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Nemesis

von

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Prolog

16 Monate war es jetzt schon her, seitdem der letzte Krieg gegen die Outrider gewonnen wurde. Seit diesem Zeitpunkt herrschte nun Frieden und Sicherheit im Neuen Grenzland.
 

„Das Neue Grenzland“ - so wurde der Lebensraum genannt, den die Menschen im Laufe der letzten Jahrzehnte für sich bewohnbar gemacht hatten. Es gab viele verschiedene Planeten; einige waren noch unbewohnt, andere quollen fast über vor Menschenmassen. Wieder andere erfüllten den Zweck eines Vergnügungsparks oder dienten als Forschungsstation. Es gab Planteten, auf denen sogar Dinosaurier lebten!

Bei der Ausweitung des Grenzlandes kam es früher teilweise zu kleineren Kriegen zwischen den neuen Siedlern und den dortigen Bewohnern. Aber die waren nichts im Vergleich zu den Kriegen mit den Outridern.
 

Vor 22 Jahren tauchten die Outrider wie aus heiterem Himmel auf und überfielen die menschliche Dimension. Die Outrider waren Phantomwesen, die aus einer anderen Dimension in die unsere sprangen und angriffen. Es war ein harter Kampf und am Ende gelang es einem gewissen Commander Hikari, den Outrideranführer Nemesis zurück in die Phantomzone zu drängen. Unglücklicherweise wurde er dabei mit in die fremde Dimension gezogen und ward nie wieder gesehen.
 

Nemesis brauchte 16 Jahre, um sich von diesem Rückschlag zu erholen und um die menschliche Dimension wieder anzugreifen. Er entschied sich zu diesem Schritt, weil den Phantomwesen einerseits die natürlichen Ressourcen aufgrund ihrer verschwenderischen Lebensart ausgingen. Andererseits plagte ihn die Langeweile. Die Star Sheriffs waren genau für einen solchen Fall ins Leben gerufen worden. Ihre Aufgabe lag darin, das Neue Grenzland gegen die Outrider zu verteidigen.

In diesem zweiten Krieg gegen die Outrider tat sich dabei ein Team besonders hervor. Es handelte sich dabei um ein vierköpfiges Team, welches das Raumschiff Ramrod steuerte. Saber Rider war der Anführer dieser Vier. Er hatte eine Ausbildung bei den Star Sheriffs absolviert und war eigens auf diese Aufgabe vorbereitet worden. April Eagle, ebenfalls Absolventin der Star Sheriff-Akademie, war anerkannte Wissenschaftlerin und war an Ramrods Entwicklung beteiligt gewesen. Dritter im Bunde war Colt, ein ehemaliger Kopfgeldjäger und immer bereit, seine Eltern zu rächen, die von den Outridern getötet worden waren. Schließlich war da noch Shinji ‚Fireball‘ Hikari, jüngster Formel-1-Rennfahrer und Sohn des verschollenen Commander Hikari. Diese vier hatten während des Krieges viele gefährliche Abenteuer zu bestehen und konnten am Ende Nemesis und seine neue rechte Hand, Jesse Blue, zum 2. Mal schlagen.
 

In der friedlichen Zeit, die nun herrschte, konnten die vier Star Sheriffs ein normales Leben führen. Sie waren ihre eigenen Herren und konnten ihren Tagesablauf selbst bestimmen - und nicht wie bis vor einigen Monaten, als sie ihn noch von den Outridern aufdiktiert bekamen. Saber Rider hatte nach dem Sieg gegen die verfeindete Dimension wieder Kontakt mit Sincia aufgenommen, seiner damaligen großen Liebe, der er sein Tagebuch geschenkt hatte. Inzwischen hatten sie geheiratet und zogen sich in die Highlands zurück, weil Saber das Erbe seines Vaters vorzeitig antreten sollte.
 

Colt und Robin Wilcox sollten in näherer Zukunft Nachwuchs bekommen, weshalb der Cowboy schon sehr viel nervöser war als seine Frau. Colt selbst war weiterhin auf Yuma stationiert und arbeitete als Ausbilder beim Kavallerie-Oberkommando. Robins kleiner Bruder Josh lebte bei ihnen, denn Robin war nach dem Unfalltod ihrer Eltern Josh’s Vormund geworden und sorgte seitdem für ihn. In ihrer Nähe lebte ein anderes, vermähltes Paar: Fireball und April. Sie nahm ihren Beruf als Wissenschaftlerin wieder auf und entwickelte neue Transportschiffe und verbesserte bestehende Techniken. Fireball dagegen erschien zwar regelmäßig auf dem Schießstand, aber sonst sorgte er dafür, dass sein alter Ruf als bester Rennfahrer aller Zeiten wieder auflebte.
 

Bis....

Schlaflose Nächte

Fireball betrat frisch geduscht sein Hotelzimmer. Er hatte nur das Handtuch um seine Hüfte gebunden und stellte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht vor den großen Spiegelschrank.

Es durfte keiner etwas von seiner Verwundung bemerken, so waren die Bedingungen. Das Rennen hatte er immerhin schon gewonnen, auch wenn es verdammt knapp gewesen war. Die Schusswunde an seiner rechten Bauchseite machte ihm schwer zu schaffen. Sie war tief und sah überhaupt nicht gut aus.

Beim Duschen hatte er nicht auf die beißenden Schmerzen geachtet. Irgendwie musste er ja die Wunde reinigen, denn zum Arzt durfte er nicht. Auch das war ein Bestandteil der Bedingungen. Jetzt, wo sich sein Körper durch das warme Wasser aufgeheizt hatte, lief das Blut wieder an seiner Seite hinab und sammelte sich im Handtuch.

Der Star Sheriff hatte nicht mehr viel Zeit, denn in einer halben Stunde würde er sich mit Colt und April unten im Foyer treffen. Saber Rider hatte einen Anruf von seinem Vater erhalten. Seiner Mutter ging es nicht besonders gut, denn die Krankheit, an der sie schon jahrelang litt, war wieder einmal ausgebrochen. Ihr Mann Edward lebte deshalb immer in größter Sorge, und diesmal, so schien es, wusste keiner, ob seine Frau das überleben würde.

‚Diese blöde Siegesfeier!‘, fluchte Fireball in Gedanken und wandte sich dem Wohnzimmertisch zu, auf dem das Verbandszeug lag. Vorsichtig machte er sich daran, die Bandage um seine Taille zu wickeln, um so die Blutung zu stoppen. Wenigstens hatte er verhindern können, dass April mit ihm ein Zimmer teilte. Er hatte ihr gesagt, dass er sich auf das Rennen konzentrieren müsse und daher seine Ruhe brauchte. Sie hatte das verstanden, auch wenn es nicht der Wahrheit entsprach. Normalerweise belog Fireball seine Frau nicht, aber in diesem Fall ging es nicht anders; zu vieles stand auf dem Spiel. Er durfte sich keine Fehler mehr erlauben, denn das Rennen hätte er schon fast verspielt, weil er für einen Augenblick durch die Schmerzen die Konzentration verloren hatte. Fast wäre er in den Abgrund gerast, aber im letzten Moment konnte er noch das Steuer herumreißen. Durch den plötzlichen Richtungswechsel geriet sein Red Fury Racer ins Schleudern und der Rennfahrer hatte alle Mühe, ihn zum Stehen zu bringen. Dieser Zwischenfall war seinen Verfolgern von Vorteil und sie hatten wieder die Chance, Fireball noch überholen zu können. Am Ende hatten dem nächsten nur 1,2 Sekunden gefehlt.

Er überprüfte, ob der Verband auch nicht verrutschen konnte und war mit dem Ergebnis zufrieden. Dann löste er das Handtuch und stieg in seine Boxershorts. Angewidert betrachtete der Rennfahrer das weiße Hemd und den dunkelblauen Anzug, den er auf der Siegesfeier tragen musste, weil eine gewisse Etikette wegen der vielen Promis, die sich an dem Rennsport erfreuten, gewahrt werden sollte. Die Krawatte ließ er allerdings weg. Er hatte jetzt wirklich keinen Nerv, dieses Ding zu binden.

„Auf in den Kampf!“, sagte er zu sich selbst, als er fertig angezogen war und verließ sein Zimmer. Ab jetzt musste er wieder gute Miene zum bösen Spiel machen, musste gerade gehen und durfte sich nicht das Geringste von seinen Schmerzen anmerken lassen. Noch wusste er nicht, wer sein Feind war. Die Outrider waren es diesmal nicht, oder doch?
 

Colt und April warteten schon unten in dem modern ausgestatteten Foyer. In diesem Hotel gab es keine altmodischen Kronleuchter oder schwere dunkle Teppiche. Alles war mit Halogenstrahlern beleuchtet und der Boden war mit einem freundlichen, dünnen Teppich ausgelegt.

Als Fireball aus dem Fahrstuhl stieg, sah er zuerst April. Sie sah umwerfend aus. Das hellblaue, schimmernde Kleid, das sie trug, lag eng an ihrem Oberkörper und betonte ihre schlanke Figur, wurde aber ab der Hüfte weiter. Es reichte ihr nur bis zur Hälfte ihrer Oberschenkel, so dass für jedermann ein Blick auf ihre langen Beine möglich war. An den Füßen trug sie hohe, weiße Tanzschuhe, die an ihrem Verschluss mit Glitzersteinen besetzt waren. Außerdem hatte sie ein zartrosa Lippenstift aufgelegt sowie silberfarbenen Lidschatten und schwarze Wimperntusche. Ihr Haar trug sie wie immer offen, nur wurde es jetzt von keinem Band zurückgehalten, sondern floss wie flüssiges Gold ihren Rücken hinunter.

Es gab nicht viele Gelegenheiten für den Rennfahrer, seine Frau so hübsch gekleidet zu sehen, und immer wieder verschlug es ihm die Sprache. Das leichte Lächeln auf ihren Lippen lud zum Küssen ein, und Fireball folgte ihrer Anziehungskraft, um dieser Einladung nachzukommen.

„Hey, Partner!“, unterbrach Colt seinen Teamgefährten. Fireball erwachte aus seiner Trance und starrte den Cowboy, der heute einen braunen Wildlederanzug trug, einige Sekunden verwirrt an. Auch wenn es für Fireball ungewohnt war, seinen Teamgefährten so gekleidet zu sehen, musste er zugeben, dass der Cowboy darin gut aussah.

„Ähm...hallo“, stotterte Fireball, fing sich aber gleich wieder. Mit einem letzten Blick auf ihren sinnlichen Mund nahm er Abstand von seinem Vorhaben. Er legte April zur Begrüßung einen Arm um die Hüfte und flüsterte ihr ins Ohr: „Du siehst wunderschön aus, meine Süße.“ Er gab ihr einen leichten Kuss auf die Wange. Sie warf ihm einen strahlenden Blick zu. „Danke, mein Schatz!“, hauchte sie zurück.

„Vamos!“, forderte der Cowboy seine Partner auf, der jegliche weitere Turtelei verhindern wollte. Die Beiden grinsten sich etwas beschämt an und ließen voneinander ab.

„Ja, gehen wir!“, nahm Fireball die Aufforderung seines Partners an und hakte April unter. Dann setzte sich die kleine Gruppe in Bewegung in Richtung Silbersaal, wo die Feierlichkeiten stattfinden sollten.

„Ah, Mr. Hikari und seine Begleitung!“, begrüßte sie der Hotelmanager persönlich, der neben dem Eingang zum Saal die Gäste empfing.

„Mr. Rossini!“, grüßte Fireball kurz zurück. Er hatte keine Lust, ein längeres Gespräch mit dem Hotelmanager zu beginnen und war froh, als dieser sich zuvorkommend beeilte, den ehemaligen Star Sheriffs die große, weiße Tür zu öffnen.

„Genießen Sie den Abend“, verabschiedete der Hotelmanager sich, nachdem die Drei eingetreten waren, und wandte sich den nächsten Gästen zu.

Staunend ließen sie ihre Blicke durch den Silbersaal gleiten. Der hohe Raum machte seinem Namen wirklich alle Ehre. Die Wände waren zum größten Teil verspiegelt und die Tische waren mit silberfarbenen Tüchern bedeckt, auf denen blaue Gläser in verschiedenen ungewöhnlichen Formen standen. Es waren schon viele Gäste anwesend, von denen einige an Tischen saßen, während andere in kleinen Grüppchen zusammen standen und sich unterhielten. Von irgendwoher ertönte Musik, aber eine Band war nirgends zu sehen.

An den Wänden, die nicht verspiegelt waren, war eine lustige Erfindung angebracht: Halterungen, in denen ein Reagenzglas eingespannt und in dem wiederum eine einzelne rote Rose hineingestellt war.

„Kommt, lasst uns mal weitergehen“, schlug Fireball vor. „Staunen können wir nachher immer noch.“
 

Mario Firrenza, einer der besten Rennfahrer aller Zeiten, und seine Tochter und Nachfolgerin Claudia waren schon da. Im Vorübergehen sah das Team weitere Rennfahrer, Neueinsteiger, Konstrukteure, Schauspieler, Presseleute und Ehrengäste aus dem politischen Bereich. Viele kannte er vom Sehen, aber er hatte nur mit wenigen Fahrern engeren Kontakt. Seinen Freunden brauchte er nicht zu erklären, wer hier alles anwesend war, denn viele Gesichter waren auch ihnen bekannt.

„Lasst uns zu Mario und Claudia gehen“, meinte Fireball, der seinen ehemaligen, ärgsten Konkurrenten und Freund weiter hinten im Saal entdeckt hatte.

Noch bevor sie das angepeilte Ziel erreichten, wurde Fireball von Ranga Yogeshwar, einem Rennfahrerkollegen vom Mercedes-Team, weggezogen und zu einem Drink aufgefordert.

„Vielleicht geht ihr schon mal vor?“, rief der heißbegehrte Teamkollege Colt und April zu, als er von Ranga „entführt“ wurde.

„Es bleibt uns wohl nichts anderes übrig, nicht wahr, Verehrteste?“, grinste der Cowboy.

„Sieht wohl so aus.“

„Na, dann kann ich mich ja mal in deiner Schönheit sonnen, solange Fire unterwegs ist. Mir armem Kuhhirten ist ein solches Weib ja nicht vergönnt!“

„Ach, Colt, du bist echt unmöglich!“, lachte April und knuffte ihn mit ihrem Ellenbogen in die Seite. „Naja, dann passen wir ja gut zusammen“, antwortete er und hielt ihr gentlemen-like den Arm hin. „Du bist nämlich auch unmöglich, und Fireball und Saber auch. Denn wir vier haben das Unmögliche vollbracht und Nemesis besiegt. Solltest du das etwa vergessen haben?“

„Wie könnte ich?“, sagte sie und nahm fröhlich seinen Arm an, um mit ihm zu ihren Bekannten zu gehen.
 

„Mensch Fireball“, begann Ranga und legte seinem Konkurrenten einen Arm um die Schultern. „Wie machst du das nur immer mit dem Gewinnen? Nicht mal mehr Claudia Firrenza kommt an dich heran, obwohl sie bis zu deiner Rückkehr die Rangliste angeführt hat.“

Fireball blickte den dunkelhaarigen Ranga von der Seite her verschmitzt an. „Ich werd‘ dir doch mein Geheimnis nicht verraten, was denkst du nur!“

Ranga Yogeshwar war ein Newcomer, immer darauf bedacht, von den Ranglistenführern zu lernen und Tipps abzustauben. Er hatte Talent, das musste der ehemalige Star Sheriff zugeben, aber es würden noch einige Jahre ins Land ziehen, ehe dieser junge Rennfahrer genug Erfahrung besaß, um die Liste anzuführen.

„Fireball“, nervte der junge Rennfahrer weiter, „kannst du mir nicht einen Tipp geben? Nur einen einzigen, ganz kleinen, ja?“ Ranga ließ sich auf einen Barhocker nieder, Fireball auf den nächsten. Mit einem kurzen Wink zum Barkeeper bestellte der Jüngere zwei Proseccos und schaute dann sein Idol wieder bittend an.

„Ranga.“ Fireball bekam langsam den Eindruck, dass das Gespräch länger dauern würde, als er angenommen hatte. „Ich kann dir keinen Tipp geben. Jeder Rennfahrer ist unterschiedlich und hat seine eigenen Techniken. Die musst du bei dir schon selbst herausfinden!“

Der junge Rennfahrer nahm sich eines der beiden Sektgläser, die der Kellner ihnen auf die Theke gestellt hatte und prostete dem ehemaligen Star Sheriff zu, bevor er trank.

„Aber das dauert doch Jahre!“, beschwerte er sich. „Kann man das nicht irgendwie beschleunigen?“

Fast verschluckte Fireball sich an seinem Prosecco, als er diese Frage hörte, und er musste ein lautes Auflachen unterdrücken. Sofort meldete sich seine Verletzung wieder und Fireballs Gesicht wurde von Schmerzen gezeichnet.

Ranga Yogeshwar blickte sein Vorbild nervös an. „Was ist mit dir?“, fragte er, aber Fireball hatte seine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle.

„Nichts, ich hab mir nur den Musikknochen gestoßen.“ Schnell hob sein Glas, um die Situation zu überspielen. „Auf den Rennsport!“

„Auf den Rennsport!“, wiederholte der Jüngere und beide leerten ihre Sektgläser in einem Zug.

„Entschuldige, aber ich muss weiter. Wir sehen uns sicher noch später!“, sagte der Star Sheriff und erhob sich von seinem Barhocker.

Aber keine drei Schritte weiter wurde der Sieger des heutigen Rennens schon wieder angesprochen: „Mr. Fireball! Dürfte ich Sie einen Augenblick sprechen?“ Einladend hielt Liam Nelson, der hiesige Sponsor seines Teams ihm ein Glas Martini hin. Fireball warf einen kurzen Blick zu seinen Kollegen, aber diese schienen sich auch ohne ihn zu amüsieren. Einen Seufzer unterdrückend, nahm er das Glas an und begab sich in die Fänge seines Sponsors, um dessen Lobreden und Smalltalk über sich ergehen zu lassen. Schließlich konnte er ja seinem Geldgeber nicht so vor den Kopf stoßen, zumal ihm sein Teamchef später gehörig den Kopf waschen würde, sollte er Mr. Nelson nicht die Ehre erweisen.

Mr. Nelson belagerte ihn fast vierzig Minuten, ehe Fireball sich nach drei Martinis und zwei Klaren wieder auf den Weg zu seinen Teamkollegen begeben konnte. Aber kaum fünf Meter weiter wurde er wieder aufgehalten, diesmal von zwei Reportern des „All Sports“ - Magazins.
 

So erging es ihm fast drei Stunden lang, ehe er sich endlich leicht beschwipst freikämpfen konnte, um zu Colt und April zu gehen. Auf dem Weg zu seinen Freunden, die auf der gegenüberliegenden Seite saßen, wurde Fireball plötzlich schwarz vor Augen.

‚Nein, nicht!‘, dachte er und konzentrierte sich stark auf einen bestimmten Punkt. Um ihn herum war schon alles verschwommen und die Farben wurden dunkler. Nur diese eine Stelle konnte der Rennfahrer noch deutlich und scharf wahrnehmen. Ein paar Sekunden später ging der Druck auf seinem Kopf weg und sein Sichtfeld wurde wieder klarer und heller.

‚Das ging ja noch mal gut‘, sagte er in Gedanken zu sich. Sein Verband fühlte sich unangenehm feucht und klebrig an und Schweißperlen traten ihm von der Anstrengung auf die Stirn. Es war bestimmt nicht gut, in seinem Zustand Alkohol zu trinken, aber was wollte er machen, wenn keiner seine Verletzung bemerken durfte?

„Sorry, dass ich euch habe warten lassen“, entschuldigte er sich bei seinen Leuten.

„Schon gut“, lachte Mario, „Du bist doch immerhin der Star heute Abend!“ Fireball grinste. Er hoffte innerlich, dass niemandem auffiel, wie schwer es ihm fiel.

„Tanzt du wenigstens mal mit mir?“, fragte April. „Der liebe Colt ziert sich.“

„Du stellst dich doch sonst nicht so an, Cowboy“, zog der Rennfahrer seinen Freund auf.

„Ich stell‘ mich überhaupt nicht an, du Matschbox, du!“, brauste Colt heftiger als gewollt auf. „Ich hab nur keine Lust.“

„Ich glaube eher, du kannst das nicht!“, sagte April überzeugt. Colt holte tief Luft, um etwas zu erwidern, aber Fireball war schneller: „Streitet euch nicht! Das ist doch nicht so wichtig.“ Er wandte sich an April, um ihr ihren Wunsch zu erfüllen. „Darf ich bitten?“ Er reichte ihr den Arm und führte seine Frau zur Tanzfläche.

Viele neidische Augenpaare verfolgten das Paar, wie es über das Parkett schwebte. Fireball war wirklich stolz, April zu haben und vergaß darüber fast seine Verletzung. Nie hätte der Rennfahrer gedacht, dass sein geheimster Traum in Erfüllung gehen würde. Wie lange hatte er ihr seine Gefühle verheimlicht, ehe sie endlich doch zueinander gefunden hatten?

Glücklich lächelten sich beide an und versanken in den Augen des anderen. Dieser Tanz gehörte nur ihnen, die Welt um sie herum war verschwommen. Er genoss das Gefühl ihrer Haare, die leicht seine Hand auf ihrem Rücken kitzelten und die Weichheit ihrer Haut. Sie hätten noch ewig so weiter tanzen können, aber dann setzte die Musik für einen kurzen Augenblick aus, und die Beiden kamen zum Stehen.

„Tanzen wir noch mal?“ Aprils Wangen waren leicht gerötet und ihr Atem ging ein klein wenig schneller. Fireball wollte schon zustimmen, aber plötzlich meldete sich das Schwindelgefühl schon wieder, diesmal stärker als zuvor.

„Lass und eine Pause machen, sonst trauen sich die anderen Gäste nicht mehr“, flüsterte er ihr ins Ohr. „Die gucken uns schon die ganze Zeit so an, als wollten sie uns gleich auffressen.“

April kicherte hinter vorgehaltener Hand und ließ sich von ihrem Mann zum Tisch zurückführen.

„Ich wusste gar nicht, dass du ein so flotter Tänzer bist“, sagte Claudia und beugte sich zu Fireball hinüber, als dieser sich gesetzt hatte. Auch sie sah bezaubernd aus in ihrem gelben Satinkleid.

„Tja, es gibt vieles, was du von mir nicht weißt“, entgegnete er trocken. Er konnte die Schmerzen kaum noch verborgen halten und es kostete ihn eine Menge Kraft, seine Stimme normal klingen zu lassen. Vorsichtig griff er mit der linken Hand unter sein Jackett und berührte den Verband. Er fühlte sich nass und klebrig an und in der Tat war seine Hand blutverschmiert, als wieder hervorzog.

Ehe es jemand sehen konnte, wischte er es mit seinem Taschentuch weg und widmete sich wieder dem Gespräch. Doch bald schon konnte er der Unterhaltung nicht mehr folgen und alles hörte sich viel lauter an. Wieder traten Schweißperlen auf seine Stirn, obwohl er fror. Er hatte die linke Hand erneut auf den Verband gelegt, weil er hoffte, dass es dadurch besser wurde, aber es half nichts. Der Star Sheriff wusste langsam nicht mehr, wie er sich noch hinsetzen sollte und stand deshalb plötzlich auf.

„Entschuldigt mich, Leute, ich muss an die frische Luft.“

„Fireball!“, rief April besorgt als sie sein blasses Gesicht sah, „Was ist mit dir?“

„N...nichts“, versicherte Fireball schnell atemlos. „Ich fühle mich nur nicht besonders.“

„Mach keinen Scheiß, Partner!“, ermahnte ihn Colt. „Wir haben sehr bald einen wichtigen Auftrag zu erfüllen!“

„Ich weiß“, antwortete der Rennfahrer und in dem Moment durchfuhren ihn die Schmerzen so heftig, dass er aufstöhnte, bewusstlos auf den Tisch fiel und von dort aus auf den Boden sank. Viele Leute sprangen erschrocken auf, als Gläser klirrend vom Tisch fielen und zersprangen. Neugierig kamen sie näher.

Fireballs Jackett war verrutscht und alle konnten deutlich das blutgetränkte Hemd sehen, auf dem seine Hand lag.

„Fireball!“, schrie April und kniete sich neben ihn.
 

Weiter hinten im Saal hatte jemand die Szene beobachtet und verließ zufrieden das Gebäude...
 

Schweißgebadet fuhr Fireball aus den Kissen hoch. Zunächst wusste er gar nicht, wo er war und schaltete daher erst einmal das Licht ein. Als er die friedlich schlafende April neben sich im Bett liegen sah, kam er langsam wieder zu sich.

‚So einen Alptraum hatte ich schon lange nicht mehr. Möchte mal wissen, was das zu bedeuten hat’, dachte er und lehnte sich erschöpft zurück.

Gedankenverloren spielte er mit einer von Aprils Haarsträhnen, jedoch ohne sie zu wecken. Draußen regnete es in Strömen und eine eisige Windböe fegte durch die offene Balkontür ins Schlafzimmer.

Eine kleine Weile lang lauschte der Rennfahrer dem Geplätscher, aber dann wurde es ihm doch zu nervig und er stand auf, um das Fenster zu schließen. Der Alptraum ging ihm immer noch durch den Kopf und er betrachtete seine rechte Seite. Dort war - wie erwartet - nichts von einer Schusswunde zu sehen, aber der Traum war sehr realistisch gewesen und bewirkte, dass sich ihm jetzt noch die Haare sträubten.

Die Digitaluhr auf Aprils Nachtschränkchen zeigte Viertel nach drei. An Schlaf konnte Fireball jetzt nicht mehr denken, er war zu aufgewühlt. Deshalb schaltete er die kleine Lampe wieder aus und ging nach nebenan ins Wohnzimmer, um sich durch Fernsehen etwas abzulenken.
 

***
 

Colt, Robin und Joshua saßen nach einem anstrengenden Tag beim Abendessen gemütlich zusammen. Sie war nun seit etwas über zwei Wochen zu Hause, weil die Geburt ihres Kindes immer näherrückte. Außerdem konnte sie sich mit ihrem mächtigen Bauch nicht mehr so gut bewegen, geschweige denn längere Zeit stehen.

„Na, Josh,“, fing Colt an und grinste Robins kleinen Bruder frech an, „was hast du denn für Noten mit nach Hause gebracht? Heute gab es doch Zeugnisse, wenn mich nicht alles täuscht...“

Der Junge grinste zurück: „Ich habe Schulnoten mitgebracht!“

„Aaach, echt?“ Colt tat erstaunt. „Damit habe ich ja gar nicht gerechnet! Verrätst du mir denn auch, wie sie ausgefallen sind?“

„Hmmm, später vielleicht.“ Joshua zog Colt mit Absicht etwas auf und Robin hörte vergnügt zu.

„Ach, komm schon – warum willst du es mir nicht verraten, hm?“, bettelte der Cowboy.

„Darum“, war die schlichte, alles erklärende Antwort des Zehnjährigen.

„Na, wenn das sooo ist...“, sagte Colt gedehnt, gab sich desinteressiert, und erhob sich langsam von seinem Stuhl. Dann schnappte er sich blitzschnell den Jungen. „Dann muss ich dich wohl durchkitzeln, bis du nachgibst!“

Der Cowboy hatte kaum angefangen, da quietschte Joshua auch schon, dass Colt aufhören sollte. Dieser kam auch gleich der Bitte nach und dachte schon gewonnen zu haben, aber Robins Bruder machte ihm einen Strich durch die Rechnung und entwischte den kitzelnden Händen, indem er plötzlich losrannte.

„Na warte...“ Mit einem Satz sprang der Cowboy hinterher und war dem Jungen schon dicht auf den Fersen. Mit einem Aufschrei stürzte Colt sich auf ihn und brachte ihn zu Fall, ohne ihm dabei wehzutun. Dann ging es mit der Kitzelattacke weiter, bis Joshua wirklich kaum noch Luft bekam und klein beigab.

Robin konnte sich vor Lachen kaum noch halten, als der stolze Sieger bei ihr seinen Preis in Form eines Siegerkusses abholen wollte, und Joshua endlich mit dem lang umkämpften Papier herausrückte. Eine Zeitlang betrachtete Colt das Schriftstück und blickte dann anerkennend zu dem Schüler: „Nicht schlecht! Da ist Robin doch bestimmt stolz auf dich!“, lobte Colt und wandte sich an seine schwangere Frau, „oder etwa nicht, meine Süße?“

Robin lächelte und strich Josh über den Kopf. „Natürlich bin ich stolz auf meinen kleinen Bruder.“

Josh ahnte, dass das Gespräch bald in eine andere Richtung gelenkt werden würde und fragte deshalb: „Darf ich noch mal zu Kathrin gehen? Ich habe keinen Hunger mehr.“

Kathrin war das Pferd, das Colt gekauft hatte, um gelegentlich einen Ausritt machen zu können und alten Zeiten hinterher zu hängen. Außerdem wollte Joshua auch das Reiten lernen, wozu sich die Stute mit ihrer lieben Art sehr gut eignete. Der vergangenen Zeiten willen hatte er auch den Namen seines ersten Pferdes gewählt.

„Na, geh schon“, erteilte Robin ihm die Erlaubnis und schob ihn in Richtung Tür. „Aber komm nicht so spät zurück! Noch bevor es dunkel wird!“, rief sie ihm hinterher, denn ihr Bruder war sofort zu seinem Lieblingshaustier losgerannt.

„Hmmmm“, brummte Colt und umarmte seine hübsche Frau von hinten, „dann können wir uns einen gemütlichen Abend machen, bis Josh zurückkommt. Was hältst du davon?“

„Hört sich gut an, mein Schatz“, antwortete sie, schlang die Arme um seinen Hals und reckte sich, um ihn zu küssen.

„Was hältst du davon, wenn ich dich jetzt erst einmal in die Badewanne stecke und dir anschließend eine kleine Wohlfühlmassage verpasse?“

„Oh, Colt, du bist so lieb zu mir“

„Natürlich, meine Liebste, ich will doch nur das Beste für dich und unser Baby.“ Zärtlich küsste er sie in den Nacken und streichelte vorsichtig über ihren Bauch. Dann half er seiner Frau beim Aufstehen, das wegen des Kindes langsam arg hinderlich für sie wurde.
 

Eine Zeitlang später - Robin hatte schon längst die Badewanne verlassen und die versprochene Massage bekommen - saßen die beiden auf der Couch vor dem Fernseher.

„Josh ist noch nicht zurück“, fiel Robin plötzlich auf und warf einen erschrockenen Blick auf die Uhr. Viertel vor zehn und ein weiterer Blick nach draußen verriet ihr, dass es schon dunkel war.

Colt schlug sich vor die Stirn. „Wieso habe ich nicht schon früher daran gedacht?“

„Wir müssen sofort los und ihn suchen“, sagte Robin und wollte aufspringen, aber er hielt sie zurück.

„Du gehst nirgendwo hin, Madame! Du musst dich schonen!“

Mit leichtem Protest ließ sich Robin wieder zurück auf die Couch drücken: “Ich bin schwanger, Colt, und nicht krank!“ Aber eigentlich war sie ganz froh, dass sie nicht raus musste, denn ohne sie käme Colt schneller voran. „Also gut, ich warte hier auf euch.“

„So ist es richtig. Bin bestimmt bald wieder da“, verabschiedete Colt sich über die Schulter hinweg, während er schon aus dem Haus stürmte.
 

Bis zu Kathrins Koppel war es schon ein kleines Stück, aber nach zehn Minuten kam der Cowboy dort an und begann nach Joshua zu rufen – ohne Erfolg.

‚Wo kann der Junge nur stecken?‘, überlegte er bei sich und suchte mit großen Schritten die Koppel des Pferdes ab. Kathrin beobachtete ihn neugierig von der gegenüberliegenden Seite aus.

„JOOOOOOSSSSHHHH!“

Keine Antwort.

„Kannst Du mir nicht sagen, wo der Kleine ist?“, wandte sich Colt an die Stute, natürlich ohne eine Antwort zu erwarten.

Er ging weiter suchend über die Wiese. Zum Glück war der Himmel noch nicht bedeckt und so hatte er durch den Vollmond genügend Licht, um ohne Taschenlampe auszukommen. Im Westen zogen sich allerdings schon die ersten dicken Wolken zusammen; für heute Nacht war Regen gemeldet.

„Wo ist der Junge nur?“, überlegte der Cowboy laut und ging mit schnellen Schritten weiter.

Die hübsche Falben-Stute trabte zum Cowboy hinüber und stieß ihm mit ihren Nüstern in die Seite.

„Ich hab jetzt keine Zeit zum Spielen, mein Mädchen“, bedauerte er und schubste sie weg, aber das Pferd ließ nicht locker und drängte sich gegen Colt. Schließlich erkannte dieser auch, was sie damit bezweckte: Nicht weit von ihm entfernt lag Robins Bruder im Gras.

„Josh!“ Colt kniete sich nieder und fühlte sogleich nach dem Puls, der nur sehr schwach und unregelmäßig zu spüren war. Außerdem war der Junge glühend heiß.

Der Cowboy überlegte nicht lange und rief über seinen Communicator, den er im Hut bei sich trug, einen Notarzt zur Koppel und informierte anschließend Robin.

Sie ließ es sich nicht nehmen und eilte sofort zur Koppel, wo sie fast gleichzeitig mit dem Krankenwagen dort ankam.

„Was ist mit Josh?“, fragte sie aufgeregt mit Tränen in den Augen und schaute besorgt zu den Ärzten herunter.

„Josh hat zwei seltsame Einstiche an den Armen – irgendwas Giftiges hat ihn wohl gebissen. Mach dir keine Sorgen, Schatz, es wird alles wieder gut, Josh ist jetzt in guten Händen.“

„Warum hab ich ihn überhaupt gehen lassen...“, murmelte die Lehrerin vor sich hin, aber Colt unterbrach sie schnell: „Du kannst ihn doch nicht einsperren. Es ist nicht deine Schuld, dass das passiert ist! Rede dir jetzt bloß nichts ein, hörst du!?“

Die Notärzte verfrachteten den kleinen Jungen auf eine Bahre und schoben ihn in den Wagen. Colt und Robin hasteten zurück zu ihrem Haus, stiegen in ihren Jeep und fuhren hinterher.
 

Im Krankenhaus durften sie Joshua nicht mehr sehen. Colt erledigte die Anmeldeformalitäten, während Robin in größter Sorge vor der Notaufnahme auf und ab ging. Immer wieder strich sie sich mit fahrigen Bewegungen durch ihre blonden Haare und tupfte ihre Tränen mit einem Taschentuch ab.

‚Ich hätte besser aufpassen müssen!‘, schalt sie sich selbst. ‚Was bin ich für eine schlechte Schwester!‘ Dieser Gedanke rief neue Tränen hervor und Robin konnte ein paar Schluchzer nicht unterdrücken. Schließlich gab sie es auf und ließ ihren Tränen freien Lauf.
 

Colt kam ungefähr eine Viertelstunde später wieder zurück in die Notaufnahme und fand dort seine weinende Frau.

„Hey, Kleines“, sagte er tröstend zu ihr und nahm sie beruhigend in den Arm. „Unser Josh schafft das schon, es wird alles gut!“ Der Cowboy versuchte Ruhe und Besonnenheit auszustrahlen, um seine Frau zu beruhigen. Er selbst machte sich aber ebenfalls die größten Sorgen um seinen Schwager, aber es half nichts, wenn sie beide den Kopf verlören. ‚Wenigstens einer von uns muss die Lage im Griff behalten!‘, redete er sich ein und wiegte seine Frau sanft hin und her. Nach ein paar Minuten bebten Robins Schultern weniger und das Schluchzen ließ auch endlich nach.

„Das wird schon wieder!“, redete Colt beruhigend auf sie ein, und Robin sah ihn dankbar an, obwohl sie ihm noch nicht so recht glauben wollte.
 

Für beide wurde es eine lange Nacht, bis sie gegen drei Uhr früh endlich mal wieder einen der Ärzte zu Gesicht bekamen.

„Joshua ist bald wieder auf dem Damm. Er hat wohl Bekanntschaft mit einer giftigen Spinne gemacht. Zum Glück war sie nicht allzu gefährlich, sonst hätte das auch anders ausgehen können. Ein paar Tage wird er wohl Fieber haben und sein Arm wird anschwellen, aber das kriegen wir hier schon in den Griff.“

„Danke, Doktor“, flüsterte Robin erleichtert und Colt lächelte ihm zu.

„Hab’ ich dir doch gesagt, dass er in guten Händen ist“, raunte der Cowboy Robin zu. Sie warfen noch einmal einen Blick in Joshuas Zimmer und machten sich dann einigermaßen beruhigt auf den Nachhauseweg. Doch als sie in ihrem Haus ankamen, standen April und Fireball vor der Tür.
 

„Hey Leute,“ begrüßte Colt seine beiden Partner überrascht. „Was macht ihr in aller Herrgottsfrühe hier!?“

„Wir sollen uns sofort im Oberkommando melden“, sagte Fireball ohne Umschweife.

„Aber...warum...?“

„Wir wissen es auch nicht, Colt“, erwiderte April, „Es hat sich ziemlich dringend angehört. Mein Vater wollte oder konnte an der Comline nichts sagen, aber er hat sehr ernst ausgesehen. Bist du bereit?“

„Einen Moment, bitte“, sagte Colt und wandte sich an Robin: „Schaffst du das, meine Kleine, auch mit Josh? Es scheint wirklich wichtig zu sein, sonst würden die Beiden nicht mitten in der Nacht hierher kommen.“

„Ja, Colt, es wird schon gehen“, erwiderte sie melancholisch. „Ich hatte gehofft, dass es ein Ende hat, dass du immer weg musst.“

„Ich weiß, aber es ist nun mal mein Beruf.“ Er küsste sie kurz auf den Mund und rannte dann durch den Regen los, um seinen Bronco Buster zu holen.

„Robin, es wird schon nichts Schlimmes sein“, ermutigte April ihre Freundin. „Wir werden sicherlich bald zurück sein. Ich melde mich, sobald ich mehr weiß.“

„Das glaube ich auch! Bis dann, Robin!“, verabschiedete sich auch Fireball, der schon hinterm Steuer seines Red Fury Racers saß, „Und alles Gute für euer Baby. Wann ist es denn eigentlich soweit?“

„In zwei Monaten ungefähr...“

„Bis dahin sind wir längst zurück – vielleicht müssen wir nur einen Geldtransport durch die Galaxie begleiten, weil eine andere Truppe ausgefallen ist“, munterte der Rennfahrer die Lehrerin auf.

Robin lächelte den Beiden zu, als sich das Verdeck des Red Fury Racers schloss. In ihrem Herzen wollte sie Fireballs Worten so gerne glauben, aber in Wirklichkeit zweifelte sie. Die Star Sheriffs wurden nicht wegen eines lächerlichen Geldtransportes mitten in der Nacht gerufen…

„Bis bald!“, sagte sie traurig und winkte dem roten Rennwagen nach, der schon bald in dem dichten Regenschleier verschwand. Irgendwie hatte die Lehrerin kein gutes Gefühl.

Colt schoss mit seinem Bronco Buster um die Ecke und hielt kurz an, um seine Frau noch einmal für unbestimmte Zeit in den Arm zu nehmen und leidenschaftlich zu küssen.

Unerwarteter Besuch

In Commander Eagles’ Büro wartete Saber Rider schon auf seine Kollegen. Obwohl er in den Highlands wohnte, war er mit seinem Robotpferd Steed so schnell wie möglich zum Kavallerie-Oberkommando nach Yuma gekommen – und hatte sein Ziel sogar noch vor seinen Kollegen erreicht, obwohl er den weitesten Weg hatte.

