July von Holofaye ================================================================================ Kapitel 9: Zusammenkunft ------------------------ Rafe zog die schwarze Kapuze tiefer ins Gesicht, als er das Gasthaus "Zum schwarzen Drachen" betrat. Nun war er also wieder in Fehnd, einer Stadt, die er nach Möglichkeit weiträumig umging und nur aufsuchte, wenn er keine andere Wahl hatte. Sein Blick schweifte durch den dunklen, stickigen Raum der Gaststube. Die Sonne war bereits unter gegangen und auf den Tischen leuchteten Kerzen, die den Besuchern flackernde Schatten ins Gesicht warfen und sie noch unheimlicher aussehen ließen, als die meisten es ohnehin schon taten. Rafe hatte die Umgebung von kriminellen jeglicher Art noch nie sehr gemocht, aber dennoch wusste er ihre meist vielseitigen Talente zu schätzen. Besonders das Talent von Irya Anaya, die er an einem Tisch in einer Ecke der Stube entdeckt hatte, konnte ihm dieses mal sehr nützlich sein. Sie sah ihn erwartungsvoll aus hellgrünen Augen an, als er sich ihr gegenüber an den Tisch setzte. "Du wusstest bereits, dass ich hierher kommen würde!?", vermutete Rafe und lächelte unter seiner Kapuze. Irya Anaya lächelte ebenfalls. "Das ist wohl 'ne Berufskrankheit. Wenn ich nicht über alles und jeden hier auf dem Laufenden wäre, könnte ich den Job als Spionin gleich aufgeben. So bleib ich in auftragslosen Zeiten wenigstens in der Übung. Aber genug davon! Was führt den ehrwürdigen Rafe denn nach Fehnd, an diesen gottlosen Ort voller skrupelloser Verbrecher, den er die letzten zwei Jahre so sorgfältig gemieden hat?" Irya Anaya zog fragend die rechte Augenbraue hoch und stützte das Gesicht auf die linke Hand. Rafe betrachtete die dunkelhäutige Schönheit einen Moment lang misstrauisch. "Tu mir einen Gefallen und nenn hier bitte meinen Namen nicht, ich hab sowieso schon genug Probleme am Hals und will mich nicht auch noch mit ein paar betrunkenen Fehndern rumschlagen müssen.", sagte er schließlich. "Ach, diesmal nicht? Ich bin mir sicher es gäbe hier einige, die es gerne mit die aufnehmen würden, nachdem du vor zwei Jahren das unterste Plateau der Nordseite abgefackelt hast." "Das war ein... Unfall...", sagte Rafe und grinste schelmisch. "Und so viel ich weiß wurde auch niemand dabei verletzt." Irya Anaya schüttelte den Kopf. "Das nicht, aber du hättest beinahe mein Zuhause mit niedergebrannt. Ich bin dir immer noch böse...", sagte sie und lächelte dabei schon wieder. "Aber trotzdem bin ich froh, dich endlich wiederzusehen." Rafe lächelte erleichtert. "Das ist gut, denn ich brauche deine Hilfe, Anaya." "Ich werde sehen, was ich für dich tun kann.", sagte Anaya. "Also, worum geht es denn?" Rafe seuftze und beugte sich ein wenig zu ihr vor. "Ich habe einen Auftrag für dich. Einen, den ich nur dir anvertrauen kann." "Und wie viel zahlst du?", fragte Anaya. "So viel, wie du verlangst.", antwortete Rafe. Anaya lehnte sich langsam zurück und betrachtete Rafe misstrauisch. "So viel wie ich verlange? Ha! Solche Aufträge kenne ich.", sagte sie kühl. "Das sind die, von denen man nicht zurückkehrt." Rafe senkte schweigend den Kopf. "Du hast recht.", sagte er schließlich. "Aber ich würde dich niemals um etwas bitten, von dem ich nicht überzeugt wäre, dass du es schaffst!" "Ich weiß.", sagte Anaya ruhig. "Erzähl!" Rafe blickte ihr ernst in die Augen. "Ich bitte dich darum, die Springer auszuspionieren. Insbesondere Daniel Cohen und Melissa Orlin." "Bi... bist du noch ganz dicht???", platze es aus Anaya heraus. "Beruhig dich bitte, nicht so laut!" "Sch... schon gut, da... das war nur der Schock.", stammelte Anaya. "Du willst dich tatsächlich mit den Springern anlegen?", fragte sie ungläubig. "Nicht, wenn es nicht unbedingt sein muss.", antwortete Rafe und schüttelte den Kopf. Anaya beobachtete einige Sekunden