Strange Melodies von Polarstern (Atemu x Seto oder Yugi? (Gemeinschafts FF mit Kagu-chan!)) ================================================================================ Kapitel 12: Der nächste Entschluss ---------------------------------- ~~~~~~*Yugi*~~~~~~ Ein markantes Räuspern. Ich drehe meinen Oberkörper wie gelähmt herum. Blicke direkt in die braunen Augen einer Frau mit langen schwarzen Haaren: "Entschuldigung.. Könnte ich jetzt bitte endlich meine Feigen haben?" Ich starre nur weiter, bin unfähig mich zu bewegen, mir rasselt nur immer wieder der Gedanke durch den Kopf, dass sie und der Mann, der unmittelbar hinter ihr wartet, die letzten uns gebliebenen Kunden sind. Was... was habe ich bloß an mir?? Automatisch berühre ich meine Wangen.. meine Arme.. betrachte mir dann meine Hände.. Dreckig bin ich nicht.. und mein Gewand ist auch sauber.. Ehe mich mein Gehirn wieder daran erinnert, dass ich die restliche Kundschaft endlich mal zu bedienen habe, nimmt sich bereits Talib der immer noch wartenden Frau an. Ich seufze, will mich gerade um den Mann kümmern, da schüttelt er bereits ärgerlich mit dem Kopf und verlässt seinen Standort. Angsterfüllt vor Talibs Reaktion beuge ich mich vor und will noch etwas rufen, doch meine Stimmbäder fühlen sich einfach nur ausgetrocknet an, so schnappen meine Ohren noch ein gemurmeltes "Unverschämtheit!" auf, ehe ich den gehoben Arm entmutigt wieder sinken lasse. Fassungslos greife ich mir mit der Hand in die Ponysträhnen und packe sogar so fest zu, dass es bereits schmerzt. Eine Angewohnheit, die ich mir von Atemu abgeguckt habe. Was haben sie bloß alle..? Ich.. ich hab doch mein Bestes versucht!! Warum rutsche ich dann bloß wieder in die Rolle des Schuldtragenden?? Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen, während ich zurücktaumle und mein Gleichgewicht kaum noch halten kann. Stimmen.. von überall nur lauter Stimmen.. hasserfüllte, missbilligende.. verachtende... Ich wollte doch nichts falsch machen!!! Ich.. bei Ra... Tränen sammeln sich in meinen Augen, worauf ich sie energisch wegwische. Scheint in mir das Unglück zu wohnen? Konnte ich nicht wenigstens hier mein Glück ausleben, das ich gefunden zu haben schien?? Ein unterdrücktes Schluchzen kommt über meine Lippen, ehe ich Talibs Hand auf meiner Schulter spüre. Oh.. wie muss er enttäuscht von mir sein... Schmerzhaft beiße ich mir auf die Unterlippe und versuche einen nächsten Laut der Verzweiflung zu unterdrücken. Er soll nicht hören, wie sehr mich das trifft!! Doch er sagt überhaupt nichts, scheint mir bloß klarmachen zu wollen, dass.. ich an allem schuld bin? Ich bin müde.. Zuviel Last tragen meine Schultern schon, zu oft schon hat mein Herz meine Fehler und Abweisungen aushalten müssen.. Ich kann einfach nicht mehr! Ich schaue auf und kann durch meinen verschwommenen Blick die eigenen Blicke der Menschen um uns herum erkennen - wenn auch schemenhaft. Mir erscheint das alles so unwirklich.. irreal.. Sollte mein Schicksal wirklich die Einsamkeit sein? Das Tuscheln der Leute lässt mich einen weiteren Schritt nach hinten machen. Am liebsten würde ich es ihnen allen ins Gesicht schreien. Was hätten sie denn ohne mich gemacht?? Niemand von ihnen kann lesen oder schreiben! Kein einziger!! Und bloß weil kein Rückbrief gekommen ist.. bloß weil ich ihn geschrieben habe.. Deswegen gehen sie alle auf mich los? Was kann ich dafür, bei Ras Willen?? Und vor allem.. Was kann Talib dafür? Ich will nicht, dass es ihm und Hana schlecht geht, nur weil ich von den Menschen hier gehasst und verachtet werde.. Mal wieder... "Yugi... du hättest nicht so lange zögern sollen..", durchbricht Talibs Stimme nach einigen Minuten des Schweigens an unserem leeren Stand die Stille. Seine Hand ruht noch immer ruhig auf meiner Schulter, die andere streicht mir beruhigend den Rücken. Trotz