I couldn't say those thousand words von Schabi ================================================================================ Anmerkung: Ich habe diese Fanfic auf der Arbeit geschrieben, weil mir grottenlangweilig war. Irgendwie hatte ich plötzlich die Idee dazu im Kopf, wie es wohl gewesen sein könnte... Die letzten Stunden vor Lennes und Shuyins Tod. (Da kann man mal sehen, worüber ich mir so den ganzen Tag Gedanken mache. *tropf*) Ich hab das jetzt mal aufgeschrieben und auch, wenn die Fanfic literarisch sicher nicht gerade eine Glanzleistung ist, hoffe ich mal, dass sie trotzdem jemandem gefällt. Das Lied, das Lenne auf ihrem Konzert in Zanarkand singt, ist "Utikisama" von Rikki. Ihr noch nicht fertig gestelltes Lied ist... na? Genau, "1000 Words". ^^ Ich habe die wörtliche englische Übersetzung genommen, wenn ich Textpassagen verwendet habe, denn japanisch erschien mir irgendwie unpassend. Und die Songtexte, die im Spiel verwendet werden, sind eben nur sinngemäß übersetzt, damit es halt nach was klingt. Darum die wörtliche Übersetzung. Man möge mir verzeihen. ^^ (Songtexte und Übersetzungen von http://www.chudahs-corner.com) I couldn't say those thousand words Der Himmel über Zanarkand war dunkel wie schwarzer Samt und man konnte die Sterne nicht sehen. Zu hell erleuchtet waren die Straßen, zu undurchdringlich die Glocke aus Dunst und Licht, die sich über die Stadt stülpte. Doch die Sterne waren da. Sie waren immer da, auch wenn man sie nicht sehen konnte. Und stets waren sie ein Trost, denn sie waren - im Gegensatz zu Spira - im Laufe eines Lebens unveränderlich. Lenne seufzte und erhob sich langsam von der kalten Mauer, auf der sie gesessen hatte. Ihr Blick wanderte vom Himmel herunter zur Fassade des Opernhauses. Eine gigantische Menschenmasse strömte aus den Straßen hinein in das prächtige Gebäude. Das Konzert war seit Wochen ausverkauft und in den letzten Tagen hatte niemand in Lennes Umfeld mehr von etwas anderem geredet. Sie fragte sich unwillkürlich, was man sich von diesem Konzert erwartete. Was man von ihr erwartete. Für sie war es ein Abschied. Sie wusste ganz genau, dass sie diese Stadt nur noch dieses eine Mal verlassen würde. Danach gab es kein Zurück mehr. Es tat ihr weh, dass ihr Schicksal so unausweichlich war. Doch sie konnte diese Menschen nicht im Stich lassen. Sie wollte ihnen helfen, auch wenn das hieß, dass sie sich dafür opfern musste. Das war der Grund gewesen, warum sie noch ein Konzert hatte geben wollen. Ein letztes Mal, damit sie den Menschen sagen konnte, weshalb sie das tat. Viele konnten es nicht verstehen und das wollte sie nicht so einfach hinnehmen. Es war wichtig, dass sie es verstanden. Dass sie ihre Botschaft hörten. Sie konnte sie nicht in Worte fassen. Aber vielleicht würde ihr Herz für sich sprechen. Der Ansturm der Menge ließ langsam nach und Lenne wusste, dass es Zeit wurde. Sie hatte sich zwar schon vor einiger Zeit bühnenfertig gemacht, aber ihren Assistenten erzählt, sie müsse noch einmal an die frische Luft. Und so stand sie nun hier in ihrem Kleid und kam sich irgendwie verloren vor. Sie musste dort hinein und tun, was sie zu tun hatte. Unwillig schüttelte Lenne den Kopf und machte sich auf den Weg. Schnell überquerte sie die Straße und huschte zum Hintereingang des Opernhauses. Als sie die Tür öffnete, prallte sie