„Da seid ihr ja endlich!“, begrüßte der Anführer sein Team. Warten machte ihn immer nervös. Aber bevor er eine Begründung für die Verspätung seiner Kollegen bekam, betrat Aprils Vater das Zimmer.

„Guten Morgen, Commander. Welche Angelegenheiten führen uns diesmal hierher?“, fragte Saber Rider.

„Ich kann euch dazu nichts sagen, Saber Rider. Alles was ich weiß, ist, dass wir sofort zu König Jared müssen. Er sagte, die Angelegenheit sei top secret und forderte wohl deshalb ausdrücklich das Ramrod-Team und mich an.“

Colt, der ebenfalls extrem neugierig war und so schnell wie möglich zurück zu seiner schwangeren Frau wollte, sprang tatendurstig von seinem Sessel auf: „Na, warum sitzen wir hier dann noch rum?“
 

Die Fünf begaben sich auf dem kürzesten Weg in den Hangar, wo ihr Raumschiff stand. Wie gewohnt nahmen Saber, Colt, Fireball und April die Plätze in ihren Satteleinheiten ein und Commander Eagle begab sich in den Nebenraum.

Die Systeme waren schnell hochgefahren und April programmierte bereits den kürzesten Weg zum Königreich Jarr, während Fireball den Abflug vorbereitete.

„Wie lange ist es jetzt her, seit wir das letzte Mal zusammen in Ramrod unterwegs waren?“, überlegte Colt laut, während er die Maverick-Waffensysteme überprüfte und erinnerte damit alle an das letzte Gefecht vor sechzehn Monaten.

„Ich bin schon gespannt, was König Jared so wichtiges für uns hat“, meinte April und verwarf die aufkeimenden Erinnerungen an den Kampf schnell. „Immerhin bin ich es gar nicht mehr gewohnt, mitten in der Nacht so unerwartet geweckt zu werden.“

„Du kommst also immer noch so schlecht aus dem Bett raus. Deshalb wart ihr also so spät!“, neckte Saber sie und warf einen Blick über seine Schulter, um seine Partnerin anzugrinsen.

Sie grinste zurück: „Da liegst du diesmal leider falsch, edler Säbelschwinger, wir haben unseren lieben Colt erst einsammeln müssen, nachdem er über die Comline nicht zu erreichen war. Wir haben über eine halbe Stunde gewartet. Wo wart ihr überhaupt, Colt?“

„Tja, wir hatten leider nicht so eine ruhige Nacht. Josh ist von einer Giftspinne gebissen worden. Der Kleine bekam davon Fieber und hatte einen ganz schwachen Puls. Deswegen waren wir mit ihm heute nacht im Krankenhaus. Es ist aber noch mal gut gegangen.“

„Oh, das tut mir leid“, sagte April bedrückt. „Das wusste ich nicht.“

„Schon gut, Josh ist ein zäher kleiner Bursche. Ich bin mir sicher, er ist morgen wieder fit. Im Moment mache ich mir ehrlich gesagt viel mehr Sorgen um Robin. Ich wäre jetzt viel lieber bei ihr und unserem Baby...“

„Hey, Partner“, mischte sich Fireball ein. „Mach dir mal keine Sorgen, wir werden bestimmt nicht lange unterwegs sein.“

„Vielleicht hast du Recht, Matchbox, aber es ist nun mal das erste Mal, dass ich Vater werde. Da ist man schon mal was nervös...“

Einige Zeit später tauchte das ruhmreiche Königreich Jarr vor ihnen auf und es wurde Zeit, die Kommunikationszentrale des Königssitzes auf einer Geheimfrequenz anzufunken, um die Landeerlaubnis einzuholen.

Es war schon eine Zeitlang her, seitdem die Star Sheriffs König Jared und seinen Sohn, den Kronprinzen Roland, gesehen hatten. Die letzte Begegnung hatte auf einer der zahlreichen Siegesfeiern nach dem Krieg stattgefunden.
 

Der Rennfahrer landete Ramrod sicher vor dem beeindruckenden Schloss des Königs, vor dem bereits Prinz Roland auf die Ankömmlinge wartete. Allerdings wurde Ramrod nach der Landung in einen Hangar gebracht, der etwas außerhalb lag, damit das riesige Raumschiff nicht von unerwünschten Augen entdeckt wurde.

Vielleicht war dies doch ein größerer, gefährlicherer Auftrag als das Ramrod-Team vermutete? Weshalb sonst wurde die Ankunft der Star Sheriffs so geheim gehalten?
 

„Seid gegrüßt, Commander Eagle, Star Sheriffs“, empfing der Kronprinz sie formal und salutierte kurz. „Bitte folgen Sie mir“.

Stillschweigend und erwartungsvoll folgten die Fünf dem gelockten Mann durch die prunkvoll eingerichteten Gänge des Schlosses, die kein Ende zu nehmen schienen, bis sie endlich in einem abgelegenen Besprechungszimmer ankamen. Dort warteten König Jared und ein unbekannter Mann auf sie.

„Nehmen Sie bitte Platz!“, bat der König die Anwesenden, die seiner Aufforderung nachkamen

„Danke, dass Sie meiner Einladung so schnell Folge geleistet haben“, eröffnete der Monarch seine Erklärung. „Die Lage ist ernst. Erst vor ein paar Stunden haben wir einen Gast aufgenommen, von dem wir geglaubt haben, er sei tot...“ Sein Blick streifte Fireball, „Und wir haben leider keine guten Nachrichten erhalten. Darf ich vorstellen, Commander Kazuya Hikari.“

Fireballs Herz begann bei diesem Namen zu rasen und das Blut rauschte in seinem Kopf, als er versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen.

„D..das kann nicht sein“, stammelte er verwirrt und erhob sich mit wackligen Knien.

Der langhaarige, ältere Mann sah den braunhaarigen, jungen Mann fragend an und bemerkte, dass auch die anderen drei Star Sheriffs ihn erschrocken, ungläubig und erstaunt anstarrten.

„Sie heißen Kazuya Hikari?“, wollte Fireball mit unsicherer Stimme wissen, als er auf den fremden Mann zuging. „Und Sie sind verheiratet mit Madoka Toyama und dann vor achtzehn Jahren im Krieg gegen die Outrider verschwunden?“

„Ja, das stimmt“, antwortete der Fremde flüsternd und blickte dem jungen Mann in die Augen. „Wer sind Sie?“

April war auch aufgesprungen und hielt sich am Arm des Rennfahrers fest.

„Verzeihen Sie, bitte“, unterbrach der König die beiden Männer. „Das sind die Star Sheriffs, angeführt von ihrem Commander Eagle, seine Tochter April, mit ihren Teamkollegen Saber Rider, Colt Wilcox und Ihrem Sohn, Shinji Hikari“.

„Mein Sohn?“, flüsterte der tot geglaubte Commander Hikari und ging auf seinen Sohn zu.

Fireball brachte kein Wort heraus, so trocken war seine Kehle plötzlich geworden.

„Mein Sohn!“, wiederholte der Commander mit gebrochener Stimme und hielt dem jungen Mann unsicher seine Hand hin. Gerne hätte er ihn in seine Arme geschlossen, aber dies erschien ihm für den Moment noch unangebracht. „Wie lange habe ich mich nach diesem Moment gesehnt!“

„Dad!“, flüsterte Fireball endlich, als er die dargebotene Hand seines Vaters ergriff und festhielt. Er wollte so vieles sagen, aber er konnte kein vernünftiges Wort formulieren.

Gerührt verfolgten die Anwesenden diese Szene. April wischte sich mehrmals über die Augen, denn sie erinnerte sich daran, als die Outrider ihren Vater entführt hatten. Nachdem es dem Ramrod-Team gelungen war, ihn zu befreien, hatte sie damals auch so in seinen Armen gelegen und geweint.
 

Endlich räusperte sich König Jared, um die Wiedersehensfreude zum Ende zu bringen. Er wusste, dass es zwar unangebracht war, denn immerhin war Fireball damals noch ein ganz kleiner Junge gewesen, als sein Vater in der Phantomzone verschwand. Aber jetzt warteten dringendere Geschäfte auf sie, die keine Sekunde Aufschub duldeten.

„Entschuldigen Sie, dass ich unterbrechen muss, aber wir haben etwas Dringendes zu besprechen. Commander Hikari...“ Mit einer einladenden Handgeste gab der König das Wort weiter.

Noch immer gerührt ließ er von Fireball ab, der sich wieder auf seinen Stuhl setzte. Dann atmete der Todgeglaubte noch einmal tief durch, bevor er mit seinem Bericht begann.
 

***
 

„Jag sie in die Phantomzone, Ron!“, befahl Hikari, der Commander der königlichen Staffel der Kurzstreckenjäger.

Ron, ein junger Kadett, der aufgrund seiner hervorragenden Flugkünste zur Staffel berufen worden war, ließ sich das nicht zweimal sagen und schoss den Hyperjumper ab. Dann flog er durch den Feuerball, den das Outriderschiff hinterlassen hatte, und nahm die Verfolgung des nächsten Phantomwesens auf.

Die Outrider dematerialisierten sich, sobald sie getroffen waren und verschwanden wieder in die Phantomzone. Das Problem daran war nur, dass sie nicht getötet werden konnten und sie deshalb immer wieder in die menschliche Dimension zurückkehren konnten.

„Dieser Krieg führt zu nichts. Immer wieder greifen die Outrider uns an, wir schießen zurück. Im Prinzip kämpfen wir alle gegen Windmühlen wie einst Don Quichote in dem berühmten Roman“, murmelte der Staffelführer vor sich hin, als ihm wieder einmal bewusst wurde wie sinnlos das Kämpfen war.

Commander Hikari schaute sich nach seinen anderen vier Leuten um. Er leitete die beste Staffel der Flotte des Königreichs Jarr.

„Tsunami-Geschwader, hört ihr mich?“, fragte Commander Hikari durch seinen Intercom mit dem er mit seinen Leuten verbunden war.

„Ja“, kam von allen vier Jägern die Antwort.

„Formiert euch! Wir starten den nächsten Angriff in Pyramidenstellung. Ich bilde die Spitze, ihr fliegt versetzt über mir und einer hinter mir. Habt ihr verstanden?“

Wieder erhielt er eine kurze und einstimmige Antwort. Das liebte er so an seiner Staffel. Auf sie war wirklich Verlass. Alle hatten eine erstklassige Ausbildung und folgten präzise seinen Anweisungen. Sie vertrauten ihm, obwohl er selbst erst 27 Jahre alt war. Viele Andere hatten den Commander-Posten erst mit dreißig Jahren erhalten und waren dann noch in einer niedrigeren Position als Hikari selbst.

Früher war der Captain des Tsunami-Geschwaders bei den Star Sheriffs gewesen, hatte dann aber seinen Dienst quittiert, als einige Differenzen aufgetaucht waren. Im Nachhinein hatte sich herausgestellt, dass Hikari Recht gehabt hätte, aber da hatte er schon seinen Dienst bei König Jared angetreten. Dennoch war Hikari immer noch sehr gut mit einigen Kadetten von Yuma befreundet, aber leider konnte er sie nicht mehr oft sehen.

„Commander?“, fragte Doreen, eine Kampfpilotin in seiner Staffel.

„Was gibt`s?“

„Von drei Uhr kommt ein Schwarm Hyperjumpers auf uns zu. Was sollen wir tun?“

„Ausschwärmen! Wir versuchen sie auszutricksen!“

Sofort wurde sein Befehl befolgt. Die Formation löste sich blitzartig auf und verfolgte die angreifenden Outrider-Jäger. Scheinbar planlos flogen die fünf Schiffe durcheinander. Die Taktik wirkte.

Die Outrider ließen sich durch die wilden Flugmanöver so sehr ablenken, dass sie nicht mehr darauf achteten, wohin sie flogen. Mehrmals prallten die Hyperjumper gegeneinander und katapultierten sich somit selbst zurück in ihre eigene Dimension. Andere wurden von Lasersalven des Tsunami-Geschwaders zurückgeschickt. Einige wenige Gleiter der Phantomwesen ergriffen die Flucht und versuchten dabei weiterhin, Opfer zu finden. Trotz aller Erfolge des Tsunami-Geschwaders schien die Zahl der Angreifer nicht abzunehmen.
 

Dieser Krieg zog sich schon einige Jahre dahin und ein Ende schien nicht in Sicht zu kommen. Nicht einmal auf Friedensverhandlungen ließ sich Nemesis - der Führer der Outrider – ein. Dabei war alles so sinnlos – es waren schon so viele Leben gelassen worden und eine Lösung des Konflikts war immer noch nicht gefunden, ja nicht einmal in greifbarer Nähe.

Für einen kurzen Moment streifte Hikaris Blick das Foto seiner Familie, das er in seinem Cockpit befestigt hatte. Wie gerne wäre er bei ihnen, aber die Pflicht ging vor. Er hatte seine Frau und seinen Sohn Shinji schon fast ein Jahr nicht mehr gesehen und wusste nicht, wann das nächste Mal sein würde.

‚Wahrscheinlich erst, wenn Frieden herrscht!‘, dachte er wütend bei sich und nahm sich vor, noch stärker gegen die Feinde zu kämpfen.

„GREIFT AN!“

Hunderte Raketen wurden abgefeuert und trafen die Hyperjumper. Hikari hatte noch keinen aus seiner Staffel verloren und er hoffte, dass es auch dabei blieb. Nicht umsonst sollten sie so hart trainiert haben.

Wieder streifte Commander Hikaris Blick sein Familienfoto und das war wohl auch der Augenblick, in dem er eine schwere Entscheidung traf.

„Tsunami-Geschwader?“

„Ja, Commander!“

„Ich fliege weiter rein in den Schwarm – folgt mir nicht!“

„Aber Commander...“

„Ron – meine Entscheidung steht fest! Du übernimmst ab sofort das Kommando! Das ist ein Befehl!“ Und nach einigem Überlegen fügte er noch hinzu: „Wir sehen und später – macht euch keine Sorgen!“

„Viel Glück!“, rief Doreen hinterher, bevor Hikari verschwand.
 

‚Vergebt mir, Miyuki, Shinji, aber wenn ich Recht habe, sollen uns die ganzen Raumschiffe nur von Nemesis ablenken. Ich muss ihn finden und zerstören, dann wird es endlich Frieden geben ... und wir können uns endlich wiedersehen...‘

Entschlossen drang er immer weiter ins Innere des Outriderschwarms vor. Es schien, als ob ihn nichts aufhalten könne. Er schickte einen Hyperjumper nach dem anderen zurück in die Phantomzone. Und plötzlich war er am Ziel – Nemesis‘ Zerstörer tauchte schwarz und bedrohlich direkt vor ihm auf.
 

Hikari brauchte einige Versuche, um das feindliche Raumschiff zu scannen, aber als er es geschafft hatte, konnte er seine Vermutung schnell bestätigen. Er öffnete einen Kanal zum Outriderschiff.

„NEMESIS! Ich weiß, dass du da drinnen bist!“

„Commander Hikari!“, meldete sich Nemesis überrascht. „Du machst deinem Ruf alle Ehre. Ich habe schon viel von dir gehört. Was willst du nun tun?“

„Ich gebe dir noch eine Chance auf einen Friedensvertrag – Wenn du nicht annimmst, meine Raketen sind schon auf dein Mitbringsel ausgerichtet!“

„DUUUUUU...!“, fluchte Nemesis mit einem bösen Verdacht im Hinterkopf und tippte schnell auf seiner Konsole herum.

Seine schwarzen, langen Haare hingen ihm wirr ins Gesicht und seine dunklen Augen blitzen, als er erkannte, was passiert war. Seine gute Laune war vergangen.

„Du hast mein Schiff gescannt! Wie hast du das geschafft?“, fauchte er über Funk.

Hikari hatte die Laserkanone entdeckt, die an Bord des Zerstörers war - ja, im Prinzip war das ganze Raumschiff eine einzige Laserkanone! Wahrscheinlich sollte damit jeder Planet des Neuen Grenzlandes zerstört und die Menschheit ausgerottet werden. Das durfte auf keinen Fall geschehen!

„ZARAK! Warum schießt ihr nicht auf ihn?“, brüllte Nemesis, ohne Hikaris Antwort abzuwarten.

Dieser flog eine große Schleife und schaltete die Booster-Triebwerke ein. Dann setze er zum Angriff an.

Er steuerte sein Schiff direkt auf den Zerstörer von Nemesis zu und feuerte alle seine Raketen ab, die er noch bei sich hatte. Noch bevor die Feinde reagieren konnten, schlugen seine Missiles in den Zerstörer ein. Er hatte sie genau richtig ausgerichtet, genau auf den Lauf der Laserkanone.

Der Zerstörer zerbrach in der Mitte und ein gleißendes Licht erstrahlte. Auch Hikaris Schiff wurde davon erfasst. Das war das Letzte, woran der Commander sich mit Sicherheit erinnern konnte.
 

In der Phantomzone trieb seit einigen Tagen ein anscheinend verlassenes Raumschiff umher. Doch als Professor Yorak, ehemalige rechte Hand von Nemesis, seinen Transporter näher heranbrachte, konnte er einen menschlichen Körper auf seinem Bioscanner erfassen.

„Das kann doch nicht wahr sein!“, fluchte der Wissenschaftler und dockte an dem Schiff an. Es war eindeutig das Schiff, das Nemesis auf dem Gewissen hatte!
 

Die Phantomzone war seit dem verheerenden Rückschlag der Menschen komplett durcheinander, keiner hatte damit gerechnet, dass Nemesis besiegt werden konnte! Zum Glück waren die Wrangler alle so geistesgegenwärtig gewesen, den sofortigen Rückzug anzutreten, als sie von Nemesis‘ Zerstörung erfahren hatten. Die Verluste waren schlimm genug und die komplette Phantomzone stand ohne Anführer da!
 

Professor Yorak handelte schnell. Dank seines Bioscanners brauchte er in dem zerstörten Schiff nicht lange nach dem Feind zu suchen, sondern konnte ihn direkt bergen und sicherstellen.

„Das hat mir gerade noch gefehlt“, zischte Yorak, als er feststellte, dass dieser Mensch zu allem Unglück auch noch lebte! Schnell schleppte er den bewusstlosen, menschlichen Körper in sein eigenes Schiff und befestigte ihn auf dem Co-Pilotensitz. Dann ließ er sich selbst auf seinen Platz fallen und starrte seinen Feind an. Was sollte er nur tun? Seine Gedanken rasten und er konnte keinen klaren Gedanken fassen.

„VERDAMMT!“, schrie er plötzlich, sprang auf und schlug mit aller Gewalt gegen den Co-Pilotensitz. „Unsere ganze Dimension ist ein Trümmerhaufen! Nemesis besteht nur noch aus ein paar Fetzen und die Wrangler können ohne Anführer gar nichts tun! Mal ganz zu schweigen von den Zivilisten, die zu nichts zu gebrauchen sind!“

Yorak raste hin und her und ließ seine ganze Wut an dem Gefangenen aus. Er konnte sich kaum beruhigen. Sollte er ihn töten? Oder doch besser nicht?

„Wenn die Zivilisten in dieser Zeit ohne Anführer dastehen und vielleicht auf den Gedanken kommen, dass Nemesis‘ Absichten, die menschliche Dimension zu erobern, vielleicht falsch gewesen sein könnten, dann bricht hier bald eine Katastrophe aus! Das kann ich nicht zulassen, ich muß schnell handeln!“

In seiner Aufregung entwickelte sich in den Abgründen seines künstlichen Gehirns ein Plan, der immer mehr Form gewann. Je mehr Yorak sich abregte, umso breiter und hässlicher wurde das Grinsen, das sich auf seinem Gesicht ausbreitete.

Professor Yorak, der ebenfalls - wie die meisten Wrangler auch - zu der künstlich erschaffenen Spezies der Outrider gehörte, schaltete die Triebwerke ein und düste mit Höchstgeschwindigkeit zurück zum Hauptquartier, nachdem er das feindliche Schiff mit ein paar Raketen in seine Einzelteile zerlegt hatte.
 

Einige gelangweilte Wrangler beobachteten die Ankunft des Professors auf dem verlassenen Landeplatz. Yorak hatte sie auch gesehen, aber er wollte die Geisel so lange wie möglich unentdeckt lassen. Es sollten nur wenige, genauer gesagt nur einer, von ihr erfahren.

Deshalb holte Yorak einen kleinen Transporter, der in der Nähe stand und tat so, als ob er Bruchstücke aus dem All eingesammelt hätte und diese jetzt zur näheren Untersuchung ins Labor bringen musste. Er war sich nicht sicher, ob ihn die Wrangler so ausführlich beobachten würden, aber Vorsicht war ja bekanntermaßen die Mutter aller Munitionskisten.

Diese Weisheit war auch in der Phantomzone wohlbekannt.

Der Professor musste jetzt schnell handeln. Er zog seinen Kommunikator heraus und rief seinen Kollegen: „Professor Tron!“

„Tron hier, was ist los, Yorak?“

„Kommen Sie so schnell wie möglich in mein Labor. Ich habe etwas mit Ihnen zu besprechen.“

„Verstanden“, bestätigte Tron und schaltete seinen Kommunikator ab.

Professor Tron gehörte zu den höchst angesehensten Ärzten in der Phantomzone. Er war für die Entwicklung der künstlichen Lebensformen zuständig, überwachte das Klima und die Lebensgewohnheiten der künstlichen Outrider. Weiter verglich er diese mit denen der „normalen“ Outrider. Und - er war Patriot. Jetzt war ihm die Aufgabe zuteil geworden, Nemesis wieder zusammenzuflicken.

Der Anführer war gerade so noch einmal mit dem Leben davongekommen, aber selbst der erfahrene Tron konnte nicht abschätzen, ob und wie lange Nemesis diese Schmerzen noch aushalten würde. Deshalb war größte Eile geboten, wenn sie ihn nicht verlieren wollten.
 

„Wo hast du denn den gefunden?“, fragte Tron erstaunt, als Yorak ihm seinen Fund zeigte.

Yorak erklärte ihm kurz, wie was passiert war und verriet ihm dann auch seine Idee, die großen Anklang fand.
 

Wochen vergingen. Yorak und Tron konnten ihren Plan immer weiter verfolgen. Es lief besser, als sie gedacht hatten.

Yorak hatte sich selbst vorübergehend zum Anführer ernannt. Ohne nennenswerten Widerstand war er angenommen worden. Dabei hatte er eigentlich nicht viel zu tun. Einen Militärschlag gegen die menschliche Dimension konnte er nicht vorbereiten, dafür waren zu viele Kampfjets verloren worden. So gab er Anweisungen, die sich vor allem auf den Neubau und die Weiterentwicklung von Waffen sowie auf die Ausbildung der Wrangler beschränkten. Die Zivilisten lebten ihr normales Leben weiter, bepflanzten Felder und ernteten, was auf dem kargen Boden ihres Planeten Metheus wuchs. Sie leisteten keinen Widerstand gegen die künstlichen Wrangler, weil sie wussten, dass sie keine Chance gegen diese Überzahl hatten.

Mit diesen wenigen Aufgaben als Anführer konnte sich Yorak zusammen mit Tron sehr gut auf ihren Plan konzentrieren. Es musste noch sehr viel geforscht und getestet werden, obwohl den Outridern durch Spionage die menschlichen Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Kybernetik zur Verfügung standen, die sie für die Umsetzung ihres Plans benötigten.
 

Nemesis‘ Gehirn sollte ins Hauptrechenzentrum, in die Tritonmaterie integriert werden. So konnte er alles und jeden steuern und überwachen und hatte die absolute Macht. Das war eines Anführers würdig, so dachten sie. Später kam auf Nemesis‘ eigenen Wunsch noch eine gewisse Anzahl von Cyborgs hinzu, damit er umherlaufen konnte, was ihm als Tritonmaterie nicht vergönnt war. Nemesis war sehr launisch, denn den ganzen Tag als Großrechner zu dienen, wurde ihm schnell zu langweilig.

Commander Hikari sollte zu einem von Nemesis’ Gefolgsleuten umfunktioniert werden. Ein Informant in der menschlichen Dimension wäre bestimmt von Vorteil, so dachten die beiden Professoren.

Deshalb wurden in sein Gehirn verschiedene Implantate eingesetzt, die sowohl seine Steuerung als auch den Kontakt mit Nemesis ermöglichten. Über die eingesetzten Chips sollte er auch seine Befehle erhalten.

Als auch dieses Experiment erfolgreich abgeschlossen war, hatten Professor Yorak und Tron ihre Aufgaben erfüllt und wurden seither nie wieder gesehen. Sehr wahrscheinlich war Nemesis daran gelegen, sein Geheimnis für sich zu behalten.
 

***
 

„Sie waren also Gattler!“, stellte Saber Rider nüchtern fest, der die Puzzlestückchen aus der Erzählung des Commanders richtig kombiniert hatte.

„So ist es, Mr. Rider. Ich bin selbst nicht gerade stolz auf meine Karriere und es war ebenso ein großer Schreck für mich, als ich es herausgefunden hatte. Es hat eine Zeitlang gedauert, bis ich mich damit abgefunden hatte.“

„Sie haben ehrenhaft gehandelt, Commander! Machen Sie sich bitte keine Vorwürfe“, warf König Jared ein.

„Ja, ich weiß. Ich werde Ihnen erzählen, wie ich es herausgefunden habe.“ Commander Hikari räusperte sich kurz und fuhr dann fort: „Ich selbst weiß dies nur von Aufzeichnungen, die zum Teil noch in den Datenbanken des Phantomplaneten vorhanden sind. Als ich für Nemesis nicht mehr nützlich war, steckte er mich in eine Phantomkammer, wo ich bis zum Tag eures letzten Gefechts in einem künstlichen Schlaf gehalten wurde. Aber nachdem ihr die Tritonmaterie zerstört hattet war mit einem Schlag keine Energie mehr vorhanden, weder auf dem Phantomplaneten noch in der restlichen Phantomzone. Ich - und damit meine ich mich als Kazuya Hikari - wachte wieder auf.

Natürlich wusste ich nicht, wo ich war, welches Jahr war und was alles passiert war. Ich wachte in einer Phantomkammer auf, wobei ich nicht erkennen konnte, was das sein konnte.

Ich weiß auch nicht, wie ich dort hineingekommen war, aber als ich mich umschaute, sah ich, dass auch viele andere Personen darin gefangen waren. Diese Leute sahen anders aus als ich, denn ihre Haut war bläulich gefärbt, ihre Ohren spitz. Darüber machte ich mir allerdings erst später Gedanken. Es war zunächst nur eine Feststellung.

Es war gar nicht so einfach, aus diesem gläsernen Sarg herauszukommen. Nur mit großer Anstrengung konnte ich die Glasscheibe nach oben bewegen und mich durch die Lücke quetschen.

Relativ bald fand ich einen Computer und es waren nur noch wenige Energiereserven da. Aber sie reichten aus, dass ich mir die Informationen beschaffen konnte, die ich brauchte. Ich war sehr erstaunt, dass ich die Schrift der Outrider ohne Probleme entziffern und verstehen konnte und auch die Konsolen waren mir vertraut. Und ich fand, wonach ich suchte. Neunzehn Jahre meines wahren Lebens waren vorüber gezogen, in denen ich das Leben eines Phantomwesens geführt hatte. Mein eigenes Ich war währenddessen total ausgeschaltet, solange bis die Tritonmaterie vernichtet wurde.

In der Zeit zwischen den beiden Kriegen war das Leben für die Outrider auf dem Planeten Metheus unmöglich geworden, die Ressourcen waren aufgebraucht. Aber immerhin hatten sie ihre missliche Lage noch früh genug erkannt, um künstliche Planeten zu erschaffen. Irgendwann sind alle dorthin ausquartiert worden. Allen wurde vorgegaukelt, das Leben auf diesen künstlichen Planeten könnte weitergehen wie bisher. Das ging gut, solange sie keine Energieprobleme hatten. Danach begannen wieder Angriffe in der menschlichen Dimension, zuerst vorwiegend auf Antromit-Konvois.

Als ich dann eine Akte über mich fand, war ich natürlich neugierig und las sie. Dadurch fand ich heraus, dass ich verändert wurde und zu einem von Nemesis’ Dienern gemacht wurde – zu Gattler. Es gab eine ganze Liste von allen Aufträgen, die ich ausgeführt hatte. Die ganze Spannbreite war abgedeckt. Vorwiegend war ich als Spion eingesetzt, weil ich in der menschlichen Dimension überleben konnte ohne ständig Wasser trinken zu müssen. Darüber hinaus war ich Vermittler, Informant, Kopfjäger und sogar Mörder! Ich kann wirklich nicht stolz auf meine Taten sein, auch wenn sie von Nemesis über Gattlers Helm gesteuert waren.“

Commander Hikari machte eine Pause und nahm einen Schluck Wasser. Die Star Sheriffs konnten die vielen Informationen gar nicht so schnell verarbeiten und schwiegen daher betroffen. Besonders Fireball konnte es nicht so recht fassen, dass sein Vater Gattler gewesen sein sollte. Wie oft hatten sie gegen diesen Outridercommander gekämpft?

‚Und ich habe auf ihn geschossen!‘, erinnerte sich der Rennfahrer. Schnell schüttelte er seinen Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben und hörte sich stirnrunzelnd den weiteren Bericht an:

„Nach einem großen Fehler, den ich gemacht hatte, wurde ich außer Gefecht gesetzt und in eine Phantomkammer gesperrt. Dort blieb ich, bis ihr die Tritonmaterie zerstört habt.

In der Phantomzone selbst hatten alle Zivilisten überlebt. Nach Metheus war nun auch Helperidese, der Phantomplanet, mit dem Nemesis Yuma zerstören wollte, nur noch ein Trümmerhaufen. Und neben den Zivilisten auf den restlichen künstlichen Planeten in der Phantomzone haben die Wrangler aus den intakten Phantomkammern überlebt.

Ich selbst war auf dem dritten künstlichen Planeten untergebracht worden, einem kleinen, auf dem hauptsächlich Phantomkammern zur Lagerung stationiert waren.

Als ich über meine Vergangenheit bescheid wusste, tauchte ich sofort unter. Mein Ziel war es, in meine eigene Dimension zu gelangen, doch das sollte nicht so einfach werden, wie ich mir das vorgestellt hatte.

Viele Tage lang versteckte ich mich vor umherstreunenden, überlebenden Wranglern.

Ich wusste nicht, ob inzwischen noch jemand anderes herausgefunden hatte, dass ich kein echter Outrider war. Immerhin hatte zu diesem Zeitpunkt jeder freien Zugriff auf den Zentralrechner, oder auf das, was davon übriggeblieben war.

Ich wollte Kontakt zu den Zivilisten aufnehmen, weil ich aus Berichten wusste, dass auch Commander Eagle Hilfe von ihnen erhalten hatte. Ein Schiff zu kapern war gar nicht so schwer, aber dann die Zivilisten zu finden, erwies sich als kompliziert. Dennoch schaffte ich es.

Sie nahmen mich auf und hörten meine Geschichte. Sie erzählten mir, dass sie gegen den Krieg waren und keinerlei böse Absichten gegenüber den Menschen hatten. Allerdings konnten sie sich nicht gegen die Überzahl der Wrangler wehren und verhielten sich deswegen ruhig, fast wie Sklaven.

Ein Mönch namens Arcanus erzählte mir von einer Truppe Siedlern, die vor vielen, vielen Jahren losgezogen waren, um neue Planeten zu bewohnen. Sie gerieten in einen Magnetsturm, wurden getrennt und man hörte nie wieder von ihnen...hörten nie wieder von ihnen...“

„Ja“, unterbrach Commander Eagle ihn, „Genau dieser Mönch hat mir damals auf meiner Flucht geholfen und die gleiche Geschichte erzählt. Ich glaube ihm, denn aufgrund unserer bisherigen Forschungen über Magnetstürme könnte es in der Tat möglich sein, in eine andere Dimension zu gelangen. Sicherlich hat Arcanus Ihnen auch die Köpfe von Moai gezeigt. Meiner Meinung nach sind sie nur dadurch zu erklären, dass die Zivilisten in der Phantomzone die Nachkommen der verschollenen Siedler sind.“

„Ich stimme Ihnen zu, Commander Eagle“, nickte Commander Hikari. „Eine andere Erklärung gibt es nicht, vor allem, da sie sogar die gleiche Bezeichnung für die Steinköpfe haben. Außerdem gibt es noch viele andere Gemeinsamkeiten.

Auch wenn ich auf die Unterstützung der Zivilisten zählen konnte, dauerte es doch mehr als ein Jahr, bis ich endlich zurückkehren konnte. Wir mussten aus bruchstückhaften Informationen die Technologie des Dimensionssprunges neu entwickeln.

Während dieser Zeit taten sich erschreckende und beunruhigende Ereignisse auf Helperidese. Der Phantomplanet wurde wieder aufgebaut und inzwischen wieder aufgerüstet, um einen neuen Schlag gegen die Menschheit auszuführen. Ich bin gekommen, um euch zu warnen. Wenn wir einen neuen Krieg verhindern wollen, müssen wir angreifen – diesmal in der Phantomzone! Einen anderen Weg gibt es nicht.“

„Aber wer ist der Anführer?“, fragte April aufgeregt.

„Das konnte ich noch nicht herausfinden. Aber wir haben genug Zeit, uns einen Plan auszudenken. Die Outrider befinden sich noch im Frühstadium des Aufrüstens. Viele Informationen sind bei der Zerstörung des Phantomplaneten verloren gegangen und viele Ressourcen müssen erst wieder beschafft werden. Außerdem haben die Outrider immer noch ein Energieproblem. Wir müssen damit rechnen, dass vielleicht bald wieder vermehrt Angriffe auf Transporter mit Antromitkristallen stattfinden werden. Hieraus gewinnen die Phantomwesen die meiste Energie, aber in der Phantomzone gibt es kaum Vorkommen dieses Gesteins.“

„Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die Outrider durch diese Angriffe ihren taktischen Vorteil aufgeben werden“, sagte Prinz Roland mit seinem französischen Akzent. „Sie planen bestimmt wieder einen Überraschungsangriff. Sie können sich sicher sein, dass wir nicht mit weiteren Angriffen rechnen.“

„Ja, das ist möglich“, stimmte König Jared seinem Sohn zu. „Aber wir müssen auf alles vorbereitet sein. Die Outrider sind unberechenbar.“

„Sie haben beide Recht“, sagte Commander Hikari. „Wir brauchen jedenfalls einen sehr gut ausgearbeiteten Plan. Wir müssen ganz genau überlegen, wie wir vorgehen wollen, welche Waffen wir brauchen, welche Personen noch eingeweiht werden müssen. Vor allem brauchen wir noch mehr Informationen darüber, was in der Phantomzone vor sich geht.“

„Commander“, begann König Jared, „zuerst sollten wir jedoch eine Pause machen. Sie sind sicherlich erschöpft von ihrer Reise, ebenso wie Commander Eagle und die Star Sheriffs.“ Er warf einen prüfenden Blick auf seine Armbanduhr.

„Wir sind jetzt schon seit vier Stunden hier. Vielleicht sollten wir einen kleines Mittagessen einnehmen, bevor wir uns an die eigentliche Ausarbeitung heranwagen?“

Der König bekam von allen Seiten zustimmendes Nicken.

„Also, dann ist es beschlossen. Mein Sohn wird Ihnen ihre Gemächer zeigen. Da Ihre Ankunft streng geheim ist, bitte ich Sie, sich nur in diesem Teil des Schlosses aufzuhalten und in dem kleinen Garten am Ende des Ganges. Er ist strengstens bewacht.“

Eine Mission

Prinz Roland führte die Gäste in ihre Gemächer, die nicht weit vom Besprechungszimmer entfernt waren. Jedes Zimmer war so prunkvoll, ja fast schon kitschig eingerichtet, dass es den Star Sheriffs die Sprache verschlug. Selbst Saber, der auf einem Schloss aufgewachsen war und deshalb an Luxus gewöhnt sein sollte, staunte nicht schlecht. In Schottland war die Einrichtung doch um einiges einfacher gehalten.
 

Nach dem Mittagessen, bei dem jeder seinen Gedanken nachhing, bat Commander Hikari seinen Sohn in den Garten, um mit ihm unter vier Augen zu reden.

„Ich möchte gerne mehr über dich erfahren“, war sein Wunsch. Fireball folgte ihm, denn auch er wollte gerne mehr über seinen Vater wissen.

„Dad, ich bin so froh, dass du lebst.“

„Ich auch, mein Sohn, ich auch.“ Entspannt schaute sich der Commander im Garten um und der Rennfahrer konnte einzelne graue Strähnen in den schulterlangen, schwarzen Haaren seines Vaters aufblitzen sehen.

„Es ist so schön, wieder diese Landschaft genießen zu können. Die Blumen, die Bäume – all das gibt es in der Phantomzone nicht. Du glaubst gar nicht, wie schrecklich es dort ist.“

„Nein, ich glaube, das kann sich keiner vorstellen.“ Fireball schaute nachdenklich in den Himmel. Es fühlte sich seltsam an, so plötzlich wieder einen Vater zu haben und mit ihm zu reden. „Wenn ich mir überlege, wie froh wir waren, als wir dachten, dass die Outrider besiegt seien …und jetzt so was. Würden sie sich auf eine friedliche Lösung einlassen, dann müsste das alles nicht sein. Aber leider kann man diesen Schmutzfüßen nicht vertrauen.“

„Ja, es ist schwierig. Deswegen müssen wir sehr gut überlegen und sehr vorsichtig sein. Aber ich wollte eigentlich mehr über dich erfahren - und über Madoka. Wie geht es ihr, wo ist sie?“

Fireball stockte kurz und dann bekam sein Gesicht einen traurigen Ausdruck.

„Auch sie war ein Opfer der Outrider. Zwar nicht direkt, aber sie hatte versucht, mit einem defekten Hyperjumper in die Phantomzone zu springen. Das Schiff stand für weitere Untersuchungszwecke in einem abgesicherten Hangar des Königreichs, aber sie hat ihn gekapert. Ich weiß nicht wie sie es angestellt hat, aber sie hatte ihn. Aber das Schiff war defekt und die Techniker hatten schon daran gearbeitet, so dass es für den Flugbetrieb nicht mehr geeignet war. Als sie starten wollte, explodierte der Jumper. Mama wollte nichts unversucht lassen, um dich zu retten, weißt du? Niemand glaubte daran, dass du noch lebst, nachdem die Trümmer aus der letzten Schlacht untersucht worden waren. Aber jetzt wissen wir, dass sie Recht gehabt hatte. Wie schön wäre es, wenn sie jetzt auch hier bei uns wäre.“

Commander Hikari pflückte eine Blume ab und drehte sie nachdenklich vor seinem Gesicht hin und her.

„Es tut mir leid, dass ich dich im Stich gelassen habe, mein Junge.“

„Schon gut, Daddy. Ich weiß, du hast mit den besten Absichten gehandelt. Wahrscheinlich würde ich heute genauso handeln. In gewisser Weise kann ich Mama heute sogar verstehen, auch wenn ich damals überhaupt nicht verstand, was passierte. Ich war vier Jahre alt, hatte keine Ahnung, was die Outrider sind und wusste nur, dass Mama an irgendetwas Geheimem baute. Und dann war sie auf einmal weg und kam nicht wieder.“

„Und was war mit dir, nachdem Madoka nicht wieder zurück kam?“

„Ich wurde in ein Waisenheim gebracht, wo ich auch aufwuchs. Ich kann nicht behaupten, dass es mir an etwas gefehlt hätte. Ich durfte alles machen, was ihr mir als Eltern wohl auch ermöglicht hättet. Mein bester Freund Philipp und ich interessierten uns schon immer für Autos und wir sind auch viele Gokart-Rennen mitgefahren. Er hatte dann aber einen schweren Unfall und den Rennsport aufgegeben. Heute leitet er einen großen Staudamm auf Alamo.