allem ist seine Stimme nicht böse..? Dankbar drehe ich mich zu ihm um, will ihm sagen wie schrecklich Leid mir das alles tut, da sehe ich, dass sein Blick dagegen aber in die Ferne gerichtet ist. Es war klar, dass er nicht gerade begeistert von meiner "Aktion" ist.. "Du bist doch gekommen, um mir zu helfen... Warum hast du es dann nicht getan?" "Ich... ich.." Kein Ton kommt über meine Lippen.. seine Stimme klingt plötzlich so enttäuscht... Ich möchte nicht auch noch sein Vertrauen und seine Freundschaft verlieren!! Jedoch werde ich, teils zum Glück, teils zu meinem Bedauern, von einem kleinen Jungen unterbrochen, der geduldig vor uns steht. Ich kenne ihn - er ist der Sohn eines Stammkunden von uns. Ob er wirklich etwas..? "Guten Morgen, Talib", gekonnt scheint er mich zu ignorieren, sein eher eisiger Blick ruht bloß auf dem älteren Mann, "Ich bin gekommen, um dir etwas auszurichten.." Talib wird hellhörig, sowie auch ich. "Ahja?" Seine Stimme kratzt den letzten Rest an Höflichkeit zusammen, die er nach unserem gestrigen Erlebnis noch aufbringen kann. Irgendwie total nett, dass auch er nun eine leichte Verachtung gegenüber den Leuten hier hegt.. Als ich meinen Blick wieder zu dem Jungen hebe, der nur um ein paar Jahre jünger als ich zu sein scheint, merke ich, wie sehr ihm dies alles schwer fallen muss. Kurz sammelt er noch seine Stimme: "Jaa.. Also mein Vater.. er möchte hiermit die Schulden zurückzahlen.. Er will dir schließlich in nichts nachstehen." Vorsichtig drückt er Talib einen Sack in die Hand, der nur perplex auf den Kleineren sieht. "Wieso das? Dafür muss er dich doch nun nicht schicken, das hätte er beim nächsten Mal bei Lieferung seiner Feigen auch machen können?" "Das wird es eben nicht geben - Zumindest solange der da" Sein Finger ist auf mich gerichtet, "hier ist und bleibt." Mein Magen zieht sich zusammen - mir wird unglaublich schlecht. Der Junge kommt, um uns auszurichten, dass Talib wohl auch einen seiner letzten Stammkunden verliert bzw. verloren hat.. Das ist doch ein schlechter Scherz??? "Aber..-" Noch versucht Talib sich das alles erklären zu lassen, aber ich denke auch er weiß, wieso.. Tja, wieso wohl? Weil ICH hier bin!!! Verwirrt sieht der ältere Mann dem Jungen hinterher, danach lässt er sich mit einem Seufzen auf dem ihm nahen Stuhl sinken. Immer noch versuche ich verzweifelt zu begreifen, warum alle so gegen mich sind.. Ich konnte und kann doch auch nicht mehr tun.. Oder? "Yugi.. Ich sage das nur ungern, aber vielleicht wäre es besser..-" Ich lasse ihn gar nicht ausreden, ich will es nicht hören.. Ruckartig erhebe ich mich von meinem eigenen Stuhl, auf dem ich mich vorhin gerade gesetzt hatte und nicke bloß. Will er mich nun fortschicken? Oder nur zu Hana?? Es ist mir so ziemlich gleich... Mit einem letzten Blick sehe ich zu Talib. Er sieht mich nicht an, hat den Rücken zu mir gewand.. aber ich habe auch so schon diese Aufforderung verstanden. Ich blicke mich noch einmal hilfesuchend um, dann verlasse ich den Markt eiligst. Doch wohin nur? Nirgends fühle ich mich zuhause.. nirgends wohl und beschützt... habe ich mich das denn jemals hier? Habe ich denn jemals ein neues zu Hause gehabt, außer den Palast? Verbittert schüttle ich den Kopf, und antworte mir damit selbst. Sollte ich zurück? Aber wozu?? Um mit Verachten empfangen zu werden? Sie werden mich ja sowieso nicht wieder aufnehmen.. Jedoch wäre das wenigstens eine Gelegenheit, um Atemu wegen des Briefes zu befragen. Vielleicht hat er ihn nie bekommen?? Dann könnte ich vielleicht ihm das Problem so erklären.. Die Lage, die ich verursacht habe... Ich seufze tief. Ich erhoffe mir nicht einen Funken Verständnis von ihm, ich möchte bloß dem Dorf hier helfen - und alles wieder gut machen! Sie sollen mich nicht als Schuldigen in Erinnerung behalten, ich will einen Flecken in Kemet, wo ich mich