ist ein Brief für euch. Er lag direkt hinter der Haustür auf dem Flurboden, ist aber wie man sieht an Sherlock adressiert.” Sogleich sprang Letztgenannter von seinem Stuhl auf, lief ebenfalls zur Tür, drückte der älteren Dame, die ihn freundlich anlächelte, einen Kuss auf die Wange und nahm den Brief entgegen. “Sehr schön, auf den habe ich schon  gewartet.” Der Doktor verstand natürlich mal wieder nur Flughafen. Was hatte er denn bitte jetzt schon wieder verpasst?! Schnell bedankte dieser sich ebenfalls bei Mrs. Hudson, schloss die Wohnungstür und drehte sich zu seinem wieder davon gehenden Mitbewohner. Der Detektiv blieb in der Mitte des Wohnzimmers stehen, begutachtete den kleinen Brief in seinen Händen erst genaustens und öffnete ihn dann. Sein Gesichtsausdruck blieb kühl, nur seine Augenbrauen zuckten für eine Millisekunde in die Höhe. Er brauchte auch nicht lange um zu verstehen was man von ihnen beide wollte. Musste in Gedanken nur schnell ein paar einzelne Sachen voneinander trennen, umdenken, zusammenfügen und - Voilá! Der Kleinere stellte sich neben ihm, um ebenfalls einen Blick auf das Blatt Papier in den Händen des Größeren erhaschen zu können und vernahm dabei dessen baritonartige Stimme “Interessant. Unser lieber George will sich also mit uns treffen.” Stirnrunzelnd sah John zu ihm rauf, blickte fragend drein und verstand nicht wirklich um was es gerade ging. Sherlocks Mundwinkel hob sich, führte seinen Weg weiter zurück zu ihrem Tisch, an welchem er sich erneut setzte und den Brief auf Johns Platz legte. “Hier, schauen Sie selbst.” Der Aufforderung nachgehend ließ der Angesprochene sich dies nicht zweimal sagen, setzte sich ebenso an den Tisch. Etwas verwirrt musterte der Doktor seinen Kollegen, der schon dabei war die nächsten Stunden für sie beide zu planen und sinnvoll zu gestalten. “Sherlock, das konnten Sie so schnell entschlüsseln?” “Ich Bitte Sie John, unser George hat sich zwar etwas Nettes für uns einfallen lassen, dennoch ist seine Nachricht nicht mehr als ein unkreativer und schlampiger Schutz vor fremde Augen, falls dieser Brief in die Finger unerwünschter Feinde geraten sollte. Es ist eine Art Test. schlichtweg für mich persönlich ein Witz. Ich hatte schon weitaus kompliziertere Rätsel, die einen deutlich höheren Schwierigkeitsgrad aufwiesen und dadurch weitaus komplizierter waren.” Der pure Spott schwang in seiner Stimme mit, worauf John auch nicht weiter eingehen wollte. Stattdessen richtete er seine Aufmerksamkeit nun konzentriert auf das Blatt Papier in seiner Hand, las sich alles noch einmal genauer durch. Dort standen die Worte: Am morgigen Tag, zum Ort des Geschehens. (D.O)XVI.XIII-VIII.V.XIV.XVIII.XXV Stirnrunzelnd las sich John den Code mehrmals durch, versuchte sich an den verschiedensten Lösungswege, die sein Gehirn momentan aufbringen konnte. Sein noch müder Verstand jedoch schaffte es nicht einmal die genaue Bedeutung des Satzes zu entschlüsseln, geschweige denn eine Ahnung davon zu bekommen, was genau dieser bedeuten könnte. Sein ahnungsloser Blick verriet dem Detektiven mehr als ihm lieb war. “Was ist nun John? Irgendwelche Vorschläge?” Die ruhige dennoch amüsiert angehauchte Stimme ließ John sich einmal leise räuspern. Er wusste ganz genau, dass Sherlock ihm deutlich ansah, das er es nicht alleine schaffte, die Antwort zu finden und mal wieder etwas Hilfe benötigte. John ärgerte sich über diese wiederholte Erkenntnis. “Nun,…”, fing er schließlich einfach mal an, während er das Papier mit dem Code in der linken Hand hielt. “…was einem sofort auffällt sind die römischen Zahlen, die beim Umwandeln Zahlen ergeben. Was sie zu bedeuten haben müsste ich mir wohl mal aufschreiben. Vielleicht ein Datum?