Ich bin dabei geblieben und wurde als Fireball zum jüngsten Champion aller Zeiten.“

„Wow, dann bist du ja richtig berühmt…“, bemerkte der Commander, worauf Fireball schulterzuckend grinste.

„Und die Star Sheriffs?“, fragte der Vater weiter.

„Das war mehr oder weniger ein Zufall. Ich lernte sie auf Yuma kennen, als ich gerade den Yuma Grand Prix gewonnen hatte. Saber Rider wollte mir meine Suite wegnehmen“, erzählte der Rennfahrer mit einem schiefen Lächeln auf den Lippen, als er sich an die vergangenen Zeiten erinnerte.

„Es kam zu einem Outriderangriff, bei dem Ramrod zum ersten Mal eingesetzt wurde…und seitdem bin ich dabei. Wir haben zusammen viel erlebt, viele Gefahren durchgestanden, aber auch lustige Zeiten gehabt. Die Star Sheriffs sind für mich wie eine Familie geworden. Immerhin habe ich auch bei ihnen April kennengelernt…“

„Die Tochter von Commander Eagle?“

„Genau. Wir sind verheiratet.“

Das überraschte den Commander so sehr, dass er sich verschluckte und erst einmal kräftig husten musste.

„Aber Dad, das ist doch nichts Ungewöhnliches.“

„Das hatte ich nur nicht erwartet….“, keuchte Hikari. „ Du bist doch noch so jung.“

„Auch nicht jünger als du, als du damals Mama geheiratet hast“, erwiderte der Star Sheriff. „Meine weiblichen Fans aus dem Rennsport waren zwar nicht gerade begeistert“, fuhr er grinsend fort, „aber das macht mir nichts. April und ich gehören einfach zusammen!“ Dann wurde Fireball wieder ernst und wechselte das Thema: „Ich hoffe nur, dass wir es diesmal schaffen. Ich glaube, es wird ein hartes Stück Arbeit, das wir da vor uns haben.“

„Das wird es, mein Sohn, daran habe ich keine Zweifel.“ Er warf einen prüfenden Blick auf seine Uhr. „Ich denke wir sollten wieder zurück zu den anderen gehen. Wir müssen einen perfekten Plan ausarbeiten.“

„Ja, und der muss wirklich bis ins kleinste Detail überlegt werden. Ich denke, uns stehen einige anstrengende Diskussionen bevor.“

Der ältere Commander Hikari trat an seinen Sohn heran und umarmte ihn unbeholfen. Fireball erwiderte die Umarmung genauso ungelenk. Obwohl sie Vater und Sohn waren, waren sie sich doch fremd, und es würde eine Zeitlang dauern bis sie ihre Familienbande gestärkt hatten.

„Lass uns neu beginnen“, schlug Fireballs Vater vor und spürte wie Fireball nickte.

„Wenn das alles vorüber ist“, antwortete er.
 

***
 

„Wir sollten sofort alle verfügbaren Kampfschiffe in die Phantomzone schicken und dem ein für all mal ein Ende bereiten“, schlug Commander Eagle vor.

„Der Überraschungseffekt wäre so auf unserer Seite und würde uns mit Sicherheit einen strategischen Vorteil bringen“, stellte der Prinz fest, der die Idee befürwortete.

„Außerdem sollten wir nicht lange damit warten. Jeder Tag ist ein Tag mehr, den sie für ihre Vorbereitungen nutzen können.“

„Das ist richtig, aber ich halte überstürztes Handeln für gefährlich“; warf der König ein.

„Was ist, wenn wir sie unterschätzen und wir plötzlich einer viel größeren Streitmacht gegenüberstehen, als wir sie aufbringen können?“

„Dann wäre alles umsonst“, nickte Aprils Vater.

„Leider habe ich keine Informationen darüber, wie viele Schlachtschiffe die Flotte der Outrider umfasst.“

„Und genau deshalb sollten wir sie ausspionieren, bevor wir angreifen.“

„Ich halte dieses Vorgehen auch am sinnvollsten“, mischte sich April ein. „Wir sollten erst Informationen über unsere Feinde sammeln und dann entscheiden, welches Vorgehen das effektivste ist. Vielleicht ist ein Großangriff ja gar nicht die richtige Taktik?“

„Wenn wir möglichst schnell einen Spionagetrupp los schicken, könnten wir in drei Monaten kampfbereit sein“, erklärte König Jared und projizierte stolz eine Liste verbündeter Armeen an die Leinwand hinter sich. Eine beträchtliche Anzahl an unterschiedlichen Kampfjets, transformierbaren Raumschiffen, Großkampfschiffen, Transportern und Ein-Mann-Jets verbarg sich hinter den Flotten der alliierten Galaxien.

„Ich bin beeindruckt“, äußerte sich Saber Rider, der, genau wie seine Kollegen, die vollständige Liste noch nie zu Gesicht bekommen hatte. „Dennoch sollten wir mit größter Vorsicht vorgehen. Wir können uns keinen Fehler erlauben. Es wird außerdem sehr schwer sein, diese ganzen Armeen unter eine Leitung bekommen“, gab der Schotte zu bedenken, als er sich an seine damalige Offiziersausbildung erinnerte.

„Das sollte vorher auf jeden Fall geklärt sein“, meldete sich April zu Wort. „Und es wird mehr als diplomatisches Verhandlungsgeschick erfordern, auch wenn die Outrider unser aller Feind sind.“ Saber nickte zustimmend.

„Das ist wohl wahr“, lenkte Commander Eagle ein. „Es gibt Ansätze für ein Notfallprogramm, das für solche Fälle ausgearbeitet werden sollte. Aber da man nicht wirklich glaubte, dass es die Outrider jemals wieder geben würde, wurde dieses noch nicht in die Tat umgesetzt. Das größte Problem sehe ich immer noch darin, die alliierten Truppen zu überzeugen, dass die Outrider etwas im Schilde führen. Das wird so ganz ohne Beweise garantiert nicht leicht werden.“

„Als erstes sollten wir auf jeden Fall ein Spionageteam losschicken. Wie wollen wir sonst wissen, wie viele Outrider uns entgegenstehen, wenn wir gleich einen Großangriff wagen?“, warf König Jared ein.

„Das ist in der Tat ein großes Problem.“ Commander Eagle kraulte seinen Bart, um besser nachdenken zu können. Diesen Punkt hatte er trotz seiner langjährigen Erfahrung noch gar nicht in seinen Überlegungen berücksichtigt.

„Es wird wohl am Besten sein, wenn wir die Aktionen zeitlich versetzt durchführen. Wir müssen einerseits Informationen sammeln und andererseits die Armada kampfbereit machen, taktische Manöver simulieren und die führenden Commander einweisen. Und außerdem sollten wir nach Möglichkeit kein großes Aufsehen darum veranstalten, um die Bürger des Neuen Grenzlandes nicht jetzt schon in Unruhe zu versetzen. Das wäre das Letzte, was wir jetzt noch brauchen können“, mischte sich Prinz Roland in das Gespräch ein.

„Also, beschließen wir, zuerst Informationen zu sammeln. Dann sehen wir weiter“, schlussfolgerte Aprils Vater.

„Und wen schicken wir?“, wollte Saber Rider wissen.

‚Normalerweise ist das meine Aufgabe‘, dachte Colt bei sich und presste seine Lippen zusammen. ‚Ich bin der Beste auf diesem Gebiet. Aber wenn ich nicht gerade Vater werden würde, hätte ich sofort zugesagt. Aber so...nicht nur, dass Robin mir den Kopf abreißen würde; diesmal kann ich mich der Aufgabe nicht stellen. Oder doch? Immerhin habe ich auch die Verantwortung für meine Familie. Sollte ich mich als einer der Besten wirklich vor dieser Verantwortung drücken, wenn ich vielleicht einen Krieg verhindern kann?‘ Colt schloss nachdenklich seine Augen. Was sollte er bloß tun?

‚Ach verdammt! Das bringt so nichts. Ich muss in Ruhe darüber nachdenken.‘

Prüfend warf er einen Blick auf seinen digitalen Chronometer; schon geschlagene 33 Stunden diskutierten sie hier ohne jegliche Pause und ein Ende war noch lange nicht in Sicht. Als er sich der Reihe nach umsah, konnte er auch Ermüdungserscheinungen in den Gesichtern der Anderen ablesen.

„Leute, wenn ich ehrlich bin, brauche ich mal eine Mütze voll Schlaf“, meldete er sich schließlich zu Wort. „Lasst uns für ein paar Stunden unterbrechen, wir drehen uns im Moment doch eh nur im Kreis.“

„Ja, Colt hat Recht“, stimmte Commander Eagle zu. „Wir sollten uns wirklich etwas ausruhen. Eine Fehlentscheidung wegen Übermüdung könnte unnötige Leben kosten.“

„Ich bin einverstanden. Dann treffen wir uns wieder hier morgen früh um acht Uhr“, ordnete der König an und erhob sich, um die Runde aufzulösen.
 

„Ahh!“, seufzte Fireball, als er und April die Tür zu in ihrem Quartier geschlossen hatten. „Das war der beste Einfall, den Colt in letzter Zeit hatte. Ich brauche jetzt erst einmal eine schöne heiße Dusche.“

„Ich auch“, sagte April und hakte sich bei ihm ein. „Lass es uns genießen, solange wir noch können.“

Sie drehte das Wasser auf und der heiße Strahl tat ihr auf ihren verspannten Schultern unheimlich gut. Er spülte für einen kurzen Moment die ganzen Sorgen weg und als ihr Ehemann zu ihr in die Dusche stieg und ihr eine wohltuende Massage gab, war die Welt für kurze Zeit wieder in Ordnung. Aber dann tauchte plötzlich das nachdenkliche Gesicht von Colt vor ihren Augen auf.

„Sag mal, weiß du, was mit unserem Cowboy los ist?“

„Nein, wieso? Was ist mit ihm?“, fragte der Rennfahrer und drehte seine Frau zu sich herum.

„Ist dir nicht aufgefallen, dass er sich kaum an den Diskussionen beteiligt hat? Es kommt mir so vor, als ob er gar nicht wirklich anwesend ist.“

„Stimmt, jetzt wo du es sagst, da ist was dran. So kennen wir ihn gar nicht. Ich werde morgen mal mit ihm sprechen, bevor es weiter geht.“

„Ja, mach das. Dir wird er bestimmt sagen, was mit ihm ist.“

„Aber jetzt mach dir keine Sorgen um unseren Kuhtreiber. Vielleicht braucht er auch nur ’ne Mütze voll Schlaf, hm?“ Fireball reichte ihr das Shampoo, nachdem er sich selbst etwas davon auf die Haare getan hatte.

„Wahrscheinlich hast du Recht“, stimmte die April zu und nahm die Flasche an. „Ich seh’ schon Gespenster!“

Nach dem Duschen zog April zog ihr rosafarbenes Nachthemd über, während Fireball bevorzugte, in Shorts zu schlafen. Die junge Frau war zwar sehr müde, aber dennoch musste sie noch etwas mit ihrem Mann besprechen.

„Ich habe ein ganz schlechtes Gefühl, was das Spionageteam angeht“, äußerte April schließlich ihre Sorgen und ließ sich auf das geräumige Doppelbett fallen. „Ich fürchte, dass du gehen wirst.“

„Aber April. Saber und Colt sind doch auch noch da. Vielleicht geht sogar Roland mit. Oder du.“ Er versuchte, seine Frau aufzumuntern, hatte aber selbst kein gutes Gefühl. Das wollte er jedoch nicht zeigen. Der Rennfahrer nahm seine Frau fest in seine Arme und streichelte ihr beruhigend über den Rücken. Ihre nassen Strähnen fühlten sich auf seiner Haut kalt an.

„Wir sollten auf die Entscheindung von König Jared und deinem Vater warten, hm? Und nun versuch, ein bisschen zu schlafen.“ Er gab ihr einen Kuss auf den Scheitel und zog sie noch enger an sich heran. Sie krallte sich fest an ihn und zum ersten Mal wurde Fireball deutlich, dass seine Partnerin richtig Angst hatte, Angst vor dem großen Unbekannten, vor der neuen Gefahr, die in der Phantomzone auf sie lauerte.

‚Und ich kann ihr diese Angst nicht nehmen‘, dachte Fireball hilflos.

Trotz ihrer Müdigkeit war diese Nacht nicht mehr an Schlaf zu denken. Zu viele Gedanken kreisten in den Köpfen der Beiden. Eng umschlungen lagen sie da und wollten sich am liebsten nicht mehr loslassen oder die Zeit anhalten.
 

Am nächsten Morgen trafen sie sich wie verabredet um 8 Uhr im Tagungsraum.

Fireball bemerkte die müden Gesichter der Teilnehmer und vermutete, dass jeder von ihnen eine ähnliche Nacht hinter sich hatte wie er und April.

„Guten Morgen“, eröffnete König Jared die Diskussion.

„Heute morgen beim Frühstück haben Commander Eagle, Commander Hikari und ich bestimmt, wer mit auf die Mission geschickt wird. Fireball, das wird deine Aufgabe sein.“

Der Japaner hörte, wie April neben ihm scharf einatmete. Ihre Befürchtungen waren wahr geworden. Aber die Mission war zu wichtig, als dass er diesen Befehl verweigern konnte.

„Ja, Sir“, nickte er. „Ich bin bereit. Wann werden wir starten?“

„Die Vorbereitungen laufen bereits“, antwortete der Monarch.

„Darf ich fragen, weshalb die Wahl auf mich gefallen ist?“, fragte Fireball nach.

„Colt zum Beispiel hat auf diesem Gebiet mehr Erfahrung.“

„Es war zum einen mein Wunsch“, antwortete Fireballs Vater anstatt des Königs.

„Zum Anderen, was viel wichtiger ist, werden deine Kollegen dringend hier gebraucht, um taktische Pläne zu entwerfen, die Alliierten zu informieren und Waffen zu verbessern. Das sind Aufgaben für die deine Kollegen in diesem Fall besser geeignet sind.“

„Verstehe“, nickte der Rennfahrer.

„Sir“, wandte sich nun Colt an Aprils Vater.

„Darf ich meine Familie zu Freunden bringen, bevor ich mich meinen Aufgaben widme? Meine Frau bekommt in zwei Monaten ihr Baby und ich möchte sie solange nicht alleine wissen.“

Der Angesprochene verständigte sich mittels Blickkontakt mit dem König, der leicht nickte.

„Wir sind einverstanden. Aber komm zurück, so schnell du kannst. Du wirst hier gebraucht.“

„Danke Sir.“

Colt atmete erleichtert auf. Nachdem er sich in einer endlosen Nacht zu dem Entschluss durchgerungen hatte, dass sein Platz hier war, hatte er heute morgen Saber Rider seinen Vorschlag unterbreitet. Er wollte seine Familie gut aufgehoben wissen, solange er nicht bei ihnen sein konnte, und hatte deshalb Saber gefragt, ob es möglich sei, Robin und Joshua auf Schloss Rider zu bringen. Saber Rider hatte einen Augenblick nachgedacht und dann zugestimmt. Er wollte seine Eltern darüber informieren, sobald die Entscheidung getroffen war, wer mit auf die Mission gehen würde.

Colt ging zu seinen Kollegen. Dass er erleichtert war, sah man ihm deutlich an.

„Guten Flug, Matchbox, und komm ja heil zurück!“, verabschiedete er sich von Fireball, bevor er rennend den Raum verließ.
 

***
 

Auf dem Rückweg überlegte der Cowboy, was er Robin sagen sollte. Er hatte nicht gedacht, sie so bald wieder zu sehen, aber noch weniger hatte er mit der schlimmen Nachricht von König Jared gerechnet.
 

Seine Frau war nicht minder überrascht, als der kleine Gleiter ihres Mannes plötzlich hinter dem Haus landete.

„Colt! Was machst du denn hier? Ist eure Mission schon vorbei?“, begrüßte sie ihn fröhlich.

Colt beugte sich hinunter, um seine Frau zu küssen und umarmte sie dabei, was Angesichts des mächtigen Bauches gar nicht mehr so einfach war.

„Lass uns reingehen“, sagte er kurz angebunden und schob Robin zurück in das kleine Haus. Nicht einmal nach Joshua hatte er gefragt. Die Lehrerin spürte sofort, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war.

„Was ist los?“

„Robin...ich...“ Obwohl Colt vier Stunden lang Zeit gehabt hatte, sich die Worte zurechtzulegen, kamen sie jetzt doch nicht über seine Lippen.

„Ist es so schlimm?“ Ihre wasserblauen Augen nahmen einen sorgenvollen Ausdruck an.

Zur Antwort nickte der Star Sheriff nur und senkte den Blick.

„Die Outrider sind zurück...“

„Wie kann das sein? Ihr habt sie doch zerstört?“, fragte sie entsetzt und ließ sich auf einen Küchenstuhl fallen. Colt zog sich einen weiteren Stuhl zu ihr heran und setzte sich vor sie. Er beugte sich nach vorne und nahm Robins Hände in seine.

„Fireballs Vater ist aus der Phantomzone zurückgekehrt. Er hat uns berichtet, dass die Outrider leben und aufrüsten. Sie planen einen weiteren Krieg gegen uns.“

„Und du willst wieder kämpfen?“, fragte sie mit einem herausfordernden Unterton in der Stimme, nachdem sie sich diese Worte einige Sekunden lang durch den Kopf hatte gehen lassen.

„Nein und ja“, antwortete Colt ehrlich und blickte in ihre wunderschönen Augen. Schon wieder diese Diskussion. Im Grunde hatte er ja damit gerechnet, obwohl sie schon tausendmal darüber gesprochen hatten.

„Robin, ich bin hier, um dich und Josh zu Sincia in die Highlands zu bringen. Wir haben zwar noch etwas Zeit, aber ich denke, je früher du von hier weg bist, umso sicherer ist es für euch beide. Ich möchte dich nicht alleine hier wissen, nicht in deinem Zustand. Und dann ist da noch die Tatsache, dass normalerweise zuerst die Großstädte angegriffen werden - und Yuma ist nun mal eine solche. Wir...“

„Jetzt mal der Reihe nach!“, unterbrach ihn Robin zornig. „Ich verstehe kein Wort.“

Colt atmete durch und fing von vorne an zu erklären: „Fireballs Vater ist von den Outridern zurückgekehrt und was er berichtet hat, ist wirklich nicht lustig, Robin. Die Outrider rüsten auf, um uns den letzten Schlag zu verpassen! Versteh das doch!“ Warum wollte sie ihn nur nicht verstehen?

„Colt, ich dachte, der Krieg wäre vorbei!“ Tränen sammelten sich in ihren Augen. „Warum nur? Warum musst du wieder mit aufs Schlachtfeld? Du hast doch schon genug gekämpft, es gibt auch andere.“

Colt stand auf und legte die Hände beruhigend auf Robins Schultern. „Um des Friedens Willen. Ich will dich nicht im Stich lassen und das werde ich auch nicht. Robin, wir brauchen jeden, der kämpfen kann, die Outrider müssen endlich vernichtet werden!“

„Warum muss man sie vernichten? Warum kann man keinen Frieden mit ihnen schließen?“ Die Tränen liefen inzwischen ihre Wangen hinab. Sie wusste zwar tief in ihrem Herzen, dass Colt nicht davon abzubringen war, wieder in den Kampf zu ziehen, aber sie wollte die Realität nicht wahr haben. Schon wieder diese Ängste ausstehen zu müssen…sie war sich nicht sicher, ob sie das aushalten würde, und vor allem nicht als werdende Mutter. Was, wenn Colt...?

„Das hat man doch letztes Mal gesehen. Sie haben uns eine Falle gestellt. Darauf fallen wir nicht noch einmal herein. Schatz, ich muss meinen Teil beitragen. Ich will für dich und unsere Tochter sowie für den Frieden des Neuen Grenzlandes kämpfen. Wahrscheinlich werden wir sie überraschen und die Outrider auf ihrem eigenen Terrain angreifen – in der Phantomzone. Aber ich möchte trotzdem nicht, dass du alleine hier bist. Deshalb…Sincia und Sabers Eltern warten auf euch... Und jetzt komm, lass uns die Koffer packen.“ Colt schob sie in Richtung Schlafzimmer und drängte sie zur Eile.

Robin sagte nichts mehr. Sie wusste nicht, was sie denken sollte. Was würde Sincia davon halten? Sie musste unbedingt mit ihr sprechen. Immerhin war sie in einer ähnlichen Situation und hatte bestimmt Verständnis für sie.

Während des Kofferpackens erzählte Colt seiner Frau, dass Fireball mit seinem Vater die Phantomzone ausspionieren würde und welche Vorbereitungen sonst noch getroffen werden müssten.

„Es scheint wohl das Schicksal jeder Frau zu sein, die einen Star Sheriff als Mann hat, solche Sorgen durchmachen zu müssen“, murmelte die Lehrerin vor sich hin und dachte daran, wie April sich wohl fühlte.
 

Eine halbe Stunde später hatten die beiden das Nötigste für Robin sowie ihren Bruder zusammengepackt und in den Ladeluken des Bronco Busters verstaut. Jetzt mussten sie nur noch Joshua bei seinem Freund abholen, dem der dringende Umzug überhaupt nicht passte.

„Es ist doch schön hier auf Yuma! In den Highlands ist es langweilig! Da hab ich keine Freunde!“, quengelte er. Von der Bekanntschaft mit der Giftspinne war ihm nichts mehr anzumerken.

Robin musste ihre ganze Überredungskunst aufbringen, um nicht unnötigen Verdacht zu erregen.

„Aber Josh“, sagte sie, „es ist viel besser, wenn das Baby auf dem Land aufwächst und nicht in einer Großstadt. Das musst du doch verstehen. Und du findest doch schnell neue Freunde. Außerdem kann Tim dich jederzeit besuchen kommen. Wir sind doch nicht aus der Welt.“

„Und wann darf er kommen?“

„Von mir aus, sobald wir eingezogen sind, wenn seine Mama es erlaubt.“

Die Diskussion ging hin und her und schließlich hatte es Robin geschafft, ihren Bruder zu überreden.

Dann endlich starteten sie in Richtung Schloss Rider.

Während des ganzen Fluges redeten der Cowboy und die Lehrerin, die hinter Colt auf einem der beiden Notsitze angeschnallt war, kein Wort miteinander und auch Joshua verhielt sich schweigsam. Der Junge merkte genau, dass etwas nicht stimmte und warf von seinem Sitz aus immer wieder einen kurzen, fragenden Blick zu seiner Schwester, der aber nicht beantwortet wurde.

In Robins Kopf kreisten so viele Gedanken, dass ihr fast davon schwindelig wurde. Sie liebte Colt, aber sie verstand einfach nicht, warum er immer wieder in den Krieg ziehen musste. Andererseits waren seine Argumente auch verständlich, wenn sie sich dazu zwang, diese ganze Sache einmal objektiv zu betrachten. Er wollte ja auch den Frieden, genauso wie sie. Trotzdem, musste das ausgerechnet dann sein, wenn sie Nachwuchs bekamen? Sollte das Kind ohne einen Vater groß werden?

Als ob Colt ihre Gedanken erraten könnte, sagte er leise, so dass Joshua es nicht hören konnte: „Entschuldige, Robin, es ist meine Pflicht als Star Sheriff. Ich werde dich beschützen, dieses Mal werden wir die Outrider ein für alle mal besiegen, das verspreche ich dir. Und ich werde zurückkommen“

„Ach, Colt, ich wünschte, du wärest kein Star Sheriff“, seufzte sie resigniert und betrachtete die Sterne, die draußen vorbeizogen. „Was soll aus unserem Kind werden, wenn du dein Versprechen nicht halten kannst?“

„Ich komme zurück – Unkraut vergeht nicht!“, grinste er sie zuversichtlich an und sie hoffte, dass er Recht behalten würde. Aber die Zweifel in ihrem Bauch beruhigten sie nicht.
 

Sincia kam aus dem Schloss gelaufen, als Colt landete. Sie hatte den Gleiter kurz vorher am Himmel entdeckt und ihn sofort als Bronco Buster erkannt.

„Hallo!“, rief sie den drei Neuankömmlingen zu. „Schön, euch mal zu sehen!“

Colt half Robin beim Aussteigen, während Joshua bereits zum Schloss lief. Staunend stand er davor und betrachtete die hohen, alten Türme.

„Hallo, Sincia!“, begrüßte der Cowboy Sabers Frau. „Ich wünschte, die Umstände unseres Treffens wären glücklicher.“

„Das wünschte ich auch“, erwiderte die Kindergärtnerin, die von Saber über die näheren Umstände aufgeklärt worden war. Sie wollte gerade weiterreden, da wurde sie von Robin unterbrochen: „Da kommen Sabers Eltern“. Und in der Tat tauchten Mary und Edward Rider am Eingang auf und kamen zu Colts kleinem Raumschiff. „Guten Tag, Mr. und Mrs. Rider!“, begrüßte Robin die beiden älteren Herrschaften.

„Ah, Mr. und Mrs. Wilcox, guten Tag!“, grüßten sie zurück.

„Ich danke Ihnen, dass Sie meinen Bruder und mich hier aufnehmen“, sagte Robin. „Saber hat Ihnen sicherlich davon erzählt, nicht wahr?“

„Ja, das hat er“, lachte Mary Rider. „Heute morgen hat er uns informiert. Willkommen auf Schloss Rider, Mrs. Wilcox. Ihrem Bruder scheint es ja schon sehr zu gefallen.“

„Ja, so sind Kinder eben“, lächelte sie.

„Ich trage schon einmal die Koffer rein“, sagte Colt. „Wo soll ich sie hinstellen?“

„Warten Sie, ich zeige es Ihnen.“ Mr. Rider nahm eine der Taschen über die Schulter und ging vor zum Eingang, während der Cowboy ihm mit zwei weiteren Koffern folgte. Schnell war das Gepäck ins Schloss Rider getragen worden und der Abschied stand schon wieder bevor.

„Pass auf dich auf, meine Kleine!“, verabschiedete sich Colt von seiner Frau und nahm ihr Gesicht in seine Hände. „Ich verspreche dir, ich komme bald zurück.“ Er küsste sie auf die Nasenspitze. Robin kämpfte mit den Tränen. Um keinen Preis durfte sie jetzt weinen, um nicht die Aufmerksamkeit von Sabers Eltern auf sich zu ziehen.

„Ich liebe dich, meine Hübsche.“ Dann beugte sich Colt zu Joshua hinunter.

„Und du pass auf deine große Schwester auf, ja?“, trug er seinem Schwager auf. Der kleine Junge war immer besonders stolz, wenn er eine Beschützerrolle einnehmen konnte.

„Mach ich. Wann kommst du zurück, Colt?“

„Ich beeile mich, Partner!“ Der Cowboy versuchte, einen unbekümmerten Eindruck zu hinterlassen. Nur Robin kannte ihn gut genug, um die Angespanntheit in seiner Stimme zu hören.

Als der Bronco Buster kurz darauf im Blau des Himmels verschwand, fühlte sich Robin allein und verlassen. Sie brachte alle ihre Kraft auf, um nicht vor den Anwesenden in Tränen auszubrechen.
 

***
 

Am späten Nachmittag landete Colt seinen Bronco Buster wieder auf Jar und suchte seine Kollegen.

Im Tagungsraum waren sie nicht. Deshalb funkte er schnell Saber Rider an und erfuhr, dass sie im Hangar Nr. 11 waren.
 

Der Cowboy eilte schnell dorthin und betrachtete den relativ großen feindlichen Gleiter, der Fireballs Vater hierher gebracht hatte. Die kleine Gruppe stand an der Schnauze des Schiffs und Colt gesellte sich zu ihnen.

Die beiden Hikaris wurden von Commander Eagle, König Jared und Prinz Roland belagert und mit guten Ratschlägen überschüttet. Alle waren sehr nervös und gingen immer wieder die Mission bis ins kleinste Detail durch. April stand etwas abseits und versuchte ihr unglückliches Gesicht zu verbergen, was ihr aber nicht gelang. Sie lehnte am Fahrwerk des Outriderschiffes und beobachte die Männer.

Langsam war sie sauer auf den König, denn er hatte Fireball bereits seit den frühen Morgenstunden immer und immer wieder die Mission durchsprechen lassen. Für sie und Fireball gab es nicht die kleinste Möglichkeit, nur noch mal fünf Minuten alleine zu sein.

Die letzten Checks am Outriderschiff waren abgeschlossen und nun war es an der Zeit, aufzubrechen. König Jared schob die beiden Männer vor sich her in Richtung Rampe. April stieß sich vom Fahrwerk ab und ging auf sie zu, um sich zu verabschieden, aber König Jared schob sie geschäftig beiseite. Sie warf ihm einen bösen Blick zu, den der König aber nicht bemerkte.

Selbst ihr eigener Mann war mit seinen Gedanken jetzt ganz woanders und hatte nicht einmal Zeit, ihr einen flüchtigen Abschiedsgruß zukommen zu lassen. Auch er erntete strafende Blicke, die er natürlich nicht wahrnahm.

„Auf Wiedersehen, Fireball!“, murmelte sie verletzt und rannte dann weg, weil sie ihre Tränen nicht mehr halten konnte.

„Sie ist wohl mit den Nerven auch ganz schön fertig“, kommentierte Saber ihren dramatischen Abgang und hielt Colt zurück, der ihr nachlaufen wollte. „Aber auch sie darf sich nicht von ihren Gefühlen leiten lassen, wenn es ernst wird. Jetzt macht es noch nichts; deshalb lassen wir sie erst einmal alleine, damit sie sich beruhigen kann.“

Colt entspannte sich wieder und nickte zustimmend.

Schließlich kam König Jared zusammen mit Commander Eagle und Prinz Roland aus dem Outriderschiff heraus und gesellte sich zu den beiden Star Sheriffs. Als die fünf Männer eine sichere Position eingenommen hatten, zündete Commander Hikari die Triebwerke und das bedrohliche Raumschiff erhob sich in den Himmel, seiner gefährlichen Mission entgegen.
 

Eine Stunde später hatte April sich wieder soweit im Griff, dass sie zu den anderen in den Konferenzraum zurückkehren konnte, wo über die weitere taktische Vorgehensweise gesprochen wurde.

In sieben Tagen sollten Commander Hikari und Fireball aus der Phantomzone zurückkehren und berichten, was sie herausgefunden hatten.

April trat leise in den Konferenzsaal ein und setzte sich auf ihren Stuhl. Vor ein paar Stunden noch hatte Fireball auf dem Platz neben ihr gesessen und nun war er weg. Leise seufzte sie und konzentrierte sich dann auf die Diskussion.

„Wir müssen eine Inventarliste erstellen, aus der ersichtlich ist, mit welchen Waffen welche Flotte ausgerüstet ist, wie viele Männer zur Verfügung stehen, wie viel Munition im Moment vorhanden ist und noch bis zum voraussichtlichen Kriegsausbruch produziert werden muss“, schlug König Jared vor. „Wir müssen Trainingseinheiten bilden und fähige Leute finden, die große Flotten befehligen können.“

„Allerdings sollten wir den ersten Bericht aus der Phantomzone abwarten“, gab Commander Eagle zu bedenken. „Ein zu frühes Agieren wäre zu riskant.“

„In welcher Einheit soll eigentlich Ramrod fliegen? Oder wird Ramrod so wie sonst auch als eigenständige Einheit angesehen, Sire?“, fragte Saber.

„Oh, gut, dass Sie das ansprechen, Saber Rider“, erwiderte der König. „Mit Ramrod haben wir etwas ganz Besonderes vor. Ich habe gestern Abend bereits mit Commander Eagle darüber gesprochen. Wir sind darüber eingekommen, dass mein Sohn Roland Aprils Platz einnehmen wird und...“

„WAS?“, platzte April aufgeregt dazwischen und sprang auf. „Was bilden Sie sich ein?! Immerhin habe ich Ramrod mit entwickelt und weiß wohl am Besten von uns allen, wie er funktioniert!“

„April, hör zu!“, begann Commander Eagle und hob beschwichtigend die Hände. Er hasste es, wenn April so redete, das erinnerte ihn immer an seine verstorbene Frau. „April, du wirst andere wichtige Aufgaben...“

Diesmal unterbrach sie ihren Vater: „Ach ja? Ist meine Aufgabe auf Ramrod nicht auch wichtig? Bin ich so leicht zu ersetzen durch einen planlosen Anfänger?“ Das war auf Prinz Roland gerichtet, der diese Beleidigung mit funkelnden Augen erwiderte, aber klug genug war, darauf zu schweigen.

„April!“ Commander Eagle wurde nun auch wütend und seine Stimme wurde etwas lauter, als er seine Tochter zurechtwies: „Du benimmst dich gerade wie ein Anfänger! Man sollte nicht meinen, dass du zu dem berühmten Ramrod-Team gehörst, das Nemesis besiegt hat!“

Saber und Colt blickten sich erschrocken an. So kannten sie ihren Commander nicht.

„Na, dann bin ich aber mal gespannt, was ich sonst machen soll, wenn ich schon nicht mit Ramrod fliege. Etwa hier in der Zentrale rumsitzen und Strümpfe stricken?“ Hohn klang in ihrer Stimme mit. Sie wusste, dass sie gerade nicht professionell wirkte, aber ihr war das gerade egal. Sie wurde schon den ganzen Tag über behandelt als wäre sie Luft und nun reichte es ihr.

„Misses Eagle!“ Auch König Jared ging langsam die Geduld aus. „Ich schlage vor, Sie beruhigen sich erst einmal wieder. Verlassen Sie diesen Raum und denken Sie darüber nach. Wir haben keine Zeit, uns wegen solchen unwichtigen Sachen zu streiten! Hier müssen Befehle befolgt werden und ich befehle Ihnen, dass Sie nicht mit Ramrod fliegen, sondern uns hier auf Jarr Ihr Wissen für die Weiterentwicklung unserer Kampfschiffe zur Verfügung stellen und diese überwachen! Roland wird Ihren Posten auf Ramrod übernehmen!“

„Das werden wir noch sehen!“, sagte sie angriffslustig und verließ wie aufgefordert den Raum.

„König Jared?“ Saber blickte ihn fragend an.

„Was gibt es, Saber Rider?“

„Nun, ich muss sagen, ich bin ebenfalls überrascht darüber, dass April nicht mit Ramrod fliegen soll. Mit Verlaub, aber schaffen wir es, Prinz Roland in dieser kurzen Zeit auf unserem Schiff auszubilden? Sollte er nicht lieber auf der Monarch Supreme bleiben, wo er sich auskennt?“

„Entschuldige, Vater“, murmelte Prinz Roland und wandte sich an Saber: „Über all diese Sachen haben wir gesprochen. Ich lerne sehr schnell. Wie mein Vater schon sagte, ist es effektiver, dass April unsere Kampfschiffe verbessert und während des Krieges repariert. Sie wird mit dem besten Entwicklungsteam des Königreiches Jarr zusammenarbeiten und nicht mit in den Kampf ziehen.“

Saber warf einen skeptischen Blick zu König Jared, dann zu Commander Eagle, die beide nickten.

„Ja, so ist es geplant“, antwortete der Monarch.

„Das hätte man ihr aber anders mitteilen müssen!“, bemerkte Colt grimmig und lehnte sich in seinem Stuhl nach hinten. „Das wird dauern, bis sie sich wieder beruhigt hat.“
 

***
 

April lag mit verschränkten Armen auf ihrem und Fireballs Bett. Ihre Augen waren noch feucht von den Tränen, die sie vergossen hatte. Plötzlich ertönten Schüsse vor ihrem Zimmer. Die junge Frau sprang sofort auf und stürmte nach draußen. Ungläubig sah sie zu Boden.

„Da fang!“, rief ihr jemand zu und rannte mit wehendem Mantel an ihr vorbei in den königlichen Garten. In ihrer Verwirrung fing April den Gegenstand auf und lief dann zu König Jared, der in einer großen Blutlache auf dem Boden lag. Anscheinend war er gerade auf dem Weg zu ihr gewesen.

„König Jared!“

April kniete sich ungeachtet des Blutes hin und schüttelte den König, aber er bewegte sich nicht mehr.

„HIIIIILLLFEEEE!“, schrie sie und suchte nach dem Puls.

Nichts.

„SAAAABEEEEER!!!! COOOOOOOLLLLT! WAAACHEEEEEE!“

Vorsichtig schob sie das Jackett beiseite und sah die drei Einschusslöcher in der Nähe des Herzens. Den Brandspuren nach zu urteilen, mussten die Schüsse aus nächster Nähe abgefeuert worden sein.
 

Die Star Sheriffs, Commander Eagle und Prinz Roland, angelockt durch Aprils markerschütternden Schrei, kamen schnaufend neben ihr zum Stillstand.

„Vater?“ Prinz Roland konnte nicht glauben, was er da sah und kniete sich hin.

„Vater?“, flüsterte er noch einmal, als er die Leiche vorsichtig hochhob und in seinen Armen hin und her wiegte.

„April, was ist hier passiert?“, fragte Eagle seine blasse Tochter entsetzt.

„Ich weiß es nicht, Dad. Ich habe Schüsse gehört und als ich nach draußen gerannt bin, lag König Jared hier.“ Ihre Stimme klang zittrig.

„Was hat sie in ihrer Hand?“, fragte Roland mit tränenerstickter Stimme.

Saber hob Aprils linke Hand hoch und nahm ihr den Gegenstand ab, den sie vorhin gefangen hatte.

Es war ihr eigener, blutverschmierter Blaster.

„Den...den hab ich gefangen!“, stammelte sie und merkte selbst, wie lächerlich ihre Erklärung doch wirken musste.

„April!“ Colt klang fassungslos. „Sag nicht, dass du den König erschossen hast! Nicht wegen dieser kleinen Auseinandersetzung von vorhin!“

„Ich war es nicht!“, sagte April fest, doch die anderen waren nicht überzeugt.

Commander Eagle packte sie grob am Handgelenk und nahm ihr den Blaster weg.

„Das werden die Untersuchungen zeigen“, sagte er mit kalter Stimme.

„Dad!“ Ihre Stimme wurde brüchig. „Du glaubst doch nicht ernsthaft, ich wäre zu so etwas fähig!“

„Ich weiß nicht, was ich glauben soll, April. Heute hast du dich sehr unprofessionell verhalten, weil du dich von deinen Gefühlen hast leiten lassen. Auch wenn du meine Tochter bist, im Moment sieht es nicht gut aus für dich.“ Seine Stimme klang eiskalt, während er prüfend den goldenen Blaster betrachtete, den er mit spitzen Fingern festhielt. Dann wandte er sich zu Saber: „Nimm sie fest!“

April konnte es nicht glauben. In Bruchteilen einer Sekunde fasste sie mehr oder weniger unbewusst einen Entschluss. In wilder Panik rannte sie Saber um, der gerade nach ihr greifen wollte. Sie stolperte über Prinz Roland und rannte nach draußen, um die Flucht zu ergreifen. Die junge Frau hatte schon einen beträchtlichen Vorsprung, ehe sich Colt und Saber entwirrt hatten und die Verfolgung aufnehmen konnten.

„WACHEN!“, schrie Eagle und rannte selbst auch hinterher.

Aber April war schneller und wendiger. Schon nach wenigen Minuten hatte sie ihre Verfolger abgeschüttelt. Schnell verließ sie das Gelände des Königs und schlug, immer noch rennend, ihren Weg in das unerforschte Jaremé - Gebirge ein. Ihr war klar, dass sie ab sofort eine Geächtete war und ihr noch einige Verfolger auf den Fersen waren. Allerdings rechnete sie sich in ihren schnellen Gedankengängen gute Chancen aus, im Gebirge untertauchen zu können.