lang sein Gesicht und sah die Entschlossenheit in seinen dunkelgrünen Augen. "In Ordnung.", sagte sie schließlich. "Ich übernehme den Auftrag. Für einhunderttausend Ren im Voraus, damit ich mir noch ein paar Männer engagieren kann, und weitere zweihunderttausend, wenn der Auftrag erledigt ist.", sagte sie und reichte ihm die Hand um den Vertrag zu besiegeln. "Ich bin froh, dass du den Auftrag übernimmst, Anaya.", sagte Rafe erleichtert und überreichte ihr eine kleine Tasche. "Da drin sind ein paar Informationen und ein Wert von einhundertfünfzigtausend Ren in Rohdiamanten.", flüsterte er ihr zu. Anaya zog erstaunt die Augenbrauen hoch. "Und mit so einem Wert in der Tasche traust du dich nach Fehnd? Mutig, mutig." "Danke nochmals, Anaya." "Ach, kein Problem! Darauf trinken wir einen! Hey, Wirt! Bring uns mal zwei Becher Grog!", rief Anaya und fand dabei wieder zu ihrer lebhaften Art zurück, die sie sonst immer an den Tag legte und nach drei Bechern Grog brachte sie sogar Rafe zu einem richtigen Lachen. "Scheint so, als ob in Fehnd nicht allzu viel passiert ist in den letzten zwei Jahren.", stellte Rafe nach einer Weile fest. "Wart's ab, du kennst ja die neuesten Geschehnisse noch nicht!", sagte Anaya heiter. "Der Chef und der Fize-Chef und noch ein paar andere wurden bei dem Versuch den Garben-Kerker zu sprengen glatt selber dort eingebuchtet! Haha! Aber heute ganz früh morgens sind sie nach vier Tagen zurückgekehrt! Sie hatten auch noch zwei Frauen dabei und es geht das Gerücht um, dass sie von den beiden befreit wurden!", erzählte sie munter. Rafe hörte neugierig zu. "Und? Wie ich dich kenne, weißt du ziemlich genau, was es mit dem Gerücht auf sich hat, oder?" Anayas Augen blitzten vergnügt auf. "Na klar! Die beiden sind momentan in der Festung untergebracht. Zufällig hielt ich mich dort auf, als sie eintrafen. Sie hatten noch einen schwer verletzten Mann dabei, er war wohl die eigentliche Person gewesen, die die beiden Frauen befreien wollten, dass mit den anderen war wohl nur Zufall oder so gewesen. Die eine Frau, eher noch ein Mädchen, war nach dem langen Weg von Garben zusammengebrochen. Aber es geht ihr mittlerweile wieder gut, ich bin den beiden Frauen im Waschraum bei den heißen Quellen über den Weg gelaufen. Na ja, nur der Mann, der so schwer verletzt war, ist heute Nachmittag gestorben, wenn man dem, was Corby Dean gesagt hat, glauben schenken kann. Sein Name war Ethan, wenn ich mich recht erinnere." Rafes Gesichtszüge entgleisten. Das konnte doch nicht wahr sein, oder? "Die Frauen!" "Was?" "Wie hießen die Frauen?", fragte Rafe energisch. "Die... die eine hieß Deirdre.", stammelte Anaya, ein wenig erschrocken von seinem plötzlich so ernsten Gesicht. "Und die andere?" "Lass mich kurz nachdenken... Kacey, denk ich." "VERDAMMT!", schrie Rafe und schlug mit der Faust so fest auf den Tisch, dass er fast zerbrach. Bevor Anaya Rafe fragen konnte, warum er beinahe den Tisch zu Kleinholz verarbeitet hätte, war er schon aus der Gaststube hinaus gerannt. Es grenzte an etwas schier unmögliches, nach Einbruch der Dunkelheit in die Festung zu gelangen. Jeder Zugang, jeder Tunnel, jede Brücke wurde strengstens bewacht. Sogar das Erreichen des zweiten Plateaus sollte sich für Rafe als schwierig erweisen. Fehnd mochte zwar eine Ganovenstadt sein, aber sogar hier gab es Gesetze und Leute, die dafür sorgten, dass diese auch eingehalten wurden. Wie auch immer, Rafe hatte keinen Passierschein, der ihm das Betreten des zweiten Plateaus bei Nacht erlaubte. Und er hatte beschlossen, sich nicht mit den Wachen anzulegen. Nicht, dass er sie nicht mühelos erledigen konnte, aber ihm war es lieber unerkannt zu bleiben und ohne viel Aufsehen in die Festung zu gelangen. Wahrscheinlich würde halb Fehnd ausrasten und sofort aus den Betten springen nur um ihn