mit jemandem zusammen, der gerade in den Hof hatte hinaustreten wollen. "Ah!" Lenne stolperte zurück und hielt sich mit der einen Hand noch am Türknauf fest. Stirnrunzelnd sah sie auf. "Shuyin!" Der junge Mann starrte Lenne an, als hätte er sie hier nicht vermutet. Seine Augen aber leuchteten - wie immer, wenn er sie sah. Er sah sich kurz um, so als ob er vermutete, dass noch jemand bei ihr war, richtete seine Aufmerksamkeit aber sogleich wieder auf Lenne. "Ich habe dich gesucht", sagte er mit seiner ruhigen, kräftigen Stimme. Lenne lächelte. Er machte sich ständig Sorgen um sie. Vermutlich würde er niemals lernen, dass sie gut auf sich allein aufpassen konnte. Wer sich ernsthaft mit ihr anlegte, erlebte immer eine Überraschung der unliebsamen Art. Auch Shuyin hatte das vor langer Zeit am eigenen Leib erfahren. Doch immer noch wollte er sie beschützen. Mehr als jeder andere Mensch, Das war wohl einer der Gründe, warum sie ihn so sehr liebte. Lächelnd trat sie auf ihn zu und fasste zärtlich nach seiner Hand. "Du solltest dir lieber Gedanken machen, ob du rechtzeitig auf deinem Platz sitzt, um das Konzert zu verfolgen, als nach mir zu suchen." Sie zwinkerte belustigt, aber ihn schienen ihre Worte wirklich zu treffen. "Es wäre schrecklich für mich, wenn du einfach so verschwinden würdest", erklärte er ernsthaft und drückte ihre Hand etwas fester. Lennes Herz begann schmerzhaft und hart zu schlagen. Der Schmerz, den sie dort spürte... Würde er aufhören, wenn alles vorbei war? Würde Yevon ihr gewähren, ihr Leid im Abyssum zu vergessen? Sie würde gehen müssen. Und das wusste er. Noch an diesem Abend würde sie aufbrechen. In den Kampf ziehen. Dieses Konzert war ihr Wunsch gewesen - ein letzter Wunsch, ehe sie dem sicheren Tod entgegen zog. Es war nicht nur ein Konzert für die Menschen hier in Zanarkand, die nicht verstehen konnten, warum sie gehen musste. Es war auch ein Konzert für ihn. Shuyin. Ob er es wusste? Sie konnte es ihm nicht sagen, denn jedes Wort, dass sie darüber verlor, tat so unendlich weh. Heute Abend würde sie versuchen, ihn alles spüren zu lassen. Sie hatte ein Lied zu schreiben begonnen. Das erste Lied, das ihr wichtiger war als alle anderen. Es war für ihn, aber sie hatte nicht mehr als zwei Zeilen zustande gebracht. Wenn sie es versucht hatte, hatten Tränen ihren Blick und ihr Denken verschleiert. Es musste also so gehen. Sie musste versuchen, zwei Botschaften loszuwerden. Ihr Gründe für den Kampf an die Menschen dieser Stadt und ihre Liebeserklärung an Shuyin. Sie hoffte, er würde es verstehen. "Hör auf", klagte sie leise und lehnte sich an seine Brust. "Denk nicht darüber nach, was in einigen Stunden sein wird. Noch bin ich hier." Aus dem Gang hinter der Tür ertönte ein lautes Rufen. Es war an der Zeit. Sie musste gehen. "Shuyin... Bitte hör genau hin heute Abend. Ich hoffe... Ich hoffe, dass du mich hören wirst." Er wirkte verwirrt, nickte aber trotzdem. Es war so schwer, ihm zu erklären, was sie fühlte. All die Gefühle in ihr... Sie war einfach unfähig, es ihm direkt in Gesicht zu sagen. Als sie sich schließlich von ihm löste und die Oper betreten wollte, hielt er sie noch einmal zurück. "Ich werde dich retten", sagte er leise. "Nein!" Lenne fuhr erschrocken herum, das blanke Entsetzen stand in ihren Augen. Das konnte er doch nicht tun! Sie hatten darüber