Schon eine Stunde später musste April sich einige Male vor den Fahndungsflugzeugen verstecken, aber alles in allem konnte sie in den Stunden bis Mitternacht trotz Dunkelheit doch eine beträchtliche Strecke zurücklegen. Dabei vergaß sie nicht, auch lange genug in Gebirgsbächen herumzulaufen, denn die Spürhunde hätten sie sonst leicht verfolgen können. Der Vollmond spendete ihr genug Licht, um nicht unentwegt über Felsen zu stolpern.

Die Wachen schienen ihr nicht ins Gebirge zu folgen. April ließ sich jedoch nicht beirren und setzte ihren Weg fort – je weiter sie von diesem Unglücksort weg kam, desto besser. Sie nahm sich noch nicht einmal die Zeit, das Blut des Königs von ihren Armen und Kleidern in einem Gebirgsbach zu waschen, so sehr fürchtete sie ihre Verfolger.

Erst als die junge Frau sich viele Stunden später vor Erschöpfung kaum noch auf den Beinen halten konnte, suchte sie Schutz unter einem kleinen Felsvorsprung und ließ sich auf das weiche Moos fallen, das darunter wuchs. Jetzt war die Verfolgte nicht mehr vom Laufen und Rennen abgelenkt und unwiderruflich kamen ihr die Gedanken in den Sinn. Es war einfach zuviel für sie, alles war so schnell geschehen.

Fireball war mit seinem Vater auf dem Weg in die Phantomzone. Sie sollte auf einmal nicht mehr mit ihrem Team kämpfen und stattdessen Kampfflugzeuge reparieren! Und dann wurde König Jared ermordet. Alle hielten sie für die Mörderin, sogar Saber Rider und Colt – und ihr eigener Vater! Das setzte allem die Krone auf und April begann hemmungslos zu weinen, als diese unwirkliche Wahrheit über sie kam.

Aber – warum war sie eigentlich geflohen? Kam das nicht einem Schuldeingeständnis gleich?

‚Nein!‘, dachte die blonde Frau, ‚Nicht in meinen Augen. Ich weiß, dass ich es nicht war, aber gegen diese Übermacht konnte ich mich nicht wehren. Dass sogar Saber und Colt mir so etwas zutrauen...“

Und wieder überkamen sie die Tränen, die eine Mischung aus Wut, Enttäuschung und Machtlosigkeit waren. Sie war jetzt in deren Augen eine Gesetzlose und schon bald würde das Königreich Jarr sowie das ganze Neue Grenzland davon erfahren. Der Tod eines Königs konnte nicht geheim gehalten werden – Prinz Roland würde drei Tage später die Nachfolge seines Vaters antreten.

„Und dann jagt mich das ganze Neue Grenzland - friedliebende Bürger, die Polizei, die Star Sheriffs und die Kopfgeldjäger - was soll ich nur tun? Fireball, warum bist du zu den Outridern gegangen und hast mich allein gelassen? Oder hättest du mir auch nicht geglaubt, dass ich König Jared nicht getötet habe?“

Viele solcher Gedanken umkreisten April und bald hatte sie keine Tränen mehr übrig. Erschöpft schlief sie auf dem weichen Moos ein. Sie sah nicht den blutroten Mond, der mit seinem Dämonengesicht Unheil verkündend auf sie hinab grinste.
 

Vier Stunden später erwachte die junge Frau, weil sie fror. Kurz vor dem Sonnenaufgang war die kälteste Zeit und gerade richtig, um den Weg fortzusetzen. Sie schaute sich ein wenig in ihrer nächsten Umgebung um. Das Gebirge war sehr hoch. Soweit sie sich noch an ihren Geographie-Unterricht erinnern konnte, war es nach wie vor größtenteils unerforscht. Noch befand sie sich in der unteren Region, in der es höhere Bäume gab. Aber die Hänge mit den Geröllfeldern zeichneten sich schon auf ihrem Weg ab und April musste überlegen, wie sie dieses riesige Gebirge überqueren konnte, ohne erwischt zu werden. Ihr blieb aufgrund ihrer Unerfahrenheit in dieser Situation allerdings nichts anderes übrig, als es einfach zu probieren. ‚Immerhin habe ich ja jetzt nichts mehr zu verlieren!‘

Ihre Wut und Enttäuschung machte einem neuen Gefühl Platz: Kampflust!

‚Ich gebe nicht auf! Ich werde beweisen, dass ich unschuldig bin!‘ Diese Gedanken trieben sie eisern vorwärts. Immer wieder rief sie sich dies ins Gedächtnis und schöpfte neue Kraft daraus.

Im Moment war von ihren Verfolgern nichts zu sehen, dennoch war April sich sicher, dass die Suche nach ihr noch nicht aufgegeben worden war. Immerhin war sie ja in deren Augen eine Mörderin!

Sie versuchte möglichst schnell weiterzukommen, was wegen ihres aufkommenden Muskelkaters gar nicht so einfach war. Ihre Arme und Beine schmerzten bei jeder Bewegung und die Geächtete musste mehrmals die Zähne zusammen beißen, um nicht lauf aufzuschreien. Langsam stolperte sie weiter in das Gebirge hinein. Nach einer Zeit hatte sie sich sogar an die schmerzenden Muskeln gewöhnt.

‚Ich muss weiter!‘, dachte sie immer wieder. ‚Ich will nicht aufgeben!‘

Am späten Vormittag hatte sie den ersten Gebirgspass auf 2600 m Höhe erreicht. Die hohen Tannen waren kleineren Gewächsen gewichen, so dass April nur noch wenig Schutz auf ihrem Weg hatte.

‚Wenn ich nicht erwischt werden will, muss ich da rüber.‘ Die Blondine hatte sich hinter einem niedrigen, aber ausladenden Busch versteckt und beobachtete die Umgebung. Aber alles erschien ruhig. Nur ein paar Gebirgsadler kreisten über ihr und stießen hin und wieder einen ihrer lang gezogenen Schreie aus.

‚Der Pass ist schätzungsweise 400 m entfernt. Wenn ich mich von Busch zu Busch taste und ab und zu hinter einem Felsen in Deckung gehen kann, sollte ich es schaffen.‘

Noch einmal warf sie einen Blick die seitlichen Hänge hinauf und hinter sich, aber es war immer noch niemand zu sehen und zu hören.

„Los!“

Schnell rannte die Verfolgte zum nächsten Felsen und versteckte sich dahinter. Ihr Atem ging schnell und das Adrenalin pulsierte in ihren Adern. Auf diese Art tastete sie sich immer weiter an den Übergang heran.

‚Ich muss vorsichtig sein. Wenn sie auf der anderen Seite auf mich warten, bin ich geliefert!‘ Im Moment konnte April keinen Gedanken an ihre missliche Lage verschwenden, sie konzentrierte sich voll und ganz auf ihre Flucht. Noch einen Augenblick hockte sie hinter einer niedrigen Tanne, die nur unzureichend Schutz bot.

Während die junge Frau prüfend die Steinwände betrachtete, wischte sie sich den Schweiß von der Stirn. Es war inzwischen ziemlich warm geworden und die Sonne brannte hier oben unbarmherzig auf sie herab.

‚Hmm, vielleicht ist es besser, wenn ich nicht den direkten Weg nehme?‘ Ihre Blicke glitten zwischen dem Wildwechsel und den Steinwänden hin und her. Schließlich entschied sie sich für den umständlichen Weg. Sie würde klettern müssen, aber es sollte machbar sein. Schnell verließ April ihr Versteck und hechtete zur Steinwand, wo sie sich kurz umschaute. Alles war ruhig. Dann begann sie zu klettern. Zum Glück boten die Felsen dank ihrer vielen Risse und Spalten guten Halt und die Verfolgte konnte schnell so weit kommen, dass ein Blick in das Tal auf der anderen Seite möglich war. April verharrte eine Zeitlang in ihrer Position, aber auch hier waren keine Wachen zu sehen.

Dann setzte sie einen Fuß auf die andere Seite. Plötzlich gab der Stein unter ihr nach und die junge Frau rutschte den Abhang hinunter. Mehrmals schlug sie gegen kleinere Felsbrocken, an denen sie sich schmerzhafte Schürfwunden holte und ihren Overall zerriss. Doch trotz der Überraschung und der Schmerzen, war sie geistesgegenwärtig genug, um ihren Aufschrei zu unterdrücken.

An einer kleinen Fichte konnte sie ihren Sturz bremsen. „Ah!“, stöhnte April, als sie sich aufrichtete. „Das tut weh!“ Sie überprüfte ihre Wunden und stellte fest, dass ihr außer ein paar Abschürfungen und blauen Flecken nichts fehlte. Zwar hatte sie ein paar Steine durcheinander gebracht, aber das hätte auch durch Tiere oder einen normalen Steinschlag verursacht sein können.

„Weiter geht’s!“, forderte sie sich auf und kam wieder auf die Beine.
 

Gegen Nachmittag hatte die Geächtete einen weiteren Pass überquert. In diesem Tal fand sie einen kleinen See, an dem sie eine kleine Pause einlegen musste. Ihre Beine wollten nicht mehr und gaben immer wieder unter ihr nach. Aprils Unterarme, Handflächen, ihr Gesicht und der Overall wiesen erhebliche Kratzer, Abschürfungen und Dreckspuren auf. Immerhin hatte sie inzwischen das Königsblut in einem wilden Gebirgsbach von ihren Armen gewaschen.

Die Vegetation war inzwischen noch karger geworden, Bäume gab es kaum noch. In weiter Ferne konnte sie ganz blass die höchsten Bergspitzen des Jaremé-Gebirges erkennen, die bis zu 6500m in den Himmel ragten.

Prüfend betrachtete April ihr Spiegelbild in dem kleinen See, der sich vor dem beeindruckenden Wasserfall angesammelt hatte und dann weiter tosend in Richtung Tal stürzte. ‚Ich sehe schon ganz schön mitgenommen aus‘, dachte sie und trank einige Schlucke. Zur Erfrischung spritzte sie sich das kühle Wasser ins Gesicht.

Erfüllt von einer eigentümlichen Ruhe, in der sie all ihre Probleme für den Moment vergaß, streckte sie sich dem warmen Sonnenlicht entgegen und war so abgelenkt, dass sie die herannahenden Motorengeräusche nicht wahrnahm. Erst im letzten Augenblick sah sie einen Schatten über der hohen Felsenklippe auftauchen und rettete sich geistesgegenwärtig mit einem Sprung in das kalte Nass vor neugierigen Blicken. Unter dem Wasserfall tauchte sie bis zur Nase wieder auf. Hier würde sie bestimmt nicht gesehen werden.

Die zwei Hubschrauber suchten mit ihren Kameras gründlich die Winkel dieses kleinen Tals ab. Wahrscheinlich, so vermutete April, haben sie sogar Wärmesensoren dabei. Als die Kamera in Richtung Wasserfall schwenkte, tauchte sie doch vorsichtshalber unauffällig ab. Dann war die Gefahr vorüber. Die beiden Helikopter schwenkten ab und flogen zum nächsten Tal.

Sicherheitshalber verharrte April noch etwas in ihrem Versteck, nur falls die Verfolger doch noch einmal umkehren sollten.

Als sie sich fast nicht mehr in dem eiskalten Gewässer bewegen konnte und ihre Finger schon blau angelaufen waren, entschied sie, endlich ihren Weg fortzusetzen. Bewegung war immerhin auch das beste Mittel gegen Kälte. Und so schaffte sie, angetrieben von ihrer Kampflust, auch an diesem Tag eine große Strecke, bevor sie hinter einem weit ausladenden, aber stacheligen Busch ihr Nachtlager aufschlug. Ihre Kleidung war inzwischen getrocknet, allerdings wurde es erstaunlich schnell kühl, als die Sonne hinter den Bergen verschwand und das Tal in Schatten tauchte. Wie sehr hätte die Verfolgte sich eine Decke gewünscht – und etwas zum Essen. Ihr Magen knurrte wütend, in diesem kargen Gebirge war nichts Nahrhaftes zu entdecken. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als hungrig schlafen zu gehen.
 

Am dritten Tag ihrer Flucht war ihr morgens vor Hunger so schlecht und schwindelig, dass sie nur langsam vorankam. Jedes Mal, wenn sie Wasser trank, krampfte sich ihr Magen schmerzhaft zusammen, und April hatte das Gefühl, sich gleich übergeben zu müssen. Ihre Muskeln gewöhnten sich an die ungewohnte Kletterei, so dass sie wenigstens diese Schmerzen nicht mehr ertragen musste. Die Kratzer und Schürfwunden, die sie überall hatte, verpflegte sie so gut es ging, wusch sie mit dem klaren Gebirgswasser aus. Es war immerhin keine ernsthafte Verletzung dabei, aber sie waren alle unangenehm. Tagsüber galten ihre Gedanken ihrer Flucht, aber abends kam immer und immer wieder die Erinnerung an Fireball und den toten König in ihr hoch und sie weinte viele Tränen, die sie zusätzlich auszehrten. Dennoch wollte die junge Frau nicht aufgeben, sondern ging ihren Weg weiter.

Phantomsprung

Erst nach zwei Tagen erreichten die beiden Commander Hikari eine geeignete Stelle, um einen Phantomsprung zu wagen.

„Wenn wir nur die genaue technische Spezifikation der vorigen Hyperjumpers gehabt hätten!“, fluchte Fireball. „Dann könnten wir von jeder Stelle des Alls aus den Phantomsprung wagen und wären vielleicht schon längst wieder zurück.“

„Fireball! Es ist nun mal nicht zu ändern. Wir können froh sein, dass wir es überhaupt schaffen!“ Fireballs Vater tippte einige Befehle auf seiner Konsole ein und warf seinem Sohn einen aufmunternden Blick zu.

„Mal schauen, wie hoch hier die Gravitationsdichte ist, vielleicht können wir den Sprung ja wagen?“

Ein paar Sekunden später erschien ein dreidimensionales Bild der Gravitationsfläche dieses Sektors auf dem Display. Sie sah ziemlich eben aus. Commander Hikari warf einen prüfenden Blick auf den Monitor.

„Endlich! Das sieht gut aus!“, nickte er zustimmend und machte sich daran, die Koordinaten für den Sprung zu programmieren.

„Schnall dich gut an, mein Sohn! Das wird kein gemütlicher Ausritt!“

Das Outriderschiff beschleunigte, bis die Sterne am Himmel zu weißen Streifen wurden. Das All vor ihnen drehte sich rasend schnell und Fireball musste die Augen schließen, weil ihm schwindelig wurde. Die Beiden wurden in ihre Sitze gepresst, der Tunnel wurde immer heller, verwandelte sich in gleißendes Licht und drehte sich noch schneller.

Dann war plötzlich alles vorbei. Das Outriderschiff verlor in einem schwarzen, fast lichtlosen Weltall an Geschwindigkeit und kam schließlich zum Stillstand.

„Puh!“, stöhnte Fireball und prüfte, ob noch alles an ihm dran war. „Das war heißer als jedes Rennen, das ich jemals gefahren bin. Sind wir jetzt in der Phantomzone?“

„Ja, wir haben es geschafft.“ Der ältere Commander prüfte die Sternkarten, um herauszufinden, wo sie eigentlich angekommen waren. Plötzlich spürte er einen Blasterlauf im Nacken. Erstaunt hielt er in seiner Bewegung inne und blickte sich langsam um. Er hatte nicht bemerkt, dass Fireball aufgestanden war.

„Das Spiel ist vorbei! Sagen Sie mir, wer Sie sind!“

Commander Hikari nahm die Hände nach oben und stand übertrieben langsam aus seinem Cockpitsessel auf und drehte sich mit ernstem Gesicht um.

„Aber Shinji, was soll das?“ Der Blaster war jetzt direkt auf sein Gesicht gerichtet.

„Für Sie immer noch Commander Hikari“, sagte Fireball forsch. „Ich frage noch einmal – wer sind Sie?“

„Aber Shinji, ich bin dein Vater...“

„Das wüsste ich aber!“, zischte der Star Sheriff und trat einen Schritt näher. „Sie sind nicht mein Vater! Meine Mutter hieß Miyuki und nicht Madoka, und mein echter Vater wüsste das!“

Ein unglaublich hässliches Grinsen breitete sich auf dem Gesicht des Mannes aus, der wie Fireballs Vater aussah. Dann begann er lauthals zu lachen, als er verstand, dass er in eine Falle gelaufen war.

„Gar nicht schlecht, mich so aufs Glatteis zu führen! Das hätte ich deinem unterentwickelten Grips gar nicht zugetraut!“, freute sich der Unbewaffnete.

„Ich glaube doch nicht jeder dahergelaufenen Person, die behauptet, mein Vater zu sein! Wer sind Sie?“, fragte Fireball noch einmal; seine Augen blitzten wütend. Wie konnte es diese Person nur wagen, den Namen seines Vaters in den Schmutz zu ziehen?

„Und du hast mich nicht an deine Freunde verraten? Das finde ich aber sehr nett von dir!“, spottete der Unbekannte, woraufhin der Star Sheriff seine Lippen zu einer schmalen Linie zusammenpresste. Er hatte seinen Freunden nichts verraten, weil er einerseits die geringste Hoffnung hegte, dass sein langjähriger Traum, seinen Vater doch noch zu finden, vielleicht doch noch wahr werden würde. Andererseits war Fireball der Meinung, dass er als derjenige, der die Falle gestellt hatte, die besseren Karten hatte und somit den Unbekannten einfach überwältigen konnte.

Der andere Mann sah Fireball herablassend an und der Star Sheriff konnte deutlich den Triumph auf dessen Gesicht sehen.

„Du hast dich mal wieder überschätzt, nicht wahr?“, grinste der Mann wissend und bemerkte nicht noch einmal extra, dass er damit unterschätzt worden war.

„Wer sind Sie?“, wollte Fireball erneut wissen ohne auf die Sticheleien seines Gegenübers einzugehen. Zumal dieser Recht hatte – und das wollte der Star Sheriff nicht zugeben.

„Fireball, du enttäuschst mich. So lange ist es doch noch gar nicht her, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben. Ich kann nicht glauben, dass du mich so schnell vergessen hast.“

Der Mann zuckte mit den Schultern und begann umherzuschlendern.

„Zugegeben, damals hab ich noch etwas anders ausgesehen, aber ich musste mich ja dem Aussehen deines Daddys anpassen. Meine Ärzte haben ganze Arbeit geleistet, findest du nicht?“

Fireball schwieg. Wer um alles in der Welt stand da vor ihm? Der Mann benahm sich ganz und gar nicht so, als ob ein Blaster auf ihn gerichtet war. Das irritierte den Star Sheriff, aber er ließ sich nichts von seiner Unsicherheit anmerken.

„Du kannst den Blaster ruhig wegnehmen“, lächelte der Mann und trat einen Schritt näher zu Fireball.

„Nichts dergleichen werde ich tun!“, erwiderte der Star Sheriff und zielte weiterhin auf seinen vermeintlichen Vater.

„Wie du meinst.“ Betont lässig ließ der ältere Commander seine rechte Hand zu seinem Blaster gleiten. Fireball zögerte nicht. Aber außer einem leisen Klicken war nichts zu hören.

Mit einem wütenden Schnauben warf der Star Sheriff seinen Blaster auf den Boden und nun war es an ihm, die Hände zu heben, als nun die Waffe gegen ihn gerichtet wurde.

„So ist es fein“, grinste ihn sein Gegenüber an. Sein Hochgefühl war nicht zu übersehen. „Auch ich wiege mich gerne in Sicherheit, wenn du verstehst, was ich meine.“ Er hob Fireballs nutzlosen Blaster hoch, ohne den Star Sheriff aus den Augen zu lassen, und steckte ihn in seinen Waffengürtel.

„Schönes Teil“, sagte er anerkennend. Fireball erwiderte nichts, er war so wütend auf sich selbst, dass er auf so einen billigen Trick hereingefallen war. Warum hatte er nicht noch einmal die Munition überprüft? Immerhin wusste er ja, auf was er sich hier eingelassen hatte. Nicht umsonst hatte er bei der ersten Begegnung seiner Mutter einen falschen Vornamen gegeben. Und dann passierte ihm so ein Anfängerfehler!

Der falsche Commander Hikari hielt weiter den Blaster auf ihn gerichtet und ging prüfend um ihn herum. Fireball wagte nicht, sich zu bewegen.

„Hände auf den Rücken!“

Der Star Sheriff tat, wie ihm geheißen. Als er an seinem linken Handgelenk kalten Stahl einrasten spürte, ergriff er die Gelegenheit. Mit einem kräftigen Ruck riss er seinen Arm nach vorne und schleuderte seinen Gegner von sich weg. Dieser, überrascht von der plötzlichen Aktion, fiel vornüber, aber rollte sich geschickt ab, so dass er im Liegen sofort wieder auf Fireball zielen konnte.

„Netter Versuch, Star Sheriff.“ Seine gute Laune war langsam vorbei, wie man an dem wütenden Unterton in seiner Stimme hören konnte.

Fireball verlor keine Zeit und war sofort wieder über ihm. Als er sich auf ihn stürzte, ertönte ein einzelner Schuss. Der Jüngere wurde von der Wucht nach hinten geworfen, wo er mit einem schweren Stöhnen hart auf dem Boden aufkam.

‚Wie in meinem Traum’, dachte Fireball und ließ schwer seine Hand auf seine rechte Bauchseite fallen, wo der Schuss durch den Raumanzug gedrungen war. Er konnte die geschmolzene Oberfläche spüren und das Blut, das daraus hervorquoll.

„Star Sheriff!“ Verächtlich grinsend kniete sich der Mann neben Fireball auf den Boden. „Du hast es nicht anders gewollt.“

Fireball hatte die Augen geschlossen und atmete schwer. Er antwortete nicht, so sehr benebelten ihn die Schmerzen. Trotzdem versuchte er, sich aufzurichten und sah seinen „Vater“ an.

„Wer bist du?“, keuchte er mit gepresster Stimme.

„Du bist echt schwer von Begriff, Fireball!“ Kopfschüttelnd legte er den Blaster beiseite und machte sich daran, die Handschellen weiter anzulegen. Von seinem Gefangenen ging keine Gefahr mehr aus. Dann zog er den Star Sheriff an den Handschellen auf die Füße und warf ihn auf den Copilotensitz, wo er die Wunde versorgte. Viel konnte er nicht tun, da der Raumanzug teilweise mit der Haut verschmolzen war.

„So, und jetzt machen wir uns endlich auf den Weg zum Hauptquartier!“
 

Der Flug zum Hauptquartier verlief schweigend. Fireball musste alle Kraft darauf verwenden, nicht vor Schmerzen das Bewusstsein zu verlieren. Verwirrende Gedanken mischten sich mit den Schmerzen und zogen den Flug endlos in die Länge. Unbewaffnet, verletzt und gefesselt sah er im Moment nicht die Möglichkeit eines Angriffs, aber vielleicht würde sich an ihrem Zielort etwas ergeben. Im Laufe der Jahre hatte der Star Sheriff gelernt, etwas geduldiger zu sein und dass es manchmal besser war, die Dinge auf sich zukommen zu lassen.
 

Einige Zeit später landeten sie im Hangar des Planeten Gondar, der neuen Heimat der Outrider. Der Gefangene wurde unsanft am Ellenbogen gepackt und ins Innere der Raumstation geführt, wo die beiden ein Rollband betraten.

„Gleich wirst du unseren König kennenlernen, er verlangt nach dir!“

„Pah! Darauf könnte ich liebend gern verzichten“, erwiderte er giftig, den einzigen Kraftakt, den er gegenwärtig zustande brachte.

„Steh gerade, wenn du ihn triffst. Du siehst erbärmlich aus!“

Fireball zog es vor, auf diese Bemerkung lieber nichts zu erwidern. Er wollte seine Kräfte lieber für den neuen König der Phantomzone aufsparen.

Das Rollband endete nach ein paar Minuten vor einem großen, schweren Portal. Auf ein Zeichen hin öffnete es sich automatisch und gab den Blick auf einen riesigen, dunklen mit Säulen durchsetzten Saal frei.

Der Rennfahrer wurde wieder weiter geschoben und direkt zu einem Mann geführt, der kaum in dem schlecht beleuchteten Raum auffiel. Er war ungefähr in seinem Alter und von beeindruckender Statur. Seine dunklen Augen blickten den Gefangenen erwartungsvoll an. Auch seine Haare, die ihm den kompletten Rücken hinab reichten, waren schwarz. Obwohl sein Aussehen schon unheimlich dunkel war, wurde diese Aura noch dadurch verstärkt, dass dieser Mann ebenfalls komplett in schwarz gekleidet war.

Fireball war irgendwie fasziniert von dieser Erscheinung, er konnte kaum die Augen abwenden und vergaß für einen Moment seine Schmerzen.

Plötzlich trat sein „Vater“ ihm unsanft in die Kniekehlen, so dass er hart auf seinen Knien landete.

„Knie nieder vor unserem König und Anführer Nemesis!“, sagte er kalt.

Fireball fing sich ungeschickt mit seinen gefesselten Händen ab und starrte dann ungläubig den jungen Mann an.

„Nemesis? Aber...wie...?“

„Das wirst du zu gegebener Zeit erfahren, Fireball“, erwiderte Nemesis ruhig. Seine Stimme war warm und tief. Das metallische, das Fireball immer noch in seinen Ohren hatte, war vollständig aus ihr gewichen. „Ich werde es dir bald erklären. Wir werden viel Zeit miteinander verbringen, denn wir haben große Pläne mit dir. Wie Jesse mir berichtete, war es relativ einfach dich hierher zu locken. Wir...“

„Jesse...?“

„Ich hab dir doch gesagt, dass du schwer von Begriff bist“, grinste Jesse, der eindeutig wie Commander Hikari Senior aussah. Jesse zog ein Messer aus dem Halfter, das er am Gürtel trug, und klappte es auf. Dann machte er einen langsamen vorsichtigen Schnitt an seiner Kehle entlang. Es erschien kein Blut. Als er seinen Eingriff beendet hatte, zog er vorsichtig die perfekte Maske ab. Lange, blaue Haarsträhnen fielen auf seine Schultern herunter und Jesses Gesicht erschien. Er warf die Maske verächtlich beiseite und entfernte dann noch die Kontaktlinsen. Dann lockerte er seine blaue Mähne auf, die ihm am Kopf klebte und schaute Fireball, der das Szenario geschockt verfolgte, direkt in die Augen.

„Ja, Fireball, ich bin’s, lebendig wie eh und je.“

Der Star Sheriff musste schwer schlucken und seine Stimme wollte ihm kaum gehorchen, als er sprach. „Ich wusste, dass du nicht mein Vater bis, aber mit dir hab ich am Allerwenigsten gerechnet. Wie konntest du die Explosion der Tritonmaterie überleben?“

„Tja, mein Lieber, Unkraut vergeht nicht“, antwortete Jesse trocken, ohne genauere Angaben zu machen. „Aber ich denke, dass Nemesis dir später alles weitere erklären möchte.“ Ein leichtes Nicken seitens Nemesis bestätigte Jesses Vermutung.

„Da wir dich unversehrt in unserer Heimat begrüßen möchten, werden wir uns zuerst um deine Wunden kümmern“, erklärte der Herrscher und gab Jesse damit zu verstehen, dass er diese Aufgabe zu überwachen hatte.

Mit einer leichten Verbeugung deutete dieser an, dass er verstanden hatte und zog den Gefangenen wieder auf die Füße. Durch eine unauffällige Seitentür verließen sie den Thronsaal. Die Gänge dahinter waren steril und Fireball versuchte immer wieder, sich loszureißen.

„Treib’s nicht auf die Spitze, Blechstern!“, warnte Jesse ihn gereizt und stieß ihm warnend seinen Blaster auf die Wirbelsäule. Dann bog er in eine Seitentür ab und sie standen in einem Untersuchungsraum.

„Willkommen, General Blue!“, wurde Jesse dreistimmig begrüßt.

Erst jetzt bemerkte Fireball die drei Outrider, die sich mit ihren weißen Kitteln kaum von der Wand abhoben. Auch ihre Hautfarbe war untypisch blass für Phantomwesen, die normalerweise ins bläuliche ging.

„Das ist er also“, bemerkte der rechte der Drei, Professor Nikron und grinste unsympathisch. Seine spitzen Ohren, die neben seiner Glatze prangten, die schmale Brille und seine langen Zähne verliehen ihm das Aussehen eines Vampirs.

„Ja, das ist er“, antwortete Jesse kurz angebunden, sicherte seinen Blaster und steckte ihn weg. „Versorgt ihn!“, kam der kurze Befehl. „Ich warte solange draußen.“

Die Drei kamen wie die Geier näher und ergriffen Fireballs Arme.

„Hey, Jesse!“, rief dieser panisch, als der Blauhaarige den Raum verlassen wollte. „Was soll das werden, hä? Jesse!“

Doch der Angesprochene antwortete nicht, sondern sonnte sich in seinem Machtgefühl. Die Panik in Fireballs Stimme war Musik in seinen Ohren und er grinste, als die Tür hinter ihm zu glitt.
 

Fireball wurde auf die Liege gedrängt und der dickere Outriderarzt, Professor Nikron, hielt ihn an den Schultern fest, während seine Beine angebunden wurden.

„Lasst mich los!“, brüllte Fireball und wand sich unter dem Phantomwesen heraus, doch die drei waren auf der Hut und konnten den Star Sheriff schnell wieder unter Kontrolle bringen.

Schnell war er wieder in eine liegende Position gebracht worden. Schwer atmend beobachtete er das weitere Vorgehen der Ärzte.

Aus den Augenwinkeln konnte der Star Sheriff erkennen, wie jetzt Professor Durac Gummihandschuhe über seine langen Outriderfinger zog und dann von der anderen Seite an ihn herantrat.

„Wir sollen also seine Verletzungen heilen“, fasste er ihre Befehle noch einmal für seine Kollegen zusammen und deutete auf die Schusswunde, die von vertrocknetem Blut umgeben war. „Wir brauchen ihn intakt!“ Professor Mordred, der dickere Outriderarzt nickte zustimmend.

‚Intakt?!‘, wiederholte Fireball entsetzt in seinen Gedanken.

„Fangen wir an, seinen Raumanzug zu entfernen“, beschloss Professor Nikron. Fireball verkrampfte sich unwillkürlich, als sich die Outrider daran machten, die metallene Panzerung zu entfernen, aus der sein Schutzanzug bestand. Auch die Handschellen wurden ihm abgenommen, aber trotzdem bot sich keine Möglichkeit zur Flucht.

Laut brüllte Fireball auf, als schließlich der Teil entfernt wurde, durch den der Schuss gedrungen worden war. Er spürte wie sich seine Haut spannte und sich mit einem ekelhaften Reißen von ihm löste. Schmerzestränen schossen in seine Augen, als er sich aufbäumte und die Qualen hinausschrie.

„Festhalten!“, befahl Professor Mordred, der die letzte Panzerplatte entfernte und beiseite stellte.

Fireball zitterte am ganzen Körper und spürte wie das Blut über seine Hüfte und seine Seite lief und sich unter ihm sammelte. Sein Atem ging schnell und ihm war furchtbar schwindelig, weshalb er die Augen schloss. Er spürte, dass sein Microfaser-Anzug, den er unter dem Raumanzug trug, zerschnitten und entfernt wurde. Der leichte Luftzug, der über seine vom Schweiß überzogene Haut strich, verschaffte ihm eine kurze Erleichterung.

„Ich werde etwas Wasser zum Auswaschen und Desinfektionsmittel holen“, sagte Professor Mordred.

„Gut“, antworteten seine beiden Kollegen, die sich über die Schusswunde beugten. Fireball ließ es geschehen, er war zu erschöpft, um sich zu wehren.

Kurz darauf tauchte der dicke Outrider mit einer Schüssel lauwarmen Wassers wieder neben dem Gefesselten auf und begann, die Blutkruste mit einem Schwamm abzutupfen. Der Star Sheriff stöhnte erneut laut auf und wand sich auf der Liege, als der Arzt die Verletzung berührte.

„Haltet ihn fest!“, bat Mordred seine beiden Kollegen. „Ich glaube, der Schuss ist sehr tief eingedrungen.“

Nikron packte den Star Sheriff wieder an den Schultern und drückte in auf die Liege, während Durac dessen Hüfte im Zaum hielt. Mordred fuhr mit seiner Arbeit fort.

„Aaaah!“, schrie Fireball und versuchte wieder, der Berührung zu entkommen, was ihm natürlich nicht gelang. ‚Jesse hat mich wirklich voll erwischt! Verdammt! Tut das weh!‘

Nicht nur dem Star Sheriff lief der Schweiß in Strömen herunter, sondern auch die Ärzte schwitzten bei dieser anstrengenden Tätigkeit. Aber schließlich war es geschafft, die Wunde war gereinigt und desinfiziert.

Neugierig betrachtete Mordred sein Werk und Fireball entspannte sich keuchend.

„Das wird wohl ne Zeitlang dauern, bis das abgeheilt ist“, bemerkte der dicke Arzt nüchtern. „Es sieht so aus, als ob die Legierung seines Raumanzug durch den Schuss geschmolzen ist und mit seiner Haut eine Verbindung eingegangen ist. Deswegen hat er wohl auch so geschrieen, als wir ihm seinen Schutzanzug abgenommen haben. Wir haben ihm quasi die Haut abgerissen. Ich hoffe, dass die Entzündung nicht allzu schlimm wird.“ Er deutete auf die Rötung, die sich bereits um die verbrannten Hautpartien abzeichnete. In der Mitte prangte ein tiefschwarzes Loch, aus dem jetzt wieder hellrotes Blut hervorquoll. Mordred holte Verbandszeug, um die Blutung zu stoppen.

„Wir müssen ihn losmachen, sonst kann ich den Verband nicht anlegen“, sagte der dicke Arzt. Sofort waren die beiden anderen wieder an seiner Seite, um ihn zu unterstützen. Nikron und Durac befolgten die Anweisungen ihres Kollegen und richteten ihren Patienten auf, der keinen Widerstand leistete. Der Star Sheriff war inzwischen schon so ausgezehrt, dass er sich nicht mehr alleine gerade halten konnte. Deshalb hielt der glatzköpfige Outrider den Gefangenen aufrecht, der erschöpft in seinen Armen hing.

„Mann, der ist ganz schön schwer!“, beschwerte sich Durac. „Beeil‘ dich gefälligst!“

Der dicke Outrider wickelte den Verband mit geübten Griffen um den Rumpf des Gefangenen, so dass Durac ihn bald wieder hinlegen konnte.

„Das wäre geschafft“, stellte Professor Nikron fest. „Ich werde General Blue informieren.“
 

Jesse trat ein paar Minuten später ein, in denen die Ärzte dem Gefangenen einen einfachen Anzug angezogen hatten. Jesse betrachtete den abgekämpften Fireball abschätzend und entschied dann, ihm noch eine Pause zu gönnen, damit er sich von den Strapazen erholen konnte.

„Nemesis erwartet dich. Bist zu bereit?“, fragte Jesse neutral nach einer Weile, in der sich Fireballs Atmung beruhigt hatte.

„Hab ich eine Wahl?“, entgegnete Fireball müde. Aber er stellte sich nur müde, vielleicht gab es gleich eine Fluchtgelegenheit?

„Nein“, antwortete Jesse und packte den Star Sheriff am Oberarm, um ihn von der Liege hochzuziehen. Er legte seinem Gefangenen die Handschellen an, die sich kalt um seine Handgelenke schlossen. Dann wurde er wieder in den Thronsaal geführt, wo Nemesis den Gefangenen erwartete. Jesse übergab den Gefangenen an seinen Anführer, der sich freundschaftlich bei Fireball unterhakte. Der Star Sheriff kommentierte dies mit einem unwilligen Brummen, täuschte aber immer noch Erschöpfung und Müdigkeit vor.

„Ich halte mich im Hintergrund auf“, erklärte General Blue, verbeugte sich leicht vor Nemesis und zog sich zurück.
 

Nemesis führte seinen Gast nach draußen, in einen unwirtlichen Steingarten und begann auf dem Weg dorthin eine Unterhaltung.

„Du hast gefragt, wie das möglich ist, dass ich noch lebe. Ich will es dir erklären. Du wirst unseren Planeten sowieso nicht mehr verlassen, also sollten wir keine Geheimnisse mehr voreinander haben, mein Freund.“

„Ich bin nicht dein Freund!“

Nemesis lachte schallend. „Noch nicht, noch nicht!“, meinte er nur, ehe er fortfuhr: „Ich bin jetzt so alt wie du in Menschenjahren gerechnet. Als dein Vater uns damals vernichtet hat, konnte nur ein Teil von mir überleben. Meine Ärzte haben mein Gehirn in die Tritonmaterie eingebaut; das war die einzige Möglichkeit für mich wiederzukehren.“

‚Dieser Teil der Geschichte ist also wahr!‘, bemerkte Fireball für sich.

Der dunkle Herrscher führte den Gefangenen um eine kleine Biegung herum. Ein riesiger Moai-Kopf tauchte vor ihnen auf und Nemesis drückte auf einen unauffälligen Knopf an der Seite des Kopfes.

„Du verstehst sicherlich, dass es unheimlich langweilig ist, den ganzen Tag als Großrechner zu dienen ohne die geringste Bewegungsfreiheit. Nach und nach ließ ich Cyborgs bauen, mit denen ich mir wenigstens etwas Abwechslung verschaffen konnte. Und natürlich wollte ich Rache für den verlorenen ersten Krieg. Mit Jesse hatte ich den perfekten Partner gefunden, aber als er im entscheidenden Moment die Kontrolle über den Phantomplaneten übernehmen wollte, konnte ich ihm nicht länger vertrauen und musste selbst alles in die Hand nehmen. Leider seid ihr mir dann dazwischen gekommen.“

Die Tür ging auf und die beiden traten in den Fahrstuhl ein, der sich sofort nach unten bewegte.

„Aber jetzt bist du aus Fleisch und Blut, wie geht das?“, fragte Fireball, der sich erschöpft gegen die Fahrstuhlwand lehnte.

„Auch das will ich dir erklären. Meine Ärzte entnahmen meinem Gehirn Proben lebenden Gewebes, bevor sie es in die Tritonmaterie einsetzten, und klonten es. Es gibt viele weitere Klone von mir, aber sie sind alle in einem Tiefschlaf. Dennoch teilen wir unser Wissen bis ins kleinste Detail, und falls mir etwas zustößt, tritt der Nächste an meine Stelle.“

Die beiden Männer traten aus dem Fahrstuhl heraus und stiegen erneut auf ein Rollband, das sie zu einem ähnlichen Portal führte, wie es am Thronsaal angebracht war.

Nemesis öffnete die massive Pforte und ein eiskalter Wind schlug den beiden Männern entgegen. Fireball hob seine Hand und schirmte seine Augen vor dem gleißenden Licht ab. Als er wieder sehen konnte, traute der Star Sheriff seinen Augen nicht. Vor ihm türmten sich zwanzig Meter hohe Phantomkammern, alle voller Energie und alle gefüllt mit Hunderten, ja vielleicht Tausenden von Nemesis-Klonen.

Der Star Sheriff ahnte, was das für das Neue Grenzland bedeutete und er sank schwermütig auf seine Knie. Nemesis beobachtete dies mit Genugtuung aus seinen Augenwinkeln heraus. Es gehörte mit zu seinem Plan, den Willen dieses Feindes zu brechen.

Der dunkle König zog ihn wieder auf die Füße und legte stützend einen Arm um seinen Gefangenen. Dann setzte er mit ihm zusammen seinen Weg fort, hinein in das große Lager seiner Nachfahren. Die Klone schlugen alle gleichzeitig die Augen auf und verfolgten den Weg ihres Bruders und seines Begleiters. Ein eiskalter Schauer überlief Fireballs Rücken, als er die tausend Augenpaare auf sich spürte. Noch wochenlang würde er in Alpträumen von diesen Blicken verfolgt werden.

