Schatten der Vergangenheit von abgemeldet (Kapitel 22 "So long, Star Sheriffs" ist fertig!!!) ================================================================================ Kapitel 6: Kleine Geheimnisse ----------------------------- Ein Sonnenstrahl hatte sich den Weg durch die Wirren der Vorhänge gebahnt, die April vor ihre Schlafzimmerfenster gezogen hatte und kitzelte sie nun vorwitzig an der Nase. Müde öffnete sie die Augen, aber nur einen winzig kleinen Spalt weit, um das blendende Licht abzuwehren. Wie spät es wohl sein mochte? Halbherzig drehte sich der weibliche Star Sheriff auf die rechte Seite und griff nach dem kleinen Digitalwecker, der auf ihrem Nachttisch stand. Sieben Uhr neununddreißig, eine geradezu unchristlich frühe Zeit dafür, daß man heute einen freien Tag hatte. Aber das war wohl eines von Murphys ungeschriebenen Gesetzen. So wie das Brot stets mit der gebutterten Seite nach unten fiel, wollte der Körper die Chance partout nicht nutzen, wenn man einmal ausschlafen und es sich im Bett richtig gemütlich machen konnte. Sie würde also die Gunst der frühen Stunde nutzen und einige Dinge erledigen, die sie in der letzten Zeit aufgrund der Arbeit beim Kavallerieoberkommando schändlich vernachlässigt hatte. Da waren Einkäufe zu tätigen, ein ganzer Berg von Wäsche wollte endlich einmal gewaschen werden und die ganze Wohnung lechzte eigentlich nach einem Generalputz. Rundum feine Aussichten für das Verbringen eines lang ersehnten Urlaubstages! April vernahm ein leises Schnauben hinter sich und im nächsten Moment bewegte sich die Matratze unter ihr. "Fire?" sie warf einen Blick über die Schulter und stellte zufrieden lächelnd fest, daß der junge Mann neben ihr noch tief und selig schlummerte. Nicht zum ersten Mal dachte sie, wie niedlich er doch aussah, wenn er schlief, und mußte das Verlangen unterdrücken, ihn zu berühren. Er sollte ruhig noch ein wenig im Land der Träume weilen, sie würde sich in der Zwischenzeit ums Frühstück kümmern. Immerhin war es doch schön zu sehen, daß wenigstens ihr Verlobter nicht zur Festigung ihrer eben selbst aufgestellten These beitrug. Ausnahmen bestätigten ja bekanntlich die Regel. Zärtlich wanderten Aprils Blicke über Fireballs sanfte Gesichtszüge und seinen durchtrainierten, nackten Oberkörper. Seit beinahe einem Jahr teilten sie sich nun schon eine gemeinsame Wohnung, aber sie war es nie müde geworden, diesen Mann jeden Morgen aufs Neue zu betrachten. An manchen Tagen war sie so unheimlich glücklich, neben ihm aufwachen zu dürfen, daß es ihr vorkam, als sei alles nur ein schöner Traum. Doch wenn er dann seine starken Arme um sie legte und sie fest an sich zog, wußte sie, daß sie nicht träumte; Fireball war tatsächlich hier bei ihr. Eine Verkettung unglücklicher Ereignisse hatte die beiden im Vorjahr endlich zusammen geführt und April war seither jede Sekunde ihres Bewußtseins dankbar dafür gewesen. Wenn alles gut ging und nichts unvorhergesehenes mehr dazwischen kam, würden sie im nächsten Jahr sogar heiraten, obwohl man bei ihrem Beruf nie genau wissen konnte, was für neue Herausforderungen auf sie zukamen. Das war eben das Los eines Star Sheriffs, mit dem man sich wohl oder übel abfinden mußte! Aber hatte nicht ihr Teamkamerad und bester Freund Colt eindrucksvoll bewiesen, daß auch ein Mitglied der Star Sheriffs in der Lage war, sich ein Familienleben aufzubauen? Seit fünf Monaten war er nun schon der glückliche Ehemann seiner angebeteten Robin und sprach bereits davon, wie schön es doch wäre, bald einen kleinen Colt auf dem Schoß sitzen zu haben. Kinder, so war April mit sich selbst überein gekommen, wollte sie keine mit Fireball in die Welt setzen. Nicht in den nächsten Jahren jedenfalls, auch wenn sie dieses Thema eigentlich noch nie mit dem zukünftigen Vater besprochen hatte. Sie liebte ihre Arbeit über alles, beinahe so sehr, wie sie Fireball liebte. Und sie wußte, daß sie sie würde aufgeben müssen, wenn sie sich entscheiden sollte, Kinder zu haben. Sie durfte ihrem Nachwuchs nicht zumuten, daß er ihre Mutter eventuell bei einem Sternengefecht mit Peripheriepiraten verlor; schließlich war es schon schlimm genug, daß den Vater ein solches Schicksal ereilen konnte! Nein, die Vorstellung, Fireballs Frau zu werden, war wunderschön, doch an so etwas wie Kinder wollte sie im Augenblick nicht denken! Sie warf dem schlafenden Star Sheriff einen letzten liebevollen Blick zu und schwang dann vorsichtig die Beine über die Bettkante, um ihn nicht zu wecken. Leise wie ein Einbrecher stahl sie sich hinüber in die Küche, wo sie das Frühstück vorbereiten wollte. Sie glaubte sich zu erinnern, daß sie am Vortag noch tiefgefrorene Croissants im Eisschrank entdeckt hatte und kam zu dem Entschluß, daß diese genau die richtige Grundlage für ein Frühstück bieten würden. Während die süßen Blätterteig-Hörnchen also im Ofen langsam zu ihrer vollen Größe heranwuchsen, holte April verschiedene Sorten Marmelade aus dem Kühlschrank und setzte einen kleinen Topf Milch auf den Herd. Sie war keine besonders überzeugte Kaffeetrinkerin, hatte aber schnell herausgefunden, daß Fireball ohne einen gewissen Coffeinschub morgens nicht zu gebrauchen war. Deshalb hatten sie sich irgendwann zu einem für beide Seiten akzeptablen Mittelweg durchgerungen, der da so wunderbar Milchkaffee lautete. Gerade als sie genüßlich einen Finger in den frisch geöffneten Waldhonig tunken wollte, spürte April, wie eine ungeheure Übelkeit in ihr hochstieg. Ihr kam es vor, als würde sich nicht nur ihr Magen, sondern ihre ganzen Eingeweide in ihrem Körper zusammenkrampfen. "Nicht schon wieder..." murmelte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und eilte so leise wie möglich ins Badezimmer. In letzter Zeit hatte sie häufiger mit dieser plötzlich auftretenden Übelkeit zu kämpfen, auch wenn sie sich nicht erklären konnte, woher sie kam