hinflüchten kann, wenn es mir schlecht ergeht. Und dieser hier ist doch einer, wo Freundlichkeit noch kein Fremdwort ist.. Zumindest, solange man nicht das ganze Dorf zum Hungern verurteilt.. Verbittert lache ich auf und setze mich nahe einer Palme in den heißen Sand, lasse meinen Kopf darauf auf meine Knie sinken. Erst nach einer Weile bemerke ich aber, dass Ra bereits seine Vorboten auf die Nacht schickt, worauf ich mich langsam und müde auf den Heimweg mache. Ob Talib wohl wenigstens nach meinem "Rückzug" wieder ein paar Kunden mehr bekommen hat? Ich hoffe es zumindest.. Leise öffne ich die Türe der kleinen Hütte und bemerke Zähne knirschend, dass Talib bereits zurückist. Viel früher, als üblich... Anscheinend hat er seiner Frau bereits berichtet, was sich abgespielt hat, denn sie sieht mich nur mitleidig an. Ich grüße nur flüchtig und verschwinde in meine winzige Kammer zurück. Noch den ganzen Abend lang lässt mich dieser Junge auf dem Markt nicht los.. diese kalten, grauen Augen... "Das wird es nicht geben, zumindest solange der da hier ist und bleibt!", die Worte hallen ständig in meinem Gedächtnis wieder, lassen mich nicht zur Ruhe kommen. Ich kann nicht länger hier bleiben.. es zerfrisst mich!! Ich muss hier weg, muss hier weg.... weit weg... Schon wieder woanders hin? Welches Fleckchen Erde in ganz Kemet habe ich denn noch nicht aufgesucht? Okay, das ist übertrieben.. ich habe eigentlich mein ganzes Leben lang im Palast verbracht.. Der Palast! Hohe, starke, schützende Mauern.. genug zu essen.. mein Gemach... Menschen, die ich kenne, mit denen ich schon seit Jahren zusammen lebe.. Auch Atemu.. Dort wäre ich außerdem weit weg von hier... von diesen Leuten! Man sollte sie schon gar nicht mehr Menschen nennen... eher Monster! Sie stürzen sich wie wilde Tiere auf ihre Opfer und würden es am lieben mit ihren Mäulern in tausend Fetzen reißen.. Wenn sie erst einmal einen gefunden haben... stürzen sie sich auf ihn, wie die Geier! Irgendwie ist es eine gewisse Ironie... zuerst bin ich aus dem Palast davon gelaufen.. wegen meinen Fehlern und den Reaktionen von Atemu und Seto.. Und jetzt? Ich lache bitter. Jetzt laufe ich vor meinem Fluchtort aus genau demselben Grund fast wieder weg.. und zwar genau dahin zurück, wo ich herkomme! Ich wickele meine wenigen Habseligkeiten in die Decke zurück und stopfe diese in einen der mitgebrachten Körbe und mache alles für eine baldige Abreise bereit. Heute Nacht werde ich nicht mehr gehen.. Ich möchte mich erst in der Früh von dem netten Ehepaar verabschieden.. sie haben mir so viel gegeben! Ich bin ihnen wirklich viel schuldig! Außerdem.... muss ich mich auch noch entschuldigen.. und ich werde ihnen versprechen, dass ich alles wieder ins Lot rücke! Ich schlafe unruhig und auch nur leicht, so dass ich direkt von Ras ersten Strahlen senkrecht im Bett sitze, als hätte ich auf sie gewartet. Quälend werfe ich mich jedoch noch einmal zurück... Es liegt wieder diese lange Reise vor mir, fast 3 Tage! Ob ich noch mal so viel Glück habe ist fraglich.. Vor allem, da ich dieses Mal keinen Proviant bei mir habe. Außer das Abendessen von gestern Abend - ich habe es mir extra aufgehoben und dazu kommt noch das Frühstück von heute. Ich kann unmöglich nach einem Vorrat für die Reise bitten.. nicht nach all dem, was sie wegen mir über sich ergehen lassen müssen! Ich stehe schließlich auf und bekleide mich mit meinem sonnengelben Gewand, immerhin ist mein Ziel wieder der Palast. Niedergeschlagen und erfolglos kehrt der verlorene Sohn nach Hause zurück.. Ich schleiche mich durch den einzigen Hauptraum, hinter einer Abtrennung auf langen Stofffetzen höre ich Talib und Hana sich umherwälzen. Die beiden sind also schon mehr oder weniger wach.. umso besser, merken sie also direkt, dass ich gehen werde. Ich verlasse auf Zehenspitzen das Haus um Ikarus