persönlich zu erwürgen. Wie gesagt, Verräter und Brandstifter waren in Fehnd nicht gerade herzlich willkommen (natürlich nur die Verräter und Brandstifter, die Fehnd verraten und angezündet hatten, die "normalen" bewohnten die Südseite des dritten Plateaus). Was mache ich eigentlich hier? Das ist doch bescheuert! Ich kann doch nicht einfach so in die Festung stürmen, was hab ich mir eigentlich dabei gedacht?, schimpfte Rafe sich selber, als er die "Steckbriefstraße" - so wurde die unterste Ebene genannt, weil die Hauswände mit den Bildern derer tapeziert waren, denen das Betreten Fehnds untersagt war - durchquerte und ihm sein eigenes Gesicht an mehr als nur einer Hauswand entgegengrinste. Er schüttelte nachdenklich den Kopf. Wahrscheinlich blieb ihm im Nachhinein doch keine andere Wahl, als die Wachen zu überrumpeln und sich bis in die Festung vorzuarbeiten. Andererseits saß ihm der Grog noch schwer in den Gliedern. "Hey!" Er hatte aber auch noch etwas Rigridenstaub bei sich, vielleicht konnte er auch die ersten drei oder vier Wachen einfach erstarren lassen, das würde wenigstens nicht so auffallen. "HEY, DU!" Oder sollte er jemanden aufsuchen, der ihm einen Pass fälschen konnte? Diesen Gedanken verwarf Rafe im selben Augenblick wieder, als er die Gesichter all jener Leute, die dazu seines Wissens nach in der Lage gewesen wären, ebenfalls auf den Steckbriefen erkannte. "STEHENBLEIBEN, SAG ICH!" Rafe wurde an der Schulter rumgerissen und zog blitzschnell sein Schwert. Doch der Angreifer schien darauf vorbereitet gewesen zu sein und parierte geschickt und mit so einer Wucht, dass er Rafe dabei das Schwert aus der Hand schlug und dieses fünf Meter weiter auf dem staubigen Boden landete. Rafe machte einen geschickten Sprung nach rechts und stürzte sich mit einem weiteren auf sein Schwert, wobei ihm die Kapuze vom Kopf rutschte. Er ging sofort wieder in Agriffsposition und starrte seinen Angreifer zu allem entschlossen in die Augen. "Hey, hey, warte mal!", sagte dieser und hob abwehrend die Hände in die Luft. "Ich hab nicht die Absicht mit dir zu kämpfen, obwohl..." - er sah zu den Steckbriefen - "...du diesem Kerl mit dem frechen Grinsen da ziemlich ähnlich siehst." Man konnte sehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete und sich sein Gesicht schließlich aufhellte, als ihm klar wurde, dass es sich bei seinem Gegenüber tatsächlich um den frech grinsenden Jungen handelte, der auf den Steckbriefen abgebildet war. Nur, dass dieser halt mittlerweile erwachsen geworden war. Rafe war sich nicht sicher, wie der dunkelblonde Mann auf seine neuerlangte Erkenntnis reagieren würde und stand zwar locker, aber dennoch zum Angriff bereit dar. Er zuckte nervös, als der Mann seine Arme wieder senkte, entspannte sich aber ein wenig, als dieser in der selben Bewegung auch sein Schwert wieder einsteckte. "Also", sagte der Mann schließlich, "du kamst mit ja gleich verdächtig vor, wie du hier mit deiner Kapuze herumgeschlichen bist und immer wieder kopfschüttelnd auf die Steckbriefe gestarrt hast. Aber, dass du tatsächlich Rafe bist, hätte ich nie im Leben geglaubt!" "Was hast du jetzt vor?", fragte Rafe herausfordernd. Der Mann zog übberrascht von Rafes kühlen Ton die Augenbrauen hoch. "Was ich jetzt vorhabe? Na ja, eigentlich müsste ich dich jetzt verhaften.", antwortete der Mann. "Und was hindert dich daran?", fragte Rafe so gelassen wie möglich, obwohl er dabei fluchtbereit jeden Muskel angespannt hatte. Der Mann lachte kurz auf. Dann sah er sich um. Gut, dass es schon so spät ist, die meisten Leute sind um dieser Uhrzeit schon nicht mehr auf den Beinen oder treiben sich in den Gaststätten rum, dachte er. Er vergewisserte sich noch einmal, dass sie die beiden einzigen Menschen auf der Straße waren und dass ihnen auch sonst nichts und niemand