oder was sie verursachte. Es überfiel sie ohne Vorwarnung und verschwand meistens auch genauso schnell und unvorbereitet wieder. In den seltensten Fällen hatte sie sich übergeben müssen, doch sie konnte nie ganz sicher sein, wie schlimm es beim nächsten Mal werden würde. Hastig stieß sie die rechte Tür des Spiegelschränkchens im Badezimmer auf und griff nach der Flasche, die allzeit bereit im obersten Fach stand. Sie enthielt magenberuhigende Tropfen und April stellte mit Schrecken fest, daß der Inhalt bereits auf ein Drittel der ursprünglichen Flüssigkeit zusammengeschrumpft war. Sie füllte ihr Zahnputzglas mit zwei Zentimetern Wasser auf, gab 20 Tropfen der Medizin hinein und spülte die Mixtur mit einem großen Schluck hinunter. Dann ließ sie sich erschöpft auf dem heruntergeklappten Deckel der Toilette nieder und stütze den Kopf in die Hände. Was war in letzter Zeit nur los mit ihr? Anfänglich hatte sie vermutet, etwas falsches gegessen zu haben, aber weder ein verdorbener Fisch noch ein zu fettiger Burger würden einem länger als zwei Wochen Probleme bereiten. Es sei denn natürlich, man hatte sich eine Lebensmittelvergiftung zugezogen, die sich ganz bestimmt noch wesentlich eindrucksvoller als nur mit gelegentlicher Übelkeit präsentiert hätte. Sicherlich hatte sie sich nur einen schnöden Virus eingefangen, denn momentan hörte man ja von allen Ecken und Enden, daß sich die Leute mit Grippe und ähnlichen Krankheiten herumschlugen. Vielleicht war es ja sinnvoll, den freien Tag dahingehend zu nutzen, den Arzt zu konsultieren, um sich Gewißheit über die Eigendiagnose zu verschaffen. Schaden konnte das immerhin nicht und wahrscheinlich würde sie dann auch ein Medikament bekommen, mit dem sie gezielter gegen die Infektion vorgehen konnte! Als sich ihr Magen wieder beruhigt hatte, trottete April zurück in die Küche, um sich wieder dem Frühstück zu widmen. Die Übelkeit hatte ihrem Hunger keinen Abbruch tun können und mit kindlicher Vorfreude tauchte sie nun ihren rechten Zeigefinger in die dunkle, klebrige Masse, die in einem kleinen Einmachglas auf dem Tisch stand. Sie wartete, bis die überschüssigen Tropfen Honig zurück ins Glas gefallen waren und wollte sich dann an dem ergötzen, was an ihrem Finger haften geblieben war; doch gerade, als sie ihren Mund öffnete, schloß sich plötzlich eine Hand um ihr Gelenk. "Fireball..." schon war ihr Finger im Mund des zerzaust aussehenden Star Sheriffs verschwunden und sie spürte, wie seine Zunge mit hohem Genuß den Honig davon schleckte. "Beinahe so süß wie Du..." kommentierte er trocken, als er den Mund wieder frei hatte. "Ich dachte, Du würdest noch schlafen." April schob ihren Verlobten sanft von sich weg und öffnete den Ofen. Die Croissants hatten genau die richtige Bräune um verspeist zu werden. "Ich bin aufgewacht, als Du aufgestanden bist..." er wartete geduldig, bis April das heiße Blech auf dem Tisch abgestellt hatte, dann schlang er seine Arme um ihre schlanke Taille, "aber ich hatte gehofft, Du würdest noch einmal wiederkommen!" sein Mund senkte sich auf ihre nackte Schulter und bedeckte sie mit leidenschaftlichen Küssen. "Hör auf damit, Fire", April versuchte sich vergebens aus der Umklammerung zu befreien, "ich habe Hunger..." Zum Glück konnte sie das spitzbübische Grinsen auf seinem Gesicht nicht sehen: "Ich auch..." aber sie konnte spüren, wie sich Fireball noch enger an sie drängte und wie sich seine Hände unter ihr T-Shirt schoben. "Himmel, das ist ja wirklich unglaublich...", gluckste sie amüsiert, ließ ihn aber gewähren, "kriegst Du eigentlich niemals genug?" "Nein, von Dir nicht!" mit Schwung griff Fireball unter Aprils Beine und trug sie zurück ins Schlafzimmer. Eine halbe Stunde später saßen beide mit einem verklärten Lächeln in friedlicher Eintracht im Wohnzimmer und genossen ihr Frühstück. Aprils Haare waren wild zerzaust und auf Fireballs Gesicht lag eine schimmernde Röte: "Ich schätze, ich werde gleich erstmal duschen gehen..." "Willst Du, daß ich mitkomme?" April warf ihm ein kesses Lächeln zu, doch der Rennfahrer lehnte dankend ab: "Nein, Süße, ich glaube, das überlebe ich nicht!" "So, so...", pikiert biß sie in ihr Croissant und tat so, als sei sie beleidigt, "vorhin noch große Töne spucken, daß Du von mir nicht genug kriegen kannst, und jetzt war die halbe Stunde eben schon das höchste der Gefühle!" "Tut mir ja wirklich leid", antwortete Fireball ungerührt und streckte sich ausgiebig, "aber Du hast mich eben ehrlich geschafft." "Dann will ich den Herrn natürlich nicht in seiner Phase der Regeneration stören!" "Kein Bange..." Fireballs Augen verengten sich verschwörerisch, "der Tag ist schließlich noch lang und wir haben ihn ganz für uns alleine." April erhob sich und griff nach den Überresten ihrer Mahlzeit: "Wenn Du glaubst, ich verbringe heute den ganzen Tag im Bett mit Dir, dann hast Du Dich geschnitten Schnuckiputz!" sie klemmte sich drei Konfitüregläser unter den linken Arm und nahm ihren Teller in die Rechte. Der Rennfahrer schob sich widerstrebend den letzten Bissen seines Croissants in den Mund und stand dann auf, um ihr zu helfen: "Und was, wenn ich fragen darf, schwebt Dir in Deinem hübschen Köpfchen für den heutigen Tag so vor?" er schlurfte hinter ihr her in die Küche und verstaute Milch und Butter im Kühlschrank. Wie er April kannte, wußte er die Antwort bereits und hatte eigentlich keine große Lust, diese von ihr bestätigt zu bekommen. "Ach", seine Verlobte zögerte kurz, so als war sie sich nicht ganz schlüssig darüber, was sie sagen sollte, "ich dachte, ich mache mal wieder einen kleinen Einkaufsbummel mit Robin..." Fireball setzte eine gequälte Leidensmiene auf; er hatte es ja gewußt! Aber vielleicht konnte er ihr die Idee ja noch austreiben? "Ich verstehe überhaupt nicht, wieso es Dir Spaß macht, ausgerechnet mit Robin einzukaufen. Ich meine was Mode angeht, können