Strange Melodies von Polarstern (Atemu x Seto oder Yugi? (Gemeinschafts FF mit Kagu-chan!)) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Und hier ist es endlich: Kagu-chans und Polarsterns allerneustes Projekt!!! Diesmal was ägyptisches.. Aber wie ihr uns kennt wisst ihr eh, dass wir nicht die 3463te Pharao-Sklaven Story aufgestellt haben! *zwinker* Und da die ein oder andere Sache mit unserem Werk "Change of Hearts" angestellt wurde, kommt hier ein dickes Disclaimer, was bitte ernst zu nehmen ist!! Autorinnen: Kagu-chan und Polarstern Disclaimer: Die original Yu-Gi-Oh Charaktere gehören Kazuki Takahashi & Co!! Die eingefügten Nebencharaktere gehören uns, genauso wie die Storyline!! *Wir ein großes ,Stehlen verboten' Schild annageln* Bitte habt Verständnis, dass wir in diese, vor allem recht langen FFs, besonders viel Mühe, Arbeit, Zeit und Phantasie gesteckt haben!! Warnung: Shounen Ai Pairing: Atemu x Yugi oder Seto?? Widmung und Anmerkungen: Gewidmet ist es allen unseren treuen Lesern und Feedback Schreibern von "COH" und der Band FF! Wobei letzteres für dieses Projekt zurückgestellt wurde. Prolog Ein Anblick des Jammers bietet sich meinen Augen während ich einen letzten Blick auf das Nilufer werfe. Hinter mir machen sich die anderen abreisebereit; schleifen sich mit letzter Kraft auf die Pferde oder verstauen die reichlichen Lebensmittel, die uns zur Verfügung stehen. Davon haben wir nun wahrlich genug... bei so wenigen Personen... Ich habe es nicht gewollt... Und doch ist alles so gekommen. Ich fühle mich elend, unendlich schuldig für das Leben all dieser Männer. Ich halte jetzt nur noch die Zügel meines Pferdes und die Niederlage in der Hand. Mein brauner Hengst tänzelt unruhig zu meiner Rechten. Die ständig aufkommenden Windstöße fahren durch seine glänzende, schwarze Mähne und werfen sie unruhig durcheinander. Sie ist das einzige, was hier noch glänzt.. Nervös schnaubt er und ich spüre, wie er einfach nur hier weg will - es wird immer schwerer ihn zu halten. Warum reagiert er so..? Er ist ein Tier, er hat keine Ahnung, was hier in den letzten Stunden wirklich passiert ist. Er weiß weder um den Tod, noch dass so viele tapfere Soldaten ihn - für mich - erfahren mussten. Ich drehe mich zu ihm, streichele meinem geliebten Tier beruhigend den Hals. "Ist schon gut Checkmate, ist schon gut..." Nein, gar nichts ist gut!! Und genau das scheint mein Hengst zu wissen, er reagiert gar nicht auf meine Worte sondern macht Anstalten loszustürmen. Er versteht mich nicht... er weiß nicht was das was er da vor sich sieht wirklich bedeutet. Er kennt nicht die Bedeutung von toten Körpern... Massen davon. Was ist es dann? Der Gestank der Leblosigkeit..? Etwa das Blut das von ihnen ausgeht..? Womit der ganze Boden übersäht ist? Die roten Rinnsale, die sich ihren Weg, das Nilufer herab, in den Fluss suchen? Unser Fluss des Lebens verfärbt sich beinahe rot von all den Opfern... Meine Seele wird krank. Leichen treiben im Wasser, werden vom Strom mit sich fortgezerrt. Sie werden ihre Frauen und Kinder nie wieder sehen. So wie alle anderen, die wir hier zurücklassen müssen... Ich zwinge mein Pferd so gut es geht still zu stehen und mit einem kleinem Schwung klettere ich gekonnt auf die violette Decke auf dessen Rücken. Aufgeschreckt galoppiert Checkmete direkt an. "Heeee!", befehle ich mit ruhiger Stimme und pariere ihn zum Schritt durch, steuere auf die wenigen Übrigen oben auf dem Hügel zu. Ich stelle mich vor die Gruppe, was sich als schwierig erweist da Checkmate einfach nicht still steht. "Seid ihr soweit? Wir können nicht länger warten!", rufe ich aus. Der Gedanke, dass diese verfluchten, die Götter verachtenden Unholde noch einmal zuschlagen werden, treibt mir den kalten Schweiß aus den Poren. Ein Mann auf einem Schimmel reitet ein Stück vor: "Ja, oh mein Pharao! Wir sollten uns beeilen!" Ich werfe einen letzten Blick auf den Rest, der von meiner einst stolzen Armee - alles freiwillige Männer, die mit mir diesen Angriff wagen wollten - und spüre noch einmal intensiv diese Spannung in der Luft. Den Druck von Angst, Hass, Verzweiflung und Rache. Ich brauche Checkmate gar nicht anzutreiben, denn sofort als ich die Zügel lockerer lasse, verfällt er bereits in den Galopp. Einige Soldaten folgen mir im gewissen Abstand, einige sind froh, wenn sie sich in langsameren Gangarten auf ihren Tieren halten können. Ich bin so verdammt wütend!! Ich bin der Pharao... Und doch habe ich auf nichts Einfluss.. wer stirbt.. wer überlebt... Dies allein entscheiden die Götter... Wieso haben wir diese Schlacht verloren? Haben wir ihnen nicht genug Opfer gehuldigt..? Ich muss mich beeilen und die Götter wieder gnädig stimmen.. Hörst du, Horus? Ich war dir immer treu ergeben!! Erweise mir diese Bitte und schütze das Leben dieser restlichen Männer... Das Reiten in diesem Tempo tut gut, ich komme schnell von diesem Ort weg und es lässt den Schmerz verblassen. Die Sonne geht unter und färbt den Nil neben uns orange. Ich lehne mich ein Stück auf dem Pferderücken vor und merke sofort, wie sich Checkmate unter mit ein weiteres Stück streckt und seine Sprünge länger werden. Kapitel 1: Die Nachricht ------------------------ ~~~~~~*Yugi*~~~~~~ Meine Wärme - und zugleich Lichtquelle auf dem Tisch, verteilt nur noch schwach ihre Helligkeit auf der Papyrusrolle, über die ich mich gebeugt halte, während ich versuche aus müden Augen zu lesen. Schon seit Stunden bleibe ich an einem Satz hängen, was wohl daran liegt, dass ich in letzter Zeit kaum noch schlafe und völlig überarbeitet bin. Sogar die einfachsten Dinge fallen mir heute unglaublich schwer. Das beste Beispiel sind die Anliegen eines Priesters, der sich hier in unserer kleinen Gruppe einfügen möchte und mir deswegen schreibt. Mir, einem einfachen Vertrauten des Pharaos und zugleich auch Cousin des Herrschers. Seit ein, zwei Wochen jedoch hat sich mein Stand geändert - ich bin nun der mächtigste Mann in Theben und das durch den eigenen Willen des Pharaos! Er überlässt mir diese Bürde, welche für ihn im Moment nicht zu schaffen ist, da unser Land in einen Konflikt geraten ist. Der Krieg der nun in Oberkemet herrscht, beansprucht seine volle Aufmerksamkeit, und zusammen mit einer Armee versucht er unsere Feinde - Römer - in Schach zu halten. Ich selbst, empfand seine Wahl bei der Anzahl seiner Truppen, ein wenig mager.. Aber darum kann ich mich nun nicht kümmern. Er übergab mir seine Aufgabe für das Volk zu sorgen und Konflikten jeglicher Art aus dem Weg zu gehen - der Jetzige reicht uns schon - solange er abwesend war. Eine Art ,Ersatzpharao' für alle und öffentlich unter dem Namen AtemRa bekannt. Ich empfinde auch tiefste Dankbarkeit für das Vertrauen, welches Atemu mir dadurch schenkt, aber in letzter Zeit wird es für mich immer schwieriger seinen Anforderungen und denen des Staates gerecht zu werden. So hart hatte ich es mir nicht vorgestellt und ehrlich, nun würde ich gerne wieder den Tätigkeiten als sein Vertrauter und Berater nachkommen. Doch stattdessen sitze ich hier und studiere dieses Blatt Papyrus - oder versuche es zumindest. Gähnend rubble ich mir die Müdigkeit aus meinen Augen - nun wird es auch noch langsam hell draußen - und wechsle nach geschlagenen zwei Minuten auf die nächste Papyrusrolle. Diesmal geht es um die Handelsabkommen einer unserer Verbündeten, was, so wie es aussieht, ziemlich wichtig scheint. Ich lege es zur Seite für später, denn auch wenn ich noch viel Arbeit vor mir habe, unausgeruht lassen sich solche Entscheidungen nicht treffen. Langsam erhebe ich mich von meinem kleinen Stuhl und bewege mich Richtung Bett, das mich schon mit seinen vielen Kissen und dem schützenden Vorhang davor zu erwarten scheint. Doch ehe ich mich richtig ausruhen und die letzten zwei Stunden Schlaf auskosten kann, klopft es zu allem Übel an meiner Tür. "Ja..?", gebe ich kraftlos von mir und hänge mir den Umhang, gerade eben ausgezogen, wieder um. Herein kommt einer unserer Priester und als hätte ich es nicht wissen müssen - natürlich Seto. "Was wollt Ihr?", raune ich ihm leise zu, um klar zu machen, dass ich meine Ruhe will. "Wissen, ob Ihr bereits alle Unterlagen durchgesehen habt, damit wir morgen beruhigt uns den Nächsten widmen können.. AtemRa.", fügt er schnell hinzu. Genervt schaue ich auf und nehme meinen Umhang wieder ab. "Wir? Ich erinnere mich nicht, dass Atemu Euch beauftragt hat, nach meinen Arbeiten zu schauen?" Seto verbeugt sich schlicht und setzt ein Grinsen auf - ich hasse ihn! "Sollte Euer Erinnerungsvermögen wegen irgendwas gestört sein, frische ich es gerne wieder auf. Der Pharao hat mich zwar nicht bis zu seiner Rückkehr auf den Thron gesetzt, aber mich beauftragt Euch trotzdem unter die Arme zu greifen. Man kann ja nie wissen." Ich stöhne nun völlig entnervt auf und mache eine Handbewegung, dass er die Unterlagen auf meinem Schreibtisch mitnehmen kann. Gleichzeitig beschließe ich auch den Schlaf für heute ausfallen zu lassen, während ich an Seto vorbeigehe - was ich brauche, ist nun ein wenig Verständnis. Seufzend komme ich an den Ställen des Palastes an und sehe, zu meinem Glück, niemanden darin. Wer geht auch schon so früh hierher..? Ich mache die kleine Stalltüre auf, worauf ich auch schon ein Getrampel hören kann und ein Pferd, das sich zu mir umdreht. Traurig lächelnd klopfe ich dem jungen Apfelschimmel auf seinen Rücken, lehne mich darauf gegen ihn. "Ich vermisse ihn so, Ikarus..", beginne ich langsam mir die Last von meinem Herzen zu reden. "Er ist noch immer nicht zurück.. Seit zwei Wochen schon sehe ich ihn nicht mehr! Ihm ist bestimmt etwas passiert... Ich hätte ihn nicht weggehen lassen sollen." Ein Schluchzen entrinnt meiner Kehle und ich vergrabe den Kopf in dem Fell des jungen Tieres. "Wieso musste es bloß so weit kommen?? ....warum geht er dorthin..." Meine Worte werden leiser und ich verfalle schließlich nur noch in ein stummes Weinen, dass Ikarus durch ein dösendes Geräusch ab und zu unterbricht. Natürlich erwarte ich keine Reaktion von ihm... Vielleicht kann er mich ja verstehen, aber das er mir dies zeigt, ist wohl eher unwahrscheinlich. Im Moment tut es aber einfach nur gut, mich an jemanden oder an etwas lehnen zu können.. Am liebsten hätte ich natürlich... Ich will lieber bei Atemu sein.. Er soll mein Zuhörer, mein Tröster sein.. mein Liebster.. Aber das Schicksal meint es nicht gut mit mir, denn er ist der Pharao von Kemet - der mächtigste Mann und auch der Wichtigste. Er hat keine Zeit für Gefühle und wenn, wieso sollte ich das Glück besitzen dürfen, ihn bei mir zu haben?? Es würde mir schon reichen, das, kaum stehe ich neben ihm, er mir einen Blick von der Seite zuwirft... Ich bin schließlich bei Ra nicht anspruchsvoll!! Wie könnte ich auch?? Aber auch das bleibt für mich ein unerfüllter Wunsch.. Ich sollte lernen mich damit abzufinden und nicht länger Träumen nachzujagen, die sich nicht fangen lassen. Das Geräusch der Türe lässt mich jedoch hochfahren, wodurch ich auch sofort meine Tränen aus dem Gesicht wische und das ,Gespräch' mit Ikarus unterbreche. Seto streift durch den Gang - wahrscheinlich wie immer auf der Suche nach mir - und entdeckt mich auch schnell an meinem Zufluchtsort. "AtemRa, es gibt neue Nachrichten!!" Ich blicke scheu auf und versuche möglichst auf den Boden zu starren, mein verheultes Gesicht ist nichts für die Augen anderer. "Ja?? Was für welche?" "Es wird Euch freuen zu hören, dass es Gute sind. Ein Bote hat die Armee des Pharaos entdeckt, welche nun auf der Rückreise sind und heute Nacht ankommen werden.." Mein Herz macht einen kräftigen Sprung. Atemu! Er kommt zurück!! Mein Lächeln kehrt für kurze Zeit zurück, wird aber durch Setos missmutigen Gesichtsausdruck zerstört. "Was ist los, Seto?? Niedergeschlagen über des Pharaos Rückkehr?!" Wut staut sich in meinem Magen auf - will er etwa das Atemu nicht wiederkommt?? Dieser hebt nur den Kopf und schüttelnd ihn darauf bedächtig, seine Hand ist zu einer Faust geballt. "Das ist es nicht, AtemRa.. Eher die Tatsache, dass es einen Hinterhalt auf unsere Truppe gegeben hat und Pharao Atemu zum Rückzug gezwungen war. Man schätzt den Verlust unserer Armee um fast 400 Männer... Der verbleibende Rest von etwa 200 scheint schwer verwundet zu sein, außerdem kommen sie äußert mühsam voran, durch diesen zusätzlichen Ballast." Alles in mir verkrampft sich augenblicklich, mir ist furchtbar schlecht. Wer sagte eigentlich das Atemu noch lebt..?? Könnte er nicht auch unter den 400 Männern sein, welche... Ich schlucke hart. "Hat man sonst noch etwas in Erfahrung bringen können?", frage ich vorsichtig, meine Stimme zittert unruhig. "Soweit ich weiß, sind das die einzigen Nachrichten, die der Bote überbracht hat. Übrigens solltet Ihr langsam an eure Pflichten denken! Ein Land regiert sich nicht von alleine.", kommt es grinsend von dem Hohepriester, worauf ich theatralisch meine Augen verdrehe. Mit einer Verbeugung verschwindet Seto wieder, was ich ihm nach kurzer Zeit gleichtue und den Stall Richtung Palast verlasse. Mein Kopf dreht sich, meine Gedanken kreisen nur um Atemu. Ist ihm was passiert..?? Ist er verletzt? Ich streiche mir nervös durch das Haar und sehe auf, als ich mich auf dem Thron niederlasse. Andererseits.. der Pharao wird immer von der ganzen Armee geschützt, schließlich ist er der Wichtigste von allen!! Er wird wieder zurückkommen.. Ich suche als Bestätigung Augenkontakt zu den Priestern, bekomme aber nur ein ansatzweises Lächeln von ein paar der Sechs. Langsam beruhige ich mich selbst wieder - es ist sicher alles in Ordnung - und widme mich den anstehenden Angelegenheiten. * Bei der Kälte und der Dunkelheit die hier nun herrscht, muss ich mich stark zusammenreißen nicht einfach gleich wegzukippen und einzuschlafen. Das einzige, was mich noch wach hält ist die Vorfreude auf Atemu, der jetzt in der Nacht mit der übrigen Armee auftauchen sollte. Ich habe mit Seto beschlossen vor den Stadttoren auf die Truppe zu warten, damit wir sie gleich empfangen können - wie er meint. Mich dagegen treibt eigentlich nur Neugierde... und Angst. Innerlich bete ich, dass Atemu unter ihnen ist, denn nun, wo die Anspannung und Wiedersehensfreude steigt, werde ich doch nervös. Meine Augen scheinen dies jedoch nicht zu teilen und fallen des Öfteren von alleine zu, ich bekomme sie nur schwer wieder auf. Auch mein Körper liegt schwer auf dem Boden, kraftlos und ausgelaugt. Ich höre, wie Seto beginnt mir etwas mitzuteilen, doch genauso wie ich ihn kaum noch verstehe, sehe ich nur noch die verschwommenen Umrisse des Priesters. Das Letzte, was zu mir durchdringt, ist der kleine Schmerz, als ich mit dem Kopf nach hinten gegen die Mauer kippe. Danach wird alles erlösend dunkel... Kapitel 2: Atemus Gemach ------------------------ ~~~~~*Yugi*~~~~~~ Ein Rascheln. Träume ich etwa noch?? Plötzliche Wärme strömt auf mein Gesicht und ich drehe mich reflexartig auf die andere Seite dieses weichen Stoffes. Meine Augen werden nur noch durch das Zusammendrücken meiner Lider gehalten, denn ich merke schon, was bevorsteht. Das grässliche, morgendliche Ritual des Aufstehens... Müde mache ich ein Auge auf und sehe Mana, wie sie in meinem Zimmer herumläuft und nun den Letzten der vier Vorhänge, zur Seite schiebt. Ich öffne schließlich auch noch mein linkes Auge vollständig und richte meinen Körper unter großer Mühe auf. Sofort dreht sich Mana zu mir und begutachtet mich schmunzelnd, was mich nur noch muffeliger macht. "Muss ich schon aufstehen..?", kommt es überflüssiger Weise von mir - eine Möglichkeit vielleicht noch eine kurze Zeit hier drin in der Wärme des Bettes zu bleiben?! Moment. Bett?? Erst jetzt realisiere ich, dass ich nicht mehr draußen bei Seto vor dem Palast, sondern hier in meinen eigenen Räumen liege. Aber wie..? Hm.. wahrscheinlich hat man mich hierher getragen.. Ich erinnere mich nicht mehr, dass ich Atemus Truppen ,begrüßt' habe. Erst die Antwort von Mana lässt mich wieder aus meinen Gedanken hochfahren. "Ja, mein Pharao, es wird Zeit für Euch! Ihr solltet nicht zu spät kommen, Priester Seto wartet bereits unten im Thronsaal mit Ungeduld auf Euch." Das junge Mädchen seufzt noch einmal, ehe sie Richtung Tür den Raum verlassen will. "Mana!! Sag mir.. ist die Armee des Pharaos bereits eingetroffen??" Ungeduldig erwarte nun ich ihre Antwort - mein Warten soll endlich ein Ende haben!! "Ja sind sie, mein Pharao. Die meisten der Überlebenden die, werden gerade medizinisch versorgt oder ruhen in den Krankenzimmern der Kaserne." "Und der Pharao?? Lebt er?", frage ich nun schon mit leichtem Zittern in der Stimme, während ich mir eilig den Gürtel umhänge. "Pharao Atemu? Ja sicher, er lebt noch. Bei ihm konnten wir, Ra sei Dank, nicht allzu schwere Verletzungen entdecken - er liegt nun in seinem Gemach und schläft sich aus. Das bedeutet aber für Euch, AtemRa, dass ihr weiterhin die Rolle des Pharaos übernehmen müsst." Ich stöhne genervt, nicke aber. Mit einer letzten Geste von mir, verlässt sie das Zimmer und ich ziehe mich fertig an. Ich muss unbedingt wissen wie es Atemu geht!! Wo ist er verletzt..? Ist es nicht vielleicht doch.. lebensgefährlich?! Man sollte ihn am besten noch einmal untersuchen! Zweimal schadet nie!! Doch eine, für mich mehr als wichtige Frage schleicht sich immer wieder hoch aus meinem Unterbewusstsein: Hat er mich vermisst?? Seufzend schüttle ich den Kopf und verdränge sie wieder gekonnt, während ich den langen Gang entlang schreite. Unentwegt werde ich dabei von Dienern seitlich angestarrt - wahrscheinlich verstehen sie nicht, wieso ich noch immer in die Pharao-Rolle schlüpfe? Doch im Moment ist mir auch das egal, ich möchte nur noch zu ihm... Mit pochendem Herzen bleibe ich vor seiner Tür stehen und starre auf das kräftige, dunkle Eichenholz. Die beiden Wachen hier im Gang, deren Aufgabe es ist dafür zu sorgen, dass der Pharao ungestört schlafen kann, betrachten mich scharfsinnig. Entscheiden sich aber offensichtlich dann dafür, mich gewähren zu lassen. Besser für sie.. Ein nervöses Seufzen entkommt meinen Lippen - wie ungeduldig habe ich hierauf gewartet... Nachdem ich leise die schwere Tür hinter mir geschlossen habe, schiebe ich den dünnen Vorhang aus weißer Seide, direkt hinter der Tür zur Seite und betrete das Gemach meines Cousins. Ebenso hell wie der Stoff ist es auch in seinem Zimmer und im Gegensatz zu manch anderem Raum auch angenehm kühl. Ich bin ja heute nicht zum ersten Mal hier.. nein, ich habe Atemu oft genug hier aufgesucht um genaustens zu wissen, wie es hier aussieht. Doch dieses Mal kommt mir der Raum ganz besondern hell vor und von den weißen Laken und dem friedlich darunter schlafendem Körper im Bett, welches zentral in seinem Gemach steht, geht eine ganz besonders faszinierende Ruhe aus. Behutsam, um auf dem kahlen, scheinbar grenzenlosen Steinboden keinen Laut fallen zu lassen, trete ich näher an sein Bett heran. Der Pharao hat die mindgrünen Vorhänge zu seinem Himmelbett offen gelassen und so kann ich direkt hineinsehen. Atemu hat sich tief unter der Decke in die Matratze gekuschelt und versteckt seinen Kopf beinahe im Inneren des Kissens. Anhand seiner Frisur, die als einzige aus all den Stoffen herauslugt, kann ich erkennen, dass er auf dem Bauch liegt. Ich lege zwei weitere Schritte zurück und ehe ich mich zur Vernunft reißen kann - da ich unseren Herrscher wirklich in Ruhe schlafen lassen sollte - haben sich meine Hüften gesenkt und ich sitze an seinem Bettrand. Innerlich seufze ich. Lächelnd betrachte ich ihn, zumindest soweit es möglich ist. Von hier aus erkenne ich, wie er seine Arme ausgestreckt und um sein Kissen geschlungen hat. Als hätte er etwas von unschätzbarem Wert in seiner Umklammerung, presst er es an sich und lässt sogar seinen Kopf darin verschwinden. Und obwohl ich mir geschworen habe, diese Art von Gedanken ein für alle mal in meine hintersten Ecke des Bewusstseins zu verbarrikadieren, wünsche ich mir wieder, er würde mich so in seinen Armen halten. In seinen schönen, starken Armen, die mich vor allem Unheil und allem Schmerz beschützen würden.. Es muss ja nicht mal hier in seinem Bett sein - bei Ra, das würde ich nicht von meinem Cousin verlangen! Aber mal so zwischendurch... irgendwo.. in einer ungesehenen Ecke..... und ich würde mich ganz eng an ihn schmiegen! Doch mir müssen wohl diese flüchtigen, freundschaftlich gemeinten Umarmungen genügen. Ich- Verdammt Yugi!! Du betreibst gerade wieder pure Selbstzerstörung, ist dir das klar? Mein Gewissen rüttelt mich wach. Ja... ja, ich weiß es doch! Ich sollte endlich aufhören, das imaginäre Messer ständig gegen mein Herz zu richten.. Auch wenn die Stiche nicht tief genug sind um lebensgefährlich zu sein... doch auch kleine Wunden bluten... Und mit der Zeit kann man auch an diesen verbluten wenn sie niemand stillt... Gleichmäßig lausche ich seiner Atmung. Ich denke nichts, mein Kopf offenbart mir Leere. Ich starre ihn einfach an und will eigentlich aufstehen und hier weg. Doch ich kann nicht, irgendwas in mir ist stärker und befielt mir einfach hier zu sitzen. Die Zeit vergeht. Nach einer ganzen langen Weile in der meine Gedanken unterschwellig wieder zu Atemu abgeglitten sind, erwache ich aus meiner Halbstarre, da er beginnt zu husten. Ich erschrecke leicht und will schon meine Hände ausstrecken, um ihn zu stützen. Den Körper aufrichten damit er besser Luft bekommt. Doch ich zucke zusammen. Ich dürfte gar nicht hier sein. Atemu wird sicher zornig wenn er merkt, dass ich seinen Wunsch, alleine zu bleiben, ignoriert habe. Aber was kann ich dafür, dass ich gerade eine höhere Machtposition habe als er..? Es war ja nicht meine Entscheidung.. So sehe ich ihn nur besorgt an und hoffe, dass er sich ohne aufzuwachen schnell wieder von selbst beruhigt. Doch kurz darauf, als sich der Husten zwar einstellt, doch der Pharao immer unruhiger in seinen Bewegungen und Atemzügen wird, überlege ich es mir anders. Auslöser, dass ich doch eingreife wird, dass sich mein Cousin von der Bauchlage auf die Seite dreht und dabei seine Decken fast wegwirft. Ich schlucke leicht, er musste sich ja genau in meine Richtung drehen... Er trägt lediglich ein für seine hohe Stellung recht einfach gehaltenes, weißes Leinengewand. Ohne auch nur einen Flecken Blut oder Erde... Frisch. Seine freigelegten, langen Beine sind sauber und von Atemus ganzer Erscheinung steigt mir jetzt erst richtig der Duft eines unserer Öle in die Nase. Pinie. Offensichtlich haben sie ihn nach seiner Rückkehr gebadet und in frische Stoffe gehüllt. Ich habe natürlich von all dem nichts mit bekommen... Ich Esel! Gerne hätte ich ihn als Erstes empfangen.. ihn begrüßt und unserem Pharao sofort stützend zur Seite gestanden. Doch es war Seto, der all dies getan hatte...... Ich beschließe tunlichst diesen Gedankengang sofort zu stoppen und werde dadurch auf das Gesicht meines heimlichen Geliebten aufmerksam. Er schläft noch, wenn auch unruhig, daran besteht kein Zweifel, doch bahnen sich jetzt stille Tränen über seine fein geschwungenen Wangen. Unaufhaltsam rinnen sie hinunter, bis aufs Laken. Mein Herz zieht sich schmerzvoll zusammen... Das allerschlimmste auf der Welt war schon immer für mich, wenn ich Atemu weinen sehen musste - direkt nach der Tatsache, dass meine Liebe wohl für immer unerwidert bleiben würde, denn mit diesem Umstand habe ich mich bereits abgefunden. In meiner Brust stechen viele kleine Nadeln auf mich ein - nein, nein bitte nicht! "Schh...sch.....Bitte beruhigt Euch..." Ich bin entsetzt, wie ausgetrocknet und heiser meine Stimme doch klingt. Ich halte es nicht länger aus und berühre ihn sacht mit dem Daumen an der Wange. Streiche ihm erst liebevoll die Tränen weg und versuche ihn dann mit streichelnden Bewegungen an der Wange zu beruhigen. Schwerfällig bewegen sich seine spröden Lippen. Er will etwas loswerden - doch außer einem dunklen, unverständlichen Gemurmel entflieht nichts seiner ebenso trockenen und verklebten Mündhöhle. Die Laute enden in einem erneuten Husten. Seine Augen bleiben geschlossen und aus einem Impuls heraus greift plötzlich seine recht Hand nach mir und klammert sich in mein weiß-goldenes Gewand. Er hat mich. Jetzt ist es sowieso zu spät.. Intuitiv beuge ich mich ein Stück vor und greife zu dem dunkelbraunen Tonkännchen auf Atemus Kommode. Werfe einen hoffenden Blick hinein. Ein Glück, das dürfte reichen! In die andere Hand nehme ich die kleine Schale mit dem erhöhten Rand und gieße das restliche, frische Wasser aus dem Krug hinein. "Hier, trinkt erst mal..", wispere ich und halte ihm die Schale hin. Keine Reaktion. "Mein Pharao..?" Doch die einzige Antwort die ich erhalte, ist ein undeutliches Gewimmer und ein paar weitere Tränen, die sich aus seinen geschlossenen Augenwinkeln lösen Habe ich mich etwa getäuscht? Schläft er doch noch..? Aber dennoch braucht er Wasser! Entschlossen greife ich nach seinem Kopf und versuche ihn, so gut es nur geht ein wenig aufzurichten und zu stützen. Was sich mit zitternden Händen als sehr schwierig erweist.. Demonstrativ halte ich ihm die Wasserschale an den Mund - der Ton nimmt einen Teil des Wassers sofort in sich auf und verdunkelt sich weiter. "Trinkt doch..", versuche ich es leicht verzweifelt weiter. Erst nach noch einer weiteren Aufforderung teilen sich seine Lippen langsam und vorsichtig kippe ich ihm das Trinkwasser entgegen. Wie erwartet schluckt er gierig. Ich beobachte wie seine Tränen versiegen und seine Augenlider beginnen zu zucken. Er ist also aufgewacht.... Mein Cousin wird nicht schreien, das tut er in der Regel nie - viel schlimmer, er wird mich seine Wut über die Störung anders spüren lassen. Ich werde mir wieder anhören müssen, wie enttäuscht er doch von mir ist... So etwas kann ich von ihm nicht ertragen. Doch widererwartend öffnen sich seine Augen nicht ganz. Sogar nur einen winzigen Spalt, den ich nicht mal richtig sehen kann, sondern nur durch das schimmernde violett zwischen seinen dunklen, langen Wimpern erahnen kann. "Scchhht, ihr werdet geträumt haben. Legt Euch wieder hin und schlaft...", meine Hände lösen sich von ihm und lassen unseren Herrscher zurück in die Laken gleiten. Mit einem der leichten Tücher aus Baumwolle decke ich ihn wieder behutsam zu. Irgendwie scheint er mir nicht völlig bei Bewusstsein. Eilig, um nicht noch mal in solch eine Situation zu geraten, stehe ich auf und entferne mich von Atemus Bett. "Schlaft nur, es ist alles ruhig.." Lächelnd betrachte ich ihn noch einmal, ehe ich die Seidentücher anhebe, die schwere Tür öffne und das Gemach meines Cousins verlasse. Ich fühle eine Leichtigkeit, jetzt wo ich weiß dass es Atemu gut geht - zumindest soweit man das sagen kann. Kapitel 3: Am Brunnen --------------------- ~~~~~~*Yugi*~~~~~~ Sein schlafendes Gesicht scheint sich, wie so vieles von ihm, in mein Gedächtnis gebrannt zu haben, denn auch als ich mit Seto ein paar Stunden später über die Erhaltung der Felder östlich der Stadt diskutiere, geht es mir nicht aus dem Kopf. "AtemRa, ist es Euch nicht wichtig, ob ein Teil der Bevölkerung nun verhungert oder nicht? Oder weshalb hört Ihr mir nicht richtig zu?!" Langsam hebe ich meinen Blick Richtung Seto, welcher auf den Stufen vor dem Thron kniet und mich wütend betrachtet. "Nicht zuhören..?", kommt es schließlich von mir leicht erstaunt. "Ihr habt mich schon richtig verstanden..", er legt seine Hand entnervt auf die Stirn und atmet tief durch, "Also was ist nun? Der Boden der Felder ist so gut wie unfruchtbar! Und um die Felder neu anzupflanzen haben wir nicht genug Zeit, auch wenn uns das wahrscheinlich mehr Nahrung einbringen würde. Andererseits geben sie noch ein Viertel der Ernte her, was unser Volk knapp vor dem Verhungern rettet.." Trotz der misslichen Lage schleicht sich ein Grinsen auf Setos Gesicht - Schadenfreude. Wie immer bin ich mit solch wichtigen Entscheidungen überfordert und wünsche mir wieder den Stand als Berater und Vertrauter einnehmen zu können.. "Wir.. wir sollten die Felder stehen lassen.. Solange nicht genug Nahrung in den Vorratskammern vorhanden ist, werden sie bleiben." Meine Unentschlossenheit lässt nicht nur alle in dem großen Saal leicht ängstlich schauen - nein, auch mich beunruhigt meine Entscheidung. Doch ich werde wieder einmal aus meinen Gedanken gebracht, als einer der Sklaven aus dem Palast vor mich tritt und mir mitteilt, dass es bereits Zeit zum Essen wird. So richtig Hunger habe ich jedoch nicht.. Eigentlich nie, nachdem ich mir die Zeit für Probleme des Volkes und der Versorgung ihrer genommen habe. Wenn ich da höre, wie schlecht es manchen geht.. das schlägt mir auf den Magen. Seufzend erhebe ich mich aus dem harten Thron und mache mich auf den Weg in den Speisesaal - die einzige Freude, dass vielleicht Atemu auch dort sein wird, lässt mich nicht umdrehen. Angekommen, lasse ich meinen Blick erstmal durch den Saal gleiten, nur um enttäuscht festzustellen, dass Atemu mir heute keine Gesellschaft leisten wird. Murrend nehme ich auf ein paar der vielen Polster um den kleinen Tisch herum Platz und stecke mir sofort missmutig eine der blauen Trauben in den Mund. Die süße Frucht heitert mich jedoch genauso wenig, wie die vielen weiblichen Sklaven um mich herum auf, im Gegenteil, ich werde nur noch genervter. Meine Hände greifen schon selbstverständlich zu dem Tablett mit den Datteln - richtiges Essen bekomme ich nun nicht herunter, obwohl der Tisch reichlich damit gedeckt ist. Argh.. ich will am liebsten meine Probleme und Gefühle einfach runterschlucken!! Erst als ein kleiner Bote den Saal betritt, bemerke ich, was ich tue und rücke ein Stück von dem Tisch zurück. Mein Magen hat für heute genug bekommen... "Mein Pharao, eine dringende Nachricht aus dem Osten ist für Euch angekommen, die keinen Aufschub duldet!" Der kleine Junge verbeugt sich ehrfürchtig vor mir, wodurch seine ungewöhnlich blonden Haare nach vorne fallen. Ich drücke die Letzte, der vielen Frauen um mich herum zur Seite und rolle das Papyrus mit leicht nassen Händen auf. Bin ich so aufgeregt? Doch was ich auf dem Papyrusblatt lese, lässt mich erstarrt inne halten. Zerstreut lese ich es mir ein weiteres Mal durch, aber auch jetzt steht noch immer dasselbe auf der gelblichen Rolle. Mir wird furchtbar schlecht.. Ich springe verzweifelt auf und versuche meinen inzwischen unregelmäßigen Atem zu beruhigen, bevor ich eiligst den Saal verlasse. Erst auf dem Gang beschleunigen sich meine Schritte und ich renne, die Papyrusrolle noch immer in meiner rechten Hand, in meine eigenen Räume zurück. Keuchend starre ich auf den leichten Vorhang, der mich noch von meinem Zimmer trennt, ehe ich ihn beiseite schiebe und eintrete. Mein ganzer Körper scheint zu zittern, während ich mich durch den großen Raum, auf den Weg zu meinem Bett begebe. Verwirrt stütze ich meinen Kopf auf meiner rechten Hand und diese auf meinen Knien ab, als ich endlich auf meiner Schlafgelegenheit zum Sitzen komme. Noch einmal rolle ich das gelbliche Blatt auf und starre entgeistert darauf.. Aber wie..?? Ich konnte sie doch gar nicht vergessen haben.. nicht DAS hier!! Ich bin mir sicher, ich habe es durchgelesen und bestätigt..! W-Wie kann so etwas also passieren? Möglicherweise.. hat der Empfänger es nie bekommen und deswegen glaubt er.. Frustriert schüttele ich den Kopf. Pff.. wie viele Ausreden werden mir jetzt wohl noch einfallen?? Wenn ich so weitermache... Atemu.. Ich lasse das Blatt fallen und fasse mir mit beiden Händen an die Stirn, nur um festzustellen, dass ich unnatürlich kalt bin. Angst... Atemu wird mich hassen, er wird mir nie wieder vertrauen, wenn er das erfährt! Wie konnte ich nur solch eine wichtige Entscheidung vergessen? WIE?? Ich bin doch sonst nicht so neben mir..!! Mit einem leichten Ruck habe ich mich erhoben und gehe nervös und auch etwas ängstlich durch das Zimmer - meine Füße bewegen sich schon automatisch hin - und her. Und Seto.. argh.. Er wird vor Freude platzen, sollte er mein Missgeschick erfahren..!! Ich werde bei Atemu keine Chancen mehr haben.. wenn ich sie denn überhaupt jemals hatte. Das ist für diesen Klotz doch die Gelegenheit! Plötzlich realisiere ich, was das für unser Volk jedoch überhaupt bedeutet. Irgendwie schien es mir gar nicht so bedeutend... aber jetzt wo es mir klar wird.. Hungersnot. Und das durch MICH. Ich bin der Auslöser, dass es dem Volk von Theben schlecht geht... Ich!! Vielleicht kommt es sogar zu einem Bürgerkrieg? Oder zum Aufstand?? Meine Lider werden immer schwerer, mein Kopf dröhnt langsam. Wie soll mir Atemu das je wieder verzeihen..?? Tränen füllen meine violetten Augen, während mein Zimmer immer mehr verschwimmt mit der Zeit. Man wird mich hassen... Alle werden sie mich verabscheuen. Schnell wische ich mir die nasse Spur jedoch von den Wangen, als ein kleiner Sklave eintritt und mich schüchtern anstarrt. "Mein Pharao.. uhm.. Pharao Atemu e-erwartet Euch in den Gärten." Ich schaue für eine kurze Zeit entgeistert zu ihm rüber - sein Stottern bringt anscheinend sogar mich aus der Fassung - ehe ich mit einem Winken den Kleinen wieder fortschicke. Atemu ist also schon wach.. er will mich sehen. Soll ich zu ihm gehen? Mein Herz schreit förmlich nach einer Zusage, doch ein Blick auf die Rolle lässt mich zurückweichen. A-aber.. eigentlich.. Ich muss es ihm doch gar nicht jetzt zeigen? Noch bin ich Pharao, der mächtigste Mann von Theben. Vielleicht schaffe ich es ja, dieses Problem zu lösen, ohne dass er etwas davon mitbekommt?! Dafür müsste ich nur noch eine zeitlang in dem Stand des Pharaos bleiben.. Zum ersten Mal empfinde ich Atemus Gesundheitszustand als nützlich, was mich jedoch ein wenig erschreckt. Ich liebe ihn doch.. Mit dieser Art von Lösung gebe ich mich jedoch größtenteils zufrieden und gehe langsam aus meinen Räumen Richtung Garten. ~~~~~~*Atemu*~~~~~~ Ich stehe an den Brunnenrand gelehnt und stütze so mein Gewicht auf diesen. Es ist Mittag, ich habe also Nacht und einen halben Tag dazu durchgeschlafen, so viel Ruhe hatte ich schon lange nicht mehr! Und trotzdem fühle ich mich noch immer so kraftlos und zerschlagen. Aber was sein muss, muss sein. Ich kann meinen armen Cousin ja nicht ewig mit meinem Amt belasten.. Ich bin immerhin Pharao dieses Landes und es wird wirklich Zeit, dass ich die Arbeit wieder auf nehme. Immerhin fühle ich mich ja schon besser, als gestern Abend. Meine rechte Hand gleitet in das frische Wasser und spielt leicht mit dem kühlen Nass. Es tut gut.. so erfrischend.. und endlich ohne Blut.. Innerlich schüttele ich den Kopf - nein, diese Gedanken dürfen nicht zurückkehren! Dankbar lächele ich, als ich wenige Sekunden später meinen Cousin neben den Sträuchern auf mich zukommen sehe. Als er unmittelbar vor mir ankommt hebe ich fröhlich die Hand aus dem Wasser und bespritze ihn ein wenig mit meinen nassen Fingern. Kommt es mir nur so vor, oder wirkt er heute besonders ernst und beklemmt..? "Hallo Yugi, schön dass Ihr hergekommen seid." Ich mustere ihn dabei ganz genau, denn dieser Eindruck, dass er sich ziemlich verspannt bewegt, will nicht weichen.. Meint er etwa, besonders gerade stehen zu müssen, weil er nun Pharao ist, genau wie ich? Ich erlöse dich gleich, Yugi... nur noch einen Augenblick diese Freiheit genießen... "Mein Pharao... Wie schön, Euch endlich wohlbehalten zurück zu sehen...", er knickst vor mir und sein gelber Umhang rutscht ihm dabei zur Seite weg, "wie geht es Euch?" Ich nicke beiläufig, um ihm zu zeigen, dass ich seine Geste zur Kenntnis genommen habe. "Danke der Nachfrage.. es geht. Ich fühle mich ziemlich müde... Aber ich habe mein Volk wahrlich lang genug im Stich gelassen." Ich lächele ihn gequält an und deute ihm dann mit meiner Hand, sich doch neben mich zu setzen. In diesem Moment weht ein kleiner Wind auf und mir steigt ein Hauch von Blütenduft in die Nase. Ich recke den Kopf leicht und schließe entspannt die Augen. Es ist Frühling - doch ich habe in den steinigen und sandigen Weiten da draußen nichts davon mitbekommen. Fast hätte ich geglaubt, all diese kleinen Freuden des Lebens nie wieder zu spüren. Der Brunnen rauscht leise vor sich hin und ich werde erst durch eine Bewegung zu meinen Füßen aus meinen verträumten Gedanken gerissen. Ich blinzele leicht, wage es nicht ganz die Lider zu öffnen. Da sitzt er vor mir, unterhalb meiner Beine, auf der Treppe, die zum Brunnen hinauf führt - sieht mich mit einem, für mich nicht wirklich deutbaren Blick an. Irgendwie wirkt er gar nicht wie immer... "Alles in Ordnung mit Euch, Yugi?" Schnell reißt er den Blick von mir, sieht auf die steinernen Stufen. Sind die denn so viel interessanter, als mich anzusehen, wenn ich mit ihm rede? Er braucht sich doch nicht vor mir zu erschrecken? Wir kennen uns doch schon ewig. Was haben wir uns, als wir jünger waren, alles für Sachen gegenseitig anvertraut.. Vor allem ich.. was habe ich damals nicht alles für einen Mist gebaut? Ich glaube Yugi ist der einzige der weiß, dass ich es vor 13 Jahren war, der Akunadin diese Schlange ins Bett gelegt hat... Sie war sowieso nicht giftig, ich wollte bloß wissen, was passieren würde! Hatte ich daraufhin ein schlechtes Gewissen!! Ich habe Yugi direkt am nächsten Morgen alles erzählt, er hat mich beruhigt. Ich streiche mir lässig eine störende, blonde Strähne von den Augen und muss unwillkürlich grinsen. Natürlich kam damals nie raus, wie die Schlange in den Palast kam! Wie peinlich wäre es für alle gewesen, dass der Kronprinz Kemets... Ich verkneife mir ein Grinsen, merke aber wie lange dies schon her ist. Und Yugi steht mir heute noch zur Seite. Ich rutsche ein kleines Stück auf dem Brunnenrand zur Seite um Platz für AtemRa, wie Yugi hier offiziell genannt wird, zu machen. Klopfe auffordernd neben mich. "Kommt doch bitte her.. oder soll ich es Euch erst als Pharao befehlen?" Ich lege den Kopf schief, grinse immer noch, aber funkele ihn mit den Augen bestimmend an. Ein Seufzer ist zu hören, ehe er aufsteht. "....Oder soll ich es dir befehlen" - greift er meinen Satz wieder auf. Ich nicke, betrachte ihn kritisch, als er sich neben mich setzt, jedoch einigen Abstand einhält. "Warum werdet Ihr wieder so förmlich, Atemu? Früher habt Ihr mich auch immer geduzt." Erstaunt schnellt eine meiner Augenbrauen nach oben. Ach stimmt ja.. bevor ich mit den Soldaten selbst in den Krieg ritt, hatten wir das Thema ja schon mal.. ich erinnere mich an- "Wir kennen uns doch schon so lange. Und wir sind Cousins, also bitte, ich stehe immerhin unter euch!" "Wenn auch nur Cousins 16. Grades!", werfe ich lachend ein, Yugi zupft unnatürlich viel an dem weißen Rock seines Gewandes herum. Seit wann stören ihn die paar Sitzfalten? Was hat er bloß? Er benimmt sich total anders als sonst - ob ich mir Sorgen machen sollte? Vielleicht hat ihn die Aufgabe, mich zu vertreten, tatsächlich zu sehr mitgenommen? Wie ich ihn kenne, hat er sich sicherlich vollkommen überarbeitet... Aber er ist gewissenhaft, das weiß ich. "Na gut, ich werde es mir merken!", bestätige ich und rutsche näher zu ihm. Seine Augen weiten sich sogar noch ein Stück und er starrt mich orientierungslos an. "Ich wollte...dir noch einmal herzlich danken!", fällt es mir plötzlich wieder ein, "ich bin erleichtert zu sehen, dass in meiner Abwesenheit alles so weiterlief wie bisher. Ich bin froh, zwei Vertraute wie euch zu haben, auf die ich mich verlassen kann. Ich hoffe, ich habe vor allem dich nicht zu sehr überlastet, Yugi?" Hektisch schüttelt er den Kopf, bekommt offensichtlich kein Wort heraus. "Wenn ja, tut es mir leid!" "Sch...schon in O...Ordnung!", stammelt er. Ich strecke die Hand aus und steuere sein Gesicht an. Yugi zuckt zurück, springt vom Brunnen auf. Langsam nervt er mich mit seiner Unruhe! Ich stehe auch auf, halte ihn ruhig am Arm fest. "Danke... AtemRa... Ab heute seid Ihr vom Amt des Ersatzpharaos erlöst." Ich greife diesmal erfolgreich nach dem goldenem Diadem mit dem Horusauge darauf, auf seiner Stirn, welches eigentlich meines ist. Ich will es ihm gerade abnehmen, da: "N-Nein!! Atemu.. ich bitte Euch! Ihr solltet Euch noch schonen! Ihr müsst erst wieder zu Kräften kommen, ehe Ihr wieder den Thron besteigt! Ich wäre bereit, euch noch 2.. oder gar 3 weitere Tage zu vertreten! Bitte... Achtet auf eure Gesundheit...." Er klingt traurig und betroffen. Seine violetten Augen flehen mich gerade zu an. Ich antworte mit einem Kopfschütteln, ehe ich ihm meine Ansicht erkläre: "Ihr habt euer Amt getan.. Verzeih, ich meine natürlich du... Es geht mir wirklich gut genug zum regieren, Danke für deine Sorge, Cousin... Ich selbst würde dein Angebot ja annehmen, wenn es nach mir ginge... Aber ich bin durch das Blut meines Vaters dazu bestimmt, der Pharao zu sein - und ich weiß nicht, wie lange das Volk einen "Falschen" in diesem Amt noch akzeptieren würde, wenn es länger als nötig ist! Es geht schon, wirklich." Gerührt von seiner Sorge ziehe ich ihm nun endgültig die Krone von der Stirn und setzte sie mir selbst wieder auf. Schwer schluckend betrachtet er mich. Ich werfe ihm scharfe Blicke zurück und prüfe noch ein Mal den korrekten Sitz meiner Pharaonenkleidung. Nun ist sie wieder komplett. Yugi fällt vor mir auf die Knie, bestarrt den Boden: "Jawohl.. mein Pharao..." "Yugi! Ich habe nicht gesagt, dass du das jetzt tun brauchst!", ich atme tief durch, "wir treffen uns in einer halben Stunde in deinem Gemach, hörst du? Ich werde jetzt reingehen und offiziell verkünden, dass ich wieder allein im Amt des Pharaos bin und ich werde mich bei Seto bedanken. Ich hoffe, ihr beide habt tatkräftig zusammen gearbeitet?" Ein bohrender Blick haftet nun auf dem Knieenden. Ich weiß auch nicht wieso.. aus irgendwelchen Gründen verstehen sich mein Hohepriester und mein Berater nicht wirklich. Dabei sind wir doch alle drei verwandt, Priester Seto ist auch mein Cousin, sogar ersten Grades! Kopfschüttelnd gehe ich an ihm vorbei, zurück in den Palast. Ich kläre die letzten Zweifel unter den Leuten über das plötzliche Wiedertragen meiner Krone und erkundige mich bei den anderen Priestern nach Seto. Sie schicken mich einstimmig nach unten in die Bibliothek, wo ich meinen Hohepriester zusammen mit Magier Mahaado antreffe. Beide Priester stehen dicht beieinander an dem großem Holztisch, direkt an der kahlen Wand gebeugt und scheinen angeregt über etwas zu diskutieren. Ich räuspere mich dezent und ein Zusammenzucken beider ist die Folge. "Pha... Pharao!!", kommt es ihnen zugleich und sie knien sich ehrfürchtig vor mich. Mit einer Handbewegung bedeute ich ihnen sich zu erheben. Ich wende mich dem Tisch zu und stemme beide Arme auf die Platte: "Worüber diskutiert ihr so aufgebracht?" Doch als ich die Landkarte ganz Kemets vor mir sehe, weiß ich es auch so schon. Ein dickes rotes Kreuz kennzeichnet die Stelle, an der ich in etwa mit meinen Truppen so hinterhältig von den Römern überfallen wurde. Um einiges weiter oben markiert ein kleineres, schwarzes Kreuz, wo wir das Lager der Feinde vermutet hatten. Bilder steigen mir in den Kopf, grausame Anblicke, angsterfüllte Augen, in blinder Panik herumlaufende Pferde die.... "Pharao Atemu, wie sollen wir als Nächstes vorgehen? Es ist zu erwarten, dass der Feind-" "Schweig!", meine klare Stimme wirft leisere Echos durch den Kellerraum. Muss Mahaado auch noch damit anfangen?! Ich setzte mich auf einen der Hocker und stemme den rechten Ellenbogen auf die Tischplatte, stütze meinen Kopf auf diese Hand. Er droht zu platzen... Alles wird zu viel.... AtemRa hatte wohl recht und ich hätte mich noch einen weiteren Tag ausruhen sollen... "Mein Pharao.. alles in Ordnung?", besorgt klingt die Stimme von Seto. Ich hebe den Kopf wieder, nicke. "Ja es geht.. Danke euch, Seto. Aber nun zu dem, warum ich eigentlich gekommen bin...." Kapitel 4: AtemRas Geheimnis ---------------------------- ~~~~~~*Atemu*~~~~~~ Ich steige die Treppen bis fast ganz nach oben, muss sogar dann noch einige Gänge durchlaufen, bis ich schließlich im östlichem Außenflügel des Palastes ankomme. Warum ich keinen Boten schicke weiß ich selbst nicht - zu groß ist einfach die Freude, sie alle gesund wieder zu sehen. Ich will sie einfach persönlich sehen! Ich klopfe zwei Mal gegen die schwere Tür, das gleiche Modell wie zu meinem Gemach. "Jaaa! Sofort!", ertönt sofort die Stimme meines anderen Cousins und ehe ich selbst die Klinke hinunter drücken kann, wird mir die Tür schon geöffnet. Ich trete ein und sehe mich erst mal kurz im Raum um. Ein unnatürlicher Duft kommt mir entgegen. Der Schnitt des Zimmers ist genau der gleiche wie bei mir, auch die Richtung zum Balkon stimmt. Meiner liegt einige Etagen unter seinem. Insgesamt ist sein Zimmer auch genauso eingerichtet wie meines: Ein riesiger Schreibtisch, ein großes Bett nur ohne jegliche Vorhänge, ein Schrank für seine Gewänder und viele, viele Skulpturen und Bilder. Aber vor allem unterscheidet sich sein Zimmer an den unzähligen Kerzen, in den verschiedenen Formen und Farben, die sich überall finden lassen. Yugi liebt Kerzen, besonders diese, welche mit Duftölen versehen sind. Schon als Kind bin ich gerne hierher gekommen und habe die Vielfalt an Düften genossen. "Was wolltet Ihr noch mit mir besprechen, oh Pharao?", reißt er mich aus meinen Erinnerungen zurück. Seine Stimme klingt bestimmter als vorhin und auch seine Erscheinung wirkt ruhiger... aber irgendwie... niedergeschlagen? Yugi bietet mir den einzigen Stuhl im Raum an, doch ich lehne dankend ab. Stattdessen setzte ich mich nach kurzem Zögern auf seine Bettkante. Ich lächele ihn vertrauensvoll an, während er nur verwirrt und unsicher im Raum herum blickt und sich schließlich selbst auf den Stuhl setzt. Springt aber sofort wieder auf: "Möchtet Ihr etwas Trinken Atemu? Ich habe Wasser hier - und eben hat ein Diener den gekühlten Tee gebracht..?" "Nein danke Yugi, ich wollte eigentlich Euch etwas anbieten." Plötzlich fällt mir seine Bitte von eben wieder ein - es ist so ungewohnt, jemanden so persönlich anzusprechen! Schnell fahre ich fort, ehe er mich korrigieren kann. "Ich erwähnte ja schon, dass ich dir sehr dankbar bin, für all die Mühen während meiner Abwesenheit. Darum sollst du auch nicht unbelohnt bleiben, ich möchte, dass du etwas als kleine Gegenleistung von mir wählst! Und bevor Ihr- du fragst... ja, du hast freie Wahl!" "W-w-was?? Belohnung??" Obwohl er sitzt schwankt er gefährlich und ich habe das Gefühl er würde wie eine Puppe gleich leblos zur Seite kippen. Ich wusste es, Yugi ist so schrecklich selbstlos. Mit Seto sind wir uns sofort einig gewesen... "Das... möchte ich nun wirklich nicht... Danke für das ehrenvolle Angebot! Nein, ich lehne wirklich.. ab.." Seine Stimme zittert, er ringt nach Worten und seine Pupillen rasen unruhig durch sein Gemach. Schließlich steht Yugi auf und klammert sich an der Stuhllehne fest. Ich kneife ein Auge ein wenig zu und beobachte ihn scharf. Irgendwie überkommt mich langsam das Gefühl, dass er mich nicht richtig ernst nimmt! Warum lehnt er sonst auf so merkwürdige Weise ab? Glaubt er, meine Worte wären daher geredet? Ich würde meine Gegenleistung nicht auszahlen??! "Cousin.. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit! Wenn Ihr euch bitte entscheiden würdet? Ich sagte doch, Ihr könnt wählen! Soll es ein Betrag an Gold sein? Oder eine Frau aus meinem Harem? Ein neuer Sklave? Sagt was!" Hektisch schüttelt er den Kopf, ich höre seinen Atem bereits bis hier hin. Ich komme mir nun wirklich vor, als würde er mich zum Narren halten wollen! Ich schlage demonstrativ das rechte Bein über mein linkes und verschränke gebieterisch die Arme. So, entweder hört er jetzt mit diesem Theater auf oder er darf mit den anderen Sklaven den Hofvorplatz fegen, man macht sich nicht über meine Angebote lustig!! Man wartet im Thronsaal auf mich! Gerade will ich ihm mitteilen, dass es mir wahrlich reicht, als er auf die Tür zutaumelt. "Ich... muss.. brauche frische Luft!! Ich komme gleich... Bitte entschuldigt, oh Pharao!" Ich reiße mein Gesicht in die Höhe, will ihm gerade befehlen zu bleiben, da knallt bereits die Tür hinter ihm ins Schloss. Zornig springe ich vom Bett auf - was bei Ra war bitte das für ein Auftritt?? Man wirft dem Pharao nicht die Tür vor der Nase zu! Ich fahre mir mit der Hand durch mein Haar, um selbst erst einmal ruhiger zu werden. Mache mir klar, dass Yugi normalerweise nicht so ist und dass er seine Gründe haben wird. Seufzend gehe ich wartend ein wenig in seinem Zimmer auf und ab. Ich schaue aus dem Fenster, der Ausblick von hier oben ist wahrlich schön. Ich steuere auf seinen Schreibtisch zu, auf dem nicht gerade ordentlich einige Papyrusrollen verteilt liegen, sowie eine Feder, ein Tintenfass, Krüge und Kerzen natürlich. Ich nehme eine der Kerzen hoch, betrachte sie. Das Wachs ist dunkelblau gefärbt und in Form einer Pyramide. Ich halte sie vor mein Gesicht und stelle fest, dass sie eindeutig nach Milch riecht. Grinsend stelle ich sie wieder zurück, ich wusste gar nicht, wie vielseitig diese Kerzen sind. Interessiert stöbere ich ein wenig auf seinem Schreibtisch herum, versuche mir so die Zeit zu vertreiben, bis mein Cousin es für nötig hält, wieder hier aufzutauchen! Ich suche mir schließlich eine Schriftrolle aus der Mitte und falte sie auf. Meine Augen huschen über die sauber geschwungenen Zeichen. Eindeutig Yugis Schrift, der den Bau einer neuen Theaterbühne auf dem Marktplatz bestätigt. Demonstrativ gähne ich, welch ein Glück, dass er mir diesen Kleinkram abgenommen hat! Ja, er verdient wirklich etwas dafür, dass er sich mit den Problemen des Volkes herumgeschlagen hat... Neugierig ziehe ich eine Schriftrolle, die besonders seitlich liegt, aus dem Stapel heraus. Schließlich habe ich ja sonst nichts zu tun, außer Briefchen lesen! Sie wären sowieso ursprünglich an mich adressiert.. also breche ich kein Briefgehe- Meine Augen weiten sich. Entsetzt starre ich auf die Worte vor mir, kann es nicht fassen! Ich lese die Zeilen noch einmal. Dann noch ein drittes Mal. Meine linke Augenbraue beginnt zu zucken. Bei Ra, DARUM war er den ganzen Tag so merkwürdig!! Aber wie kann er... wie hat er..? Zypern war uns doch sonst immer freundlich gesinnt! Und wieso hat er mir- Schritte auf dem Gang. Yugi kehrt zurück. Ruhig rolle ich das Papyrus ein, klemme es mir in den Gürtel hinter dem Rücken, so dass es zunächst von meinem roten Umhang verdeckt wird. Verschränke die Arme vor der Brust und tippe mit meiner Fußspitze ungeduldig auf den kalten Steinboden. Leise öffnet sich die Tür und mein Cousin tritt ein. Unterwürfig sieht er mich an: "Bitte entschuldigt vielmals, Pharao..." Er trägt einen Becher Wasser mit sich. Mein Blick wird kalt und ich warte zunächst wortlos auf eine richtige Entschuldigung oder besser gesagt Erklärung! Streng sehe ich von oben auf ihn herab - er macht sich sogar noch kleiner, als er ohnehin schon ist. Ich zügele meine Wut, ich muss strategisch an die Sache heran gehen! Vorsichtig kommt er auf mich zu, ich stoße einen Luftstrom durch die Nase aus. Ob er weiß, dass ich sein kleines Geheimnis gefunden habe?? Ironisch lache ich in mich hinein. Im Zimmer ist es totenstill, eine schneidende Atmosphäre liegt in der Luft. Ich will ihm seinen Fehler nicht als erster vors Gesicht schleudern, er soll selbst darauf kommen! Und genau den scheint er in diesem Moment auch zu realisieren. Er reißt seine Augen noch weiter auf, als sie ohnehin schon sind, sein Gesicht wird kreidebleich und ich kann geradezu bildlich den Strick sehen, der sich um seinen Hals wickelt, ihm das letzte bisschen Luft abschnürt, sich immer fester windet und die Übelkeit Überhand nimmt. Jetzt scheint mir der richtige Moment gekommen, ich greife hinter mich und ziehe die Schriftrolle aus meinem Gewand hervor. Halte sie zwischen uns. "Sagt, was habt Ihr Euch dabei gedacht??", frage ich kalt, kann nicht glauben, so hintergangen worden zu sein. Seine Lippen bewegen sich, doch Dank des Galgens, an dessen unsichtbaren Strick er hängt, kommt kein Ton heraus. "Warum wurde ich nicht sofort von diesem Umstand unterrichtet?", meine Stimme wird schärfer, strafender. "Ihr wolltet dieses Schreiben doch nicht so auf sich beruhen lassen?!", plötzlich fällt es mir wie Schuppen von den Augen, "deshalb wolltet Ihr also noch weitere Zeit mein Amt inne haben!! Damit Ihr das hinter meinem Rücken mit dem zyprischen Händler abklären könnt!!" Er schüttelt einfach nur hektisch mit dem Kopf. "So?? Ihr verneint??! Wie ist es dann? Wie kommt es zu diesem Schreiben!! Ich verlange sofort, dass Ihr mich ganz ins Bild setzt!" Ich merke, wie ich die aufsteigenden Emotionen immer schwerer im Griff halten kann. "I-Ich.. es war.. keine Absicht.. ich.." Seine Stimme klingt ausgetrocknet und voll von Wehmut. "Keine Absicht?? Keine Absicht?? So etwas passiert nicht einfach so!!!" Ich umklammere die Rolle fester, zerstöre sie schon beinahe, als ich sie mit meinem Arm durch die Luft fuchtele. "Klärt. Mich. Bitte. Sofort. Auf." Er nickt panisch, sucht aufgebracht nach einem Anfang. "Ich.. Der zyprische Händler hatte mir in Eurer Abwesenheit per Falken ein neues... neues Handelsabkommen vorgeschlagen! Ich hatte mich selbstverständlich sofort hingesetzt um diesem zuzustimmen! Immerhin ist er einer unserer wichtigsten Nahrungslieferanten!" "Ja, ich handele schon seit Jahren mit ihm..", zische ich dazwischen. Deute ihm dann, fortzufahren. "Ich.. weiß nicht, wie es dazu gekommen sein kann! Ich habe aufgepasst... ich schwöre es bei Ra! Aber.. irgendwie muss mir das Schreiben, in dem nichts als die Begrüßung stand, unter die fertigen Briefe geraten sein.. Ich hielt ihn wohl für einen anderen Brief, versiegelte ihn... und ließ ihn Seto mitnehmen. Er... er hat dann das leere Papyrus dem Falken umgebunden und... und.." Yugi steht kurz vor den Tränen - der fängt doch jetzt nicht noch an zu heulen?! Er sollte sich gefälligst darum Gedanken machen, wie wir dieses Antwortschreiben auf den leeren Brief jetzt handhaben!! Unser wichtigster Lieferant kommt sich durch das Versagen meines Cousins für dumm verkauft vor und ist nicht länger bereit, mit uns zu handeln!! "Und könnt Ihr mir vielleicht sagen, was Ihr getan hättet, wenn ich Euch gelassen hätte?? Ihr habt doch gar nicht die Erfahrung, einen solchen Brief zu beantworten!! Ihr hättet mein Reich womöglich noch in den Krieg mit Zypern geführt, weil Euch der König wieder missverstanden hätte!! Horus sei Dank habe ich diese Schriftrolle bei Euch gefunden!" "Pharao Atemu..", seine Stimme klingt tränenerstickt, der Satz bleibt unvollendet. Ich schüttele den Kopf: "Cousin, Ihr habt mich bitter enttäuscht! In jeglicher Hinsicht. Nicht nur, dass Euch so ein Fehler unterlaufen ist, nein, Ihr verschweigt ihn mir..." Ich stecke die Rolle seitlich in meinen breiten Stoffgürtel und steuere auf die Tür zu. "Ich muss sofort einen Brief aufsetzten und versuchen, Euer Versagen wieder richtig zu stellen. Ich will Euch für heute nicht mehr sehen - und bitte sorgt dafür, dass mich niemand in meinem Gemach stört." Ich trete aus dem Raum, die schwere Tür hinter mir zufallend. Ich folge dem langen Gang bis zur Haupttreppe. Ich dachte, ich könnte den ersten Tag in meinem Amt ruhig verbringen. Und plötzlich tut sich solch ein Abgrund auf... Dabei fühle ich mich doch schon so müde und ausgezehrt. Einem Pharao bleibt nichts erspart. Meine Schritte hallen laut in den leeren Steingängen. ~~~~~~*Yugi*~~~~~~ folgt XD Kapitel 5: Entscheidung ----------------------- ~~~~~~*Yugi*~~~~~~ Hilflos stehe ich in dem großen Raum, während sich alles um mich herum dreht, wahnsinnig schnell. Wie ein Karussell - ohne Anfang ohne Ende.. Ich.. Ich habe verloren.. Ihn verloren... Nein, ich habe alles, was ich je geschafft habe, mir erarbeitet habe.. - mit einem einzigen Schlag. Meine Beine können mich nicht mehr halten und knicken seitlich weg. Ich sitze mit zitterndem Körper auf meinen Knien am Boden, starre einfach ins Leere. In meinen Augen ist der Glanz bereits gänzlich durch Tränen ersetzt worden, die ich quälend versuche zu verdrängen. Verdammt!! VERDAAAAMMT!!! Hart schlage ich mit der Faust auf den Fußboden, ich will am liebsten einfach nur noch schreien! Ich war es! Ich habe sein Reich in die Hungersnot gestürzt und.. und ihn in die nächste schwierige Lage gebracht!! Verflucht! Reichte es mir denn nicht, dass er einen Krieg zu führen hatte? Musste ich Atemu auch noch weiter unter Druck setzten..?! Keuchend schnappe ich nach Luft, mir wird das alles einfach zu viel.. Ich wollte das nicht! Bei Ra, ich.. es war nicht meine Absicht!! "Habt d-doch.. Verständnis..." Schluchzend vergrabe ich mein Gesicht in meinen Händen und krümme mich nach vorne. Atemu.. du weißt, ich würde dir nie absichtlich schaden.. W-wieso also stellst du mich dann nun aber genau so hin? Du solltest über meine Gefühle für dich Bescheid wissen.. Man peinigt nicht denjenigen den man von Herzen liebt.. Nein. Nein... Und genauso wollte ich es auch nicht!! Es war einfach ein Fehler, eine Unachtsamkeit - ich kam nicht mehr zurecht! Ich war so müde.. hatte den ganzen Tag gearbeitet. Hätte es dir nicht auch passieren können?? Leise weine ich vor mich hin, es hat doch nun sowieso alles keinen Sinn.. Ich kann die Zeit nicht zurückdrehen. Aber selbst wenn ich es könnte - ich hätte nicht diesen Abend wiederholt. Bestimmt nicht. Ich wäre zurück in unsere Kindheit gegangen.. Du und ich hatten einmal zeitlang unbeschwert leben können, erinnerst du dich Atemu?! Wahrscheinlich nicht.. Die Gegenwart ist anders, sie ist deine Welt. Meine Hände liegen bereits kraftlos neben mir, ich habe jeglichen Antrieb verloren, irgendetwas zu tun. Diesen Fehler werde ich ewig bereuen.. ewig vorgehalten bekommen. Wie lang es wohl braucht, bis die Nachricht zu Seto gelangt ist..? Bestimmt weiß er es schon. Es wird ihn freuen von Atemu zu hören, wie sehr er mich.. hasst. Ob ich wohl nun noch im Palast leben darf?! Seto wird ihm sicher einreden, man sollte mich fortjagen, wahrscheinlich noch als einen Verräter hinstellen... Jedoch... Ich kann es ihm auch nicht verübeln. Soviel Vertrauen... Die Enttäuschung Atemus ist zu schwer, als dass jegliche andere Tat sie überwiegen könnte. Und ich kann es ihm auch nicht nachtragen.. Ich KANN nicht! Er.. er hat Recht! WAS habe ich getan? Tränen laufen wieder nacheinander über mein Gesicht, während mein Körper zitternd sich aufrichtet und endlich den ersten Schritt macht. Lass das alles doch bitte nur ein Traum sein.. Ein dummer Traum, indem ich gleich wieder aufwache und von Mana zu meinen täglichen Pflichten gerufen werde.. Ich.. ich will hier weg.. aus dem Palast, aus der Stadt, einfach nur weg!! Das einzige, was ich bin.. eine Last für alle - für Atemu. Trotz meines unsicheren Ganges schaffe ich es zu meinem Kleiderschrank, wo ich mich erst wieder auf den Boden fallen lasse und beginne das Nötigste in einen Korb zu legen. Viel Wertvolles besitze ich sowieso nicht, das meiste habe ich von meinem Cousin. Ein paar Kleidungsstücke riechen sogar noch nach ihm... Ich habe diese, seit er sie mir gegeben hat, nie angezogen. Fertig, wische ich die letzten Tränen aus meinem Gesicht und stehe wieder auf, nur um festzustellen, dass mich meine Beine heute wohl nicht mehr lange tragen werden. Wohin soll ich bloß gehen? Hier war ich immer zuhause.. hier war mein Herz zuhause. Ich liebe diese Stadt! Ihren Herrscher.. Ich muss zugeben, nur er hält mich noch hier.. Mein ganzes Bild einer heilen Welt ist bloß eine Fassade, die ich mir selbst aufrecht erhalte, nur um nicht sehen zu müssen, wie es wirklich aussieht. Die Stadt besteht aus einem einzigen quängelnden Volk, welches nach Reichtum und Macht schreit - es in die Anarchie stürzt. Aber das ist nicht nur hier so.. Ganz Kemet scheint auf einmal im Größenwahn. Atemu trifft hierbei keine Schuld, dass wissen nicht nur die Leute aus dem Palast und die nähere Umgebung. Ich schüttle bedächtig den Kopf über meine Gedanken, das ist nun nicht mehr mein Problem. Besser wäre es, wenn ich mir überlegen würde wohin ich nun gehen soll?! Meine glasigen Augen richten sich auf die Landkarte über meinem Schreibtisch und studieren sie kurz. Mir fällt das Konzentrieren jedoch um vieles schwerer als sonst, weshalb ich auch erst nach fünf Minuten den Blick abwende und mir im Geiste den Weg nach Luxor versuche einzuprägen. Fertig bepackt lehne ich mich gegen die Wand neben meiner Türe und starre noch ein letztes Mal auf mein Zimmer. So viele Erinnerungen... Vielleicht sollte ich doch bleiben? Vielleicht.. verzeiht mir Atemu doch? Verbittert gebe ich mir selbst die Antwort und schüttle den Kopf. Verlierst du jetzt auch noch den Sinn für die Realität, Yugi? -Hm... Yugi.. So angesprochen zu werden... daran werde ich mich sicher gewöhnen müssen ab jetzt. Den Namen AtemRa trage ich hier ja bereits seit Jahren.. Seufzend wende ich mich ab und schließe die Türe hinter mir - der erste Schritt meines ,neuen' Lebens. Leise mache ich mich auf den Weg zu den Ställen, wo ich angekommen, beginne meinem Pferd sein Zaumzeug anzulegen. Ich denke nicht, dass es ratsam ist zu Fuß durch die Wüste zu gehen?! "Ruhig, Ikarus..", versuche ich den Apfelschimmel zu beruhigen, anscheinend spürt auch er, dass etwas nicht in Ordnung ist. "Es ist doch alles gut.. Wir machen nur einen kleinen Ausritt, verstehst du?" Als ob er wüsste, dass ich ihn belüge, sträubt sich mein Pferd gegen meine Versuche ihn fertig zu machen. Nach weiteren Versuchen, sitze ich jedoch schließlich auf seinen Rücken, was ihn leicht erschreckend nach vorne tapsen lässt. "I-Ikarus! Schh.. schon gut.", rede ich seufzend auf ihn ein, klopfe zugleich auch auf seinen Hals, denn schließlich weiß ich wie schreckhaft er manchmal sein kann. Langsam bewege ich ihn nach vorne, hinaus aus dem Stall, wobei ich mich jedoch über die offene Stalltüre wundere. Habe ich sie etwa doch nicht geschlossen..?! Ich mache mir darüber aber nicht allzu lange Gedanken - das Bedürfnis hier wegzugehen überwiegt einfach alles.. Schweigend gehe ich auf das sich öffnende Tor zu, mein Herz beginnt durch Aufregung schneller zu pochen - ja fast schmerzhaft. Kaum bin ich aus dem Palast draußen, erstreckt sich auch schon vor mir der nun dunkelbraune Sand, was mir einen leichten Schauer über den Rücken jagen lässt. Ich kann noch immer umdrehen... Wer würde mich aufhalten? Andererseits.. wen stört es, dass ich gehe? - "AtemRa? Pharao..??" Die junge Mädchenstimme lässt mich zucken und ich drehe mich kurzerhand mit meinem Kopf auf dem Pferderücken nach hinten. Erschreckt weiten sich meine Augen. "..Mana?! Was treibt dich hierher? Und lass bitte das ,Pharao' weg..", verschmitzt lächelnd starre ich sie an, habe ich etwa laut gedacht?! "Ich.. wollte Euch etwas geben.. Da es danach aussieht, als wolltet Ihr uns verlassen..", sie seufzt tief und geht auf mich mit einem weiteren Pferd zu, welcher zwei Körbe, jeweils auf einer Seite befestigt, trägt, ".. habe ich Euch etwas zu Essen mitgebracht." Erstaunt schaue ich sie weiterhin an, während sie das zweite Tier an Ikarus versucht zu befestigen. "Du hast mir.. Essen eingepackt? Wieso?" Ihre wachen, grünen Augen sehen zu mir hoch und ein Lächeln zeigt sich auf ihrem Gesicht: "Naja.. Ihr wart immer gut zu mir. Ich hätte sicher kein gutes Gewissen dabei, Euch einfach so gehen lassen." Dankbar nicke ich - anscheinend weiß sie nicht, dass ich für immer von hier weggehe. Doch ich habe nicht mehr die nötige Zeit, um mich weiter mit ihr zu unterhalten und verabschiede mich daraufhin, nochmal dankend, bei Mana. "Beslama, Mana-chan. Sag bitte keinem, dass ich nicht mehr hier bin, solange du oder jemand anders eine Nachricht von mir erhalten hast, gut?" Ein stummes Nicken folgt, während sie betrübt mit dem Kopf zu Boden starrt. Ich schenke ihr noch eines meiner letzten Lächeln, welches ich an diesem Ort zustande bringe, ehe ich Ikarus antraben lasse und mit ihm und meinem ,Begleitpferd' den Weg nach Luxor antrete. Die Landkarte habe ich noch als grobe Vorstellung in meinem Kopf, was mich ein wenig beruhigt. Schließlich ist es nicht mein Ziel auch noch in den Genuss zu kommen, mich in der Wüste zu verirren.. Sicher folge ich dem Nil, der mich die Hälfte des Weges begleiten wird, und halte auch ab und zu, aber nur wenn es dringend nötig ist - zum Beispiel um meine beiden Pferde Wasser trinken zu lassen oder um meinen eigenen Durst zu stillen. Ich will so schnell wie möglich nach Luxor.. einfach weit weg von allem und jedem!! Erst gegen Abend baue ich mir ein kleines Nachtlager und esse etwas von den verschiedenen Obstsorten und dem Stohlen Brot, welchen Mana mir ebenfalls mitgenommen hat. Zu meinem Glück brauche ich die Pferde nicht selbst versorgen, da nahe meiner Ruhestelle ein kleiner Flecken Grün liegt, an dem sich beide satt fressen können. Müde stochere ich in dem kleinen Feuer herum und ziehe meine Decke näher an meinen Körper - die Nächte in der Wüste sind zu meinem Bedauern das totale Gegenteil des Tages: eiskalt. Meine Gedanken schweifen langsam ab, während ich die Lider meiner violetten Augen kaum noch halten kann. Ob man wohl bereits gemerkt hat, dass ich nicht da bin? Seto sicher.. Er wird mich wahrscheinlich bei Atemu nun noch schlechter machen und mich als einen Feigling darstellen, der sich vor der Verantwortung drückt. Aber es ist jetzt sowieso nicht mehr von Bedeutung, ob ich bei meinem Cousin noch Chancen habe... Wenn ich sie denn je besaß? Energisch schüttle ich meinen Kopf und krieche in das kleine Zelt, was ich mir auf die Schnelle aufgebaut habe, hinein und lege mir eine zweite Decke über den Körper. Bloß nicht mehr dran denken! Du fängst ein neues Leben an, Yugi... Ab heute sind Atemu, Seto und die anderen Vergangenheit! So wie du für sie irgendwann nicht mehr in ihrem Gedächtnis sein wirst. Seufzend drehe ich mich auf die andere Seite und lasse mich mit diesem letzten Gedankenzug vom Schlaf mitreißen. * Die morgendliche Hitze lässt mich am nächsten Tag, wie schon so oft, aufwachen - und nach mehrmaligen Einschlafversuchen, schließlich auch aufstehen. Schnell habe ich meine Utensilien zusammengesucht und wieder in den Körben verstaut, um meine Reise weiterführen zu können. Zuvor fülle ich jedoch eine meiner bereits leeren Wasserflaschen nach - noch ist erst ungefähr die Hälfte meines Weges geschafft, und solche Dinge sollte ich trotz dieser Tatsache nicht außer Acht lassen. Schnell treibe ich Ikarus im Galopp durch die Wüste, da Ra noch nicht auf der Mitte des Horizontes steht, was heißt, dass die Temperatur noch nicht ihren höchsten Grad erreicht hat und ich die Pferde ein gutes Stück Weg weiter in dem Tempo laufen lassen kann, ehe sie durch die Hitze müde werden. Nach zwei Stunden komme ich an die kleine Oase an, die auf der Landkarte verzeichnet war und biege nach meinem Gedächtnis rechts ab, was mich nun schließlich vom Nil trennt und die letzten Stunden nur durch das Ödland führt. Mein Magen beginnt sich leicht zu überschlagen - nun wird mir doch etwas unwohl, ohne jeglichen Wegweiser.. Gezielt pariere ich Ikarus in den Schritt und hole mir eine meiner Wasserflaschen hervor, um zum einen zu versuchen meine Aufregung zu stillen, zum anderen meinen ungeheuren Durst. Vorsichtig setze ich sie an meine Lippen und spüre auch gleich das die erfrischende Kühle in meinem Mund, wodurch auch mein Kopf klarer wird. Wasser hat hier wirklich eine berauschende Wirkung... Nach einer Weile, ich kann nicht genau sagen, wie lange ich nun schon unterwegs bin, beginnt mir die Hitze aber doch zuzusetzen und meine Augen werden müde, da die Trockenheit ihnen ebenfalls zu schaffen macht. Mit einem eher verschwommenen Blick richte ich sie nach vorne, meine Hoffnungen bald dazu sein, schwinden langsam. Vielleicht habe ich mich doch verirrt..? Das Wasser und die Vorräte reichen noch für gut zwei Tage, noch habe ich nichts zu befürchten. Aber wenn man die Unberechenbarkeit der Wüste bedenkt.. Nomaden könnten auftauchen!! Ich wäre verloren.. ich habe doch nicht mal ein Schwert, um mich zu verteidigen! Wahrscheinlich hätte ich doch bleiben sollen.. in einem gut gesicherten Palast, wo ich zwar verachtet - aber auch beschützt wäre. Kapitel 6: Versammlung ---------------------- ~~~~~~*Yugi*~~~~~~ Was bist du doch für ein Feigling Yugi.. Kaum läuft etwas nicht, wie du es dir vorstellst, kneifst du einfach?! Erschöpft schüttle ich den Kopf und klopfe Ikarus auf seinen Hals. "Brav machst du das.." Auch das kleinere Tier neben mir lasse ich nicht außer Acht und tätschle es an die Stellen, wo ich im Moment noch hinreiche. Wieso ist das Leben so kompliziert, so schwer? Leben selbst, ist anstrengend genug... Wofür tust du allen Menschen hier das an, Ra? Aber mich kriegst du hiermit nicht klein.. Osiris und Anubis können noch lange auf mich warten! Keuchend steige ich ab und schleppe mich im Schatten meiner zwei Pferde zu Fuß weiter. Regen... Lass es doch einmal regnen in dieser gottverdammten Wüste!! Ich schicke ein kleines Gebet an Tefnut - pure Verzweiflung spricht aus mir. Wie lange es wohl noch dauert..? Eigentlich sollte ich gleich ankommen, wenn ich der Landkarte in meinem Gedächtnis trauen kann und nicht doch einem falschen Weg gefolgt bin. Eine weitere Düne ziehe ich mich hoch, auch Ikarus wird nun müde, und stemme mich oben angekommen an meinen beiden Tieren ab. Was ich sehe lässt mein Herz gleich schneller schlagen - Bei Ra, vor mir.. Luxor!! Meine Augen weiten sich und meine trockenen Hände liegen vor meinem Mund, welcher einen erleichterten Seufzer ausstößt. Ich habe es geschafft! Die Stadt gefunden, ohne Hilfe von jemand anderem!! Freudig gehe ich die letzten 300 Meter auf die vielen Gebäude zu, während mein Herz noch immer in unregelmäßigen Stößen gegen meine Brust klopft. Angekommen... ~~~~~~*Atemu*~~~~~~ "Habt ihr ihn bereits ausfindig machen können?!" "N-Nein.. Mein Pharao, er scheint nicht mehr im Palast zu sein und auch in der Stadt glaubt keiner ihn gesehen zu haben..." Genervt tippe ich mit meinem Zeigefinger auf der Lehne meines Throns herum. "Dann lass verkünden, dass wir die Suche-" "...-Pharao Atemu?" Ich schaue auf und sehe in klare blaue Augen, die mich aus Sorge betrachten. "Seid Ihr Euch sicher, dass ihr diesen AtemRa weiterhin verfolgen wollt? Nun sind schon zwei Tage nach seinem Verschwinden vergangen, ich denke, es wäre besser, wenn wir es dabei belassen. Zu seinem Pech, hat die Wüste ihn wahrscheinlich bereits verschlungen.." Trüb starre ich geradeaus und atme tief durch, als ich spüre, wie Seto seine Hand auf meine legt und sie somit von ihrer Tätigkeit abbringt. Vielleicht hat er recht... Ich sollte die Suche endlich aufgeben und meine Soldaten wieder ihren gewohnten Tagesablauf nachgehen lassen. Yugi ist schon zwei volle Sonnenaufgänge verschwunden, er könnte überall sein! Und Kemet ist groß.. Müde schließen sich meine Augen. "Mein Pharao? Wollt Ihr Euch nicht lieber noch eine Weile hinlegen? Die letzte Nacht scheint Euch nicht genügend Schlaf mitgegeben zu haben." Wie auf Kommando öffnen sich meine, eben geschlossenen Augen wieder und starren Seto konfus an. "Wie..?", dankbar betrachte ich meinen Cousin, schüttle aber zugleich mit dem Kopf, um seinen Vorschlag abzulehnen. "Nett von Euch Seto, aber ich war bereits zu lange nicht mehr für mein Volk da.." Verschmitzt lächle ich noch einmal zu ihm hoch, was er nickend erwidert. "Wie Ihr wünscht, mein Pharao." Setos Hand legt sich ein weiteres Mal auf meine, was ein angenehmes, entspanntes Gefühl in mir hervorruft. Ich seufze. Blaue Augen mustern mich noch einmal aufmunternd, worauf ich mich schließlich zusammennehme und dem Schreiber weiter einen Brief diktiere. Das Yugi die Felder auf der östlichen Seite hat stehen lassen, ist in dieser Situation wenigstens ein Vorteil. Sie beginnen nun doch zu gedeihen, was das Volk mit den anderen Handelsgütern, die wir erhalten, noch über Wasser hält. Meine Gedanken schweifen jedoch nach einiger Zeit wieder in eine andere Richtung und meine Stimme wird ein weiteres Mal leiser. Nachdem ich den größten Teil der anstehenden Arbeit erledigt habe, schlendere ich zusammen mit Seto zum Abendessen. Ich trete zuerst in den Saal ein und wie immer verbeugt sich alles höflich. Mit einer Handbewegung veranlasse ich sie wieder zum Aufstehen, ich bin jetzt wirklich hungrig und habe anderes im Kopf. Die Liste in meinem Kopf über meine anstehenden Aufgaben wird immer länger, wobei ich froh bin, dass der Brief nach Zypern endlich rausgegangen ist! Für heute habe ich genug... doch morgen... Morgen steht diese Versammlung mit meinem Wesir, meinen Beratern, dem Anführer der Soldaten und den Priestern an! Es geht darum, wie wir nach unserer Niederlage gegen die Römer weiter verfahren. Sie belagern immer noch ein Großteil des Nildeltas! Viele Fischer wurden schon umgebracht.. und ihre Macht wächst!! Ich weiß einfach nicht mehr, was ich tun soll... fühle mich wahnsinnig überlastet... und das Verschwinden meines anderen Cousins macht mir Kopfschmerzen... es passt so gar nicht zu ihm! Ich setze mich an den besonders aufwändig verzierten Stuhl am Kopf der Tafel und lasse mir von einem Diener das Gericht, welches auf dem langen Tisch aufbereitet wurde, auf einem Teller zusammenstellen. Ein Privileg, was nur mir zuteil ist, die Priester sowie meine obersten Minister müssen sich ihre Teller immerhin selbst füllen. Mein Blick hängt auf meinem Teller fest, ich kann nicht anfangen zu essen. Mein Kopf ist vollgestapelt und neigt zum Überquellen... Ich seufze innerlich. "Atemu? Seid Ihr sicher, dass Ihr euch hier rumquälen wollt?", wieder Seto. Habe ich etwa.. aus Versehen zu laut geseufzt? Trotzdem suche ich dankbar Blickkontakt, er kann mir wahrscheinlich genau ins Herz sehen. "Ja... ja, es geht schon..", bringe ich nicht gerade überzeugt hervor. Verdammt, nun fühlt er sich sicher bestätigt!! Ich habe auch schon mal überzeugender geschauspielert... Doch... will ich überhaupt, dass er mir glaubt? Will ich ihn wirklich von mir wegschieben..? Mir gefällt der Gedanke nicht, dass mein Unterbewusstsein es darauf anlegt, Setos Aufmerksamkeit zu erregen. "Es ist wirklich alles okay. Mir macht nur unsere geplante Sitzung für morgen Sorge...", lenke ich ab. Ich nehme das frische Brot vom Teller und beiße hinein. Stochere dann in meinem Salat herum. "Ihr meint, dass ihr eine Entscheidung treffen müsst über die Zukunft Kemets." Ich zucke hoffentlich kaum merklich auf und nehme den Blick nicht von meinem Teller. Die Frage bleibt offen im Saal stehen, denn Seto weiß auch ohne jegliche Antwort meinerseits, dass er Recht hat. Schließlich wendet er sich Akunadin zu und bald darauf ist er integriert ins Gespräch der anderen Priester. Ich höre nicht zu, nehme das Mahl zuende ein und entschwinde dann auf leise Sohlen in mein Gemach zurück. Ich nehme mir ausgelaugt den schweren Halsschmuck ab und mit einem Rascheln fällt auch mein roter Umhang zu Boden. Sanft massiere ich mir abwechselnd die Schläfen und meinen Nacken, während ich mich müde zum Bett schleife. Die letzten Tage nagen wohl doch noch sehr an mir.. Vielleicht hätte ich mich doch noch ausruhen sollen?! Mit einem genervten Seufzen schiebe ich die Gedanken beiseite - ich habe schließlich Wichtigeres zu überlegen - und widme mich mehr den staatlichen Angelegenheiten... ...zumindest versuche ich es, denn drei Minuten später übermahnt mich die Müdigkeit und ich schlafe unruhig ein. * Erst das Rütteln von Seto lässt mich am nächsten Morgen wach werden, der sich mit eindringlichem Blick über mich gebeugt hat. "Pharao Atemu..?? Wollt Ihr nicht langsam wach werden?" "Uhhm...", mit einem Blinzeln und mehrmaligem Gähnen setze ich mich auf und starre auf Seto, der auf dem Bettrand Platz genommen hat. "Wie spät ist es denn?" "Die Sonne ist bereits aufgegangen! Ich dachte, ich wecke Euch nun lieber zum Frühstück und auch für die anstehenden Termine." Ich verkneife mir ein Murren und stehe langsam auf, während ich eine Augenbraue hochziehe. Termine..? Hatte ich nicht gestern schon alles erledigt??" Schnelle gehe ich im Kopf den gestrigen Tag durch - ich bin mir sicher, es gab nichts mehr zu tun! "Natürlich..", siegessicher lächle ich, ".. aber AtemRa hat Euch noch so einiges an Arbeit hinterlassen, die vor Eurer Sitzung beendet werden muss! Es bleibt nun leider an Euch hängen sie zu erledigen." Ungläubig starre ich auf den nun selbst grinsenden Braunhaarigen, worauf mein Lächeln untergeht und meine Augen trüb werden. Argh... Soll das mein Leben sein? Jeden Tag dasselbe?? Etwas fehlt doch... Entnervt knabbere ich an meiner Unterlippe - meine Wut auf Yugi steigt..!! Ich beobachte Seto mit dunkler Miene, wie er langsam auf mich zu kommt und mir seine Hände auf die Schultern legt. Für einen Moment schaue ich ihn überrascht an, als er sich hinter mich stellt, doch entspanne mich genauso schnell wieder, während ich das angenehme Gefühl genieße, welches Setos Massage hervorruft. Ein heiser Luftstoß an meinem Nacken lässt mich erst wieder hochschrecken: "Ich könnte.. Euch doch helfen?" Ich drehe mich zu dem Braunhaarigen um und schaue zweifelnd in die blauen Weiten meines Gegenübers. Natürlich.. Seto ist meinen Aufgaben vertraut und weiß auch gut, wie man das Beste herausschlagen und die geeignetste Lösung finden kann, aber doch nagt etwas Entscheidendes an meiner Antwort: Stolz. Ich kam bis vor dem Krieg immer gut mit meinen Pflichten zurecht, wieso also fällt es mir nun bloß so schwer?? Ich will keine Hilfe!!... eigentlich.. Als könnte Seto meine Gedanken lesen, reagiert er auch sogleich auf mein langes Zögern: "Ich kenne Euch sehr gut, Atemu.. Normal lehnt ihr solche Angebote ab. Aber ab und zu braucht doch jeder Mal Hilfe, oder? Auch der Pharao.." Meine Augen werden größer Seine Stimme hat etwas beruhigendes, wie ich es auch brauche, wodurch mir meine Entscheidung auch leichter fällt. Mit einem tiefen Seufzen nicke ich dem Hohepriester zu, worauf ein breites und siegessicheres Grinsen Setos Gesicht ziert. "Guuuut.. sehr gut! Ich werde sofort die nötigen Unterlagen holen, die zu besprechen sind!" Eilig verlässt er mein Zimmer, ich folge ihm seufzend mit meinen Augen. Kurzerhand greife ich nach meinem Umhang und binde ihn mir standesgemäß um. Schließlich will ich wenigstens noch als ein Herrscher aussehen, wenn ich nun schon nicht mal mehr die Pflichten von diesem erfüllen kann.. Mit einem letzten Blick auf mein Bett, wo ich eben noch gelegen habe, setze ich mich zu dem hölzernen Schreibtisch und warte auf Seto - welcher zehn Minuten später auch wieder mit einem Stapel Papyrusrollen zurückkommt. Ein Blick auf diese genügt und ich bin doch sehr erleichtert, dass ich die Hilfe von meinem Hohepriester angenommen habe. Mit einem zufriedenen Blick legt er die Papiere vor mich und zusammen beginnen wir den Morgen lang den Rest der Arbeit zu beenden. Wir werden nicht ganz fertig, da ein Bote bereits das Eintreffen meines Wesirs bestätigt. Unsere Diskussion verstummt und ungläubiges Schweigen herrscht. Ist es tatsächlich schon so spät? Was soll's, ich muss jetzt jedenfalls zuerst den guten Mann willkommen heißen. Ich stehe von meinem bequemen Stuhl auf und strecke mich kurz. "Ich treffe bei der Versammlung wieder auf Euch, Atemu", informiert mich mein Cousin noch einmal und verneigt sich vor mir, ehe er mein Gemach verlässt. Ich schnappe mir noch schnell zwei Schriftrollen von der Anrichte an meinem Bett, auf dem die wichtigsten Daten über unseren Feind zusammengefasst sind und tue es ihm eiligst gleich. Ich darf den Wesir nicht warten lassen. Gerade sitze ich wieder ordnungsgemäß auf meinem Thron, da öffnen sich auch schon die großen Flügeltüren - keine Sekunde zu früh. Kurz darauf treffen auch die anderen Männer ein, jeder ist pünktlich - kein Wunder, außer dem Wesir wohnen schließlich alle in unmittelbarer Nähe des Palastes oder wie die Priester, direkt darin. Ich eröffne den Rat und die Diener nehmen Bestellungen der Gäste über Getränke und kleine Speisen auf - in der Regel wird nur Obst gefordert. Dann führe ich die in den Konferenzraum, der bereits wie von mir angeordnet, ausgerichtet wurde. Die Tische wurden zu einem großen Kreis zusammengestellt, so dass die Akustik für jeden gleich bleibt - anders als bei einer langen Tafel. Es wurde für elf Leute gedeckt, doch wir sind widererwartend nur zu zehnt. Einer meiner Berater ist nicht erschienen. Dieser Idiot.. es war eigentlich klar, dass er auch heute nicht erscheint.. mich im Stich lässt!! Ich versuche mir meine Wut nicht anmerken zu lassen, als ich nach einem Sklaven rufe, der den elften Becher fortbringen soll, immerhin darf kein schlechter Eindruck über mich entstehen. Der Pharao ist schließlich perfekt, er ist immer gut gelaunt, muss immer ansprechbar sein, alle seine Arbeiten erledigen und für das Volk da sein. Fehltritte gibt es da keine... Schließlich hat sich die erste Unruhe gesenkt und jeder hat einen Platz gewählt. Ich gebe den zwei Sklaven im Hintergrund ein Zeichen, woraufhin sie herantreten und eine große Karte über mein Land hochhalten. Einige Markierungen wurden bereits vorab von Seto und Mahado in der Bücherei damals getroffen... na mir soll's recht sein. Ich räuspere mich noch einmal und zeige dann mit einem Holzstab auf die schwarze Markierung die den Ort zeigt, an dem wir uns gerade befinden. Theben. Kapitel 7: Im Bad ----------------- ~~~~~~*Atemu*~~~~~~ Angespannt lehne ich mich zurück an den gefliesten Rand und tauche bis zum Kopf unter. Das heiße Wasser tut guuut... Der intensive Duft der Olivenöle steigt in meine Nase und lassen mich entspannen. Ich hebe meinen rechten Arm, um mir den Schweiß von der Stirn zu wischen, den das heiße Badewasser auftreibt. Ich brauche nun Ruhe und Entspannung. Bei Ra, ich hätte nicht gedacht, dass nur neun Leute so viel Stress machen können... Zwischen Mahaado und Sabir, dem anderem Berater, entbrannte regelrecht ein Streit, ob wir in die Defensive oder Offensive gehen sollten. Ihnen schlossen sich jeweils die anderen an.. und zwei Parteien entstanden! Mahaado, Akunadin, der Wesir und der Befehlshaber der Soldaten plädierten für einen erneuten Angriff. Immerhin ließe sich noch eine ansehnliche Armee zusammenfinden... Und es gibt schließlich noch unseren unparteiischen Nachbarn Libyen und Syrien! Mein Stellvertreter bot an, einen Brief zu schreiben und um Hilfe zu bitten... Aber das kommt nicht in Frage - wenn, dann mache ich das immer noch selbst! Auch wenn ich geradezu in Arbeit ersticke... Dem Gegenüber standen Sabir, Ishizu, Karimu Seto und Shada, die einen erneuten Angriff für völlig fehl am Platz hielten. Fünf zu vier... Und ich persönlich.. ich fühlte und fühle mich immer noch.. überfordert... Alles in mir sträubte sich, mich zu entscheiden - denn auch wenn meine Meinung einen Gleichstand bringen würde - meine Stimme zählt. Was ich entscheide, wird ausgeführt. Die Meinungen standen fünf gegen vier... und da anscheinend die Mehrheit gegen einen erneuten Aufbruch ist, schließe ich mich auch ihnen an und fälle so das entschiedene Urteil: Wir werden vorerst unsere Verteidigung stärken, werden neue Kräfte sammeln und die Truppen, die in der Nähe der Römersiedlungen Wache halten abziehen und in die gefährdeten Dörfer dort in der Nähe zu stellen. Trotzdem werde ich morgen an unsere Nachbarn schreiben.. Denn früher oder später findet die finale Schlacht statt.. Ich seufze tief und winke einen Sklaven heran, deute ihm, mir die Haare jetzt zu waschen. Schließe wohlig die Augen und lasse die Massage genießerisch über mich ergehen. Irgendwie.... macht mir der Gedanke verdammte Angst... Sie könnten mich vom Thron fegen.. Mein Untergang. Vor meinen Augen entstehen Bilder, wie der Palast gestürmt wird... und- Panisch kneife ich die Augen zu, will davon nichts wissen!! Ich wünschte.. ich wäre nie Regent geworden.. Hätte ich nicht einen älteren Bruder haben können, der dies übernommen hätte..? Lauter Schwestern habe ich, die durch den Palast laufen.. Und ich war natürlich Vaters einziger Sohn... Atemu. Wie es sich