Ungefähr in der Mitte hielt Nemesis an.

„Meine Brüder! Heute ist uns ein großer Fang gelungen. Wir haben den Star Sheriff Fireball in unsere Dimension gelockt!“, erzählte er mit wohl klingender, lauter Stimme.

Die Klone antworteten nicht, sondern starrten die beiden weiter mit ihren großen Augen an.

„Ich werde euch heute Abend ausführlich davon berichten, aber ich wollte ihn euch vorstellen und ihn auch in eurem Namen willkommen heißen.“

Der Rennfahrer spürte, wie ihm schwindelig wurde und klammerte sich an den dunklen Mann. ‚Ich darf nicht umkippen! Ich muss meinem Feind aufrecht in die Augen blicken!‘, ermahnte er sich selbst. Nemesis bemerkte jedoch den Schwächeanfall seines Gefangenen und stützte ihn besser, während er mit einem freundlichen Lächeln auf den eineinhalb Köpfe Kleineren hinab blickte.

Fireball bereute, dass er an seinem Feind Halt gesucht hatte und wandte sich angewidert ab, was in Nemesis‘ Lächeln einige spitze Zähne hervorblitzen ließ. Dann wandte er sich wieder an seine Brüder: „Unser Gast fühlt sich nicht wohl. Bevor ich ihn jedoch in sein Zimmer bringen lasse, möchte ich unserem neuen Freund noch etwas zeigen.“ Er machte mit seiner freien Hand eine leichte Bewegung, woraufhin die Klone ihre Augen wieder schlossen.

„Komm, mein Freund!“ Der Star Sheriff ließ sich widerwillig am Arm seinem neuen Ziel entgegen ziehen und schlurfte schweigend neben dem Anführer der Outrider her. Seine Gedanken rasten so schnell und scheinbar in mehreren Schichten gleichzeitig, dass er ihnen kaum folgen konnte.

Sie nahmen wieder den Lift nach oben und gingen erneut nach draußen in den Steingarten. Auf einem kleinen Hügel in der Nähe des Moai-Kopfes war eine Steinplatte errichtet. Dorthin führte ihr Weg.

Der Himmel über ihnen war dunkel, aber Tausende Sterne schickten ihr spärliches Licht auf den kargen Garten hinab.

‚Wirklich komisch, dass es selbst in der Phantomzone etwas Schönes geben kann‘, dachte Fireball und schaute nach oben. Tränen glitzerten in seinen Augen, als er an das Neue Grenzland und seine Freunde dachte, die auf immer verloren waren.

„Hier ist es.“ Nemesis deutete auf die Steinplatte. Die Gravur lautete:
 

Hier ruht

COMMANDER SHINJIRO H I K A R I

Anführer des Tsunami-Geschwaders von Königreich Jarr
 

„Ich habe eure Bräuche über die letzte Ruhestätte eines Menschen studiert. Obwohl ich sie nicht verstehe, dachte ich, ich müsste meinem ebenbürtigen Feind ein solches Begräbnis gewährleisten. Ich dachte, du wolltest es vielleicht sehen.“

Fireball trat vor und berührte leicht den Stein. Die Tränen, die vorher noch in seinen Augen glitzerten liefen jetzt seine Wangen hinab.

„Wie du vielleicht schon von Jesse erfahren hast, war er einer von uns. Er hat uns jahrelang unter dem Namen Gattler in eurer Dimension gedient. Aber auch er wurde abtrünnig. Ich musste ihn sofort beseitigen.“ Sofort tauchten die Bilder im Kopf des Star Sheriffs auf, als er Gattler mit seinem Blaster zurück in die Phantomdimension geschickt hatte. ‚Hätte ich damals gewusst, dass ich mich mit meinen Vater duelliere!‘ Fireball blickte hasserfüllt zu Nemesis.

„Du kannst die Zeremonie eines Begräbnisses auch nie verstehen, weil ihr Outrider keine Gefühle habt!“, zischte er.

Nemesis trat näher, berührte Fireballs Tränen und zerrieb sie zwischen seinen Fingern. „Du hast Recht, wir haben keine Gefühle. Aber es ist ein Zeichen von Schwäche und macht klare Gedanken unmöglich. Deshalb konntet ihr unseren Plan nicht durchschauen. Eure Dimension wird es nicht mehr lange geben...“

„Das werden wir ja sehen!“ Fireball rammte seinen Ellenbogen mit aller Kraft in Nemesis‘ Magen und stürmte dann weiter in Richtung Moai-Kopf. Ein einzelner Gedanke hatte von ihm Besitz ergriffen.

Würde das Neue Grenzland ebenfalls untergehen, wenn er die ganzen Klone zerstörte?

Doch als er in den Steinkopf eintreten wollte, rannte er direkt in Jesses Arme.

„Ich habe doch gesagt, ich bleibe im Hintergrund.“ Jesse packte ihn wieder an den Handschellen, die Fireball immer noch trug, und schubste ihn wieder zu Nemesis, der schmerzgekrümmt an der Grabsteinplatte lehnte. Als zusätzliche Bedrohung außer seiner bloßen Anwesenheit hatte er nun noch seinen Blaster gezogen und presste ihn hart auf Fireballs Wirbelsäule.

„Ich hab unseren Heißsporn wieder, Nemesis.“

„Gut“, keuchte der Angesprochene. „Wir sollten bald mit unserem Vorhaben beginnen, ehe er noch einmal so etwas macht. Bewache ihn gut!“ Alle Wärme, die Fireball gehört hatte, war aus der Stimme des Outriderkönigs verschwunden.

„Was habt ihr vor mit mir?“, fragte Fireball kalt.

„Das wirst du schon noch sehen, Commander Hikari!“ Nemesis machte eine wegwerfende Bewegung mit der Hand, woraufhin Jesse den Gefangenen abführte.

Fireball gab sich für den Moment friedlich, aber sein neuer Gedanke ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Vielleicht war es ja wirklich die einzige Möglichkeit, das Neue Grenzland zu retten? Er durfte nicht sterben, nicht bevor er es nicht wenigstens versucht hatte!
 

Jesse führte den Star Sheriff wieder in den Thronsaal. Dort bog er in einen unscheinbaren Seitengang ab und gelangte so in die riesige Basis, die sich dahinter verbarg. Fireball schaute sich alles ganz genau an, achtete dabei aber darauf, dass sein Bewacher von diesen Beobachtungen nichts mitbekam. Zum Glück war er schon lange nicht mehr beim Friseur gewesen, so dass ihm die Haare über die Augen hingen und seine forschenden, wachsamen Blicke verdeckten.

Die Gänge waren hoch und lang. Überall waren Überwachungskameras und Sensoren angebracht. Ein Entkommen schien quasi unmöglich zu sein.

„Wohin bringst du mich?“

„Dorthin, wo es kein Entkommen für dich gibt. Du kannst vielleicht Fragen stellen!“ Jesse schnaubte verächtlich. Eine andere Antwort konnte Fireball wohl kaum erwarten, also entschied er sich zu schweigen.

Ein Hangarschott glitt beiseite, als sie darauf zugingen, und gab den Blick auf eine Art Garage frei. Jesse steuerte auf einen roten Wranglerturbo zu und öffnete ihn.

„Los, rein da!“

Der Rennfahrer nahm auf dem Beifahrersitz Platz. ‚Mal sehn, wohin die Reise geht‘, dachte er und verhielt sich weiterhin unauffällig ruhig. Seine Schusswunde pochte unangenehm, aber es war erträglich. Nachdem auch Jesse eingestiegen war und sich angeschnallt hatte ging die Fahrt los, hinaus in die unwirtliche Gegend des Planeten Gondar. Eine Straße oder wenigstens ein Schotterweg waren nicht zu erkennen.

‚Hoffentlich finde ich wieder zurück. Ich brauche ein Schiff, um hier ‘nen Schnellabgang zu machen. Und ich weiß nicht, ob es dort Raumschiffe gibt, wohin auch immer wir fahren.‘, meinte der Star Sheriff in seinen Gedanken zu sich selbst.

Hin und wieder waren eine kleine verfallene Hütte oder ein Labortrakt zu sehen, aber sonst gab es keinerlei Lebenszeichen, nur Steine. Nicht einmal kleine Büsche wuchsen hier und Fireball fragte sich, wovon sich die Outrider eigentlich ernährten.

Die Fahrt dauerte ziemlich lange und Jesse machte nach wie vor keine Anstalten, eine Unterhaltung zu beginnen.

„Muss ja wirklich ein ganz besonderes Örtchen sein, an das du mich bringst“, meinte Fireball zynisch.

„In der Tat. Wir wollen ja nicht, dass du uns verloren gehst, nicht wahr?“, erwiderte Jesse kühl. Aber sein Blick zeigte Belustigung und noch etwas, was der Star Sheriff nicht richtig deuten konnte.

‚Irgendwie ist Jesse anders geworden‘, überlegte er und schaute ihn dabei prüfend von der Seite an, ‚Er ist nicht mehr der pure Egoist, der er früher war. Wenn Nemesis ihn nicht beseitigt hat, obwohl er von Jesse hintergangen worden ist, dann kann das einfach nichts Gutes bedeuten. Er ist gefährlicher als früher!‘

„Was starrst du mich so an?“, fragte Jesse ohne seinen Blick von der für Fireball unsichtbaren Straße zu nehmen.

„Och, nichts, ich habe nur überlegt, dass du irgendwie anders aussiehst“, log Fireball ohne rot zu werden.

Jesse wusste nicht, wie er diesen Spruch einschätzen sollte und schwieg daraufhin wieder.

Sie fuhren gerade an einer tiefen Schlucht vorbei, bevor sie wieder um eine Kurve bogen und die Schlucht in eine andere Richtung verlief. Fireball registrierte in der Ferne einige aufsteigende Rauchsäulen.

„Was ist da hinten?“, wollte er wissen.

„Das sind unsere Minen. Wir bauen dort Kristalle und Erze verschiedenster Art ab, aus denen wir unsere Energie gewinnen. Aber das ist nicht unser Ziel“, erklärte der Blauhaarige einigermaßen bereitwillig.

„Wie kommt es eigentlich, dass dich der große Nemesis nach deinem Verrat wieder aufgenommen hat?“

„Das brauchst du nicht wissen, Blechstern. Beobachte lieber weiter, wohin ich dich bringe. Du wirst sowieso nicht entkommen können“, erwiderte Jesse kühl.

‚Verdammt, er ist wirklich noch viel abgebrühter als früher!‘ Fireball wandte sich von seinem Bewacher ab und schaute nachdenklich aus dem Fenster. Er zog es vor, im Moment besser keine Unterhaltung mehr mit ihm zu führen.

„Na, was ist? Magst du nicht mehr versuchen, noch mehr Informationen aus mir herauszuholen?“ Als von dem Star Sheriff keine Reaktion kam, lachte Jesse schallend los, so wie er es früher schon immer getan hatte, wenn einer seiner fiesen Pläne aufgegangen war.
 

Eine Zeitlang später hielt der Wagen vor einem großen Felsmassiv an. Nichts war in der näheren Umgebung zu sehen.

„Wo sind wir? Willst du mich hier umbringen?“, fragte Fireball, der während der langweiligen Fahrt durch das eintönige Gelände fast eingeschlafen war.

„Sei nicht dumm, Blechstern. Nemesis hat großes mit dir vor“ ‚Und ich werde ebenfalls meinen Spaß haben‘, fügte der Blauhaarige in Gedanken hinzu und vermied, seine Vorfreude auf seinem Gesicht erscheinen zu lassen.

Plötzlich erschien ein blaues Licht aus dem Felsen, das den Wranglerturbo erfasste. Fireball erschreckte kurz vor dem Lichtblitz, aber Jesse verzog keine Miene.

Der Scan war ein paar Augenblicke später abgeschlossen, und in dem Berg zeichneten sich die Konturen eines riesigen Schotts ab. Langsam fuhr es beiseite und gab den Eingang frei.

„Willkommen in deinem neuen Zuhause“, grinste Jesse einladend und fuhr auf den Eingang zu. Der Rennfahrer presste resignierend seine Lippen zusammen, als sich die Türen hinter ihm schlossen.

‚Schätze, eine Flucht wird doch nicht so einfach werden. Aber ich muss aufpassen, ich muss mir jeder verdammte Kleinigkeit einprägen!‘ Allerdings war das gar nicht so einfach. Etliche hundert Meter fuhren sie ins nur spärlich beleuchtete Berginnere hinein. Jesse folgte ohne ein erkennbares Muster dem Labyrinth aus unzähligen Kreuzungen. Anfangs hatte Fireball versucht, sich den Weg zu merken, aber eine Abzweigung sah genauso aus wie die nächste, weshalb er das Zählen schon bald wieder aufgegeben hatte.

„Du kommst hier doch nicht raus, also gib dir erst gar keine Mühe!“, kommentierte Nemesis‘ rechte Hand die lächerlichen Fluchtversuche des Star Sheriffs. Dann zog er das Lenkrad nach links und folgte dem Straßenverlauf in eine lang gestreckte Kurve. Bald darauf verlangsamte sich der Wranglerturbo und kam vor einem steril wirkenden Gang zum Stillstand, der heller beleuchtet war als der Rest der unterirdischen Basis.

„Da sind wir!“ Jesse löste erst seinen Gurt und dann den von Fireball. Jetzt hatte er seinen Blaster auch wieder in der Hand.

„Los, aussteigen!“

Unter Schmerzen bewegte der Star Sheriff sein Bein und ein lautes Stöhnen entfuhr seiner Kehle, als er sich aus dem Auto erhob und sich vor seinem Bewacher aufrichtete.

„Das werde ich dir noch heimzahlen, Jesse!“, giftete Fireball, aber Jesse lachte nur.

„Du bist wirklich witzig geworden, Rennsemmel. Und jetzt komm, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit!“ Unsanft schob er seinen Gefangenen vorwärts und stieß ihm ab und zu den Blasterlauf in den Rücken.

Tief im Inneren des Berges war es sehr kalt. Einige Wassertropfen liefen die Felswände herunter, und eine Art dunkelbraunes Moos hatte sich an den immerfeuchten Stellen gebildet. Fireball wunderte sich, dass hier unten überhaupt etwas wuchs.

Doch in diesem sterilen Gang, der fast wie ein OP-Saal des Yuma-Memorial-Hospitals wirkte, war es trocken. Die Beleuchtung flackerte etwas, bot aber ausreichend Licht, so dass Fireball die Schleuse erkennen konnte, auf die er zugeschoben wurde.

„Was ist das für eine Einrichtung, Jesse?“, fragte Fireball, dem langsam etwas mulmig zumute wurde. Er hatte mit einem kalten, ungemütlichen Verlies gerechnet, aber nicht mit einer Zelle, die mit weißen Fliesen ausgelegt war, und den Eindruck eines Sanatoriums erweckte. Krankenhäuser hatte er schon immer gehasst, und dass die Outrider ein solches hatten, machte sein Befinden nicht gerade besser.

„Hast du etwa Angst, Blechstern?“ Der Blauhaarige liebte es, seinen ewigen Gegner so zu sehen: Gefesselt, ängstlich, verletzt – und in seinen Händen. Er konnte alles mit ihm tun, was er wollte! Wie lange hatte er doch auf diesen Augenblick gewartet!

Der Star Sheriff verlangsamte seine Schritte, je mehr sie sich der Schleuse näherten.

„Geh weiter!“ Er gab seinem Gefangenen einen neuerlichen, harten Stoß. Fireball hatte nicht damit gerechnet und stolperte über seine eigenen Füße. Hart kam er auf dem Boden auf. Jesse wurde ärgerlich.

„Willst du mit mir Spielchen spielen?“, fragte Jesse kalt, packte den Rennfahrer am Hinterkopf und zerrte ihn an den Haaren weiter zur Schleuse. Fireball versuchte so gut es ging, mit Jesse Schritt zu halten, aber dieser gab ein so forsches Tempo vor, dass es ihm kaum gelang. An der Schleuse wurde er wieder zu Boden geworfen und der Blaster auf ihn gerichtet.

„Beweg dich nicht!“ Jesse gab schnell einen Code an der Schleuse ein, woraufhin den Beiden Einlass gewährt wurde. Wieder wurde der Star Sheriff unsanft auf die Beine gezerrt und ins Innere dieses sterilen Gebäudes gezogen. Danach fuhren die dicken Stahlstifte des Schlosses wieder in ihre vorherige Position.
 

Jesse zerrte seinen Gefangenen immer weiter. Zwei Outriderwachen schlossen sich ihnen an. Ein paar sterile Gänge weiter hielt er schließlich an. Sie standen vor einer massiven Stahltür, in die nur ein kleines Fenster eingelassen war.

Fireball hielt die Luft an. ‚Das wird doch nicht...‘

„Aufmachen!“, befahl Jesse und verstärkte seinen Griff, um den Gefangenen am Wegrennen zu hindern.

Eine der Wachen öffnete die Tür mittels einer Chipkarte. Der Star Sheriff versuchte immer dringender, von seinem Bewacher loszukommen, aber dessen Kraft schien immens zu sein. Er spürte jeden einzelnen von Jesses Fingern in seinen Muskeln, ein Griff, der hart wie Eisen war.

„Hör auf zu zappeln, Fireball. Du kannst uns ja doch nicht entkommen“, riet er, ohne die geringste Spur von Anstrengung in seiner Stimme. „Du wirst Labor 5 nicht mehr verlassen, das verspreche ich dir!“

Damit warf er ihn in die Zelle, so dass Fireball über den kalten, stählernen Boden rutschte und kurz vor der gegenüberliegenden Wand liegen blieb. Dann zog Jesse wieder seinen Blaster und trat ebenfalls ein. Die komplett aus Edelstahl gefertigte Zelle maß vier Quadratmeter. Es gab ein Waschbecken, eine Toilette und eine Pritsche, auf der jedoch weder eine Decke noch ein Kissen zu finden waren.

Mit gezücktem Blaster trat Jesse näher zu dem am Boden liegenden Star Sheriff und drehte ihn mit seiner Stiefelspitze auf den Rücken. Fireball konnte nun das triumphierende Lächeln auf seinem Gesicht erkennen und spürte Zorn in sich aufkeimen.

„Nun hab ich dich endlich da, wo ich dich haben wollte, Fireball! Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie glücklich mich das macht.“ Seine Augen leuchteten, als er neben dem Gefangenen in die Hocke ging. „Du wirst es hier gut haben“, fuhr er zynisch fort. „Die Raumtemperatur beträgt angenehme 21°C, Zimmerservice inklusive. Außerdem bieten wir ein einmaliges, abwechslungsreiches Unterhaltungsprogramm, was dir deinen Aufenthalt versüßen wird.“

Plötzlich fuhr der Star Sheriff herum und trat nach seinem Widersacher. Durch die hektische Bewegung riss die Schusswunde wieder auf und färbte den Stoff von Fireballs Anzug rot. Jesse wich der Attacke jedoch mühelos aus. Allerdings konnte er so etwas nicht auf sich sitzen lassen. Seine Miene verfinsterte sich und er verpasste dem Gefangenen eine so harte Ohrfeige, dass dessen Kopf gegen die Wand prallte. Dann packte er den Benommenen am Kragen und zog ihn hoch, bis dieser nur noch Zentimeter von seinem Gesicht entfernt war.

„Ich werde mich jetzt endlich um April kümmern, du bist mir ja jetzt nicht mehr im Weg“, zischte er. Dann änderte er seinen Tonfall in eine freundliche Variante. „Die Gute dürfte inzwischen im ganzen Grenzland gejagt werden, schließlich hat sie König Jared ermordet. Ich werde nun ihr Retter sein und sie vorm Hackebeil des Henkers befreien. Dann endlich wird sie einsehen, dass sie zu mir gehört.“

„April?“, stammelte Fireball. Speichel lief ihm aus dem Mundwinkel und seine Augen zuckten wild hin und her. Er hatte zwar alles verstanden, was Jesse zu ihm gesagt hatte, aber er war noch zu benebelt von dem festen Schlag, um ihn ernsthaft angreifen zu können.

„Du bist so widerlich!“ Verächtlich warf der Blauhaarige den Star Sheriff wieder zu Boden, der den Aufprall mit seinen auf dem Rücken gefesselten Händen kaum abfangen konnte. Dennoch, versuchte Fireball gleich wieder, sich aufzurichten. Ein paar Augenblicke lang beobachtete Jesse teils amüsiert, teils wütend die verzweifelten Versuche seines Gefangenen, auf die Beine zu kommen, aber dann wandte er sich zum Gehen. Zu den zwei Wachen sagte er: „Richtet den Professoren Nekron, Mordred und Durac aus, dass sie morgen mit dem Projekt Gorgath beginnen sollen. Ich muss zurück zu Nemesis. Sie sollen mich auf dem Laufenden halten! Täglich!“

Das war das Letzte, was Fireball hörte, bevor sich die Zellentür schloss, und er in einsamer Stille und Dunkelheit zurückgelassen wurde.

Erschöpft entspannte er sich auf dem kahlen Boden und verharrte in seiner Position. Der kühle Stahlboden fühlte sich angenehm an auf seiner Stirn. Langsam, ganz langsam klärten sich seine Sinne wieder und er konnte jeden einzelnen seiner Knochen spüren und das Blut, das an seinem Bauch klebte und sich unter ihm auf dem Boden in einer kleinen Lache ausbreitete. Dennoch bewegte er sich nicht.

‚April eine Mörderin? Was sagt er da? Henker? Hackbeil? Die Klone! Nemesis lebt! Ich muss die Phantomkammern vernichten! Mein Vater...mein Vater war Gattler? König Jared...‘ Tausend Gedanken rasten nur so in Fireballs Kopf, dass er sie gar nicht sortieren konnte. Irgendwann schlief der Star Sheriff erschöpft ein.
 

Die drei Professoren fanden den Gefangenen am nächsten Tag so vor, wie Jesse ihn verlassen hatte. Als sie die Zellentür öffneten, standen zwei von ihnen mit gezogenen Blastern davor und der Dritte, näherte sich ihm vorsichtig wie einem wilden Tier.

Fireball hörte zwar die Schritte, die sich ihm näherten, aber er bewegte sich immer noch nicht. Er hatte jegliche Perspektive verloren und konnte sich aus seinem Tief nicht befreien. Widerstandslos ließ er sich von dem dicken Arzt auf den Rücken drehen. Das grelle Deckenlicht blendete, und er kniff seine blutunterlaufenen Augen zusammen.

„Wir beginnen nun mit unserer Arbeit, Gefangener. Los, steh auf!“ Dieser machte aber keine Anstalten, der Aufforderung Folge zu leisten.

Der dicke Vampir wurde mutiger, als er Fireballs Reaktion sah. Von diesem Insassen würde wohl kaum Gefahr ausgehen. Trotzdem warf er einen kurzen Blick zu seinen Kollegen am Zelleneingang und war beruhigt, sie dort mit ihren Phantomgewehren zu sehen.

„Sei vorsichtig, Mordred!“, rief der glatzköpfige, schmächtige Arzt ihm zu.

„Ich pass schon auf! Erschreck mich nicht so!“ Beherzt ergriff Mordred die kurze Kette zwischen den Handschellen und zog den Star Sheriff ruckartig auf die Beine. Fireball trottete artig vor ihm her wie ein Hund, der an der Leine Gassi geführt wurde. Die beiden anderen folgten ihnen ins Labor, und behielten ihre Blaster im Anschlag.

Auf dem Weg dorthin fiel dem Star Sheriff auf, dass heute viel mehr Outrider-Ärzte zu sehen waren als gestern. Geschäftig eilten sie durch die Gänge, trugen Reagenzgläser und digitale Notepads hin und her. Trotz der Eile, die sie alle an den Tag legten, ging es nicht laut zu, was Fireball am Rande bemerkte. Auch einige weibliche Outrider konnte er in dem Gewirr entdecken.

Als sie in dem Bereich ankamen, der für die drei Vampire bestimmt war, wurde die Tür wieder von innen verriegelt. Mordred zog den Gefangenen auf eine Liege und schnallte ihn an Kopf, Armen und Beinen fest. Fireball ließ das alles über sich ergehen, aber in seinem Inneren regten sich wieder erste Gedanken um seine Fluchtmöglichkeiten. Auf seinem Gesicht ließ er jedoch den gleichen unbeteiligten Ausdruck stehen.

„Meine Herren, starten wir die Aufzeichnungen!“ sagte der glatzköpfige Outrider. Er betätigte eine Taste an einem Display, die die Aufnahme startete.

„Heute beginnen wir mit Projekt Gorgath. Die durchführenden Ärzte sind Professor Nikron, Professor Mordred und meine Wenigkeit, Professor Durac. Als Objekt wurde uns der Star Sheriff Commander Shinji Hikari, auch bekannt unter dem Namen Fireball gebracht. Heute werden wir die Basisuntersuchungen vornehmen, um die Voraussetzungen festzustellen.“

Während Professor Durac weiterredete, fühlte sich Fireball auf seinem Platz immer schlechter. Als Objekt bezeichnet zu werden, gehörte nicht zu seinen Gewohnheiten. Es kostete ihn einige Mühe, seine desinteressierte Miene weiterhin aufrecht zu erhalten. Was war Projekt Gorgath? Was würde mit ihm geschehen?

Einzelne Schweißtropfen bildeten sich auf seiner Stirn und liefen seitlich hinunter.

„Der Gefangene ist nüchtern“, notierte Durac in seinem Sprach-Protokoll. „Als erstes wird eine Blutprobe entnommen.“

Schon tauchte Nikron mit einer Spritze neben seinem linken Arm auf und schob den Ärmel nach oben.

‚Blutprobe geht noch!‘, beruhigte sich Fireball und entspannte ein wenig. Als der Outrider die Nadel in seine Vene bohrte, zuckte der Star Sheriff nicht. Fünf Ampullen wurden ihm abgenommen, die Nikron in auf ein Tablett legte und sich dann weiter damit beschäftigte.

Jetzt tauchte Mordred wieder neben der Liege auf und klebte ihm ein Pflaster auf die Einstichstelle. Fireball war sehr verwundert darüber, behielt seine Gesichtszüge aber weiterhin unter Kontrolle.

‚Was kommt als nächstes?‘
 

Den ganzen Tag lang behielten die drei Professoren Fireball in ihrem Labor. Sie säuberten seine weiteren Verletzungen, überprüften seine Herzfrequenz und den Blutdruck. Außerdem wurde er geröntgt und komplett vermessen. Er kam sich vor wie ein Bauwerk, das einer TÜV-Untersuchung standhalten musste. Die drei Vampire vermaßen seinen Kopf, seine Arm- und Beinlänge, ja sogar jeder einzelne Finger entkam dem Metermaß nicht.

Der Star Sheriff ließ alles über sich ergehen und war froh, als er Stunden später endlich wieder in seine Zelle gebracht wurde. Das Essen, das die Outrider ihm brachte, verschmähte er, nicht zuletzt, weil er von den Anstrengungen des Tages zu müde war. Schnell schlief er auf seiner Pritsche ein und erwachte tief in der Nacht, als das Fieber über ihn kam.
 

Professor Mordreds Vermutung bestätigte sich. Projekt Gorgath verzögerte sich um fast zwei Wochen, weil der Heilungsprozess des Gefangenen nur langsam voran ging. Der geschmolzene Raumanzug, hatte in den betroffenen Partien durch chemische Reaktion eine giftige Lösung gebildet, die in Fireballs Körper wütete. Leider hatten die drei Ärzte dies zu spät festgestellt und konnten die Infektion und den Fieberwahn nicht mehr verhindern. Auch die regenerativen Mittel, die sie ihm spritzten, bewirkten nicht viel, außer dass die Haare des Gefangenen unheimlich schnell wuchsen.

General Blue war in der Tat nicht sehr erfreut darüber, als er diese Nachricht empfing. Seitdem tauchte er täglich im Labor 5 auf, um nach seinem ausgemergelten Gefangenen zu sehen, und das Projekt weiter voran zu treiben.

Der neue König

und April Eagle war nun jedem einzelnen Einwohner als Königsmörderin bekannt. Unzählige Reporter berichteten über den Anschlag, das Königshaus und die Mörderin. Viele Zeitungen stellten Mutmaßungen über die Motive an, von denen aber seitens des Sprechers des Königshauses - Monsieur Tréville - keines bestätigt wurde. Immer wieder beteuerte der Sprecher, dass man erst die Mörderin fassen müsse, um über das Motiv sprechen zu können.

Außerdem wollten die hartnäckigen Reporter wissen, warum eine Delegation des Neuen Grenzlandes am Königshof war, und weshalb dies nicht bekannt gegeben worden war. Aber Monsieur Tréville wand sich auch aus diesen Fragenbombardements geschickt heraus und gab nichts über die Gründe des Aufenthalts von Commander Eagle und den Star Sheriffs bekannt.

Die Beziehungen zwischen dem Neuen Grenzland und Königreich Jarr verschlechterten sich zunehmend. Wenn Prinz Roland seine Gäste und Freunde der Königsmörderin auch nicht unter Arrest gestellt hatte, so war er doch kurz davor. Als Vorsichtsmaßnahme hatte er Wachen um den Flügel postiert, in dem sie sich aufhielten. Auch wenn die drei Männer das Gebäude hätten verlassen können, hielten sich jedoch nach wie vor in den ihnen zugewiesenen Zimmern auf, um Konflikte jeglicher Art von vornherein zu vermeiden.

Aprils Vater war in den letzten Stunden um Jahre gealtert, fand Saber Rider. Tiefe Sorgenfalten zeichneten sein Gesicht und seine Haut hatte eine graue Farbe angenommen. Trotz der angespannten politischen Lage bestand Commander Eagle jedoch darauf, das Königreich nicht zu verlassen.

„Wenn wir jetzt gehen, dann sind unsere Chancen auf einen gemeinsamen Krieg gegen die Outrider noch weiter entfernt als jemals zuvor“, sagte er. Der Commander saß zusammen mit Saber Rider und Colt in seinem Gästezimmer und besprach mit ihnen die Situation, in der sie steckten.

„Unsere Mission hat sich im Moment von einer militärischen in eine diplomatische gewandelt. Wir müssen die Verantwortung für Aprils Handeln mit tragen.“

„Ich kann immer noch nicht glauben, was April getan hat!“, warf Colt aufgebracht ein. „Auch wenn die Beweise gegen sie sprechen! Das stinkt doch zum Himmel!“

„Aber das Gegenteil können wir leider nicht beweisen“, bemerkte Saber Rider konzentriert. Er hatte sich in seinem Sessel zurückgelehnt, die Beine übereinander geschlagen und nachdenklich seine Augen geschlossen. Auch seine Gesichtszüge wirkten tiefer und ernster als jemals zuvor.

„Wir dürfen jetzt nicht an April denken!“, sagte der Commander und Saber schlug überrascht seine Augen auf. Er konnte sehen, wie schwer es seinem Vorgesetzten fiel, dies auszusprechen. Kurze Zeit hatte er wirklich geglaubt, April würde ihrem Vater nichts bedeuten, aber jetzt sah er, dass es nicht so war. Nachdenklich schloss der blonde Mann wieder seine Augen.

„In sechs Tagen kommt Fireball mit seinem Vater zurück. Auch dann müssen wir hier sein. Sie werden uns berichten, wie weit die Outrider mit ihren Aufrüstungen sind. Und dann ist unser aller diplomatisches Geschick gefordert. Wir müssen Prinz Roland dazu bewegen, mit uns zusammen zu arbeiten.“

„Ich verstehe, Commander“, erwiderte der Anführer des Ramrod-Teams. „Sie können auf uns zählen.“

Colt nickte zustimmend. Auch ihm war die Ernsthaftigkeit ihrer Lage nicht entgangen.

„Geht jetzt“, bat der ältere Commander. „Ich muss einen Moment alleine sein.“

„Sie wissen, wo sie uns finden“, verabschiedete sich Saber Rider und legte seinem Vorgesetzten kurz eine Hand auf die Schulter, die der Ältere kurz drückte.

„Komm, Colt.“

Der Cowboy warf noch einen kurzen, grübelnden Blick auf Aprils Vater und folgte dem Schotten nach draußen.

„Wir sollten uns bei unseren Familien melden. Die machen sich bestimmt schon Sorgen!“, bemerkte Saber Rider, als Colt neben ihm angekommen war.

„Das sollten wir tun, sollten wir. Solange wir noch kein Telefonverbot haben“, stimmte Colt zu und verschränkte seine Arme im Nacken.

Saber presste seine Lippen zusammen. Colt hatte das zwar so unbedacht ausgesprochen, aber der Schotte glaubte, dass das bald schon Wirklichkeit sein könnte.
 

„Saber, du bist es! Ich bin so froh, dass du dich meldest!“ Sincia wirkte erleichtert, als sie ihren Mann auf dem Bildschirm erblickte.

„Ich auch, mein Schatz“, begrüßte er seine Frau und lächelte leicht. Wie gerne wäre er jetzt bei ihr anstatt hier in dem Königspalast festzusitzen!

„Kannst du alle zusammenholen? Colt sitzt neben mir, wir wollen mit euch reden.“

„Ja, warte kurz!“ Schnell rief sie Sabers Eltern, Robin und deren Bruder Joshua in ihr Zimmer, wo sie selbst gerade ein Bad nehmen wollte. Die Gerufenen eilten herbei und redeten nervös durcheinander. Nachdem nun auch die beiden Schlossbesitzer durch die Nachrichten wussten, dass ihr Sohn auf Jarr war, waren sie sehr aufgebracht. Über die Mission ihrer Männer hatten Sincia und Robin Mr. und Mrs. Rider jedoch nach wie vor nicht informiert.

Colt schob Saber ein wenig zur Seite, so dass sie nun beide auf dem Bildschirm zu sehen waren.

„Hallo auch!“, winkte Colt gespielt fröhlich ins Display und seine Familienangehörigen erwiderten sein Winken.

„Was ist passiert?“, fragte Edward Rider seinen Sohn ohne ihn zu begrüßen. „Es sind schreckliche Nachrichten, die man so erfährt.“

„Und was ist mit April?“, fragte Robin dazwischen.

Bevor noch eine weitere Frage gestellt werden konnte, unterbrach Saber den Redefluss ihrer beider Familien.

„König Jarred ist in der Tat ermordet worden. Die Beweise sprechen gegen April, aber wir glauben nicht, dass sie es getan hat. Wir können allerdings nicht das Gegenteil beweisen“, erzählte er knapp. Robin schlug sich entsetzt die Hände vor ihren Mund. ‚Meine Freundin April? Das kann nicht sein!‘

„Die politische Lage ist sehr ernst und droht außer Kontrolle zu geraten. Deswegen können wir auch nicht hier weg.“

„Was ist mit Fireball? Und ihrem Vater?“, fragte Sincia dazwischen und zog ihren Bademantel enger um sich. Ein eiskalter Schauer lief ihr über den Rücken und bescherte ihr eine Gänsehaut am ganzen Körper.

„Unserem Matchbox geht es soweit gut. Commander Eagle kommt auch zurecht“, log Colt. „Sie glauben auch nicht, dass April das getan haben könnte.“

‚Guter Schachzug, mein Freund!‘, lobte Saber seinen Kollegen in Gedanken. Sie durften nicht verraten, auf welch heikler Mission ihr junger Kollege gerade war, dafür stand zuviel auf dem Spiel.

„Colt, wann kommst du zu uns heim?“, ertönte plötzlich Joshuas Stimme. Der Junge konnte dem Gespräch der Erwachsenen nicht ganz folgen, aber er verstand, dass etwas Schlimmes passiert war.

„Josh, ich versuche, so bald wie möglich wieder bei euch zu sein“, beruhigte er seinen Schwager. „Aber ich kann dir leider keinen genauen Termin sagen. Ich weiß nicht, wie lange das hier noch dauern wird, verstehst du?“

Weinend nickte der Junge und krallte sich an seine Schwester, deren Augen ebenfalls verdächtig feucht schimmerten. Robin zog ihren Bruder näher an sich.

„Aber euch geht es gut, ja?“, vergewisserte sie sich.

„Ja, uns fehlt es an nichts, macht euch keine Sorgen“, antwortete der Cowboy und machte ein fröhliches Gesicht, um die Stimmung etwas aufzulockern. „Wie geht es unserem Baby, Süße?“

„Der Kleinen geht es gut. Sie strampelt immer kräftiger in meinem Bauch. Sincia und ich beobachten jeden Tag ihre Tritte. Das ist echt lustig.“ Robin rang sich ein kleines Lächeln ab. „Ich hoffe, du bist rechtzeitig zurück, wenn es soweit ist, Colt.“

„Keine Sorge, das werde ich“, versprach der Cowboy und hoffte insgeheim, dass er sein Versprechen auch wirklich würde halten können.

„Vielleicht kann ja alles schneller als gedacht aufgeklärt werden“, warf Saber Rider ein und lächelte ein wenig. Er war leider nicht ganz so gut im Gute-Miene-zum-bösen-Spiel-Machen wie sein Kollege.

„Das hoffen wir alle, mein Junge“, sagte Mary Rider und tupfte ihre Augen mit einem Taschentuch ab.

„Du weißt, wir tun unser Bestes, Mutter“, beruhigte er sie.
 

Am nächsten Tag liefen die Vorbereitungen für die morgige Beerdigung auf Hochtouren. Prinz Roland hatte sich seit dem Tod seines Vaters kein einziges Mal bei seinen Gästen gezeigt, wofür Commander Eagle ihm vollstes Verständnis entgegenbrachte. Andererseits löste es aber auch eine tiefe Unruhe in seinem Inneren aus und er machte sich auf das Schlimmste gefasst.

Er und seine beiden übriggebliebenen Begleiter würden morgen ebenfalls an der Beerdigung teilnehmen. Dazu gestattete man ihnen, passende Garderobe aus ihrem Raumschiff zu holen. Dies geschah unter strengster Bewachung, was Saber Rider darauf schließen ließ, dass sie wohl doch bald unter Arrest gestellt werden würden.

Der ganze Palast wurde mit Blumen geschmückt. Die Fahnen im ganzen Königreich hingen seit heute früh auf Halbmast und waren mit schwarzen Trauerbändern versehen worden.
 

Prinz Roland war in einer tiefen Krise. Seit gestern Nacht hatte er sich in sein Gemach zurückgezogen und durchlebte extreme Stimmungsschwankungen.

Obwohl er ein Prinz war, weinte er viel und ausgiebig. Er erlaubte keinem einzigen seiner Minister, ihn zu sehen. Sogar sein persönlicher Butler André durfte nicht das Zimmer seines jungen Herrn betreten, obwohl er ihn schon von Geburt an kannte und ihn schon häufig getröstet hatte. Aber der baldige König wollte alleine sein.

Am zweiten Tag nach dem Tod seines Vaters erschien er gefasst im Arbeitszimmer des Königs, das bald ihm gehören würde. Seine Minister hatten die Staatsgeschäfte in groben Zügen am Leben erhalten und alles für die bevorstehende Beerdigung und Krönung in die Wege geleitet.

Roland nahm auf dem Stuhl hinter dem massiven Schreibtisch Platz und betrachtete die Zeichnungen an der Wand. ‚Mein Vater‘, dachte er. ‚Vorgestern hast du noch in diesem Zimmer gearbeitet. Das ganze Palais ist so leer ohne dich. Sie hat dich mir genommen! Das war alles geplant, die Geschichte mit dem Outriderangriff nur erfunden...aber warum?!‘ Er zerknüllte ein Blatt Pergament, das auf dem Arbeitstisch lag. ‚Das Neue Grenzland hatte schon immer ein Interesse daran, Jarr in sein Einzugsgebiet einzugliedern, und wir haben uns seit jeher geweigert. Nach dem Krieg gegen die Outrider konnte sich wohl keine bessere Möglichkeit mehr bieten… Ich werde April finden und alles aus ihr herausquetschen, was ich wissen muss. Und dann töte ich sie, das schwöre ich bei meinem Leben!‘ Leidenschaftlich warf er das zerknüllte Blatt fort und rang um Fassung und Kraft, bevor er den schwierigen Gang zur Beerdigung antreten würde.
 