zwei Meinungen wohl kaum verschiedener sein, als Eure oder?" gedanklich verglich er die ewig sittsam gekleidete Frau seines Freundes Colt mit seiner gar nicht so sittsamen April. Er konnte sich lebhaft vorstellen, wie sie von einer Boutique in die nächste stürmte, peinlich genau darauf bedacht auch nicht zu wenig von ihrem hart verdienten Geld auf den Kopf zu hauen, während Robin sich dreimal überlegte, ob eine schlichte weiße Bluse nicht ein zu gewagtes Outfit sei! "Auf alle Fälle brauche ich Robin nicht zu erklären, welche verschiedenen Größen es gibt!" "Hey..." nun war der Rennfahrer doch gekränkt. Daß April aber auch immer wieder auf dieser einen blöden Geschichte herumreiten mußte: "Wenn Du meine kleinen Andeutungen nicht kapierst, kann ich da auch nichts für, Süße. Und außerdem bin ich mir ziemlich sicher, daß Robin ein nicht halb so guter Packesel sein wird, wie ich!" herausfordernd verschränkte er die Arme vor der Brust. "So ist das", April versetzte ihm im Vorbeigehen einen Klaps auf den Allerwertesten, "sag doch gleich, wenn Du lieber mit mir einkaufe gehen möchtest..." "NEIN!" vor Schreck wäre ihm beinahe die Luft weggeblieben. April brach in schallendes Gelächter aus und trollte sich hinüber ins Badezimmer. Hier stand noch immer das Glas, aus dem sie vorhin ihre Medizin getrunken hatte. Fireball brauchte nicht zu wissen, daß sie den Arzt aufsuchen wollte, er würde sich ja doch nur wieder unnötig Sorgen um sie machen. Sie würde nach ihrer Rückkehr einfach sagen, daß sie nichts passendes gefunden hatte, was ihn zwar sehr erstaunen, aber letztendlich doch zufrieden stimmen würde! "Ich denke, ich werde heute mal wieder ein paar Runden auf der Piste drehen, mein Red Fury weiß glaube ich schon gar nicht mehr, wie sich der fünfte Gang anfühlt bei diesem blöden Stadtverkehr!" rief Fireball aus dem Schlafzimmer herüber. Um so besser, dachte April. Sie hatte schon gefürchtet, er würde etwas mit Colt unternehmen wollen. Unter den Umständen hätte sie Robin in ihr Geheimnis einweihen müssen, was die ganze Sache nur zusätzlich verkompliziert hätte. Auf der Grand Prix Strecke von Yuma würde Fireball aber weder auf Robin noch auf Colt treffen und ihre Tarnung würde hieb- und stichfest bleiben. Zufrieden steckte sie sich ihre Zahnbürste in den Mund und begann sie gemütlich auf und ab zu bewegen, während sie mit der freien Hand versuchte, ihre Haare wieder ein wenig zu richten. Einfach unglaublich, was Fireball da wieder mit ihr angerichtet hatte. "Sag mal", Fireball erschien im Türrahmen und lehnte sich lässig dagegen, in der Hand hielt er einen Brief, "ist Dein guter Daddy in letzter Zeit ein wenig arg überarbeitet, oder redet Ihr nicht mehr miteinander?" "Nein", nuschelte April und spuckte den Zahnpastaschaum ins Waschbecken, "er hat mir nie wirklich verziehen, daß ich mich mit so einem nichtsnutzigen Rennfahrer verlobt habe..." "Au contraire, Madame! Mir hat er neulich erst wieder mit Tränen in den Augen seine tiefe Dankbarkeit ausgedrückt. Hat wohl schon befürchtet, Dich gar nicht mehr loszuwerden, der Ärmste!" April wollte nach einem Handtuch greifen, um es nach ihm zu schmeißen, doch dann sah sie wieder den Brief in seinen Händen: "Wieso hörst Du nicht auf, soviel Blödsinn zu erzählen und sagst mir, was für einen ominösen Brief Du da hast." Das Grinsen des Rennfahrers wurde noch breiter: "Ist vom Kav-Com... hast Du gewußt, daß König Jared und sein Prinzenröllchen heute zu einem Staatsbesuch erwartet werden?" "Wie meinen der Herr?" "Na, ja..." Fireball machte keinen allzu großen Hehl daraus, daß er Prinz Roland nicht zu den sympathischsten Menschen zählte, die er in seinem Leben getroffen hatte, "Du weißt schon, dieser königliche Dings, na, Prinz eben!" April zuckte gleichgültig mit den Schultern: "Ja..." "Was, ja?" der Rennfahrer machte ein verwirrtes Gesicht, was seine Verlobte zu amüsant fand. "Na, Du hast doch eben gefragt, ob ich wußte, daß die beiden zu Besuch kommen..." "Ja?" "Ja!" "Tut mir leid", Fireball hüstelte verlegen, "ich verstehe zur Zeit nur Bahnhof!" "Himmel, bist Du heute wieder von der schnellen Truppe, da hat ja Colt mehr Grips im Hirn", das grenzte schon nahe an eine ernsthafte Beleidigung, "Du hast gefragt ob ich es wußte und ich habe gesagt ja, weil ich es eben wußte! Jetzt verstanden, oder soll ich es Dir schriftlich geben?" sie wandte sich von Fireball ab, um sich wieder ihren Haaren zu widmen. "Wie, Du hast es gewußt?" das war ja wohl unglaublich, "wieso hast Du es mir nicht erzählt?" da war man schon mit der Tochter von Commander Eagle verlobt und war trotzdem nicht besser informiert, als der Durchschnittsbürger! "Weil es eine streng vertrauliche Sache ist natürlich. Der Besuch ist inoffiziell und es soll nichts an die Presse gelangen. Außerdem werden wir erst morgen zum Empfang mit ihnen erwartet, Du kannst also noch ein bißchen an Deinen Manieren pfeilen. Und jetzt sei brav und zieh Dir endlich etwas an, ja!" mit mütterlicher Stimme scheuchte April ihn aus dem Bad und schloß die Tür hinter sich. Kaum daß sie alleine war, konnte sie sich aber ein breites Grinsen nicht verkneifen. Es war doch immer wieder zu schön, ihn ein bißchen zu ärgern. Und sie wußte, daß es ihn geradezu rasend machte, wenn sie mehr Informationen über anstehende Geschehnisse hatte als er. Draußen streckte Fireball der verschlossenen Tür hingebungsvoll die Zunge heraus: "Herzloses Stück..." murmelte er eingeschnappt und warf den Brief beiseite, "manchmal frage ich mich wirklich, wieso ich Dich je habe in meinen Red Fury einsteigen lassen. Ich hätte mir soviel Ärger ersparen können, wenn ich einfach an Dir vorbei gebraust wäre!" "Hast Du was gesagt, Schatz?" April steckte den Kopf zur Tür heraus und Fireball sprang erschrocken einen Schritt zurück: "Nein, nein, gar nichts... ich habe nur gerade festgestellt, was für ein unglaublicher