gehörte der selbe Anfangsbuchstabe wie Akunumkanon. Welch Ehre... Unruhig öffne ich meine Augen, sehe allerdings nur in die verständnislosen Gesichter dieser verblödeten Sklaven.. Sie schauen mich treudoof an, bis sich einer bückt, seine Hände zur Schale formt und Wasser aus meinem Bad schöpft. In diese taucht er seine Zunge und verharrt. Ich blinzle leicht mit den Augen, sie verstehen gar nichts. Schnell greife ich ein, ehe ich sie weiter mit meiner verkrampften Körperhaltung überfordere. "Nein, das Wasser ist nicht zu heiß, es ist alles in Ordnung, niemand ist in Ungnade gefallen.." Spürbare Erleichterung geht durch die Reihen , während der Sklave hinter mir gerade die Seife aus meinen Haaren spült. Niemand, der mich versteht... Ich bin der absolute Mittelpunkt dieses Volkes, ich stamme sogar von den Göttern selbst ab! Und trotzdem.. so einsam... Die einzigen, bei denen ich bisher das Gefühl hatte, sie könnten mir in die Seele sehen waren Yugi und Seto. Wobei mich Yugi ziemlich enttäuscht hat.. Ich hätte Seto diese Aufgabe anvertrauen sollen, nicht ihm. Ich weiß gar nicht, was ich ohne meinen Hohepriester getan hätte.. Wäre er heute Morgen nicht gewesen, hätte ich mir dieses Bad jetzt nicht genehmigen können. Den letzten Rest, der noch ansteht, werde ich gleich erledigen und dann gehe ich früh zu Bett. Ich habe das Gefühl, hier gleich im warmen Wasser schon einzunicken, während die Sklaven mit feinen Schwämmen meine kostbare Haut säubern und mit Düften versehen. Anschließend lasse ich mich von ihnen in relativ einfache Stoffe, zumindest für einen Pharao, einhüllen. Dies habe ich mir irgendwie nach dem Baden angewöhnt; ein Gewand aus weißer Seide, am Kragen und an der Schulter mit goldenen Stickerein benetzt, dazu einen rubinroten Baumwollgürtel. Ich nicke meinen Bediensteten zu und verlasse meine große Badehalle. Der Weg zurück zu meinem Gemach führt mich zunächst über einen kleinen Hof, in dem die meisten Skulpturen überhaupt stehen. Die meisten von meiner Mutter. Als ich Seto, nachdem er lange Zeit außerhalb des Palastes gelebt hatte wieder zurückkehrte und frisch in meine Dienste trat, dies vor langer Zeit erklärte, verstand er es zunächst nicht. Er glaubte, diese feinen Kunstwerke würden meine Mutter zeigen, was ihn verwirrte, denn im Gegensatz zu mir kannte er meine leibliche Mutter. Ich bleibe kurz stehen und betrachte die Skulptur einer jungen Frau. Nein, sie war kein Abbild meiner Mutter - sie wurde von dieser selbst erarbeitet. Meine Mutter war eine einfache Künstlerin und lebte unter vielen anderen Frauen zusammen im Harem. Sie war zwar als vierte Frau mit dem Pharao verheiratet, doch lies dieser sie nicht im Palast wohnen. Ich habe keinerlei Erinnerungen an sie, sie verstarb, als ich gerade zwei war. Jedoch weiß ich das ein oder andere von meinem Cousin ersten Gerades; er sagte, sie solle sehr schön gewesen sein - und das von ihm zu hören ist wahrlich ein Kompliment. Grinsend verlasse ich den Hof und finde mich schon bald wieder im Haupttrakt wieder. Ich biege um die Ecke und vermeide gekonnt die Treppe Richtung Thronsaal, blicke noch einmal zurück und schwöre mir, für heute keinen Finger mehr krumm zu machen, als ich unmittelbar in etwas größeres, Hellblaues hineinlaufe. Diese Person fasst mich auch, ehe ich nachvollziehen kann, woher sie nur gekommen sein mag an den Schultern und drückt mich leicht von sich weg. "Mein Pharao? Was rennt Ihr so kopflos durch die Gänge?" Direkt an der ersten Silbe habe ich ihn erkannt - meinen Hohepriester. Sein fester Griff hält mich, seine Stimme klingt beruhigend. Automatisch entspanne ich mich wieder. "S-Seto?? Ich sollte eher dich fragen, warum du durch die Gänge hier unten an meinem Gemach rumschleichst??" Leise lache ich. Seine tiefblauen Augen blitzen auf. "Ich.. habe bloß Priester Mahaado geholfen seine Schülerin aufzutreiben! Diese streunt durch den Palast - nicht ich", stellt er richtig. "Mana ist verschwunden?!", wiederhole ich verwundert. "Scheint so.. Ich verstehe jedenfalls nicht, was sich der Magier so Arbeit mit der Kleinen macht.. das Letzte was sie fertig gebracht hat, war den Sklaven in der Küche auf unglaubliche Weise mit dem Abwasch nach einem Eurer gegebenen Feste zu helfen.. ." "So?", frage ich neugierig und versuche mich an diesen Vorfall zu erinnern. Doch nichts dergleichen will in meinem Gedächtnis auftauchen. "Mir ist davon soweit nichts bekannt..? Aber berichte mir gleich darüber, Seto. Komm doch mit in mein Gemach, dort können wir ungestört reden. Mahaado wird Mana schon finden und wenn nicht, ist es Manas eigene Schuld, wenn sie die Geduld ihres Lehrers so auf die Probe stellt. Niemand zwingt meine Priester, Lehrlinge auszubilden. Im Gegenteil - ich könnte es ihm sogar verbieten..", grinse ich selbstsicher und schlage den Weg voraus in meinen Raum ein. Seto schweigt derweil, er mag es nicht zu hören, wie viel tiefer er gestellt ist als ich. Und genau das gefällt mir genaugenommen besonders an ihm.. Er ist keiner der Anderen, die zu jedem was ich sage ,Ja' und ,Amen' erwidert. Er gibt mir diesen speziellen Reiz... Wir kommen in meinem Gemach an und als Erstes beauftrage ich einen Diener, uns eine große Karaffe Wein mit zwei Bechern zu bringen, stelle mich auf einen interessanten Abend mit angeregter Unterhaltung ein. Ich biete dem Hohepriester meinen Schreibtischstuhl an, den er dieses Mal dankend annimmt und ich lege mich seitlings zu ihm aufs Bett und stütze meinen Kopf auf meinen angewinkelten Ellenbogen. Er zieht den Stuhl ans Bett und verneigt sich leicht im Sitzen, zieht dabei seinen Hut ab und stellt ihn sich auf den Schoß. "Also, was war nun mit Mana und der Küche..?", nehme ich das Gespräch von eben wieder auf. "Sie wollte den unter ihr Gestellten offenbar zeigen, was sie bereits alles gelernt hat. Ich stand nur zufällig nicht weit entfernt... Ich muss zugeben... auch mich hat die Neugierde gepackt und ich habe mich in einiger Entfernung dazugestellt und die Szene beobachtet. Das Mädchen war eine Blamage, mein Pharao!" In diesem Moment taucht der Diener mit einem riesigem Krug und einem Tablett schwerbeladen wieder auf. Ich will aufspringen, ehe er etwas fallen lässt, doch Seto ist schon zur Stelle. Er nimmt dem Träger seine Last ab und ordnet alles sorgfältig auf meinem Nachttisch an. "Warum besorgst du dir nicht eine Hilfe?!", zischt er dabei und der junge Mann verneigt sich zutiefst: "E-Entschuldigt! K-keiner hatte.. wollte-" "Es ist gut... Bitte verlasse jetzt mein Gemach", winke ich ab und halte bereits Seto meinen Becher hin. "Augenblicklich! Horus sei mit Euch!" Ich verdrehe die Augen. Widme mich dann meinem Wein und leere genüsslich den Goldkelch. "Und was passierte dann?", frage ich interessiert. "Also Mana wollte wie gesagt den Sklaven beim Abwasch helfen, denn diese hatten gerade mal die Hälfte geschafft. Stattdessen ging ihr komischer Hokuspokus nach Hinten los und wirklich alle Teller füllten sich mit matschigem Nilschlamm! Ihr könnt euch ja gar nicht vorstellen, was das für eine Sauerei gegeben hat!! Mana meidet bis heute die Küche komplett..." Irritiert sehe ich Seto an, kann aber nicht verhindern, dass sich meine Lippen zu einem amüsierten Schmunzeln nach oben verziehen. Ich leere meinen Becher erneut und fülle mir nach. "Und wieso wurde ich nicht von diesem Vorfall unterrichtet??" "Nunja...", ich spüre Setos Blicke, die über meinen Körper wandern, meine Beine hinab und mich durchfährt ein wohliger Schauer, so interessiert gemustert zu werden, bis er meinen Blick schließlich hastig wieder fixiert, "ich habe sofort eingegriffen und dieser Chaosstifterin ordentlich die Leviten gelesen! Anschließend bat sie mich, Euch nichts zu erzählen, ihr sei es wahrlich unangenehm genug. Ich habe mich nur daran gehalten, da ich Euch nicht mit solchen Kleinigkeiten belästigen wollte." Auch er schenkt sich wieder etwas von diesem edlem Tropfen nach. Ich muss sagen, es kommt nicht sonderlich oft vor, dass ich mit jemandem mein Gemach zu einem privaten Schwätzchen teile, aber es ist wirklich interessant. Besonders Setos Ausstrahlung gefällt mir hierbei. Ich bewundere seine energische Art und er scheint immer genau zu wissen, was er will. "Wie sieht es eigentlich mit der Theateraufführung morgen Mittag hier im Palast aus? Wirst du es dir ansehen? Meine Anwesenheit ist ja leider Pflicht..", frage ich schnell, um mir nicht anmerken zu lassen, wie genau ich seine Bewegungen verfolge. Nehme dann schnell wieder einen Schluck aus meinem Kelch - es stimmt ja auch, wirklich Lust mir das morgen anzusehen, habe ich nicht. "Ich denke nicht..", antwortet er zu meiner Enttäuschung, "Warum habt Ihr auch dieser bürgerlichen Gruppe erlaubt, im Palast zu spielen??!" "Naja..", seufze ich, "Warum hätte ich es verbieten sollen? Sie stören ja nicht und für einige hier wird es sicher eine nette Abwechslung sein... Nur ich muss sie willkommen heißen.. Und es wäre eine Beleidigung, wenn ich danach wieder gehen würde.. Aber ich habe gar nicht die Lust und die Zeit für ein Theaterstück.." "Ich weiß", grinst Seto schadenfroh und gerade will ich mir wieder nachgießen, da finde ich die Karaffe bereits leer vor. Überrascht setze ich mich auf und hebe eine Augenbraue. Seit wann trinkt der so viel? Kopfschütteln stehe ich auf und nehme das Gefäß mit. "Ich bringe uns neuen mit", versichere ich und mache mich daran, mein Zimmer zu verlassen. "Pharao?? Wieso lauft Ihr selbst?", kommt es verständnislos von meinem Hohepriester, dessen Stimme den Alkohohlkonsum bereits verrät. "Ich schicke auch gleich einen Diener. Ich selbst werde einen anderen Ort aufsuchen, ich habe zu viel Flüssigkeit im Körper!", grinse ich zurück. Als ich wiederkomme bemerke ich anhand eines fröhlich vor sich hin trinkenden Setos, dass der Diener schneller war, als ich. "Hey, gieß mir gefälligst auch etwas ein!", befehle ich eher zum Scherz und eile durch meinen prunkvollen Raum zurück zu meinem Bett. Dabei verfängt sich mein linker Fuß in einer Ausstülpung des Teppichs und ich verliere das Gleichgewicht. Rudere noch kurz hektisch mit den Armen, ehe ich schon mal die Augen schließe und mich auf eine nähere Bekanntschaft mit dem gefliesten Boden freue. Doch in letzter Sekunde reißt mich etwas am Arm, zieht mich zur Seite und verhindert so meinen Sturz. Das lange Gewand meines Hohepriesters umgibt mich und ich finde mich halbwegs in seinen Armen wieder. "Danke..", keuche ich überrascht, dass er so schnell reagiert hat. "Keine Ursache, Cousin", flüstert er zurück. Ich weiß nicht wieso, aber einem inneren Impuls nach schmiege ich mich näher an ihn. Mindestens ebenso überrascht legt er seine Arme um mich. Ich fühle mich geborgen... er hält mich fest.. Gebannt starre ich in seine Augen, die mich mit undefinierbaren Blicken mustern. Kommt es mir nur so vor.. oder.. senkt er... kommt er... Ich versuche darüber nachzudenken, ob ich mich wirklich darauf einlassen soll, ob es kein Fehler wäre und ob es wirklich das ist, wonach ich mich sehne. So viele Fragen schießen plötzlich in mir auf, wollen mich warnen! In diesem Moment berühren auch schon seine Lippen die meinigen. Ganz zart beginnt er mich in einen Kuss zu verwickeln. Und ich schlucke alle meine Zweifel mit einem Mal hinunter. Kann ich denn nicht einmal etwas genießen, ohne dass mir Ungewissheit durchs Hirn spukt?? Ohne dass mich irgendwelche Gedanken an einen Fehlentschluss plagen? Ich bin der Pharao! Ich bin göttlich, ich mache keine Fehler! Und trotzdem bin ich menschlich... und das ist es, was ich nun brauche... Ich gebe mich seinem Kuss hin, der sich auch größtenteils durch mich aufheizt. Es ist meine Zunge, die sich immer und immer wieder gegen ihn verteidigen muss und doch Mal um Mal den Sieg davon trägt. Bis er mich schließlich an der Hüfte packt und mich auf seine Arme hebt. "Seto..!", keuche ich erschocken und meine Atmung geht heftig. Er trägt mich zum Bett, legt mich darauf auf den Rücken. Seine linke Hand legt sich um meinen Hals und fährt diesen intensiv hinunter... dann über die Schultern.... zieht mir dabei mein weißes Leinengewand ein Stück weit nach unten. Diese Berührungen wecken dieses gewisse Feuer in mir, das schon zu lange tief in mir drinnen auf Sparflamme knistert. Meine rechte Hand legt sich in seinen Nacken und streicht ihm kurz durch den Haaransatz, ehe ich ihn zu mir hinunter drücke und ich dieses Mal derjenige bin, der seine Zunge herausfordert. Lasse ihn jedoch extra gewinnen und schließe genüsslich die Augen, als er meine Mundhöhle erkundet. Schwer atmend lösen wir uns voneinander. Ich öffne ihm mit zwei schnellen Klicks den blauen Umhang von den Schultern, damit er sich freier bewegen kann. Im Gegenzug wandern seine Hände bereits zu meinem tiefroten Gürtel. Ich seufze gelassen daher. "Heute Nacht seid Ihr mein, Atemu..." Ich beantworte ihm diese Aussage mit einem Lächeln. Ja.... Warum eigentlich auch nicht? Kapitel 8: Wenn alles anders kommt... ------------------------------------- ~~~~~~*Yugi*~~~~~~ Keuchend schleppe ich den schwerbeladenen Obstkorb zum dritten Mal in Richtung des großen Standes vor mir, während man von irgendwo her das Geschrei eines Verkäufers wahrnehmen kann. Ich stelle den Behälter vor dem inzwischen übelriechendem Gemüse ab und sehe mich kurz um, ehe ich mit dem Einräumen beginne. Jaa... der ehemalige Vertraute des Pharaos ist nun Markthilfe... Ich hätte eigentlich nicht einmal geglaubt, dass man mir so schnell überhaupt eine Arbeit anbietet, aber ich hatte Glück. Ein nettes Ehepaar, welches diesen Marktstand betreibt, hat mich kurz nach meiner Ankunft hier aufgenommen und mir auch gleich meinen Schlafplatz gesichert, sollte ich weiter bei dem Geschäft hier aushelfen. Und trotz der für mich ungewohnten, harten Arbeit, versuche ich sie so gut ich kann zu verrichten - ich will nicht noch einmal versagen... Mit einem Seufzen setze ich mich wieder in Bewegung, den leeren Korb in meinen Händen, und gehe den Weg zu der Vorratskammer ein weiteres Mal, wo ich den letzten Nachschub für heute hole. Das Ehepaar, bestehend aus Hana und Talib, weiß selbst nicht, dass ich einmal der Vertraute und Berater des Pharaos persönlich war, sonst hätten sie mich wahrscheinlich auch nicht arbeiten lassen oder dergleichen. Ich habe es vorgezogen lieber ein normales Leben zu beginnen und den Menschen genau so zu begegnen, sie wirklich kennen zu lernen und nicht von einem Schein getäuscht zu werden, der sich meines Standes wegen Preis gibt. Ich habe dies ja schon immer gehasst... Vor allem wenn man dem Pharao so nah steht und ihm bei seiner Arbeit hilft, merkt man, was das Volk alles anwendet, um an ihr Ziel zu kommen.. Es gibt so viele Betrüger - Menschen die einen bloß ausnutzen und ausschöpfen wollen, bis man am Ende ist. Zumindest hatte ich das Gefühl bei Atemu selbst oft.. er sah meistens ohne meine Hilfe nicht durch diese Fassade, trotz seiner Stärke und seinem Willen. Nachdenklich stelle ich den Korb auf den Boden vor dem Vorratslager ab und lasse mich dann an der nächstgelegenen, schattigen Wand hinuntersinken. Auch jetzt noch kommen Schuldgefühle in mir auf - vielleicht habe ich zu voreilig gehandelt? Es war unklug von mir ohne ein eindeutiges Gespräch mit Atemu einfach so zu verschwinden... Obwohl ich eigentlich nicht glaube, dass er nicht bereits einen Neuen - auch Besseren - für meine alte Arbeit gefunden hat. Bestimmt geht es ihm wieder gut und er hat sich auch gänzlich erholt. Aber wie es wohl mit den neuen Plänen bezüglich des Krieges nun aussieht..? Ob sie schon eine neue Strategie entwickelt haben, um die Einheiten Roms aufzuhalten? Ich schaue auf und wische mir den Schweiß von meiner Stirn, inzwischen ist es Gott sei Dank etwas kühler geworden - die Nacht kündigt sich an. Müde gehe ich in die kleine Kammer und lade das letzte Gemüse hinein, mache mich dann wieder auf den Weg zu Talib, der bereits auf mich wartet. "Na Yugi, das letzte Mal, dass du heute dein Kreuz belasten musst?", lächelt er mich an und auch wenn ich weiß, dass seine Frage eher eine Feststellung war, nicke ich zufrieden zurück. "Wir machen dann in einer Stunde Schluss, also sei bitte hier, damit ich dich nicht unnötig suchen muss." Mit einem weiteren Nicken räume ich den Rest des Gemüses ein, während Talib sich mit einem Kunden beschäftigt. Oft erzählt mir der ältere Mann, wie stark sich die Einnahmen hier erhöht haben, seit ich angekommen bin - ein Glückstreffer. Natürlich.. Sie wissen nichts über meinen entscheidenden Fehler, mit dem ich fast das Volk von Kemet ausgelöscht hätte, also widerspreche ich ihnen auch nicht. Ich denke, es ist auch besser so, da ich nicht will, dass sie ihre gute Bindung zu mir abbrechen. Vielleicht würden die beiden mich sogar hinauswerfen, was ich nun wirklich nicht gebrauchen kann.. Ich lasse mich nahe dem Stand wieder auf den Boden fallen, um Talib im Auge behalten zu können. Das Gesicht verziehend, massiere ich mir meine schmerzenden Beine genauso wie die Schultern, schon lange habe ich so etwas nicht mehr gespürt. Das Palastleben war ja wesentlich angenehmer, das muss ich zugeben. - Was aber nicht heißt, dass ich irgendwann wieder dorthin zurückkehren werde!! Nein.. Ich habe mir seit meiner Ankunft hier geschworen, dass ich das durchziehen werde! Ich kann nicht immer willensschwach und unsicher bleiben. Nun muss ich stur sein und mich selbst dazu zwingen! Der entschlossene Ausdruck in meinen Augen ist jedoch genauso falsch wie die Fata Morganen in der Wüste.. Mir ist bewusst - innerlich weiß ich es genau - ich will einfach nur zurück... Möchte zu dem Menschen, dem ich mein Herz geschenkt habe und der noch immer jeden Tag in meinem Kopf herumspukt. Es hilft nicht die riesengroße Distanz, die die Wüste mir entgegenstellt oder der Gedanke, ein neues Leben anfangen zu wollen. Mein einziger Wunsch ist und bleibt zu ihm zurück zu kehren.. - Dafür nehme ich auch die Strafe in Kauf, die man mir wahrscheinlich erteilen wird, sollte ich heimkehren. Jaaa.. nur dort fühle ich mich zuhause.. Ein Rütteln lässt mich hochschrecken, erst jetzt merke ich, dass Talib bereits auf mich wartet und nun mit hoch gezogener Augenbraue vor mir steht. "Yuuugi.. Ich hatte dir doch gesagt, du sollst in einer Stunde hier sein! Muss man dich immer suchen?" Ein Seufzen von seiner Seite, als ich ihn entschuldigend anlächle und ein leises "Tut mir leid.." murmle. Langsam stehe ich auf, warte bis er die Vorratskammer abgeschlossen hat und folge ihm danach durch die kleinen Gassen von Luxor. Ich kenne mich leider noch immer nicht in dieser Stadt richtig aus, weshalb Talib mich auch dauernd wie ein kleines Kind überall hinbringen und abholen muss. Auf Dauer schon ziemlich mühselig und auch ein wenig.. unangenehm. Schließlich bin ich bei Ra alt genug! Zehn Minuten später stehen wir schließlich vor dem kleinen Haus, was in mir Erleichterung hervorruft - endlich ins Bett und Abendessen!! Hier ist es ja nicht gebräuchlich, dass man zu geregelten Zeiten etwas isst, manchmal fällt es sogar aus. Man bekommt als Händler eben nicht besonders viel mit im Leben.. Schnell stürzte ich in die Vorstube und begrüße auch gleich Hana, ehe ich mich ausgehungert an den Tisch setze und erstmal einen großen Schluck Wasser aus meinem Becher nehme. Die schwarzhaarige Frau kann über mein ab und zu auftretendes kindliches Verhalten meistens nur schmunzeln. Sie selbst wünscht sich seit Jahren schon nichts sehnlicher als ein Kind zu bekommen, Isis scheint ihr jedoch dieses Glück nicht teil werden zu lassen. Ich kann sie ein wenig verstehen.. Ich selbst hatte zwar nie wirklich den Wunsch einmal Kinder in die Welt zu setzen, aber auch mir wird das Glück in der Liebe nicht gewährt. In diesen Momenten kann man leider nichts anderes tun außer es zu akzeptieren. Ob ich das jemals lernen werde..? Das ich endlich verstehe, dass Atemu nie für mich irgendetwas empfunden hat?? Es klingt so klar, aber noch immer lassen mich Anzeichen, kleine Gästen dagegen sprechen. Das ist wohl das Dümmste, was ich mir selbst antun kann - aber ist nicht jeder mal verrückt? Dieses Sprichwort heißt doch: Liebe macht blind. Darf ich denn dann nicht auch einfach.. blind sein? Ich will es so.. will die rosarote Brille aufhaben und nur das sehen, was ich sehen will. Ansonsten würde ich mir wahrscheinlich nie wieder ins Gesicht sehen können. Soo verdammt lange glaube ich das schon, es wäre einfach falsch in meinen Augen nun plötzlich das Gegenteil zu denken. Bestimmt erscheint das nur für mich logisch.. aber ich habe auch noch nie Wert auf die Meinung anderer gelegt. Solange es ihnen nicht schadet..? Mein Gedankengang wird jedoch von Hana unterbrochen, die mir mein Essen hinstellt und mich abwartend anschaut. Sie möchte immer von mir die Meinung über ihr Essen wissen - in der kurzen Zeit schon eine kleine Tradition zwischen uns beiden. "Danke, Hana.", erwidere ich noch schnell, ehe ich auch schon den ersten Bissen des Fleisches vor mir im Mund habe. Wie immer ist es einmalig! - Zumindest für meinen Geschmack. Ich bin ja froh, dass ich überhaupt jeden Tag etwas zu essen habe.. Nicht jedem Anreisenden geht es auf Anhieb so gut, was ich aber dadurch jeden Tag zu schätzen weiß. "Sehr gut!", ich widme mich genüsslich dem Salat daneben, wobei mir Hanas Strahlen nicht entgeht. Den Rest des Abends verwende ich schließlich noch, mit einem ausgedehnten Waschgang und einer der Papyrusrollen, die ich mir aus dem Palast mitgenommen habe. Es handelt - wie sollte es auch anders sein - über Politik. Ich habe es in der Zeit als Pharao gut studiert, um auch ja keine Fehler zu machen.. Jetzt weiß ich, dass man eine solche Aufgabe nicht unbedingt nach Aufzeichnungen, sondern eher nach dem eigenen Gefühl machen sollte. Zu spät fällt mir dies auf.. Ich weiß, ich hatte mich die zwei Wochen, in denen Atemu fort war, so angestrengt genau nach dieser Lektüre zu handeln, ja nichts falsch zu machen, auch wenn es in meinen Augen manchmal nicht richtig schien. Pff.. meine Naivität und Leichtsinnigkeit kennt doch wirklich keine Grenzen... Mein Fehler nagt noch immer sehr an mir, doch glaube ich auch, dass Atemu dies alles bereits wieder geregelt hat. Er war und ist, im Gegensatz zu mir, nicht erst seit zwei Wochen Pharao, sondern hat bereits ein paar Jahre Erfahrung hinter sich. Gähnend rolle ich schließlich das Papier auf - Die wissenschaftliche Krise in Memphis und die geeignetste Lösung für dieses Problem, können bis morgen warten. Ich strecke mich noch einmal, bevor ich vorsichtig nach dem Griff des Kerzenhalters greife und meine schon fast runtergebrannte Kerze auslösche. Fest kuschle ich mich in die Decke, ich mochte die Dunkelheit nie besonders und dieses Zimmer ist so beengend klein... Ein leiser Seufzer entweicht mir, schon wieder überkommt mich das Gefühl von Einsamkeit, dass mit jedem Tag stärker wird. Ich spüre es gerade in den Nächten - und vor allem hier am stärksten.. Kaum liege ich alleine in meinem Bett, es ist einfach da... Wie immer verdränge ich es so gut ich kann und unterdrücke auch die aufkommenden, kleinen Tränen, die ich schon viel zu oft zulasse. Ein leiser Schluchzer entweicht mir noch, ehe ich endlich in den Schlaf drifte, weit weg von der Realität. ~~~~~~*Atemu*~~~~~~ Allmähliche komme ich zu mir, spüre meinen Körper wieder und blinzele leicht. Schon wieder ist eine Nacht vorbei.... es wird, wie so oft schon Tag und mich überkommt eine verdammte Unlust, wenn ich daran denke, dass ich auch heute wieder im Thronsaal erwartet werde. Wo ist auch die Nacht geblieben? Ich bin doch gerade erst zu Bett- Plötzlich fällt mir der vergangene Abend wieder ein. Intuitiv seufze ich wohlig, hebe den Kopf ein Stück an und kuschele mich ein Stück weiter nach hinten, wo ich Seto vermute. Doch zu meiner Überraschung trifft mein Rücken auf Leere. Unter mir liegt ein bereits kaltes Laken und verrät mir, dass mein Cousin bereits schon länger abgehauen sein muss. Ich schließe die Augen und werfe meinen schweren Kopf zurück ins Kissen. Irgendwie war es klar.. so verdammt klar! Langsam heben sich meine Lider wieder, lasse meine Pupillen durch den Raum gleiten. Auf meinem Nachttischen, auf der wie immer weißen Tischdecke, steht ein Schälchen mit frischem Wasser. Das muss ein Sklave gebracht haben, nachdem ich schon eingeschlafen war.. normal bekomme ich das doch immer mit? Direkt davor liegt mein Schmuck. Neben meinem Bett , auf dem Stuhl, auf dem Seto gestern Abend noch gesessen hatte, wartet meine Tracht darauf, angebracht zu werden. Heute ist es das rote Gewand, das blaue hängt wahrscheinlich gerade in der Morgensonne zum Trocknen. Von draußen dringen ebenfalls die ersten Laute herein, meine Männer unterhalten sich, unten auf dem gepflasterten Hof läuft bereits ein Pferd. Und Kinder lachen und quietschen umher... wahrscheinlich meine Nichten und Neffen. Es hilft alles nichts, der Tag hat begonnen. Ich muss aufstehen, ehe irgendwer anders vorbeikommt um mich zu meinen Aufgaben zu führen. Wie ein Gefangener von den Soldaten vom Kerker zur Hinrichtung geführt wird. Sonst hatte immer Yugi diese Aufgabe erfüllt, mich von hier abzuholen, wenn ich verschlafen hatte. Durch sein freudiges Wesen hatte er mir bereits am frühen Morgen schon immer ein Lächeln abbringen können. Er verstand es einfach, mich aufzuheitern oder gar abzulenken. Ich vermisse sein offenes, sanftes Wesen. Ich mache mir mittlerweile wirkliche Sorgen, wo er abgeblieben ist! So lange wegzubleiben passt gar nicht zu ihm? Ob ihm etwas passiert ist?? Ich klatsche zwei Mal in die Hände und kurz darauf erscheint eine hand voll Sklaven, die um mich herum wimmeln um mich anzukleiden. Ich werde noch den heutigen Tag abwarten und dann zur Sicherheit einen Suchtrupp losschicken. Missmutig begebe ich mich zum Frühstück, welches bereits im vollen Gange ist. Ich habe den anderen Palastbewohnern, im Gegensatz zu meinem Vater früher, erlaubt, auch schon ohne mich mit dem Essen zu beginnen. Wie oft kam ich gar nicht oder erst ziemlich spät zum Frühstücken - da wäre mein halber Hofstaat verhungert. Unerwarteter Weise treffe ich vor der Tür zum Speisesaal gerade auf den obersten Hohepriester, der diesen gerade verlässt. "Guten Morgen Seto!", ich freue mich richtig ihn zu sehen. Will ihn gerade fragen, ob er ein zweites Mal den Speisesaal betreten würde um mir Gesellschaft zu leisen, da läuft er auch schon wortlos an mir vorbei. Ich stehe wie versteinert fest. Was sollte das?? Sonst grüßt er mich immer? Außerdem - bin ich der Pharao! Seit wann leistet er sich solche Unhöflichkeiten?? "Seto!", rufe ich ihn zurück und erreiche, dass er ebenfalls hinter mir stehen bleibt. Ich drehe mich um. "Gibt es schlechte Nachrichten?", vielleicht bedrückt ihn ja etwas. "Nein, es ist kein Bote eingetroffen." "Ja aber-" "Ich habe zu tun, Ihr sicher auch." Schritte hallen in den Steingang des Palastes. Das gibt's doch nicht!! Erst gestern mit mir... und jetzt... jetzt... er kann nicht einfach so unhöflich mit mir sprechen!! Was erlaubt er sich eigentlich?? Niemand traut sich, dem Pharao ins Wort zu fallen, und dann zu verkünden, dass er gehen wird, ganz ohne Entschuldigung!! Ich denke nicht weiter nach, es macht mich wütend!! Er behandelt mich wie seinen Liebessklaven!! Erst in der Nacht schöne Augen machen und dann ignorieren und verachten? Nicht mit dem Pharao - nicht mit MIR!! "Seto, du bleibst auf der Stelle stehen!! Ich erwarte eine Entschuldigung!" Ich balle die Hände zu Fäusten, fühle mich verletzt und benutzt. Dabei ist er doch viel mehr für mich als... Meine Augen funkeln ihn drohend an. "Pharao... geht frühstücken und entspannt euch", mit diesen Worten biegt er letztendlich um die Ecke. Kalt wie eh und je, abweisend und verachtend. Was?? So eine Frechheit!! Gerade will ich hinter ihm her stürmen, wenn mich etwas so trifft habe ich meine Emotionen nicht mehr unter Kontrolle, da spüre ich eine schmale Hand, die mich intensiv an der Schulter festhält und mit Druck mich zum Halten appelliert. Ich schnaube tief durch und drehe mich um. Sehe Isis in die Augen. Ich wusste, dass sie es war, wie immer, wenn ich dazu neige, überstürzt zu handeln. "Beruhigt Euch wirklich, mein Pharao. Esst erst mal was." Sie lächelt mir aufmunternd zu ich nicke. Folge ihr nun in den Speisesaal. Ich setze mich an meinen Stammplatz, den Kopf des vordersten Tisches und lasse mir von einem Sklaven den Teller füllen. "Nehmt Euch Setos Worte nicht so zu Herzen... Er ist nicht gut drauf, er hat höllische Kopfschmerzen", nimmt Isis meinen Cousin in Schutz. Diese Priester halten auch alle zusammen... "Kopfschmerzen?", wiederhole ich und runzele die Stirn. "Jawohl, er erwähnte etwas von zu viel Wein." Endlich fällt auch bei mir die Münze. "Achso... ja, davon hatten wir gestern Abend... reichlich. Aber ich spüre nichts." "Ihr seid da wahrscheinlich mehr gewohnt, als ein Hohepriester, der auf Festen sich keusch zu verhalten hat." Keuschheit..? Davon habe ich gestern herzlich wenig gesehen... Aber trotzdem entschuldigen auch Setos Kopfschmerzen sein unhöfliches Verhalten mir gegenüber nicht.. Ich stütze meinen rechten Ellenbogen auf die Tischplatte und dann meinen Kopf auf die Handfläche. Desinteressiert stochere ich in meinem Frühstück herum. Ich kann gar nicht so schnell gucken , wie ich schon wieder auf meinem Thron sitze und einen Gast, den Schatzmeister, empfange. Ich muss wissen, wie es um die Finanzen steht und wie viel ich in den Krieg investieren darf, ohne dass es knapp wird. Selten ist mir ein so wichtiges Gespräch so dermaßen auf die Nerven gegangen und es ist fast unmöglich, den Mann nicht einfach in einem Wutausbruch hinaus zu werfen! Ich habe jetzt wirklich anderes im Kopf... Dieses Aufeinandertreffen mit Seto heute Morgen... war wie das Erwachen aus einem wohltuendem Traum. Wie eine Seifenblase, die plötzlich zerplatzt und man von jetzt auf gleich eine völlig andere Sicht auf sein Leben hat. Seto und ich passen nicht zusammen. Wir sind viel zu unterschiedlich.. Seto würde nie in der Lage sein, eine richtige Bindung einzugehen. Es wird für immer eine Sache für eine - oder auch einige wenige - Nächte bleiben. Mein Herz tut weh, ich suche Halt und jemanden, der meinen Sturz auffängt. Stattdessen hageln die Worte des Schatzmeisters auf mich nieder, bin gezwungen ihm zuzuhören und klar zu denken! Ich hatte gedacht diese Person, die mich versteht, in Seto zu finden... Bereits das zweite Mal muss ich feststellen, dass ich ihm am Morgen nach der Nacht egal bin. In mir staut sich alles an, bin nicht in der Lage, irgendetwas zu verarbeiten. Mein Bauch rumort und meine Hände zucken nervös. "LASSEN SIE MICH JETZT BITTE ENDLICH ALLEIN!!", es muss raus!! Ich kann mich nicht länger zusammen reißen!! "Wie bitte??!" Ich springe vom Thron auf und atme tief durch. Scheiße, das habe ich nicht gewollt! Schon in der nächsten Sekunde tut es mir leid, es ist genau das über mich gekommen, was ich die ganze Zeit versucht habe, zurück zu halten. Ich wollte mich doch zügeln... "Ich e-" "Wie Ihr wünscht, Pharao!", zischt der Schatzmeister offensichtlich sauer und verlässt mit schnellen Schritten den Saal. Ich lege die Hand auf mein Herz. Mir wird alles zu viel... Ich brauche Abstand. Kapitel 9: Ausritt ------------------ ~~~~~~*Atemu*~~~~~~ Die Sklaven stehen am Rand, der eine, der mich bis gerade Luft zugefächert hatte, ist nach meinem Schrei ängstlich auf Abstand gegangen. "Es ist okay, ihr habt nichts zu befürchten", werfe ich ihnen entnervt zu und schließe die Augen für einen Moment. "Bitte gebt im Stall Bescheid, dass mir jemand Checkmate sattelt. Ich komme gleich", damit verlasse auch ich den Thronsaal. Gerade bin ich in meinem Gemach angekommen und trinke zur Beruhigung einen großen Schluck Wasser, da erscheint auch schon ein Diener vor meiner Zimmertür. "M-mein Pharao!", er verneigt sich hastig. "Was gibt es??" "Es ist etwas vorgefallen, was Euch nicht gefallen wird.." Entsetzt stelle ich die Trinkschale ab. "Was??" "Euer Hengst... Er ist nicht reitfähig..." "Was ist passiert?!", fahre ich ihn an, obwohl er eigentlich gar nichts damit zu tun hat - doch einen muss es ja treffen. "Das Bein des Tieres ist verletzt und stark angeschwollen, er hat große Schmerzen beim Laufen. Ihr würdet ihn quälen, wenn Ihr jetzt-" "Das ist mir selbst klar!! Wie konnte das geschehen?? Checkmate erhält beste Pflege! Und warum wurde ich nicht unterrichtet? Wie lange besteht dieser Zustand schon?" In meinem Kopf arbeitet es fieberhaft. "Es ist nicht die Schuld des Stallmeisters! Es war sein Lehrjunge, den hat er erst ganz neu eingestellt... Bitte Pharao, ich weiß auch nicht, wieso er Eure Tiere handhabt! Es muss sich um ein Missverständnis gehandelt haben!!" "Hmm... Erzähl weiter", fordere ich den Diener auf und meine Augen verengen sich zu Schlitzen. "Der neue Stallhelfer hat Euren Hengst zusammen mit dem Zwillingsbruder des Pferdes von AtemRa nebeneinander über den Hof geführt. Gestern Abend ereignete sich das, wie mir gerade berichtet wurde! Der Hengst Eures Cousins ging auf Euer Tier los! Der Junge konnte sie allein nicht trennen, bis endlich sein Meister kam. Dieser andere hat keinen Kratzer... aber Euer Checkmate kann unmöglich geritten werden!" "Der Hengst von AtemRa? Aber ich denke mein Cousin ist seit 4 Tagen mit Ikarus unterwegs??" Wobei mir noch einmal bewusst wird, wie gefährlich es ganz allein dort draußen ist. "Der Zwillingsbruder, mein Herr. Ich glaube Dädalus war sein Name. Die Erinnerung zuckt wie ein Blitz durch meinen Kopf. Ach ja, von der Sorte gab es ja zwei.. Es ist so lange her, als dass ich mich an solch Kleinigkeiten von damals erinnern würde.. Ich erinnere mich aber bei genauerem Nachdenken wieder. Yugi hatte sich damals für Ikarus entschieden und diesen trainiert. Dädalus war von Anfang an kaum zähmbar und neigte schon früh dazu, andere zu attackieren. Wer weiß, was die Stallhelfer nach seiner Geburt mit Dädalus angestellt haben.. "Danke für die Information. Du darfst dich nun entfernen. Achja... und richte diesem neuen Stalljungen aus, dass er vorläufig für seine Tat im Kerker verbringen muss." Wunderbar, ich bin nur von unfähigen Leuten umgeben! Jetzt sitze ich hier auch noch fest! Mein anderes Pferd, die schwarze Stute kann ich genauso wenig reiten. Ich habe mich doch zur Pferdezucht entschieden! Verdammt, sie ist trächtig... Ich schlage beim Nachdenken die Tür meines Gemaches zu und wandere durch die langen Gänge im Palast. Verdammt, ich konnte noch nicht mal eines der anderen Pferde nehmen! Die gehörten den Priestern oder den anderen in den höheren Ämtern. Sicher, ich könnte jederzeit nach ihren Tieren verlangen, doch das ist gegen meinen Stolz! Ich würde mich abhängig machen.. außerdem brauchen sie ihre Tiere selbst. Ich schlendere die Stufen des Palastes hinab und will erst einmal selbst nach Checkmate sehen. Doch plötzlich steht sie vor mir und versperrt. "Geh aus dem Weg", herrsche ich sie an. "Nana, wer wird denn da gleich so unfreundlich werden? Ich wollte dir bloß helfen..." "Du und mir helfen, Chantra? Pah, geh zurück in dein Gemach, aus dem du sowieso nie rauskommst und lass mich gehen! Wie kommt es überhaupt, dass man dich hier draußen antrifft?" "Nicht so hastig, mein Sohn! Ich habe gehört, du hast ein Problem mit deinem Transportmittel? Ich bin hier, weil ich dir helfen möchte. Vielleicht bessert sich dann irgendwann einmal unsere Beziehung..." "Ich bin NICHT dein Sohn", keife ich und will sie zur Seite schieben, "meine Mutter ist tot!!" "Ich bin die erste Frau deines Vaters gewesen und Königin! Demnach bist du sehr wohl mein Kind! Ich habe dich großgezogen, du undankbarer...", sie bricht ab, lächelt mich falsch an, "ich habe auch immer noch das Recht, zu regieren! Wenn du-" "Genau, ich habe es dir entzogen, da ich als einziger Sohn Vorrang hatte vor dir als Frau. Und ich habe dir die Macht genommen! Seit Vaters Tod verschlägt dich doch fast nichts mehr aus deinem Zimmer! Also verschwinde, ich kann mir denken, was du von mir willst." Ich merke, wie Chantra vor Zorn zittert und ihre Hände nur schwer bei sich halten kann. Ich sitze nun mal am längeren Hebel... "Und zwar??", fragt sie belustigt. "Mir deine Stute anbieten, Mutter", das letzte Wort spreche ich voller Argwohn. "Aber ich versichere dir, eher sterbe ich, als Lacrima zu reiten!" Chantra schluckt nur, starrt mich mit einem tödlichen Blick an. Was hat sie von mir erwartet?? Wir haben uns noch nie verstanden.. "Ich finde schon ein anderes Tier, vielen Dank", bemerke ich ironischer Weise und setzte meinen Weg schimpfend fort. Als ich endlich in den königlichen Stallungen ankomme, treffe ich auch schon auf Mahaado, der zusammen mit einem Soldaten offenbar meinem Befehl von eben Folge leistet. Ich schnaube verächtlich dem Stalljungen zu und schenke ihm und den anderen, die sofort niederknien, keine Beachtung. Ich blicke durch die Reihen. Ich steuere auf die Box in der Mitte zu, in der Checkmate sein Heu verschlingt. Lege dabei den Kopf leicht schief und betrachte ihn, außer seinem linken Hinterlauf, der bis zum Oberschenkel einbandagiert ist, fällt mir nichts auf. Ich seufze und sehe zu der Box gegenüber, aus der meine schwarze Stute mit der Flocke auf der Stirn bereits gierig ihren Hals reckt. . Ich höre, wir Mahaado neben mich tritt. "Aurora geht es prächtig, es dürfte nicht mehr allzu lange dauern." "Ich weiß...", seufze ich und streichele dem Tier die Nüstern. "Aber ich möchte jetzt und sofort hier weg! Ich muss diesen Wind um meine Nase spüren..." "Ich biete euch mein Pfe-" "Nein, kommt ja nicht in Frage!" "Pharao.. Es wäre mir eine Ehre! Oder.. nehmt doch die Stute eures Vaters?" Ich schrecke aus meinen Gedanken, sehe ganz nach hinten, in die allerletzte Box. Ich sehe etwas weißes Schimmern, ein Tier, das seine Ruhe will und braucht... "Nein, die ist doch viel zu alt..." Meine Augen kreisen weiter durch den Stall. "Ich nehme Dädalus." "Was?? Diesen störrischen Esel?? Er hat Euren Checkmate verletzt!" "Und genau deshalb werde ich ihn bis zur Erschöpfung über den Sand jagen!!" Mein Entschluss steht fest. Der Stallmeister, der unser Gespräch belauscht hat, nähert sich ebenfalls. "Wie Ihr wünscht, Gebieter. Ich werde versuchen, ihn euch zu zäumen..." Ich nicke. "Gut, ich warte vor dem Palast." Daraufhin rausche ich aus der Stallgasse, mein roter Mantel flattert bei der Kehrtwendung umher. Mahaados Rufen, dass ich aber ja nicht alleine umherreiten soll, ignoriere ich. Ich kehre noch schnell in mein Gemach zurück und ordere eine große Flasche Wasser und andere kleine Habseligkeiten, die in den Satteltaschen verstaut werden. Mein Herz pocht ungewöhnlich schnell, doch es ist keine Aufregung, eher noch der Zorn, der noch nicht ganz entwichen ist.. Yugi verschwindet spurlos.. Und Seto erlaubt sich solch eine Frechheit mit mir!! Ich kann das alles einfach nicht wirklich glauben! Was denken sich alle eigentlich hier? Glauben sie, sie können mit dem Pharao umspringen wie sie wollen?! Ich brauche diese kurze Auszeit nun einfach... Allein deswegen, um meinen Kopf klar zu kriegen. Mit einer raschen Bewegung wende ich mich der Tür meines Zimmers zu, sehe dabei die vielen Sklaven, die hier nun auch den letzten Rest an Utensilien für meine kurze Reise mitnehmen. Gerade will ich aus der Tür treten, als mir Ishizu entgegenkommt, ich ziehe eine Augenbraue hoch, als ich ihren besorgten Blick bemerke. "Was wollt Ihr, Priesterin Ishizu?", entgegne ich ihr knapp. Ihr leichtes Zucken zeigt mir, dass sie meine Gereiztheit sehr wohl bemerkt hat. "Euch bitten doch ein paar Soldaten zu eurem Schutz mitzunehmen.." Meine Augen glitzern auf. "Mahaado hat mir von Eurem bevorstehenden Ausritt erzählt, den ihr plant und auch ich bin der Meinung, Ihr solltet doch ein paar Männer dabei haben..." Sie verbeugt sich schnell - Glaubt sie dadurch mich milder zu stimmen?? Dieses Priestervolk hält doch sowieso immer an ein-und derselben Meinung fest, ich kann mich bemühen so viel ich will!! Wieso kann ich als Pharao und zugleich mächtigster Mann Kemets nicht für mich selbst entscheiden, was gut ist und was nicht? Ishizu erhebt sich langsam und blickt mir sorgenvoll in die Augen, was mich kurz stutzig macht und meine Worte nicht durchdringen. Sie kann sich Mühe geben soviel sie will, es gibt nicht viele Personen die mich mit ihrem Blick erweichen können.. Eins steht aber fest, sie gehört auf jeden Fall nicht dazu.. Ich winke jedoch ab und lasse Ishizu ihren Willen.. Was nützt es auch, wenn ich mich nun widersetze? Ich will bloß hier weg - weg von Seto, weg von meinen Pflichten, auf die ich mich jetzt sowieso nicht konzentrieren kann. Eine halbe Stunde später, die Pferde sind beladen und ein kleiner Trupp steht bereit, um mich zu begleiten, bei dessen Anblick mir trotzdem ab und zu ein Knurren entweicht. Ich sehe Dädalus vor mir stehen und aufbrausend schnauben. Ihm scheint es ähnlich wie mir zu gehen.. Mit einem kurzen Zögern habe ich mich auf ihn geschwungen, was diesen sofort zum Aufbäumen bringt, sein lautes Wiehern bestätigt sein Widerstreben geritten zu werden. Hat sich denn überhaupt jemand schon mal auf ihn gewagt? Wahrscheinlich nicht - geht es mir durch den Kopf, während ich versuche ihn ruhig zu stellen, was mir nach einer kurzen Hetzjagd durch den Innenhof des Palastes auch gelingt. Ich bringe Dädalus zum Stillstand und widme mich dem Stallmeister, der mich zufrieden betrachtet. "Sagtet Ihr nicht, dass Ihr ihn zähmen würdet? Ich sehe nicht viel davon..", bemerke ich und der Mann vor mir scheint ein wenig verloren. "Verzeiht, mein Pharao, aber dieses Pferd wurde bereits, so gut es in der kurzen Zeit eben ging und auch so weit er es zuließ, gezähmt. Mehr konnte ich nicht tun, jedoch scheint Ihr ohnehin gut mit ihm zurecht zu kommen?!", erwidert er verschmitzt grinsend. Ich nicke bloß, während eben genanntes Tier schnaubend mit den Hufen am Boden kratzt - anscheinend will auch er nicht mehr hier bleiben, sondern sein Temperament ablaufen - ich