geredet. Sogar gestritten hatten sie sich deswegen. Letztendlich hatte sie ihm das Versprechen abgerungen, nichts zu unternehmen. Doch sie hätte sich natürlich denken können, dass er es nicht halten würde. "Das kannst du nicht tun! Du hast es mir versprochen!" Shuyin warf ihr einen gequälten Blick zu. Er litt tatsächlich so sehr, dass es Lenne schier das Herz zerreißen wollte. Niemals zuvor hatte sie ihn so gesehen. "Es tut mir leid, Lenne, aber ich muss es tun. Ich kann nicht mit ansehen, wie du dich opferst. Wie du einfach davongehst und uns verrätst." "Uns verraten?" Verstört rang Lenne nach Atem. "Ist es das, was du denkst? Wenn das so ist, dann verstehst du gar nichts. Hier geht es um mehr. Nicht nur um uns. Wenn ich Zanarkand retten kann, opfere ich mich gern dafür." Für einen unendlich erscheinenden Augenblick sahen sich die beiden an. Jeder von ihnen versuchte zu verstehen, was in dem anderen vorging. Ihre Blicke verwoben sich ineinander, doch schließlich wandte Lenne sich ab. "Ich muss jetzt gehen. Sie warten auf mich." Ihre Hand berührte noch einmal zärtlich Shuyins Arm, bevor sie die Tür öffnete und das Opernhaus betrat. Muffige Luft und aufgeregtes Stimmengewirr schlugen ihr entgegen. Sie liebte diese Atmosphäre kurz vor einem Auftritt. Wenn ihr Herz schneller zu schlagen begann, weil sie wusste, dass die Blicke von Tausenden von Menschen gleich auf ihr ruhen würden. Wenn ihr Geist ihr alle möglichen Zwischenfälle vorgaukelte, ihr Atem flach wurde und ihre Hände leicht zitterten. Sie liebte es. Manchmal dachte sie, das könnte nicht normal sein, aber im Grunde war es ihr egal. Diese Vorfreude auf die Bühne und auf die Musik war einfach zu groß und zu wichtig für sie. Ein Teil ihres Herzens jedoch bedauerte es beinahe, dass sie ihren letzten Abend in Zanarkand auf der Bühne verbringen würde und nicht bei Shuyin, der sich anscheinend immer noch nicht damit abfinden konnte, dass sie gehen würde. Lenne versuchte krampfhaft, nicht darüber nachzudenken, was er in seiner Verzweiflung wohl alles zu tun bereit war. Er konnte unberechenbar sein. Noch am Abend zuvor hatten sie sich darüber gestritten. Sie hatte nicht laut werden wollen, doch er hatte seinerseits nicht eingesehen, dass sein Vorhaben unsinnig und gefährlich war. "Sie wollen Krieg? Sie wollen gegen die Machina siegen? Wozu haben sie diese Maschine gebaut?" hatte er gebrüllt und seine Augen waren voll Hass gewesen. "Sollen sie doch dieses Ungetüm einsetzen, um ihren Kampf auszutragen." Sie hatte das auf eine gewisse Weise ja auch nachvollziehen können. Aber verstand er denn nicht, welche Gefahr von Vegnagun ausging? Die Energie dieses Riesen freizusetzen wäre ein untragbares Risiko für ganz Spira. Doch er hatte ihr nicht zuhören wollen. Er war so gefangen in seinem Hass und seiner Angst, dass er keine vernünftigen Argumente mehr gelten ließ. Nun überlegte Lenne, ob sie vielleicht zu hart zu ihm gewesen war. Eigentlich müsste sie doch verstehen können, was er empfand. Ihr ging es doch auch nicht besser bei der ganzen Sache. Aber im Gegensatz zu ihm war sie bereit, sich dem Unvermeidlichen zu fügen. "Lenne! Da bist du ja endlich. Komm schon, sie warten alle bereits." Ihr persönlicher Betreuer führte sie den Gang zum Bühnenaufgang entlang. Ihre Hände zitterten jetzt stärker und im Gegensatz zu sonst war es