Glückspilz ich doch bin, mit Dir verlobt sein zu dürfen." "Na dann ist ja gut!" und schon flog die Tür wieder ins Schloß. Einige Stunden später kehrte April gut gelaunt von ihrem ominösen Einkaufsbummel mit Robin zurück. Sie hatte nach ihrem Besuch beim Arzt tatsächlich noch einen kleinen Schaufensterbummel gemacht und dabei einen äußerst netten Jeansanzug gefunden, den sie sogleich anprobieren mußte. Der Abstecher zu Dr. Petry war schneller und reibungsloser verlaufen, als sie sich das vorgestellt hatte. Ihr wurden eine Blut- und eine Urinprobe für das Labor abgenommen und die Schwester am Empfang hatte ihr versichert, daß man sie anrufen würde, sobald der Befund feststand. Der Doktor hatte ihr aber bereits versichert, daß es sich kaum um etwas ernstes handeln würde, das man nicht mit ein oder zwei gezielt eingesetzten Medikamenten beheben konnte. Es war also doch ganz gut gewesen, daß sie Fireball gar nicht erst davon erzählt hatte! Fröhlich betrachtete April sich im großen Spiegel ihres Schlafzimmerschrankes. Die Jeans und auch das Oberteil dazu waren wunderbar geschnitten und betonten ihre gut gebaute Figur, als hätte sie für den Anzug Modell gestanden. Das Vorderteil des Tops, eine ärmellose Weste, war wie eine Fahne gearbeitet und in schlichtem blau, rot und weiß gehalten. Das gleiche Muster wiederholte sich auf den Hosentaschen und unterhalb des Knieansatzes der Jeans. Fireball würde ausflippen, wenn er sie darin sah! Und als wenn sie es geahnt hätte, hörte sie einige Sekunden später das Klappern von Schlüsseln, mit denen sich jemand an ihrer Wohnungstür zu schaffen machte. Ein durchgeschwitzer, dunkelhaariger Rennfahrer betrat das Schlafzimmer. Auf seiner Stirn hatte sich ein tiefes Muster in die Haut gedrückt, wo sein Helm gesessen hatte und seine nassen Haare waren eng an den Kopf gedrückt: "Hallo, Süße", begrüßte er April müde und zog sich sogleich sein rotes Shirt über den Kopf, "was hast Du denn da an?" "Gefällt es Dir", April vollführte eine Pirouette um die eigene Achse, "habe ich mir vorhin gekauft. Sieht klasse aus, oder?" sie wartete gespannt auf ein nettes Kompliment. "Hm, was soll denn das sein? Die Fahne von Jare, sozusagen als Ehrerbietung?" das war wohl nicht ganz das, was April hatte hören wollen. "Nein, das ist nicht die Fahne von Jare. Das ist eine alte terranische Flagge. Der Union Jack! Sowas kommt jetzt wieder voll in Mode..." enttäuscht beobachtete sie, wie Fireball das Zimmer verließ, ohne ihre Errungenschaft noch eines weiteren Blickes zu würdigen. Das war ja eine schöne Pleite. "Sag mal, hattest Du nicht gesagt, Du wolltest mit Robin einkaufen gehen?" April wurde hellhörig. Eine kleine Alarmglocke begann in ihrem Kopf zu klingen und ihr Puls beschleunigte sich. Diese Frage war nicht so harmlos, wie Fireball versucht hatte, sie zu stellen; so etwas hatte er noch nie sonderlich gut verbergen können. Vielleicht war es besser, direkt in die Offensive zu gehen, bevor sie sich unglücklich in Notlügen verfranste! "Eigentlich schon, aber ich habe es mir dann doch anders überlegt. Robin hat einfach nicht die Ausdauer für eine gute Shopping-Tour..." würde diese Antwort reichen, um Fireball aus der Reserve zu locken? "Ach so", April konnte gerade noch sehen, wie der Star Sheriff mit entblößtem Körper an ihr vorbei ins Badezimmer huschte, "ich habe sie nämlich vorhin getroffen, als ich von der Rennstrecke wiederkam und sie wußte nichts davon, daß Ihr zusammen einkaufen wolltet." Erleichtert atmete sie auf. Zum Glück hatte sie die Variante des Angriffs gewählt; die Sache hätte nach hinten losgehen können, wenn sie bei ihrer ursprünglichen Geschichte geblieben wäre. "Sie läßt Dich schön grüßen und hat gefragt, ob wir heute abend vielleicht zusammen ins Mexican gehen wollen..." der Duschkopf wurde aufgedreht und April mußte ebenfalls ins Bad hinüber gehen, um die Konversation fortsetzen zu können. Jetzt lehnte sie sich an den Türrahmen und beobachtete fasziniert, wie das Wasser Fireballs nackten Körper hinunterlief: "Das ist eine ganz hervorragende Idee. Ich habe schon ewig keine Caipi mehr getrunken!" bei dem Gedanken an die leckeren Cocktails, die in ihrer Lieblingsbar serviert wurden, lief April bereits jetzt das Wasser im Mund zusammen. "Dann geh und ruf sie an, anstatt wie gebannt auf meinen Adoniskörper zu starren!" "Pf..." völlig desinteressiert drehte April sich weg, "irgendwann wird der Herr wohl noch mal an seiner Bescheidenheit zugrunde gehen..." sie schloß die Tür hinter sich, um Fireballs Antwort auf diese kleine Nettigkeit nicht hören zu müssen. Sie ging hinüber zum Schreibtisch, wo ihr Com-Line Gerät stand und drückte eine der Kurzwahltasten. Es dauerte einige Sekunden, dann begann der Monitor zu flackern. Erwartungsvoll beugte April sich nach vorn und stützte sich mit den Händen auf der Tischplatte ab. Ein Blitz zuckte über den Bildschirm und plötzlich verwandelte sich der Schnee in die scharfen Konturen eines grinsenden Cowboys: "Was liegt an..." Colts Lächeln wurde noch breiter, als die Verbindung endgültig hergestellt war, "uh, April-Baby, also wenn ich nicht schon verheiratet wäre, würde mich Dein momentaner Anblick glaube ich ganz schön aus den Socken hauen!" "Oh, Colt", April bemerkte peinlich berührt, daß die Webcam genau auf den Ausschnitt ihres neu erstandenen Outfits zielte, "werd endlich erwachsen!" schnell zog sie sich einen Stuhl heran, um dem Cowboy nicht noch mehr Einsicht auf ihre Anatomie zu gewähren. Wie zu erwarten, konnte er seine Enttäuschung darüber kaum verbergen: "Schade, Süße, von mir aus hättest Du gern so stehen bleiben können. Reizendes Teil, das Du da trägst, ist das neu?" Typisch, daß Colt der erste sein mußte, der ihr ein Kompliment zu ihrem neuen Erwerb machte: "Stimmt auffallend, Cowboy. Kannst Du unseren kleinen Rennfahrer nicht mal ein bißchen in die Richtung erziehen, daß