glaube, dieses Pferd ist mir sympathischer, als ich zunächst dachte. Alles was er braucht ist eine feste und zugleich weiche Hand... ob ich auch....? Schnell verwerfe ich den Gedanken. Kurz noch signalisiere ich ihm noch Stehen zu bleiben und drehe mich zu den Soldaten, um mich zu versichern, dass auch jeder bereit ist. Erst danach gebe ich das Handzeichen, höre mich selbst pfeifen und rausche im Galopp an dem Stallmeister vorbei, durch die Tore des Palastes - hinein in die Unendlichkeit der Wüste. Meine Sorgen lasse ich zurück.. ~~~~~~*Yugi*~~~~~~ ".. und wir können wirklich nichts tun?!", eine besorgte Frauenstimme schnappt zitternd nach Luft. "Jetzt, sei endlich still Hana!! Willst du Yugi noch vollends an seinem einzigen freien Tag wecken??" Müde starre ich auf die Decke - Talib braucht sich keine Sorgen machen, ich bin schon länger wach, als ich eigentlich sollte. Ihr Gespräch dagegen bekam ich in der Zeit nur zum Teil mit, viel mehr hänge ich meinen Gedanken nach, die heute mal wieder kein Ende, keine Lösung finden wollen. Man sollte mir wirklich nicht die Zeit zum Nachdenken geben..?! Irgendetwas ist diese Nacht passiert.. ich weiß nicht was, aber ich habe es deutlich gespürt. Und es weckt in mir ein mulmiges Gefühl, das ich doch lieber verdrängen will.. Angst und Zweifel. Ob es irgendwas mit Theben zu tun hat? Irgendwas.. mit Atemu?? Verbissen schiebe ich meine Gedanken beiseite - ich sollte mich endlich von meinen Zweifel befreien und wieder ein normales Leben führen!! Habe ich nicht auch ein Recht darauf? Man kann mich nicht ewig dafür bestrafen, was ich getan habe.. Nicht mal ich selbst! Um meine Worte zu verdeutlichen springe ich entschlossen aus dem Bett, habe aber sofort wieder ein schlechtes Gewissen. Eine Entschuldigung an Atemu ist ja wohl nicht zuviel von mir verlangt, oder? Das sollte ich doch von mir aus schaffen.. Schließlich gehöre ich ja doch irgendwie auch zu seiner Familie, wenn auch entfernt. Seufzend wische ich mir über die inzwischen leicht feuchte Stirn, Ra scheint trotz der sonst eher kühleren Jahreszeit heute kein Erbarmen zu zeigen, und schnappe mir ein wenig genervt meinen Umhang und den dazugehörigen Lendenschurz, lege ihn mir gewissenhaft um die Hüfte. Ich strecke mich noch einmal, als ich fertig bin und nehme die Schriftrolle, welche ich vorhabe heute weiterzulesen, mit einem Handgriff mit in den Hauptraum. Dort angekommen kann ich sofort Hanas bedrückten Gesichtsausdruck erkennen, der meine Neugierde, sowie mein Mitgefühl wachsen lässt. Ich habe ja zuvor schon einige Gesprächsfetzen erhaschen können, habe aber nicht wirklich verstanden, worum es zwischen den beiden geht. "Oh.. Guten Morgen, Yugi.", kommt es leicht lächelnd von ihr, der Becher Wasser in ihrer Hand zittert. Ich schaue auf. "Alles in Ordnung, Hana? Talib, was ist los mit ihr??" Mein Blick wird immer verwirrter, als ich auch ihn bloß stumm nicken sehe - Was ist denn los?? Eine Weile ist es zwischen uns still, ehe Talib das Wort ergreift und sich leicht räuspert: "Wir bekommen keine Samen zum Anpflanzen mehr zugeliefert - Befehl vom Pharao. Anscheinend reichen die Vorräte nicht für alle Städte und Bauern, dagegen sollen wir reichlich Nahrung erhalten, die er aus nahegelegenen Ländern exportiert." Ich höre bedächtig und leise zu, dieses Problem ist mir nicht neu... "Tjaa.. Dabei vergisst er aber, dass wir unser Geld mit dem Verkaufen unserer Ernte verdienen - was im Übrigen sowieso immer nur knapp reicht, um am Monatsende uns die Samen zu kaufen. Nun haben wir, wie auch die Bauern und Händler dieser Gegend ein Problem.." Seine Stimme wird um einiges fester und tiefer, was mich erschaudern lässt. Ich habe diesen sonst so sanften und gutmütigen Menschen noch nie wirklich böse erlebt. ".. Wie sollen wir verdammt nochmal die zugelieferte Nahrung kaufen, wenn wir doch kein Geld haben? Wie sollen wir es verdienen, wenn uns der Herrscher Kemets nicht das gibt, was wir dafür brauchen?? Ich meine, hat der Mann sich das schon mal überlegt, neben seinen schlauen Kriegstheorien?!!" "- Talib, bitte..", die müde Stimme von Hana ertönt leise, während sie ihrem Mann beruhigend über den Arm streicht. In mir verkrampft sich alles, ein Gefühl, als ob ich mich jeden Moment übergeben müsste macht sich bemerkbar - mir ist einfach unglaublich schlecht. Das war nicht Atemu.. Nein, dass war ich.. Ich bin schuld!!! Die Krise die hier ausbricht.. die Armut die es geben wird.. Es ist schon gut so, dass ich das alles selbst erleben soll und muss. Wenn ich mich nicht selbst dafür bestrafen kann, dann soll es Ra tun.. Argh..!!! Wieso musste ich damals diesen Fehler begehen??! WIESO?? Und Atemu soll nun dafür büßen? Es ist nicht seine Schuld!! Sie haben alle ein völlig falsches Bild von ihm! Er kümmert sich um sein Volk so gut er kann... Es weiß doch hier niemand, dass ich am Thron gesessen habe.. Und auch, dass Atemu umso wütender war, als er erfahren hatte, was ich angestellt hatte. Wegen mir könnte eine Epidemie ausbrechen - habe ich daran schon gedacht??! Lerne ich denn nicht genug durch diese verdammten Aufzeichnungen..?? Mein Gesichtsausdruck ist gespannt, meine Hände verkrampfen sich - ich schwitze. Was hab ich bloß gemacht.. Ich stürze Kemet ins Verderben und Atemu trägt die Schuld, die ganze Last auf seinen Schultern.. Er wird bestraft, wofür ich eigentlich meinen Kopf hinhalten müsste. Und da hoffe ich noch immer auf.. Liebe? Bin ich so stur, so verdammt blind?? Kapitel 10: Der Brief --------------------- ~~~~~~*Yugi*~~~~~~ "Und da gibt es keine Lösung..?", frage ich leise, versuche dabei ermutigend zu sprechen, was mir jedoch nicht wirklich gelingt. Talib seufzt laut auf und lässt sich auf den Stuhl neben meinem fallen. "Ach.. Natürlich gibt es die! Aber wir können sie nicht umsetzen!!" Während er sich erschöpft an seinem Wasser bedient, lässt er sich von Hana die Schultern massieren, was ihn deutlich ruhiger macht. "Wieso nicht?" Ich schöpfe ein wenig Hoffnung, vielleicht ist mein Fehler ja noch zu beheben..? "Jemand muss an den Pharao schreiben.. Ihm unsere Lage vermitteln, damit er etwas dagegen tut. Hier bricht sonst eine Hungersnot unter den Menschen aus, auch der Stadtrat hier, weiß sonst auch keine andere Möglichkeit." Ich rücke ein Stück näher an den Tisch und kaue an meinen Datteln, während ich ein wenig gelassener und auch erfreuter nun, zuhöre. Gerade will ich etwas einwenden, als Talib aber auch schon fortfährt: "Naja, leider kamen wir erst zu spät darauf, dass er die einzige Person hier ist, die die Kunst des Lesens und Schreibens beherrscht.. Er ist nämlich schon gestern aufgebrochen, um sich in der nächstgelegenen Stadt zu erkundigen, wie es bei ihnen steht. Vielleicht ist ein reger Handel möglich..", seufzt er und lehnt sich nach hinten. Meine Augen glitzern auf und ich lege die Papyrusrolle über Politik auf den Tisch, bis jetzt hatte ich es nur auf meinem Schoß liegen. "Ihr braucht jemanden der lesen und schreiben kann?" Hana nickt und lächelt mich aufmunternd an. "Aber zerbrich dir darüber nicht den Kopf, Yugi.. Wir kriegen das schon hin!" Mein Entschluss steht fest, ich stehe von meinem Stuhl auf. "Uhm.. Ich kann lesen und schreiben..!" Hana und Talib blicken überrascht auf und bemerken auch kurz darauf die Rollen auf dem Tisch. "Du kannst lesen und schreiben, Yugi??" Talib nimmt die ineinander eingerollten Papyrusrollen zur Hand, wodurch ich leicht nervös werde. "Jaaa.. Diese Aufzeichnungen berichten über Krisensituationen hier in Kemet - ich versuche sie alleine immer zu lösen, ehe ich weiterlese. Schult mein logisches Denken.." Ich zucke mit den Schultern. So ganz die Wahrheit will ich ihnen ja doch nicht sagen.. Wer weiß, was sie dann von mir halten? "Yuuugi..? Du interessierst dich für Politik?!" Hana ist anscheinend noch überraschter als ihr Ehemann und zieht ihm die Rolle aus der Hand, versucht sie selbst zu entziffern. "Ein bisschen jaa.." Langsam fühle ich mich nicht mehr so wohl - War es jetzt ein Fehler, dass ich es ihnen gesagt habe? Talib erhebt sich mit einer raschen Bewegung, sein freundlicher und sanfter Gesichtsausdruck ist zu meiner Verwunderung zurückgekehrt. "Das ist ja großartig, Yugi!! Du weißt sicher, wie man dem Pharao unsere Lage am besten klar macht?!" "Ich denke schon, jaa." Ich schaue unsicher auf, während sich nun auch auf Hanas Gesicht ein glückliches Lächeln bildet. "Du würdest uns wirklich helfen, wenn du an ihn schreibst! Wir wissen ja leider nicht, wie lange der Stadtrat weg sein wird.. Bis dahin kann schon eine Hungersnot ausgebrochen sein - die nächste Stadt ist gut drei Tage entfernt.." Mit einem Nicken bestätige ich seine Aussage und hole einmal dabei tief Luft. "Also.. Dann - habt ihr eine Papyrusrolle hier?" Doch zu meinem Bedauern schüttelt Hana ihren Kopf, was mich leise aufseufzen lässt - und sogleich auch aufstehen. Schnell renne ich aus dem kleinen Haus, lasse zwei verdutzte Gesichter zurück, und kehre nach zehn Minuten wieder zurück. Habe mir schnell aus dem zum Glück naheliegenden Rathaus ein paar Bögen Papyrus geholt, damit wir auch nicht noch mehr Zeit verschwenden - Am besten ich fange sofort an! Die drückende Stimmung scheint sich inzwischen wie in Luft aufgelöst zu haben. Jedoch geht es nun auch mir nicht anders.. Ich bin im wahrsten Sinne des Wortes heilfroh, dass ich ihnen bei solch einer wichtigen Angelegenheit behilflich sein kann. Wie auch sonst soll ich mein Gewissen endlich beruhigen und diesen Fehler wieder gut machen? "Guut, ich denke, dann mache ich mich mal an die Arbeit..", lache ich verschmitzt und kratze mich an der Wange. Talib steht nun ebenfalls auf und klopft mir väterlich auf die Schulter. "Danke, dass du das trotz deines freien Tages tust.. Damit hilfst du wirklich der ganzen Stadt!" Egal wie oft er es noch wiederholt, ich weiß, dass es mir erst besser gehen wird, wenn ich diese Nachricht erst zu Papier gebracht habe. Schnell nicke ich den beiden noch ein weiteres Mal zu, verschwinde dann aber in meinem kleinen Zimmer und setze mich auf den alten Tisch. Irgendwie weiß ich nicht wie ich anfangen soll... Was wird Atemu denken, wenn er den Brief erhält?! Wird er wütend sein? Verstört? Besorgt? Naja.. besorgt wohl am wenigsten nachdem ich Kemet für ihn zu einem leichteren Angriffsziel für die Römer gemacht habe.. Augenblicklich überkommt mich Angst - Was ist wenn er den Brief einfach nur wütend zerreißt? Und das nur wegen mir?! Die Menschen hier hätten eine echte Chance, würde nur jemand anders dem Pharao die Lage erläutern!! Vorsichtig streiche mit der Zunge kurz über die Federspitze und tunke sie dann in die grünliche Tinte ein. Jaa.. Ich könnte alles zunichte machen... Ist mir das klar? Die ersten Zeilen kommen federleicht auf das Papier, doch in mir brodelt es. Ich muss natürlich auch nicht unter meinem Namen unterzeichnen.. Er würde meine Schrift sicher nicht sofort erkennen. Aber.. Will ich das denn? Yugi, ertappst du dich ein weiteres Mal dabei, wie du dir Hoffnungen machst?! Aber.. Vielleicht freut er sich ja, dass er ein Lebenszeichen von mir erhält.. Holt mich hier ab und alles ist vergeben und vergessen..? Wohl doch nur ein Wunschtraum.. Ich seufze auf und schreibe die gewöhnliche Anrede an den Pharao nieder, wohl das Einfachste hier. Da ich ja als Ersatzpharao gedient habe, weiß ich genau, wie man einen solchen für sich gewinnen kann - Wie viele Briefe ich lesen musste.. Ich hoffe Atemu macht dies gewissenhafter als ich.. Mein Atem geht zu meiner Überraschung, trotz allem ziemlich ruhig, auch als ich mich konzentriert dem Hauptteil des Textes widme. Es ist auf eine Art und Weise kinderleicht! Ich habe es ziemlich oft tun müssen, als ich für Atemu Briefe aufgesetzt habe, jedoch helfen mir auch die Aufzeichnungen über Politik. Ein paar Minuten später betrachte ich mein Werk und bin doch irgendwie stolz auf mich - wäre ich an Atemus Stelle würde ich mich sicher sofort dem annehmen. Mein Blick gleitet nach mehrmaligem Durchlesen auf den leeren Platz, wo eigentlich die Unterschrift des Verfassers hingehört. Unruhig beginne ich an meiner Unterlippe zu knabbern, starre verbissen weiter darauf. Was soll ich bloß tun? Unterschreiben?? Atemu würde bestimmt einen seiner Männer hierher schicken und mich zurückholen, ich verdiene seiner Meinung nach sicher eine Strafe. Unruhe breitet sich in mir aus - Ich will das nicht! Natürlich.. es ist vollkommen richtig, aber wer will schon von der Liebe seines Lebens diese Art von Behandlung ertragen wollen? Ich würde das nicht aushalten.. Wenn er mich nur aus wütenden Augen anstarrte, kam meistens das Gefühl von Schuld und Verachtung in mir hoch. Schon immer war es für mich eine Qual, wenn er Probleme hatte.. Und waren sie durch mich entstanden, dann verfluchte ich mich noch mehr. Aber.. hat sich das denn bis jetzt geändert? Sicher nicht. Noch einmal überfliege ich meine geschriebenen Zeilen, wohl aber nur, um nicht weiter über das Thema nachdenken zu müssen. Jedoch bleibe ich nicht lange verschont und muss mich gleich darauf wieder besinnen eine richtige Entscheidung zu treffen. Wieso bin ich in solchen Angelegenheiten auch so entscheidungsschwach??! Mit einem erneuten Seufzen stütze ich meinen Kopf auf meine Arme und schließe die Augen. Wie wäre es wohl, wenn alles wieder in Ordnung zwischen mir und Atemu wäre..? Ob er.. Mit einem Ruck reiße ich mich hoch und keuche leise. Verdammt, ich bohre schon wieder in meinen eigenen Wunden!! Es reicht! Entschlossen greife ich ein zweites Mal zur Feder und schreibe meinen Namen unter den Text, meine Hand zittert ungewöhnlich. Dann sollen sie mich finden! Soll er mich bestrafen - Ich habe es sowieso verdient!! Wenigstens tue ich Gutes für diese Stadt.. Ein wenig Erleichterung macht sich nach ein paar Minuten in mir breit und ich fühle mich ausgelaugt. Tja.. sollte ich mit diesem Brief etwas bewirken, dann ist wenigstens mein Gewissen rein. Und die Leute hier können so weiterleben, wie sie es gewohnt sind.. Mit einem entschlossenem Nicken greife ich nach der Papyrusrolle und marschiere damit zurück in den Hauptraum, wo Hana bereits die Zutaten für das Mittagessen an den Tisch legt. Ich halte kurz die Luft an, ehe ich den Brief auf den Tisch lege - in ihren Augen erkennt man deutlich Hoffnung. Allein das sollte mir doch reichen, oder? ~~~~~~*Atemu*~~~~~~ Mir fällt es immer schwerer Dädalus weiter die letzten Meter bis zu dem kleinem See anzutreiben, da sein Trab eher einigen gehüpften Schritten entspricht und meine Beine bereits durch das dauernde Treiben der letzten Minuten fast taub sind. Dieses Pferd weiß aber auch nicht, was es will! Erst rast er quer mit mir über den Sandstein und die ausgetrockneten Ebenen und rennt sich die Seele aus dem Leib - und nun kriege ich ihn nur durch ständigen Druck weiter vorwärts. Wir erreichen das Gewässer, welches ein kurzer, aber breiter Flussarm des Nils ist und von Palmengewächsen und Sträuchern umgeben ist. Es erinnert jedoch eher an einen See, an welchen die Kinder des Dorfes sicher oft spielen und die Fischer ihr Geld verdienen. "Wir rasten hier!!", ordere ich an. Ich mache mich schwer im Rücken des Hengstes und reiße an den Zügeln, weil sich das sture Biest nicht zum Anhalten überreden lässt. Wir tänzeln zwei ganze Runden um die eigene Achse, ehe ich mich durchsetzen kann und Dädalus stillsteht. Verfluchtes Tier, wenn er wüsste, wen er da auf sich trägt!! Schnell rutsch ich von der Sitzdecke hinab und lasse die Zügel los. "Ich bin mal nicht so, du darfst dich am See bedienen..", nuschele ich seufzend und suche augenblicklich den kühleren Schatten der Bäume auf. Auch meine Begleiter steigen von ihren Tieren hinab und es finden sich einzelne Grüppchen zusammen. Plötzlich springen jedoch alle aufgeschreckt zur Seite und erst dann erfasst mein Blick Dädalus, der in einem Tempo, als wäre Totengott Seth persönlich hinter ihm her, galoppiert über die staubige Ebene zurück in die Richtung, aus der wir gekommen sind. Einige schreien nur entsetzt "Pharao!" auf, andere schwingen sich augenblicklich wieder auf ihre Tiere und jagen dem Apfelschimmel nach. Kopfschüttelnd betrachte ich das Schauspiel und setze mich an den gefurchten Stamm einer Palme. Hätte ich doch nur meinen Checkmate bei mir! Er würde sich nie so benehmen, ich habe ihn wohl erzogen! Das Tier ist wirklich seltsam... Ich dachte, mit einer harten Hand und genug Willen könnte man dieses Pferd zähmen.. doch dann wendet es sich erst recht gegen den Reiter... Ob es von einem Geist besessen ist?? Yugi hatte schon immer ziemlichen Respekt vor dem Zwilling, seines Pferdes.. Einige Male hat er versucht, mit dem Tier zu arbeiten oder es mehr an den Menschen zu gewöhnen, doch nie hatte er wirklich Erfolg. Meistens hatte das Tier ihn letztendlich mal wieder irgendwie verletzt, weil mein Cousin ihm einfach zu viel Vertrauen schenkte... Versteht er nicht, dass dieses Pferd unberechenbar ist? Er könnte sich doch mit Ikarus begnügen und Dädalus weggeben.. Ich bette meinen Kopf auf meine Knie, schließe körperlich, sowie geistig erschöpft die Augen. Nein... Yugis Herz ist zu groß... Er hängt an diesem Tier... Und er hat von alles und jedem ein positives Bild... Für ihn ist niemand von Grund auf böse... Jeder erhält unendlich viele Chancen bei ihm... Eine gewisse Art von Leichtsinn bereits... Naivität... Wie oft habe ich mich früher vor ihn gestellt... Ihn geschützt vor Personen, die ihn ausnutzen wollten.. Er war stets zu blind Heuchelei selbst zu erkennen. Und das obwohl er eigentlich der Ältere ist... Doch vielleicht wurde ich von meinem Vater durch meine Position als Kronprinz einfach zu sehr auf solche Fallen getrimmt. Ich wurde vorbereitet auf diese Art von Vertrauten am Hof, die die Macht des Pharaos für ihre eigenen Interessen benutzen. Vor Verbündeten gewarnt, die einen hinterrücks ausplündern.. An mich kamen diese Verbrecher nicht heran... Doch die nächste Anlaufstelle um sich ins Vertrauen der königlichen Familie zu schleichen war Yugi. Auf gewisse Weise ein Leck im Palast, wie Chantra es oft nannte... Damit machte sie doch alles nur noch schlimmer! Yugi war oft und viel allein.. er versuchte sich verzweifelt Freunde zu machen. Ein leichtes Opfer für die schwarzen Schafe unter den Beratern, einfach ihren Sohn mit Yugi bekannt zu machen und so dem Neffen des Pharaos gewisse Gedanken einzupflanzen und ihn auf ihre Seite zu ziehen. Ständig stand ich mit dem imaginären Schwert vor Yugi und verteidigte ihn gegen diese Leute, die meinen Cousin als ihr Werkzeug verwenden wollten.. Unruhiges Pferdegetrappel erschüttert den Boden und sorgt dafür, dass ich in die Sonne hinein blinzele, aus der meine Soldaten mit Dädalus wiederkommen. Eine neue Chance für das Pferd... Was Yugi wohl sagen würde, wenn er wüsste, dass ich Dädalus geritten habe? ..... Wieso sollte er etwas sagen? Es ist ihm sicher egal, was ist auch schon dabei, dass ich sein Pferd geritten habe? Ach... Cousin.. es ist doch sonst nicht deine Art einfach tagelang zu verschwinden... Einige kommen auch auf mich zu, andere halten Dädalus im Zaun, doch ich bedeute ihnen mit der Hand, auf Entfernung zu bleiben. Immerhin wollte ich ursprünglich allein gehen!! Ich will mit niemandem reden.. will keine Gesellschaft.. will allein sein.... Zu tief öffnet sich meine Gedankenwelt vor meinem inneren Auge... Ein Schnauben schreckt mich erst wieder aus meinen Bildern, lässt mir schlagartig bewusst werden, wie sehr sich die Temperatur doch plötzlich abgekühlt hat. Ein erneuter, warmer Luftzug an meinem Arm und die weiche, weiße Schnauze des Apfelschimmels vergräbt sich in den Ausstülpungen, die mein blauer Umhang an meiner Schulter wirft. Ein Zupfen. W-was macht das Tier?? Unfähig zu reagieren starre ich auf die Nüstern, die jetzt samt Maul an mir herabwandern und an dem weißen Stoff an meiner Brust knabbern. Missmutiges Schnauben und Schnüffeln.. "Dädalus, lass das!", fahre ich ihn an und reiße das Tier an der Trense von mir, "ich habe nichts zu Fressen!" Das ist es... wahrscheinlich trägt Yugi in seinem Gewand immer etwas zu Naschen für ihn bei sich, wenn sie trainieren. Warum belohnt er das Pferd noch für seine Ungezogenheit?? "Pharao!" "Hm?", reagiere ich und stelle mich wieder auf die Beine. "Es wird Zeit, dass wir wieder zurück zum Palast reiten! Ein Sturm wird aufziehen.. Es hat sich so rasant abgekühlt.." "Ja, die Vorboten haben uns bereits erreicht..", stelle ich bewusst fest, als der Wind meinen Umhang aufwirbeln lässt, "verlassen wir diesen Ort!" Ich greife mir Dädalus' Zügel und schwinge mich wieder auf seinen Rücken. "Aber wir kehren nicht zurück! Jetzt beginnt unser Ritt erst richtig!!" "Aber mein Herr! Unwetter in Kemet sind außerordentlich selten! Und wenn es eins gibt, dann auch umso stärker! Die Nacht wird auch bald hereinbrechen. Erlaubet dass -" "Nein, es geht weiter. Ich habe noch ein anderes Ziel..." "Wie Ihr wünscht, Pharao..." Der Soldat knickst vor den Hufen meines Pferdes und verschwindet wieder unter der Menge. Ich treibe Dädalus an den Flanken und er stürmt los. Jedoch deutlich ruhiger als zuvor, offensichtlich hat er sich bereits müde getobt. Kapitel 11: Rückschläge ----------------------- ~~~~~~*Yugi*~~~~~~ In meinem Kopf dreht sich alles, während ich missmutig neben Talib am Marktstand sitze und die Einnahmen, sowie Ausgaben errechne. Nachdem ich vor einer Woche den Brief an den Pharao geschrieben hatte, wurde das Ehepaar neugieriger, wodurch ich ihnen einiges mehr erzählen musste. Von alleine wären sie ja nie darauf gekommen, dass ich die hohe Kunst der Mathematik beherrsche.. Was musste ich auch dies alles am Hofe lernen? Es machte mir noch nie sonderlich Spaß, aber ich konnte zu den erfreuten Gesichtern nicht "Nein" sagen.. Ich sehe auf in die Sonne und mir werden erneut meine starken Kopfschmerzen bewusst, die sich jede Minute verschlimmern. Ich fühle mich wie in einem Rausch.. mein Kopf dröhnt so.. Mein Blick wandert schwermütig zu Talib, der gerade mit einem Kunden über den Preis von 1 ½ kg Datteln unterhält. Das müssen wohl reiche Leute sein..? Sonst kauft doch nie aus dieser Gegend jemand diese teure Ware.. Vielleicht aus dem Palast?? Hoffnung keimt in mir auf, doch zugleich auch Panik. Haben sie etwa den Brief erhalten und mich nun gefunden??! Wird der Mann hier mich gleich packen und mitnehmen?! Ich stöhne auf und halte mir den Kopf.. verdammt.. Gerade heute!! Sollte ich womöglich auch noch krank werden..? Bei Ra, bitte nicht.. Das ist wohl das letzte, was ich nun gebrauchen kann. Mit leichter Enttäuschung, aber auch Erleichterung sehe ich, wie der Mann die gekaufte Ware in einen Sack verstaut und mit einem Winken sich von unserem Stand entfernt. Ich bin wohl heute ziemlich nervös... Natürlich weiß ich auch wieso - es ist ja nicht nur, da ich innerlich doch einen Suchtrupp erwarte, meine Hoffnung steckt eher in einem Brief, der schon viel zu lange hierher braucht.. Atemu hätte ihn schon längst lesen und unterzeichnen sollen! Was ihn bloß aufhält..? Unwillkürlich reiße ich meinen Blick streng nach unten zu meinem Papyrusblatt und rechne weiter. Ich darf mich nicht ablenken lassen!! Das hier muss heute fertig sein - ich sollte mich selbst zügeln! Im Palast hätte man mir schließlich auch nicht so etwas durchgehen lassen. Wahrscheinlich habe ich bereits ein wenig meiner Disziplin mir selbst gegenüber verloren.. Tief seufze ich. Ich vergrabe mich wieder in den Rechnungen, halte mir dabei ständig den Kopf oder massiere mir die Schläfen. Das soll ja bekanntlich das Denken fördern.. Erst ein etwas lauteres Gemurmel lässt mich erneut aufschauen und durch die Runde blicken. Es sind bereits mehrere Menschen auf dem Marktplatz, die meisten stehen jedoch irgendwo in der Nähe unseres Standes. Hat Talib etwa so eine außergewöhnliche Ware?? Und wenn - wieso gab es dann nicht schon längst ein Preisangebot oder einen Käufer? Noch ehe ich realisieren kann, was eigentlich wirklich los ist, höre ich einen lauten, deutlichen Ruf: "Er hat diesen Brief geschrieben!!!" Der eher stärker gebaute Junge zeigt auf mich, worauf sich die ganze Aufmerksamkeit auch auf mich richtet. Sofort wird meine Gesichtsfarbe um einiges dunkler. Was ist denn hier los? Ja, natürlich habe ich den Brief geschrieben... Was ist daran besonders? Ein etwas älterer Mann kommt auf mich zu und scheint ein wenig aufgebracht. "Sag mal, was hast du in diesen Brief hineingeschrieben? Hast du es nicht ordentlich gemacht?? Rede schon!!!", faucht er mich laut und deutlich an, was nicht nur an mir ohne jeglichen Zorn vorübergeht. Talib geht schnellen Schrittes zu ihm, sein Gesichtsausdruck spricht Bände. "Lasst Yugi in Ruhe, er hat sein bestes getan, als er für uns den Brief geschrieben hat!! Selbst er kann nur - genau wie wir - warten und hoffen das bald eine Antwort kommt!" Talib erschreckt mich manchmal wirklich.. auf irgendeine Art und Weise sind sich er und Atemu sehr ähnlich. Auch er ist außergewöhnlich ruhig, wenn er mit anderen solche Angelegenheiten klärt oder sich aufregt. Nie würde es ihm wirklich in den Sinn kommen zu schreien.. "Es tut mir Leid, ich hoffe doch auch auf eine Antwort..", nuschle ich leise, aber wohl eher vor mich hin, alle anderen scheinen es nicht wirklich zu hören. Der ältere Mann schnaubt noch einmal und wirft mir einen verachtenden Blick zu, ehe er zu den anderen zurückgeht und diese sich weiter unterhalten. Ich höre deutlich was sie reden.. oder besser über wen. Sie machen sich nicht die Mühe zu flüstern oder leiser zu sprechen - ja ich soll hören, dass ich es wieder mal verbockt habe! Meine Augen werden langsam feucht und es bilden sich in den Winkeln Tränen. Energisch wische ich sie weg und widme mich zerstreut den Ausgaben Talibs. Doch irgendwie scheint es nun endgültig zuende zu sein mit meiner Disziplin.. Wieso sehe ich alles bloß so verschwommen? Ich merke, wie Talib sich zu mir dreht, weshalb ich schnell meinen Kopf zur Seite drehe und ein Schluchzen unterdrücke. Immer wieder streiche ich völlig zerstreut und unschlüssig die Falten auf meinem Lendenschurz glatt, versuche meine Gefühle zu überspielen. - Anscheinend zum ersten Mal mit Erfolg. Der alte Mann widmet sich wieder seinen inzwischen wenigen Kunden, die sich hier nun versammeln, verstaut gewünschte Ware in den Säcken der Käufer. Der Zettel auf meiner zitternden Schoß rutscht von alleine herunter und fällt mit schwungvollen Bewegungen zu Boden, was ich aber nur am Rande wahrnehme. Mir fällt es immer schwerer mich auf meine Umgebung zu konzentrieren.. zu stark sind meine Kopfschmerzen, zu tief sitzt die Erkenntnis, dass ich es wieder mal einfach verpatzt habe... Ich habs verbockt!! Ein zweites Mal! Was tue ich als nächstes? Lasse ich den Nil austrocknen..??? Ein verzweifelter leiser Schluchzer entrinnt mir, während ich schnell aufstehe und den Platz verlasse. Zu nichts bin ich gut.. Alles mache ich falsch... Was nützt es den Menschen hier, wenn sie jemanden haben, der alles in die Brüche gehen lässt?? Ich kann schreiben - ist ja toll!! Und das Wichtigste: Rechnen! Soll ich mich nun dadurch besser fühlen? Überhaupt nicht... Ich bringe sowieso nur Unglück.. Nicht mal im Palast habe ich es geschafft, wirklich eine Sache gut zu machen.. Immer musste Atemu hinter mir stehen und mich vor Menschen, bei denen ich nicht gesehen habe, dass sie bloß an das Vertrauen und die Macht des Pharaos herankommen wollen, beschützen. Ich habe es so satt für jeden bloß eine Last zu sein!! Vielleicht wäre es ja besser, wenn ich... schließlich würde es so vielen dann besser gehen.. Mein Blick wandert zum Nil und auch gleich an die tiefer gelegenen Stellen, in denen man leicht ertrinken kann. Automatisch gehe ich darauf zu, bleibe aber beim Ufer stehen. Andererseits.. ich weiß sowieso, was mich mal wieder zurückhalten wird - wie jedes Mal.. Angst. Ich bin einfach zu feige, um nun den letzten Schritt zu machen.. das war ich schon seit ich denken kann. Noch nie habe ich es geschafft etwas genau so durchzuziehen, wie ich es wollte.. Kein Wunder, dass Atemu mich langsam satt haben muss.. Ich kann es ihm nicht verübeln. Wer will schon so ein Anhängsel? Stille Tränen rinnen über meine Wangen, während ich mich in den Sand, der durch wenig Gras überzogen ist, setze. Ab und zu gleiten meine geschundenen Beine in das kühle Nass und paddeln ein wenig darin. In solchen Momenten lässt man also die Seele baumeln? Ich spüre reichlich wenig davon.. Tief seufze ich und streiche mir durchs Haar. Auch jetzt spüre ich das Gefühl einfach wegrennen zu wollen.. zu flüchten... Zu irgendjemandem der mir Trost spendet und mich wieder aufbaut. Ich weiß, wie einsam ich hier bin.. Aber zu wem soll ich gehen? Wer macht mir Mut?? Bei wem darf ich mich ausweinen, ohne dass ich das Gefühl bekomme - eigentlich möchte er so schnell wie möglich von hier und von mir weg. Talib und Hana scheinen dieses Glück gefunden zu haben.. Seto hat es wahrscheinlich bereits auch... mit Atemu. Vielleicht ist das mein Schicksal? Dann will ich es aber nicht akzeptieren!! Andererseits.. Ist das vielleicht der Grund, weshalb mir nichts gelingt? Wenn ich endlich aufgebe danach zu streben, wird dann alles besser?! Meine Gedanken bleiben an dem Punkt hängen, während ich mir ein weiteres Mal bestimmt die Tränen wegstreiche. Ich sollte damit endlich aufhören und mich in den Griff kriegen.. Talibs Rufe lassen mich jedoch aufschauen und sofort ziehe ich meine Füße aus dem Wasser. Keuchend kommt der alte Mann auf mich zu, sein besorgter Blick macht mir schon jetzt ein schlechtes Gewissen. "Was suchst du denn hier, Yugi? Ich hab dich überall gesucht, Junge!" Mit einem Rotschimmer auf den Wangen entschuldige ich mich bei ihm, ehe ich hinter ihm den Weg zu seinem Stand zurücktapse. "Im Übrigen, danke Yugi. Ich habe deinen Zettel bereits angesehen und bin über das Ergebnis sehr zufrieden. Das nächste Mal, leg ihn mir aber bitte nicht auf den Boden." zwinkert er mir zu. Ich nicke scheu, habe anscheinend nun auch meinen letzten Rest an Selbstvertrauen verloren. Mich hätte es sowieso nicht gewundert, wenn meine Berechnungen falsch gewesen wären.. Ich liege in meinem Bett, in dem kleinen Kämmerchen, welches mir zur Verfügung steht... alleine, im Dunklen. Wollte nicht weiter nachdenken, habe sofort das Licht gelöscht und meine Schriftrollen liegen irgendwo im Hauptraum.. ich hatte mir auf dem Weg vom Markt aus nach Hause so fest vorgenommen, nicht weiter nachzudenken.. über mich selbst, meine Fehler, Wünsche und Hoffnungen. Und schon gar nicht wollte ich über meine Cousins vor meinem inneren Auge sehen. Ich habe die Kerzen ausgeblasen und wollte schlafen, einfach nur schlafen und meine Ruhe haben. Der Schlaf ist der einfachste Zustand, vor seinen Problemen zu flüchten.. man ist weit weg, für Stunden und bekommt nichts mehr mit. So einfach hatte ich es mir zumindest vorgestellt... Und doch... ich denke doch wieder über alles und jeden nach.. der Spuk in meinem Kopf, der mich nicht einschlafen lässt. Habe ich etwa schon wieder etwas verdorben?? Wieder Leute enttäuscht... Ach verdammt, weg mit diesen Gedanken, es sind wieder die gleichen wie heute Mittag!! Warum kann man sie nicht abstellen? Ich will sie verdrängen, in die hinterste Ecke! Wollte hier mein Leben doch neu beginnen... Doch statt eines neuen Anfangs habe ich für meine Lebensweise eine Fortsetzung geschrieben.. es geht genauso weiter wie bisher.. Ras Strahlen dringen erst ziemlich spät durch die dichten, dunklen Vorhänge. Ich springe auf und stelle fest, dass die Sonne bereits recht tief steht, der frühe Mittag beginnt. Ich muss nach diesen Erinnerungen doch recht bald eingeschlafen sein und das sogar ziemlich lange. Irgendwo bin ich dankbar, wenn mir da nicht Talib eingefallen wäre! Er ist sicher schon lange auf dem Marktplatz und braucht meine Hilfe! Wobei... wenn ich an den Markt denke, sträubt sich alles in mir. Ich will da nicht hin... nicht unter all diese Leute! Diese Blicke.. die Abneigung, welche sie mir entgegenbringen.. Dabei habe ich dieses Mal nichts Falsches getan!! Wirklich nicht! Ich springe förmlich in mein Gewand und hechte in den Hauptraum. Hana ist bereits dabei, mit einem alten Stück Stoff und einem Krug Nilwasser die Regale zu säubern. "Guten Morgen Yugi!", kommt es von ihr, ohne sich zu mir umzudrehen. "Guten Morgen", gebe ich zurück und greife mir einen Krug vom Tisch und fülle ihn mit einem Wasservorrat für den langen Arbeitstag. Und schon habe ich meine Hand am hölzernen Türknauf und will die Wohnung verlassen. "Willst du denn vorher nichts essen?" Ich halte inne und sehe über die Schulter zu Hana, die sich von ihren Regalen abgewendet hat und mich besorgt ansieht. Ich schüttele nur den Kopf, will noch dankend ablehnen, aber irgendwie bekomme ich meine verdammten Zähne nicht auseinander! Als ich auf den Markt ankomme, sehe ich bereits von weitem, wie Talib alle Hände voll zu tun hat. Die Käufer stehen für sein Gemüse Schlange, wie schon seit Tagen nicht mehr! Sollte heute etwa mein Glückstag sein und ich kann meinem Gastgeber wenigstens helfen, einen großen Umsatz und Gewinn zu machen?? Er schafft es kaum alleine, all diese Leute zu bedienen! Ich renne auf seinen Stand zu, mein Gewand flattert im leicht aufkommendem Wind. Ich habe mich heute für das Weiße entschieden, mit den gold-gelben Verzierungen und Stickerein darauf, welches ich mir aus dem Palast mitgebracht habe. Ich trage es im Wechsel mit einem Stoff, der aus mehreren Brauntönen besteht und eher an einen Lumpen erinnert. Naja nicht ganz, das wäre unfair gegenüber Hana, sie hat es immerhin aus Resten genäht, damit ich zumindest etwas zum Wechseln habe. Jedenfalls bilden diese zwei Gewänder einen ziemlichen Kontrast zueinander.. Ob mein äußeres Erscheinungsbild wohl auch zum Gesprächsstoff dieser Bürger beiträgt..? Ein Glück komme ich bereits an unseren Markstand an und muss nicht weiter darüber nachdenken. Ich will nicht weiter von mir selbst hören, dass ich mich schon wieder zum Außenseiter katapultiert habe. "Ach Yugi! Schön, dass du da bist. Ich dachte, du kommst heute nicht", begrüßt mich Talib und klopft mir freudig auf die Schulter. Ich folge seiner Hand mit den Augen, muss aber den Blick abwenden, da der mittelgroße, gestickte Skarabäus auf meiner Schulter Ras Strahlen schmerzend hell reflektiert. "Ähm.. doch... natürlich..", blinzele ich", "Hana hat mich nicht geweckt - es tut mir leid" "Nicht doch, es war nicht als Vorwurf gemeint, ich-..." Doch ich höre ihm schon gar nicht mehr weiter zu, denn ich muss feststellen, dass plötzlich ein Kunde nach dem anderen aus der Warteschlange austritt. Unmerklich werden aus fünfzehn Leuten zehn... dann acht... und plötzlich stehen nur noch zwei vor mir. Taumelnd versuche ich zu erfassen, wo sie hin sind, jage ihnen mit den Augen hinterher, doch sie tauchen in der Masse rund herum unter. Ja, überall eine Menschenmasse... nur an unserem Stand nicht... Talib steht genauso fassungslos da. Mein Herz fühlt sich kalt an und mein Magen zieht sich zusammen. Krampfhaft versuche ich mir einzureden, dass es nicht wegen mir ist!! Nein, nein... es muss doch einen anderen Grund haben... zufällig..... irgendeinen.. Kapitel 12: Der nächste Entschluss ---------------------------------- ~~~~~~*Yugi*~~~~~~ Ein markantes Räuspern. Ich drehe meinen Oberkörper wie gelähmt herum. Blicke direkt in die braunen Augen einer Frau mit langen schwarzen Haaren: "Entschuldigung.. Könnte ich jetzt bitte endlich meine Feigen haben?" Ich starre nur weiter, bin unfähig mich zu bewegen, mir rasselt nur immer wieder der Gedanke durch den Kopf, dass sie und der Mann, der unmittelbar hinter ihr wartet, die letzten uns gebliebenen Kunden sind. Was... was habe ich bloß an mir?? Automatisch berühre ich meine Wangen.. meine Arme.. betrachte mir dann meine Hände.. Dreckig bin ich nicht.. und mein Gewand ist auch sauber.. Ehe mich mein Gehirn wieder daran erinnert, dass ich die restliche Kundschaft endlich mal zu bedienen habe, nimmt sich bereits Talib der immer noch wartenden Frau an. Ich seufze, will mich gerade um den Mann kümmern, da schüttelt er bereits ärgerlich mit dem Kopf und verlässt seinen Standort. Angsterfüllt vor Talibs Reaktion beuge ich mich vor und will noch etwas rufen, doch meine Stimmbäder fühlen sich einfach nur ausgetrocknet an, so schnappen meine Ohren noch ein gemurmeltes "Unverschämtheit!" auf, ehe ich den gehoben Arm entmutigt wieder sinken lasse. Fassungslos greife ich mir mit der Hand in die Ponysträhnen und packe sogar so fest zu, dass es bereits schmerzt. Eine Angewohnheit, die ich mir von Atemu abgeguckt habe. Was haben sie bloß alle..? Ich.. ich hab doch mein Bestes versucht!! Warum rutsche ich dann bloß wieder in die Rolle des Schuldtragenden?? Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen, während ich zurücktaumle und mein Gleichgewicht kaum noch halten kann. Stimmen.. von überall nur lauter Stimmen.. hasserfüllte, missbilligende.. verachtende... Ich wollte doch nichts falsch machen!!! Ich.. bei Ra... Tränen sammeln sich in meinen Augen, worauf ich sie energisch wegwische. Scheint in mir das Unglück zu wohnen? Konnte ich nicht wenigstens hier mein Glück ausleben, das ich gefunden zu haben schien?? Ein unterdrücktes Schluchzen kommt über meine Lippen, ehe ich Talibs Hand auf meiner Schulter spüre. Oh.. wie muss er enttäuscht von mir sein... Schmerzhaft beiße ich mir auf die Unterlippe und versuche einen nächsten Laut der Verzweiflung zu unterdrücken. Er soll nicht hören, wie sehr mich das trifft!! Doch er sagt überhaupt nichts, scheint mir bloß klarmachen zu wollen, dass.. ich an allem schuld bin? Ich bin müde.. Zuviel Last tragen meine Schultern schon, zu oft schon hat mein Herz meine Fehler und Abweisungen aushalten müssen.. Ich kann einfach nicht mehr! Ich schaue auf und kann durch meinen verschwommenen Blick die eigenen Blicke der Menschen um uns herum erkennen - wenn auch schemenhaft. Mir erscheint das alles so unwirklich.. irreal.. Sollte mein Schicksal wirklich die Einsamkeit sein? Das Tuscheln der Leute lässt mich einen weiteren Schritt nach hinten machen. Am liebsten würde ich es ihnen allen ins Gesicht schreien. Was hätten sie denn ohne mich gemacht?? Niemand von ihnen kann lesen oder schreiben! Kein einziger!! Und bloß weil kein Rückbrief gekommen ist.. bloß weil ich ihn geschrieben habe.. Deswegen gehen sie alle auf mich los? Was kann ich dafür, bei Ras Willen?? Und vor allem.. Was kann Talib dafür? Ich will nicht, dass es ihm und Hana schlecht geht, nur weil ich von den Menschen hier gehasst und verachtet werde.. Mal wieder... "Yugi... du hättest nicht so lange zögern sollen..", durchbricht Talibs Stimme nach einigen Minuten des Schweigens an unserem leeren Stand die Stille. Seine Hand ruht noch immer ruhig auf meiner Schulter, die andere streicht mir beruhigend den Rücken. Trotz allem ist seine Stimme nicht böse..? Dankbar drehe ich mich zu ihm um, will ihm sagen wie schrecklich Leid mir das alles tut, da sehe ich, dass sein Blick dagegen aber in die Ferne gerichtet ist. Es war klar, dass er nicht gerade begeistert von meiner "Aktion" ist.. "Du bist doch gekommen, um mir zu helfen... Warum hast du es dann nicht getan?" "Ich... ich.." Kein Ton kommt über meine Lippen.. seine Stimme klingt plötzlich so enttäuscht... Ich möchte nicht auch noch sein Vertrauen und seine Freundschaft verlieren!! Jedoch werde ich, teils zum Glück, teils zu meinem Bedauern, von einem kleinen Jungen unterbrochen, der geduldig vor uns steht. Ich kenne ihn - er ist der Sohn eines Stammkunden von uns. Ob er wirklich etwas..? "Guten Morgen, Talib", gekonnt scheint er mich zu ignorieren, sein eher eisiger Blick ruht bloß auf dem älteren Mann, "Ich bin gekommen, um dir etwas auszurichten.." Talib wird hellhörig, sowie auch ich. "Ahja?" Seine Stimme kratzt den letzten Rest an Höflichkeit zusammen, die er nach unserem gestrigen Erlebnis noch aufbringen kann. Irgendwie total nett, dass auch er nun eine leichte Verachtung gegenüber den Leuten hier hegt.. Als ich meinen Blick wieder zu dem Jungen hebe, der nur um ein paar Jahre jünger als ich zu sein scheint, merke ich, wie sehr ihm dies alles schwer fallen muss. Kurz sammelt er noch seine Stimme: "Jaa.. Also mein Vater.. er möchte hiermit die Schulden zurückzahlen.. Er will dir schließlich in nichts nachstehen." Vorsichtig drückt er Talib einen Sack in die Hand, der nur perplex auf den Kleineren sieht. "Wieso das? Dafür muss er dich doch nun nicht schicken, das hätte er beim nächsten Mal bei Lieferung seiner Feigen auch machen können?" "Das wird es eben nicht geben - Zumindest solange der da" Sein Finger ist auf mich gerichtet, "hier ist und bleibt." Mein Magen zieht sich zusammen - mir wird unglaublich schlecht. Der Junge kommt, um uns auszurichten, dass Talib wohl auch einen seiner letzten Stammkunden verliert bzw. verloren hat.. Das ist doch ein schlechter Scherz??? "Aber..-" Noch versucht Talib sich das alles erklären zu lassen, aber ich denke auch er weiß, wieso.. Tja, wieso wohl? Weil ICH hier bin!!! Verwirrt sieht der ältere Mann dem Jungen hinterher, danach lässt er sich mit einem Seufzen auf dem ihm nahen Stuhl sinken. Immer noch versuche ich verzweifelt zu begreifen, warum alle so gegen mich sind.. Ich konnte und kann doch auch nicht mehr tun.. Oder? "Yugi.. Ich sage das nur ungern, aber vielleicht wäre es besser..