Beachtung schenkte, bevor er Rafe noch einmal mit einem scharfen Blick musterte und schließlich sagte: "Ich bin zwar der Oberbefehlshaber von Fehnds Sicherheitstruppe und sollte dich ohne zu zögern verhaften und den Fehndern zum Fraß vorwerfen, aber da uns hier anscheinend niemand beobachtet hat, hab ich andere Dinge mit dir vor." Rafe schluckte unsicher, er konnte sich nicht vorstellen, was der Mann damit meinte. Er trat langsam zwei Schritte zurück. Der Mann lachte erneut kurz auf. "Ist schon gut, du kannst endlich dein Schwert wieder einstecken. Ich hab nicht vor dich zu verhaften, ich möchte bloß, dass du mich begleitest. Ich kenne da jemanden, der sich bestimmt freuen wird, dich zu sehen!" Rafe hob misstrauisch die linke Augenbraue hoch. Wer, hier in Fehnd, würde sich schon freuen ihn zu sehen? "Du glaubst mir nicht, oder?", fragte der Mann. Rafe gab keine Antwort. Darufhin zuckte der Mann mit den Schultern und drehte sich um. "Dann halt nicht.", sagte er. "Ich bin mir sicher, die Kleine wird sehr enttäuscht sein, wenn ich ihr erzähle, dass du mir über den Weg gelaufen bist und ich dich nicht sofort zu ihr gebracht habe." "Die Kleine?" "Ja.", sagte der Mann und machte ein paar Schritte in die Richtung des Tunnels, der zum zweiten Plateau führte. "Ein hübsches Mädchen mit langem, kastanienbraunem Haar." Er stoppte und drehte den Kopf in Rafes Richtung. "Na, interessiert?" Rafe folgte dem Oberbefehlshaber von Fehnds Sicherheitstruppe durch die mittlerweile düster erscheinenden und nur durch wenige Fackeln erhellten Gänge der festung. Er war zwar nun in der Festung, aber so ganz freudig stimmte ihn der Gedanke nicht. Es war ebenso schwierig aus der Festung hinaus zu kommen, wie in sie hinein zu gelangen und der Mann hatte ihn durch irgendwelche Tunnel und Gänge geführt, die ihm bisher vollkommen unbekannt waren. Er vermutete, dass es sich um einige der geheimen Zugänge zur Festung gehandelt hatte. Aber warum kannte der Oberbefehlshaber diese? Rafe ging davon aus, dass sich in den zwei Jahren seiner Abwesenheit an den alten Grundgesetzen Fehnds nicht allzu viel geändert hatte und die geheimen Tunnel lediglich dem sogenannten Chef bekannt waren. Sollte es sich bei diesem Mann etwa wirklich um den Chef handeln? Bei diesem Gedanken bildeten sich auf Rafes Stirn kleine Schweißperlen. Warum sollte ihn der Chef helfen, anstatt ihn höchstpersönlich hinzurichten? Er wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. Das alles ergab doch keinen Sinn. Und selbst wenn er jetzt gerade in eine Falle rannte, es machte ihm auch nichts mehr aus. Er hatte seit 35 Stunden nicht mehr geschlafen und fühlte die Erschöpfung langsam in seinen Beinen hochsteigen. Er musste Kacey finden, dafür konnte er das Risiko ruhig eingehen. Sie war es wert. "So, da sind wir.", sagte der Mann. "Hinter dieser Tür ist sie." Er klopfte an. Es folgte keine Antwort. Er trat dennoch ein. Kacey stand gedankenverloren auf dem Balkon ihres Zimmers, hatte die Ellenbogen auf das Geländer gestützt und das Gesicht hinter den Händen verborgen. "Geh weg!", rief sie laut, als sie hörte, wie jemand die Tür öffnete und eintrat. "Kacey, hier..." "Geh weg, Tom! Ich will alleine sein!", rief sie nun. Tom wollte zu ihr gehen, aber Rafe wies ihn an stehen zu bleiben und ging an seiner Stelle langsam auf Kacey zu. "GEH WEG!", schrie sie schrill, als sie die näherkommenden Schritte hörte. "Kacey, ich bin's." Kacey erstarrte, als sie seine Stimme vernahm. Sie nahm die Hände von ihrem Gesicht und drehte sich sehr langsam um. "Luke? Was... was machst du denn hier?", fragte sie entgeistert. Rafe schüttelte den Kopf. "Nein. Rafe. Wenn du willst erklär ich dir jetzt alles.", sagte er leise und fühlte sich irgendwie schuldig, als er ihre vom Weinen stark geröteten und geschwollenen Augen sah. Kacey war