er mir auch solche Komplimente macht?" "Sorry, holdes Wesen, aber das fällt nicht mehr in meinen Zuständigkeitsbereich! Matchbox gehört jetzt allein Dir, sieh zu, daß Du noch was anständiges aus ihm machst." "Hm, die Hoffnung auf Besserung habe ich eigentlich schon aufgegeben", April zwängte ein müdes Lächeln hervor, "aber sag mal, ist Dein Frauchen auch zugegen?" "Weib", Colt blickte über die Schulter nach hinten, "die eiserne Jungfrau will Dich sprechen!" Von beiden Seiten der Com-Verbindung drang ein erbostes "Colt!" auf den Cowboy ein und im nächsten Moment sah April, wie sich ihre Freundin Robin ins Bild schob. "Hallo, Mrs, Willcox, wie geht es Ihnen?" "Danke, nachdem ich meinem Mann gleich die Leviten gelesen habe, bestimmt noch besser. Und selber Mrs. Hikari?" Robin strich sich eine Strähne ihres blonden Haares aus der Stirn und versuchte, die aufkochende Wut über Colts Bemerkung zu unterdrücken. "Noch ist es nicht soweit, mein Liebe", flötete April fröhlich, "rein theoretisch kann ich noch einen Rückzieher machen!" "Das wirst Du mir nicht antun, April! Laß mich bloß nicht mit diesem Haufen von Raufbolden und Schwachköpfen allein!" "Hey, wer ist hier ein Schwachkopf?" drang Colts verzerrte Stimme über die Lautsprecher. "Kannst Du ihn nicht einfach vor die Tür schicken? Macht man doch mit Hunden, die nicht gehorchen auch!" "Wer hat Dich eigentlich nach Deiner Meinung gefragt, Baby? Bist heute wohl mit dem falschen Fuß aufgestanden, bist Du!" "Ach, Colt, jetzt halt doch mal den Mund, wenn sich zwei Erwachsene unterhalten..." unwirsch machte Robin eine Handbewegung in die Richtung, in der April den Cowboy vermutete, "was wolltest Du denn von mir April?" "Oh", April versuchte sich das Lachen zu verkneifen, "ich wollte eigentlich nur sagen, daß wir heute abend gern mit ins Mexican kommen." Robins Miene hellte sich auf: "Ach, das ist schön. Wir sind schon so lange nicht mehr zusammen weg gewesen." "Ja, ja, die lästige Arbeit..." "Wollen wir uns dann dort treffen? Sagen wir, so gegen 20:00 Uhr?" Robin warf einen prüfenden Blick auf ihre Armbanduhr. "Ja, prima, aber sieh zu, daß Du Deinen Mann bis dahin noch ein bißchen züchtigst!" "Kein Sorge, April, das werde ich!" damit unterbrach Robin die Verbindung und April saß wieder vor einem schwarzen Monitor. Kaum daß sie aufgestanden war, um sich ein wenig im Haushalt zu betätigen, meldete ihr ein stetes Piepen, daß nun ein Teilnehmer versuchte, sie über Comline zu erreichen. Sie drückte den kleinen blinkenden Knopf und abermals zuckte ein Blitz über den Bildschirm. "April, bist Du es?" erklang die joviale Stimme von Commander Eagle, noch bevor sich sein Bild endgültig manifestiert hatte. "Hallo Daddy... was gibt es denn?" April hörte, wie Fireball hinter ihr das Badezimmer verließ. "Ich wollte Dich um einen kleinen Gefallen bitten, April!" Der Rennfahrer blieb in sicherer Entfernung stehen, damit der Commander ihn nicht sehen, er aber mithören konnte, was sein Vorgesetzter zu sagen hatte. "Schieß los, Daddy, was kann ich für Dich tun." "Du weißt ja, daß König Jared und sein Sohn heute hier eingetroffen sind, nicht wahr, April?" der weibliche Star Sheriff nickte und hörte ein leises Schnauben aus Fireballs Richtung. Anscheinend war er immer noch sauer, daß sie ihm nichts davon erzählt hatte. "Nun", der Commander fuhr unbeirrt fort, "Prinz Roland hat darum gebeten, sich ein bißchen das Nachtleben von Yuma anzusehen, um ein wenig von unserer Lebensart kennenzulernen. Und ich dachte, Ihr könntet vielleicht..." "Aber gerne doch Daddy", April klatschte erfreut in die Hände, während der Rennfahrer dachte, er sei im falschen Film. Während April ihrem Vater von den Plänen des Abends erzählte, versuchte er ihr klare Anzeichen zu machen, daß er nicht die geringste Lust verspürte, sich mit Prinz Roland ins nächtliche Getümmel von Yuma zu stürzen. Aber es half nichts. Entweder konnte oder wollte sie seine Anstrengungen nicht sehen, und somit wurde vereinbart, daß eine Eskorte den Prinzen bis zum Mexican geleiten sollte, wo die Star Sheriffs sich dann seiner annehmen würden. Als das Gespräch beendet war, drehte sich April zu einem resigniert dreinblickenden Fireball um: "War das wirklich nötig? Seit Wochen haben wir mal wieder etwas vor und müssen ausgerechnet für den den Babysitter spielen..." "Ich weiß gar nicht, was Du gegen Roland hast. Er ist doch ein netter Kerl!" "Oh ja", Fireball winkte müde ab, "und eingebildet und versnobt und so verdammt... französisch!" "Nun hör mir mal gut zu, Freundchen", April baute sich drohend vor ihm auf und bohrte ihm den rechten Zeigefinger in die Brust, "zufällig stammen meine Vorfahren auch aus Frankreich, damit Du es nur weißt!" "Ja, ja", beschwichtigend legte Fireball ihr die Arme auf die Schultern, "und meine Vorfahren sind irgendwann mal japanisch gewesen und trotzdem kann ich mich wie ein zivilisierter Mensch artikulieren! Wenn ich allerdings unser Prinzchen reden höre, kräuseln sich mir die Zehennägel!" er schüttelte sich angewidert und April konnte nicht anders als zu grinsen: "Dann wirst Du das eben heute abend mal über Dich ergehen lassen müssen." "Werde ich wohl. Da kann ich ja im Prinzip nur hoffen, daß Colt einen guten Tag hat." "Damit, mein Schatz", April erinnerte sich an den kleinen Disput zwischen dem Cowboy und Robin, "würde ich an Deiner Stelle lieber nicht rechnen!" "Ihr habt was?" Colt starrte wild zwischen April und Fireball hin und her, so als könnte er sich nicht entscheiden, wem er zuerst an die Gurgel springen wollte. "Halt mich bitte da raus, Kumpel, meine Idee ist das nicht gewesen!" der Rennfahrer kickte mißmutig einen Kiesel auf die Straße vor dem Mexican, einer, wie der Name schon sagte, mexikanisch angehauchten Bar, in der sich die Star Sheriffs häufiger mal zu einem gemütlichen Drink einfanden. Es war kurz vor acht und Robin und Colt