-" Ich lasse ihn gar nicht ausreden, ich will es nicht hören.. Ruckartig erhebe ich mich von meinem eigenen Stuhl, auf dem ich mich vorhin gerade gesetzt hatte und nicke bloß. Will er mich nun fortschicken? Oder nur zu Hana?? Es ist mir so ziemlich gleich... Mit einem letzten Blick sehe ich zu Talib. Er sieht mich nicht an, hat den Rücken zu mir gewand.. aber ich habe auch so schon diese Aufforderung verstanden. Ich blicke mich noch einmal hilfesuchend um, dann verlasse ich den Markt eiligst. Doch wohin nur? Nirgends fühle ich mich zuhause.. nirgends wohl und beschützt... habe ich mich das denn jemals hier? Habe ich denn jemals ein neues zu Hause gehabt, außer den Palast? Verbittert schüttle ich den Kopf, und antworte mir damit selbst. Sollte ich zurück? Aber wozu?? Um mit Verachten empfangen zu werden? Sie werden mich ja sowieso nicht wieder aufnehmen.. Jedoch wäre das wenigstens eine Gelegenheit, um Atemu wegen des Briefes zu befragen. Vielleicht hat er ihn nie bekommen?? Dann könnte ich vielleicht ihm das Problem so erklären.. Die Lage, die ich verursacht habe... Ich seufze tief. Ich erhoffe mir nicht einen Funken Verständnis von ihm, ich möchte bloß dem Dorf hier helfen - und alles wieder gut machen! Sie sollen mich nicht als Schuldigen in Erinnerung behalten, ich will einen Flecken in Kemet, wo ich mich hinflüchten kann, wenn es mir schlecht ergeht. Und dieser hier ist doch einer, wo Freundlichkeit noch kein Fremdwort ist.. Zumindest, solange man nicht das ganze Dorf zum Hungern verurteilt.. Verbittert lache ich auf und setze mich nahe einer Palme in den heißen Sand, lasse meinen Kopf darauf auf meine Knie sinken. Erst nach einer Weile bemerke ich aber, dass Ra bereits seine Vorboten auf die Nacht schickt, worauf ich mich langsam und müde auf den Heimweg mache. Ob Talib wohl wenigstens nach meinem "Rückzug" wieder ein paar Kunden mehr bekommen hat? Ich hoffe es zumindest.. Leise öffne ich die Türe der kleinen Hütte und bemerke Zähne knirschend, dass Talib bereits zurückist. Viel früher, als üblich... Anscheinend hat er seiner Frau bereits berichtet, was sich abgespielt hat, denn sie sieht mich nur mitleidig an. Ich grüße nur flüchtig und verschwinde in meine winzige Kammer zurück. Noch den ganzen Abend lang lässt mich dieser Junge auf dem Markt nicht los.. diese kalten, grauen Augen... "Das wird es nicht geben, zumindest solange der da hier ist und bleibt!", die Worte hallen ständig in meinem Gedächtnis wieder, lassen mich nicht zur Ruhe kommen. Ich kann nicht länger hier bleiben.. es zerfrisst mich!! Ich muss hier weg, muss hier weg.... weit weg... Schon wieder woanders hin? Welches Fleckchen Erde in ganz Kemet habe ich denn noch nicht aufgesucht? Okay, das ist übertrieben.. ich habe eigentlich mein ganzes Leben lang im Palast verbracht.. Der Palast! Hohe, starke, schützende Mauern.. genug zu essen.. mein Gemach... Menschen, die ich kenne, mit denen ich schon seit Jahren zusammen lebe.. Auch Atemu.. Dort wäre ich außerdem weit weg von hier... von diesen Leuten! Man sollte sie schon gar nicht mehr Menschen nennen... eher Monster! Sie stürzen sich wie wilde Tiere auf ihre Opfer und würden es am lieben mit ihren Mäulern in tausend Fetzen reißen.. Wenn sie erst einmal einen gefunden haben... stürzen sie sich auf ihn, wie die Geier! Irgendwie ist es eine gewisse Ironie... zuerst bin ich aus dem Palast davon gelaufen.. wegen meinen Fehlern und den Reaktionen von Atemu und Seto.. Und jetzt? Ich lache bitter. Jetzt laufe ich vor meinem Fluchtort aus genau demselben Grund fast wieder weg.. und zwar genau dahin zurück, wo ich herkomme! Ich wickele meine wenigen Habseligkeiten in die Decke zurück und stopfe diese in einen der mitgebrachten Körbe und mache alles für eine baldige Abreise bereit. Heute Nacht werde ich nicht mehr gehen.. Ich möchte mich erst in der Früh von dem netten Ehepaar verabschieden.. sie haben mir so viel gegeben! Ich bin ihnen wirklich viel schuldig! Außerdem.... muss ich mich auch noch entschuldigen.. und ich werde ihnen versprechen, dass ich alles wieder ins Lot rücke! Ich schlafe unruhig und auch nur leicht, so dass ich direkt von Ras ersten Strahlen senkrecht im Bett sitze, als hätte ich auf sie gewartet. Quälend werfe ich mich jedoch noch einmal zurück... Es liegt wieder diese lange Reise vor mir, fast 3 Tage! Ob ich noch mal so viel Glück habe ist fraglich.. Vor allem, da ich dieses Mal keinen Proviant bei mir habe. Außer das Abendessen von gestern Abend - ich habe es mir extra aufgehoben und dazu kommt noch das Frühstück von heute. Ich kann unmöglich nach einem Vorrat für die Reise bitten.. nicht nach all dem, was sie wegen mir über sich ergehen lassen müssen! Ich stehe schließlich auf und bekleide mich mit meinem sonnengelben Gewand, immerhin ist mein Ziel wieder der Palast. Niedergeschlagen und erfolglos kehrt der verlorene Sohn nach Hause zurück.. Ich schleiche mich durch den einzigen Hauptraum, hinter einer Abtrennung auf langen Stofffetzen höre ich Talib und Hana sich umherwälzen. Die beiden sind also schon mehr oder weniger wach.. umso besser, merken sie also direkt, dass ich gehen werde. Ich verlasse auf Zehenspitzen das Haus um Ikarus nach den etwa vergangenen 2 Wochen vom Nilufer, welches mit saftigen Gräsern übersäht ist und als Ziegenweideplatz dient, wegzuholen. Ich zäume ihn schnell und werfe ihm die Decke über den Rücken, um ihn mit vors Haus zu führen. Schnaubend lässt er es geschehen, ich streiche ihm durch die dünne, silbrige Mähne. "Es geht heimwärts Ikarus... Na, freust du dich?", flüstere ich ihm ins Ohr und lächele verloren. Vor dem Haus schnalle ich dem Hengst die gepackten Körbe wieder an und bin gerade fertig, da taucht Hana hinter mir auf. Erschrocken zucke ich zusammen, hatte ich doch so früh noch nicht mit ihr gerechnet. "Yugi... Du willst wirklich fort?", ich fahre herum und beäuge den kleinen Korb in ihrer Hand genauer. Den will sie mir doch nicht...? "Theben ist weit... du wirst Proviant brauchen. Es ist zwar nicht viel... aber hier bitte...!" Ich schüttele den Kopf: "Nein, das kann ich wirklich nicht annehmen!! Ich habe nur Schaden angerichtet!!", ein Blitzt zuckt durch meinen Körper, "aber woher weißt du..?" Hana lächelt mich an, scheint mich ermutigen zu wollen: "Du kommst aus Theben, richtig? Deine Kleidung hat uns bereits am ersten Tag verraten, dass du aus einer höheren Schicht stammst.. und wer dazu noch lesen und schreiben kann.. der kommt aus einem reichem Viertel der Hauptstadt." Ich lasse den Kopf hängen, überlege, ob ich hinzufügen soll, dass ich sogar aus dem Palast selbst stamme.. dass ich des Pharaos rechte Hand bin.. oder besser war.. Aber ich entscheide mich dagegen. Sie sollen diese Version hier glauben, sonst hätte ich mich auch direkt am ersten Tage meiner Ankunft hier zu erkennen geben können. Hana schnallt ihren Korb direkt an meinen. "Nein...", flüstere ich verzweifelt. "Doch", ertönt nun auch die dunkle Stimme Talibs hinter uns. "Es ist okay Yugi, wirklich. Habe eine gute Reise... und Ra möge dich unterwegs leiten!", wie zufällig mustert er dabei mein Gewand - es war dumm von mir, in meinen edlen Gewändern hier aufzutauchen. Natürlich trägt nicht jeder die Zeichen des Ra auf seinen Stoffen.... Welch Ironie. Doch ich habe nichts anderes in meinen Schränken. Genauso wie Atemu - auch er besitzt nur teure Stoffe... er verkörpert immerhin Horus... und ich Ra - doch ob ich das noch würdig bin? Und plötzlich kann ich nicht länger im Beisein anderer an mich halten. Ich schluchze laut auf und werfe mich aus einem innerem Impuls dem Mann um den Hals, der mich auch daraufhin umarmt. Ich fühle mich geborgen.. es gibt mir ein kleinwenig Kraft und ich nicke in der Umarmung. Es erinnert mich irgendwie an den Vater, den ich nie hatte.. "Danke Talib!", meine Stimme zittert ein wenig, aber ich versuche stark zu bleiben, "ich werde die Sache mit dem Brief in Theben richtig stellen! Und tausend Dank für das Essen und die Unterkunft... das werde ich euch nie vergessen..." Ich umarme auch noch einmal dankbar seine Frau, ehe ich mich Ikarus' Rücken schwinge. Ein morgendlicher Luftzug kommt auf und ich halte meine Nase hinein. Ich habe nicht wirklich etwas zu verlieren... habe ich doch bereits alles, was mir von Bedeutung war hinter mir gelassen. Ich schließe die Augen und der Windhauch bringt ein gewisses Gefühl der Freiheit mit sich, wenn ich an die offene, weite Wüste vor mir denke. Freiheit... und der Gedanke, nie wieder aus den Tücken des unendlichen Sandes zu entkommen ängstigt mich nicht einmal mehr. Was macht es schon, wenn ich wirklich nicht mehr zu Hause ankomme..? "Und jetzt reite Junge, wir glauben an dich!", reißt mich Talib aus meinen Gedanken zurück und gibt Ikarus einen festen Klapps auf den Po. Mein Hengst wiehert und prescht los, ich habe Mühe ihn ruhig zu halten, immerhin sind wir immer noch im Dorf auch wenn in dieser Früh gerade mal die ersten Händler aufstehen und noch kaum jemand draußen herumläuft. Kapitel 13: Ankunft ------------------- ~~~~~~*Yugi*~~~~~~ Ich galoppiere über die sandige Ebene, schreite langsamer zurück durch die felsigen Klippen, durch die ich gekommen bin. Der Wind im Gesicht tut gut und ich treibe mein Tier zu Höchstleistungen an - es ist, als wehe der schnelle Ritt alle Sorgen mit sich fort. Ich habe es zwar nicht sonderlich eilig, zurück in den Palast zu kommen.. aber es gibt mir das eben schon in Ansätzen gespürte Gefühl von Freiheit. Meine Gedanken gleiten in die Zukunft... Der Gedanke, was passiert, wenn ich auf Atemu, Seto und die Anderen treffe, lässt sich nicht weiter voraus schieben. Vor allem das Wiedersehen mit Atemu... auf der einen Seite weckt es eine kaum beschreibbare Freude in mir! Meinen Cousin, ich werde ihn wohlbehalten wieder treffen, werde ihn wieder sehen können! Doch viel zu viele Bauchschmerzen bereiten mir die Fragen, ob er mir mittlerweile verziehen hat... ob er überhaupt positiv auf mich zu sprechen ist?? Und was... was, wenn er tatsächlich letztendlich mit Seto zusammen ist? Sicher war der Hohepriester nicht untätig... es war doch immerhin seine Chance! Wir konkurrieren doch schon still seit Jahren.. ich habe ihm die Bühne geräumt.. ob er jetzt mit Atemu glücklich ist? Ich will, dass der Pharao glücklich ist... ich wünsche es ihm... und doch verbreiten diese Bilder von ihm und Seto einen Schmerz, als würde es mich zerreißen! Alles in mir schreit nach dem letzten Hoffnungsfunken, dass Atemu Seto vielleicht doch nicht.... liebt.... Ich kann eigentlich gar nicht einschätzen, was Atemu für ihn empfindet... Und dass, obwohl wir uns schon sooo lange kennen... Ich lebe eigentlich schon ewig an seiner Seite. Vor etwa drei Jahren habe ich es mir eingestehen müssen: Ich hatte mich wahrhaftig in den Pharao verliebt. Er, der wie mein Bruder war! Aber doch meinen Cousin, besten Freund und Beschützer. Mit Atemu habe ich fast meine ganze Kindheit verbracht! Und plötzlich.. ich weiß nicht woher... plötzlich war da dieses merkwürdige Verhalten von mir. Diese unerklärbaren heftigen Reaktionen die ich spontan und ohne es bewusst zu wollen immer vollzog, wenn jemand Atemu auch nur zu nahe kam. Diese extremen Gefühle der Eifersucht... dieses Prickeln und Kribbeln.. und dieses starke sich zu ihm hingezogen fühlen.. Ich konnte und wollte nicht von seiner Seite weichen! Wollte jede Geste beobachten, jedes Lächeln sehen und jedes Wort von ihm mitbekommen, welches seine angenehme Stimme sprach. Es war mir so unheimlich... immerhin handelte es sich um Atemu!! Den Jungen, mit dem ich jahrelang zusammen gelebt hatte.. Als wir noch recht klein waren, haben wir tagein, tagaus zusammen gespielt. Irgendwann lies das nach und die Pflichten holten Atemu ein... Aber wir haben auch später so viel zusammen unternommen.. Ich war immer wie sein Bruder.. niemand gab es, dem er so sehr vertraute wie mir, mit niemandem sonst hatte er so viel Spaß.. niemand hatte so viel Verständnis wie ich.. Zusammenleben all die Jahre.. und dann tauchen von heute auf morgen diese seltsamen Gefühle auf? Über Nacht? Aus dem Nichts? Nur, weil ich plötzlich alt genug und mein Körper reifer geworden war? Ich war sechzehn... und die Hoffnung, dass es lediglich eine vorübergehende Schwärmerei sein würde, verblasste bald. Bald darauf wurde er auch noch verheiratet - alles hagelte auf einmal auf mich ein. Denn nicht zuletzt musste ich feststellen, dass Seto einige Zeit später sich ebenfalls für den Prinzen zu interessieren schien. Ich glaube, ich habe diesen Bruch seit damals nie wirklich überwunden... noch heute bin ich viel verletzlicher als damals.. und auch mein Selbstbewusstsein, wenn ich denn je großartig welches hatte, ist mit dem Nil davon geflossen. * Der dritte Morgen nach meinem Aufbruch bricht an und meine müden Augen reißen sich plötzlich auf, als ich in weiter Ferne die eindeutig bekannten Stadtmauern erkenne! Die königliche Stadt, mein Zuhause - Theben!!! Atemu, ich komme! Ein letztes Mal jage ich dem Hengst meinen Absatz in die Flanken, ehe sich dieser schwerfällig streckt und ich beinahe den Atem anhalte vor Spannung, was mich wohl hinter den großen Mauern erwarten wird. In mir brodelt alles über, meine Gefühle kochen über, kann sie kaum zuordnen! Vor lauter innerer Aufregung vergesse ich, Ikarus die letzten Meter kürzer zu fassen und dieser kommt mit einer selbstständigen, extrem plötzlich ausgeführten Bremsung auf der Hinterhand zum Stehen. Und ich rutsche vor Schreck ein Stück von der Decke, kann mich gerade noch wieder hochhieven, da erblick ich auch schon die beiden Soldaten am Tor, mit ihren verkreuzten Lanzen. "Keinen Schritt weit-" "Ich glaub es nicht... AtemRa... seid Ihr es wirklich?", blinzelt plötzlich der eine. Natürlich... meine Ähnlichkeit zu Atemu ist ja noch immer unübersehbar.... und mein Rang nicht gerade gering. "Ja, ich bin es, lasst mich bitte sofort hinein!" Die beiden nicken eilig und öffnen das schwerfällige Tor. Im Schritt lege ich die letzten Meter bis hin zum Palast zurück, pfeife dann nach einem Stalljungen und drücke ihm Ikarus in die Hand. Im Vorbeieilen trifft mein Blick zufällig die dunkelbraune Schönheit Checkmate, er steht angebunden an der Halterung und döst in der Morgensonne. Offensichtlich hat Atemu nach dem Schmied geschickt, Checkmates Hufe zu raspeln. Endliich, endlich... Zitternd betrete ich die erste Stufe zum Palast, es scheint so unreal. So wie im Traum... Dabei hatte ich mir geschworen, hier nie wieder aufzukreuzen! Ich genieße noch eine Sekunde das Unwissen über das, was sich hinter den Wänden abspielt... diese gewisse Freiheit... Unwissen soll bekanntlich glücklich machen. Ich betrete den Palast, sofort bin ich in der Eingangshalle umgeben von eifrig herumlaufenden Dienern und Sklaven.. auch hier... alles wie früher. Jedoch... irgendwie beschleicht mich das Gefühl, als ob etwas anders wäre als vorher! Die Atmosphäre... scheint viel kälter! Fast so als verteile Atemu neuerdings Todesstrafen für herunterfallende Teller... Ich beeile mich, mein Gemach aufzusuchen. Ich bin staubig und dreckig von der Reise... und schrecklich durstig!! Ich eile nach oben in mein Gemach, treffe unterwegs einige von den Sklaven, die speziell für mich zuständig sind. Sie bleiben sofort in ihrem Tun stehen und verneigen sich aufwändig vor mir. Ich lächele leicht... bin diese Behandlung fast gar nicht mehr gewohnt. "Richtet mir bitte das Bad", weise ich sie an und schleppe den Korb mit meinen Habseligkeiten hoch in mein Gemach. Die Sklaven, die ihn mir abnehmen wollen schicke ich weg. Ich hab die letzten zwei Wochen ganz anderes getragen. Doch umso mehr ich von ihnen umgeben bin, desto unnatürlicher wirken sie! So verklemmt... und bedrückt... Kurz bevor ich an meinem Gemach ankomme sehe ich in einiger Entfernung Priester Karimu den Gang kreuzen. Er bemerkt mich anscheinend gar nicht mal und verschwindet eiligst in einen angrenzenden Gang. Ich will ihn gerade rufen, muss Gewissheit haben, dass ich bloß Gespenster sehe! Und irgendwo... erhoffe ich mir doch eine gewisse Wiedersehensfreude! Er soll mir ja nicht direkt um den Hals fallen.. nur zeigen, dass er sich freut, dass ich wieder hier bin...Jedoch traue ich mich nicht, habe zu viel Angst vor Vorwürfen und einem Rüffel. Karimu hat sicher zu tun. Nur... Irgendwie scheint auch noch niemand meine Ankunft bemerkt zu haben! Was ist mit den Beobachtern oben auf der Palastmauer los? Was mit den Dienern, die sonst immer die auch so kleinste Nachricht sofort an den Pharao weiter leiten? Atemu müsste längst davon unterrichtet worden sein, dass ich wieder eingetroffen bin... niemand kann sich heimlich in den Palast schleichen! Es sei denn... es sei denn, er hat alle angeordnet, mich mit Ignoranz zu strafen? Ich schleudere den Korb in eine Ecke in sehe mich in meinem Raum um. Alles unverändert... Als wäre ich nie fort gewesen. Überhaupt... wirklich alles scheint gerade so zu tun, als sei meine Anwesenheit hier das Normalste der Welt!! Ich streife die blauen Vorhänge zur Seite, trete hinaus auf den Balkon. Der Palastinnenhof ist merkwürdig ruhig. Ich schaue hinunter, normalerweise wuseln dort viel mehr Arbeiter herum! Genau unter mir liegt das Zimmer des Pharaos. Ob... ob ich in den Thronsaal soll..? Mich bei Atemu melden..? Nein! Ich muss immerhin die Sache mit dem Brief richten! Da darf ich Atemu nicht in schlechter Stimmung einfach so über den Weg laufen.. wenn er einen anstrengenden Morgen hinter sich hat wäre ein Wiedersehen mit mir wohl genau das Falsche! Erst einmal baden... dann sehe ich weiter... Ich wende mich gerade von der Balkonbrüstung ab und schiebe den Vorhang beiseite um zurück in mein Gemach zu gelangen, da trifft mich der Schlag. Ich werde sofort von zwei eisblauen Augen fixiert, der Blick nagelt mich regelrecht an der Stelle fest, an der ich gerade stehe. Wie im Bann bleibe ich unbeweglich stehen, starre einfach nur zurück. Seine Augen werden umrahmt von seinem ebenso blauen Gewand, welches im Wind durch den offenen Vorhang weht und unterstreicht seine kalte Erscheinung weiterhin. "Willkommen zurück." Was will der hier??? Das Begrüßungskomitee - wohl kaum! Ob Atemu ihn geschickt hat..? Werde ich jetzt erfahren, dass er und mein Cousin... Ich beiße mir auf die Lippe, will unbedingt etwas sagen! In meinem Kopf sprudeln die Worte und Fragen nur so, doch meine Lippen bewegen sich im Zeitlupentempo, sie öffnen sich... und bleiben offen stehen!! Mein Hals ist ausgetrocknet, meine Lippen spröde und kein einziges Wort entkommt ihnen. Nicht ein geflüstertes "Hallo" bringe ich fertig. Wie... wie ist er so plötzlich in mein Gemach gelangt? Wurde ich also doch bemerkt? Was er mir wohl zu sagen hat..? "Wo warst du so lange?", fragt er, seine Stimme klingt plötzlich zutiefst erbost und sein Blick nagelt mich anklagend weiter fest. Ich traue mich schon fast nicht mehr zu atmen! Wie? Wo? Was?? Ich atme tief ein, um endlich irgendwas zu antworten: "Ich war... unterwegs. Wo genau.. geht dich nichts an." Ich schlucke, wundere mich selbst, so harte Worte herauszubekommen. "Oh doch Yugi, das tut es! Durch deine Abwesenheit konnte etwas möglich werden, was..." Er ballt seine Hand zur Faust und drückt so fest zu, dass die Muskeln bereits zittern. "Und so was wie du hat auf dem Thron gesessen! Du Verräter!!" Wie ein Hammerschlag auf den Kopf wecken mich diese Worte aus meiner Trance. Ich schließe den Vorhang endlich und trete auf Seto zu. Alles lasse ich mir von diesem falschen Priester auch nicht gefallen! "Seto, was soll das?! Ich bin mir keinerlei Schuld bewusst!!" Natürlich ist das gelogen.. meine Fehler aus der Vergangenheit verfolgen mich ständig.. Aber die Sache mit dem Brief muss ich Seto ja wirklich als allerletztes erklären! Plötzlich wird mir etwas bewusst. Ob er den Brief meint? Bin ich deshalb ein... Verräter..? "Du hast uns verlassen, als wir dich hier am dringensten gebraucht hätten! Vor allem der Pharao hätte dich gebraucht... Aber du hast ihn im Stich gelassen! Alles ist deine Schuld!!!" Den letzten Satz schreit er beinahe, der Hohepriester scheint nur so von den aufsteigenden Emotionen ergriffen zu werden, er hat sich kaum noch unter Kontrolle! Oh bei Ra, dass passt nicht zu ihm!! Er macht mir Angst... verdammte Angst!! Was ist geschehen?? Und es ist meine Schuld? Ich habe Atemu wieder enttäuscht?? Unmöglich, unmöglich, ich... "Was ist los, Seto?? Rede lieber, statt mir Vorwürfe zu machen!!", platzt es aus mir heraus und meine Hand greift nach seinem Gewand. Er stößt mich mit einem Schwung weg , sodass ich unsanft auf dem Hinterteil lande. Dann schüttelt er den Kopf. "Der Pharao ist tot, Yugi. DAS ist los!!" Regungslos bleibe ich auf dem Steinboden sitzen. Starre zu Seto hoch. Nein.... nein!!! Ein Scherz... ein äußerst übler Scherz! Nur eine Lüge, die als Vorwurf dienen soll! Ich soll mich bloß weiter schuldig fühlen! So wird es sein! Atemu kann gar nicht... wie sollte er auch.. völlig unmöglich! Doch die Tatsache, dass ich schon seit einer Woche auf eine Reaktion auf diesem vermaledeiten Brief warte, lässt mir unheimlich schlecht werden. Ich merke, wie die Luft im Raum langsam immer heißer und knapper wird. Atemu ist nicht tot... nein!! Wie denn auch... er ist doch gar nicht in den Krieg geritten! Oder..??? Ich kann mich nicht länger gerade halten - mein Kopf wird plötzlich so schwer und ich kann ihn nicht aufhalten, wie er seitwärts saust, meinen restlichen Oberkörper mitnimmt. Ein Aufprall, Schmerzen. Doch ich bin noch bei Bewusstsein! Klar sehe ich es, Seto hat sein Bein ausgestreckt, ich lehne gegen den weißen, unteren Rand des Stoffes. Sein weißer Schuh drückt in meinen Brustkorb. "Uuhh...", stöhne ich gequält auf. "Reiß dich zusammen!", donnert Seto und entfernt freundlicher Weise sein Bein von mir. Warum sollte ich denn noch... "Wie lange schon", taumele ich, mache aber keine Anstalten, wieder von dem gemütlichen Boden aufzustehen. Und wehe er antwortet nun wieder, ich sei schuld!! Ich, ich habe Atemu nie...! Ach.. Ich schlage die Handflächen vor mein Gesicht, will weinen, trauern.. doch es passiert nichts.. "Etwa seit elf Tagen...", kommt die Antwort. Was?? Genau 11 Tage?! Das war genau der Tag, an dem ich den Brief aufgesetzt habe!! Oh bei Horus... ich habe mir den Kopf über irgendwelche förmlichen Zeilen zerbrochen, während mein Cousin... Wieder beginne ich gefährlich zu schwanken, merke, wie ich wieder drohe zu Seto hinüber zu kippen. "Wenn du jetzt hier so eine Show abziehst, hilft das Atemu auch nicht mehr..." "Helfen..? Man kann Atemu nicht mehr helfen..", meine Stimme klingt monoton, wie von einer fremden Macht gelenkt. "Zumindest können wir seine Arbeit fortsetzen... Steh jetzt auf, du hast wahrlich die letzten Tage genug gefaulenzt! Politische Probleme stehen an.." Kapitel 14: Die Entdeckung -------------------------- ~~~~~~*Yugi*~~~~~~ "Seto... bitte... Wie kannst du Atemus Tod so wegstecken...", flüstere ich. Ich kann es einfach noch gar nicht glauben. Stehe viel zu sehr unter Schock, als dass ich wirklich realisiere, dass wenn ich gleich in den Thronsaal gehen werde, dieser leer sein wird! "Vielleicht gibt es ja doch noch Hoffnung..", murmelt er zwischen geschlossenen Zähnen. Wie?? Ich verstehe gar nichts mehr!! Wobei, ich weiß immer noch nicht... "Seto, wie konnte das passieren ?? Ist Atemu etwa wieder in die Schlacht gezogen?", bestarre vor mir den kalten Boden. Der Angesprochene wendet sich von mir ab, durchquert sinnlos mein Gemach. "Nein...Vor elf Tagen... er ist ausgeritten... irgendwann gegen Mittag. Du kennst ja sein ungestümes Wesen... wenn er sich beengt fühlt ... verfällt er in Raserei. Er hat sich aufs Pferd geschwungen und ist mit einer Armee Soldaten los..." Er bricht kurz ab, setzt sich auf meinen Schreibtischstuhl und setzt seinen Hut ab. Dann fährt er sich offenbar aufgebracht durch die Haare. "Aber Römer... diese Schweinehunde.. eine recht umfangreiche Spähergruppe muss verdammt weit vorgedrungen sein!!! Sie", ein eisiger Schauer legt sich über meinen ganzen Körper, ich ahne, was nun folgt... will es glaub ich gar nicht mehr hören! "....überfielen Atemus Truppe.. Sie waren um einiges stärker.. Zwei Soldaten konnten schwer verletzt fliehen.. und einige Pferde sind zurückgekommen... Darunter auch ein sich nahezu anschleppender Dädalus - der Stallmeister wollte Dädalus im Tempel opfern, um ihn von seinen Leiden zu erlösen... aber ich befahl, ihn zunächst zu pflegen. Immerhin ist es dein Tier..." Ich drehe mich zu ihm herum: "Dädalus? Nicht Chekmate?" "Nein, Dädalus. Checkmate war verhindert." Aber Seto hat mein Tier vor der Tötung bewahrt..? Er hatte sich in gewisser Weise... für mich... eingesetzt?? Aber wieso war ich dann an Atemus Tod schuld?? Und überhaupt - wer behauptete hier eigentlich, dass er wirklich tot war??! "Seto, gibt es Bewei-" "Nein, gibt es nicht. Wir nahmen zuerst auch an, Atemu sei nur verschleppt worden. Als die Überreste von Atemus Begleitung am nächsten Tag nach seinem Ritt zurück kamen und Bericht erstatteten, schickte ich sofort Truppen los!! Ich habe alles zusammengetrommelt, was sich in Theben und unmittelbarer Umgebung auftreiben lies! Aber diese Nichtsnutze... schon am darauf folgenden Tag kamen sie zurück, weil sie angeblich die Spur der Römer verloren hätten! Ich habe mich natürlich unmittelbar selbst aufs Pferd geschwungen und mit den Männern den ganzen Nilstreifen abgesucht..." "Das Lager wo die Armee das letzte Mal überfallen wurde?", unterbreche ich und kann all diese neu gewonnenen Informationen so schnell gar nicht verarbeiten. "Ja, wir haben das Gebiet um den Nil herum auf beiden Seiten abgesucht! Ich bin direkt am dritten Tage nach Atemus Entführung losgeritten! Tagelang habe ich gesucht!! Und tatsächlich... ich habe es nicht geschafft! Ich bin selbst erst heute in der Früh zurückgekehrt, Yugi... Es gibt keine Spur, keinerlei Hinweise... Nichts! Als hätte sich der Erdboden aufgetan und sie verschluckt! Die Römer ließen uns auch kein Erpresserschreiben zukommen... Und da ich wirklich all meine Kraft investiert habe... Können wir davon ausgehen, dass Atemu tot ist." Er senkt den Kopf, setzt seinen Hut wieder auf. "Was?? Nur deshalb wird hier Atemus Tod verkündet??", ich springe auf, kann es einfach nicht fassen!! Unglaubliche Wut schäumt in mir hoch. Ich blitze Seto an, würde ihm am liebsten an die Gurgel springen!! "Ich habe gesucht Yugi..." "Na und?? Dann suchen wir halt weiter!! Solange keine Leiche gesehen und bestätigt wurde, können wir doch nicht aufgeben!!" Er hat gesucht... Atemu leidet sicher irgendwo in Gefangenschaft... und ich habe von all dem nichts geahnt und in einer kleinen Hütte gelebt!! Und mich von irgendwelchen Dorfbewohnern terrorisieren lassen... Warum bin ich nicht eher zurückgekehrt? Es war doch offensichtlich, dass etwas nicht stimmt!! "Dein Elan kommt etwas spät, Cousin...", Setos Stimme klingt wieder kalt und anklagend wie zuvor. "Wir hätten dich hier im Palast gebraucht..." "Wieso?? Wenn Atemu unterwegs entführt wurde, hätte meine Anwesenheit hier auch nichts geändert! Oder konntest du die Entführung verhindern, weil du im Palast warst?! Sonst wäre der Pharao wohl noch hier!!", klage ich zurück. "Aber du hast dem Pharao den Rücken gekehrt... Und es ging eher darum, dass niemand hier war, der die Stellung hielt, während ich auf der Suche war. Theben war für 9 Tage ohne Regierung und ohne Armee! Ein absolut leichtes Ziel für einen Angriff... Ich hatte lediglich ein paar Ministern einige Notverordnungen erteilt.. Ich sage dir Yugi, niemand reitet mehr fort... die Armee bleibt hier! Ich bin mir ziemlich sicher, dass es ein Plan der Römer ist, uns aus der Hauptstadt zu locken.. ich wundere mich ja schon, dass es in den letzten Tagen keinen Angriff gab..." Ich sehe Seto scharf und fassungslos an. "So?? Du willst Atemu lieber opfern? Und das sagt jemand, der seit Jahren um seine Aufmerksamkeit konkurriert!!", ich weiß nicht, wie mir ist... es rutscht einfach so heraus.. alles wird zu viel für mich. Ich merke, wie trotz der aufgekommenen Hoffnung alles gleich zu zerfallen droht. "Wir konkurrieren nicht", kommt es nüchtern zurück. Oohhhh, wie ich ihn hasse! Ich mache auf dem Absatz kehrt. "Weil du schon gewonnen hast, nicht wahr? Ich weiß, dass du dich als Sieger betrachtest... Aber...", ich drehe meinen Kopf noch einmal zu ihm, sehe in diese emotionslosen, blauen Augen - und unendlicher Schmerz scheint mein Herz zu zerreißen. "...WAS NÜTZT DIR DIESER VERDAMMTE SIEG, WENN ATEMU TATSÄCHLICH SCHON TOT IST???!", schreie ich mit tränenerstickter Stimme. Dann renne ich aus meinem Gemach. Ich weiß nicht wieso, aber sein Anblick scheint einen Damm in mir gebrochen zu haben.. Haltlos rinnt die salzige Flüssigkeit über meine Wangen, sorgt dafür, dass der Gang vor mir verschwimmt. Warum flüchte ich eigentlich aus meinem Zimmer vor ihm..? Ich habe keine Antwort.. ich wollte einfach wieder weg! War nicht stark genug, Seto jetzt noch hinauszuwerfen. Ich eile hinunter in die Badehalle, wo man schon auf mich wartet. Ich muss jetzt erst einmal einen klaren Kopf bekommen... um Pläne zu schmieden, für meine erneute Abreise. * Mit einem unterdrückten Gähnen laufe ich über den harten Steinboden und erhasche unterdessen immer wieder das ein oder andere wichtige Utensil, dass ich noch vergessen habe einzupacken. Mein Entschluss steht endgültig fest - ich werde abreisen und mich auf die Suche nach Atemu machen. Und ihn auch finden! Noch viel zu oft hat Seto gestern versucht mich davon zu überzeugen, dass es sinnlos ist, aber ich gebe nicht eher auf, bis ich seine eigene kalte Leiche in meinen Händen halte... Obwohl ich eher auf einen warmen, lebendigen Körper hoffe.. Mit einem letzten Blick von meinem Balkon aus auf meine eher kleinere Truppe von Soldaten, schlage ich die Richtung zum Hof ein, während ich von der Seite den Sklaven entdecke, der mein Gepäck mitnimmt. Irgendwie tut es doch gut, nicht alles selbst machen zu müssen.. Diese Art von Luxus - ich muss es zugeben - hat wirklich seine Vorteile. Wie konnte ich jemals so dumm sein und das alles hier aufgeben..? Obwohl mich das Leben als einfacher Gehilfe eines Händlers auch um einige Erfahrungen reicher gemacht hat. Erst jetzt beginne ich das alles hier wirklich zu schätzen! Ich seufze leise, als ich die Treppen hinuntersteige und lasse meine Hand dabei wie hypnotisiert die kalte, raue Wand entlang fahren. Meine Gedanken gleiten ab zu der Reiseroute, die ich mir extra angefertigt habe. Ich versuche so viel wie möglich abzusuchen - vor allem die Stellen, die Seto ausgelassen hat! Zu meinem Glück konnte ich ihn gestern ja noch mehr oder weniger überreden, mir zu verraten, wo er überall war. So richtig dafür schien und ist er wohl noch immer nicht.. Ich frage mich nur wieso? Will er denn nicht auch, dass der Pharao wieder zurückkommt?! Wenn die beiden doch... Ein kurzer Stich in meinem Herzen, ehe ich tief Luft hole. So langsam sollte ich wirklich darüber hinwegkommen - habe ich denn ernsthaft geglaubt, dass, wenn Atemu mich jemals auch nur ansatzweise geliebt hat, er es jetzt nach der langen Zeit noch immer tut? Wie naiv... Es war doch wirklich klar, dass Seto dann alles versucht! Und ich kann mir denken, was "alles" ist.. Die letzten Meter zum Hof renne ich mit meinen kurzen Beinen, ehe ich vor dem Stall stehen bleibe. Lächelnd komme ich bei der Box von Ikarus an, der gerade aus dem Wassertrog trinkt und von mir noch keine Notiz nimmt. Ich bemerke nebenbei, dass man ihn wohl gestern abgewaschen haben muss, sein Fell ist von sämtlichem Staub und Sand befreit. Nur noch das schöne Weiß ist zu sehen... Eigentlich will ich ihm nicht noch so eine lange und wohl auch anstrengende Reise antun - er ist nun die letzten Tage wahrlich genug für mich gerannt! Ob ich..? Mit einem zweifelnden Blick schaue ich ein paar Boxen weiter zu der von Checkmate, der immer wieder gegen die Stalltüre klopft und leise wiehert. Und wenn ich Checkmate nehme..? Seine Verletzungen sind, soweit ich das abschätzen kann ja auch wieder verheilt.. Außerdem scheint er mit mehr Energie denn je geladen zu sein und würde sich sicher freuen, wenn er seinen Besitzer mal wieder sieht! Falls überhaupt... Ich beiße mir auf die Unterlippe. Jetzt denk nicht so negativ, Yugi!! Du wirst ihn finden! Kurzerhand hole ich seine Trense hervor und nähere mich dem anmutigen Pferd vorsichtig. Er kennt mich zwar, aber ich hatte schon immer einen gewissen Respekt vor diesen Tieren, auch wenn ich mit Leichtigkeit mit ihnen umgehen kann. Von Dädalus als Ausnahme abgesehen.. Ich muss schmunzeln. Jaaa, er hat wirklich seinen eigenen Willen - fast wie Atemu selbst.. Nur ab und zu lässt er sich führen und von mir zurechtweisen. Schnell habe ich Checkmate das Zaumzeug angelegt und führe in aus dem Stall, wo bereits meine Truppe wartend versammelt steht - genau wie ich auf Pferden. Sollten die Römer bereits weit gekommen sein, können wir sie so wenigstens ansatzweise einholen! Zu Fuß würden wir wohl ewig brauchen, und eine Ewigkeit habe ich nicht Zeit. Ich kontrolliere noch mal, ob auch alles verstaut ist und jeder reisefertig, ehe ich mich auf den schönen Hengst schwinge und mit einem lauten Pfiff aus dem Tor reite. Jedoch beunruhigt es mich diesmal etwas den Schutz des Palastes erneut verlassen zu müssen.. Ich bin immerhin gerade erst angekommen und hatte, um ehrlich zu sein, auch nicht gedacht, dass ich ihn so schnell wieder verlassen würde.. Doch der Gedanke, dass Atemu vielleicht doch noch am Leben ist, hält mich aufrecht und lässt mich - zumindest noch - nicht vor Müdigkeit zusammensinken. Das ständige Aufschlagen der Hufe auf dem Sand hinterlässt eine Staubwolke und für einen Moment kommt die Angst in mir auf, dass wir dadurch vielleicht leichter entdeckt werden könnten.. Schnell verdränge ich den Gedanken wieder. Sollten wir die Truppen der Römer wirklich finden, und ich bin mir sicher es sind sehr viele, greifen wir wenn überhaupt sowieso in der Nacht an! Und da werden die meisten wohl keine derartigen "Winde" wahrnehmen. Hoffe ich.. Bald schon haben wir die Oase erreicht, wo Atemu und seine Männer gesehen wurden, wo ich eine sehr kurze Pause einlege, ehe ich alle zum Weitereiten aufrufe. Ich will ihn so schnell wie möglich finden!! Jede Sekunde kann zählen! Von hier aus schaue ich kurz auf meine Karte und reite von da an östlich weiter. Seto soll ja Westen und Süden so weit wie möglich abgegrast haben und ich bezweifle auch, dass sich unsere Feinde freiwillig in die Nähe der restlichen großen Städte wagen. Trotz allem macht es mir ein wenig Panik in diese Richtung zu reiten.. Ich weiß, wieso Seto sie gemieden und nicht abgesucht hat. Man gerät häufig in Sandstürme oder verirrt sich ziemlich leicht - zumindest wenn man sich nicht gut genug hier auskennt und keine genaue Karte hat. Mit mulmigem Gefühl im Magen treibe ich Checkmate weiter an, der sich mit Freuden austobt und eine tiefe Spur im Sand hinterlässt. Ich wünschte, Checkmates Mut und Gelassenheit auch zu haben.. In dem Punkt hat Atemu schon das richtige Pferd. Ich könnte Ikarus nie in den Krieg mitnehmen! Er ist viel zu verschreckt, würde bloß in Panik umdrehen und mich, wie auch viele andere in Gefahr bringen. Es scheint wohl zu stimmen, dass Tiere den Charakter ihres Besitzers annehmen.. Aus einem inneren Bedürfnis heraus streiche ich Checkmates Hals entlang und klopfe einmal darauf, so gut es eben in dem Tempo geht. Ich spüre, wie die Sehnsucht nach Atemu und die Aufregung in mir aufsteigen - Bei Ra ich habe ihn soo lange nicht mehr gesehen!! Sollte ich ihn finden.. Was werde ich ihm sagen? Natürlich zuerst warum ich gekommen bin! Und dann..? Er wird mich ausfragen, wissen wollen, wo ich war und wieso ich mich vor der Verantwortung gedrückt habe - vor meinen Problemen weggelaufen bin.. Ich kann ihm doch nicht sagen, wie sehr er mich verletzt hat.. Schließlich musste ich stark als sein Vertrauter und Berater sein! Vielleicht wird er mich auch gar nicht sehen wollen... Und einfach meine Truppen und sein Pferd nehmen, und mich in der Wüste stehen lassen. Irgendwie habe ich es doch verdient.. Ein Ruf eines Soldaten lässt mich jedoch hochfahren und Checkmate zum Stehen bringen. "AtemRa, die Nacht wird gleich anbrechen, wollt Ihr nicht langsam ein Nachtlager aufbauen?" Meine Augen sind zwar müde, aber doch funkeln sie den scheinbar jungen Mann drohend an. "Wir werden so lange weiterreiten, bis ich sage, dass wir rasten!! Verstanden?" Ich bin über meine eigene Härte ziemlich erschrocken, aber mir ist diese Suche hier einfach viel zu wichtig, als dass ich auf kalte Nächte oder ein wenig erschöpfte Männer Rücksicht nehmen kann. Wissen sie nicht, WEN sie hier suchen? Erst drei Stunden später gewähre ich allen eine Pause und lasse ihnen ein paar Stunden Schlaf, sowie den Pferden Ruhe. Ich selbst bin komischerweise kaum müde, mein Kopf ist mit Gedanken, Hoffnungen und Ängsten gefüllt! An Schlaf ist da gar nicht zu denken..! Noch bevor die Sonne ihre ersten, warmen Strahlen über den kühlen, braunen Sand schickt, sind - auf meine Befehle hin - alle schon mit Essen gesättigt und auch die Pferde neu gestärkt, sodass wir weiterreiten können. Ich will wirklich keine Zeit verlieren!! Checkmate sieht es wohl genauso, denn er hebt sich deutlich in der Geschwindigkeit von den anderen Pferden ab, wodurch ich einen großen Vorsprung habe. Des Öfteren muss ich ihn jedoch in seiner Schnelligkeit zügeln, damit meine Truppe nicht womöglich den Anschluss verliert. Die Gegend um mich herum nehme ich kaum wahr, viel zu oft folge ich meinem Gefühl und meinem Verstand - schließlich habe ich mir die Karte bereits ziemlich gut eingeprägt. Nach ein paar Stunden jedoch überfällt mich doch die Müdigkeit und ich merke, wie mir immer wieder die Augen zufallen möchten - was ich aber mit viel Willenskraft zurückhalte. Auch Checkmate verfällt bald in den Trab, auch er scheint seine Pause dringend nötig zu haben. Doch ich kann jetzt nicht.. wir haben dieses Gebiet doch bald geschafft..! Um mir sicher zu sein, hole ich die Karte aber doch heraus und studiere sie kurz. Jaaa.. wir haben wirklich schon viel geschafft.. Sollten wir noch mehrere Tage so weiter laufen, würden wir bald ans Meer kommen. Ob sie dort vielleicht sind? Ich hoffe es wirklich.. Viele hier scheinen den Gefallen an diese Reise verloren zu haben und sind bereits jetzt schon ausgelaugt und gereizt. Aber wahrscheinlich liegt das auch nur an meiner Führung - Wieso sollten sie auch jemand anderem als dem Pharao gehorchen? Ich kann froh sein nach dieser langen Zeit noch immer so hoch geschätzt zu werden.. Vielleicht habe ich ja doch einen guten Eindruck auf ein paar Menschen oder einen Teil der Bevölkerung hinterlassen. Ich blicke wieder gerade aus - und muss augenblicklich meine Augen zusammenkneifen. Was ist denn..? Ein glücklicher Aufschrei entweicht mir und augenblicklich treibe ich Checkmate wieder an, um weiter vorwärts zu kommen. Die Männer hinter mir sind sichtlich überrascht und folgen mir erst nach längerem Zögern genauso schnell. Ich schicke Dankgebete an Horus und spüre sogleich das Verlangen die ganze Welt an meiner Freude teilhaben zu lassen. Ich... Bei Ra, wir haben ja so ein Glück!! Kapitel 15: Gefunden! - Oder doch nicht?? ----------------------------------------- ~~~~~~*Yugi*~~~~~~ Als ich an meinem Ziel ankomme, pariere ich Checkmate sofort in den Schritt und lasse ihn darauf zum Stehen kommen. Sofort springe ich ab und klopfe den Hals des schnaubenden Tieres, ehe ich mich zu dem verlassenen Lager aufmache. Eindeutig... Sie waren hier!!! Die Truppe der Römer muss hier gewesen sein!! Ich taste die verkohlten Holzstücke ab, die aber bereits kühl sind. Was erwarte ich auch? Die Nächte hier sind eiskalt! Trotzdem bin ich mir sicher, dass sie noch nicht lange dieses Lager verlassen haben. Ich laufe zu den leeren Plätzen, wo noch die Holzstangen der Zelte im Sand stecken und sofort richten sich meine Augen auf ein Stück roter Stoff, wodurch mein Herz schneller zu schlagen beginnt. Kann es sein..? Ist das.. ein Stück von Atemus Umhang? Wenn ja - dann muss er noch am Leben sein!! Sie werden seine Leiche wohl kaum mit sich herumschleppen, nur um sie dann herzuzeigen. Obwohl ich es diesem Volk ja zutrauen würde.. Ich höre mein Herz gegen meine Brust hämmern und meine Augen werden leicht feucht. Also werde ich dich wieder sehen, Atemu.. Ob du mich noch akzeptieren wirst? Ob du schwer verletzt bist? Mich dich pflegen lässt, wenn ich es dir anbiete?? Augenblicklich umklammere ich das Stück Stoff fester und drücke es kurz an mich, ehe ich zurück zu Checkmate gehe und es ihm leicht lächelnd kurzerhand auch unter die Nüstern halte. Er schnuppert kurz daran, ehe er den Kopf zur Seite wirft und schnaubt. Innerlich bin ich mir sicher, dass er ihn erkannt hat - aber dass ist wohl nur die Bestätigung, nach der man sucht, wenn man doch noch irgendwie zweifelt.. Ich klemme zwei Finger zwischen meine Lippen und pfeife laut, ehe ich mich auf den Hengst schwinge und mich zu den Männern umdrehe. "Seht ihr das? Das ist ein verlassenes Lager der Römer, die anscheinend auch noch nicht vor allzu langer Zeit abgereist zu sein scheinen. Ich hoffe, das treibt euch nun weiter an - wir sind dem Pharao dicht auf den Fersen!" Einige lachen kurz, andere murmeln bloß etwas vor sich hin. Ich versuche ihnen hiermit nur Mut zu machen.. Kann mir schon denken, dass viele genug haben, allein da sie noch nicht soo lange aus dem Krieg zurück sind - der im Übrigen noch immer nicht beendet ist, zu meinem Bedauern. Ich hätte Seto vor meiner Abreise noch fragen sollen, ob sie nicht bereits eine neue Strategie oder Plan haben. Neugierig bin ich deswegen schon seit meiner Ankunft bei Hana und Talib.. Mit einer kurzen Bewegung meiner Beine, ist Checkmate auch schon im Galopp, verfällt aber, kaum dass ich ihn angaloppiert habe, zurück in den Trab. Stimmt ja, auch er hat nicht ewig Kraftreserven und Ausdauer.. Aber nach dieser guten Entdeckung kann ich einfach nicht mehr warten! Ich will weiter, weiter, weiter..!! Meine Müdigkeit, die ich vorhin so deutlich gespürt habe, scheint nun wie weggeblasen. Umso mehr Freude steigt in mir auf, als ein paar Männer auch noch bereits spät in der Nacht die ersten Fußabdrücke im Sand entdecken. Zwar schon etwas vom Wind verwischt, aber man kann trotzdem erkennen, dass die Truppe der Römer hier gewesen sein muss. Mit Herzklopfen - das sich noch immer nicht beruhigt hat - muss ich aber feststellen, dass es doch nicht soo wenige sind, wie ich angenommen