kein angenehmes Gefühl. Etwas würde geschehen. Sie wusste es und es machte ihr Angst. Suchend sah sie sich um, ob sie Shuyin irgendwo entdeckte. Er war nirgendwo zu sehen. Er würde doch nicht...? Fast wäre sie umgedreht und hätte nach ihm gesucht. Aber es war zu spät, man hatte sie bereits auf die Bühne geführt. Blinzelnd blickte sie in das grelle Licht der Scheinwerfer, das sie kalt und gnadenlos empfing. Jemand drückte ihr ein Mikrofon in die Hand und sie atmete tief durch. Was sollte schon geschehen? Sie machte sich selbst verrückt, dabei war sie doch hierher gekommen, um genau das hier durchzuziehen. Ihr Blick glitt über die Menge. So viele ihr unbekannte Gesichter, doch sie alle strahlten Lenne an, als wäre sie eine Geliebte oder eine gute Freundin. Für jeden Menschen hier bedeutete sie etwas. Ihre Stimme bedeutete etwas. Und das machte sie auf eine erstaunlich erfüllende Weise stolz. Aber wo war er? Die Musik setzte ein und Lennes Herzschlag aus. Wenn sie singen konnte, dann schwebte sie. Sie war nicht mehr gefangen in ihrem Körper, sie spürte nichts mehr außer der Musik und den Empfindungen, die sie in ihr hervorbrachte. Was um sie herum geschah, das war nicht mehr wichtig. Wichtig war der Gesang, die Gefühle in ihrer Stimme. Und die trugen sie auf unsichtbaren Flügeln fort von diesem kalten Ort und fort von ihrem Schicksal. Schließlich verklang der letzte Ton und Lenne kehrte zurück. Die Menschen jubelten ihr zu, doch sie war jetzt nichts weiter als ein Körper. Eine Frau, die einsam und allein auf der Bühne stand, die sich ausgeliefert und hilflos vorkam. Für sie war der Zauber in diesem Moment erloschen. "Bitte", sagte sie leise ins Mikrofon. Die Menge verstummte und Tausende neugieriger und erwartungsvoller Augenpaare sahen sie fragend an. Es war nicht viel, was sie zu sagen hatte. Doch sie hoffte, es würde genügen. "Ich werde euch heute Abend verlassen. Dies ist mein letztes Lied für euch. Ich hoffe, es wird eure Herzen erreichen." Das Publikum schwieg. Die Stille kam Lenne unnatürlich vor, sie wünschte sich nur, dass die Musik wieder spielen könnte, damit ihr Herz sich nicht mehr so schwer anfühlte. Und als die Töne dann erklangen, schloss sie die Augen und legte alles, was sie den Menschen und vor allem Shuyin sagen wollte, in ihr Lied. Sie kannte den Text im Schlaf, doch der war es nicht, worauf es ihr ankam. In diesem Moment war sie sich ganz sicher, dass sie helfen würde, die Ewige Stille einzuläuten. I pray to the 15th-night moon that I might be happy In the shade of a large palm tree Memories in which my beloved's face Always comes to me so longingly Set adrift on the gentle wind The flower of love that grows in moonlight Wandering on a salt wind, the sound of foamy waves and the shamisen Flowing deeply into my heart and painting the night sky The beauty of the constellations Während Lenne sang, entdeckte sie Shuyin. Er saß nicht auf dem Platz, der ihm zugewiesen worden war, sondern lehnte neben einem der Besucherzugänge an der Wand. Seine Körperhaltung drückte Anspannung aus, doch seine Augen waren traurig. Noch nie hatte Lenne ihn so erlebt wie in den letzten paar Stunden. Er wirkte müde und abgespannt, doch trotzdem tobte in ihm ein Sturm. Lenne hoffte nur, dass er sie verstand. Dass er spürte, was sie ihm sagen wollte... Was sie mit Worten nicht ausdrücken