verwirrt. Sie hatte schon lange vermutet, dass mit Luke etwas nicht stimmte. Aber war er es wirklich, der da vor ihr stand? Zumindest sah Rafe genauso aus wie Luke. Weshalb also sagte er dann, er sei nicht Luke? Statt irgendetwas zu antworten, sah sie ihn nur sehr lange traurig an. Natürlich wollte sie, dass er ihr endlich alles erklärte, aber in ihr wuchs auch das ungute Gefühl, dass sie seine Erklärung vielleicht besser nicht hören sollte. Aus dem was Ethan bisher erzählt hatte, war sie nicht sonderlich schlau geworden. Wer July war und was sie für die Menschen auf Caelestia bedeutete, blieb ihr immer noch ein Rätsel. Und welche Rolle spielte sie, Kacey, eigentlich in diesem Stück? Kacey senkte den Blick gen Boden und sammelte kurz den Mut, um auf alle Antworten, die Rafe ihr nun auf ihre Fragen geben würde, vorbereitet zu sein. Schließlich blickte sie ihm ernst und fest in seine Augen. "Ich bin July, richtig?", fragte sie ihn ruhig. Rafe nickte. "Ja." "Dann... erklär mir bitte, wer July ist!", forderte sie. "July ist eine Göttin.", sagte Deirdre, die eben den Raum betreten hatte. "Deirdre!" Kacey löste sich von ihrem Platz am Balkon und lief auf Deirdre zu. Nachdem Deirdre sie über Ethans Tod informiert hatte, war sie plötzlich spurlos verschwunden gewesen. Kacey hatte schon befürchtet, dass sie sich etwas angetan hatte und Travis hatte sofort nach ihr suchen lassen, jedoch ohne Erfolg. Kacey war heilfroh, dass Deirdre wohlbehalten zurückgekehrt war und umarmte sie erleichtert. Doch Deirdre schenkte ihr kaum Beachtung und schob sie schließlich von sich weg, den Blick hatte sie seit ihrem Eintreten auf Rafe gerichtet. Schließlich ging sie langsam auf ihn zu. Rafe konnte die Verachtung für ihn in ihren Augen sehen. Er spürte plötzlich, wie sich die Luft elektrisierte und warf Deirdre einen warnenden Blick zu. Nur zu gern hätte Deirdre jetzt ihre ganze Trauer und ihre Wut an ihm ausgelassen. Aber sie beherrschte sich gerade noch rechtzeitig, bevor sie sich selbst vergaß. Sie wusste, dass er eigentlich keine direkte Schuld an Ethans Tod hatte. Sie selber war der Grund gewesen, weshalb Ethan sich in eine solche Gefahr begeben hatte, aber es war immer einfacher, andere an eigener Stelle zu bestrafen. "Also... Rafe.", sagte sie und musterte ihn dabei verachtend. "Was wird hier gespielt? Erzähl mir, für wen Ethan gearbeitet hat und warum. Erklär mir, warum er zwei Wochen lang in einem Kerker eingesperrt war und keine Hilfe bekommen hat!" Obwohl Deirdre die ganze Zeit über ruhig geredet hatte, bekam ihre Stimme einen anklagenden Unterton. Rafe hielt ihrem verachtenden Blick stand, erwiderte jedoch nichts. Würde sie ihm die Wahrheit überhaupt glauben? "Es tut mir leid, was passiert ist.", sagte er schließlich. "Aber jetzt ist nicht die Zeit, um auf deine Fragen zu antworten. Zuerst werde ich Kacey nach Hause bringen und ihr alles erklären." Er sah Deirdre noch einmal entschuldigend in die Augen und ging zu Kacey. Er kramte kurz in den Innentaschen seines Umhangs und überreichte Kacey ein ihr vertraut aussehendes kleines Fläschchen. "Ich hole dich morgen Abend bei dir zu Hause ab.", sagte er. "Mach dir keine Gedanken und lauf nicht wieder weg, okay?" Kacey nickte nur. Eigentlich wusste sie immer noch nicht, woran sie bei ihm war und ob sie ihm wirklich vertrauen sollte, aber jedes mal, wenn er sie ansah, waren jegliche Zweifel und jedes Misstrauen in ihr verschwunden. Also öffnete sie die kleine Ampulle und trank. Deirdre, Tom und Rafe beobachteten, wie Kacey die Augen zu fielen und ihr Körper sich in einem strahlenden, blauen Leuchten auflöste. "Also wirklich teleportation.", sagte Deirdre. Tom stand nur mit offenen Mund da und staunte. "Nein.", sagte Rafe. "Komplizierter. Astralprojektion." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)