hatte. Sie sind also auf alles vorbereitet... Ich mache mir aber nicht weiter Gedanken, da auch ich mir endlich ein paar Stunden Schlaf gönnen will und so lasse ich die Männer an einem geeigneten Ort Zelte aufstellen und sich ebenfalls ausruhen. Zu meinem Bedauern gehen die Stunden aber viel zu schnell vorbei und am Morgen merke ich, wie müde und unausgeruht ich eigentlich bin. Müde und zugleich doch auch vollkommen wach, halte ich Checkmate den großen Wasserbehälter hin, wodurch er so trinken kann. Ich bin ja so aufgeregt... Wann wir sie wohl endlich finden werden?! Was ist, wenn sie diese paar Stunden bereits erneut einen Vorsprung geschafft haben? Wenn sie irgendwie mitbekommen haben, dass wir sie verfolgen? Späher vielleicht?? Meine Aufregung und inzwischen leichte Angst zeigt sich deutlich, lassen meine Finger schweißnass werden und meine Augen immer wieder zucken. Mit zitternden Händen blättere ich die Karte auf und suche unseren Standpunkt, ehe ich auf die rot markierte Stelle weiter östlich sehe. Wir sollten sie heute noch erreichen, wenn die Römer wirklich in dem langsamen Tempo weitermarschiert sind.. Ich stelle den leeren Wasserkrug zu den anderen, den die Soldaten dann wieder aufladen und beiße lustlos in ein Stück Brot, während ich die Karte weiter studiere. Ein Glück habe ich mir eigenen Proviant mitgenommen.. ,Hier bei den Rangeleien ums Essen würde ich wohl nie etwas abbekommen' - schießt es mir durch den Kopf, als meine Augen zu den Männern, die auf einem Fleck versammelt stehen, wandern und ich automatisch beiße ich mir auf die Unterlippe. Ich stecke die Karte wieder griffbereit in meinen Gürtel, streichle Checkmates Hals noch einmal kurz, ehe ich mich auf ihn schwinge und ihn sich im Kreis drehen lasse, um meinen Blick auf die Truppe werfen zu können. Sie scheint heute wesentlich besser gelaunter zu sein - ein Glück für mich, so kann ich mehr von ihnen abverlangen, wenn es denn nötig ist. Es klingt irgendwie selbstsüchtig, aber.. sie würden doch auch das Gleiche in meiner Lage tun.. Ich bin mir sicher!! Ich sehe noch zu, wie die letzten ihre Zelte zusammenpacken, die letzten Brote verschlingen, dann besteigen auch sie auf ihre Pferde. Mit nassen Händen nehme ich die Zügel in die Hand, ehe ich die Rechte noch einmal hebe, wodurch ich den Männern das Zeichen zum Weiterreiten gebe. Kaum, dass meine Füße Checkmates Seiten berühren, prescht er auch schon los und mir fallen automatisch meine Strähnen ins Gesicht, ehe sie sich lösen und vom Wind nach hinten getragen werden. In den letzten Stunden - oder waren es Minuten? - fühle ich mich so berauscht, nehme kaum noch wahr, dass es verdammt heiß ist und ich selbst schon viel zu erschöpft, als dass ich mich sonst noch auf einem Pferd halten könnte. Ich will doch unbedingt zu ihm!! Und nur zu ihm! Mir ist egal, wie er mich begrüßt, ob er mich noch akzeptieren wird oder am Ende verstoßen.. Bloß noch ein Blick, die Gewissheit, dass er am Leben ist und wohl auf... Wieso bin ich nicht bloß früher zurückgekommen? Vielleicht hätte ich ihn schneller finden und mehr tun können.. Stattdessen stehe ich als Feigling und Verräter da - der ich einfach nicht bin! Menschen machen Fehler.. Und niemand ist perfekt! Außer der Pharao.. Der Pharao muss perfekt sein, er darf keine Fehler machen.. Was anderes erwartet man nicht vom Sohn des Horus! Aber ich war nur seine Vertretung.. Ich bin nicht der Sohn Horus und auch kein Priester. Bloß sein ehemaliger Vertrauter. Ich wende Kopf nach rechts - und da sehe ich sie. Durch die Wüste ziehen, ohne die geringste Ahnung, dass sie schon seit 3 Tagen verfolgt werden. In mir krampft sich alles zusammen.. Jetzt ist es also soweit? Ich taste mir auf die Brust, spüre den feinen Stoff auf meiner Haut, der ab und zu vom Wind bewegt wird und mir so Abkühlung schenkt. Noch sind sie zu weit weg, als das wir sie mit Pfeilen treffen könnten oder sie uns sehen. Sollte ich einen Direktangriff wagen? Oder doch warten, bis es Nacht wird?? Mein Kopf hämmert, als ich die Truppe zum Stehen rufe und auf die Römer weiter rechts aufmerksam mache. Ihr Getuschel löst bei mir nur noch mehr Unruhe aus, einige schreien schon, dass wir endlich angreifen sollen. Der junge Soldat von neulich kommt mit seinem Pferd zu mir nach vorne getrabt und verbeugt sich kurz, ehe er mich anspricht: "AtemRa, was schlagt Ihr vor? Die Männer sind ungeduldig, sie wollen nicht länger warten als nötig. Gerade jetzt, wo wir sie doch endlich gefunden haben!!" Ich nicke kurz und überlege selbst, ehe ich den Kopf schüttele. Sein darauf folgendes Aufseufzen ist unüberhörbar. "Es wäre taktisch klüger, wenn wir warten bis es dunkel ist - Überraschungsangriff. Wie du sagtest, jetzt wo wir sie endlich haben sollten wir nicht unüberlegt handeln! Sie ahnen nichts davon, dass wir ihnen auf den Fersen sind oder sie gar in Gefahr. Auf unnötiges Risiko können wir also verzichten." Er nickt kurz und sein Gesichtsausdruck zeigt, dass er viel lieber ein paar Menschenleben mehr Anubis geschenkt hätte. Ein Schauer geht durch meinen Körper. Wie kann man bloß so mordlustig sein? Ich könnte nie einen Menschen absichtlich töten.. Jedes Leben ist doch wert - man kann es doch mit nichts aufwiegen! Mit einem weiteren Kopfschütteln, sehe ich dem jungen Mann nach, wie er sich wieder in die Reihe zurückstellt, worauf ich anordne, den Truppen der Römern weiterzufolgen. Erst als diese ein Lager aufschlagen gegen Abend, lasse auch ich sie zur Ruhe kommen und etwas weiter entfernt ihre Zelte aufbauen. Ich möchte bevor noch die goldene Scheibe am Himmel zu sehen ist angreifen und Atemu herausholen - tief in der Nacht sollen sich die Soldaten lieber auch noch ausruhen. Mit einem letzten zufriedenen Blick auf die Wachposten, die mich sofort alarmieren, sollten die Römer uns bemerken und angreifen oder sich sonst etwas tun, gehe ich in mein eigenes Zelt und lege mich unter meine Decke. Morgen.. morgen sehe ich dich wieder Atemu... ~~~~~~*Atemu*~~~~~~ Geschrei, Geklirre und Gestampfe. Aber alles gedämpft, leise nehmen es meine Ohren wahr und rütteln mich seit Tagen wieder ins Diesseits zurück. War da gerade tatsächlich etwas? Ich habe schon ewig nichts mehr aus meiner Umwelt wahrgenommen... Umwelt... wo bin ich über überhaupt? Ich kann es nur ahnen... Wohl irgendwo mit diesen von den Göttern verdammten Unholden in der Wüste. Ab und zu habe ich Mal mit einem Auge geblinzelt, als ich auf diesem Kamel saß - oder eher an es gebunden wurde zusammen mit dem restlichen Gepäck wie Nahrung oder Zelte. Doch der Einfluss meiner Wunden und der unerträglichen Hitze den ganzen Tag über, habe ich eher wie betäubt dort gehockt. Die Sonne hatte den ganzen Tag auf uns nieder gebrannt... und mir ist seit Tagen wirklich speiübel. Ich knie hier, in einem großem Zelt, mit den Armen und Beinen um den Mittelpfosten des Zeltes gebunden und die Hand- und Fußgelenke gefesselt. Die harten, rauen Seile stechen und schneiden wie Schwertkanten in meine Haut und haben sich bereits durch das dauernde Herumgezerre und ständige Festbinden an anderen Orten in mein Fleisch geritzt. Einmal pro Tag werde ich gezwungen, die Augen zu öffnen, weil sie irgendwelche Lebensmittel in mich hineinzwängen, das ist soweit das einzige, was ich bewusst wahrnehme. Sie öffnen mir den Mund, da ich allmählich wirklich Schwierigkeiten damit habe - überhaupt meinen Körper nicht mehr wirklich unter Kontrolle - und pressen mir irgend ein Zeug herein... es erinnert mich im Entferntesten an den Geschmack von Stroh in unserem Pferdestall... Ich habe Durst... einfach nur Durst...mir ist so schlecht, mein Körper ist innerlich sicher schon halb vertrocknet. Ich bekomme zwar zwei Mal zu trinken am Tag, aber das scheint mein Körper gar nicht zu realisieren, so wenig ist es. Ich kann mich nur schwer konzentrieren, zusätzlich machen mir meine Stichverletzungen und mein Blutverlust zu schaffen... Diese Apathie, die mich überfällt ist viel zu stark. Diese Gleichgültigkeit... Sie halten mich nur gerade so am Leben, damit es reicht, mich lebendig ihrem Herrscher zu überbringen. Diese endlose Qual.. diese Demütigungen... ich will nicht mehr. Sie verlängern doch mein Leiden nur extra qualvoll... Ich recke den Kopf ein Stück, versuche mit geschlossenen Augen zu lauschen. Da draußen tobt eindeutig ein Kampf?? Das ist Schlachtenlärm, ich kenne ihn nur zu gut! Aus diesem Grund bin ich wohl auch allein in diesem riesigen, dunklen Zelt, normalerweise ist dies das Zelt des Anführers, der auch über mich wacht. Als ob ich weglaufen würde, wenn ich frei wäre... ich kann mich doch gar nicht auf den Beinen halten, mein Kreislauf versagt jämmerlich.. Es ist eine ganze Weile laut, Schwerter klirren, das unverkennbare Rauschen von Pfeilgeschossen, Hufetrampeln und Männergeschrei. Wer bei Horus überfällt diese Lagerstätte? Keine normale Patrouille würde es wagen, eine solch große Gruppe bewaffneter Römer anzugreifen! Außerdem stehen so weit draußen doch gar keine Wachposten mehr.. ich weiß zwar nicht, wo wir sind.. aber ich schätze, einigermaßen mitbekommen zu haben, dass wir den Weg nach Nordwesten eingeschlagen haben. Wir müssten bald ans Meer kommen.. nein, hier oben gibt es keine Truppen mehr von mir! Ob es wohl Soldaten aus den Nachbarländern sind? Ich wollte sie ja um Unterstützung anschreiben... Sicher hat Seto das getan! Dann ist es purer Zufall, dass ich gefunden wurde? Dass sich unsere Routen überschnitten?! Oh bei Ra, es gibt unverhofft doch noch Rettung! Ich blinzele leicht, öffne meine Augen dann das erste Mal seit Tagen wieder ganz freiwillig für ein kleines Stück. Mir wird schlechter als bisher, alles ist irgendwie verschwommen und schwankt um mich herum. Ich schrecke zusammen, als genau vor meinem Zelt offenbar ein Zweikampf ausgetragen wird. Mehrmals beult sich der dreckige, braune Stoff ins Innere ein, als jemand offenbar dagegen stürzt. Ich wundere mich, wie diese simple Bedeckung das aushält und das Zelt nicht direkt zusammenstürzt. Ich sehe an mir hinunter, mir wird weiter schwindelig, doch ich zwinge mich zur Beherrschung. Lybische Truppen sind da, die nach Theben einreisen wollen. Es gibt Hoffnung! Bei Ra, sie müssen gewinnen! Meine einzige Möglichkeit zur Rettung! Ich sehe mich weiter an, mein weißes Gewand ist zerrissen, blutig und verschmutzt, genauso wie mein rubinroter Gürtel und Umhang. Doch man kann deutlich noch die einst edlen Stoffe erkennen, meine Krone und mein Puzzle haben sie mir zwar abgenommen, sowie sämtlichen anderen Goldschmuck an Ohren und Handgelenken... aber ich denke, ich bin noch als Pharao zu erkennen. Hoffe ich... Der lybische Truppenführer muss mir einfach Glauben schenken! Obwohl er mich noch nie zu vor gesehen hat... Mit einem unverkennbarem Schwertstich und einem lauten, Ekel erregenden, röchelnden Keuchen, höre ich einen schweren Körper zur Erde fallen. Der Kampf ist entschieden. Wer hat gesiegt?? Doch nicht etwa der Römer? Ich höre lautes, schnelles Atmen und Schritte. NEIN, nicht weggehen!! Ich reiße den Mund auf, will schreien, auf mich aufmerksam machen! Sie müssen mich hören! Doch heraus kommt nur ein leiser, heiserer Laut, der nicht mal durch die Zeltwende gedrungen sein dürfte. Meine komplette Mundhöhle ist trocken und verklebt, kann die Zunge nicht zum Sprechen formen. Meine Stimmbänder sind eingetrocknet und versagen ihren Dienst. Stattdessen überfällt mich ein heftiger Hustenanfall, mein trockener Hals schmerzt und kratzt, ich kann diesem verdammten Hustenreiz nicht einstellen!!! Panisch reiße ich an meinen Fesseln, meine Beine zerren, entwickeln sonst nie zu erreichende Kräfte und wollen sich aufrichten!! Egal ist meine Übelkeit, mein Schwindelgefühl, alles ist nicht mehr da - ich sehe nur noch diese eine Möglichkeit, mein Leben zu retten! Meine Beine dehnen die Fußfesseln ein Stück, ich richte mich einige Zentimeter auf! Ich will stehen!! Ich will aufkommen, mit all meiner Kraft! Ich reiße an den Fesseln, ziehe an meinen Armen, dass ich sie mir beinahe mit ausreiße und will schreien!! Laute von mir geben, bemerkt werden!!! Ich stehe weitere Zentimeter in gekrümmter Haltung auf, mobilisiere letzte Kräfte. Horus, erst schickst du mir Hilfe und dann lässt du mich doch elendig im Stich! Stattdessen muss ich nur weiter husten, die Fesseln schneiden sich tiefer ein, frisches Blut rinnt meine Arme entlang und ich röchele nach Luft. Meine Wunden an Bauch und Oberschenkeln schmerzen höllisch, reißen unerträglich mir und ich beiße mir auf die Lippen. Wenn ich hier raus will, muss ich durchhalten verdammt! Heftig atme ich ein und aus, ich spüre innerhalb von Bruchteilen von Sekunden, wie mich jegliche Kraft verlässt und einfach nur noch der Schmerz bleibt. Meine Beine klappen zusammen wie Grashalme und ich stürze zurück auf die Knie. Der Schwindel und die Übelkeit kehren zurück, erschlagen mich heftig wie nie zuvor und ich unterliege ihnen machtlos. Meine Lippen öffnen sich und ich würge, würge drauf los, doch nichts verlässt mich. Keinerlei Nahrung oder Flüssigkeit ständen dazu zur Verfügung... Nicht einmal meine Verzweiflung, der Hass und die absolute Hilflosigkeit werden dadurch hinausgeschleudert. Taumelnd sinke ich wieder zu einem Häufchen Elend zusammen, werde erdrückt von diesem Dröhnen im Kopf. Oh Horus bitte.. Ra... lasst jemanden mich finden... lasst noch einen herkommen... bitte.. Langsam wird es immer stiller um mich herum, der Kampf ebbt ab. So wie es aussieht, haben die Römer verloren. Meine Peiniger sind besiegt. Denn keiner tritt zu mir ins Zelt, auch die Nebenzelte bleiben leer. Hier auf dem Boden nehme ich nur entferntes Hufgetrappel wahr. Sie werden jetzt weiter ziehen, niemand wird die Zelte durchsuchen... Sie werden mich zurück lassen.. allein in der Wüste. Gefesselt und vollkommen hilflos und allein. Zum Sterben verurteilt. Ich senke meinen Kopf beinahe bis auf den Schoß. Natürlich musste es so kommen... Ich habe Angst vor dem Tod... sehr große Angst. Ich zittere, teilweise von der körperlichen Überanstrengung, teilweise aus Verzweifelung. Was Anubis wohl mit mir vorhat, wenn er mir holt? Mich graut es vor dem Gericht... Ob mein Herz wohl die Feder aufwiegen kann?? Der Stoff am Eingang wird vom Wind angehoben, er schlägt dumpf umher und weht zu mir hinein. Mich stört es nicht, ich habe noch immer die Augen geschlossen, er wird mir keinen Sand hinein treiben können. Ich möchte sie auch nicht öffnen... will nicht das Schlachtfeld vor dem Zelt sehen. Mir ist so etwas nicht neu... und mir ist es auch egal... Meine Ohren fangen wieder an zu rauschen, ich spüre wie ich immer wieder für ganz kurze Zeit das Bewusstsein verliere; eine Art Sekundenschlaf. Doch meine Angst hält mich weiter wach, lässt mich nicht zur Ruhe kommen. Ein weiteres Mal schrecke ich aus der Dunkelheit hoch, diesmal bin ich es jedoch nicht selbst, denn ich habe das Gefühl Schritte gehört zu haben. Ich schüttele innerlich den Kopf, um mein Bewusstsein zu klären, versuche klar aufnahmefähig zu werden. Tatsächlich! Schritte eilen auf mich zu - hier, direkt vor mir! "ATEMU!!!" Ich versuche schwerfällig, meine Augen zu öffnen. Jemand ist hier?? Hat mich erkannt? Ist das wirklich wahr? Ich blinzele, der Zelteingang ist noch immer offen und in der Dunkelheit kann ich den Schatten, der unmittelbar vor mir steht, kaum erkennen. "Atemu. Oh Atemu!", wimmert die Stimme verzweifelt und kniet sich augenblicklich zu mir. Ich kann mir nicht helfen, aber diese Stimme weckt automatisch Wärme in mir und ein unerwartetes Vertrauen keimt auf. Ich weiß einfach, dass ich meinem Retter vertrauen kann, ich weiß mit einem Schlag, dass er mich in Sicherheit bringen wird. Jeglicher Zweifel ist verschwunden. Ich betrachte seine Statur, soweit es die schattenhaften Umrisse es möglich machen. Versuche die Person zu sehen, die sofort eine solche Zuneigung in mir wach ruft. Kenne ich sie wirklich? Kapitel 16: Ein Stück Freiheit ------------------------------ ~~~~~~*Atemu*~~~~~~ Augenblicklich wirft sich jemand um meinen Hals und schluchzt laut und herzzerreißend an meinem linken Ohr auf. Ich atme tief durch, nehme dabei beiläufig seinen Geruch wahr. Ja, er ist vertraut.. Das verschwommene Bild um mich herum wird zwar nicht deutlicher, aber ich erkenne den gelben Stoff... und schon drücken sich mir dunkle und rote Haarsträhnen in mein Gesicht. Die Erkenntnis überkommt mich und ich lehne meinen Kopf automatisch gegen seinen. Yugi.... "Atemu... endlich... Oh Ra sei Dank, Ra sei tausend Dank! Ihr lebt! Ich habe Euch gefunden!!" Ich will sprechen, ihn beim Namen nennen - ihm meine Erleichterung ausdrücken! Fragen, wie er hierher gekommen ist, was mit den Römern passiert ist... Tausend Fragen schießen in mir auf! Doch ich schweige, möchte nicht wieder einem Hustenanfall zum Opfer fallen. Er drückt sich weiter an mich, zerdrückt mich beinahe, so stürmisch ist er. Jaa, Yugi... ich freue mich doch auch, dich wieder zu sehen! Aber bitte, hol mich endlich hier raus... Warme, feuchte Tropfen fallen auf meine linke, halb frei gelegte Schulter, dort hat meine Kleidung einen riesigen Riss, aber die Wunde darunter ist eher oberflächlich. Nur ein Kratzer, aber ich zucke dennoch zusammen, als seine salzigen Tränen in die Schnittstelle rinnen. Aber Yugi weint..? So erleichtert ist er? Sicher, er war schon immer näher am Wasser gebaut als ich.. Aber trotzdem. Dass mein Anblick ihn so mitnimmt... "Atemu, sagt doch was! Haben sie Euch etwa die Zunge abgeschnitten??", fragt er verzweifelt als ich versuche meine Wunde vor seinen Tränen zu retten. Yugi nimmt seinen Oberkörper tatsächlich von meinem und öffnet mir stattdessen den völlig vertrockneten Mund. "Nein", stellt er korrekt fest und ich lehne mich nach vorn zu ihm, schließe kraftlos halb die Augen und konzentriere mich nur auf das eine Wort, welches ich hervorbringen muss. "Duuu...", es geht in einem leisen, sehr leisen Krächzen unter und an Yugis verspannten Gesichtsausdruck erkenne ich, dass er mich nicht verstanden hat. Ich atme noch einmal tief durch, sehe ihn beinahe flehentlich an: "Durst...", huscht es mir endlich über die Lippen. Mein Gegenüber nickt hastig, greift sich an den gelben Gürtel und zieht einen Wasserbeutel hervor, den er auch direkt aufschraubt und mir an die Lippen hält. Gierig öffne ich meinen Mund, strecke meine Zunge vor und genieße dieses unbeschreibliche Gefühl. Wasser... Ich kenne kein Halten mehr, hastig trinke ich, verschlucke mich kurz, fange mich aber sofort wieder und schlucke weiter - Yugis kompletten Wasservorrat leer. Es wird schon nicht sein Letzter gewesen sein... Innerhalb von zwei Sekunden ist er weg, so scheint es mir. Und ich habe mehr Durst, viel mehr. Aber ich weiß, dass ich mich jetzt zusammenreißen muss. Meine Mundhöhle ist wieder feucht, ich kann meine Zunge wieder bewegen! So viel zu trinken bekam ich gerade mal den ganzen Tag über zusammen gerechnet... und das unterwegs in der Wüste! "Danke, Yugi." Endlich höre ich mich wieder beinahe ganz klar sprechen. Er lächelt mir erleichtert zu, dreht den Verschluss wieder auf den Wasserbehälter. "E-entschuldigt bitte... Dass ich da nicht direkt drauf gekommen bin, Euch zu trinken zu geben.. Ich bin ja so dumm! Bitte verzeiht..." Ich seufze leise - er hat sich tatsächlich nicht verändert - sehe in seine scheuen Augen, noch von den Tränen gerade gerötet und ich kann nicht leugnen, unheimliche Freude aufkeimen zu spüren. Es ist nämlich nicht irgendwer, der mich rettet! Es ist Yugi, mein Cousin und langjähriger Vertrauter! Ich sehe ihn wohlbehalten wieder. All das lenkt mich fürs erste mehr als nur von meinen Schmerzen ab. "Atemu, Vorsicht!", höre ich plötzlich seine Stimme hinter mir, "bewegt Euch ja nicht!" Scherzt er? Wie sollte ich- Doch schon im nächsten Moment spüre ich einen Windzug und das schneidende Geräusch von Luft und dann der Fesseln an meinen Händen. Meine Arme fallen nach vorn, die Handgelenke noch umwickelt von den Seilen. Das selbe geschieht mit meinen Füßen. Ich bin frei. Verlagere mein Gewicht sofort auf meinen Allerwertesten, um die aufgerissenen Knie zu entlasten. Mit zittrigen Fingern und unkoordinierten Bewegungen, versuche ich mir die zerschnittenen Stricke von den Handgelenken zu winden, doch Yugi tritt schon hinter mir hervor, steckt das Schwert zurück in die Sicherung an seinem Gürtel. Seit wann ist er bewaffnet? Das passt so gar nicht zu seinem Charakter. "Lasst mich das machen..", flüstert er und hat in Windeseile alle meine vier Extremitäten befreit. "Oh jee...", seufzt er, als meine tiefen, wunden Einschnitte zum Vorschein kommen. Die Haut wurde weggescheuert, meine Hände sind bräunlich vom verklebten Blut, doch es tritt kein Frisches mehr aus der Wunde. "Wo sind Eure anderen Verletzungen?", erkundigt er sich besorgt. Ich schüttele den Kopf, das tut nichts zur Sache. Er könnte sowieso nichts dagegen unternehmen. Ich habe jetzt so viele Fragen im Kopf! "Yugi, wie-", doch mein Cousin schüttelt den Kopf, legt mir zwei Finger auf die Lippen. "Später. Ich möchte Euch transportfähig kriegen und so schnell wie möglich hier weg.. Wir sind fast an den Grenzen eures Landes", informiert er. Hatte ich also richtig vermutet. "Ich muss mir Eure Verletzungen ansehen, Atemu. Ich habe Salben und Kräutertinkturen dabei! Es ist sicher schon einiges entzündet!" Ich schließe für einige Sekunden kraftlos die Augen, ehe ich nicke. Yugi lächelt mir ermutigend zu, ehe er meinen Gürtel löst um den Stoff, der einst mein kostbares Oberteil aus Leinen war, anheben zu können und ihn mir so vorsichtig, als wäre ich aus purem Glas, über den Kopf streift. Ich belächele ihn leicht, diese Berührungen sind gar nichts gegen die Brutalität der Römer. Und doch... seine zarten, warmen Finger fühlen sich angenehm auf meiner eher kühlen Haut an. Kaum hat er das Shirt weggeworfen, starrt er sekundenlang auf meinen Oberkörper. Dieses leichte Ziehen, im Vergleich zu der Wunde an meinem Oberschenkel hatte ich beinahe vergessen. Man sieht wohl noch deutlich die Resultate von neulich... "Atemu - Was bei Ra haben sie mit Euch gemacht?", flüstert Yugi geschockt und fährt abwesend einen der roten Striemen auf meiner Brust nach. "Ihr wurdet doch nicht etwa ausgepeitscht?!" Es brennt leicht und mir entkommt unbewusst ein zischender Schmerzlaut und Yugi zieht erschrocken seine Hand weg. "Das ist nur halb so schlimm... Mich belastet die hier viel mehr...", weise ich ihn zurrecht und deute mit der Hand kraftlos an eine tiefe Schlitzwunde an der rechten Hälfte meines Bauches. Der Schnitt verläuft ein Stück über den Bauch bis hin zur Seite und quält mich bei jeder Bewegung des Oberkörpers am allermeisten. Die Wunde blutet nicht mehr, nur ein kleines Rinnsal sickert heraus, wenn ich mich zu stark bewege und die hauchdünne Schicht, die sich darüber gelegt hat, aufreiße. "Da habt Ihr sicher eine Menge Blut verloren..", seufzt er angespannt, "aber ich sehe keinen Eiter... Euer Shirt muss den Dreck gut abgehalten haben. Horus hat über Euch gewacht, mein Pharao, dass solch eine gefährliche Wunde nicht entzündet ist! Habt...." Er greift nach meinen Armen, dreht ihre Unterseite sanft nach vorne und beschaut sich meine Adern. "Oh bei Ra, Ihr habt auch keine Blutvergiftung! Ich bin ja so erleichtert!" "Das nicht... was mich wundert... bei meinem Bein..." "Bein? Habt Ihr..", mit blassem Gesicht betrachtet er mein rechtes Bein, tastet unsicher die haut ab. "Das andere...", nuschele ich kraftlos, ich merke, wie mein Kopf schon wieder droht zur Seite abzuknicken. Unbeschreibliche Müdigkeit erobert mich. Ich spüre deutlich seine Nervosität, als er sich meinem anderen Schenkel zuwendet, ihn nach Wunden abtastet und schließlich aufgewühlt meinen Lendenschurz höher schiebt. Ich halte ihn nicht auf, denn hier ist er richtig. Und schon wird eine weitere Wunde sichtbar - der tiefe Einstich der Lanze. Die eiserne Pfeilspitze hatte mir fast den kompletten Oberschenkel durchbohrt. Man sieht jedoch nicht viel, da der Einstich ziemlich vereitert und verkrustet ist. Es tut wahnsinnig weh... selbst wenn ich komplett still halte, zieht und rauscht der Schmerz durch jede Muskelfaser. Ob ich wohl je wieder laufen kann?? Genau darauf legt mein Cousin nun seine Finger und übt sanften Druck auf meine Haut aus. Bei Horus, spinnt er?? Will er mich umbringen?? "AAHH!", schreie ich auf, rutsche instinktiv von ihm weg. Jedoch sind meine Knochen und Glieder viel zu kraftlos, mein Körper viel zu verletzt, um solche ruckartigen Bewegungen wie sonst ausführen zu können. Ich schwanke und verliere schließlich das ohnehin schon knappe Gleichgewicht bei all den Schwindelgefühlen und spüre mich selbst zur Seite stürzen. Ich kneife die Augen zusammen, spanne meinen Körper an, um den Aufprall so gering wie möglich zu spüren. Scheiße, neue Schmerzen kann ich nicht gebrauchen!! Doch ich spüre einen Windzug - und ehe der Schlag auf den Zeltboden erfolgen müsste, werde ich gehalten. Zwei Arme stützen mich, richten mich langsam wieder auf. "Passt auf, Atemu..", flüstert mein Retter und ich will ihm meinen Dank aussprechen. Will zeigen, wie sehr er mich geschützt hat, doch das Sprechen fällt mir viel zu schwer.. Überhaupt fühle ich mich kaum in der Lage, meinen eigenen Körper weiter zu halten. Stattdessen nicke ich einfach matt. Ich will schlafen... Und wenn ich aufwache im Bett im Palast liegen.. weich, sicher und gut versorgt... "Der Einstich sieht böse aus.. Den muss ich mir noch bald ansehen und so gut ich kann behandeln, Cousin, tut mir leid.. Ich habe Angst um Euer Bein.. Aber kommt erst mal wieder zu Kräften!" Ich nicke resigniert und lasse mich von ihm in eine stabile Lage versetzen. "So, Ihr wartet jetzt kurz, ich gebe den anderen Bescheid, die warten auch schon ganz gespannt auf ein Lebenszeichen von euch!", er lächelt mich mit großen, ehrlichen Augen an und ich muss bei all der Fürsorge, die ich darin lesen kann, schon vage die Lippen zu einem Lächeln verziehen und es wäre auch durchaus mehr geworden, wenn ich mich nicht so übermäßig mies fühlen würde.. Es dauert nicht lange und schon höre ich es vor meinem Zelt lärmen und scharren. Der Eingangsfetzen wird angehoben und mich starren mindestens zwanzig Männern auf einmal an! Dann brechen sie in Jubel aus: "Der Pharao!!" "Er lebt tatsächlich!" Oder "Wir haben es geschafft!" "Danken wir den Göttern!" Während die Armee - ich weiß nicht, wie Yugi sie zusammenkratzen konnte - sich draußen freut, kommt mein Cousin wieder zu mir ins Zelt gekrochen. Erschöpft beobachte ich ihn, wie er sich neben mich setzt und zwei Schlafsäcke und einige Decken auf dem Boden ablegt. Ich will ihn noch soo vieles fragen, zum Beispiel, wie er mich gefunden hat! Und wie wir jetzt wieder nach Hause kommen, doch als ich mit letzterer Frage beginnen will, verlässt nur ein heiseres Krächzen meine Lippen. "Hier, ich habe von den Männern noch Wasser bekommen, Ihr solltet jetzt viel trinken, Atemu", ordnet er an und hält mir einen anderen Wassersack hin. Oh bei Horus, Wasser.. Gierig greife ich ihn diesmal selbst und trinke, was mir aber nicht gerade leicht fällt, da meine Hände ziemlich unkoordiniert umherschwenken unter dieser Belastung. Ach verdammt, ich bin so schwach, nicht mal selbst richtig trinken zu können! Dabei beobachte ich Yugi, der gerade dabei ist, zwei Nachtlager direkt nebeneinander zu richten. Er will tatsächlich mit mir hier bleiben..? Anscheinend hat er meinen fragenden Blick bemerkt, denn er dreht sich zu mir und lächelt mich heiter an. "Ganz recht, ich passe heute Nacht auf Euch auf! Erst wenn Ihr morgen wieder bei Kräften seid, brechen wir wieder auf. Nicht zuletzt sind die Pferde auch erschöpft." Er kommt im geduckten Gang zu mir und nimmt mir den Wasserbeutel aus der Hand, schraubt ihn wieder zu. "Hast du ein Pferd für mich mit?" Yugi scheint sich erwischt zu fühlen und stottert ein wenig herum, bevor die richtige Antwort kommt: "I-indirekt.. Ich habe Euren Checkmate geritten, Pharao... Ich dachte, er würde sich freuen, wieder raus zu kommen und Euch zu sehen.. Und Ikarus war noch so geschwächt.." Checkmate ist hier?? Ohh, wie freue ich mich, meinen Hengst morgen wieder zu sehen!! AtemRa, wie er genannt wird, verschwindet noch einmal kurz aus dem Zelt und kommt mit einer Ledertasche zurück. Heraus zieht er weiße Mullbinden, mit denen er meinen linken Oberschenkel und gesamten Bauchbereich einwickelt. Um die Wunden vor Dreck zu schützen und meine Haltung zu stärken, wie er sagt. Anschließend drückt er mich noch ein mal kurz an sich, was ich mit einem erschrockenem Aufreißen meiner Augen quittiere, welches aber wiederum für ihn unentdeckt bleibt. Ich gewöhne mich jedoch schnell an seine warme, schützende Nähe und lege erschöpft meinen Kopf auf seine Schulter. Er schnieft leise, während er mich hält und mir beruhigend über den Kopf streicht. Oh Yugi, du warst schon immer so sentimental... Danach hebt er mich an, indem er einen Arm unter meine Knie, den anderen unter meinem Rücken stützt und trägt mich zu den Decken. Ich quietschte unbewusst auf, ich muss zugeben, es kam ziemlich unerwartet! Und er ist soo vorsichtig.. er berührt keine meiner Verletzungen, fügt mir keine zusätzlichen Schmerzen zu. Er legt mich sachte ab und deckt mich zu - ich kenne es ja nicht anders, ständig bedient zu werden, aber von ihm wird mir das doch langsam unangenehm - er ist doch keiner meiner Sklaven! "Versucht zu schlafen.. Wir werden erst nach Tagesanbruch losreiten." "Ist gut....", stimme ich einfach zu. Es ist ebenfalls so ungewohnt für mich, Befehle bzw. Anweisungen zu bekommen! Doch kaum liege ich in den weichen Decken, dauert es keine Minute und ich spüre schon meinen Körper kaum noch. Viel zu schnell drifte ich ins Reich der Träume ab. Schneller, als mir lieb ist... Denn Alpträume plagen mich.. über Blut, Verfolgung und Angst. Schweißnass - und das, obwohl es hier nachts in der Wüste wirklich eiskalt ist und ich bis zu Yugis Eintreffen bitter gefroren habe, schrecke ich - so scheint es mir zumindest - kerzengerade wieder hoch. Meine Atmung geht heftig. Sofort spüre ich wieder die tiefen Einrisse in meiner Bauchseite. Ich presse die Augen zusammen, schlinge die Arme um meinen Bauch, habe so das Gefühl, den Schmerz festhalten und stoppen zu können! Verdammte reflexartigen Bewegungen! Tief atme ich durch, versuche mich zu entspannen... doch der Schmerz ist nicht alles. Diese Bilder... diese verdammten Bilder aus dem Krieg...! Sie sollen weggehen.. aus meinem Kopf verschwinden!! Doch schon spüre ich einen Arm an meiner linken Schulter, dort, wo Yugi an meiner Seite liegt. Augenblicklich greift mich die Hand fester und als ich den Kopf keuchend wende, ich habe mich doch ziemlich erschrocken. Ich starre ich in zwei tiefviolette Pupillen, die mich besorgt aus dem Halbdunklen heraus mustern. "Atemu?", flüstert Yugi und fühlt direkt meine Stirn. Hatte er nicht auch bereits geschlafen?? "Ihr habt Fieber...", murmelt er und ich muss noch immer diese blutrünstigen Monster namens Menschen aus meinem Traum verdauen, ehe ich seine Information ganz aufnehmen kann. Ich starre auf den Stoff vor mir, schüttele den Kopf, um diese scheußlichen Bilder loszuwerden! Ignorieren, Atemu... Denk an zu Hause... "Doch... Habt Ihr..", wiederholt Yugi und schält sich aus seinen Decken. Nanu? Ich habe doch gar nichts verneint...? Es ist viel zu dunkel, als sehen zu können, was er da auf seiner anderen Seite tut, doch ich höre einen deutlichen Riss von etwas und dann leise Wasser plätschern, schließlich drückt er mich schon sanft zurück ins Liegen. "Das kommt sicher von der eitrigen Wunde an Eurem Oberschenkel. Ich habe Salben und Medikamente mit, die hoffentlich der Entzündung entgegenwirken. Ich kann nur Ra anbeten, dass er sich bald am Himmel zeigt, damit ich mir den Einstich genauer ansehen kann.." Dann spüre ich schon etwas Nasses und vor allem Kaltes auf meiner Stirn. Es ist ja so angenehm. Wohlig atme ich aus, erkenne das Etwas als zusammengerolltes Stück Stoff auf meiner Stirn. "Wenn das nicht hilft, muss ich hier noch Wadenwickel versuchen..", seufzt er. "Das geht schon... Danke für die Mühe, Cousin", flüstere ich ruhig. "Das ist selbstverständlich..", gibt er zurück und weicht meinem Blick aus. Ich kuschele mich wieder unter die Decken, denn trotz der Wärme, die wohl das Fieber auslöst, macht die kalte Luft mir ganz schön zu schaffen - und man soll sich ja bekanntlich gesund schwitzen. Als ich das nächste Mal aufwache, bekomme ich meine Augen kaum auf und ich muss mehrmals blinzeln, bis sie nicht direkt wieder zu fallen! So grell... Der Tag ist also schon im vollen Gange! Ich drehe mich zu Yugi herum, will sofort wissen, wie wir nun weiter vorgehen, da muss ich irritiert feststellen, dass sein Nachtlager bereits verschwunden ist! Ich fasse mir an die Stirn - realisiere direkt, dass ich viel mehr Kraft in meinen Bewegungen habe und viel sicherer mit meinem Körper umgehen kann. Wobei.. als Kraft kann man diesen Zustand ja nicht gerade bezeichnen.. nur ich spüre eine deutliche Besserung! Ein kleines Glücksgefühl schießt mir durch den Körper - gefesselt und an den Zeltpfahl angebunden habe ich nachts fast nie ein Auge zugetan.. höchstens wegen völliger Überanstrengung kurz weggenickt, immerhin kann kein Mensch wirklich immer wach sein. Bei dieser kurzen Bewegung merke ich, dass auch der Lappen auf meiner Stirn fehlt. Diese fühlt sich auch kühler an, zumindest soweit ich das selbst beurteilen kann. Ich schiebe die Decken von mir und krabbele zum Zelteingang hinüber - so groß ist es ja wirklich nicht - und versuche erst dort, mit den neu gesammelten Kräften, mich zu erheben. Es kostet mich sehr viel mehr Mühe und Anspannung, auf die Beine zu kommen, als ich geschätzt hätte. Früher war aufstehen doch eine Selbstverständlichkeit! Entschlossen kralle ich mich an der Zeltplane fest, versuche mich an dieser weiter hoch zu ziehen. Genau in diesem Moment kommt Yugi herein und sieht sich erschrocken nach mir um. "Atemu! Mein Pharao, Ihr sollt Euch doch noch nicht überanstrengen!" Schnell eilt er auf mich zu und kann meinen Sturz, da mich die Kräfte ganz plötzlich verlassen, gerade noch abfangen. "Ein Glück habe ich diese merkwürdige Delle in der Zeltwand gesehen...", seufzt er, "macht das ja so schnell nicht wieder." Ich will noch widersprechen, dass ich ja wohl der Pharao bin und tue und lasse, was ich will, jedoch muss ich einsehen, dass er wohl Recht hat... "Ich trage euch raus, dort kümmere ich mich erst mal um Eure Wunden", erklärt Yugi, ehe er mich auch schon hochgenommen hat und langsam aus dem Zelt hinaus trägt. Mir entgeht nicht, wie sehr er sich zusammen reißt und wie wackelig sein Gang ist. Ich habe zwar in den vergangenen Tagen radikal abgenommen, die Römer ließen mich regelrecht verhungern, doch mein zierlicher und schmächtiger Vertrauter hätte wohl bei jedem Probleme, ihn oder sie zu tragen - bis auf kleine Kinder versteht sich. Keuchend lässt er mich auf einer Decke auf dem Boden nieder, der Platz ist bereits ausgerüstet mit kleinen Schachteln und Schüsseln, die durch die vereinzelnden Windbrisen ihren Geruch verstreuen. "Setzt Euch und lasst die Beine lang und nicht zusammenzucken", er lächelt leicht, will mir Mut machen. Dann widmet er sich jedoch meinem linken Oberschenkel, wickelt den notdürftigen Verband ab und meine hässliche, abschreckende Wunde kommt wieder zum Vorschein. "Es tut mir leid, Cousin... Am besten, ihr nehmt das hier in den Mund, dann sind die Schmerzen erträglicher..." Seine Augen sehen mich mitleidig an, dann rollt er ein sauberes Stück Stoff zusammen und schiebt es mir in den Mund. Ich seufze ergeben und mein Herz hämmert schon jetzt einen Tick schneller, während Yugi die Wunde nur genau in Augenschein nimmt. Nach einer Weile jedoch spüre ich seine Finger auf meiner Haut, die beginnen, den Einstich zu untersuchen und meinen Schenkel zu drücken und zu schieben. Ich schreie durch das Tuch gedämpft auf und beiße gepeinigt hinein. Es dauert beinahe eine halbe Ewigkeit, bis er von mir lässt. Doch der Schmerz verebbt nicht, er pocht noch immer nach. Tiiief atme ich durch, doch Yugis Gesichtsausdruck gefällt mir so gar nicht! "Pharao... Da steckt noch ein Stück der abgebrochenen Speerspitze in Eurem Bein... Darum eitert es sicher so stark...", murmelt Yugi vor sich hin und ich glaube mich wirklich verhört zu haben! "Es tut mir leid...", wiederholt er sich, "ich muss sie heraus holen!" Entsetzt starre ich ihn aus geweiteten Augen an. NEIN!! Das wird die HÖLLE! Das wird schlimmer als ein Gang quer durchs Totenreich!! Doch Yugi seufzt nur tief und kramt in einer seiner Taschen herum, bis er eine Pinzette hervorzieht. Ich schüttele nur heftig den Kopf, doch mein Cousin schaut nur bedrückt zur Seite. "Atemu... Bitte...", wispert er mit seiner sanften Stimme. Mir bleibt nichts anderes übrig, als mich ihm zu ergeben und so still wie möglich zu halten. Und die Schmerzen, die ich gerade eben erleben durfte, sind hiergegen die reinsten Streicheleinheiten!!! Ich schreie mehrmals auf, beiße beinahe den Lappen durch und presse die Augen zusammen, als aus lauter Schmerz die ersten Tränen unaufhaltsam herausspringen. Ich glaube, schon mehrmals gestorben zu sein, als mein Gegenüber endlich, endlich verkündet "Ah, ich habs!" Doch ich bin viel zu sehr von der Reizüberflutung meiner schmerzempfindlichen Zellen beeinflusst, als das ich die Worte wirklich mitbekommen hätte. Erst als er mir leicht gegen die Wange schlägt, beruhige ich mich wieder und atme langsamer. "Jetzt muss ich noch die Heilsalbe auftragen..", seufzt er und ich verkrampfe mich instinktiv wieder. Ich beobachte Yugi genau und kann von seiner Körperhaltung und Mimik ablesen, dass er regelrecht mit mir leidet. Ich bohre noch ein paar weitere Male meine Zähne in den Stoff, während mein Cousin Salben und Kräutertinkturen auf meine restlichen Wunden aufträgt, ehe ich - Horus sei Dank - erlöst bin. Zum Schluss verbindet mein älterer Cousin die Wunden wieder mit frischem Verband. Während meiner Behandlung haben die anderen Männer um uns herum schaulustig zugesehen. Starrende Idioten!! Ja, auch der Pharao ist nicht perfekt!! Man sollte sie alle köpfen... Oder doch besser nicht, wir brauchen ja noch Krieger. Ich erhole mich langsam wieder, während ich Yugi und die anderen beobachte, die die letzten Habseligkeiten zusammenräumen und ihre Pferde zäumen. Oh bei Ra, es geht heimwärts! Plötzlich stupst mich etwas von hinten an und da ich noch immer recht schwach bin, hätte ich beinahe das Gleichgewicht verloren. Wa- "Pharao!", höre ich Yugi hinter mir rufen und habe auch schon den Kopf gewendet. Dort steht Checkmate hinter mir, mit aufgeblähten Nüstern fordert er mich auf, ihn mit Leckerein zu füttern. Mein heißgeliebtes Tier!! Lächelnd streichele ich ihm über die Blesse. "Du bist ja auch hier..", flüstere ich ihm zu und das ist genau die Medizin die mir noch gefehlt hat, meine Schmerzen ein wenig zu vergessen. Yugi, der bereits auf ihm sitzt und ihn von oben lenkt, klopft meinem Hengst den Hals: "Ja, er hat mich gut getragen... Ein guter und ausdauernder Läufer... wirklich ein fabelhaftes Tier..." Ich nicke stolz. Dann wendet sich mein Cousin an die Umherstehenden: "Ich bitte zwei bis drei von euch hier zum helfen! Wir müssen den Pharao hinter mich aufs Pferd setzen!" Schnell eilen zwei nahestehende Männer herbei und setzen mich mit Vorsicht hinter Yugi, wo ich, wenn auch erst nach längerem Zögern, meine Arme um seinen Bauch schlinge. Ich kann nur hoffen es geht schnell voran - ich will hier endlich weg!! Weg von den Grenzen meines Landes... Für einen Moment spüre ich, wie auch Yugi sich bei meiner Berührung verkrampft, wodurch ich innerlich grinsen muss, auch wenn mir in meiner Situation dieses wohl wieder vergehen sollte.. Aber nun wird alles besser, es geht endlich heimwärts! Kapitel 17: Voyage, voyage! --------------------------- ~~~~~~*Atemu*~~~~~~ Ich spüre, wie Yugi eine kurze Bewegung mit seinen Beinen ausführt, und sofort setzt sich Checkmate selbst ebenfalls in Gang, wirft unter der doppelten Last seinen Kopf nach oben. Mit jedem seiner Schritte fühle ich mich erleichterter... freier.. Unbewusst nehme ich dies alles selbst noch gar nicht so richtig war - eben war ich doch noch bei den Römern, und nun? Ich sitze auf meinem Pferd und mein verschwundener Cousin ebenfalls auf ihm! Was ist bloß in meiner Abwesenheit passiert..? Ich will so vieles wissen!! Jedoch fühle ich mich im Moment noch immer viel zu geschwächt, als das ich die Kraft für ein längeres Gespräch hätte. Vor allem mein Bauch scheint gegen die Bewegung des Pferdes zu protestieren.. Natürlich ist mit klar, dass Yugi nur wegen mir diese Gangart behält. Im Galopp nun durch die Wüste zu reiten wäre wohl nicht gerade vorteilhaft für meine Wunden - das muss selbst ich einsehen. Und doch ärgert, beinahe nervt es mich, dass wir nicht schneller voran kommen, ich bin doch, bei Ra, lange genug auf Reisen gewesen! Doch mein Mund öffnet sich bloß zum Ein-und Ausatmen, schnappt ab und zu nach Luft, um das Keuchen vor Schmerz zurückzuhalten. Nein, kein Wort des Ärgers dringt über meine Lippen.. Ungefähr zwei Stunden später - die genaue Uhrzeit ist mir unklar - dreht sich Yugi zu mir um und setzt ein Lächeln auf, wird dann aber wieder ernster, besorgter. "Glaubt Ihr, dass wir nun vielleicht im Trab weiterlaufen können? Ich will Eure ehrliche Meinung, sollte es Euch zu weh tun, müsst Ihr mir das sagen!" Oh Yugi, ich weiß, du meinst es gut.. Doch ich beiße innerlich bloß die Zähne zusammen und nicke auf seine Frage: "Ich denke, das geht schon..", nuschle ich zurück, warte darauf, dass er Checkmate den Befehl gibt. Jedoch braucht es einige Augenblicke des unsicheren Ansehens, bis er mir schließlich glaubt und das tut, worauf ich schon so lange warte. Doch kaum trabt mein Pferd an, muss ich die ersten Aufschreie unterdrücken - es tut verdammt weh! Ich spüre meine Bauchgegend und den Oberschenkel