konnte. Jetzt sang sie nur noch für ihn. Mit dem letzten Ton des Liedes wankte Lenne erschöpft von der Bühne. Sie hatte alles gegeben und was sie sich jetzt wünschte, was Shuyins starke Umarmung. Doch als sie hinter die Bühne trat, war er nicht da. Enttäuscht sah sie sich um. War er wütend auf sie? Ihr Betreuer kam eifrig auf Lenne zugewackelt und breitete die Arme aus. "Das war großartig! Das beste Konzert, dass du bisher gegeben hast!" Er grinste verzückt von einem Ohr zum anderen. "Hör nur, wie sie jubeln!" Doch Lenne hatte kein Ohr für die Begeisterung der Menschen. Immer noch suchte ihr Blick nach Shuyin. Ihr Betreuer redete noch eine Weile weiter, dann hielt er plötzlich inne . "Dein Freund ist vorhin gegangen", sagte er mit bemerkenswert unbeteiligter Stimme. "Ich soll dir ausrichten, dass er die Dinge in Ordnung bringen wird." Lenne stockte der Atem. "Was?" hauchte sie. Ihr Betreuer zog die Schultern hoch. "Das war alles, was er gesagt hat", murmelte er. Anscheinend hatte er gemerkt, dass etwas im Argen lag. Seine hellen Augen musterten Lenne aufmerksam. "Ist etwas nicht in Ordnung?" fragte er plump. Lenne schüttelte den Kopf. Er war sicherlich der letzte, dem sie ihre Sorgen anvertrauen würde. Leise seufzend wandte sie sich um. Bald müsste sie aufbrechen. Und Shuyin war irgendwo dort draußen und machte eine Riesendummheit. Sie konnte ihn nicht aufhalten, woher sollte sie wissen, wo er war? Woher...? Das Wissen durchzuckte sie wie ein Blitz. Natürlich! Die einzige Möglichkeit, die er sah, war Vegnagun. Er würde versuchen, den Riesen zu erwecken und Sin damit zu vernichten, damit Lenne nicht in den Kampf ziehen musste. Doch er hatte ja keine Ahnung, was er damit anrichten würde! Lenne sog scharf die Luft ein. Dann rannte sie los. Die Leute, die eben noch arglos um sie herum gestanden hatten, riefen ihr hinterher, doch das interessierte sie nicht. Sie musste gehen. Sie würden sie nicht aufhalten können. Später würde sie zur Stillen Ebene reisen, aber zuerst musste sie Shuyin aufhalten. Lenne rannte. Sie wusste nicht, ob sie es noch rechtzeitig schaffen würde, denn bereits jetzt konnte sie das Vibrieren von ungeheurer Macht unter ihren Füßen spüren. Eine diffuse Angst breitete sich in ihr aus, die das Unbehagen ersetzte, das in ihr war, seit sie Bevelle betreten hatte. Wenn sie darüber nachdachte, wie gut bewacht diese Anlage unter dem Tempel war, dann fragte sie sich, wie Shuyin es hatte schaffen können, hier einzudringen. Sie hatte wenigstens noch ihre Bestia, doch er war ganz allein. Die Gänge schienen sich endlos dahinzuwinden. Hinter sich vernahm Lenne das Rufen von Soldaten, aber immer noch weit genug entfernt, dass sie es noch rechtzeitig schaffen konnte. Hoffte sie zumindest. Es wäre einfach unfair, wenn sie jetzt - so kurz vor dem Ziel - versagen würde. Der Weg hierher war beschwerlich genug gewesen. Ein Röhren drang aus den Eingeweiden des Tempels an ihr Ohr. Sie musste ganz nah sein. Und dann sah sie ihn. Den Riesen. Vegnagun. Sie hatte viel über dieses Ungetüm gehört, doch sie hatte sich nicht vorgestellt, dass sein Anblick so schrecklich sein könnte. Es war nicht einmal die Hülle, in der eine zerstörerische Kraft schlummerte. Nein, es war das Wissen, dass Vegnagun alles Leben auf Spira auf einmal auszulöschen vermochte. Lenne schauderte. Dann erst