…“ Der Arzt sah kurz auf. Suchte erwartungsvoll Sherlocks Augen, darauf wartend ein Nicken oder überhaupt eine Reaktion zu bekommen. Doch die blieb aus. Dessen Blick war fest auf John gerichtet. Wartend, dass er mit seinen Versuch auf eine Lösung zu kommen fortfuhr. “…Was allerdings dieses D und O bedeuten soll, weiß ich wirklich nicht. ”, sprach John nachdenklich weiter. “Dieser eine Satz in lateinischen Buchstaben, soll wohl eine Andeutung darauf sein, morgen zu einem bestimmten Ort zu kommen,…es sei denn da steckt natürlich wieder mehr dahinter und ansonsten,…nein, mehr fällt mir zugegebenermaßen nicht ein.” Punkt. Mehr wusste er wirklich nicht und hoffte darauf, eine nicht ganz so spöttische Antwort von seinem Mitbewohner zu bekommen. Doch dieser schien mehr oder weniger zufrieden mit ihm zu sein. Hat er also doch nicht ganz daneben gelegen mit seinem Lösungsweg. “Also? Jetzt können Sie mir ja sagen was dieser Code wirklich zu bedeuten hat.” Und Sherlock ließ ihn auch nicht länger warten. Schnell lehnte er sich nach vorne, nahm wortlos das Blatt aus Johns Hand und wedelte kurz damit rum. Begann nun schmunzeln ‘seine’ Version zu dem Code zu äußern. (D.O)XVI.XIII-VIII.V.XIV.XVIII.XXV “Lassen wir einmal die zwei Buchstaben in der Klammer weg, so bleiben nur noch jene römischen Zahlen stehen, die von Punkten und einem Minuszeichen getrennt werden. Wie Sie schon sagten, ergeben sie beim Umwandeln Zahlen, jedoch nicht für irgendein Datum, sondern für eine zweite Umwandlung. Wenn man diese Zahlen nämlich durch lateinische Buchstaben ersetzt, ergeben sie eine viel sinnvollere Lösung. Nach der Klammer kommt also als Erstes eine 16 und nach dem Punkt eine 13. Die 16 steht im lateinischen Alphabet für das P und die 13 für ein M. Die Zahlen nach dem Minuszeichen ergeben nacheinander H, E, N, R, Y.” John horchte auf. “Henry? Kann es sein, dass-…” “Richtig.”, wurde der Doktor sogleich wieder unterbrochen. “Da es sich hier um George handelt, kann bei dem Namen ’Henry’ hier nur von einer Person die Rede sein. Unser lieber Henry aus dem Regent‘s Park, den wir am Anfang unseres Falls dort tot aufgefunden haben.” Plötzlich blitze in Johns Kopf noch ein weiterer Einfall auf. “Und dieses D und O in dieser Klammer. Wenn man beide ebenfalls umwandelt, ergeben sie die Zahlen 4 und 15.” Sherlocks rechter Mundwinkel ging in die Höhe. “Offenkundig.” Für einen kurzen Augenblick sog der Veteran jene Bestätigung zufrieden in sich auf. Gab zu, dass es in Zusammenarbeit mit seinem Kollegen, einen gewissen Reiz ausmachte und ihn jedes Mal optimistisch stimmte, wenn er selbst einmal die richtige Antwort parat hatte. Sherlock fuhr ungehindert fort. “Letztendlich bleibt nur noch alles miteinander zu verknüpfen. Es ergeben sich demnach Zeit- und Ortsangaben. 4 und 15 stehen für die Uhrzeit, P und M für pm, also Nachmittagszeit. Nach dem Minus haben wir den Namen Henry und in Verbindung mit dem Satz ‘Am morgigen Tag, zum Ort des Geschehens’ wird uns der genaue Ort des Treffens beschrieben. Da Henry keinen eigenen Aufenthaltsort für sich hatte, nur mit seinen anderen drei Kameraden die Zeit zusammen verbrachte, weißt der Ort des Geschehens schlussendlich auf den Regent‘s Park hin. Zusammengefasst lautet der Code - Treffpunkt morgen um 16:15Uhr im Regent‘s Park, an der Stelle wo Henry starb.” “Und den wissen Sie noch?” “Selbstverständlich. George geht davon aus, dass ich noch den genauen Platz im Kopf habe, was natürlich zutrifft.” Missmutig musterte der Detektiv nochmals den Briefumschlag samt Briefinhalt. Man konnte ihm nur zu deutlich ansehen, wie enttäuscht er über diesen lachhaft simplen Code war. Nicht zu vergessen die beabsichtigt auffällige Verwendung von billigem Papiermaterial und einfachen Druckbuchstaben, die man nur schnell am PC eingetippt und ausgedruckt hatte. … Wie einfallslos. “Es steht kein Absender drauf, dennoch kann diese Nachricht nur von ihm sein. Zu offensichtlich ist die Tatsache, dass nur er etwas von uns will. Unser eigentlicher Verdächtiger Noah Brown würde nie auf die Idee kommen sich mit uns treffen zu wollen, und wer Anders kommt momentan nicht in Frage.” Somit war die Feststellung - dass George derjenige war der den Brief wirklich versandt hat - nun ebenfalls geklärt. Trotz allem stellte sich doch die Frage, Warum