unter mir pochen, weshalb ich schnell an Yugis Oberteil zupfe, was ihn erneut in den Schritt verfallen lässt. Mein Anblick lässt ihn automatisch zusammenzucken und die Angst, er könnte mit dieser Aktion mehr Schaden angerichtet haben, ist in seinem Gesicht deutlich zu erkennen. Wie sehr ich bete, dass er Unrecht hat.. Doch statt mich wie früher wegen meiner Leichtsinnigkeit zu tadeln, trifft mich bloß ein schuldbewusster Blick seinerseits, worauf ich den Kopf hängen lasse. Mir ist klar, auch Yugi - genauso wie die Truppe - wollen schnellstmöglich wieder zurück nach Theben, sie sind wahrlich genug gewandert, haben nach mir gesucht.. Ich bin hier wirklich nur eine Last! Doch auch sind alle über mein Auffinden glücklich, und vielleicht auch selbst froh, dass es nun nicht wie in einer Hetzjagd weitergeht. Aber ich nicht!! Wie sagt man? - Zuhause ist es doch am schönsten... Genauso spüre und höre ich auch Checkmates ungeduldiges Scharren und Schnauben, wie überhaupt seine Ungeduld, er will wohl auch endlich wieder schneller werden. Doch wird Yugi wahrscheinlich nicht mehr auf meine Bitte hin galoppieren, so gern ich dies auch versuchen möchte - seine Sorge ist aber auch berechtigt. Stunden über Stunden vergehen und auf mich scheint die unerbittliche Hitze Atons, muss mich zusammenreißen nicht einfach mich direkt an Yugi zu lehnen und einzuschlafen. Mein ganzer Körper giert nach Schlaf und nach einer Ruhepause! Jedoch ist diese Art des Sitzens wesentlich angenehmer, als wie ich von den Römern transportiert wurde. Auf einem Kamel, zwischen zwei Essenskörben gequetscht und oft genug wurden meine beiden Oberschenkel zurückgebogen, damit auch alles auf das Tier passte. Ich weiß wirklich nicht, wie ich das mit diesen Schmerzen aushalten konnte.. Das Hoffen nach dem erlösendem Tod oder zumindest der erbarmenden Bewusstlosigkeit schien wohl Überhand genommen zu haben. - Jedoch kaum, dass ich in meinen Erinnerungen versinke, bemerke ich nicht mehr, dass ich mich wie von alleine an meinen Cousin vor mir lehne und die Augen nur noch halbgeöffnet halte. Die blendende Helligkeit lässt sie mich schließlich ganz schließen und kurz darauf bin ich auch schon eingeschlafen, bekomme nichts mehr von all dem mit, was um mich herum geschieht.. * Mit mühevollem Blinzeln, öffne ich meine Augen, erkenne für einen Moment nur Dunkelheit um mich herum. Wo sind wir denn bloß..? Ich spüre das gleichmäßige Gehen Checkmates unter mir und auch eine wärmende Quelle vor mir, auf der ich meinen Kopf und Oberkörper gebetet habe. Yugi. Ein kurzes Gähnen entweicht mir und ich fühle mich um einiges ausgeruhter, als zuvor - bin ich wirklich so einfach eingeschlafen? Vorsichtig erlöse ich Yugi von meinem Gewicht auf seinem Rücken, wodurch er sich mit überraschtem Ausdruck im Gesicht zu mir umdreht. "Ahh.. seid Ihr endlich aufgewacht?", fragt er leise und ich nicke bloß zurück, halte ein erneutes Gähnen zurück. Es ist bereits pechschwarz um uns herum, ich frage mich, wieso wir nicht schon ein Lager aufgeschlagen haben? Sofort kommt diese Frage auch leise über meine spröden Lippen. "Ich habe beschlossen noch ein wenig weiter zu marschieren, da ich eigentlich.. auch nicht so viel Zeit verschwenden möchte.. Wir machen gleich Halt - aber nun sagt, wie geht es Euch?" Während er spricht, dreht er sich nicht um, scheint sich wohl auf den Weg vor sich zu konzentrieren. "Besser", antworte ich etwas kräftiger und sehe dabei direkt auf seine Schulterblätter, die sich im Takt mit den Schritten des Pferdes mitbewegen. Er war ja schon immer ziemlich schmächtig und schlank. Kommt es mir nur so vor, oder hat auch er an Gewicht verloren? "Das freut mich.. Ich bin froh, dass Ihr Euch so schnell erholt. Schlaft ruhig weiter, das ist sowieso das Gesündeste, was Ihr tun könnt", fährt er fort und holt mich somit aus meiner Gedankenwelt. Doch auch trotz der gut gemeinten Worte schlafe ich nicht mehr ein, die herrschende Kälte hält Glieder und Augen offen und wach. Im Übrigen bin ich sowieso nicht mehr so müde, dass ich auf der Stelle einschlafen könnte, viel mehr bin ich in Gesprächslaune. Doch mein Cousin scheint sich im Moment eher mit dem Folgen des Weges zu beschäftigen, was bei Dunkelheit wahrlich um einiges schwieriger ist. Somit lehne ich mich einfach weiter gegen ihn, genieße die Wärme, die von ihm ausgeht und das gleichmäßige, einschlummernde Bewegen des Tieres unter mir. Erst nach schier einer Ewigkeit halten wir und ich sehe die Männer ihre Pferde versorgen und auch ihr Nachtlager aufschlagen. Auch Yugi beginnt für Checkmates Verpflegung zu sorgen, während einer der vielen Männer inzwischen freundlicherweise sein Zelt aufbaut. Ein ziemlich großes, wohl bemerkt. Erst darauf hilft man auch mir von meinem Pferd herunter und trägt mich in Yugis Zelt, legt mich auf einem der angerichteten Nachtlager ab. Genau in diesem Moment bemerke ich auch zum ersten Mal seit heute den Hunger, der sich in der Zwischenzeit angesammelt hat, wie auch meinen unglaublichen Durst! Bei Yugis Betreten frage ich ihn sofort danach, worauf er nickend wieder draußen verschwindet und mir das Gewünschte bringt. Beinahe gierig verschlinge ich es, lasse mich dabei ohne Widerworte von Yugi erneut verarzten, auch wenn ich ab und zu ein Aufzucken nicht zurückhalten kann. Kurz wird alles noch einmal im Schein der Kerzen kontrolliert, ehe er die Reste meines Nachtmahls aus der Hand nimmt und sich, wie auch ich, auf dem eigenen Nachtlager zurechtkuschelt. Schnell wispert er noch ein "Gute Nacht, Atemu..", ehe ich seine gleichmäßigen Atemgeräusche hören kann. Ich lächele kurz in mich hinein, bevor ich es ihm schnell gleich tue. Der nächste Morgen verläuft ungewohnt hektisch für mich, alle sind bereits auf, warten nur noch darauf, dass ich fertig gemacht werde. Auch Yugi scheint es ziemlich eilig zu haben und lässt sich recht wenig Zeit mit der Verarztung und Verpflegung von mir - was ist bloß los? Kaum, dass ich aufgestanden bin, sitze ich auch schon wieder auf Checkmates Rücken, Yugi vor mir und wir reiten weiter. Realisiere ich etwa so langsam die Geschehnisse um mich herum?? Ich möchte meinen Cousin zur Rede stellen, doch dieser scheint während unserer Reise zu häufig vertieft in die Karte zu sein oder gerade mit einem der Soldaten zu reden. Erst als ich endlich genauer die Umgebung um mich wahrnehme wird mir bewusst, wieso - wir sind im Gebiet der Sandstürme, genauso wie auch die Leichtigkeit sich hier zu verirren herrscht. Nun ist mir klar, weshalb alle so hektisch waren - sie wollen noch heute hier herauskommen!! Ich beiße mir auf die Unterlippe. Ob ich..? Vielleicht lässt sich Yugi ja doch überreden? In dem Tempo - und das weiß auch er - werden wir heute hier bestimmt nicht herauskommen!! Vorsichtig löse ich eine Hand von seinem Bauch, was ihn jedoch nicht sofort seine Aufmerksamkeit auf mich richten lässt, erst durch mein Antippen an der Schulter, dreht er sich zu mir um - und blickt mich fragend an. Ich sehe, wie gestresst er ist.. Man kann es ihm auch nicht verübeln, als Leitperson und "Aufpasser" bzw. Arzt des Pharaos ist es nicht einfach. "Yugi.. Ich glaube, wir können jetzt einmal den Galopp versuchen.. Zumindest wäre das meine Bitte - ich weiß ja, dass du hier schnell rausmöchtest.." Während ich rede, hat er sich bereits wieder nach vorne gedreht. "Nein..", murmelt er vor sich hin, studiert ein weiteres Mal die Karte, "ich werde kein weiteres Mal denselben Fehler machen.." Ich blicke auf, als er sich kerzengerade aufrichtet und kurz weit weg scheint. Ob diese Antwort seinerseits zweideutig gemeint war? Doch auch die nächste Zeit kann ich ihn nicht überreden endlich eine etwas schnellere Gangart zu nehmen, wodurch wir - wie ich vermutet habe - gegen Abend auch hier unsere Zelte aufbauen. Ich muss zugeben, auch mir ist unwohl dabei.. Hier in der Nacht einem der berühmten Sandstürme zu begegnen, die hier durch die Wüste ziehen, darauf bin ich weniger gespannt.. Jedoch scheint auch dieses Mal das Glück auf unserer Seite zu sein, die Nacht geht schnell und ohne Vorkommnisse vorbei, und wir reiten im selben Trott wie schon die letzten zwei Tage weiter. Mir kommt dies alles so ewig vor.. ohne Ende, ohne Ziel.. Ich hasse es.. dieses Gefühl, nicht zu wissen, was auf einen zukommt, das Ungewisse erst erforschen zu müssen, wenn man sich nicht gerade darauf freut. Ob es Yugi auch so geht? Er scheint müde, das ewige Reisen muss auch ihm langsam seine letzten Nerven kosten.. Ziemlich rasch kommen wir durch die letzte Hälfte dieser Gegend und ich bin, wie auch mein Cousin, sichtlich erleichtert, als wir sie sicher verlassen haben. Unbewusst drücke ich ihn ein wenig fester an mich, kann meine Freude auf mein Zuhause, meinen Palast, ganz Theben, kaum zurückhalten. Denn nun ist es nicht mehr weit - ich kenne den Weg ab hier!! Wir sollten bald an der Oase ankommen, bei der ich... Auch können wir dann endlich die Wasservorräte auffüllen, was die Krüge schon nötig haben.. - Zumindest soweit ich das mitbekommen habe von Yugi. Mein Herz sinkt mir aber in die Knie, als ich feststellen muss, dass wir für heute erneut unser Lager aufbauen. Wieso das? Wir sind doch fast da!! Schmerzen, Müdigkeit... Das alles liegt weit hinter meiner Sorge zurück, ich will nur noch in das Bett in meinem Zimmer und schlafen.. Mich, wie alle hier, endlich sicher wissen. Sie nehmen schließlich eben nur wegen mir das alles auf sich und sollte uns noch kurz vor dem Ziel etwas passieren - ich würde wohl eine Ewigkeit lang von Schuldgefühlen geplagt werden. Trotz allem sehe ich die müde Mannschaft ihr inzwischen alltägliches Ritual von Zelte aufstellen und sich, wie auch die Pferde versorgen, erneut vollbringen. Eintönig, trostlos.. Auch sie sehnen sich nach ihren Familien und ihrem Zuhause, man erkennt es in dem Ausdruck ihrer Augen, den Mimiken.. - Etwas, dass ich bei Yugi irgendwie vermisse.. Im Gegenteil zu den anderen, scheint er eher ziemlich glücklich und erleichtert, wenn auch gestresst zu sein. Was ihn wohl zu der Suche nach mir getrieben hat? Bei Gelegenheit sollte ich ihn wirklich einmal fragen.. Es liegt mir doch am Herzen und möchte ich auch endlich wissen, wo er die ganze Zeit gesteckt hat! Noch lange spuken Gedanken über meinen Cousin in meinem Kopf herum, weshalb auch erst der erholsame Schlaf sie vertreibt und mich, Ra sei Dank, eine weitere Nacht traumlos schlafen lässt. Jedoch wache ich früher auf, als ich eigentlich wollte - ich spüre höllische Schmerzen an meinem verletzten Oberschenkel. Habe mich wohl im Schlaf auf die falsche Seite gedreht.. Schnell drehe ich mich zurück auf den Rücken, halte mir dabei keuchend meine Wunde. Einen Moment lang liege ich da, spüre nur das Pochen in meinem Bein und höre Yugis Atemgeräusche, der mit der Zeit wohl unbewusst zu mir gekrochen ist und nach Wärme gesucht hat. Kein Wunder, seine Decke ist ja auch schon fast ganz weggestrampelt! Kopfschüttelnd setze ich mich langsam auf und verweile kurz in der Position. Einfach nicht beachten.. - spreche ich mir selbst zu und lasse darauf meine Hand meinen Oberschenkel loslassen und sie nach Yugis Decke ausstrecken. Jappsend erreiche ich sie auch und ziehe sie meinem Cousin wieder über den Körper. Dummerchen... Mit einem letzten Blick auf ihn, lege auch ich mich wieder nach hinten und - muss mir eingestehen, dass seine Wärme jedoch nicht gerade unangenehm ist. - Vertreibe diesen Gedanken aber sofort und schlafe wieder ein, verbringe so die letzten Stunden, die mir geblieben sind. Doch erneut wache ich durch Schmerzen auf, jedoch ist es dieses Mal Yugi, der sich meine Wunden anschaut und neu verarztet. Wahrscheinlich wollte er sie mir durch den Schlaf ersparen.. Mir ist durch seine Fürsorglichkeit schon fast unwohl, es muss ihn doch auch langsam nerven? Meine Augen zusammenpressend, beiße ich mir auf die Unterlippe und unterdrücke einen aufkommenden Schmerzenslaut. "Ohh.. habe ich Euch aufgeweckt, Atemu? Verzeiht mir.. Ich dachte nur-" Ich unterbreche ihn, indem ich mit meiner rechten Hand abwinke. "Danke für die Mühen, Cousin.." Ich lehne mich zurück und lasse die Prozedur, die inzwischen jeden Morgen stattfindet, über mich ergehen, ehe ich Yugis aufmunterndes Lächeln, als er fertig ist, erwidere. Danach reicht er mir Brot, Wasser und ein wenig Ziegenkäse, das ich als mein Frühstück deute - wo sind bloß die Datteln? Sind unsere Nahrungsvorräte schon so aufgebraucht?? "Tut mir leid, mein Pharao, aber ich kann Euch erst wieder mehr geben, wenn wir beim nächsten Reiseziel angekommen sind.." Mit einem hungrigen Blick nicke ich bloß und esse meine Mahlzeit schnell auf, trinke jedoch um einiges mehr, da ich weiß, wie wichtig es für mich ist. "Nächstes Reiseziel?", bringe ich hervor und sehe ihn fragend an. "Jaa..", er lächelt mich kurz an, ehe er selbst einen Bissen von seinem eigenen - deutlich kleineren - Brot macht, "ihr erinnert Euch sicher an die Oase? Da möchte ich heute halten und auch unsere Zelte aufschlagen. Die Männer sind über eine landschaftliche Veränderung sicher auch sehr erfreut", erklärt er weiter. Ich nicke zurück, lasse mich darauf fertig machen und auf Checkmate setzen. Es dauert dieses Mal tatsächlich nicht sehr lange und man kann schon die Ansätze von etwas Grünem in der Ferne erkennen. In freudiger Erwartung auf das Kommende, recke ich meinen Kopf über Yugis Schulter hinweg, ehe ich ihn dort auch ablege. Neuerdings ist diese Art des Schlafens und des Sitzens für mich wesentlich angenehmer, und mein Cousin selbst scheint auch nichts dagegen zu haben. Warum sollte er auch? Alle atmen erleichtert aus, als wir den grünen Flecken in der sonst so eintönigen Wüste erreichen und lassen ihre Pferde grasen, legen sich selbst auf die Wiesen. Schlechten Erinnerungen zum Trotz, fühle ich mich hier ungewöhnlich wohl und sicher. Liegt das an der Anzahl der Männer, die um einiges höher ist, als meine kleine Mannschaft damals? Kapitel 18: Unerwartete Aufforderung ------------------------------------ ~~~~~~*Atemu*~~~~~~ Ich mache mir jedoch nicht allzu viele Gedanken darüber, sondern lasse mich lieber von Yugi zu einem nahe gelegenen Baum bringen und darunter setzen. Schatten, Friede, Entspannung.. Wie sehr habe ich das alles gebraucht... Aber ist es nicht auch das, was ich sonst immer schon im Palast genossen habe? Etwas, was bis vor kurzem sowieso immer selbstverständlich war... Okay, mit der Entspannung war es oft schwer, zwischen all der Arbeit, aber die kann ich mir schließlich als Pharao selbst einteilen, so, dass ich mir durchaus mal Zeit zum Entspannen nehmen konnte. Doch obwohl ich der Pharao bin, eigentlich all das habe und mir alles zu Füßen liegt, was ich möchte... und obwohl es meiner Seele an sich gut geht.... ich bin einsam. Nicht in dem Sinne, dass ich zu wenig Gesellschaft um mich herum habe.. das bei weitem nicht! Oft wäre ich dankbarer über mehr Ruhe... Aber einsam im Herzen. Sicher, auch sind einige meiner Bediensteten meine Freunde, wie Yugi, Seto und die anderen Priester! Aber etwas fehlt... Dieses gewisse Gefühl der Ganzheit... Eine Person, die mir so nah ist wie sonst keiner, mit der man sich intim körperlich austauschen kann, die die innersten Bedürfnisse erfüllt... und auch gleichzeitig jemand zum Zuhören! Zum Reden über Dinge, die einen bewegen, auf Verständnis zu stoßen, ehrlich gemeinte Ratschläge zu bekommen.. und das alles, ohne hinterlistige Gedanken an meine Macht zu gelangen! Dies alles in einer Person ist wohl ein zu hoher Anspruch.. zumindest habe ich bisher für mich noch niemanden gefunden, der mir diese Position eines festen Partner ausfüllen würde. Entweder, ich habe meine Freunde und Vertrauten, die mir in meinem Amt helfen, aber keinerlei private Probleme hören wollen oder ich sie ihnen einfach nicht anvertrauen will. Andererseits habe ich sonst nur die erste Möglichkeit zu spüren bekommen, die körperliche Nähe, die reine Befriedigung... wie etwa bei Seto. Zuerst dachte ich, in ihm diese Person gefunden zu haben, die beide Seiten erfüllt - doch mehrmals hat er mich spüren lassen, dass er mich nur aus körperlichen Gründen heraus aufgesucht hat, nicht, um sich um meine Gefühle zu kümmern. Ich habe einen ganzen Harem voll mit den hübschesten Frauen.. und mit einer unter ihnen bin ich sogar verheiratet. Sittah heißt sie. Aber wir haben keine Beziehung zueinander, bei ihr fühle ich mich nicht wohl... Ich hätte sie, wenn ich es gewollt hätte, in meinem Zimmer wohnen lassen können, sie sogar zur Mitregentin bestimmen! Aber mich zieht rein gar nichts zu ihr hin... Chantra, meine ach so tolle Ziehmutter, hatte sie mir ausgesucht... Gut, ich kann ihr nicht vorwerfen, mir keine Schönheit ausgesucht zu haben.. und dumm ist meine Frau auch nicht.. aber eben diese Magie zwischen uns fehlt, nach der ich auf der Suche bin. Ich habe Sittah geheiratet, als ich 15 war.. um Nachkommen zu zeugen und die königliche Familie zu festigen. Aber so oft ich auch mit ihr schlafe - was aber nicht wirklich häufig ist - sie wird einfach nicht schwanger! Meine Mutter hat bereits Gerüchte geweckt, ob mit mir etwas nicht stimme.. Ich- "Atemu?", blinzelnd sehe ich zu Yugi hoch, der zwar mit dem Rücken zur Sonnenscheibe steht, aber Aton damit nicht völlig verdeckt. "Ich... ich wollte Euch anbieten, Euch in dem kleinen Wasserloch dort unten zu baden? Das Quellwasser ist auch angenehm kühl und endlich könnte ich Eure Wunden reinigen.." Bei dem Gedanken an ein kühles Bad, nach all den Tagen in Hitze und Staub, hätte ich beinahe gedankenlos zugestimmt - wenn nicht ein innerer Impuls mich ruckartig zurück gehalten hätte. "Yugi... Ich möchte dich nicht noch weiter erniedrigen.. Wir sind Cousins, wenn auch 16. Grades und Freunde.. Du bist doch keiner meiner Sklaven.." "Das nicht, aber eben weil wir Freunde sind, möchte ich Euch helfen! Darf ich Euch erinnern, wer Euch damals aus dem halb matschigem Brunnen gefischt hat?" Augenblicklich muss ich grinsen, Bilder von früher erscheinen vor meinem inneren Auge. Ja, ich hatte mich aus kindlicher Neugier und Naivität zu weit über den Brunnenrand gebeugt und war natürlich gestürzt. Ein Glück war der Dorfbrunnen damals noch nicht so tief, wie heute und der dünne Wasserpegel, auf Grund der damals extremen Dürre, hatte den Aufprall trotzdem gut abgefangen. Allerdings war der Grund schrecklich schlammig und dementsprechend beförderte mich Yugi auch wieder ans Tageslicht. Ich glaub, da war ich erst 6 Jahre alt.. "Ich würde schon gerne baden..", gebe ich schließlich seufzend zu. "Dann kommt, jetzt ist der ideale Zeitpunkt. Es ist ruhig, Eure Wunden sind nicht mehr all zu frisch, dass ihnen das Wasser schaden würde und auch Ihr seid wieder besser bei Kräften!" Er strahlt mich munter an, ein wirklich erfrischender Anblick! Dann hält er mir seine Hände hin und ich ergreife sie mit meinen. Mit einiger Anstrengung schaffe ich es, selbst auf die Beine zu kommen und lasse mich direkt von seinen Armen an meinem Oberkörper stützen. Auch ich schlinge meine um seine Schulter und so laufe ich mit seiner Hilfe hinunter zu dem Teich. Laufen ist übertrieben, eher humpele ich mit meiner Stichwunde im Oberschenkel, aber dafür habe ich in den letzten Tagen erstaunliche Fortschritte gemacht. Auch meinen Cousin scheint mein Laufen zu freuen, denn er lächelt ununterbrochen und lobt mich beinahe für jeden Schritt - denn diese bringe ich nicht gerade schnell hinter mich. Er hilft mir flüchtig, mein Gewand auszustreifen - ich trage seit meiner Rettung frische Kleidung, die Yugi mir mitgebracht hatte - und lässt mich dann langsam ins seichte Wasser gleiten. Dabei fällt mir auf, dass er plötzlich ziemlich ungeschickt bei all dem wird.. Sonst hat er doch meine Wunden mit so ruhiger Hand versorgt? Warum kann er mir nicht beim entkleiden helfen? Nanu? Ist die Sonne zu grell oder wird er tatsächlich ziemlich rot? Ist ja süß.. Dabei sehe ich doch genauso aus wie er!! Das kühle Nass bei der Hitze ist ja soo angenehm! Wir bleiben recht weit vorne, denn die Quelle wird recht schnell tiefer und hier vorne kann ich auf den Grund sitzen und der Wasserspiegel reicht mir nur knapp über den Bauchnabel. Direkt kniet sich Yugi neben mich und öffnet meine Leinenverbände. Kaltes Wasser schlägt an meine Wunden, doch ich kann nicht über Schmerzen klagen, sogar die tiefe Verletzung am Oberschenkel bleibt ruhig. Sie sieht auch schon deutlich besser aus, seit Yugi die Pfeilspitze herausgezogen hat, fast der ganze Eiter ist verschwunden. Mit meinen Händen forme ich kleine Schalen und schöpfe Wasser, was ich zuerst gierig trinke und mir anschließend über den Oberkörper schütte. "Wartet kurz, ich hole einen Schwamm", erklärt er und ich nicke. Entspannt schließe ich die Augen, genieße das Wasser und die Ruhe. Mein Cousin kümmert sich ja wirklich rührend um mich... wie um seinen älteren Bruder! Aber das bin ich doch sowieso schon irgendwie in all der Zeit geworden.. Es tut gut zu wissen, ihm vertrauen zu können und seinen Schutz zu bekommen, jetzt, wo ich so hilflos bin. Wo er bloß die letzten Tage bis Wochen gesteckt hat?? Er war plötzlich weg! Von heute auf morgen... keiner meiner Boten fand eine Spur... Ich hatte mir wirklich Sorgen gemacht.. schließlich- Tapsende Schritte hinter mir und Wasserplätschern verraten mir, dass er wieder da ist. Ob jetzt wohl die Gelegenheit wäre, ihn zu fragen? Ich schätze, dass wir morgen wieder zu Hause ankommen.. dort ergibt sich bestimmt vorerst keine Möglichkeit mehr, mit all dem Trubel und der Aufmerksamkeit um meine Rückkehr... Ich mag gar nicht erst an die Arbeit denken. "Yugi...", fange ich an, spüre ihn auch schon hinter mir knien, da unterbricht er mich auch schon: "Habt Ihr doch Schmerzen??", fragt er besorgt. "Nein", ich schüttele wie zur Bestätigung den Kopf, "mit mir ist alles in Ordnung... mach dir nicht soo viele Gedanken..", tadele ich ihn lieb. "Ich wollte nur auf Nummer sicher gehen..", erklärt er leise und beginnt mir mit dem nassen Schwamm über den Rücken zu waschen. "Ich wollte dich etwas Anderes fragen...", und bevor er etwas erwidern kann, fahre ich schnell fort, "und zwar... geht es um.. um Letztens.. Du warst so lange nicht im Palast...", beginne ich ruhig, werde aber aus irgend einem Grund selbst nervös, wohl bricht die Anspannung wieder hervor, die ich durch diese Ungewissheit, was wohl mit ihm geschehen sei, hatte. So oft in der Gefangenschaft musste ich an Yugi denken... Ob er wohl wieder aufgetaucht wäre und ob er wohl auf sei?? "Wo warst du bloß? Und wieso bist du einfach heimlich verschwunden??", meine Stimme klingt anklagender und angreifender, als sie eigentlich soll. Ich will ihm keinen Vorwurf machen, ich hatte nur so Angst um ihn! Die Bewegungen an meinem Rücken verlangsamen sich, der Schwamm streicht schon zum vierten Mal dieselbe Stelle. "Ich.. also... ich.. ich..", deutlich spüre ich, wie er überlegen muss, wie unerwartet diese Frage kam und wie er versucht, sich die Worte zurecht zu legen. "Ich wollte Abstand...", beginnt er schließlich nach den Stotterein - und mir wird bewusst, dass ich wirklich zu hart geklungen haben muss. "Yugi... Ich wollte dir keinen Vorwurf machen.. Ich möchte es nur wissen! Du brauchtest Abstand? Wovon? Und warum hast du niemandem Bescheid gesagt, dass du verreist?" Er brauchte Abstand? War es etwa so wie bei mir? Das glaube ich eher weniger... "A-Abstand von... vom Palast! Von dem Leben dort.. Ich.. ähm... habe Euch doch in Eurer Abwesenheit vertreten... habe auf dem Thron gesessen..." Er schluckt, fährt dann nervös fort: "Es war so viel Arbeit... so anstrengend.. die Wochen als Aushilfsregent haben so an mir gezehrt... Ich wollte eine Auszeit... irgendwo draußen..." Unruhig und scheinbar aufgewühlt wäscht er mich mit dem Schwamm weiter, drückt vor Aufregung zu fest zu und reibt meine Haut auf. "Eine Auszeit??", wiederhole ich - und deshalb so sang- und klanglos verschwinden? Er hätte doch sowieso nicht mehr regieren müssen, als ich da war! "Und das war alles..?", hake ich nach. "Wo warst du denn dann?" "In L-Luxor... Ja.. Auszeit.. Und nachdem ich mich zwei Wochen lang erholt hatte, bin ich halt zurück und..." Er atmet schnell und heftig, drückt den Schwamm immer fester und an dieser einen Stelle an meinem Rücken ist sicher schon ein roter Striemen. Ich drehe mich ein Stück nach hinten und halte seine Hand fest, suche Augenkontakt. Doch er sieht weg, wirkt extrem nervös und scheu. Wir kennen uns leider schon zu lange und zu gut Yugi, als dass du dich vor mir verstellen könntest. Mit festem Blick nehme ich ihm den Schwamm aus der Hand und drücke ihn an der Schulter nieder. Da er überhaupt nicht damit gerechnet hatte und mit den Gedanken sowieso fieberhaft mit sich selbst am kämpfen scheint, verliert er sofort das Gleichgewicht und plumpst bekleidet in den Teich. "A-Atemu!", quietscht er erschocken und beschaut sich schamhaft rot seine pitschnassen Klamotten. Ich rücke näher an ihn heran und fixiere ihn mit meinem ernsthaftesten sag-die-Wahrheit Blick, den ich zu bieten habe. "Yugi, warum bist du einfach nach Luxor gegangen?", versuche ich es noch ein mal und spreche besonders leise, aber dunkel und verständlich. Er zupft an seinem nassen, gelben Gürtel herum, versucht sein peinlich berührtes Gesicht zu verdecken. "Aaaaach, Atemu..", seufzt er tief und sieht mich endlich an. Sein Blick ist traurig, aber seine Augen klar wie diese Quelle. "Sag.... sag mir erst... Ob du noch böse auf mich bist... Oder enttäuscht.. oder sonst etwas.. Ganz ehrlich, ich muss es wissen! Atemu, bitte!" Wütend? Enttäuscht? Nachdem er mich so heldenhaft gerettet hat?? Ich stehe tief in seiner Schuld! "Also Yugi, ich wü-" Wie vom Blitz getroffen schlägt er sich die Hand vor den Mund und wird kalkweiß - wie er die Farbe wechseln kann? "Ich.... habe Euch... doch gerade nicht wirklich... geduzt..?" Überrascht sehe ich ihn an, lege meinen Kopf schief und lasse mir seine Worte von gerade noch ein mal durch den Kopf gehen - ich hatte gar nicht darauf geachtet! Aber doch.. jetzt wo er es sagt.. "Jaa, hast du." "E-Es tut mir wahnsinnig leid!! Bitte entschuldigt vielmals, mein Pharao!! Ich.. bin gerade nur so.. durcheinander!" Durcheinander? Warum..? Ich will ihm doch gar nichts Böses.. will mich doch nur endlich mit ihm aussprechen! Bin ich doch zu streng..? Klingt mein Ton zu gebieterisch? Schleicht sich etwa die Gewohnheit wieder in meine Worte? Ich denke nicht... Ich habe gelernt, Privates von Beruf zu trennen - und dieses Gespräch gehört eindeutig in die erste Kategorie. Ich lächele sanft und sammele einen Stein vom Teichboden auf, den ich direkt wieder davon werfe. "Schon gut, Yugi. Es ist dir zwar so rausgerutscht... Aber bitte... lass es zur Gewohnheit werden. Ich meine wir sind aufgewachsen wie Brüder, kennen uns schon ewig! Da sollten wir aufhören zu fremdeln. Immerhin hast du mich schon vor längerer Zeit um das "du" gebeten... Ich weiß nicht, warum ich es da nicht auch für mich umgedreht habe." Wir haben uns schließlich auch als Kinder immer geduzt! Eben weil wir es nicht besser wussten.. Irgendwann im Laufe der Jahre, als wir älter wurden, hat sich das ziemlich plötzlich geändert, vor allem, da wir uns kaum noch trafen und uns wegen meinen Pflichten immer weiter voneinander entfernten.. "A-aber trotzdem.. Ihr seid der Pharao!", kontert er und wird wieder ziemlich rot um die Nase, "ich kann Euch doch nicht immer duzen... Bei mir ist das doch etwas völlig Anderes!" Unruhig sammelt er auch ein Steinchen vom Boden auf, lässt es aber sofort wieder mit einem leisen ,Plitsch' fallen. Sofort will er nach einem Neuen greifen, doch ich ziehe seine Hand aus dem Wasser. Sein Gehibbel macht einen ja selbst völlig nervös! Ich halte seine Hand einfach in meiner, streiche beruhigend mit meinen Fingern über seinen Handrücken. "Aber ich bitte dich nicht als Pharao, sondern als langjähriger Freund darum. Außerdem... du hast mir das Leben gerettet, Yugi.. gerade du... du bist nicht irgendwer für mich." Ich fixiere seinen Blick, versuche sanft zu wirken, will ihm Mut machen. Mir kann er sich doch anvertrauen.. Seine riesigen, violetten Augen werden für einen Moment noch größer, als sie ohnehin schon sind und ein gewisser Glanz lodert in ihnen auf. "Atemu...", haucht er und legt sich peinlich berührt seine rechte Hand an die glühende Wange. "Ich... ich bin gegangen... weil..", fängt er sich wieder und atmet ein letztes Mal tief durch, "weil ich Angst hatte.. Nein, das ist nicht alles, wartet, lasst mich aussprechen! Es gibt so viel zu erklären!" "Lass du mich", korrigiere ich leicht grinsend. "W-was??", kommt es von Yugi erschrocken und ich merke sofort, er hat mich nicht verstanden. "Schon gut, erzähl einfach, ich höre dir doch zu." "Na ja...Ich hatte ein schlechtes Gewissen... Weil... ich doch dieses Handelsabkommen mit Zypern verdorben habe. Ihr.. Du.. hast doch dieses Warnungsschreiben des Händlers auf meinem Schreibtisch gefunden. Uhm, wie ungewohnt, so mit.... dir zu sprechen, Atemu.." Ich lächele ihn an, streiche ihm durchs Haar. Er wirkt gerade so zerbrechlich und weckt meinen Beschützerinstinkt - und er hat wirklich allein diese Mannschaft zusammengetrommelt und ist gegen die Römer angetreten? Deutlich spüre ich, wie er sich mit dem Kopf näher an meine Hand schmiegt, auch wenn er es versucht, unauffällig wirken zu lassen. "Weiter", fordere ich auf. ".... Du kannst es dir nicht denken?? Ich hatte Angst, Ihr wäret zu enttäuscht von mir! Ich habe... dir doch damit so viel mehr Arbeit und Stress besorgt! Es hätte ein weiterer Krieg ausbrechen können! Ich hatte Angst, von dir ab jetzt gehasst zu werden! Mit Ignoranz gestraft zu werden.. Denn zusätzlich habe ich dir nach deiner Rückkehr nichts davon gesagt.. Du hattest ganz Recht wütend zu sein! Ich mag gar nicht daran denken, wenn du den Brief nicht gefunden hättest! Ich hätte wohl selbst versucht, alles wieder zu richten.. und dabei sicher noch viel schlimmere Fehler begangen! Ich bin doch dein Vertrauter und Berater! Gerade als solcher ist dieser Fehler unverzeihlich.. Ich konnte dir einfach nicht länger in die Augen sehen, Cousin... Da habe ich im Affekt meine Sachen gepackt und wollte weg! Einfach weg!! ..... Deshalb hoffe ich inständig... Dass du mir vergeben hast...", zum Schluss werden seine Worte immer leiser. Ahh, das war es also! Aber das.. Ich kann innerlich einfach nur mit dem Kopf schütteln! "Jaa... Die Sache mit dem Händler..", ich nehme meine Hand von ihm, hebe den Schwamm von der Wasseroberfläche auf, auf der er treibt und beginne mir selbst die Beine zu waschen. Dabei stelle ich erleichtert fest, dass meine Haut, während ich all die Tage draußen war, ja doch gar nicht so vieles dunkler geworden ist! Das war alles bloß eine ständige Dreckschicht unterhalb meines Lendenschurzes! "Ich war in der Tat verärgert, jaah.. und enttäuscht über dein Schweigen.." Es kommt mir vor, als senke er den Kopf und würde wie ein Hund schuldbewusst seine Ohren einklappen - und dieser Gedanke lässt mich schmunzeln. "Aber das wäre nichts, was nicht mit einer einfachen Entschuldigung hätte aus der Welt geräumt werden können, Yugi. Es war extra Arbeit für mich, sicher.. Aber ich habe noch am selben Tag zurück geschrieben und mich ebenfalls für das Versehen entschuldigt. Es ist alles wieder im Lot.. bis auf die Sache, dass er als Entschädigung mehr Geld als sonst bei der nächsten Lieferung für seine Waren möchte. Aber das ist nicht allzu schlimm, die Finanzen stehen nicht gerade im Keller. Wir haben zwar keinen Überschuss, aber es reicht zur Zeit gut aus." Er sieht mich mit einem treuen Blick von der Seite her an: "Atemu, ich... Es tut mir leid!!" platzt es aus ihm heraus. Ich seufze kurz und tunke den Schwamm unter. "Ist schon in Ordnung, Cousin.. Ich habe dir schon längst verziehen.. Zwei Tage später war das doch schon wieder vergessen. Ab da an habe ich mir eher schreckliche Sorgen um dich gemacht! Du weißt doch, dass mein Land voller römischer Spähertruppen ist, die die Lage auskundschaften! Wenn sie von dir gesehen worden wären.. Die hätten dich auf der Stelle umgebracht!" "Ihr wart in Sorge um mich? Verzeihung, du natürlich! Das ist aber wirklich.. lieb von dir.. das freut mich, wirklich Atemu.." Unruhig scharrt er mit seinen Fußspitzen im Teichboden, wirbelt den Sand dort auf. "Nicht!", fahre ich ihn an, "du verdreckst das Wasser!" Wie zum Zeichen lege ich den Arm um seine Unterschenkel, als würde ich seine Beine anhalten wollen. "Entschuldigung..", murmelt er und hält tatsächlich inne. "Letztendlich hat dann aber dich selbst die Patrouille überwältigt, nicht mich! Wieso... Wenn ich das fragen darf... warst du eigentlich draußen? Seto hat mir erzählt, du seiest einfach ausgeritten? Das tust du doch sonst nicht? - Lasst gut sein, ich mache das schon!" Und schon hat er mir den Schwamm aus der Hand genommen. Es ist ein sehr angenehmes Gefühl, als er mir behutsam die Arme wäscht. Entspannt schließe ich die Augen halb und döse vor mich hin. "Also, ich bin ausgeritten, weil ich Abstand brauchte. Und zwar wirklich. Ich ähm...", kurz überlege ich, ob ich Yugi von der Geschichte mit Seto erzählen soll und entscheide mich dann dafür, er kann es ruhig wissen, jedoch werde ich es ihm nicht auf dem Silbertablett servieren. "Denn ich.. wurde ziemlich verletzt... Und da wollte ich weg. Aber mir ist dann auch etwas bewusst geworden.." "Verletzt? Wie?", sprudelt es sofort aus ihm heraus. "Von Seto... Ich habe mich ziemlich in ihm getäuscht.." Überrascht starrt er mich an und hält sogar mit dem Schwamm inne. "Ihr seid nicht mit Hohepriester Seto zusammen? Ja aber... Als ich im Palast ankam, deutete er so etwas an! Also dass er vor deinem Tod..." "Meinem Tod??", greife ich irritiert auf. "Ich gelte als tot??" Yugi nickt nur wortlos. Doch dann fährt er fort: "Seto hat dich überall gesucht, Atemu! Er war fast eine Woche weg! Aber er hat keine Spur finden können! Deshalb glauben alle..." "Das.. das ist ja... Wieso hast du mich dann gefunden??" Erbost balle ich meine Händen zu Fäusten, knirsche mit den Zähnen. Wäre Yugi nicht gewesen, hätten sie mich tatsächlich meinem Schicksal überlassen! Vorbei ist es mit der Entspannung. "Beruhig dich, Atemu..", er kniet sich genau vor mich, fährt mit dem Schwamm über Hals und Brust und sieht mir mit seinen großen, sanften Augen genau in die meinigen und es ist, als würde er eine Zauberformel vor sich hinmurmeln, denn ohne es bewusst zu tun, leistet mein Körper seinen Worten Folge. Dabei streicht er mir auffällig oft über das Schlüsselbein, doch ich genieße es, so zart berührt zu werden. "Du sagtest eben, dir sei etwas klar geworden?", greift er wieder auf und ich muss sofort bemerken, dass es eine Ablenkung war. Sorgfältig und behutsam säubert er meine Wunde am Bauch, die schon in den ersten Zügen ist, wieder zusammen zu wachsen. Aber trotzdem bleibt ein brennender Schmerz, vor allem wenn man sie berührt.. Ich halte zischend die Luft an. "Konzentrier dich doch nicht so darauf, dann ist es auch erträglicher!", tadelt mich Yugi und ich sehe ihn abschätzend an. Wieder fällt mir auf, dass er sich etwas verkrampft verhält und starr auf meine Brust stiert, während er so vor mir sitzt. Ich mustere ihn selbst weitestgehend, habe seine Frage schon wieder fast vergessen. "Also, was ist nun? Oder darf ich es nicht wissen..?", wiederholt er. Ich werde jedoch viel zu sehr von seiner Hand an meiner Schnittwunde mitgerissen. "Autsch!! Nicht so grob!", zetere ich und will seinen Arm festhalten. Die Schmerzen schäumen wieder auf - es war doch schon so viel besser! Doch Yugi zupft unbeirrt weiter an meiner Wunde herum. "Aaahhh, nein!!" Jetzt reicht es mir! Ich mache Anstalten, mich zu erheben, will hier weg! Komme jedoch nicht dazu, da Yugi mich rasch im Genick packt und mich nach vorne zu sich reißt. "Jetzt reicht es, Atemu!! Das muss sein, jetzt halte endlich still! Da ist lauter abgestorbene Haut dran, die muss ich abknibbeln, sonst stört sie den Heilungsprozess!!" Überrascht reiße ich meine Augen auf, unsere Gesichter befinden sich unmittelbar voreinander. Das ist ja... Ich bin so überrascht über diese Aktion, dass ich erst einmal gar nicht nachdenken kann und einfach alles für eine Sekunde in mir stillsteht. Wir starren uns einfach an, unsere Nasenspitzen berühren sich bereits. Noch nie war ich Yugi so nahe... nie zuvor habe ich so tief in seine großen, schönen und auf seine eigene Art so ausdrucksstarken, violetten Augen sehen können.. So ehrlich, so treu... niemals würde sich auf eine Intrige einlassen.. Mein Blick wandert wie von allein über seine zierliche Stupsnase, bleibt für den Bruchteil einer Sekunde an der zarten Haut seiner Wangen haften, beobachte, wie sie sich voll mit roter Farbe tränken - und werde schließlich unweigerlich von seinen Lippen angezogen. So wunderschön geschwungen... nur vor Entsetzen ein wenig zu weiß, als gesund wäre. Ein unheimlicher Blickfänger! Dabei zittern seine Lippen ganz leicht, so als wolle er mich durch diese Bewegungen herausfordern wollen... Ich.. auf welche Gedanken komme ich hier überhaupt?? Muss erst einmal mit dieser Situation fertig werden. Genau das scheint Yugi auch zu tun, denn er wird innerhalb einer halben Sekunde röter als ein überreifer Granatapfel. Blitzartig lässt er mein Genick los und taumelt ein paar Schritte nach hinten, tiefer ins Gewässer. "E-E-entschuldigt vielmals, mein P-Pharao!! Es kam so über mich! Ich hatte mich nicht unter Kontrolle! I-Ich bin so angespannt..." , fertig mit den Nerven sieht er zur Seite, sein hochroter Kopf ist fast das Einzige, was noch aus dem Wasser herauslugt, da es ziemlich steil hier tiefer wird. Jetzt ist sein komplettes Gewand durchnässt! Ich blinzele selbst verwirrt... Was war das... für eine... fremde Situation? Für einen Moment bin ich wie gelähmt, nehme das Treiben um mich herum kaum wahr und versuche mich kurz in meine Gedankenwelt zu flüchten - weshalb ich jedoch auch nicht merke, wie sehr ich Yugi damit verunsichere. Automatisch gleitet mein Blick zu ihm. Keuchend versucht er sich mit seinen Beinen wieder aus der tiefer gelegenen Stelle des Wassers zu angeln, hat dabei jedoch wenig Glück und stürzt immer wieder ein Stück nach hinten. Sofort schleicht sich ein Grinsen auf mein Gesicht - aber nicht gezeugt von Schadenfreude! Aber es stimmt.. seine Tollpatschigkeit hatte schon immer etwas.. Niedliches.. Schnell schüttle ich den Kopf und vertreibe diese unsinnigen Gedanken aus meinem Kopf - wie komme ich bloß wieder auf sowas? Strecke ihm lieber die Hand hin und helfe ihm so gut es in meiner Situation geht, wieder auf. "Pass du aber auch auf dich auf, Cousin", tadele ich ihn noch immer grinsend, zurück und suche dann mit meinen Augen die Wasseroberfläche nach dem Schwamm ab. "Aach.. Mist", schimpft er und besieht sich seiner Kleidung, die nun wirklich mehr als nur feucht ist. Überrascht hebe ich die Augenbraue, lasse aber keine Bemerkung der Verwunderung fallen - wir sind schließlich nicht im Palast! Bloß unter uns.. nur wir beide.. "Wisst Ihr.. du wo der Schwamm hingekommen ist?", erinnert er mich wieder und ich zeige, gefunden, auf eine Stelle etwas weiter weg von unserem Badeplatz. Er seufzt kurz und während er zu besagtem Ort watet, habe ich Zeit ihn mir genauer anzusehen. Durch seine nasse Kleidung bleibt einem ja erspart, herum zu fantasieren, was sich wohl darunter verbergen könnte - wende meinen Blick jedoch schnell wieder ab. Ich war noch nie so hinterhältig, Yugi hat es doch bestimmt selbst noch nicht gemerkt!! Wie auf Kommando dreht auch er sich wieder um und gleicht ein weiteres Mal regelrecht einem Granatapfel, als er an sich heruntersieht. "Ihr.. du.. habt doch nicht..", platzt es sehr leise aus ihm heraus und sofort sinkt er tiefer ins Wasser, versucht so seinen Körper zu verstecken. Er war ja schon immer so schüchtern.. "- Jedenfalls..", beginnt er wieder und ich hebe den Kopf, habe nicht damit gerechnet, dass er so schnell seine Fassung wiedererlangt, aber versuche meinen Blick sanft wirken zu lassen - er ist bereits genug verwirrt!! Auch wenn meine eigene Gedankenwelt ebenfalls ziemlich Kopf steht.. Was war das vorhin nur? Es kam nie vor, dass wir uns jemals so.. nah waren, den anderen für einen Moment bloß angeschaut haben. Neu.. und irgendwie aufregend! Auch wenn ich weiß, dass es nur ein "Unfall" war. Schnell wird meine Aufmerksamkeit jedoch wieder auf ihn gerichtet, als er mir blushend die letzten Hautstellen weiter einseift. "Jedenfalls?", wiederhole ich seine angefangene Rede und sehe ihn neben mir bloß den Kopf schütteln. "Ach, vergessen wir das! Wir sollten Euch viel mehr endlich hier rausbringen.. Es wird bereits Abend und ich möchte nicht, dass Ihr euch am Ende noch eine Erkältung zuzieht.. Ich habe bereits genug bei Euch zu verschulden..", lacht er verschmitzt und gleitet mit dem Schwamm nun wieder sanft über meine Haut. "Yuuugii.. Du weißt, ich habe dir bereits verziehen! Und du sollst doch nicht weiter fremdeln!", mahne ich ihn und nehme schließlich den Schwamm aus seiner Hand. "Danke für deine Hilfe.. Aber du hast Recht, wir sollten jetzt langsam hier mal fertig werden." Ich halte kurz die Luft an, ehe ich mich hinten abstütze und versuche selbst hochzukommen, meine Schmerzen ignorierend. Doch kaum das Yugi bemerkt, dass ich aufstehen will, schieben sich jeweils seine Hände zu meinem Rücken und meiner rechten Hand, helfen mir so besser aufzustehen. Bauch und Oberschenkel wollen diese Bewegung noch immer nicht ganz mitmachen.. Ob ich für immer so bleiben werde? In Allem, was ich tue, Hilfe brauchen werde?? Schnell verdränge ich diese Gedanken und werde unerwartend in weichen Stoff gehüllt. Seit wann bin ich so unaufmerksam..? Yugi steht bereits - noch immer ziemlich rot im Gesicht - um mich herum und legt mir eines dieser weichen Handtücher um, die zur Not auch gut als Decke für die Nacht dienen. Ich bin ihm sofort dankbar, er muss doch selbst wahnsinnig frieren!! - Meine Vermutung