Die Suche nach der Königsmörderin lief auch Hochtouren, blieb aber nach wie vor erfolglos. Die Fahndung war in alle Richtungen des Königreiches ausgedehnt worden, aber April Eagle war wie vom Erdboden verschluckt.

Sie hatte keinen Flug unter falschem Namen gebucht, was sämtliche Überwachungskameras bestätigten. Alle in Frage kommenden Bänder waren in der Zwischenzeit überprüft worden. Außerdem war an den vielen Displays in den Raumflughäfen ein Foto von April zu sehen. Als Überschrift stand: „April Eagle, Mörderin des Königs von Jarr“. Darunter war die Aufforderung abgedruckt, den Aufenthaltsort dieser Person sofort jeder Polizeidienststelle zu melden.

Je länger die Suche dauerte, umso größer wurde Prinz Rolands Zorn auf sie und die Star Sheriffs.
 

Zur Trauerfeier waren unzählige Menschen gekommen, denn König Jarred war ein sehr beliebter Mann gewesen. Sie alle umsäumten die Straße, die zur Kirche führte, in der die letzte Andacht im kleinen Kreis stattfinden sollte.

Prinz Roland marschierte mit ernster Miene hinter dem Sarg seines Vaters hinterher. Der König, der darin aufgebahrt war, wurde von vier Ministern getragen, die ihm mit diesem Dienst die letzte Ehre erweisen wollten.

In gebührendem Abstand folgten weitere Minister, persönliche Freunde und dann die Bediensteten des Königs. Commander Eagle, Saber Rider und Colt reihten sich ganz am Schluss ein, gefolgt von einigen Sicherheitskräften.

Der Gottesdienst und die anschließende Begräbniszeremonie waren sehr feierlich gehalten und folgten uralten Traditionen. Einige Reporter von renommierten Sendern und Tageszeitungen waren zugelassen worden und bannten dieses Ereignis auf ihre Kameras.

Als Roland zu dem offenen Sarg trat, um sich zum letzten Mal von seinem Vater zu verabschieden, bemerkte Saber Rider, dass Roland während der ganzen Andacht keine einzige Träne vergossen hatte. Sein Gesichtsausdruck war hart geworden.

‚Das wird nicht gut enden!‘, weissagte der blonde Star Sheriff in seinen Gedanken.
 

Auch die anschließende Krönungszeremonie, die auf dem Großen Platz stattfand, ließ Prinz Roland mit versteinerter Miene über sich ergehen. Als er die königlichen Insignien - Krone und Zepter - erhalten hatte, stand er auf, um eine Rede zu halten. Das Volk jubelte ihm glücklich zu und applaudierte.

„Volk von Jarr!“, begann er mit lauter Stimme und hielt einige Sekunden inne, damit sich alle Augenpaare und Kameras auf ihn richten konnten. Das Stimmengemurmel wurde leiser, weil jeder hören wollte, was der neue König zu sagen hatte.

„Mein Vater hätte noch lange und weise über unser Land regieren können. Nun trete ich seine Nachfolge an, weil eine junge, unvernünftige Frau das Leben meines geschätzten Vaters beendet hat! Betet, dass wir die Mörderin fassen werden und ihr die gerechte Strafe zukommen lassen können!“

Das löste unter den Anwesenden zustimmende Jubelrufe aus. Sie wollten Blut sehen.

Commander Eagle fühlte sich gar nicht wohl in seiner Haut, und zum ersten Mal war er froh über Anwesenheit der bewaffneten Garden.

‚Hoffentlich können wir das Neue Grenzland retten!‘, betete Aprils Vater in Gedanken, als er Rolands flammender, vom Hass gegen das Neue Grenzland zerfressener Rede lauschte.
 

Einen Tag nach seiner Krönung rief König Roland Commander Eagle, Saber Rider und Colt in sein Besprechungszimmer. Sein Gesichtsausdruck war undurchdringlich und versteinert.

„Meine Herren!“, begann er streng. „Ich unterbinde jegliche weitere Verhandlungen mit dem Neuen Grenzland, bis die beiden Commander Hikari zurückgekehrt sind und die Mörderin meines Vaters gefasst ist!“ Seine Vermutungen, was die Pläne des Neuen Grenzlandes angingen, behielt er jedoch für sich.

„Aber Euer Hoheit...!“, widersprach Commander Eagle entsetzt, wurde jedoch sofort mit einer barschen Geste zum Schweigen gebracht.

„Unter den gegebenen Voraussetzungen sehe ich keinen Sinn in weiteren Verhandlungen. Ich bestehe darauf, dass Ihre Tochter erst gefasst wird und ihre gerechte Strafe erhält!“

Aprils Vater biss seine Zähne zusammen und ballte seine rechte Hand zur Faust. Ihm waren im Moment die Hände gebunden.

„Solange sie nicht gefunden ist, stelle ich Sie drei unter Arrest!“

„WAS?“, schrie Colt aufgebracht. „Aber... aber das können Sie doch nicht machen!“

Saber runzelte seine Stirn und presste seine Lippen zusammen. Seine schlimmsten Befürchtungen waren wahr geworden.

„Ich dulde keinen Widerspruch! Ich bin der König!“, sagte er herrisch.

Bevor Colt noch mehr Widerstand leisten konnte, lenkte Commander Eagle mit Schweißperlen auf der Stirn diplomatisch ein: „Wir werden Ihrem Wunsch entsprechen, König Roland. Solange meine Tochter nicht gefunden ist, sind wir Ihre Gefangenen.“

Saber Rider und der Cowboy starrten ihren Vorgesetzten erstaunt an.

„Gut“, war die kurze, mürrische Antwort des Königs. „Meine Wachen werden Sie nun in andere Räumlichkeiten bringen.“ Er winkte die beiden Wachen am Eingang heran und erklärte ihnen flüsternd seinen Wunsch.

„Sehr wohl, Sire!“, antworteten die Beiden.

„Meine Herren, wenn ich Sie nun bitten dürfte!“ Roland erhob sich, und die drei Männer folgten seinem Beispiel. Wie es sich gehörte, verbeugten sie sich vor dem Monarchen und folgten dann widerstandslos den Garden. Colts Verbeugung fiel allerdings nicht so ehrenvoll und demütig aus wie die von Saber Rider und Commander Eagle, was der König allerdings geflissentlich übersah.

Sie wurden in einen kleineren Raum gebracht, der sich im Keller des Palastes befand. Es war nicht direkt ein Verlies, aber doch sehr einfach eingerichtet. Die Tapeten in dem Raum waren vergilbt, die Glühbirne schien auch nicht mehr gerade hell und der Teppich hatte auch schon mal bessere Tage erlebt. In dem Zimmer gab es vier Betten, einen Tisch und ein separates Badezimmer. Auch die Tür war nicht abgeschlossen, aber die Garden am Eingang passten auf, dass die Insassen nicht unbefugt ihren Aufenthaltsraum verließen.

„Commander! Was haben Sie uns angetan?“ Colt konnte seine Stimme gegenüber seinem Vorgesetzten nur schwer im Zaum halten.

„Colt!“, ermahnte ihn Saber leise und schlug ihm beruhigend auf die Schulter.

„Ist schon gut, Saber“, sagte der ältere Commander müde. „Wir müssen so oder so hier bleiben. Ob als Gefangene oder als Gäste, bleibt im Endeffekt egal. Ich glaube, dass König Roland sich so besser fühlt.“

„Aber...“, wollte der Cowboy wieder aufbrausend loslegen.

„Hört zu“, unterbrach Aprils Vater ihn jedoch, bevor er weiter zu Wort kam. „König Roland vertraut uns nicht mehr, er hält uns für Verräter. Das konnte ich an seinem Gesicht ablesen. Vielleicht haben wir aber eine Chance, sein Vertrauen in uns wieder zu gewinnen. Wenn wir ihm gegenüber ebenfalls die Meinung vertreten, dass wir auch daran glauben, meine Tochter sei die Mörderin des Königs, könnte er sich umstimmen lassen und die Verhandlungen wieder aufnehmen. Im Moment denkt er nur an sich und seine Gefühle, nicht an die drohende Gefahr!“

„Aber Commander“, warf Saber ein und ließ sich auf einen Stuhl fallen. „Das würde doch auch nichts bringen. Wenn April wirklich gefunden wird, dann ist sie verloren. Wir können ihr nicht helfen, weil die Beweise immer noch gegen sie sprechen.“

„Ich weiß.“ Eagle setzte sich auf ein Bett und stützte sein Gesicht in seine Hände. „So schwer mir das auch fällt, April ist meine eigene Tochter. Aber es steht ihr Leben gegen das vieler, sollte es zu einem neuen Krieg kommen. Wir müssen Jarr auf jeden Fall in die Strategien mit einbringen.“

„Commander!“, rief Colt entsetzt. „Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!“

„Ich weiß sehr wohl, was ich tue, Colt. Wenn ich es ändern könnte, würde ich mein Leben gegen Aprils tauschen, aber das wird nicht gehen. Ich zwinge mich, rational zu denken, das solltest du vielleicht auch mal versuchen.“

Colt zitterte vor Wut und ballte die Fäuste. Aprils eigener Vater verriet sie!? Seine Achtung gegenüber seinem Vorgesetzten hatte gerade einen schweren Schlag abbekommen.

„Wenn alle rational denken würden, wäre das Neue Grenzland schon längst verloren!“, entgegnete der Cowboy mit zorniger Stimme. Wutentbrannt drehte er sich um, legte sich auf ein Bett und drehte den beiden Taktikern demonstrativ den Rücken zu.

Saber wusste aus Erfahrung, dass es besser war, den aufgebrachten Cowboy nicht noch weiter zu belästigen und gab seinem Vorgesetzten ein Zeichen, dass er ihn besser auch in Ruhe lassen sollte.

So verfielen sie alle in Schweigen und hingen sie ihren eigenen, düsteren Gedanken nach.
 

Bedienstete brachten den Gefangenen täglich ausreichend Speisen und Getränke, aber wirklich viel aßen sie nicht. Ihnen war gründlich der Appetit vergangen, da es unklar war, was mit ihnen geschehen würde. Angespannt lauschten sie, ob Fireball mit seinem Vater zurückkam oder ob es eine Spur von April gab. Aber die Garden gaben ihnen keinerlei Informationen. So blieb den dreien nichts weiter übrig, als zu warten und Trübsal zu blasen. Das Schlimmste an ihrer Situation war, dass ihnen die Hände gebunden waren.
 

„Heute müsste Fireball zurückkommen“, bemerkte Colt am zweiten Tag ihrer Gefangenschaft. „Dann wird uns wohl jemand Bescheid sagen.“

„Ja, das wird König Roland wohl müssen“, stimmte Commander Eagle zu. „Dann werden wir wissen, wie es weitergeht.“

Aber es dauerte noch vier weitere Tage, bis die inzwischen nervösen und gereizten Gefangenen endlich zum König gerufen wurden. Seit fast einer Woche saßen sie nun in ihrem Verlies, komplett abgeschnitten von der Außenwelt.
 

Der neue König starrte die drei Star Sheriffs an, als sie sein Arbeitszimmer betreten hatten. Mit einem Blick bedeutete er den Wachen, den Raum zu verlassen. Er wollte ungestört mit seinen Gefangenen reden.

„Unsere Vorhut ist noch nicht zurück“, eröffnete Roland den Star Sheriffs den Grund ihres Hierseins. „Sie sind seit vier Tagen überfällig, wie Sie sicherlich wissen.“

„Das ist ein schlechtes Zeichen“, bemerkte Commander Eagle.

„Allerdings. Ich möchte Ihnen mitteilen, dass wir vorgestern unter einem Vorwand einen Suchtrupp losgeschickt haben. Es wird jedoch schwierig sein, das Outriderschiff zu finden, da es ohne Kennung unterwegs war. Wir haben keinen Anhaltspunkt, wo sie unsere Dimension verlassen haben oder wo sie wieder auftauchen werden.“ ‚Falls sie wieder auftauchen werden’, fügte Roland in Gedanken hinzu. ‚Und falls das alles geplant war, so wie ich vermute, dann werden wir dieses Schiff trotzdem finden. Wenn meine Intuition mich nicht täuscht, dann werden wir einen neuen Krieg haben - egal ob mit oder ohne Outrider.’

„Das sind schlechte Nachrichten, Sire“, gab Saber zu. So fest hatten alle Beteiligten an ihre Mission geglaubt, dass sie einen Fehlschlag oder eine Verzögerung nicht in Betracht gezogen hatten. Dem Schotten brannte allerdings noch eine weitere Frage auf der Zunge und er musste einen Moment überlegen, wie er sie am Besten formulieren sollte.

„Sire, haben Sie eine Spur von der Mörderin gefunden?“ Saber musste sich alle Mühe geben, um April als Mörderin zu bezeichnen, aber es war der Wunsch ihres Vaters. Vielleicht ging seine Taktik ja auf, auf diese Weise das Vertrauen des neuen Königs wiederzugewinnen. Aus den Augenwinkeln bemerkte der Star Sheriff, wie Colt seine Lippen fester zusammenpresste, aber weiterhin erstaunlich ruhig blieb, obwohl seine geballte Faust merklich zitterte.

‚Gut. Er spielt also mit.‘ Saber atmete innerlich erleichtert auf. Bisher hatten weder er noch Commander Eagle ihn von dieser Strategie überzeugen können, dazu war sein Charakter zu emotional veranlagt. Aber da der Cowboy bisher keinen besseren Vorschlag vorbringen konnte, war er in seinen Überlegungen anscheinend soweit gekommen, dass dieser besser war als gar keiner, auch wenn es nicht so recht nach seinem Geschmack war.

Saber bemerkte, dass die ernste Miene des Königs mit Sorgenfalten und Erschöpfung durchsetzt war. Selbst sein dichtes, lockiges Haar hing ohne jede Kraft auf seine Schultern herab.

‚Er ist total überfordert’, dachte der Highlander. ‚Wenn sich Fireball und sein Vater nicht bald melden, oder irgendein Zeichen von April gefunden wird, dann wird er verbittert werden. Und das wäre keinesfalls gut für das Neue Grenzland und Jarr selbst.’ Saber runzelte die Stirn.

„Wir haben auch von ihr keine Spur“, antwortete Roland schließlich. „Meine Garden sind Tag und Nacht unterwegs, aber wir finden sie nicht. In den Bergen mussten wir die Suche abbrechen, weil sich dort ein schlimmer Schneesturm ankündigt.“ Deutlich konnte man den Missmut in seiner Stimme hören.

„Hoheit, ich bin sicher, dass April gefunden wird. Ich selbst kann mir nicht erklären, was sie zu dieser Tat bewogen hat“, erklärte Saber. Der Monarch sah seinen Gefangenen kurz erstaunt an, erwiderte aber nichts. Dennoch war dem blonden Star Sheriff diese Reaktion nicht entgangen.

‚Ich glaube, wir haben gerade den ersten Schritt getan, sein Vertrauen wiederzugewinnen’, lächelte Saber in seinen Gedanken, ohne sie auf seinem Gesicht wiederzuspiegeln.

„Wir hatten in den letzten Tagen Gelegenheit über ihre Tat zu sprechen“, fuhr der Highlander fort. „Wir vermuten, dass Eifersucht oder Rache ihr Motiv war, weil König Jarr ihren Mann auf eine solch gefährliche Mission geschickt hat. Wir stimmen Ihnen zu, dass ihre Tat bestraft werden muss!“

Commander Eagle und Colt nickten mit ernsten Mienen, um Sabers Aussage zu bekräftigen. Sie ließen sich nicht anmerken, dass sie nicht an ihre eigenen Worte glaubten.

‚Ich will nicht wissen, wie Fireball reagiert, wenn er zurückkommt und diesen ganzen Schlamassel mitkriegt’, überlegte Saber und in Colt brodelten ähnliche Gedanken. ‚Das werden wir dann klären, wenn er wieder hier ist’, tat der Schotte diese Sache ab.

Lange entgegnete der Monarch nichts, sondern betrachtete seine Gefangenen nachdenklich. Der Stimmungswandel war ihm aufgefallen, aber noch konnte er nicht recht einordnen, was er davon halten sollte. Immerhin war er der festen Überzeugung, dass er es mit einer Unterwanderung seines Königreichs durch das Neue Grenzland zu tun hatte.

„Sie wird ihre Strafe bekommen“, antwortete er überzeugt. Dann wechselte er das Thema.

„Nun wissen Sie über die aktuelle Situation bescheid.“ Er drückte auf einen Knopf auf seinem massiven Schreibtisch, woraufhin die Garden erschienen.

„Bringt die Gefangenen wieder zurück!“
 

„Die Verhandlungen liegen weiterhin auf Eis, wenn nicht bald etwas passiert“, sagte Commander Eagle, als sie wieder in ihrem Raum angekommen waren. Er ahnte nicht im Geringsten, was im Kopf des Königs vor sich ging.

„Und in der Zwischenzeit rüsten die Outrider fröhlich weiter auf. Kapiert der denn nicht, dass uns durch sein egoistisches Verhalten wertvolle Zeit verloren geht?“, murrte Colt.

„Er ist jung und unerfahren. Und es ist eine schwere Zeit für ihn. Noch hatte er nicht genug Zeit, sich intensiv in die Staatsgeschäfte und Verhandlungen einzuarbeiten, und nun muss er sie ganz alleine bewältigen.“

„Und Ihre tolle Taktik hat ja wohl auch nichts gebracht!“, machte der Cowboy weiter seinem Unmut Luft. Die Aussicht, noch weiter für unbestimmte Zeit hier herumzuhängen, hatte seine Laune auf den Nullpunkt gebracht.

„Das sehe ich nicht so“, mischte sich Saber nun ein und lehnte sich gegen die tapezierte Wand. „Ist dir nicht aufgefallen, wie lange er mit seiner Antwort gezögert hat, als ich ihm sagte, dass April bestraft werden muss?“

„Das kann auch Einbildung gewesen sein“, murmelte Colt. „Verdammt, ich muss hier raus! Robin wartet auf mich, ich werde Vater!“, brauste er plötzlich auf. „Wenn dieser hirnverbrannte Lockenlouis endlich wieder klar denken würde, dann hätten wir in Nullkommanix eine Strategie ausarbeiten können. Aber der sonnt sich ja in seinem Selbstmitleid und versucht unserer April alles in die Schuhe zu schieben!“

„Colt!“, mahnte Saber. „Ich wäre auch lieber bei meiner Familie. Wir sind jetzt die Grenze zwischen Krieg und Frieden zwischen Jarr und dem Neuen Grenzland. Solange wir hier sind, können wir vielleicht noch was retten, aber wir müssen Geduld haben.“

„Nicht gerade meine Paradedisziplin“, gab er mürrisch zu.
 

***
 

Während ihrer Flucht gelangte April immer höher ins Gebirge und merkte, dass die Luft auch am Tag deutlich kühler geworden war. In den Abendstunden, in der Frost die kleinen Grashälmchen überzog, wünschte sie sich eine Decke. Wenn sie sich abends irgendwo zum Schlafen hinlegte, kauerte sie sich so eng wie möglich zusammen, um der Kälte eine nicht gar zu große Angriffsfläche zu bieten.

Je höher die junge Frau stieg, umso mehr nahm auch die Vegetation ab, so dass es fast unmöglich war, irgendwo ein Versteck zu finden. Felsvorsprünge boten ihr hin und wieder Schutz, manchmal auch kleine Höhlen. Noch immer hatte April keine Nahrung gefunden, und ihre Kräfte ließen zusehends nach. Sie floh immer weiter, immer tiefer ins Gebirge, und wurde nur noch von dem Gedanken getrieben, dass sie fliehen und sich verstecken musste. Weshalb, war schon in weite Ferne gerückt. Immer mehr verfiel sie in Trance, musste sich bewegen, um nicht zu erfrieren. Ihr roter Overall war zerschlissen. Große Risse klafften an den Oberschenkeln und Waden, weshalb er ihr auch kaum noch Schutz vor Wind und Wetter bieten konnte.

Irgendwann hatte die vermeintliche Königsmörderin sogar die Schneegrenze erreicht und kroch nun langsam über einen weiten Gletscher, der kein Ende zu nehmen schien. In der Ferne braute sich eine dicke schwarze Wolkenwand zusammen, aber das registrierte April nicht. Sie wollte nur weiterkommen und durfte nicht anhalten. Das war der Gedanke, der sie antrieb.

Bis auf die Haut durchnässt erreichte sie einen Bergkamm. Der eiskalte Wind pfiff ihr um die Ohren und wehte ihre klammen, strähnigen Haare vor ihr Gesicht. Sie versuchte sich aufzurichten, um einen besseren Blick über die vor ihr liegende Landschaft zu erhalten, aber es dauerte sehr lange, bis sie endlich auf ihren Füßen stand.

Einzelne Schneeflocken tanzten vor ihren Augen und als sie sich verdichteten, konnte sie fast gar nichts mehr erkennen. Plötzlich wurde sie von einer Sturmböe erfasst. Die junge, abgemagerte Frau verlor das Gleichgewicht und fiel vornüber den Abhang hinunter und prallte hart gegen einen großen Felsblock, der ihren Sturz bremste. Bewusstlos blieb sie liegen.
 

Als April wieder erwachte, fand sie sich in dem Bett einer Holzhütte wieder. Jemand hatte viele bunte Decken über sie ausgebreitet und sie hörte ein kleines Feuer im Kamin knistern. Erschöpft und fiebrig schloss sie wieder die Augen und sank erneut in die Dunkelheit.
 

Einige Zeit später fühlte sie eine kalte Hand auf ihrer Stirn und schlug erschreckt die Augen auf. Zwei strahlend blaue Augen blickten besorgt auf sie herab.

„Was...?“

„Schhhh!“, machte der Mann und legte seinen Zeigefinger an seinen Mund. Er drückte April wieder in die Kissen, rückte die Decken zurecht und ließ sie wieder allein.
 

Das nächste Mal wurde April von einem verführerischen Duft geweckt. Nach ein paar Minuten tauchte ihr Retter wieder an ihrem Bett auf und hielt eine kleine dampfende Schüssel in seiner Hand.

„Du musst etwas essen.“ Seine Stimme war angenehm warm. April musterte ihn etwas genauer. Er war ungefähr Mitte bis Ende dreißig, hatte dunkelblonde, Haare und ein wettergegerbtes Gesicht. Das grob karierte Baumwollhemd, das er trug, passte sehr gut zu ihm. Er half der schwachen Frau, sich aufzurichten und fütterte sie vorsichtig mit der warmen Suppe.

„Du hast ganz schön Glück gehabt, dass ich dich da draußen gefunden habe“, sagte der Mann und lächelte sie an. April verstand den Sinn der Worte noch nicht ganz und sah ihn nur mit großen Augen an.

„Nur ein paar Stunden später und du wärest tot gewesen, weißt du das eigentlich?“ Wieder führte er einen Löffel voller warmer Suppe an Aprils Mund. „Und abgemagert bist du, was hast du da draußen eigentlich gemacht? Du musst ja schon eine ganze Weile unterwegs gewesen sein.“

April überlegte; ‚Ja, was habe ich eigentlich gemacht?‘ Aber es fiel ihr nicht ein.

Als der nächste Löffel auf sie zuschwebte, ließ sie sich wieder erschöpft in die Kissen fallen. Ihr war tierisch heiß und sie wollte wieder diese wohltuende Schwärze um sich haben.
 

Als sie wieder einmal die Augen aufschlug sah sie den blonden Mann Feuerholz in den Kamin werfen. Als er sich zu ihr umdrehte, blickte er direkt in ihre blauen Augen.

„Oh, du bist ja wieder wach, Kleine. Draußen ist immer noch ein gewaltiger Schneesturm. Das ist jetzt schon der vierte Tag.“ Er kam zu ihr herüber und setzte sich auf den Stuhl neben dem provisorischen Bett.

„Wie fühlst du dich heute?“, fragte er und befühlte ihre Stirn. „Das Fieber ist immer noch nicht zurück gegangen“, murmelte er vor sich hin. „Und ich kann nach wie vor keinen Arzt anfordern, weil der Funk immer noch außer Gefecht ist!“ Er warf dem Gerät einen ärgerlichen Blick zu. „Blöder Sturm!“ Dann griff er nach der Karaffe, die er auf dem kleinen Tisch stehen hatte und schenkte ein Glas Wasser ein.

„Hier, trink!“, sagte er. Dankbar nahm April das Glas an und ließ es fast fallen. Sie war so schwach, dass sie nicht einmal ein einfaches, kleines Wasserglas halten konnte.

„Vorsicht!“ Der Mann nahm ihr das Glas wieder ab und half ihr nun beim Trinken. „Nicht zu hastig!“, ermahnte er sie väterlich. Schon nach dem ersten Schluck reagierte ihr Magen rebellisch auf die ungemütliche Dusche und April verschluckte sich heftig. Als es wieder besser wurde, verfiel sie völlig ausgebrannt von der ungewohnten Anstrengung wieder in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
 

Irgendwann wurde April von Kälte und von schwankenden Bewegungen geweckt. Sie schlug die Augen auf und gleißendes Licht blendete sie, so dass sie die Augen sofort wieder schützend zusammenkniff.

Ihr Retter wurde von dieser Bewegung auf sie aufmerksam und begrüßte sie lächelnd.

„Tja, der Schneesturm ist vorüber, aber das Funkgerät geht immer noch nicht. Deswegen reiten wir ins nächste Dorf, da wird man dich besser ärztlich versorgen können als ich das kann.“ Als April nichts erwiderte, setzte der Mann seinen Plausch fort.

„Wie heißt du eigentlich? Mein Name ist Steve Bennett und ich bin der Wildhüter für diesen Teil des Waldes.“

„Ich....“, krächzte April. Ihr Hals war von dem Fieber völlig ausgetrocknet und geschwollen. „Ich bin...“ Mühselig kramte sie in ihren Erinnerungen herum. Dann meinte sie, ihren Namen gefunden zu haben und setzte noch einmal an: „Ich....bin........“ Doch dann hatte sie ihn schon wieder verloren. „Ich weiß es nicht“, sagte sie schlicht und konnte sich wirklich nicht an das kleinste Detail aus ihrem früheren Leben erinnern.

Verloren

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Neue Pläne

Die Verhandlungsteilnehmer begutachteten höchst konzentriert die Grafik, die auf der weißen Leinwand abgebildet war und mögliche strategische Angriffspunkte aufzeigte. Plötzlich verschwamm das Bild und ein anderes tauchte auf, das sich langsam verschärfte. Sabers Vater war darauf zu sehen, Blut lief sein Gesicht herunter.

„Vater!“ Saber sprang auf.

„Helft...uns! Angriff...Outrider!“ Dann wurde der Bildschirm dunkel.

Ohne eine Erlaubnis abzuwarten, rannten Saber und Colt zu Ramrod. Saber warf sich in Fireballs Satteleinheit und fuhr die Systeme hoch.

„Ramrod an Kavallerie-Oberkommando auf Yuma!“ Colt versuchte eine Hypercomverbindung herzustellen, aber es kam keine Antwort.

„VERDAMMT!“, schrie Colt und schlug mit der Faust auf die Konsole. Seine komplette Familie war in Gefahr!

„Ich versuch es weiter, geh du deinen Raumanzug anziehen und überprüfe dann sämtliche Waffen. Wir müssen auf alles vorbereitet sein.“ Sabers Stimme war ruhig und konzentriert, auch wenn er sich keinesfalls so fühlte.

Colt ließ sich das nicht zweimal sagen und verschwand sofort, um die Aufträge zu erledigen.

Der Schotte berechnete unterdessen den kürzesten Weg zu seinen Eltern, aber sie würden zu spät kommen. Wieder setzte er einen Notruf zum Kavallerie-Oberkommando ab, aber es schien wie ausgestorben.

Dann versuchte er nochmals, den Kontakt zu seinen Eltern herzustellen, aber auch hier blieb der Erfolg aus.

‚Mensch, warum fliegt Ramrod nicht schneller?‘, dachte Saber bei sich. Seine Hände zitterten unkontrolliert.

Colt kam etwas später wieder zurück in den Kontrollraum und übernahm die Steuerung, so dass Saber seinen Raumanzug anziehen konnte.

Der Cowboy überprüfte von seiner Satteleinheit aus Ramrods Waffensysteme und sendete wieder und wieder den Notruf aus, jedoch ohne Erfolg. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt und die Sorge um seine und Sabers Familie wuchs mit jeder Sekunde.
 

Endlich hatten sie die Highlands erreicht. Ihnen bot sich ein grauenvolles Bild. Schloss Rider existierte nicht mehr. Dort, wo es einst gestanden hatte, lagen nur noch Gesteinsbrocken herum und einzelne Rauchschwaden stiegen in die Luft.

„Oh nein! Wir sind zu spät!“, flüsterte Saber tonlos, obwohl er es schon die ganze Zeit wusste, dass sie niemals rechtzeitig eintreffen konnten. Colt schwieg.

Saber landete Ramrod neben der Ruine und schnell rannten die Beiden hinaus.

„ROBIN! SINCIA! JOSH“ Colts Stimme verhallte über der unglaublichen Stille. Nicht einmal ein Vogelzwitschern war zu hören.

„SINCIA! MOM! DAD!“, rief Saber. Es kam keine Antwort. Über den Highlands lag die Stille des Todes.

Saber lief einige Schritte umher. Sein Blick fiel auf ein kleines braunes Fellknäuel. Sein Herz setzte einen Schlag aus, als er seinen Hund Scotty erkannte. Er lag auf der Seite, eine Blutlache hatte den Boden rot gefärbt. Sein Bellen würde nie wieder erklingen. Saber legte ihn traurig und mit einem schweren Kloß im Hals wieder zurück, ging wieder zur Ruine und begann einige Steine wegzuräumen. Er fand angebrannte Kleidungsstücke, die eindeutig aus Sincias Schrank stammten. Tränen rannen ihm die Wangen hinunter. Er grub weiter.
 

„ROBIN!“ Colt suchte die nähere Umgebung ab.

„JOSH!“ Er war aufgewühlt, sein Magen verriet ihm nichts Gutes. Die Spuren zeigten ihm, dass es ein überraschender, hinterhältiger Angriff gewesen war. Hinter einer kleinen Kuppe sah er sie, ihre leblosen Körper, Seite an Seite, die beide mit dem Gesicht nach unten im Gras lagen.

„ROBIN! JOSH!“, schrie er und rannte zu ihnen hin. „Robin! Josh! Ich bin da!“ Tränen füllten seine Augen, als er sie umdrehte und beide gleichzeitig in seinen Armen hielt. Ein Blaster hatte sie hingerichtet, direkt zwischen die Augen.

„ROBIN!!!!!“, schrie er wieder, während er ihre leblosen Körper hin und her wiegte. „Warum hab ich euch nur hierher gebracht? Ihr hättet noch leben können, hätte ich euch in Yuma gelassen!“ Colt drückte die leblosen Körper an sich und schluchzte lautlos. Seine Tränen verfingen sich in den Haaren von Josh und Robin und nässten auch ihre kalten, blassen Gesichter.
 

Saber grub immer tiefer und warf große Gesteinsbrocken hinter sich, die er unter normalen Umständen keinesfalls hätte bewegen können. Doch seine Trauer verlieh ihm immense Kräfte. Immer wieder rief er nach seinen Eltern und Sincia, aber er erhielt keine Antwort. Unter dem nächsten Stein, den er beiseite warf, entdeckte er eine blutige Hand, die ein Schwert mit hielt. Das Familienwappen der Riders war im Griff eingearbeitet.

„Vater!“

Sabers Tränen versiegten für einen Moment vor Schreck. Er wuchtete den großen Stein beiseite und fand die Leiche von Edward Rider, seinem Vater, der wie ein tapferer Highland-Krieger mit einem Schwert in der Hand diese Welt verlassen hatte.

„VATER!“, schrie Saber in seiner Verzweiflung und fühlte seinen Puls, natürlich vergebens. Wie ein Wahnsinniger warf er mit neuer Kraft die Steine beiseite und fand kurz darauf seine Mutter, die ganz in der Nähe seines Vaters unter dem Trümmerhaufen begraben war. Sabers Hoffnung schwand. Sein Gesicht war heiß und aufgequollen von den Anstrengungen und den Tränen, aber er musste Gewissheit haben. Sincia fehlte noch, und es bestand noch die geringste Möglichkeit, dass sie überlebt hatte.

Er musste sie finden.
 

Über Colt hatte sich der Schatten der Trauer und der eisigen Trance gelegt. Er trug Robins und Joshs Leichen zurück zur Ruine und legte sie neben Scotty. Colts Blick war kalt und klar, wie der eines rachedurstigen Kopfgeldjägers. Die Outrider hatten nicht nur seine Frau und ihren Bruder, sondern auch seine ungeborene Tochter kaltblütig ermordet! Er würde nicht eher ruhen, bis dieser Verlust gerächt war, das schwor er sich!

Er stakste über das Trümmerfeld zu Saber hinüber, der immer noch die Gesteinsbrocken durch die Gegend warf, um seine Frau zu finden.

„Sincia!“, rief er immer wieder, aber seine Stimme war nicht mehr so kraftvoll wie zu Beginn der Suche. Seine Hoffnung, sie lebend zu finden, sank von Minute zu Minute.

Schweigend griff Colt sich ebenfalls einen Stein und schleuderte ihn weit weg. Es dauerte noch fast eine Stunde, ehe Colt Sincias Leiche freigelegt hatte. Ein herabstürzender Stein hatte sie im Genick getroffen.

‚Wenigstens hatte sie einen schnellen Tod gehabt‘, dachte Colt tonlos, ehe er Saber herbeirief.

„NEIIIN! SINCIA!“ Saber warf sich auf die Steine und nahm Sincia hoch. Ihr Kopf hing in einem unnatürlichen Winkel schlaff herab

Saber hielt Sincia im Arm und weinte hemmungslos. Colt stand mit gesenktem Kopf daneben. Sie hatten alles verloren.
 

Als Sabers Tränen sehr viel später versiegt waren, legte Colt ihm eine Hand auf die Schulter.

„Es ist Zeit für uns, Abschied zu nehmen.“

Saber blickte den Cowboy mit roten Augen an, nickte und stand auf. Er trug Sincia hinüber zu Robins Leiche, wo Colt auch Sabers Eltern aufgebahrt hatte.

„Ich denke, da drüben ist ein schönes Plätzchen“, sagte Colt mit rauer Stimme und deutete auf einen kleinen Hügel, von dem aus man einen atemberaubenden Blick auf Loch Gaeloch aus hatte.

Saber nickte nur und schlurfte hinter Colt her. Dann machten sich die beiden Star Sheriffs daran, die letzte Ruhestätte für die Familien Rider und Wilcox auszuheben.

Der Boden war hart, sehr viele Steine waren darin und es dauerte fast bis zum Einbruch der Dämmerung, bis die Gräber wieder zugeschüttet waren.

Colt hatte aus abgebrochenen Ästen ein Kreuz für jedes Grab errichtet und nun standen er und Saber schweigend nebeneinander und nahmen Abschied von ihren Familien.

Saber hatte alles auf einen Schlag verloren. Seine Frau, seine Familie, seine Heimat. Er stand mit leeren Händen da und konnte es nicht begreifen.

Er ließ seinen Blick über die Weiten der Highlands schweifen und bemerkte dicke Rauchschwaden überall dort, wo die benachbarten Schlösser und Dörfer waren.

Die Highlander, das einst so stolze und kämpferische Volk, zu dem er gehörte, gab es seit dem heutigen Tag nicht mehr. Sie waren ausgerottet worden von den blutrünstigen Phantomwesen.

Saber ging schluchzend in die Knie.

Colt stellte sich hinter ihn und legte ihm die Hände auf die Schultern. Er verstand Sabers Trauer, er selbst hatte dieses als kleiner Junge durchgemacht, was ihn sehr viel härter gemacht hatte, als Saber bisher war. Saber mochte noch so gut in seiner wissenschaftlichen Ausbildung gewesen sein, aber auf so eine Situation konnte man sich theoretisch einfach nicht vorbereiten. Das einzige was Colt jetzt tun konnte, war ihm als Freund beiseite zu stehen. Seine Trauer musste jeder von ihnen alleine verarbeiten und das würde sicherlich nicht einfach werden. Aus diesem Grund sagte Colt auch keine tröstenden Worte zu Saber, sondern stand einfach nur bei ihm und ließ ihn weinen. Er selbst hatte das Gefühl, als ob er nie wieder weinen könnte. Die Outrider hatten ihm das Herz heraus gerissen, indem sie Robin, Josh und seine ungeborene Tochter ermordeten.
 

„Es ist kalt“, bemerkte Colt leise zu Saber. Es war schon lange dunkel, aber die beiden Männer standen und knieten immer noch regungslos vor den Gräbern ihrer Familien.

Saber griff nach Colts Hand und zog sich hoch. „Ja, du hast Recht, lass uns reingehen“, sagte er tonlos.

Die beiden Witwer gingen zu Ramrod, dem Friedenswächter, der imposant unter dem Nachthimmel thronte.

„Du gehst erst einmal unter die Dusche“, ordnete Colt an, „und ich mach uns einen heißen Kaffee. An Schlaf ist diese Nacht eh nicht zu denken...“

Saber befolgte Colts Rat. Er schlich wie in Trance zu seinem Privatschrank, um sich frische Kleidung zu holen, da seine schmutzig und zerrissen war. In der Schranktür blickte Sincia lächelnd von einem Foto aus zu ihm hinunter. Es zeigte sie in einer Wiese voller Kleeblätter von der Sorte, wie Saber ihr einst eines in seinem Tagebuch geschenkt hatte. Bisher hatte es ihnen immer Glück gebracht. Wieder schossen ihm die Tränen in die Augen und er stützte sich auf einem Einlagebrett ab. „Warum nur? Was hast du ihnen jemals getan?“

Eine plötzliche Übelkeit überkam ihn, und er schaffte es gerade noch, zur Toilette zu rennen, ehe er sich übergeben musste.
 

Colt stand in der Küche von Ramrod und schüttete Kaffeepulver in den Filter. Seine Gedanken weilten in der Vergangenheit. Er erinnerte sich wie er eines Morgens - es war noch kein Jahr her - in die Küche bei ihnen zu Hause kam, wo Robin gerade den Kaffee vorbereitete. Er hatte sie umarmt und ihr einen leidenschaftlichen Kuss gegeben, den er immer noch auf seinen Lippen fühlen konnte, wenn er die Augen schloss.

„Colt“, sagte sie damals zu ihm und sah ihm tief in die Augen, „wir...“ In ihrem Hals bildete sich ein dicker Kloß und sie konnte nicht mehr weiter sprechen. Lächelnd hob sie ihre Hand und spreizte ihren Daumen, Zeige- und Mittelfinger ab. Ihr Mann brauchte einige Sekunden, um das zu verstehen, aber dann strahlte er über beide Ohren.

„Ist es wirklich wahr?“ unterbrach er sie und schaute sie glücklich an. Das schönste Lächeln erhellte über ihr Gesicht als sie seine Frage bestätigte: „Ja!“ Colt hob sie überglücklich hoch und drehte sie im Kreis, bis ihnen beiden schwindelig war und sie sich setzen mussten.

Und jetzt...? Jetzt war sie tot. Wut und das Gefühl machtlos zu sein stiegen in Colt hoch. Er fegte die Kaffeetassen von der Theke, die mit einem lauten Krachen zerschellten.

„VERDAMMTE OUTRIDER!“ Obwohl er dachte, er würde nie wieder weinen können, liefen jetzt wieder Unmengen an Tränen seine Wangen hinab.