waren gerade eingetroffen. Und natürlich war das erste, was Fireball seinem Freund hatte erzählen müssen gewesen, daß April den Sohn von König Jared mit zu der kleinen Gesellschaft gebeten hatte. "Und was hat sich Miss Eagle dabei gedacht?" der Cowboy hatte die Nachricht beinahe noch schlimmer aufgenommen, als Fireball: "Unsere werte Gesellschaft ist Dir wohl nicht mehr fein genug wie? Jetzt mußt Du schon dieses Aristokratensöhnchen einladen. Wenn Du mich fragst, ist das ein ganz mieser Scherz, ist es!" "Jungs, nun kriegt Euch mal wieder ein!" April hob beschwichtigend die Hände um den beiden Streithähnen Einhalt zu gebieten: "König Jared und Prinz Roland sind nun einmal unsere Gäste und es ist ja wohl das mindeste, daß wir uns ein wenig um sie kümmern!" "Dann mach Du das doch, holde April", Colt war stur wie ein alter Maulesel, "ich werde diesen Kerl auf jeden Fall nicht den ganzen Abend ertragen können. Da gehe ich ja lieber ins Kino und gucke mir so eine blöde Liebesschnulze an!" "Nimmst Du mich mit, hombre? Dann brauche ich mir dieses dumme Gesülze von dem Fuzzi auch nicht anzutun!" "Also, ganz ehrlich, Ihr zwei spottet ja jeder Beschreibung!" Robin, die sich bis dahin noch vornehm zurück gehalten hatte, stemmte jetzt die Arme in die Hüften und bedachte die Männer mit einem tadelnden Blick: "Wie kann man nur so engstirnig sein, wie Ihr?" "Liebste Robin", versuchte Colt seine Frau zu beschwichtigen, "Du kennst diesen Schnösel eben nicht. Wenn Du wüßtest, wie aufgeblasen und..." "Vielen Dank, aber wenn du gestattest, bilde ich mir mein Urteil über einen Menschen doch noch gerne selber!" sie schien wirklich verärgert. "Ganz genau, hör nicht auf die beiden Blödis, Robin", April versetzte Fireball einen Knuff in die Seite, "die haben beide immer noch mächtig an ihrem verletzten Stolz zu knabbern." Die beiden Star Sheriffs blickten sich an, als habe April gerade verkündet, Ostern und Weihnachten falle nächstes Jahr auf ein und denselben Tag. "So ein ausgemachter, Schwachsinn, welches kranke Vögelchen hat Dir denn das ins Ohr gekrächzt", Colt tippte sich kurz an seinen Hut, so wie er es immer tat, wenn ihn die Verlegenheit packte, "ich finde es nur unmöglich, daß die hier einfach auftauchen, wir bekommen nichts weiter als diesen flüchtigen Brief von heute morgen und müssen dann auch noch die Pausenclowns für das Prinzesschen spielen..." "Entschuldige, wenn ich Deinen wortgewandten Redeschwall so einfach unterbreche, edler Kuhtreiber", Fireball legte ihm einen Arm um die Schulter und wies mit dem anderen auf April, "aber dieses so unschuldig anmutende Wesen dort hat bereits vor dem Brieflein heute morgen gewußt, was Sache ist!" April funkelte ihn wütend an: "Ach, immer noch beleidigt, weil ich informiert war und Du nicht?" "Nein, ich finde es nur nicht in Ordnung, wenn Du Geheimnisse vor mir hast!" "Matchbox, sieh es ein, unsere Gesellschaft ist langsam dem Untergang geweiht. Wenn die Frauen erstmal die heimliche Macht übernehmen..." theatralisch nahm der Cowboy seinen Hut ab und hielt in vor seine Brust. Robin konnte darüber nur den Kopf schütteln: "Darf ich Euch mal sagen, wie ausgesprochen kindisch Ihr Euch aufführt? Ihr solltet Euch mal hören!" "Wer benimmt sich hier schon wieder kindisch?" mischte sich plötzlich eine weitere Stimme in die muntere Unterhaltung ein. "Oh, Saber..." strahlend umarmte April den Neuankömmling und verdrehte dann genervt die Augen, "ich glaube, Du willst die Antwort auf die Frage nicht wirklich wissen!" Sabers Blick wanderte amüsiert zu Colt und Fireball hinüber: "Nein, ich denke, ich kann sie mir auch denken." "Hey, hombre", echauffierte sich der Cowboy, der es gar nicht leiden konnte, wenn sich auch noch ein Mann auf die Seite der Frauen schlug, "wer hat Dich denn überhaupt hinter Deinem PC vorgelockt. Eigentlich sollte das hier eine Privatparty werden!" "Ich freue mich auch, Dich zu sehen, Colt!" grinste der Anführer der Star Sheriffs munter zurück und sah sich suchend um: "Ist denn unser hoher Besuch noch nicht eingetroffen?" Fireball verdrehte die Augen: "Wieso wundert es mich gar nicht, daß Du mal wieder voll im Bilde bist, edler Säbelschwinger, während wir zwei wieder wie Deppen aus der Wäsche gucken!" "Jedem das, was ihm zusteht!" April streckte Colt die Zunge heraus und unwillkürlich mußten alle bis auf den Cowboy anfangen zu lachen: "Tja, Kumpel, seiht ganz so aus, als hätten wir hier nichts mehr zu melden." Auf der gegenüber liegenden Straßenseite hielt eine schwarze Limousine. Die fünf blickten gebannt hinüber und warteten darauf, daß sich eine der Türen des Fahrzeuges öffnete. Ob das wohl Prinz Roland war? Eine Weile geschah nichts, doch dann stieg eine junge, rothaarige Frau auf der Beifahrerseite aus und lächelte zu ihnen hinüber. Sie trug ein kurzes rotes Kleid mit gerafften Ärmeln, das ihre durchtrainierte Figur zur Geltung brachte. "Caramba..." entfuhr es dem Cowboy, denn auch durch seine Hochzeit mit Robin war sein Blick für das schöne Geschlecht nicht getrübt worden. "Colt", raunzte ihm Fireball zu und warf schnell einen Blick zu Robin hinüber, "darf ich Dich daran erinnern, daß Du verheiratet bist?" Wie, als wenn ihm gerade etwas wichtiges eingefallen war, kniff Colt die Augen zusammen: "Hach, ja, manchmal bin ich echt vergeßlich..." "Seht mal, da ist ja unser Ehrengast." Saber Rider wies auf den jungen Mann, der nach der Rothaarigen das Auto verlassen hatte. Er trug ein weißes Hemd mit grauen Streifen, dessen obere zwei Knöpfe lässig offen standen. Er hatte nicht viel gemein mit dem Prinzen Roland, den sie damals in Jare kennengelernt hatten. Freundlich winkte er ihnen zu. "Ich glaub, mich laust der Affe..." Fireball kratzte sich am Kopf und war kurz davor Colt darum zu bitten, ihn in den Arm zu kneifen. Das konnte nicht Prinz Roland sein. Der junge Mann bot dem Mädchen galant seinen Arm an