hörte sie die Melodie. Ihr Blick wanderte hinauf und dort - in den Schatten unter der Kuppel dieses Raumes - entdeckte sie Shuyin. Das Vibrieren wurde stärker. Er würde alles zerstören. Alles, wofür sie gekämpft hatten. Sie rannte weiter. Ihr Körper war bereits so erschöpft, dass sie sich kaum noch aufrecht halten konnte, doch es war so wichtig. Als sie die Plattform erreicht hatte, von der aus man Zugang zu Vegnagun hatte, breitete sie die Arme aus. "Halt!" rief sie und sah zu ihrer Erleichterung, wie Shuyin sie entdeckte. Tränen schossen ihr in die Augen. "Hör auf!" flehte sie ihn an. "Es ist genug." Ihr Körper fühlte sich bleischwer an. Hatte sie ihr Ziel erreicht? Erschöpft schloss sie die Augen und sehnte sich danach, die Schwärze der Ohnmacht zu erreichen. Wieder hörte sie die Soldaten in der Ferne. Bald würden sie hier sein. Dann wäre eh alles zu spät. Plötzlich war Shuyin da. Sie spürte seine starken Arme und ließ sich dankbar von ihnen halten. Ihre Augen öffneten sich langsam. Sein Anblick brach ihr das Herz. Er wusste, dass es nun keinen Ausweg mehr gab. Aber immerhin würden sie sich nicht mehr trennen müssen, dachte Lenne traurig. Seltsamerweise war ihr dieser Gedanke ein Trost und sie fühlte sich nicht mehr so hilflos. Sie hätte versuchen können, zu kämpfen, aber dafür war sie bereits viel zu ausgelaugt. Shuyin öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen. Doch dann zuckte sein Blick zur Seite und Lenne folgte ihm. Die Soldaten waren da. Ganz fest presste Shuyin Lenne an sich, während ihre Verfolger die Gewehre anlegten. Verzweiflung stieg in Lenne auf. Sie dachte an das Lied, das sie ihm hatte schreiben wollen und daran, dass es nun wohl für immer unvollendet bleiben würde. Worte stiegen in ihr auf wie Tränen, doch sie konnte immer noch nicht sprechen. I couldn't say those thousand words I draw close to your wounded back And hold you Shuyins Blick ruhte kalt auf den Soldaten, dann blickte er Lenne an und sie sah Reue und Liebe in seinen Augen. Was konnte sie dem noch hinzufügen? Sie hoffte, ihre Augen würden eine ebenso deutliche Sprache sprechen und ihm zeigen, dass sie ihn mehr alles andere liebte. Und dass sie ihm verzieh. Die Soldaten luden ihre Waffen durch. Shuyin zog sie noch ein wenig enger an sich. Gleich würde es vorbei sein. Can you hear them, those thousand words? I'll send them toward your unseen back Turn them into wings Die Schüsse hörte sie kaum. Sie war versunken in seinen Augen. Nur der Schmerz, als die Kugeln ihren zarten Körper durchschlugen, riss sie schließlich in die Wirklichkeit zurück. Schwer fiel sie zu Boden, ihr Kopf schlug auf den harten Steinen auf. Schritte. Da waren irgendwo Schritte. Und Stimmen. Und... Er. Sie konnte sehen, dass er neben ihr lag. So nah. Und doch so unerreichbar für sie. Ihr Körper gehorchte ihr nicht mehr. Der Schmerz versiegte zwar, doch Kälte und Taubheit stahlen sich in ihre Muskeln. Tränen liefen ihr aus den Augen. Es war vorbei. Und doch musste sie ihn erreichen. Seine Augen... Diese wunderschönen Augen. Er versuchte, ihre Hand zu fassen. Wie lange? Sie wusste es nicht. Es wurde dunkel um sie herum. Da war ein Gesang, der sie müde machte. Shuyin? Die Musik trug sie fort ins Licht. Dort wartete etwas auf sie. Und sie hoffte, er würde es sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)