„Robin!“, schluchzte er immer und immer wieder, aber auch das brachte sie nicht zurück.

Als seine Tränen getrocknet waren, ging Colt los, um nach Saber zu sehen. Er brauchte seine Gesellschaft, auch wenn sie nicht reden würden.

Er fand seinen Chef zusammengekauert auf dem Boden neben der Toilette, wo er lautlos weinte. Der Texaner berührte ihn vorsichtig am Arm, woraufhin Saber ihn erschreckt mit geröteten Augen ansah. Sein Gesicht und seine Hände wiesen erhebliche Dreckspuren vom Graben auf, stellte Colt fest. Er selbst sah wahrscheinlich auch nicht besser aus, aber was machte das schon in dieser Situation?

Colt hielt Saber die Hand hin, die dieser zögernd annahm und sich hochziehen ließ.

Wieder in der Küche griff Colt in den Schrank und stellte eine große Whiskyflasche auf den Tisch. „Ich glaube, wir können beide einen guten Schluck vertragen“, sagte er rau und holte noch zwei Gläser. Die zerbrochenen Kaffeetassen lagen unbeachtet auf dem Boden.

Saber ließ das alles monoton über sich ergehen, ihm war alles egal. Er wünschte, er wäre nie Commander Eagles oder besser König Jarreds Nachricht gefolgt, dann hätte er hier sein können, als es zum Angriff kam. Es nagte hart an ihm, dass er als Star Sheriff nicht in der Lage gewesen war, seine eigene Familie zu beschützen. Und das Kavallerie-Oberkommando? Warum reagierte niemand auf den Notruf? Sie hätten viel schneller da sein können und wahrscheinlich das Schlimmste verhindert.

Saber griff nach dem Whiskyglas und ließ das starke Getränk seine Kehle hinunter laufen. Als das bernsteinfarbene Getränk in seinem Magen ankam, fühlte er zum ersten Mal seit einer Ewigkeit wieder ein Lebenszeichen in sich; Wärme stieg in ihm auf und verteilte sich gleichmäßig in seinen erschöpften Gliedern. Aber seine Trauer blieb, sie würde ihn wohl sein ganzes Leben begleiten.

Colt saß ihm schweigend gegenüber und starrte in sein Glas. Er sah schlimm aus, schwarze Ringe hatten sich unter seinen Augen gebildet und sein Gesicht schien mehr Falten zu haben als sonst. Auch er hatte alles verloren, was ihm lieb und teuer war.

Die ganze Nacht hingen die beiden ihren Gedanken nach. Noch vor ein paar Tagen war die Welt in Ordnung, sie waren glücklich verheiratete Ehemänner in den besten Jahren ihres Lebens. Nun waren sie Witwer, und ein neuer Krieg stand vor der Tür.

Sie redeten kein Wort, in stiller Übereinkunft schenkten sie sich abwechselnd die Gläser wieder voll bis die Flasche leer war. Danach kam die nächste dran. Und dann noch eine. Und dann graute der Morgen.

Diesmal hatte der Whisky seine Wirkung verfehlt. Er ließ das Geschehene nicht vergessen, wie sie sich beide für eine Zeitlang erhofft hatten. In seinem Trauernebel stellte Colt überrascht fest, dass er gar nicht wusste, wie viel Saber vertragen konnte. Aber dann kam von irgendwoher ein anderer Gedanke, der ihn daran erinnerte, dass Saber ein Highlander war, die quasi mit Whisky im Blut geboren worden waren. Er lächelte ihn an und ließ seinen Kopf auf den Tisch aufschlagen. Er betrat das Land der Träume als erster.

Saber Rider hörte den dumpfen Schlag und unwillkürlich musste er schmunzeln. Aber nur kurz, denn wie der Cowboy so friedlich schlafend am Tisch lag, erinnerte ihn daran, wie er selbst als kleiner Junge oftmals beim Abendessen am Tisch eingeschlafen war, nachdem er den ganzen Tag mit anderen Kindern gespielt hatte. Seine Eltern hatten ihn dann lächelnd in sein Zimmer gebracht und ihn am nächsten Tag ein extra großes Frühstück hingestellt.

Schwankend erhob sich Saber und holte eine Decke aus dem Schlafraum, die er über dem Cowboy ausbreitete. Trotz der beachtlichen Whiskymenge, die er getrunken hatte, war sein Gang erstaunlich gerade.

Saber goss sich den letzten Rest der dritten Flasche in sein Glas und ging dann nach draußen zu den Gräbern, über die sich ein dichter Nebelschleier zog. Als er vor den Gräbern stand waberte ein Ring aus Nebel um ihn herum.

„Lass das alles nur einen schlechten Traum sein!“, sagte Saber, prostete dem Nebelring zu und trank das Glas aus. Einer alten schottischen Sage zufolge wurden Wünsche wahr, die in einem Nebelring ausgesprochen wurden. Saber Rider hatte es noch nie ausprobiert, aber er wünschte sich, dass an dieser Sage mehr dran war, als an den Geschichten über Nessie, das Monster von Loch Ness.
 

Colt erwachte ein paar Stunden später, als der Whisky wieder seinen Weg nach draußen suchte. Unter Schmerzen richtete sich der Cowboy aus seiner unbequemen Position auf und stellte fest, dass Saber nicht mehr da war, und sein Glas auch nicht.

Colt taumelte zur Toilette und erleichterte sich. Danach spritzte er sich kaltes Wasser ins Gesicht, was ihn wieder einigermaßen zur Besinnung brachte, jedoch die gefühlte Breite seines Kopfes auch nicht verringern konnte.

„Saber?“, rief er mit rauer Stimme, erhielt aber keine Antwort. Colt schlurfte langsam durch Ramrods Gänge. Alle seine Glieder taten ihm von der Anstrengung und der beachtlichen Alkoholmenge weh.

Er hoffte, ihn im Kontrollraum zu finden, aber auch hier war er nicht. Colts Blick fiel auf Aprils Satteleinheit und langsam kam die Erinnerung in ihm hoch.

„Sie war es nicht!“, stellte er fest, „Sie kann es gar nicht gewesen sein, das ist doch ein abgekartetes Spiel, ist das doch!“ Seine Sinne kehrten zu ihm zurück und sein Gehirn begann zu arbeiten.

Noch ein wenig ungelenk machte Colt sich auf den Weg zu den Familiengräbern, wo er Saber Rider schließlich fand. Saber kniete vor Sincias Grab. Seiner Blässe nach zu urteilen, war er schon ziemlich lange hier draußen.
 

Colt konnte den Anblick nicht länger ertragen und ging ein paar Schritte. Seine Gedanken weilten wieder bei seiner Familie. Er holte seinen Blaster aus dem Halfter und ließ in unentwegt in seinen Händen hin und her wandern.

‚Tim, damals, als die Outrider mir meine Eltern nahmen, hast du mich aufgefangen und mir das Schießen beigebracht, damit ich Rache üben kann.‘ Manchmal redete der Texaner in Gedanken mit seinem Mentor, Timothy Dooley. Er half ihm, schwerwiegende Rückschläge zu analysieren und zu verarbeiten.

Colt atmete tief ein und bog in einen kleinen steinigen Pfad ein, der zu einer Stelle führte, von der aus man eine gute Aussicht über Loch Gaeloch hatte.

‚Aber was jetzt? Ich dachte, wir würden in Frieden leben können, dass es die Outrider nicht mehr geben würde. Ich weiß, ich muss Rache üben, nur dieser Gedanke bringt mich jetzt weiter. Aber habe ich auch die Kraft dazu?‘

Sein Blick ging an der Felswand entlang und er konnte die Kreuze von seinem Standpunkt aus sehen, wohl wissend, dass sein Partner immer noch davor kniete und versuchte zu begreifen.

‚Und was wird aus Saber – und aus unserem Team?‘

Noch fast drei Stunden starrte Colt auf den See hinaus, ohne jedoch wirklich etwas zu sehen und ohne Antworten auf seine Fragen zu finden.
 

Als er zu Saber Rider zurückkehrte, hatte dieser sich eine neue Flasche Alkohol besorgt, die bereits zu einem Drittel leer war.

„Saber“, sagte Colt erschreckt und ging neben ihm in die Hocke, wobei ihm eine gewaltige Alkoholfahne entgegen schlug. Der Cowboy verzog jedoch keine Miene, sondern fuhr mit besorgter Stimme fort: „Das bringt doch gar nichts!“

„Lass mich in Ruhe!“, nuschelte Saber so abweisend, dass Colt nicht noch einen Versuch startete, ihn zur Vernunft zu bringen. Er beschloss, ihn wieder allein zu lassen und ging in den Kontrollraum. Er wollte Commander Eagle und König Roland von dem Angriff berichten.

Doch als Colt den Kontrollraum betrat, leuchtete dort das Notrufsignal. Alarmiert startete Colt die Wiedergabe. Auf dem Bildschirm erschien Commander Eagle; Blut lief ihm über sein Gesicht und hinter ihm waren dicke Rauchwolken zu sehen und Sirenen zu hören.

„Star Sheriffs! Wir werden angegriffen! Die Outrider meldeten uns, dass sie das gesamte Neue Grenzland in ihren Händen haben! Sie haben uns unterwandert! Viele Menschen wurden bereits im Vorfeld entführt und versklavt. Vertraut niemandem und taucht selbst unter. Sie dürfen euch nicht erwischen, ihr seid die letzte Hoffnung für das Neue Grenzland! Bitte kommt nicht hierher, dafür ist es zu spät!“ Der Commander atmete tief ein und fuhr fort: „Und wenn ihr meine Tochter findet...“ In diesem Moment gab es einen hellen Blitz und der Bildschirm verfärbte sich rot.

„COMMANDER!“, schrie Colt mit vor Entsetzen geweiteten Augen. Mit aller Kraft schlug er auf die Konsole vor sich. „Verdammte Outrider!“ Tränen der Wut überkamen ihn und er lehnte sich kraftlos in Aprils Satteleinheit zurück, von wo aus der den Notruf empfangen hatte.. Die Situation wurde immer hoffnungsloser, nicht nur für ihn und Saber, sondern jetzt auch für das gesamte Neue Grenzland. Die Outrider waren ihnen zuvor gekommen.
 

Der Cowboy hatte Saber über den Tod von Commander Eagles und vom Untergang des glorreichen Königreichs Jar überbracht. Der Highlander hatte sie mit geringen Interesse zur Kenntnis genommen. Aber Colt war sich nicht sicher, ob er die Bedeutung dieser Worte verstanden hatte.

‚Nie hätte ich gedacht, dass Saber aus der Bahn zu werfen ist.‘ Der Texaner saß etwas abseits auf dem Trümmerhaufen, der gestern noch Schloss Rider gewesen war und beobachtete seinen Vorgesetzten, wie er abwechselnd den Grabstein umarmte und seine Familie beweinte und dann wieder tiefe Schlucke aus seiner Whiskyflasche nahm.

‚Ob ich es vermag, ihn wieder auf seine Bahn zu bringen? Kann ich überhaupt so stark sein, wo ich doch selbst alles verloren habe?‘

In den nächsten Stunden dachte Colt über viele solcher Fragen nach, auf manche fand er Antworten, auf andere nicht. Er wusste, dass seine Trauer ein langwieriger Prozess werden würde und am Liebsten würde er sich so wie Saber in eine Ecke verziehen und alles hinwerfen. Aber tief in seinem Herzen lauschte er seinem Ruf nach Rache; die Outrider hatten ihm zum zweiten Mal alles genommen. Einmal schon hatte er mit seinem Team den Feind geschlagen, wieso also nicht noch einmal? Dazu musste aber das Ramrod-Team komplett sein - Colt wusste jetzt, was zu tun war.

Sein Blick wanderte wieder zu Saber. Er war inzwischen aufgrund der durchzechten Nacht und des übermäßigen Alkoholgenusses auf dem Boden eingeschlafen, die Flasche lag leer neben ihm.

Der Cowboy rappelte sich auf. Vom langen Sitzen auf den ungemütlichen Steinen taten ihm die Knochen weh und beschwerten sich jetzt wegen der ungewohnten Bewegung.

Die Sonne neigte sich schon wieder dem Horizont entgegen. Colt nahm seinen Hut ab und ging wieder zum Grab seiner Familie und blieb davor stehen. Einige Augenblicke zögerte er aus falscher Scham, doch ein Versprechen sollte laut ausgesprochen werden.

„Geliebte Robin, lieber Josh, meine süße Tochter Sophie.“ Colt suchte einige Sekunden nach den richtigen Worten, ehe er fortfuhr: „Es tut mir leid, dass ich nicht rechtzeitig da war, um euch zu helfen. Dann wäre heute vielleicht alles anders. Oder wenn die Outrider zuerst Jarr angegriffen hätten, würde ich jetzt vielleicht an eurer Stelle liegen.“ Er wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel, denn er wollte nicht weinen, nicht bei diesem Versprechen.

„Ihr wisst vielleicht gar nicht, wie sehr ihr mir fehlt, vielleicht spürt ihr es aber auch von da oben aus? Geliebte Familie, ich kann euch nicht versprechen, ob ich ohne euch jemals wieder lachen kann oder glücklich sein kann, aber eines verspreche ich euch hiermit: Ich werde alles in meiner Macht Stehende dafür tun, die Outrider für immer zu vernichten. Robin, du hast immer an das Gute in den Phantomwesen geglaubt, aber es hat sich als falsch herausgestellt. So sehr wünschte ich, dass du Recht behalten hättest.

Familie Rider, ich hoffe, auch ihr habt mein Versprechen gehört. Ich gebe es euch im Namen eures Sohnes und Ehemanns Saber.“ Er holte tief Luft und legte seine rechte Hand auf sein Herz.

„Nehmt ihr mein Versprechen an?“

In diesem Augenblick erstrahlte eine helle lang gezogene Sternschnuppe am Horizont, die Colt als Antwort annahm.

„Danke“, flüsterte er und eine innere Ruhe breitete sich in ihm aus, als er ein letztes Mal seinen Blick über die Grabhügel wandern ließ. Er setzte seinen Cowboyhut wieder auf und hob dann Saber hoch und trug ihn an Bord von Ramrod, ohne sich noch einmal umzudrehen.
 

An Bord legte er Saber in sein Bett und begab sich in die Kommandozentrale. Er legte alle Kontrollen auf Fireballs Sattelmodul um und überprüfte die Anzeigen, bevor er einen Hypercomruf startete.

„Ramrod ruft das Kavallerie-Oberkommando!“

Rauschen.

„Ramrod an das Kavallerie-Oberkommando! Yuma, hört ihr mich?“

Rauschen.

„Einmal noch: Kavallerie-Oberkommando? Seid ihr da?“

Rauschen.

„Jetzt habe ich Gewissheit“, sagte Colt zu sich selbst. „Die Star Sheriffs gibt es auch nicht mehr. Ich hoffe nur, dass es wenigstens ein paar gibt, die rechtzeitig geflohen sind. Und genau die gilt es zu finden!“
 

Er setzte einen Kurs zum Königreich Jarr, um die Leichen von Commander Eagle und König Roland zu bergen. Das war er ihnen und April schuldig. Außerdem bestand noch die geringste Hoffnung, ihre Navigatorin wieder zu finden und vielleicht würde auch Fireball mit seinem Vater zurückkehren.

‚April‘, dachte der Cowboy und wurde traurig. Bis eben hatte keiner von ihnen an die junge Wissenschaftlerin oder den Rennfahrer gedacht.

‚Wo seid ihr? Lebt ihr überhaupt noch?‘
 

***
 

April lebte noch, aber sie war ein weiteres Mal dem Tod von der Schippe gesprungen. Auch Garys Stadt der Träume war von den Outridern nicht verschont worden. Die äußeren Gebäude waren komplett zerstört, die wenigen Gäste, die dort ihre Nachtlager aufgeschlagen hatten, tot. Nur die Gebäude, die in der Höhle gebaut waren, hatten den Angriff unbeschadet und unbeachtet überlebt.

Gary ging fassungslos durch die Trümmer seines Lebenswerkes, nachdem der Angriff vorüber und die Überlebenden geborgen waren. Von den 32 Einwohnern hatten nur 18 überlebt. Ein schwerer Verlust.

Er selbst war gerade in seinem Büro gewesen, als seine Stadt dem Erdboden gleichgemacht worden war. Es ging alles rasend schnell. Der Angriff war geplant, die Raketen zielsicher positioniert worden.

Gary stiegen Tränen der Wut und Verzweiflung in die Augen, als er den Schutthaufen durchschritt, der einmal seine Stadt gewesen war. Die heißen Explosionen hatten den Schnee geschmolzen, der die Dächer der Häuser bedeckt hatte und gaben den Blick auf versengtes Gras, verkohlte Holz- und Steinreste frei.

Von weiter hinten drang leise das Stöhnen der Verletzten zu ihm hinüber, die bereits einigermaßen fachmännisch versorgt wurden. Wäre Elisabeth noch am Leben...

„Wie geht es jetzt weiter?“, fragte Gary sich laut. Er ging in die Hocke, um einen der Steinbrocken aufzuheben. Gedankenverloren drehte er ihn in seinen Händen hin und her. Der starke, selbstsichere Mann war mit dieser Situation mehr als überfordert.

‚Immer dachte ich, meine Stadt wäre unsichtbar und wir sicher. Aber würde das Königreich zu solch drastischen Mitteln greifen, wenn sie meine Stadt entdeckt hätten? Ich kann es mir nicht vorstellen.‘
 

April war nur leicht verletzt worden. Sie hatte sich zum Angriffszeitpunkt im Höhleninneren aufgehalten und war aufgrund des Lärms nach draußen gestürmt. Sie half dabei, die Verwundeten zu versorgen. Die junge Frau war erschüttert darüber, welches Leid über sie hereingebrochen war, aber dennoch verstand sie, dass ihre Unterstützung gebraucht wurde. Sie ging nicht zimperlich damit um, dass ihre Arme blutverschmiert waren oder zögerte nicht, gebrochene Arme zu schienen.

Und irgendwie kam ihr das alles bekannt vor, als hätte sie es schon oft gesehen und erlebt. Doch dieser Gedanke schwebte so leise in ihr, dass sie ihn nicht weiter verfolgte.
 

Gary saß fast eine Stunde allein auf einem Steinhaufen, eines seiner ehemaligen Hotels, und überlegte. Wie gelähmt ließ er seine Blicke über seinen unrechtmäßig erworbenen Besitz gleiten.

Langsam setzten seine Gedanken wieder ein. Er musste jetzt beweisen, dass er ein wahrer Anführer war. Diese Situation trieb ihn an die Grenzen seiner bisherigen Laufbahn als Betrüger, aber er war dafür bereit, es dem Königreich zu zeigen!

„HEY!“, rief er zur Höhle hinüber. „Ich brauche drei Helfer!“

Kurz darauf kamen drei einigermaßen heil gebliebene Männer zu ihm.

„Das Königreich hat versucht, uns unsere Stadt der Träume zu nehmen! Ich muss zwar zugeben, dass ich immer dachte, sie sei ausgezeichnet versteckt, weil das Gebirge zu gefährlich ist, aber ich habe mich getäuscht. Wir begraben die Toten und ziehen uns in das Berginnere zurück und bauen unsere Stadt wieder auf. Wir lassen uns nicht unterkriegen!“

„Du hast Recht, Gary“, erwiderte Steve, der Außenposten, der ebenfalls zu den Freiwilligen gehörte. „Aber vielleicht sollte ich mich mal unters Volk mischen, um zu hören, was die Zeitungen sagen, bevor wir uns hier wieder niederlassen. Wir sind entdeckt worden.“

Gary überlegte kurz und nickte schließlich. „Mach das. Vielleicht ist es besser, wenn wir das erst einmal wissen. Wenn mein Gleiter noch in Ordnung ist, kannst du ihn benutzen.“

„Ok. Ich mach mich gleich auf den Weg.“
 

Stunden später kam Steve zurück. Die Überlebenden hatten sich in der Höhle in einem der erhaltenen Hotels versammelt, um gemeinsam um die Toten zu trauern und über ihre Zukunft zu beratschlagen. Die Gesichter wandten sich zu Steve, als er zur Tür hereinplatzte. Seine Miene war versteinert.

„Was ist los, Steve?“, fragte Nancy ihn ängstlich, sprang auf und eilte zu ihm. Steve nahm sie in den Arm und ließ sich zum Tisch zurückführen, um den sie alle herum saßen und setzte sich.

„Es ist schrecklich. Sie sind alle tot. Alle....tot.“ Er vergrub sein Gesicht in Nancys Bluse und drückte sie fest an sich.

„Wer?“, fragte Gary erschöpft nach. Die Leichen zu bergen war sehr anstrengend gewesen. Da der Boden gefroren und obendrein zum Ausheben der Gräber aufgrund seines steinigen Untergrunds nicht geeignet war, hatten sie ihre leblosen Freunde im ewigen Schnee begraben.

„Das ganze....Königreich ist eine...eine Geisterstadt. Ich habe gesucht, aber niemanden gefunden.“ Steve hob seinen Kopf und blickte in die Runde. Nancy hatte aufgehört ihn sanft zu streicheln, zu sehr war sie von seinen Worten gefesselt.

„Ist das wahr?“, fragte nun auch April leise. „Aber wie kann das sein?“

„Ich glaube, es war ein Outriderangriff. Ich habe einige zerstörte Phantomjäger gesehen.“ Steve beruhigte sich langsam wieder. Nancys Nähe hatte dafür gesorgt.

„Outrider? Aber der Krieg ist doch vorüber!“, brauste Gary auf. „Bist du dir wirklich sicher?“

„Es gibt keinen Zweifel. Es waren die Phantomwesen, ob der Krieg vorbei ist oder nicht.“

„Wer sind die Outrider?“, fragte April dazwischen, da sie der Unterhaltung nicht folgen konnte. „Warum greifen sie uns an?“

„Mädchen“, sagte Gary väterlich. „Das ist eine lange Geschichte und ich möchte sie an diesem Abend nicht erzählen. Wir hatten für heute genug Leid.“

„Aber wie geht es jetzt weiter?“, wollte Simon, ein Gast wissen, der ein Verband um den Kopf trug, weil er von ein paar herumfliegenden Steinen getroffen worden war.

„Wir bleiben hier“, bestimmte Gary. „Sie werden nicht noch einmal Gebiete angreifen, die sie bereits für tot halten....wenn sie wiederkommen.“

„Aber könnte es nicht sein, dass noch andere überlebt haben? Sollten wir nicht nach ihnen suchen?“, warf Sandrine DeGaulle ein, eine Schmugglerin, die hier Zuflucht gesucht hatte.

„Ja, das sollten wir tun“, nickte Gary, nachdem er sich diesen Gedanken gut überlegt hatte.

„Aber nicht mehr heute. Morgen werden wir einen Trupp nach Jar schicken. Jetzt sollten wir alle versuchen, ein wenig Schlaf zu finden.“
 

Am nächsten Tag flogen Sandrine, Steve und Gary persönlich nach Jar, um das Ausmaß der Katastrophe zu sehen.

„Die Scanner zeigen nichts an“, stellte Steve fest.

„Flieg zum Königshaus und lande dort“, befahl Gary.

„Das Königshaus verfügt mit Sicherheit über Schutzbunker und wenn, dann finden wir am Ehesten dort Überlebende.“

„Und was zu essen“, warf Sandrine ein.
 

Gekonnt landete Steve den Gleiter auf einem einigermaßen Trümmerfreien Platz und die Drei stiegen mit gezogenen Blastern aus.

„Wir bleiben zusammen“, ordnete der Anführer an und ging voran ins zerstörte Königshaus. Ein Flügel des Gebäudes war komplett zusammengefallen, während sich an dem anderen schwarze Brandschäden zeigten. Der Rauchgeruch wurde immer stärker, je mehr sich die kleine Gruppe näherte.

Mit einem großen Schritt stieg Gary über eine umgestürzte Marmorstatue ins Innere des Gebäudes.
 

Doch auch hier trafen die Drei nur Tod und Zerstörung. Es war deprimierend und entsetzlich. Viele Leichen waren bis zur Unkenntlichkeit verbrannt oder unter schweren Steinbrocken vergraben.

Sandrine war normalerweise eine Frau, die viel ertragen konnte, doch hier liefen ihr die Tränen leise über die Wangen. Soviel Elend wünschte sie nicht einmal ihrem ärgsten Feind.

„Wer seid ihr?“, ertönte plötzlich ein Stimme hinter der kleinen Gruppe, die sich über eine weitere Leiche gebeugt hatten.

Erschrocken fuhren sie herum und schauten zu dem Mann, der sich leise angeschlichen hatte und ein Gewehr auf sie richtete.

„Keine Outrider“, antwortete Gary und ließ seinen Blaster sinken.

Der Mann wedelte mit seinem Gewehr zu den anderen Beiden, die daraufhin ihre Waffen ebenfalls wegsteckten.

„Ich habe schon dreimal alles abgesucht. Hier gibt es keine Überlebenden“, erzählte der Bewaffnete und ließ das Gewehr nun ebenfalls sinken. Schwermütig atmete er aus und trat näher.

„Woher kommt ihr und woher seid ihr?“, wollte er wissen.

„Unsere Stadt liegt im Jaréme-Gebirge. Wir sind alles gesuchte Verbrecher, aber ich schätze, das zählt jetzt nicht mehr.“ Gary ließ sich müde auf eine zerbrochene Marmorbank nieder und stellte sie der Reihe nach vor.

„Dich hab ich auch schon mal auf meiner Liste gehabt, als ich noch Kopfgeldjäger war“, erwiderte der Mann. „Ich bin Colt Wilcox, von den Star Sheriffs. Oder das, was davon übrig geblieben ist. Mein Partner Saber Rider ist auch hier, aber ihm geht’s nicht sonderlich gut.“

„Von den Star Sheriffs?“, horchte Gary auf und blickte Colt in die Augen.

„Dann solltet ihr mitkommen. April ist bei uns. Aber sie weiß nicht, wer sie ist.“

„April lebt und ist bei euch?“, hakte Colt noch einmal nach. Schien es in dieser schweren doch noch etwas Gutes zu geben?

Gary nickte.

„Steve hat sie gefunden. Es war Rettung in letzter Sekunde.“

Colt warf dem Retter einen dankbaren und erleichterten Blick zu.

„Ich muss mich selbst davon überzeugen. Können wir zu ihr?“

„Natürlich“, antwortete Gary sofort. Normalerweise hatte er andere Pläne mit April gehabt, aber die Situation hatte sich drastisch geändert. Jetzt fühlte er sich sogar richtig gut dabei, die blonde Frau wieder mit ihrem Kollegen zusammen zu bringen.

„Unseren Gleiter hast du bestimmt gesehen. Wir können sofort los.“

„Nein, nicht sofort. Ich muss noch Saber Bescheid geben. Er würde sich sicher freuen, sie wieder zu sehen, nach allem, was passiert ist“, sagte Colt.

„Was genau ist hier passiert?“, meldete sich Sandrine zu Wort. „Ich meine, was ist offensichtlich, aber wer war es?“

Der Cowboy war bereits ein paar Schritte zum Ausgang gegangen, die beiden Männer waren ihm bereits gefolgt, als er innehielt.

„Es war ein Outriderangriff“, erklärte er tonlos. „Sie haben unser Dimension von langer Hand unterwandert und uns von innen heraus zerstört. Es gibt kaum Überlebende....“

Dann setzte der Kopfgeldjäger seinen Weg fort, um zu dem unterirdischen Hangar zu gehen, wo Ramrod versteckt war.

Die kleine Gruppe folgte ihm nach ein paar Sekunden regloser Erstarrung, in der sie Colts Worte zu verstehen versuchten. Aber das Ausmaß der Katastrophe war nur schwer zu erfassen für jemanden, der nur diesen kleinen Ausschnitt gesehen hatte.
 

Saber saß in Ramrods Küche und starrte vor sich hin. Er bemerkte nicht einmal, dass Colt eingetreten war.

„Saber“, rief Colt ihn und setzte sich neben ihn auf die Bank. Er beachtete nicht die erschrockenen Gesichter der kleinen Gruppe, die den Anführer der Star Sheriffs immer nur in aufrechter, starker Haltung gesehen hatten.

„Saber, ich habe Überlebende gefunden. Sie haben ein Versteck in den Bergen“, erklärte er dem apathischen Mann.

Langsam richtete Saber seinen Blick auf die beiden Männer und die Frau, die in der Nähe der Tür standen.

„April ist bei ihnen“, sagte Colt und Sabers Aufmerksamkeit richtete sich jetzt auf den Cowboy.

„Ist das wahr?“, fragte er mit rauer Stimme.

„Wir fliegen hin und werden selbst nachsehen, okay?“ Colt ließ von Saber ab und wandte sich wieder an Gary. „Kann Ramrod dort landen?“

„Das ist kein Problem. Die Höhle ist groß genug, dass euer Schiff hineinpasst und vor unliebsamen Blicken geschützt ist. Wir sollten los.“

„Ich mache die Systeme startklar. Einer von euch kann euer Schiff holen und es dann in unserem Hangar parken. Wir sollten nichts Funktionierendes zurücklassen, schon gar nicht so etwas Wichtiges wie einen Gleiter.“

„Weise Worte“, kommentierte Steve nickend. „Ich hole unser Schiff.“
 


 

Lautes Dröhnen kündigte die Ankunft eines großen Raumschiffes an. Die Überlebenden der Stadt der Träume befürchteten einen neuen Angriff, doch April war bei dem Geräusch nach draußen gegangen.

Wie erstarrt verfolgte sie wie das riesige Raumschiff an ihr vorbei flog und ihre Haare und Kleidung zum Flattern brachte.

Die Form, die Farben, die Geräusche, das alles war lange Zeit Teil ihres Lebens gewesen und kehrte nun zu ihr zurück.

Noch bevor Ramrod komplett aufgesetzt hatte, führten sie ihre Schritte wie von selbst zum Friedenswächter, während sich Tränen in ihren Augen sammelten. Als sie das Raumschiff berührte, erinnerte sie wieder an alles aus ihrer Vergangenheit: an ihre Freunde, ihre gemeinsamen Abenteuer, an lustige und traurige Zeiten – und auch an ihren Namen.

„Kassandra!“, rief Nancy der blonden Frau hinterher, die sich daraufhin lächelnd zu ihr umdrehte.

„Nicht Kassandra. Mein Name ist April. April Eagle von den Star Sheriffs.“

Sie wandte sich wieder Ramrod zu, dessen Rampe gerade heruntergelassen wurde. Colt rannte auf die blonde Frau zu und schloss sie herzlich und erleichtert in seine starken Arme.

„Ich bin so froh, dass du lebst, Prinzessin“, sagte er glücklich und wischte sich eine Träne aus den Augen.

„April…“ Saber war zu den beiden eng Umschlungenen getreten. Auch seine Augen glitzerten verdächtig, als April sich von Colt löste und sich in die Arme des Schotten warf. Dieser vergrub fast augenblicklich seinen Kopf in ihrem langen Haar und ließ seinen Tränen freien Lauf, während er sie so fest hielt, dass es beinahe schon weh tat.

Die junge Frau streichelte beruhigend über seinen Rücken und warf dem Cowboy fragende Blicke zu. Dieser schüttelte jedoch nur den Kopf.

„Lasst uns nach drinnen gehen“, schlug Gary vor, der inzwischen zu ihnen gekommen war.

„Es gibt viel zu bereden.“
 

Sie versammelten sich alle in dem Bistro, das genügend Platz für die wenigen Überlebenden bot. Saber und Colt hatten April in ihre Mitte genommen, froh wenigstens ein Mitglied ihres Teams wieder bei sich zu haben.

„Wo ist Fireball?“, fragte die blonde Frau leise und blickte abwechselnd von dem Cowboy zu dem depressiven Highlander.

„Er ist nicht zurückgekehrt. Er und sein Vater sind in der Phantomzone verschollen. Ich glaube nicht.....dass sie noch leben“, erklärte Colt traurig. Es hatte keinen Sinn, ihr die Wahrheit vorzuenthalten.

„Und dein Vater…ist neben König Roland ermordet worden, als die Outrider unsere Dimension überfielen“, fuhr Saber ruhig fort und zog sie in seine Arme. „Auch Colt und ich haben unsere Familien verloren. Wir kamen zu spät.“ Zitternd krallte April sich in Sabers Hemd, zu geschockt, um zu weinen.

Gary legte Colt eine Hand auf den Unterarm.

„Colt. Bitte erzählt uns, was passiert ist.“

Der Angesprochene sah Gary kurz an und ließ dann seinen Blick über die fragenden, entsetzten Gesichter der Anwesenden streifen. Sie sollten und mussten erfahren, was passiert war.

Obwohl er sich selbst für keinen großen Redner hielt, war er im Moment jedoch besser dazu in der Lage, als Saber es war.

„Ihr sollt die Wahrheit erfahren. Die Outrider haben unsere komplette Dimension überfallen. Sie müssen es von langer Hand geplant haben, denn die Angriffe waren zeitlich genauestens koordiniert. Erschreckend daran ist die Zahl der Personen und Schiffe, die sie für einen Überfall dieser Größenordnung zur Verfügung gehabt haben müssen.“

Die Augen des Kopfgeldjägers blickten kalt und zornig in die Runde.

„Sie haben uns allen unsere Familien genommen und mir sogar meine ungeborene Tochter. An ihrem Grab habe ich Rache geschworen, auch wenn sie mein Leben kostet!“ Unwillkürlich ballte er seine Hand zur Faust und sein Blick wies nicht die geringsten Zweifel auf.

„Colt…?“, wisperte April leise und griff nach seiner Hand. Colt lächelte sie sanft an.

„Keine Sorge, Süße, ich weiß, was ich tue“, erwiderte er leise. „Mein Leben dient nur noch diesem Zweck und wenn ich dabei draufgehe, dann soll es eben so sein.“

Der Wissenschaftlerin brannten anfangs viele Fragen auf den Lippen, doch je länger sie in Colts blaue Augen schaute, umso weniger wurden es, bis sie schließlich verstand. Ernst sah sie ihn nach wie vor an.

„Ich will auch Rache. Rache für meinen Mann und für meinen Vater und das Leben, das uns genommen wurde“, erwiderte sie leise, aber fest.

„Die Phantomwesen müssen sterben“, mischte sich einer von Garys Gästen ein, der Colts Erzählung leidenschaftlich gelauscht hatte.

„Ich werde euch unterstützen“, sagte Sandrine mit Feuer und Flamme.

Colt sah mit Begeisterung, dass immer mehr sich für die Rache der Menschen an den Phantomwesen aussprachen. Seine Augen funkelten rachsüchtig.

Obwohl er nie in so einer Situation gewesen war, war er doch soeben zum Anführer einer Revolte geworden. Ob sie von Erfolg gekrönt sein würde, würde sich zeigen. Allein etwas zu tun, zählte, half ihnen allen, ihrem Leben einen neuen Sinn zu geben.

„Ich habe eine Idee…“, begann Colt und erzählte.

Angriff in der Phantomzone

In den folgenden Monaten wurde Colts Plan in die Tat umgesetzt.

Die Stadt der Träume war das neue Hauptquartier der letzten Menschen geworden.

Durch den Einsatz von Suchtrupps nach weiteren Überlebenden in der menschlichen Dimension war diese Zahl inzwischen auf knapp zehntausend angewachsen.
 

Die Erkundungsflüge quer durch das nun von Outridern besetzte Grenzland mussten mit oberster Vorsicht durchgeführt werden, denn die feindlichen Patrouillen warteten überall.

Die Outrider hatten damit begonnen, die von ihnen zerstörten Städte wieder aufzubauen und die dortigen Ressourcen abzubauen. Wie eine Seuche breiteten sie sich über die menschliche Dimension aus und vereinnahmten sie mehr und mehr.

Wegen der häufigen Phantomsprünge wurden schon nach kurzer Zeit mehrere permanente Übergänge zwischen den beiden Dimensionen eingerichtet.
 

Jesse verfolgte diese Entwicklung mit Genugtuung. Bedauerlicherweise hatte er Fireball nicht als General an seiner Seite in die Angriffe mit einbeziehen können, da der Körper des Star Sheriffs die Medikamente und Implantate nur schwer vertrug, zumindest sagten ihm die drei Professoren dies, die Fireball betreuten. Insgeheim glaubte Jesse jedoch, dass es an der Unfähigkeit der outrider’schen Mediziner lag, die trotz ihrer unzähligen Versuche mit der menschlichen Rasse immer noch keinen weiteren Mutanten wie damals Gattler erzeugen konnten. Als es sich abzeichnete, dass das Experiment scheitern würde, ließ Jesse die drei Professoren eliminieren. Aber seine Stimmung hob sich wieder, als er auf die vernichtete Menschheit blickte. Hin und wieder meldete sich darüber die leise Stimme seines Gewissens zu Wort, die er aber geflissentlich überhörte.

Stattdessen betrachtete er seinen ewigen Widersacher, der in einer Phantomkammer in seinem Büro stand. Er besaß zwar noch das menschliche Aussehen, aber sein Blut war das eines Outriders.

Seine Haut war blass geworden, seine Haare lang und seine Ohren spitzer als vorher. Er lebte noch, manchmal schlug er sogar von alleine die Augen auf, die ebenfalls jegliche Farbe verloren hatten. Nur noch ein Schatten seiner Iris war erkennbar und erinnerte daran, dass er einmal ein Mensch gewesen war.

Auch wenn Fireball nutzlos für Jesse war, brachte er es dennoch nicht übers Herz, die Phantomkammer abzuschalten, in der er ihn aufbewahrte.

Manchmal dachte Jesse daran, Fireballs Umwandlung mit einem anderen Ärzteteam fortsetzen zu lassen. Aber für das weitere Experimentieren fehlte ihm momentan die Zeit. Er war sehr häufig bei Nemesis und dessen Klonen, die sich überall ins neu eroberte Gebiet verteilten. Nemesis wusste so immer, was an welchem Ort geschah und konnte schnell auf Veränderungen reagieren.

Jesses Aufgabe war es, die Aufbauarbeiten und Kontrollflüge zu koordinieren, weshalb er sehr viel zu tun hatte und seine persönlichen Belange zurückstellen musste. Aber nun er hatte Zeit….
 

Hin und wieder stießen die patrouillierenden Phantomgleiter auf abgemagerte, aber lebende Menschen, die dann sofort getötet wurden. Nemesis ordnete daraufhin eine groß angelegte Suchaktion an, die einen Monat dauerte und bei der viele Menschen aufgespürt und beseitigt worden waren.

Jeden Tag schritt Nemesis stolz durch seine neuen Gebiete. Er atmete tief die saubere Luft ein und genoss das Gefühl, endlich wieder normal atmen zu können, nachdem er jahrelang ein Cyborg gewesen war.

Er fühlte sich zufrieden und voller Tatendrang. Bis sein neues Imperium erblühte, würde es noch viele Jahre dauern, aber er hatte keine Eile. Der erste, wichtige Schritt war getan.
 

***
 

Das Leben der Menschen war hart geworden. Doch sie nahmen die Qualen auf sich, um das zu bekommen, woran sie glaubten – ihre Rache.

Saber war in den ersten Monaten nach dem Verlust seiner Familie in eine schwere Alkoholsucht gestürzt und äußerst aggressiv. Colt wusste sich nicht mehr zu helfen, denn alle seine Versuche, den letzten Highlander zur Vernunft zu bringen, waren gescheitert. Außerdem hatte er immer weniger Zeit, sich um seinen Freund zu kümmern, denn je mehr Gefolgsleute sie wurden, umso mehr war der Cowboy als Anführer gefragt.

Er ließ die Phantomwesen auskundschaften, ordnete körperliches Training an und organisierte Streifzüge, die Lebensmittel, Kleidung, Waffen und Gyrolen brachten.