genau dieser Typ sich mit ihnen, vor allem am helllichten Tag und in einem öffentlichen Park, treffen wollte? Mit Sicherheit steckte da mehr dahinter. War es wohl möglich doch nur eine Falle? Sherlock wusste mehr. “Unser kleiner Besuch in seinem Versteck scheint ihn ja ganz schön aus dem Konzept gebracht zu haben. Uns geht es hier nicht um ihn, doch diesem Fakt will er wohl keinen Glauben schenken. Wir wollen ausschließlich Noah Brown, wenn wir ‘ihn’ haben landet George automatisch im Gefängnis. Ob er es ahnt oder schon weiß kann man nicht genau sagen. …” Mit langsamen Bewegungen legte der Consulting Detective den Brief wieder aus der Hand, ließ ihn auf dem Tisch liegen und richtete sich auf. “Aber eine Falle ist es schon mal nicht.” Warum sich sein Mitbewohner so sicher war konnte der Doktor nicht genau sagen, vertraute aber auf dessen erfahrenen Instinkte und nickte zu diesem Thema nur noch abschließend. Noch etwas müde gähnte er hinter vorgehaltener Hand, streckte sich noch einmal kräftig und wuschelte sich durchs blonde Haar. “Jetzt muss also nur noch geklärt werden was wir bis dahin machen?” Auf Johns Frage hin schnappte sich Sherlock wieder seine Zeitung, blätterte darin herum und machte es sich erneut auf seinem Stuhl bequem. “Im Grunde genommen können wir erst einmal gar nichts tun. Mr. Brown wird sich vorerst bedeckt halten, seine Kollegen vom Nachtclub werden ihm sicherlich erzählt haben, was sich dort abgespielt hat, was Ihren Aufenthaltsort Recherche Erfolg leider sogleich wieder unbrauchbar macht, da er dort wohl schon nicht mehr an zu treffen ist. Mit Gewissheit wird er nun noch ein paar Tage warten, ehe er seinen Rachefeldzug beenden will." " Um unseren Butler Charlie müssen wir uns keine Sorgen mehr machen, das versteckte Familienerbstück konnte er bis dato sowieso nicht ausfindig machen. Seine Familie ist außer Gefahr." John wollte gerade nachfragen, woher der Detektiv das mit einer solchen Bestimmtheit wissen konnte, wurde aber im Keim erstickt, da der Jüngere bereits weiter sprach " Lestrade weiß schon alles, was er wissen muss. Letztendlich bleibt nur noch George, den wir morgen Mittag im Park antreffen werden. Was schließlich aus dem Treffen folgt, wird den weiteren Ermittlungsverlauf bestimmen. Danach müsste es allerdings nur noch eine Kleinigkeit sein, alles aufzudecken und Noah samt George und dessen Gehilfen hinter Gittern zu bringen.” Fast schon beeindruckt von dieser plausiblen Erläuterung, musste John Watson gestehen, dass sie wohl wirklich für den heutigen Tag nicht viel ausrichten konnten. Der Detektiv würde ihm bestimmt nicht verraten, warum er sich wegen Charlie und dessen Familie so sicher war, weshalb der Doktor anstatt dessen fragte: “Und das wertvolle Familienerbstück? Könnten wir nicht noch einmal versuchen, es im Anwesen der Thomsons zu finden?” “Ausgeschlossen.”, kam es knapp. “Ich habe außerdem schon eine Ahnung um was genau es sich handeln könnte, bzw. wo es sich befindet.” Erstaunt über diese Aussage hob John neugierig eine Augenbraue. “Ach ja? Und was und wo genau wenn ich fragen darf?” “Das steht erst einmal noch nicht zur Debatte. Sie werden es schon noch erfahren.” Sherlock wandte seinen Blick von seiner Zeitung kurz rauf zu seinem Freund. Konnte in den dunkelblauen Augen erkennen, dass es John mal wieder ganz und gar nicht passte, von den Deduktionen und Gedankengängen des Größeren ausgeschlossen zu werden. Es half trotz allem nichts. Der Größere wollte es noch für sich behalten. “Gut, wenn das so ist,…”, seufzte der Kleinere nur ergeben und stand von seinem Platz auf. “…dann könnte ich heute ja mal wieder spazieren gehen.” Es war vielleicht nicht gerade der beste Zeitpunkt, in so einer heißen Phase ihrer Ermittlungen, aber in Ruhe ein bisschen Luft schnappen würde ihm jetzt sicherlich trotzdem ganz gut tun, außerdem hatte ihm Sherlock ja praktisch für heute 'frei' gegeben. “Sehr gute Idee, wir haben nämlich keine Milch mehr.” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)