nach den etwa vergangenen 2 Wochen vom Nilufer, welches mit saftigen Gräsern übersäht ist und als Ziegenweideplatz dient, wegzuholen. Ich zäume ihn schnell und werfe ihm die Decke über den Rücken, um ihn mit vors Haus zu führen. Schnaubend lässt er es geschehen, ich streiche ihm durch die dünne, silbrige Mähne. "Es geht heimwärts Ikarus... Na, freust du dich?", flüstere ich ihm ins Ohr und lächele verloren. Vor dem Haus schnalle ich dem Hengst die gepackten Körbe wieder an und bin gerade fertig, da taucht Hana hinter mir auf. Erschrocken zucke ich zusammen, hatte ich doch so früh noch nicht mit ihr gerechnet. "Yugi... Du willst wirklich fort?", ich fahre herum und beäuge den kleinen Korb in ihrer Hand genauer. Den will sie mir doch nicht...? "Theben ist weit... du wirst Proviant brauchen. Es ist zwar nicht viel... aber hier bitte...!" Ich schüttele den Kopf: "Nein, das kann ich wirklich nicht annehmen!! Ich habe nur Schaden angerichtet!!", ein Blitzt zuckt durch meinen Körper, "aber woher weißt du..?" Hana lächelt mich an, scheint mich ermutigen zu wollen: "Du kommst aus Theben, richtig? Deine Kleidung hat uns bereits am ersten Tag verraten, dass du aus einer höheren Schicht stammst.. und wer dazu noch lesen und schreiben kann.. der kommt aus einem reichem Viertel der Hauptstadt." Ich lasse den Kopf hängen, überlege, ob ich hinzufügen soll, dass ich sogar aus dem Palast selbst stamme.. dass ich des Pharaos rechte Hand bin.. oder besser war.. Aber ich entscheide mich dagegen. Sie sollen diese Version hier glauben, sonst hätte ich mich auch direkt am ersten Tage meiner Ankunft hier zu erkennen geben können. Hana schnallt ihren Korb direkt an meinen. "Nein...", flüstere ich verzweifelt. "Doch", ertönt nun auch die dunkle Stimme Talibs hinter uns. "Es ist okay Yugi, wirklich. Habe eine gute Reise... und Ra möge dich unterwegs leiten!", wie zufällig mustert er dabei mein Gewand - es war dumm von mir, in meinen edlen Gewändern hier aufzutauchen. Natürlich trägt nicht jeder die Zeichen des Ra auf seinen Stoffen.... Welch Ironie. Doch ich habe nichts anderes in meinen Schränken. Genauso wie Atemu - auch er besitzt nur teure Stoffe... er verkörpert immerhin Horus... und ich Ra - doch ob ich das noch würdig bin? Und plötzlich kann ich nicht länger im Beisein anderer an mich halten. Ich schluchze laut auf und werfe mich aus einem innerem Impuls dem Mann um den Hals, der mich auch daraufhin umarmt. Ich fühle mich geborgen.. es gibt mir ein kleinwenig Kraft und ich nicke in der Umarmung. Es erinnert mich irgendwie an den Vater, den ich nie hatte.. "Danke Talib!", meine Stimme zittert ein wenig, aber ich versuche stark zu bleiben, "ich werde die Sache mit dem Brief in Theben richtig stellen! Und tausend Dank für das Essen und die Unterkunft... das werde ich euch nie vergessen..." Ich umarme auch noch einmal dankbar seine Frau, ehe ich mich Ikarus' Rücken schwinge. Ein morgendlicher Luftzug kommt auf und ich halte meine Nase hinein. Ich habe nicht wirklich etwas zu verlieren... habe ich doch bereits alles, was mir von Bedeutung war hinter mir gelassen. Ich schließe die Augen und der Windhauch bringt ein gewisses Gefühl der Freiheit mit sich, wenn ich an die offene, weite Wüste vor mir denke. Freiheit... und der Gedanke, nie wieder aus den Tücken des unendlichen Sandes zu entkommen ängstigt mich nicht einmal mehr. Was macht es schon, wenn ich wirklich nicht mehr zu Hause ankomme..? "Und jetzt reite Junge, wir glauben an dich!", reißt mich Talib aus meinen Gedanken zurück und gibt Ikarus einen festen Klapps auf den Po. Mein Hengst wiehert und prescht los, ich habe Mühe ihn ruhig zu halten, immerhin sind wir immer noch im Dorf auch wenn in dieser Früh gerade mal die ersten Händler aufstehen und noch kaum jemand draußen herumläuft. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)