April stand ihm während dieser Zeit immer zur Seite, nachdem sie ihren anfänglichen Schock über den Tod von Fireball und ihrem Vater überwunden hatte. Sie hatte viele Tränen geweint, doch ihr Glaube an die Rache half ihr, darüber hinweg zu kommen.

Sie liebte Fireball noch immer, aber sie wusste, dass sie ihn nie wieder sehen würde. Deshalb kümmerte sie sich intensiv um Colt und Saber, die nun wieder zu ihrer Familie geworden waren, so wie sie es früher auch gewesen waren.

Sie war es, die es nach und nach schaffte, Saber aus seiner Depressivität zu holen und von seiner Sucht abzubringen. Sie erinnerte ihn an vergangene Zeiten, in denen er ein Vorbild für andere Star Sheriffs gewesen war. Wenn es ihm schlecht ging, war sie für ihn da, um ihn zu trösten und hielt ihn davon ab, wenn Saber wieder zum Alkohol greifen wollte. Auch wenn die Menschheit verloren schien, so sagte sie, gab es doch keinen anderen Lebensraum für sie. Sie mussten ihr Gebiet verteidigen und auf Rache aus sein.
 

„Auch wenn wir in unserer Ausbildung gelernt haben, dass Rache kein Ziel sein kann, ist es doch das Einzige, was uns zusammenhält und uns weitermachen lässt“, sagte sie leise zu ihrem ehemaligen Chef, neben dem sie im Bett lag. Sie teilten es seit geraumer Zeit, auch wenn sie nie miteinander schliefen. Doch die Nähe des Anderen spendete ihnen Trost und Geborgenheit.

„In Zeiten wie diesen sind die Wahrheiten manchmal andere“, erwiderte Saber leise und drehte sich zu ihr um, um mit seiner Hand sanft über ihre Wange zu streicheln.

„Dank dir habe ich auch ein Ziel vor Augen. Sincia und meine Eltern sollen nicht umsonst gestorben sein.“ Er küsste April zärtlich auf ihre Stirn und zog sie zu sich heran und schwieg eine Weile, um ihren ruhigen Atemzügen zu lauschen.

„Colt hat ungeahnte Fähigkeiten entwickelt. Ich bin sehr stolz auf ihn“, setzte er das Gespräch schließlich fort.

„Ich auch“, sagte die blonde Frau. „Er schafft es, uns allen Mut zu geben. Er weiß, was er will.“
 

Colt lag unruhig in seinem Quartier und betrachtete ein Bild seiner Familie. Er lebte allein in einem der Häuser und wollte es auch nicht anders. Dass April und Saber das Bett teilten, wusste er, aber er verurteilte es nicht. Für ihn selbst kam das nicht in Frage, denn er hatte sich geschworen, zuerst Robin zu rächen, bevor er wieder etwas mit einer Frau anfangen würde, obwohl genug Angebote vorhanden waren. Seine Position als Anführer der überlebenden Menschen machte ihn attraktiver als er ohnehin schon war.

„Robin, Josh, morgen werde ich alles für unsere Rache vorbereiten lassen. Wir haben genug Informationen gesammelt, um sie für immer vernichten zu können. Wünscht uns Glück, ja?“

Lächelnd betrachtete er die Ablichtung und küsste dann beide, bevor er das Licht löschte.
 

Am nächsten Tag rief Colt seine führenden Offiziere zu sich. Es waren insgesamt nur zehn Leute, darunter Saber und April.

„Wir haben genug Informationen gesammelt und ich denke, wir sollten nun nicht mehr warten“, begann Colt. „Unsere Zeit der Rache ist gekommen.“

„Alle haben hart an sich gearbeitet“, bemerkte Gary, der ebenfalls zum Führungskreis gehörte. „Je länger wir warten, umso höher ist das Risiko, dass wir vielleicht doch noch entdeckt werden.“

„Wann soll unser Angriff stattfinden?“, wollte Sandrine wissen, die Schmugglerin, die mit jedem Tag ungeduldiger wurde.

„Morgen wird es endlich soweit sein“, eröffnete Colt und schob seinen Cowboyhut auf seinen Rücken.

„Lasst uns noch einmal unsere bisherigen Pläne besprechen und das Vorgehen für morgen abstimmen.“ Ernst blickte Colt durch die Runde.

„Alles wird gut“, sagte April leise und drückte kurz und fest seine Hand. Sie zweifelte nicht im Geringsten an ihren Worten.

Colt lächelte die Wissenschaftlerin an und küsste sie auf die Stirn, bevor er sich wieder an die Anwesenden richtete.

„Unser Ziel ist die Zerstörung der Tritonmaterie, der Hauptenergiequelle und der Zentrale des Phantomreiches. Nemesis ist darin eingelassen wie wir aus unserem letzten Krieg wissen, und er verfügt über eine Anzahl Cyborgkörper, mit denen er sich in unserer Dimension aufhält. Ist das Hauptrechenzentrum ausgeschaltet, dann werden auch die Cyborgs ausgeschaltet sein. Deshalb muss unser Angriff in der Phantomzone stattfinden, auf feindlichem Gebiet.“

Jedes Mitglied des Führungskreises hatte knapp 850 Leute in seiner Bataillon. Funktionierende und bewaffnete Kampfschiffe und Gleiter waren in ausreichender Menge vorhanden, ebenso wie Waffen und Munition.

Sie hatten eine hübsche Staffel in den letzten Monaten zusammengestellt. Unter den Kampfschiffen befanden sich auch Ramrod und die Monarch Supreme, das berühmte Schlachtschiff des Königreichs Jar.

Die Teams, die die Monarch Supreme und Ramrod steuerten, hatten wochenlang daran gearbeitet, die Funktionen des Schiffes zu erlernen und Flugmanöver zu üben. Morgen würde sich zeigen, wie gut sie dies beherrschten.

April hatte das Kommando über ihren Friedenswächter bekommen, der von einer Kompanie Kampfgleiter begleitet werden würde.

Eine Staffel mit Transportschiffen würde Panzerregimente und eine Kolonne Fußvolk durch eines der sechs permanenten Portale zur Phantomzone bringen. Saber Rider führte eine Kompanie des Fußvolkes an, da er sich in diesen taktischen Maßnahmen besonders gut auskannte. Vieles hatte er aus Geschichtsbüchern über Napoleon gelernt, hatte dessen Taktiken studiert und versuchte die Fehler, die dieser berühmte Feldherr gemacht hatte, zu vermeiden. Allerdings würde es morgen um einiges spontaner und flexibler zugehen.
 

Colt hatte sich dazu entschieden eine Einheit mit kleinen, schnellen Kampfgleitern zu führen. Sein Bronco Buster war dazu bestens geeignet. Eine zweite und eine dritte Einheit wurden von Gary und Sandrine angeführt.
 

Zwischenkommi: Achtung, Süße! Wenn sie die Outrider so lange ausspionieren, sollten sie eigentlich auch von Nemesis Zustand erfahren haben... Muss ja den Gesamtplan nicht gefährden, aber einen Satz einflechten, würde ich schon 
 

Per Knopfdruck rief Colt das Hologramm der Phantomzone auf, welches sie auf einem ihrer Raubzüge aus einem feindlichen Gleiter entwendet hatten. Es zeigte detaillierte Informationen über die Städte und Planeten jenseits der Übergänge sowie die genaue Lage der Portale.

Aufgrund von Energiemangel konzentrierten sich die Bewohner auf drei Planeten, von denen zwei nur schwach besiedelt war.

„Diese beiden Planeten sollten wir uns zum Schluss vornehmen“, schlug Victor, ein Arzt aus Yuma City, vor. „Sie sind nicht stark bewaffnet und stellen somit keine große Gefahr dar. Vielleicht ergeben sie sich auch, wenn wir den Hauptplaneten eingenommen haben.“

„Das ist ein sehr guter Aspekt“, nickte Colt. „Wir dürfen uns nichts vormachen, wir sind in der Minderzahl, aber der Überraschungseffekt ist auf unserer Seite. Die Phantomwesen wiegen sich in Sicherheit. Aber wenn wir unseren Angriff auf ihr Zentrum konzentrieren, wird es uns gelingen, sie zu besiegen.“

„Wir müssen unsere Offensive so koordinieren, dass wir an vielen verschiedenen Orten gleichzeitig vorstoßen.“ April stand auf und griff nach einem Zeigestock, mit dem sie auf verschiedene strategische Punkte des Zentralplaneten Gondar deutete.

„Unsere Gleiterkompanien sollten an den Hangartoren einfallen. Die Transportschiffe können gleichzeitig die Truppen an der nördlichen und südlichen Hemisphäre absetzen, von wo aus es hier und hier nach Zugängen aussieht. Der Phantomturm befindet sich im Kern, so wie das letzte Mal auch. Er ist stark bewacht und wir müssen ein Team losschicken, die den Verteidigungsmechanismus dieses Ungeheuers ausschaltet.“

„Dafür bin ich mit dreien aus meiner Gruppe vorgesehen“, meldete sich Saber zu Wort. Saber, Colt und sie waren die einzigen, die die Verteidigungsmechanismen des Phantomturms wenigstens ansatzweise kannten. Es war davon auszugehen, dass diese sogar noch verbessert worden waren.
 

Gegen 15 Uhr beendete Colt die Veranstaltung und gab damit sich und dem restlichen Führungskreis somit Gelegenheit, ihre Einheiten zu briefen, bevor es morgen Ernst wurde.
 

Das Lager verfiel nach dem Briefing in schweigsame Stimmung. Viele verbrachten den letzten Abend im Kreise ihrer engsten Freunde oder mit den Personen, die nun zu ihrer Familie geworden waren.

So auch Colt, Saber und April.

Sie hatten sich bei Colt eingefunden, um zusammen zu Abend zu essen und über die guten, alten Zeiten zu reden und alte Geschichten auszutauschen. Nicht selten flossen dabei Tränen, mal vor Belustigung, mal vor Trauer. Die Fotos ihrer verstorbenen Liebsten hatten sie nebeneinander über dem Kamin aufgestellt, so als ob sie wenigstens dadurch bei ihnen sein würden.
 

Früh am nächsten Morgen herrschte geschäftiges Treiben. Die Vorbereitungen wurden größtenteils schweigend ausgeführt, die Stimmung war angespannt, aber durchweg positiv. Sie alle wussten, was auf dem Spiel stand.
 

Kurz vor dem Abflug ging Colt noch einmal durch die bereitstehenden Schiffe. Er trug schon seinen Raumanzug und seinen Blaster, während er hier Glück wünschte und dort Hände schüttelte. Er stellte fest, dass sich seine Stimmung in den meisten seiner Kameraden wiederfand. Sein Herz pumpte bereits Adrenalin durch seine Adern und seine Gedanken waren bei seiner Familie.

Er sah kurz den Red Fury Racer, der in eines der bereitstehenden Transportschiffe verladen wurde und Nova, die in ein anderes geführt wurde.

Ein paar Schritte weiter thronte der Friedenswächter am Himmel und er sah schon von Weitem Aprils rosafarbenen Kampfanzug und ihr blondes, wallendes Haar. Neben ihr stand Saber Rider mit Steed am Zügel.

„Howdy, ihr Zwei!“, begrüßte der Cowboy sie.

„Hallo Colt!“, grüßten beide zurück.

„Und, bist du zufrieden mit dem, was du hier siehst?“, wollte April wissen.

„Sehr“, lächelte der Angesprochene. „Die Vorbereitungen sind überall so gut wie abgeschlossen, wir können also gleich starten.“ Er beugte sich zu April hinunter und umarmte sie fest.

„Ich wollte euch beiden viel Glück wünschen.“

April erwiderte die Umarmung fest und konnte nicht verhindern, dass ihr ein paar Tränen in die Augen schossen.

„Danke, Cowboy. Dir auch viel Glück“, flüsterte sie heiser, bevor sie sich von dem Größeren löste und bemerkte, dass auch seine Augen feucht geworden waren.

„Wir sehen uns später“, sagte er zu Saber und umarmte auch ihn fest.

„Aye, das tun wir“, versprach der Highlander, während er seine Arme um Colt legte.

Dann setzte Colt seinen Weg fort und sah noch aus den Augenwinkeln, wie sich Saber und April zum Abschied küssten und dann an Bord ihrer Schiffe gingen.
 

Eine halbe Stunde später gab Colt das Zeichen zum Starten.

Wie eine Horde schwarzer, fliegender Ameisen erhoben sich die Schiffe vom Boden und verfinsterten den Himmel, einem schlechten Omen gleich.

Die Phantomwesen reagierten langsam, als sie diesen riesigen Fleck auf ihren Scannern entdeckten. Sie konnten mit den Daten nichts anfangen, wurden aber nervös, als sie sich den Portalen näherten und dann in der Phantomzone auftauchten.

Nemesis und Jesse Blue wurden zu spät informiert. Als sie die Masse an Schiffen orteten, die auf Gondar zusteuerte, gaben sie Alarm, um die Attacke abzuwehren.

Die Transportschiffe konnten ihre militärische Fracht unbehelligt auf den beiden Hemisphären absetzen und sie drangen unerbittlich vor, während Nemesis die Phantomkammern einheizte, um die dort schlafenden Krieger zu wecken.
 

Erst drei Minuten nach dem ersten Angriff waren die ersten Phantomgleiter zu sehen, die sich unkoordiniert auf die Feinde stürzten. Die Flotte hatte leichtes Spiel mit ihnen.

Doch weitere folgten, die nicht mehr so einfach zu vernichten waren.

„Startet die Renegade-Einheiten!“, befahl General Blue wütend. Sein Kommando wurde sofort ausgeführt.

„Renegades!“, schrie April, die die Steuerung von Ramrod an Fireballs Stelle eingenommen hatte. „Ich starte die Challengephase!“

Noch bevor die Renegades sie erreicht hatten, war die Transformationsphase abgeschlossen und der Friedenswächter kampfbereit. Der erste Renegade war mit fünf gezielten Schüssen aus Ramrods überdimensionalem Blaster in die ewigen Jagdgründe geschickt worden.

Weitere Einheiten folgten und bald schon war Ramrod zusammen mit weiteren Schlachtschiffen ähnlicher Größe in einen Kampf der Giganten verwickelt.

Vier rote Renegade-Einheiten hatten den Friedenswächter eingekreist und feuerten abwechselnd Lasersalven auf den großen Robotcowboy. Die Insassen wehrten sich verbissen und mussten schwere Treffer einstecken.

Plötzlich wickelte sich ein Laserlasso um Ramrods Hals und ein weiteres um das rechte Bein.

Hochenergetische Wellen jagten durch den metallenen Cowboy und übertrugen sich auf das Team im Inneren.

„Die Maverick-Kontrollen reagieren nicht mehr!“, meldete die Navigatorin vor Schmerzen keuchend.

„Hier reagiert gar nichts mehr“, erwiderte Marc schmerzerfüllt, der auf Sabers ehemaligem Platz saß.

April blickte wie gebannt in die Augen des Renegades, die sich hinter der Windschutzscheibe abzeichneten. Viele Schweißperlen standen auf ihrer Stirn und sie biss ihre Zähne zusammen. Schon einmal war sie mit ihrem Team in einer ähnlichen Situation gewesen und sie hatten es geschafft. Und diesmal...?

Die Energie wurde plötzlich erhöht. April schrie überrascht auf und verlor für ein paar Zehntel Sekunden das Bewusstsein. Ihr Kopf sackte nach vorne und ihr Blick traf auf ihren Monitor.

„Wir müssen hier raus“, flüsterte sie mit vor Entsetzen geweiteten Augen.

„Raus hier!“, schrie sie dann noch einmal laut. Sie hatte ihre Sitzgurte gelöst und war aus ihrem Modul aufgesprungen. Der Boden unter ihr glühte bereits und der Eingang war versperrt.

„Was ist hier los?“, fragte der Vierte im Team ängstlich und verfolgte, wie die blonde Frau wieder in ihre Satteleinheit sprang.

Ein Ruck ging durch den Friedenswächter als sich ein weiteres Laserlasso um den Rumpf wickelte und auch dort seine Energie hindurchjagte.

„Sie nehmen unser Schiff auseinander und wir können nichts dagegen tun“, erklärte die Teamleiterin resigniert. „Meinen Ramrod.“

Schnell legte sie wieder ihre Sicherheitsgurte an.

„Wir befinden uns bereits in der Atmosphäre und im Gravitationsfeld des Planeten“, erklärte sie ruhig. „Haltet euch fest!“

In diesem Moment durchtrennten die Laserseile den riesigen Robotcowboy. Der Boden unter den Satteleinheiten war weg und sie wurden nur noch von den Hubarmen gehalten. Die vier Insassen schrieen laut, als Ramrods Kopf vom Rumpf getrennt wurde.

„Wir stürzen ab!“, meldete die Navigatorin panisch.

April verfolgte im Schock durch die Windschutzscheibe, wie die Oberfläche des Planeten auf sie zu raste.

Marc funkte die Meldung von Ramrods Verlust an die Führungsoffiziere, bevor die Verbindung vollends zusammenbrach.
 

Saber führte seine Truppe ins Innere des Planeten. Er ritt auf seinem Schlachtross mit erhobenem Schwert voran. Dass Ramrod abgestürzt war, bekam er nur im Unterbewusstsein mit, zu sehr war er konzentriert.

„Vorwärts, Leute!“, schrie er und seine Fußtruppen kamen im Laufschritt nach. Doch vor ihnen türmte sich die erste Outriderfront auf, ihre Gewehre im Anschlag. Weiter hinten konnte Saber schwerere Geschütze wie Bazookas, Flaggs und Panzer erkennen, die sich schussbereit machten.

„Ausschwärmen!“, befahl er laut und hob mit seinem Robotpferd ab.

Die Raketen schlugen inmitten seiner Einheit ein. Körper wurden wie trockene Äste durch die Luft gewirbelt und Saber konnte selbst durch seinen Helm die Hitze der Explosion spüren.

‚Hattest du wirklich geglaubt, wir machen keine Verluste? Wie naiv bist du eigentlich geworden, Saber?‘, schalt er sich und blickte traurig auf die leblosen, verdrehten Körper. Die nächste Angriffswelle riss ihn aus seinen Gedanken.

„Geht in Deckung, verdammt!“, schrie er zornig. Die Kontrolle über die Situation drohte ihm zu entgleiten und das machte ihn nervös. Hilflos musste er mit ansehen wie die zweiten Raketensalve weitere seiner Leute tötete. Er kam sich plötzlich sehr feige vor. Während seine Einheit da unten um ihr Leben kämpfte, schwebte er auf seinem hohen Ross über allem und gab Kommandos.

Er sah, dass die Phantomwesen ihre Linien auflösten und zum Nahkampf übergehen wollten. Das war für Saber der Punkt, an dem er Steed nach unten lenkte und sich mit einem markerschütternden Schrei in den Kampf stürzte.

Seine Gefolgsleute sahen die Verbissenheit, mit der ihr Anführer den Feinden trotzte und erinnerten sich daran, weshalb sie hier waren.
 

Unerbittlich kämpften sie sich ihren Weg nach vorne, begleitet von schweren Verlusten auf beiden Seiten. Mittels Granaten konnten einige feindliche Geschütze und Panzer außer Gefecht gesetzt werden.

Immer wieder ließ Saber sein Robotpferd abheben, um die Gegner zu verwirren. Auch Steeds Hufe waren hin und wieder eine geeignete Waffe.

Die Truppe schaffte es, eine Bresche durch die Outrider zu schlagen und weiter ins Planeteninnere vorzudringen.

„Beeilt euch!“, rief der Highlander und hob sein Schwert, bereit zum Angriff.

Die erste Verteidigungslinie war durchbrochen und der blonde Anführer gab eine kurze Statusmeldung an die Führungsoffiziere durch.

„Wir dringen weiter vor. Der Phantomturm ist bereits in Sicht. Sind nur noch acht Sektoren entfernt“, meldete er und umrundete eine Trafostation, die laut vor sich hinbrummte.

Als er um die Ecke bog, wurde er frontal von einer Rakete getroffen. Er flog in hohem Bogen zusammen mit Steed gegen die nächste metallene Wand und prallte von dort ab. Verdreht blieb er am Boden liegen. Sein Körper wurde nur noch durch den Schutzanzug in Form gehalten, den er trug. Sein Blut quoll hellrot zwischen den verbeulten Teilen seines Raumanzugs hervor und sammelte sich in einer großen Lache unter ihm.

„Saber?“, rief Colts Stimme in seinem Helm. Doch sie wurde nicht mehr gehört.
 

Seine Armee, entsetzt über den plötzlichen Tod ihres Anführers, war zur leichten Beute für die zweite Verteidigungslinie der Phantomwesen geworden, die härtere Geschütze als die erste auffuhr. Nur sieben Sektoren vom eigentlichen Ziel entfernt war die erste Kompanie aufgehalten worden.

Den beiden, die aus zwei anderen Richtungen aus vorrückten, ging es nicht besser. Auch sie wurden acht und fünf Sektoren vor dem Ziel zerschlagen.
 

Ramrods Kopf landete mit dem Helm voran auf Gondar und hinterließ einen riesigen Krater. Das Team wurde hart in den Sitzgurten gehalten und stöhnte laut auf, als sie aufprallten.

Die Navigatorin und der Scharfschütze hingen bewusstlos in den Seilen, während sich April schon aus ihrer Satteleinheit befreite. Marc tat es ihr gleich und landete wackelig auf seinen Füßen.

April versuchte, die beiden anderen aus ihren Fesseln zu befreien, als Marc voller Angst schrie: „Sie haben uns im Visier! Raus hier!“

Die blonde Frau ließ hektisch von ihren Teamkollegen ab und folgte Marc durch die Windschutzscheibe nach draußen. Gerade noch rechtzeitig konnten sie hinter einem Turm in Deckung gehen, als Ramrods Kopf und die beiden Insassen in tausend Stücke zerfetzt wurden.

April keuchte laut und entsetzt auf und presste sich eng an Marc, der sich genauso geschockt an die junge Frau klammerte.

Dann gab der Boden unter ihnen nach und sie stürzten ins Innere des Planeten und landeten unsanft auf dem metallenen Boden.

Die Wissenschaftlerin schaffte es im letzten Augenblick, den herabstürzenden Metall- und Gesteinsbrocken auszuweichen. Die Außenhülle des Planeten war durch Ramrods Aufprall erheblich beschädigt worden und hielt dem Druck nicht mehr Stand.

Marc wurde unter den Metallmassen begraben und der schmerzerfüllte Schrei hallte in Aprils Ohren nach.

Sie war von der Außenwelt abgeschnitten, ihr Team tot. Einen Augenblick gab sie ihren Gefühlen nach und weinte lautlos, erschöpft an eine Wand gelehnt.

Dann flammte das Gefühl der Rache wieder in ihr auf, ein Funke, der zu neuem Leben erwachte.

„Saber, Colt, ich gebe nicht auf. Ich werde alleine zum Phantomturm gehen“, versprach sie ihren beiden Kollegen, die sie nicht hören konnten.
 

Colts Staffel kämpfte erbittert gegen ihre fliegenden Angreifer. Der Cowboy setzte seine besten Flugkünste ein und riss große Löcher in die feindlichen Linien. Die Meldungen von Ramrods Absturz und Sabers Tod lenkten ihn nur für kurze Sekunden ab, in denen er einen letzten Nachruf an seine Freunde schickte. Aber er kämpfte umso erbitterter weiter, um das zu bekommen, was ihn antrieb – seine Rache.

Sein Scanner meldete ihm, dass nun auch feindliche Schiffe von der anderen Seite der Portale in die Phantomzone sprangen, um ihre Landsmänner zu unterstützen.

‚Es sind zu viele!‘, schoss es dem Cowboy zum ersten Mal durch den Kopf, aber er drängte diese Gedanken sofort nieder. Er wollte es einfach nicht wahr haben.

„Lasst nicht nach!“, funkte er seine Einheit an und jagte zwei seiner Lasersalven ab, mit denen er zwei Gleiter ins Jenseits beförderte.

„Wieder zwei weniger“, murmelte er vor sich hin. Er nahm den nächsten feindlichen Flugkörper ins Visier, als sein Schiff von einer nahe gelegenen Explosion durchgeschüttelt wurde. Colt wandte seinen Blick nicht ab, sondern feuerte seinen Schuss genau ins Schwarze, flog dann eine Schleife und peilte den nächsten feindlichen Hyperjumper an.

Am Rande nahm er war, dass seine Einheit weit auseinander gerissen war und ein formierter Angriff nicht mehr möglich war.

‚Als einzelne Ziele sind wir leicht zu kriegen’, schoss es dem ehemaligen Kopfgeldjäger durch den Kopf.

„Sammelt euch! Alle zu mir!“, befahl er über Funk, ein verzweifelter Aufruf, einen strukturierten, effektiven Schlag gegen die Feinde auszurichten.

Seine Leute kamen so schnell wie möglich Colts Befehl nach, was sich als schwerer Fehler erwies.

Die Outrider umzingelten die Formation mit ihren Gleitern und schossen mehrere Hitzeraketen und Lasersalven ab. Für Colts Staffel gab es kein Entkommen. Nachdem sich der Feuerball gelichtet hatte, blieben nur noch Trümmerteile zurück, die wahllos auseinander drifteten, mal zusammen stießen, um dann in eine andere Richtung zu treiben.

Schnell nahmen die Phantomjäger einen anderen Kurs auf, um auch die letzten Angreifer zu beseitigen.
 

April stürmte in das Büro. Sie sah sich einer Wand von Überwachungsmonitoren gegenüber, die allesamt Bilder des Schreckens zeigten. Bilder des Untergangs. Ihres Untergangs.

Sie sah die Feuergefechte im Weltraum, bei denen die Outrider dominierten. Ein Monitor zeigte die Planetenoberfläche, genau die Stelle, an der Ramrods Kopf eingeschlagen war und einen tiefen Krater hinterlassen hatte.

Ihr Blick glitt über die nächsten Bilder, die verschiedene Schlachtfelder in den verwinkelten Gängen des Phantomplaneten übertrugen. Blut und Leichen waren überall.

Sie erblickte Saber Rider auf einem davon und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Obwohl sie dies alles weder wahr haben noch sehen wollte, wanderte ihr Blick weiter. Mehr tote Körper, weitere Trümmerhaufen und andauernde Schlachten bauten sich vor ihr auf. Vor ihr spielte sich die Niederlage der gesamten Menschheit ab. Wie hatten sie nur so blauäugig sein können?

All das Leid und Elend, das sich ihr auf den Monitoren bot, brachte ihre Nerven zum Vibrieren und ihre Muskeln zum Zittern.

Dann erblickte sie den halb zerrissenen Bronco Buster. Mittels Tastatur zoomte sie ihn näher heran und stieß einen lauten Schrei aus, als sie Colts deformierten Körper erblickte...
 

Geschockt und ohne ihre Augen abzuwenden, taumelte sie nach hinten, hinaus auf den Gang, wo sie sich abwandte und wegrannte. Ihre Tränen nässten ihre Wangen und fingen sich in ihren Haaren. Sie wischte sich mit dem Arm kurz über die Augen, um besser sehen zu können. Dann trat er plötzlich aus einer Tür – Jesse Blue, der tot geglaubte Verräter.

Aprils ganze Wut und Trauer konzentrierten sich auf ihn. Sie beschleunigte und rannte wie ein wilder Stier auf ihn zu.

„April!“, keuchte Jesse überrascht. Zum Ausweichen war es zu spät. Sie traf ihn mit voller Wucht und drängte ihn in den Raum zurück, aus dem er gekommen war. Dort warf sie ihn gegen die Metallwand, wo sich der Outriderkommandant abfing.

Noch während er sich sortierte, hatte die blonde Frau ihren Blaster gezogen und ihn in ihrer Rage mit zitternden Händen auf Jesse gerichtet.

„Sprich dein letztes Gebet!“, drohte sie ihm. Obwohl auch Jesse ein Mensch war, zögerte sie nicht, ihren Blaster auf ihn abzufeuern. Einmal, zweimal, dreimal.

Jesse war noch zu perplex, um etwas zu sagen, aber er wich den Lasersalven durch Seitwärtsschritte aus. Die Strahlen hinterließen schwarze Brandspuren auf der Wand, unweit seines Körpers.

Dann hielt sie inne und ihre Augen wurden groß.

„Fireball!“, sagte sie und ihre Stimme war nur unwesentlich mehr wie ein heiseres Flüstern.

In einer Phantomkammer gefangen stand ihr Mann plötzlich vor ihr. Er war blass, schien zu schlafen, seine Haare waren lang geworden. Aber es war eindeutig Fireball.

Sie beachtete Jesse nicht mehr, sondern stolperte zu der großen Glaskammer, hinter der ihr Ehemann konserviert war.

Jesse machte keine Anstalten, seine Waffe zu ziehen. Er hatte den Überraschungsmoment überwunden und sich wieder im Griff. Er stieß sich von der Wand ab und ging langsam zu der blonden Frau hinüber, die immer noch sein Herz rum Rasen brachte.

„Fireball!“, rief sie immer wieder und schlug mit ihrem Blaster, den sie immer noch ihn der Hand hielt, auf das stabile Glas ein.

„Fire! Ich bin hier!“, rief sie ihm zu. Er konnte sie jedoch nicht hören. Er schlug nicht einmal seine Augen auf.

„Er kann dich nicht hören“, erklärte Jesse sanft und legte seine Hände auf ihre Schultern. Mit blitzenden Augen drehte sich April zu ihrem Widersacher herum und schlug seine Arme beiseite.

„Fass mich nicht an!“, herrschte sie ihn an, doch Jesse lächelte nur kalt.

„Wieso nicht? Bist du nicht deswegen zu mir gekommen, meine Kleine?“ Trotz seiner Worte nahm er Abstand von April und trat hinter seinen Schreibtisch, wo er die Jalousien seines Büros hochfahren ließ. Im dunklen Weltraum waren vorbei fliegende Hyperjumper zu sehen und weiter hinten die funkelnden Spuren der Hitzeraketen, die bald darauf in einem leuchtenden Ball explodierten.

„Sieh her! Ein Wort von dir und der Krieg ist vorbei. Bleib bei mir und ich gebe den Befehl zum sofortigen Rückzug.“

April erstarrte bei Jesses Worten. Dann trat sie näher an das Fenster heran, stellte sich neben ihn und schaute dem Kriegstreiben zu.

Sie wurde von einer seltsamen Ruhe erfasst und ihr Zittern ließ merklich nach. Schließlich ließ sie sogar ihren Blaster sinken ohne ihn jedoch in ihr Halfter zu stecken.

‚Ich soll das beenden können?’, wiederholte sie Jesses Angebot in Gedanken, während sich die Explosionen in ihren Augen widerspiegelten. ‚Das Ganze? Und zu welchem Preis? Dass die wenigen Menschen, die wir noch sind, in Unterdrückung leben statt in Freiheit? Dass wir für die Outrider arbeiten müssen und wie Gefangene behandelt werden?’

Eine einzelne Träne stahl sich ihren Weg über Aprils Wange, als sie schließlich einen Entschluss fasste und sich Jesse zuwandte. Er sah sie zärtlich an und zog sanft die nasse Spur auf ihrer Wange nach.

„Ich willige ein. Aber zuerst möchte ich Fireball noch einmal in meinen Armen halten, bevor ich dir gehöre.“

Jesse hob überrascht eine Augenbraue, stimmte aber nach ein paar Sekunden Nachdenken zu.

April stand still neben ihm, während er die Phantomkammer öffnete und den Japaner, der jetzt ein halber Outrider war, herausholte.

Der weibliche Star Sheriff nahm ihn entgegen und ließ sich mit dem Bewusstlosen in den Armen zu Boden gleiten, so dass er mit dem Kopf an ihrer Brust zu liegen kam. Dabei fielen seine langen Haaren nach hinten und entblößten seine nun spitzen Ohren.

Erschrocken blickte sie auf ihre Entdeckung hinab und strich mit zittrigen Bewegungen darüber.

„Was hast du mit ihm gemacht?“, fragte sie ruhig ohne ihren Blick von ihrem Mann abzuwenden.

„Ein Experiment“, erwiderte der Angesprochene kalt. „Er sollte einer meiner Commander werden, aber meine Wissenschaftler haben leider versagt. Nun ist er unbrauchbar für mich geworden, ein Wesen, der weder Outrider ist noch Mensch.“

April schwieg daraufhin, streichelte ihren Mann aber nach wie vor über seine braunen Haare, die blassen Wangen und seinen Hals.

Dann hob sie langsam ihre rechte Hand, in der ihr Blaster lag, setzte ihn an Fireballs Schläfe und drückte ohne zu zögern ab. Das weißliche Blut der Outrider, das nun durch seine Adern floss, spritzte an die Wand und lief von dort hinunter zum Boden.

Jesse hatte überrascht aufgekeucht und war einen Schritt zurück gewichen. Nie hätte er diese Kaltblütigkeit von April erwartet.

Nun blickte sie ihn eisig an und hielt immer noch den toten Körper ihres Ehemanns im Arm.

„Menschen müssen frei sein! Du wirst mich niemals besitzen!“, zischte sie.

Geschockt sah Jesse zu, wie sie ihren Blaster nun an ihre Schläfe hob und mit einem Lächeln auf dem Gesicht ihrem Ehemann und ihren Gefährten in den Tod folgte.

Seit Tagen gehen mir die Bilder nicht mehr aus dem Kopf...April...

Damals bin ich aus falschem Stolz zum Verräter geworden. Ich war blind vor Eifersucht und Wut, habe alles weggeworfen, was mir je etwas bedeutet hat. Jahrelang habe ich mich selbst belogen, aber erst jetzt habe ich den Mut, mir dies einzugestehen.

Ich bin zum Vernichter der gesamten Menschheit geworden, habe jeden Einzelnen auf meinem Gewissen. Ohne meine Hilfe hätten es Nemesis und die Outrider nie geschafft, unsere Dimension zu erobern.

Ich bin der letzte Lebende und es ist meine Schuld, das und alles andere.

Die Menschheit ist verloren, ausgerottet für immer. Die Outrider haben gesiegt.

Ich werde hier verehrt und bejubelt für meine herausragenden Leistungen im Dienste der Phantomzone.

Ruhm und Ansehen, das habe ich mir immer gewünscht und nun habe ich es. Aber zu welchem Preis?

Die Stimme in meinem Kopf, die meines Gewissens, wird immer lauter. Ich kann die Last, die auf meinen Schultern liegt, nicht länger tragen...
 

Jesse speicherte die Nachricht ab und starrte noch einmal mit verschwommenem Blick auf seine geschriebenen Zeilen. Dann ging er ging zittrig hinüber zu seinem Bett, dem Ort, den er sich zum Sterben ausgesucht hatte.

Die Wirkung des Gifts, das er sich eine Stunde zuvor gespritzt hatte, setzte langsam ein.



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Kommentare zu dieser Fanfic (8)
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Von:  MasatoYamori
2009-08-09T19:54:04+00:00 09.08.2009 21:54
Deine Geschichte gefällt mir, denn sie lebt von überraschenden Wendungen, wodurch sie immer spannender wird, etwa wenn sich Fireballs vermeintlicher Vater als Jesse Blue entpuppt, April eine Königsmörderin sein soll oder der plötzliche Outriderangriff, der sowohl Sabers Familie auslöscht als auch Colts. Die Veränderungen der Charaktere sind glaubwürdig und nachvollziehbar, wie LinaW bereits geschrieben hat. Auch d

Über vereinzelte Rechtschreib- und Grammatikfehler sehe ich großzügig hinweg, und die Absätze sind lesefreundlich gestaltet. Dein Stil ist flüssig und leicht lesbar. Allerdings stört mich der etwas übertriebene Gebrauch der Haarfarben, wenn Name oder Personalpronomen auch reichen. Oft ist hier auch eine andere Formulierung möglich.

Im Kapitel 5 "Phantomsprung" heißt es:
Fireball registrierte in der Ferne einige aufsteigende Rauchsäulen.

„Was ist da hinten?“, wollte er wissen.

„Das sind unsere Minen. Wir bauen dort Kristalle und Erze verschiedenster Art ab, aus denen wir unsere Energie gewinnen. Aber das ist nicht unser Ziel“, erklärte der Blauhaarige einigermaßen bereitwillig.

„Wie kommt es eigentlich, dass dich der große Nemesis nach deinem Verrat wieder aufgenommen hat?“

„Das brauchst du nicht wissen, Blechstern. Beobachte lieber weiter, wohin ich dich bringe. Du wirst sowieso nicht entkommen können“, erwiderte Jesse kühl.


Äußerlichkeiten sind in dieser Situation unwichtig, "der Verräter" wäre in diesem Beispiel angebrachter als "der Blauhaarige".

In Kapitel 9 "Angriff in der Phantomzone" stört mich der Zwischenkommentar, was heute ja nicht mehr erlaubt ist:

Zwischenkommi: Achtung, Süße! Wenn sie die Outrider so lange ausspionieren, sollten sie eigentlich auch von Nemesis Zustand erfahren haben... Muss ja den Gesamtplan nicht gefährden, aber einen Satz einflechten, würde ich schon 


Fazit: Trotz kleiner Fehler hat mich deine Fanfic mitgerissen, und es hat Spaß gemacht, sie zu lesen. Du bist auf jeden Fall eine gute Autorin.
Ich hoffe, daß auch ich es noch schaffe, eine vollständige und lesenswerte Geschichte zu veröffentlichen, und nicht nur ein kurzes Gedicht, aber das wird bei meinem Durchhaltevermögen schwer.
Von:  Yayoi
2009-06-14T15:07:19+00:00 14.06.2009 17:07
Danke Lina ^^
Von:  LinaW
2009-06-14T13:01:44+00:00 14.06.2009 15:01
Die Geschichte ist unheimlich spannend und auch wenn mich das Ende von den Füßen gerissen hat, bleibt die FF eine meiner Favoriten. Die Veränderungen der Charaktere und die ganze Stimmung in der Geschichte sind einzigartig beschrieben und nachvollziehbar, auch wenn sie noch so grausam sind. Eine sehr spannende FF mit einem unerwarteten Ende...
Von:  Bluey
2007-04-12T03:48:15+00:00 12.04.2007 05:48
Sooooo gespannt bin... *gg*
Ich freu mich so auf dein Megawerk Süße. Savi ist ja so am schwärmen.^^
*knuddels*
Von: abgemeldet
2006-06-22T20:59:34+00:00 22.06.2006 22:59
Sehr interessante Story! Hoffe Du schreibst sie noch weiter! Lg, Piper
Von: abgemeldet
2006-06-03T12:42:00+00:00 03.06.2006 14:42
Hi, Ist echt spannend. Ich kann es kaum noch erwarten wie es weitergeht!!!
Von:  Yayoi
2004-05-13T12:00:33+00:00 13.05.2004 14:00
Ja, ich hoffe, ich kann das alles wirklich weiterschreiben, wie ich mir das im Kopf schon zurecht gespinnt hab. Ich bemühe mich, schnell weiterzuschreiben :)
Von:  chryssantes
2004-05-12T17:16:41+00:00 12.05.2004 19:16
April als gesuchte Attentäterin - aber hallo! Jetzt wirds spannend...Warte sehnsüchtig auf die Fortsetzung.
Von: abgemeldet
2002-02-25T13:59:16+00:00 25.02.2002 14:59
Dann bin ich wohl der zweite "richtige" Kommentator. Also ich find die story echt spitze. Besonders der Wechsel der Ebenen (Traum / Realität) gefällt mir echt gut. Also schreib fix weiter, ja?

ja mata

noine
Von:  Yayoi
2002-02-12T17:33:49+00:00 12.02.2002 18:33
Hi Annica,

ich werde auch hier hoffentlich schnell weiterschreiben. Die Story ist noch nicht ganz so alt, aber schon viel besser ausgearbeitet als "Das schwarze Loch".
Bis dann,

Yayoi


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