und führte sie zu der kleinen Gruppe hinüber. "Prinz Roland..." April trat mit ausgestreckter Hand auf ihn zu, "es freut mich, daß Ihr unserer Einladung nachgekommen seid. Es ist lange her, daß wir uns gesehen haben!" Ganz Gentleman ergriff Roland ihre Hand und senkte seine Lippen darauf nieder, was April die Röte ins Gesicht trieb: "Die Freude ist ganz auf meiner Seite, meine Liebe!" Der Rennfahrer spürte einen Würgreiz in sich aufsteigen; wie sehr er diesen französischen Akzent hasste! Und dann erdreistete sich dieser Casanova auch noch, seiner Verlobten die Hand zu küssen! "Isch möschte misch ganz erzlisch für die Einladung bedanken. Es ist sehr freundlisch, daß Sie uns ein wenig dursch ihre Stadt führen wollen." Saber Rider ergriff das Wort: "Es ist uns eine Ehre Hoheit, aber darf ich fragen, wer diese reizende Dame in Eurer Gesellschaft ist?" "Oh, wie unöflisch von mir..." der Prinz vollführte eine knappe Verbeugung und schob dann die junge Frau weiter in den Kreis der Umstehenden: "Darf isch vorstellen, Lieutenant Christa McRae, Navigationsexpertin der Monarch Supreme!" Verlegen schaute sie in die fremden Gesichter: "Bitte, nennen Sie mich Chris, alles andere klingt so förmlich..." "Avec plaisire", flötete Colt in seinem schlechtesten Französisch, "mein Name ist Colt und das hier ist meine Frau Robin!" Die beiden Frauen schüttelten sich die Hände: "Es ist erstaunlich, daß er mich nicht vergessen hat, denn beim Anblick einer so schönen Frau wie Ihnen läßt sein Gedächtnis in Bezug auf seine Ehe schon manches Mal zu wünschen übrig." Christa lachte hinter vorgehaltener Hand und Fireball ergriff die Gelegenheit, daß es Colt die Sprache verschlagen hatte: "Mein Name ist Fireball und das ist April Eagle, Navigator von Ramrod." "Oh, ja", interessiert musterte Christa ihr Gegenüber, "ich habe schon so vieles von Ihnen gehört April. Ich finde es bewundernswert, daß Sie mit so einem gigantischen Schiff wie Ramrod arbeiten können." April winkte müde ab: "Ach was, Ramrod ist auch nicht viel größer als die Monarch Supreme. Und die Systeme machen ja doch die meiste Arbeit!" "Aber Ladies, um Euch über die Arbeit zu unterhalten habt Ihr nachher noch Zeit genug!" Saber nahm Christa am Arm und führte sie ohne weitere Kommentare abzuwarten in die Bar. Roland tat das gleiche bei April und Robin ließ sich von Fireball und Colt in das Etablissement eskortieren. Entgegen Colts und Fireballs schlimmsten Erwartungen wurde der Abend für alle sehr nett und die Star Sheriffs fanden bald heraus, daß sie Prinz Roland vielleicht doch falsch eingeschätzt hatten. Er war wie ausgewechselt, so als hätte sein wahres Ich nur darauf gewartet, der Rolle als Prinz endlich einmal entfliehen zu können. Nach dem dritten oder vierten Cocktail schaffte Colt es sogar, ihm das Du aufzudrücken. Zuerst hatte er sich ja noch ein wenig dagegen gewehrt, aber gegen die Waffen einer schönen Frau war auch ein Monarch machtlos. "Komm schon Lando, hab Dich nicht so", Christa McRae verpaßte dem Prinzen einen kameradschaftlichen Knuff in die Seite, nachdem er Colts nett gemeintes Angebot hatte ablehnen wollen, "versuch doch einmal, Dich wie ein normaler Mensch aufzuführen!" Christa war einfach eine klasse Frau, das mußten selbst Robin und April neidlos zugeben. Sie sah nicht nur blendend aus, sondern hatte auch einen klugen Kopf auf ihren Schultern, besaß Witz und Charme. Es waren nur Minuten vergangen, als die Star Sheriffs sie bereits als eine der ihren akzeptiert hatten. "Isch abe Dir schon so oft gesagt, daß Du misch nischt in aller Öffentlischkeit so nennen sollst!" zischte Roland unwirsch und zog natürlich unweigerlich die Aufmerksamkeit der ganzen Runde auf sich. Da hatte er sich wohl in eine Art Erklärungsnot manövriert, aus der er nicht einfach so herauskommen würde. Unbewußt nahm er das Angebot des Cowboys nun doch an: "Ihr müßt wissen, Christa ist eine Fanatikerin wenn es um diese alten terranischen Science-Fiction Filme geht. Diesen komischen Namen muß sie irgendwo in so einem Film aufgeschnappt aben und seiter läßt sie sisch nischt mehr davon abbringen, misch so zu nennen!" Colt gluckste vergnügt und Schlug seinem neu gewonnenen Freund kräftig auf die Schulter: "Weißt Du, Prinzessin, ich finde, der Name steht Dir gar nicht schlecht!" April versetzte Colt unter dem Tisch einen Tritt gegen das Schienbein und der Cowboy heulte vor Schmerz auf: "Gott, April, bist Du übergeschnappt, ich glaube, Du hast mir das Bein gebrochen!" "Das kommt davon, daß Du immer so unsensibel sein mußt..." versöhnlich warf die junge Frau Roland ein Lächeln zu. "Ach was, April, das ist schon in Ordnung. Wenn isch ehrlisch sein soll, habe isch misch mehr oder weniger schon daran gewöhnt." Dankbar nickte Colt ihm zu: "Da kannst Du mal sehen, was ich alles zu ertragen habe, Kumpel", herausfordernd blickte er zwischen April und Robin hin und her, "da hat man es schon zu Hause nicht leicht und muß sich ständig der zeternden Ehefrau fügen, und dann muß man sowas auch noch ständig bei der Arbeit ertragen..." "Colt, ich glaube, Du hast langsam genug getrunken!" die mahnenden Worte seiner Frau gingen im allgemeinen Lärm unter. "Aber mein Kumpel Fireball hier, der ist ja noch viel schlimmer dran", er machte eine kurze Pause, so als wollte er dem Prinzen eine Gelegenheit für ein wenig Mitleid geben, "der wohnt auch noch mit dieser Furie zusammen und beabsichtigt sogar noch, sie demnächst zu heiraten. Wenn Du mich fragst, hält sie ihn irgendwie mit Drogen unter Kontrolle!" Christa brach in schallendes Gelächter aus: "Also ehrlich Leute, seid Ihr immer so? Wie hältst Du das bloß aus, Saber?" Ihr Lachen war so herzerfrischend, daß die anderen nicht umhin konnten miteinzustimmen. "Das frage ich mich auch jeden Tag aufs neue." So verliefen beinahe zwei Stunden des abends mit nettem Geplänkel und kleinen Neckereien zwischen Colt, Fireball und den Damen ihres Herzens. Christa und Lando, wie den Prinzen mittlerweile alle nannten, wenn auch der eine oder andere nur, um ihn damit zu ärgern, fühlten sich in der Gegenwart der Star Sheriffs ausgesprochen wohl. April hatte sich irgendwann in eine Unterhaltung mit ihm vertieft, was dem wachsamen Auge von Fireball selbstverständlich nicht entging, und Christa versuchte Saber zu erklären, warum sie sich für den Dienst an der Front entschieden hatte. "Sag mal, Lando", April rückte näher an ihren Gesprächspartner heran und legte ihm eine Hand auf den rechten Arm, "weshalb seid Ihr wirklich hier? Ich kann mir nicht vorstellen, daß König Jared den weiten Weg unternimmt, nur weil sein Sohn Interesse am Sozialleben von Yuma hat..." ihre Augen sondierten ihre Umgebung, so als fürchtete sie einen Spion direkt am Tisch nebenan. "Glaub mir, meine Liebe", Roland berührte kurz ihre Hand, "isch würde es Dir wirklisch gern erzählen." "Darauf wette ich..." knurrte Fireball zwischen zusammengebissenen Zähnen. Es war leise genug, daß April und der Prinz ihn nicht hatten verstehen können, aber ein dumpfer Schmerz in seinem linken Fuß ließ ihn zur Seite blicken. "Ganz ruhig, Brauner, keiner bedroht Dein Terretorium, klar!" Colt starrte ihn eindringlich unter seinem Hut hinweg an. "Und warum kümmerst Du Dich nicht um Deine eigenen Angelegenheiten?" "Tue ich doch, Kumpel", der Cowboy lehnte sich ein wenig vor, so als wollte er seinem Freund ein Geheimnis verraten, "hast Du vergessen, daß ich auf der Welt bin, um Dich vor dummen Fehlern zu bewahren?" Fireball erinnerte sich nur zu gut daran, daß es Colt gewesen war, der ihm in den schlimmsten Stunden seines Lebens zur Seite gestanden hatte. Er hatte ihn damals abgehalten, eine Affaire mit Mandarin Yamato einzugehen, mit der er vielleicht die letzte Hoffnung auf April zunichte gemacht hätte. Colt war es gewesen, der einen Blaster ins Gefängnis geschmuggelt hatte, als er wegen Mordes an Mandarin unter Arrest gestellt worden war. Ohne seine Hilfe wäre der fatale Plan von Jesse Blue damals wahrscheinlich aufgegangen. Der Rennfahrer entschied sich, die Bemerkung seines Freundes zu ignorieren und seine Verlobte statt dessen im Auge zu behalten. "Die Angelegenheit ist einfach viel zu wischtig, als daß wir sie in einer solschen Umgebung bespreschen könnten." "Mit Verlaub..." Fireball räusperte sich höflich, "wenn die Sache so ausgesprochen wichtig ist, weshalb sitzen wir dann in einer Bar und tauschen Komplimente aus, anstatt im Hauptquartier zu sein?" er tat alles, um die mißbilligenden Blicke seiner Freunde zu übersehen. Doch Roland empfand seine Bemerkung nicht als Beleidigung, Fireball hatte beinahe den Eindruck, so etwas wie Mitleid in seinen Augen zu erkennen: "Du ast vollkommen rescht, mein Freund. Isch selbst war der gleischen Ansicht. Aber Vater ielt es für wischtig, erst allein mit Commander Eagle über die Angelegenheit zu beraten..." Und damit war das Thema für den Abend erledigt. Die Star Sheriffs sahen ein, daß es nicht in Rolands Ermessen lag, darüber zu entscheiden, wann sie in die Angelegenheit eingeweiht wurden und gaben sich mit seiner Antwort zufrieden. Und da das Meeting mit König Jared und Commander Eagle am nächsten Tag bereits für neun Uhr angesetzt war, entschied man sich kurz nach Mitternacht, die gemütliche Runde aufzulösen. Robin und Colt waren sofort dazu bereit gewesen, die ausländischen Gäste in ihr Quartier zurück zu bringen, also traten Fireball und April alleine ihren Nachhauseweg an. Zum Glück lag das Mexican nur einige Blocks von ihrer Wohnung entfernt, und da keiner der beiden hatte auf die leckeren Cocktails verzichten wollen, machten Sie sich jetzt zu Fuß auf. Einige Minuten lang gingen sie schweigend die schwach erleuchteten Straßen nebeneinander her, bis Fireball irgendwann seinen Arm um April legte. "Na", zärtlich umschlang sie ihrerseits seine Taille, "haben wir aufgehört zu schmollen, ja?" "Ich habe keineswegs geschmollt!" "Oh, nein, natürlich nicht... Glaubst Du, ich hatte Tomaten auf den Augen? Du hast Dich mal wieder benommen, wie ein liebeskranker Affe." Fireball blieb entrüstet stehen: "Na, vielen Dank auch. Ich kann ja nichts dafür, daß Du Dich die ganze Zeit so von unserem schmucken Prinzen anhimmeln lassen mußtest." anscheinend schmollte er wohl doch noch. "Zu schade aber auch, daß Du immer nur die Sachen um Dich herum siehst, die Du auch sehen willst." "Und was bitte soll das jetzt schon wieder heißen?" "Ganz einfach..." verschmitzt gab April ihm einen Kuß auf die Wange, "Du bist so besessen von der Vorstellung irgend jemand könnte daher kommen und mich Dir ausspannen, daß Dir völlig entgangen ist, daß unser Prinz schon eine ganz andere Prinzessin ausgewählt hat?" Diese Tatsache war dem Star Sheriff wohl wirklich entgangen: "Ach, ja?" April schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn: "Oh, man, Dir könnte man wahrscheinlich selbst einen Outrider vor die Nase binden und Du würdest ihn nicht erkennen. Hast Du nicht gemerkt, daß Roland und Christa ständig Händchen gehalten haben, wenn sie dachten, wir würden es nicht merken?" "Hm..." "Herrgott, Männer, für sowas habt Ihr ehrlich keinen Sinn. Was glaubst Du wohl, warum König Jared plötzlich seinen Navigator mit auf Dienstreise nimmt? Der Spesen wegen?" Ein diabolisches Lächeln zuckte um Fireballs Mundwinkel: "Ich weiß nicht... warum nehmen wir Dich doch gleich immer mit?" "Du bist wirklich ein Blödmann sondergleichen." April wollte sich beleidigt von ihm abwenden, doch schnell hatten seine Arme sie umschlungen: "Auf jeden Fall hat er da ja gerade noch einmal Glück gehabt. Wenn er versucht hätte, Dich anzugraben, hätte er es mit mir zu tun bekommen!" Ohne ein Wort des Widerspruchs abzuwarten zog Fireball sie fest an sich und küßte sie. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)