erübrigt sich, als ich ihn mustere und seine unübersehbare Gänsehaut bemerke, trotzdem lächelt er unentwegt. An was er wohl denkt..? Jedoch wird mir diese Stille zwischen uns immer unangenehmer und auch, als ich mich kurz räuspere, bleibt es lautlos. Ich streiche schnell mit meiner Hand über seinen rechten Oberarm - will mir so seine Aufmerksamkeit zurückholen, worauf er erschrocken ein leises Quietschen von sich gibt. "Tut mir leid.. Habe ich dir weh getan??" Ich schüttele mit dem Kopf und lasse mich nebenbei von ihm stützen, während ich zu unserem Zelt humple. "Neiin.. aber du bist mir zu still", ich stupse ihm, angekommen, auf die Nase und muss mir dabei eingestehen, dass ich nur auf die verlegene Reaktion seinerseits gewartet habe, sie fast heraufbeschwören.. wollte. "Ich.. wusste nur nicht.. Du warst doch auch so leise...", schuldbewusst lässt er den Kopf hängen, "ich.. wollte nicht stören.." Ich lache leise auf und wuschele ihm durch das üppige Haar, ehe ich mich auf meinem Nachtlager niederlasse. "Ich würde mal sagen, es ist Zeit meine Verletzung anzusehen, nicht?" Mein Gesicht wird wieder ernster, als er nickt und bereits Verbandzeug holen will. "Aber zuerst zieh du dir einmal trockene Kleidung an.. Das hier hat Zeit." Trotz seiner protestierenden Worte - "Ihr seid doch viel wichtiger, mein Pharao.." "Abmarsch, Cousin!!" - verschwindet er aus dem Zelt und kommt nach kurzer Zeit auch wieder zurück mit frischer Kleidung für uns beide für den morgigen Tag zurück, trägt stattdessen aber für diese Nacht ausnahmsweise ein Nachtgewand, das aus einem schlichten Lendenschurz besteht. Wie auch er, bekomme ich eines in die Hand gedrückt, was ich mir unter Mühe selbst anziehe und Yugis Verlegenheit somit nicht weiter strapaziere. ********************** Konnichi wa, liebe Leserinnen und Leser! ^__~ An dieser Stelle möchten wir beide auch mal wieder etwas von uns hören lassen! *gg* Dies ist nun schon das achtzehnte Kapitel (und da die Meisten unter euch auch "Change of Hearts" kennen werden, wissen, dass das für Kagu-chan und Polarstern gar nichts ist... XD) und wir freuen uns wahnsinnig, dass wir noch immer so viele, treue Leser/innen haben! Besonders fühlen wir uns durch eure Kommentare angespornt, die wir mit sehr viel Freude andauernd lesen - darum hier einmal ein ganz großes Dankeschön für eure Treue die Zeit über!! Allein, da die Kapitel ja auch nicht immer in geregelten Abständen kommen.. XD" Wir hoffen, dass ihr auch in Zukunft weiterhin so viel Spaß und Freude beim Lesen haben werdet - immerhin war dieses Chapter doch schon mal viel versprechend, oder nicht? *beide verschmitzt grinsen* Kagu-chan & Polarstern Kapitel 19: Besprechung unter vier Augen ---------------------------------------- ~~~~~~*Atemu*~~~~~~ Der restliche Abend verläuft - im Gegensatz zum Baden - schweigsam. Schnell hat er mich verarztet und versorgt, ehe auch schon das Licht ausgelöscht wird. Zuu schnell ist dieser Tag für mich vergangen... Was erwartet mich auch morgen? Pflichten und Arbeit.. Ich glaube kaum, dass durch die Nachricht, dass ich tot wäre, sich viele um all den anstehenden Papierkram gekümmert haben. Tief seufze ich. So sehr ich mich auch zurück gewünscht habe, ich will doch genauso ein wenig Zeit für mich.. Im Palast bleibt dafür wenig bei dem normalen Tagesablauf übrig, ständig versinke ich in Arbeit... Wenigstens habe ich Yugi da, der mich von nun an wieder tatkräftig unterstützen wird!! Obwohl.. wer sagt eigentlich, dass er wieder in seine alte Stelle treten möchte? Vielleicht hat er nur nach mir gesucht, weil er mir das alles beichten und erzählen wollte? Sich entschuldigen.. Für ein reines Gewissen... Nein, so ist Yugi nicht - was denke ich von ihm?! Er ist selbstlos, sanft.. er könnte niemandem absichtlich Schaden zufügen!! Sollte er einmal heiraten wollen - seine Partnerin wird sicherlich glücklich mit ihm.. Von diesem Gedanken beherrscht, macht sich unbewusst Eifersucht in mir breit. Yugi war doch schon immer ganz alleine - warum sollte es sich ändern?? Eigentlich habe ich nie darüber nachgedacht.. Aber was wäre dann mit mir..? Würde er sich noch um mich kümmern, so wie er es sonst getan hat?? Hätte er überhaupt.. Zeit?? Der Gedanke allein lässt mich meine Decke ein wenig fester krallen, als gewollt. Er darf mich doch deswegen nicht vernachlässigen!! Und seine Pflichten! Seine Pflichten haben höchste Priorität - da hat die Familie eben zu warten... Und ich gehöre nun mal zu seinen Verpflichtungen dazu, schließlich bin ich der Pharao.. - Ein weiterer Seufzer entkommt mir und ich schlage die Hand auf meine Stirn. Seit wann denke ich so egoistisch? Ich sollte es ihm doch eigentlich gönnen... Er hat soviel ertragen müssen, war immer einsam, hatte nie wirklich jemanden, mit dem er über seine intimsten Probleme reden konnte.. Dass er da schon nicht verbittert ist, ist wirklich.. Kurzerhand drehe ich mich zu meinem kleineren Cousin, der durch die Dunkelheit auch sogleich seine Augen öffnet. "Du seufzt bereits zum zweiten Mal.. Stimmt etwas nicht?" Ich schüttele bloß den Kopf, erwidere seinen besorgten Blick aber nicht mehr und versuche schließlich einzuschlafen - schaffe es auch nach etlichen Malen des Herumwälzens. * Von der Sonne geblendet, kneife ich meine Augen zu - hinter mir das Jubel- und Freudengeschrei der Soldaten. Der Palast, oder eher dessen Rückseite, liegt direkt vor uns mit seinem sandigen, braun-goldenem Baustein - nach 5 Stunden Marsch!! Inzwischen ist Aton bereits ein ganzes Stück gesunken, mein Mittagessen ist ebenfalls schon verschlungen. Aber trotz allem.. Endlich... Zuhause. Ich hätte nicht gedacht, dass ich jemals wieder hierher zurückkommen und noch weniger, dass ich diesen Anblick überhaupt wieder sehen würde. Trotz der Wissen, das ein Haufen Arbeit auf mich wartet, kann ich selbst einen Freudeschrei kaum unterdrücken, presse mich stattdessen enger an meinen Cousin vor mir, der ebenfalls strahlt. "Siehst du, Atemu.. ich wusste, ich bringe dich zurück..", flüstert er glücklich, aber mehr zu sich selbst, als zu mir. Ich nicke bloß und fühle mich mit einem Mal besser. Hier bekomme ich die Verpflegung, die ich für meine Wunden brauche, auch wenn ich mir selbst eingestehen muss - Yugi hat es während der Reise auch ohne passendere Hilfsmittel sehr gut gemacht. Keiner meiner Mediziner hätte es besser machen können.. Schnell haben wir die großen Tore am Hinterausgang erreicht und die ersten Soldaten brechen ebenfalls von oben in Jubel aus, verkünden die Nachricht, dass ich gefunden und wieder zurück bin, rasch im ganzen Palast. Sicher lenkt Yugi die Truppe in den Innenhof und ich sehe schon die ersten bekannten Gesichter, wodurch ich meine Schmerzen vollends vergesse. Ungeduldig hibble ich auf dem Pferd auf und ab - ich will endlich absteigen!! Doch erst als mein Cousin selbst von Checkmate abgestiegen ist, beginnt er langsam mit einem weiteren Soldaten mich bestimmt herunterzuheben. Ein Gefühl der Sicherheit durchfährt mich, als ich den Boden meines Palastes - meiner Stadt - wieder spüre. Heimat!! Ich bin wirklich wieder zuhause! Mein Blick gleitet mit einem Lächeln über die Balkone, die im inneren des Palastes zu sehen sind und Ausblick auf den Innenhof geben. Alles noch, wie es war, als ich hier fortgeritten bin.. Ich senke meinen Kopf wieder und sehe diesmal zu Yugi, der Checkmate lobend tätschelt und ihn dann zum Stall führen will. "Yugi, du hast nun, bei Ra, genug Sklavenarbeit verrichtet! Lass das doch jetzt mal jemanden tun, der dafür zuständig ist!!", grinse ich ihn an und er lächelt bloß scheu zurück, schüttelt aber seinen Kopf. "Nur durch seine Ausdauer konnte ich Euch so schnell wiederfinden.. Er ist wirklich ein braves Tier, ich will selbst für seine Verpflegung sorgen.." Meine weiteren Worte an ihn gehen jedoch in der Menge unter, die sich ziemlich schnell um mich gebildet hat - hunderte von Gesichtern drängen sich um mich, einige mit besorgtem Ausdruck, andere mit wütendem und enttäuschtem. Unbewusst suche ich mit den Augen den Kreis nach Seto ab, aber von diesem ist keine Spur. Ich seufze kurz leise, ehe ich mit doch etwas entkräfteter Stimme alle erstmal zum Schweigen bringe und mich dann von Sklaven in mein Zimmer tragen lasse. Vertröste die Wartenden und deren Fragen auf später. Zweimal verrinnt die Sanduhr, bevor ich in meinem weichen Bett liegen kann und alle Menschen um mich herum verschwunden sind. Gebadet, verarztet und in frisches Gewand gekleidet, darf ich mich endlich ausruhen und durchatmen. Die Hektik um mich herum hat mich müder gemacht, als ich dachte und nur mit Mühe lese ich den kleinen Brief in meinen Händen - eindeutig von Yugi. Da er als Eilmeldung durchging, empfand ich es als Verpflichtung, ihn sofort nach meiner Rückkehr zu lesen - und wie vermutet stammt er aus einem Dorf nahe Luxor. Meine Gedanken kehren zurück zu Yugi und automatisch habe ich ein schlechtes Gewissen. Die ganze Zeit hat er sich so rührend um mich gekümmert - und was tue ich, als ich zurückkomme? Lasse ihn sich zurückziehen und glauben, ich hätte ihn vergessen. Obwohl.. habe ich das in der ganzen Aufregung nicht auch..? Ich hätte ihm danken sollen, anstatt ihn vor der heranlaufenden Menge einfach gehen zu lassen. Mir ist sein trauriger Blick doch nicht entgangen.. Mit dem Vorhaben, ihn nachher zu mir zu rufen, wandern meine Augen wieder zu den Zeilen des Briefes, den ich schließlich zuende lese. Ein Rufen genügt und schon habe ich zwei Sklaven neben mir stehen, die auch sofort auf die Knie gehen. Ich muss schmunzeln - habe mit so einer Reaktion schon gar nicht mehr gerechnet! "Mein Pharao..", beginnen beide und ich nicke nur. "Bringt dieses Schreiben zu AtemRa, er soll sich persönlich um eine Lieferung von Getreide kümmern - der Rest ist ihm bekannt." Ich gebe dem Linken der beiden, den Brief in die Hand, der sichtlich nervöser, sowie auch jünger wirkt. Er ist wohl neu im Palast.. Mit einer Handbewegung schicke ich den zweiten Sklaven mir einen Krug Wasser zu holen, lasse mich dann aber entspannt zurücksinken. Die Verbände um Bauch und Schenkel spüre ich zwar, aber sie sind wesentlich weicher, als die Vorigen, die mir Yugi umgebunden hatte. Ich kann es ihm aber auch nicht übel nehmen, unterwegs mit Soldaten nimmt man keine edleren Stoffe mit. Mit einem Gähnen kuschele ich mich tiefer in die Decke, nun, da es bereits Abend ist, wird es langsam auch hier ziemlich kalt, auch wenn der Vorhang an meinem Bett die gröbsten Windstöße aufhält. Ich trinke noch schnell einen Schluck von dem erfrischendem Wasser, das mir der Sklave fünf Minuten später bringt, merke, wie es meinen spröden und zerrissenen Lippen gut tut. Doch ich habe nicht lange Zeit mich zu entspannen, den schon bald höre ich von draußen tapsige Schritte - bin während meiner Zeit bei den Römern sensibler geworden, was Geräusche, besonders Schritte angeht - und hebe den Kopf, ehe ich schließlich meinen ganzen Oberkörper hochhieve. Kurz ertönt eine helle Stimme, eindeutig Yugis, bevor ich eine um einiges dunklere wahrnehme und schließlich die Tür aufgeht. Der kleine Blondschopf tritt ein und versucht mich mit einem ziemlich festen Blick anzusehen, der aber schnell unsicherer wird, je länger er in diesem Raum steht. "Nanu? Yugi, was ist denn los??", frage ich sanft und lege den Kopf schief, was ihn trotz allem weiter verunsichert. Was ist bloß los..? - Jedoch kann ich es mir schon entfernt vorstellen. Ich winke ihn freundlich zu mir, deute ihm somit, neben mir Platz zu nehmen. "N-nein danke, ich möchte lieber stehen, Atemu.." Ich nicke nur, warte darauf, dass er endlich mir sagt, was er auf dem Herzen hat. ~~~~~*Yugi*~~~~~ Mit schweißnassen Fingern streiche ich mir langsam eine Strähne aus dem Gesicht, merke jedoch nicht wie diese bald wieder zwischen meinen Augen baumelt. Schneller, als ich wollte, habe ich den Blick von Atemu genommen, streife dabei mit meinem Blick die Wände und Gegenstände in dem Raum - wann war ich zuletzt hier? Es ist schon soo lange her.. und ich bin so nervös!! Wieso nur? Unruhig taste ich mit meiner rechten Hand, aus einem Impuls heraus, nach einem Objekt zum anhalten - wofür mir schließlich Atemus Schrank dient. "Also Yugi? Weshalb bist du hier?", höre ich ihn seine Worte wiederholen. Automatisch habe ich den Wunsch mich doch zu setzen - ich bekomme den Satz des Sklavens einfach nicht aus meinem Kopf!! Wer hat sich da einen solch miesen Scherz mit mir erlaubt..?? "Atemu..", beginne ich zaghaft und leicht verschüchtert. Unterwegs war mein Cousin in schliche Kleidung gehüllt, dreckig, kraftlos und heruntergekommen. Obwohl ich wusste, er war der Pharao, fühlte ich mich nicht ganz so klein und verloren wie jetzt, wenn er in den teuersten Stoffen auf seinem Bett liegt und nur mit dem Finger schnippen braucht, damit Wachen hineinstürmen und mich festnehmen können. Vielleicht war es auch einfach seine Machtlosigkeit auf dem Rückweg und die Tatsache, dass er völlig auf mich angewiesen war, gar mir ausgeliefert schien, die mich bekräftigte. Aber hier im Palast? Unter seinen Mauern, Dienern und Wachen... fühle ich mich wieder nutzlos wie zuvor. Also wieso sollte er mir solch eine Aufgabe überlassen? Wo ich ihn doch schon das letzte Mal so enttäuscht habe.. Ich schlucke. "Einer... deiner Sklaven..", wie schrecklich, schrecklich ungewohnt, ihn so als Pharao vor Augen zu sehen und gleichzeitig so anzusprechen! Obwohl der Verstand weiß, dass es die gleiche Person ist.. das Auge wehrt sich dagegen und sorgt für Irritierung. Ist dieser junge Mann vor mir wirklich noch der selbe, wie gestern..? Er sieht jetzt so viel machtvoller aus.. "Muss sich geirrt haben.. Ich.. ähm.. habe angeblich den Auftrag von dir erhalten.. Getreide nach Luxor zu schicken?" "Es war doch dein eigener Wunsch, Yugi..", dabei spielt er lässig mit einer seiner langen, blonden Seitensträhnen. "Ja schon.. Ich habe den Brief geschrieben..", gebe ich zu und spüre, wie meine Wangen peinlich berührt aufglühen, "aber.. der Auftrag ging doch gerade sicher an Seto.. Ich meine.. Ich habe Angst, wieder etwas falsch zu machen. Der Sklave muss sich... geirrt haben.. Ich meine... wieso sollte ausgerechnet ich das tun? Ich habe dem Palast wochenlang den Rücken gekehrt!" "Und weiter?", lächelt er mich an, nachdem ich nicht weiter wissend eine Weile geschwiegen hatte. Oh bei Ra, sein Lächeln macht mir Angst... soo undeutbar.. ist es Ernst? Ist es Fassade? Was denkt er wirklich? Es ist die Aufgabe des Pharaos, zu allen offen und freundlich zu sein, eigene Gefühle zurück zu stellen. Nerve ich ihn vielleicht, mit meiner blöden Stammelei und Fragerei? Er ist sicher noch müde..! Aber ich muss es jetzt sofort geklärt haben! Talib und die anderen warten doch.. der Brief wurde schon lange genug aufgeschoben! Und wenn er jetzt noch hier im Palast an die falschen Personen gerät.. "Ich weiß nicht, ob ich das wirklich übernehmen sollte.. Pharao... Mir ist doch bereits das letzte Mal ein fataler Fehler bei der Lieferung von Nahrungsmitteln unterlaufen.. Versteht... Ich möchte das Land nicht noch einmal einer eventuellen Gefahr aussetzen.. Und ich denke, dass Ihr... du... da sicher der selben Ansicht bist.. Deshalb.. halte ich es für keine gute Idee.. mir das zu überlassen... Verzeiht, vielmals! Es ist sicherer das Seto zu überlassen. Und.....Ihr müsst schließlich erst selbst wieder zu Kräften kommen! Ihr sollt noch nicht arbeiten.." Atemu schüttelt energisch den Kopf und seine frisch gewaschenen Haarsträhnen fliegen in alle Richtungen - ich muss mir eingestehen, so viel Respekt ich auch vor ihm als Pharao habe, trotzdem habe ich diese elegante und wunderschöne Erscheinung vermisst. "Yugi... Ich dachte, diese Sache wäre geklärt." Ich will nervös schlucken, muss aber feststellen, dass mein Mund mittlerweile komplett ausgetrocknet ist und ich meine Zunge zum Sprechen kaum noch gezielt bewegen kann. "Schon.. Ich weiß, dass.. du mir vergeben hast, Atemu.. Aber ich will nur die größtmögliche Sicherheit für Theben und ganz Kemet!" "Und ich denke, die gibt es in deinen Händen", er beugt sich weit nach links, um den goldenen Kelch von seinem Nachttisch zu heben und einige Schlucke zu trinken. Ist es die Tatsache, dass ich auch gerade so dringend Wasser brauche und er mir etwas vortrinkt oder seine Worte, die meine gesamte Mundhöhle weiter austrocknen lassen?? Mein Herz schlägt schneller und ein angenehmes, glückliches Prickeln durchfährt meinen Bauch. "Aber Atemu...", wehre ich mich, doch es ist eher meine Erziehung und mein Anstand, der mich zu diesem Vertrauensbeweis auf Distanz gehen lässt, statt sofort glücklich diesen Auftrag anzunehmen. Vielleicht möchte ich es auch einfach nur noch mal hören... "Ich bin mir wirklich nicht sicher.. Ich..." Ich weiß keine rechten Worte für zu finden.. Auf der einen Seite zwingt mich mein Gewissen und meine Angst, abzulehnen, nicht noch einmal solch eine Verantwortung zu tragen! Das Getreide könnte an die falsche Adresse verschickt werden, es könnte unterwegs verloren gehen oder gar von Römern abgefangen werden! Auch wenn ich da dann nichts dafür könnte - es wäre trotzdem meine Schuld, wenn die Lieferung nicht ordnungsgemäß ankommt. Wenn es unter meinem Namen läuft, bin ich für alles anzuklagen, denn es ist mein Auftrag. Andererseits will eine Stimme tief in meinem Bauch, dass ich zustimme, denn sie fühlt sich durch Atemus Kompliment geschmeichelt und ich mich bestärkt. Es ist auch irgendwo eine Herausforderung für mich, ihm zu zeigen und zu beweisen, dass er sein Vertrauen in mich beibehalten kann, dass ich zwar ein Mal einen Fehler gemacht habe, aber dass ich es genauso gut richtig machen kann! Ich strebe geradezu nach seinem Lob! Wenn alles klappen würde.. wird er dann stolz auf mich sein? Ich hätte sicher wieder sein gesamtes Vertrauen zurück... Überhaupt, ist das doch ein großer Vertrauensbeweis, dass er mich für fähig hält! Aber... ob er stolz sein wird..? Klinge ich jetzt nicht schon selbst zu lächerlich? Oh toll, Yugi hat es geschafft eine Ladung Getreide problemlos von A nach B schicken zu lassen... Ich seufze innerlich - und Atemu stellt seinen Kelch zur Seite. "Ich möchte aber, dass du dich darum kümmerst. Es war deine Bitte, dein Brief.. du weißt genau, wo alles hin soll und kannst vielleicht die wichtigsten Tücken und Gefahren der Strecke mit dem Boten klären. Er wird den Weg wohl nur von der Karte aus kennen, ich habe fast noch nie etwas nach Luxor geschickt. Also nimm mir bitte diese Arbeit ab, Yugi... Und Seto... möchte ich das nicht anvertrauen." Mir wachsen plötzlich wahnsinnige, mentale Flügel und mein ganzer Körper krabbelt, als liefen hunderte winziger Skarabäen ständig auf und ab. Atemu vertraut mir mehr als Seto!! Sofort sprudelt es nur so aus mir heraus: "Jaaah... Ich werde mich sofort darum kümmern! Ich danke Euch!", ich verneige mich tief vor seinem Bett. Dann drehe ich mich um und wende mich zum Gehen. Mir fällt auf, dass mein Mund nicht mehr ganz so trocken wie bisher ist. "Moment noch, Yugi! Bitte warte!" Ich bleibe überrascht und leicht erschrocken in meiner Bewegung stehen. Was gibt es denn noch?? Habe ich noch etwas verbrochen? Ich drehe mich beinahe im Zeitlupentempo um und sehe Atemu an, auch seine Augen scheinen plötzlich größer als eben und er starrt mich an. Dann räuspert er sich jedoch elegant und deutet neben sich auf das breite Bett. Aber das kann ich doch gar nicht annehmen?! Doch nicht auf sein Bett?? Wie eine Marionette setze ich schließlich einen Fuß vor den anderen und stehe bei ihm am Bett. "Yugi, ich wollte dir noch.. Setz dich ruhig", fordert er mich auf und plötzlich wirkt er viel unausgeglichener als zuvor. Auf einmal scheint er ein wenig nervös - was er sich aber natürlich nicht anmerken lässt, ich spüre es aber sofort, kenne ihn schließlich lange genug. Seine Hände greifen in die dünne Bettdecke, die ihm bis zur Hüfte liegt. Ich fühle mich für ein paar Sekunden durch seine verlorene Selbstdarstellung überlegener und setzte mich schließlich zu seiner rechten, wie er es mir zuvor angedeutet hatte. "Ich sollte wohl anders anfangen", lacht er leise und legt sich zurück in die vielen, vielen Kissen, die teilweise gestapelt wurden und ihm nun als kleiner Halt im Rücken dienen, sodass er nicht ganz waagrecht liegt. "Entschuldige bitte, ich bin einfach noch zu erschöpft, um die ganze Zeit aufrecht zu sitzen..." Er streicht mit den Händen seine Decke glatt, die er sich gerade bis zum Bauch hochgezogen hatte. "Ich sollte mich entschuldigen... Nein, ich sollte nicht nur, ich tu es jetzt auch", seine Lippen verziehen sich zu einem Lächeln nach oben, doch ich sehe direkt, dass er damit versucht, eine gewisse Verlegenheit zu überspielen. Sich entschuldigen?? Aber..?? "Es tut mir leid, Yugi! Ich habe dich heute Mittag bei und nach unserer Ankunft komplett wie Luft behandelt. Du bist zwar freiwillig verschwunden, das Pferd zu versorgen.. aber es war nicht richtig von mir, dich danach nicht mehr aufzusuchen. Sicher hat es so ausgesehen, als hätte ich dich...", er pausiert kurz, sucht nach dem passenden Wort, "ausgenutzt. Du hast dein Leben für mich riskiert, Cousin! Du hast alles in Bewegung gesetzt, um mich zu finden... Hast Erfolg gehabt, hast mich aus der Gefangenschaft der Römer gerettet! Hast unterwegs ständig meine Wunden versorgt.. So viel für mich getan... Und dafür möchte ich dir wirklich von ganzen Herzen danken, Yugi." Ich hatte ja mit ziemlich viel gerechnet, was er jetzt sagen würde... Aber nicht damit.. Ich kann gar nichts erwidern, lasse seine Worte wieder auf mich einwirken. Doch als hätte ich vorgehabt, etwas zu sagen, gestikuliert Atemu mir ruhig zu sein und fährt fort. "Und kaum bin ich wieder zu Hause, habe Palast und Hofstaat wieder und bin nicht länger auf deine Hilfe angewiesen... da lasse ich dich außer Acht. Es tut mir leid, wenn du dir die letzten Stunden unbeachtet vorkamst, dieses Gefühl wollte ich dir nicht vermitteln, Cousin. Es stürzte bloß mit einem Mal so vieles wieder auf mich ein.. Ich wurde gebadet, meine Wunden von Medizinern versorgt, ich musste etwas essen, dabei Seto und den anderen erzählen, was alles passiert war.. Rede und Antwort stehen.. und nicht zuletzt die wichtigsten bisher eingegangenen Eilmeldungen bearbeiten. Ich schlucke und klammere meine Hände ebenso nervös in meinen Lendenschurz, wie Atemu zuvor in der Bettdecke. "Also.. das.. macht doch wirklich nichts, Atemu! Ich weiß doch, dass Ihr der Pharao seid! Selbstverständlich scharen sich da alle um.. dich! Und das Versorgen der Wunden und ein richtiges Essen war ja wohl das aller Wichtigste! Nein, da habe ich wirklich vollstes Verständnis, ich habe nicht von dir erwartet, dass du noch irgend etwas mit mir unternimmst. Ich war sowieso... die ganze Zeit selbst beschäftigt! Ich war... meine Sachen... auspacken..", ich spüre selbst, wie meine Stimme immer leiser und weniger überzeugend wirkt. Verdammt, ich will ihm doch nicht zeigen, dass ich wirklich ein wenig enttäuscht war! Das will ich doch nicht mal mir selbst gegenüber eingestehen.. Was stelle ich mir denn auch vor, was er mir hätte groß an Aufmerksamkeit schenken sollen?? Er hatte weder Zeit noch hätte ich eine Idee, was er hätte mit mir tun sollen! Meine blöden Gedanken und Gefühle die letzten Stunden über waren völliger Unsinn, das weiß ich doch genau! Aber trotzdem... war da diese... Eifersucht.. wenn man es denn so nennen kann...Es störte mich wahnsinnig, dass ich ab jetzt für Atemu abgemeldet war.. Dass andere gerade mehr Zeit und Aufmerksamkeit bekamen... Und ich dachte, Seto würde wieder zuschlagen... Aber... meine Flügel sind noch immer nicht gewichen: Atemu vertraut mir mehr als Seto!! Und... und... er entschuldigt sich gerade... bei mir... Dabei hat er sich doch gar nichts zu Schulden kommen lassen! Das er doch sofort in Beschlag genommen wurde, war doch selbstverständlich und so absehbar... Eben darum... - so sehr ich mich auch wieder nach Hause gesehnt habe - hatte ich unterwegs und die letzten Stunden über noch gehofft, wir kämen so schnell nicht wieder in Theben an. Wollte Atemu noch eine Weile für mich haben... an mich geschmiegt, direkt an meinem Rücken... seinen warmen Atem an meinem Nacken... seine angenehme Stimme über meiner Schulter... Er lächelt mich offen an - und ich weiß, es ist ein ehrliches und aufrichtiges Lächeln, welches er nicht jedem schenkt. Automatisch muss ich zurücklächeln, fixiere seinen Blick und versinke schon wie von allein in den großen, ausdrucksstarken, aber erschöpften, violetten Spiegeln der Seele. Für mich ist es im Gegensatz zu anderen ein wahrer Spiegel in ihn hinein. Und er lässt mich hindurchblicken. "Trotzdem, Yugi... Mir war es einfach wichtig, dir das noch mal zu sagen... Dir meine Dankbarkeit auszudrücken.. Ich hatte schon mit meinem Leben abgeschlossen...", lacht er leise und ich bemerke sofort wie er versucht, die Szene etwas aufzulockern, "dass gerade du mich gerettet hast... Wie lange kennen wir uns jetzt schon? Zu lange, einfach zu lange... und dem Schicksal war es wohl noch nicht lange genug...", er grinst mich frech an. Ich mustere sein hübsches Gesicht, seine sanften Züge, den entspannt liegenden Körper mit den ganzen Muskeln unter der zarten, königlichen Haut. Oh ja... wir kennen uns schon eine halbe Ewigkeit, Cousin... genau deshalb war ich gerade so erschrocken, dass du mehr für mich wurdest als ein Freund und halber Bruder... Wenn ich es dir doch nur sagen könnte.. "Jaa... Danke Atemu, ich danke dir wirklich... für... alles...", ich lächele schwach, bin einfach so, so glücklich über dieses ganze Gespräch... von Anfang bis Ende! Ich lasse mich von den Glücksgefühlen leiten und strecke zögerlich meine Hand nach ihm aus. Erwische mich aber selbst bei dieser wirklich blöden und unangemessenen Aktion und nehme sie rasch wieder zurück. Mein Gegenüber lächelt milde und zieht ebenso seinen rechten Arm unter der Bettdecke hervor, greift zielstrebig nach meinem und zieht ihn wieder näher zu sich. Wie von alleine finden sich unsere Finger zusammen und verhaken sich miteinander. "Danke, Yugi", wiederholt er, mit seiner dunklen und sehr ausdrucksstarken Tonlage. Ich werde zu Wachs in seinen Händen.. lasse mich widerstandslos von ihm verformen... Ich.. ich halte tatsächlich mit ihm Händchen!! Auch wenn es symbolisch für unser beider Dank steht.. Ich reiße meine Augen weiter auf und strahle ihn glücklich an. Ooohhh... Atemu! Wenn du wüsstest, was du mir hier antust! Aber dieser Moment ist wow.. Einfach unbeschreiblich! Ich halte ihn weiter, versuche alle Gefühle und Eindrücke, die gerade auf mich einstürmen, zu fassen zu bekommen und abzuspeichern. Ich will mich jederzeit wieder an diese Atmosphäre hier erinnern können! Möchte diese Situation tief in mein Herz schließen.. Ich sehe ihn nur weiterhin mit großer Freude an und er lächelt zurück.. so ein wunderschönes Lächeln. Und noch immer halten wir die rechte Hand des anderen in der eigenen... halten uns gegenseitig fest. Ich wage es nicht, loszulassen.. will den Augenblick nicht zerstören! Nicht diese einmalige Gelegenheit aufheben! Auch Atemu lässt nicht los... wir sitzen - oder besser er liegt - hier zusammen und halten unsere Finger ineinander verschlungen! Meine Wangen glühen beinahe vor Aufregung und vor Freude. Ich.. ich hoffe, ich werde nicht allzu rot... Mir scheint, es vergeht eine ganze Stunde, ehe Atemus Arm kraftlos nach unten wegrutscht und auf dem Laken landet. Seine Augen sehen plötzlich noch erschöpfter aus als sonst, ich merke, wie sie ihm ständig zufallen wollen. Lange Gespräche und das fixieren der Aufmerksamkeit sind wohl noch nicht so wirklich bei ihm möglich. Verständnisvoll richte ich mich wieder auf und streiche etwas peinlich berührt noch von der vorangegangenen Situation mein Gewand glatt. "Ich werde dich dann jetzt schlafen lassen. Du siehst wirklich ziemlich fertig aus..", bemitleide ich ihn und nicke ihm zu. Er verzieht sein Gesicht zu einem seiner typischen Grinsen: "Danke für das Kompliment, Cousin. Ich gebe es gern zurück.. Nein, ich setze eins drauf. Auch du siehst schrecklich aus! Die Reise hat doch auch an deinen Kräften gezehrt.. Geh hin und komm vor dem übernächstem Tagesanbruch nicht mehr aus deinem Zimmer!" Ich lache auf. "Schlaf dich auch gesund, Atemu! Horus wird über dich wachen!" Ich verbeuge mich anstandshalber vor seinem Bett und wende mich zum Gehen um. Irgendwie hoffe ich schon, dass er mich noch einmal zurück hält... Ach Yugi, das ist Unsinn! Atemu schlief ja gerade schon fast ein! Außerdem ist alles gesagt... Und sogar noch mehr.. Ein Lächeln erscheint ohne mein Zutun auf meinem Gesicht, als ich nach der Türklinke greife. Beim Hinausgehen werfe ich noch ein freudiges Lächeln auf meinen Cousin, doch dieser hat bereits erschöpft die Augen geschlossen. Schnell und leise verlasse ich sein Gemach und schleiche den Flur auf Katzenpfoten zu seinem Ende, um eine Etage höher zu steigen, wo mein Gemach liegt. Kapitel 20: Verwirrende Gefühle ------------------------------- ~~~~~~*Yugi*~~~~~~ Die Skarabäen geben einfach keine Ruhe... sie krabbeln und wuseln durch jeden Zentimeter meines Körpers und machen mich so unbeschreiblich glücklich! Vor allem aber aufgedreht und hibbelig! Dieser Besuch bei Atemu hat wirklich alles in mir aufgewühlt.. In Träumereien versunken lege ich meine Stoffe nieder und tausche sie gegen ein längeres, weißes Nachtgewand. Meine Tageskleidung hänge ich zurück in den Schrank, ich habe sie ja lediglich erst seit ein paar Stunden an. Direkt nach unserer Ankunft und der Versorgung der Pferde habe auch ich mich baden lassen und endlich frische Kleidung bekommen. Gedankenverloren stelle ich mich vor meinen großen Wandspiegel und kämme mir das schwarz-blonde Haar. Es ist endlich wieder gewaschen und gepflegt worden und duftet nun intensiv nach meinen Seifen und glänzt so sehr, wie ich es schon lange nicht mehr gesehen habe. Unbewusst kommt mir das Bild von Atemu in den Sinn... er sieht mir wirklich sehr ähnlich! Wir sind zwar verwandt... Cousins.. jedoch schon sechzehnten Grades! Zwischen uns dürfte bereits keinerlei Ähnlichkeiten bestehen... Und doch.. Atemu ist einen Kopf größer als ich.. und obwohl er über ein Jahr jünger ist, sieht sein Gesicht viel reifer aus als meiniges! Seine Augen sind viel schöner, viel ausdrucksstärker... strahlen Sicherheit und Stärke wieder... und doch ist es die selbe Augenfarbe... nur sieht sie bei ihm so anders aus... Unsere Frisuren ähneln sich wegen Chantra, meiner Tante und Atemus Mutter. Oder besser Ziehmutter, seine Leibliche verstarb ziemlich früh, sogar ich habe sie nie gesehen. Sie ordnete den Dienerinnen an, die uns damals täglich einkleideten und frisierten, uns fast identische Frisuren zu verpassen. Da Atemu mehr und längere goldene Strähnen vorne besitzt, kämmte und stylte man sie ihm nach oben - meine blieben immer unten. Später habe ich mir ein kleines Markenzeichen zugelegt, meine kleine Mittelsträhne! Ich fahre mit dem Kamm durch sie hindurch, grinse bei ihrem Anblick. Die darf nicht zu den Anderen hinzu wachsen.. jedes Mal, wenn sie den Versuch unternimmt, lasse ich sie wieder kürzen! Nach all den Jahren der Gewohnheit war es irgendwann selbstverständlich, dass wir unsere Frisuren beibehielten - nur dass ich mich selbst frisiere und sich Atemu sich die Haare von seinem Personal machen lässt. Bei seinem vollem Zeitplan ist auch nichts Anderes mehr möglich. Ich lege seufzend den Kamm auf mein Schminktischen und mache mich fertig fürs Bett. Was hatte mein Cousin noch netterweise von sich gegeben? Ich sehe schrecklich aus! Ein weiter Blick in den Spiegel verrät mir, dass er gar nicht so unrecht hat. Verdammte Augenringe... Wie auf Kommando gähne ich und wende mich zu meinem Bett um. Heute Nacht werde ich sicher so gut schlafen können wie noch nie! * Die nächstes Wochen verlaufen äußert schleppend, denn es hat sich jede Menge Arbeit angestaut. Atemu nimmt sich zwar einigen Sachen an, die die persönliche Genehmigung und Unterschrift des Pharaos benötigen, jedoch hat er das Bett seit seiner Ankunft kaum verlassen können - nur für die wichtigsten Bedürfnisse oder einem Bad ab und zu wird er aus seinem Gemach getragen. Fast die ganze Arbeit erledigt Hohepriester Seto. Er hält Versammlungen ab, da der Pharao noch zu schwach für stundenlange Konferenzen ist, führt die Wirtschaft und sorgt dafür, wenn unsere Späher immer die neusten Informationen der Feinde kundgeben, dass die entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden. Seit der Falke aus Luxor vor etwas über einer Woche zurückkam mit der frohen Meldung und einem großem Dank für das geschickte Getreide, bin ich selbstbewusster und mutiger geworden. Ich habe begonnen, Seto einen Teil seiner Arbeit abzunehmen, aber nicht aus Gefälligkeit zu ihm.. Sondern um irgendwo noch Atemu zu entlasten, damit noch weniger für ihn übrig bleibt und ich ihm und mir selbst beweisen will, dass ich mich genauso nützlich machen kann! Und ich, wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, Atemus Anerkennung und Dankbarkeit möchte. Er soll sehen, dass ich fleißig bin und mir nicht noch öfters solche Fehler unterlaufen werden! Seit gut anderthalb Wochen arbeite ich bereits mit und wir drei treffen uns hin und wieder im Gemach des Pharaos, um uns zu beraten und abzusprechen. Immerhin muss Atemu sowieso über alles unterrichtet werden und selbst ich muss wissen, was Seto bereits entschieden hat und umgekehrt, um uns nicht gegenseitig noch zu behindern oder zu widersprechen! Zu viele Köche verderben schließlich den Brei und das wir in diesem Falle zu dritt an der Politik arbeiten ist schließlich eine absolute Ausnahmesituation. Auch heute haben wir drei unsere kleine Sitzung in Atemus Gemach. Seto und ich haben uns Stühle mitgebracht und neben Atemus Bett aufgestellt und beratschlagen über einer langen Liste von Zahlen, die mein Cousin gerade zum sicher fünfzigsten Mal in dieser halben Stunde durchgeht. Seufzend gleiten seine Augen weiter über die Papyrusrolle. Es ist immer wieder eine Entscheidung von höchster Wichtigkeit, ob wir die Steuern noch so lassen dürfen oder tatsächlich heben sollten. Die Palastkasse wird regelmäßig dünner.. Besonders ich stecke im Zwiespalt.. so habe ich doch das tägliche Leben in Armut und mit dem Nötigsten pro Tag über zwei Wochen lang mit erlebt! Atemu und Seto können sich nicht vorstellen wie es ist, täglich zu sehen, dass man über die Runden kommt! Ich habe es am eigenem Leibe gespürt... das Leid gesehen.. Meine beiden Gegenüber kennen bloß die Zahlen auf dem Papier.. Bei dem Gedanken, was Hana und Talib fühlen werden, wenn Atemu eine erhöhte Steuerzahlung unterschreibt, will ich gar nicht denken! Ohne, dass ich es verhindern kann, tauchen die Gesichter der beiden vor mir auf und ich stelle mir ihre Reaktion auf diese Entscheidung vor. Argh, verdammt! Andererseits kenne ich die Geldverhältnisse des Landes, weiß, wie unsere Schatzkammer hier im Palast aussieht... Atemu hat ziemlich viel im Krieg verloren.. vor allem bei seinem erstem Zug nach Norden, als die Armee so unerwartet angegriffen wurde.. Es sind hauptsächlich Seto und Atemu, die über das Geld diskutieren und verhandeln, ich halte mich raus - fühle mich zu hin und her gerissen zwischen beiden Seiten und könnte nicht sagen, ob mehr Geld in der königlichen Kasse, aber weniger als wenig bei dem ganzen Volk helfen würde... Auch die beiden scheinen nach einer knappen Stunde noch immer zu keinem Ergebnis gekommen zu sein und ich komme erst wieder richtig aus meinen Gedanken zu mir, als ich Atemu die Versammlung für aufgelöst erklären höre. Seto grummelt nur verärgert, wieder gibt es keinen eindeutigen neuen Plan und nimmt mit tötenden Blicken, die auf mich gerichtet sind, die Schriftrolle mit den Zahlen wieder an sich. Natürlich ist er höchst wütend auf mich.. ich habe ja nicht gerade viel zur Lösung ihres Problems beigetragen... Ich seufze leise. Außerdem ist der Hohepriester seit Wochen ohnehin nicht gut auf mich zu sprechen. Ich habe ihm nicht nur privat gedemütigt, in dem ich das größere Vertrauen beim Pharao genieße - wobei ich das ihm natürlich nie auf die Nase gebunden habe! Aber er sieht und spürt es selbst, ich weiß es einfach! - sondern es macht ihn einfach rasend, dass er die meiste Arbeit in der Politik ausführen muss. Atemu übernimmt einen Kleinteil, sowie ich und über die Hälfte bleibt an Seto hängen. Sicher kocht er bereits über, dass ich unseren kleinen Kampf über die Jahre hinweg nicht nur gewonnen habe, sondern gleichzeitig kaum dafür arbeiten muss! Seto wird mir auch keine weitere Arbeit aufzwingen, da er sowieso kein Vertrauen in mich hat... für ihn bin ich ein absoluter Versager und gefährde eher die Arbeit am Thron, statt sie voran zu treiben! Mich mehr tun zu lassen, als ich mir freiwillig nehme, lässt sein Stolz nicht zu.. schließlich bin ich in seinen Augen nicht so gewissenhaft wie er selbst. Ich grinse in mich hinein... früher hätte mich das fertig gemacht.. heute belächele ich Seto müde. Er hat unser Duell verloren, das zählt. Atemu zieht in Vertrauensangelegenheiten mich ihm vor! Ich lege Setos Meinung nicht weiter auf die Goldwaage... Gerade habe auch ich mich erhoben, da rauscht der Hohepriester auch schon erhobenen Hauptes an mir vorbei. Da bleibt es wohl an mir hängen, auch seinen Stuhl aus Atemus Gemach mit hinaus zu nehmen. "Yugi, warte", höre ich ihn mit sanfter, ruhiger Stimme sagen. Etwas ängstlich drehe ich mich herum. Wenn er jetzt enttäuscht von mir ist, weil ich kaum an dem Gespräch teilgenommen habe? Ich bleibe an Atemus Bett stehen, sehe ihn verwirt und fragend an. "Hast du.... hast du gerade noch etwas Zeit?", flüstert er und sucht mit den Pupillen den Raum ab, will wohl sicher gehen, dass niemand zuhört. Bitte, was will er mir jetzt Geheimes anvertrauen?? Mein Herz schlägt bis zum Hals! Ich nicke eingehend. "Meine Heiler meinen, dass meine Wunden wirklich gut aussehen. Meine Heilung macht echte Fortschritte!", verkündet er und setzt sich im Schneidersitz nahe des Bettrandes. "Das ist ja großartig!!", freue ich mich für ihn und kann es kaum erwarten, bis er endlich nicht mehr ans Bett gefesselt sein wird. "Jaa, ist es..", er rutscht strahlend noch weiter an die Kante und ich eile schnell einen Schritt näher um ihn notfalls festhalten zu können, falls er das Gleichgewicht verlieren sollte. Was macht er da?? Da ist doch gefährlich! "Die Mediziner meinen... wenn ich es langsam angehe.. darf ich wieder anfangen zu laufen!", verkündet er stolz und ich spüre einen kleinen Kloß im Hals. Er wird doch wohl nicht...? Doch meine Frage erübrigt sich, als er sich mit einem etwas unbeholfenem Ruck ins Stehen hievt, aber zugleich das Gesicht verzieht. Aus einem Reflex heraus greife ich seinen Oberarm und stütze ihn, so dass er ruhig stehen kann und sein verletztes Bein nicht belasten muss. Ich lächele schwach. "So wie es aussieht, solltest du es wirklich sehr langsam angehen.. Alleine kommst du doch gar nicht mal auf die Beine!" Doch sein zuversichtlicher Blick jagt mir einen Schauer über den Rücken und irritiert mich zugleich ein wenig. Ich hoffe, er übernimmt sich nicht! Schon oft hat er sich unterschätzt und konnte den Bissen, an dem er zu kauen hatte, nicht schlucken. "Aus diesem Grund wollte ich dich auch etwas fragen.. Ich weiß, ich brauche noch viel Hilfe, trotz meiner großen Fortschritte - schließlich bin ich seit Wochen nicht mehr alleine gelaufen! Aber ich werde noch verrückt, wenn ich weiter nur untätig im Bett liege!!" Er schlingt einen Arm um meine Schulter, mit dem Anderen hält er sich an meiner Hüfte fest. Automatisch schießt mir das Blut in den Kopf - so nah war mir sein Gesicht schon lange nicht mehr.. Schnell wende ich den Blick ab und versuche meine Röte zu verbergen, sowie schnell wieder zu verbannen. Yugi, nun bleib doch mal ruhig!! Sofort greife ich seine Antwort wieder auf: "Du wolltest mich etwas fragen?? Was denn?" Ich spüre mein Herz heftig gegen meine Brust klopfen, habe das Gefühl, dass es zu zerspringen droht. Aber nicht nur, da er mir so unglaublich nahe ist - nein, allein der Anfang dieses Satzes ruft unbewusst Hoffnungen in mir wach. Trotzdem weiß ich, dass er mir nicht das sagen, oder auch fragen wird, was ich mir wünsche.. "Na jaa.. Wie du siehst, ich benötige zum Laufen eine kleine Gehhilfe.. Jemanden, der mich stützt, dem ich vertrauen kann, dass er diese Aufgabe nicht für andere Zwecke missbraucht. Und ich will auch eigentlich mir nicht von jedem helfen lassen... Schließlich bin ich der Pharao!! Sklaven stehen da außer Frage.. Darum würde ich dich gerne darum bitten?" Meine Knie werden automatisch weich, ich drohe innerlich zu fallen. Hat er mich das wirklich gerade gefragt..? Ich?? Seine Hilfe? Diese Aufgabe beinhaltet doch soviel Vertrauen!! In diesen Momenten ist der Pharao doch schutzlos! Ein wunder Punkt bei ihm, den man schamlos ausnutzen kann, wenn man will. Macht, Gier.. Sowas treibt den Menschen doch zu solchen Taten in diesen Augenblicken. Und ich weiß, Atemu hasst es besonders, wenn er so hilflos ist.. Es kommt nicht sehr oft vor, dass ich - selbst ich - ihn so zu Gesicht bekomme. Und zugleich ist diese Aufgabe doch auch verdammt wichtig!! Vor allem für mich! Ich kann ihm näher sein, als jeder andere.. Habe das Privileg ihn in solchen Stunden ein Trost zu sein und ihn für mich allein zu haben! Natürlich, das klingt egoistisch.. Aber besitzt nicht jeder Mensch einen gesunden Egoismus? Was ist so falsch daran, dass ich ihn einmal für mich haben möchte?? Dauernd ist er beschäftigt, ich sehe ihn meistens nur, wenn wir die kleine Versammlung in seinem Gemach halten.. Und selbst dann ist Seto dabei, der die Atmosphäre von Zweisamkeit zerstört. Ein strahlendes Lächeln bildet sich bei dem Gedanken ihn wenigstens ein paar Stunden in meiner Nähe zu haben, auf meinem Gesicht. Bemerke dabei jedoch nicht den Blick, den mir Atemu schon die ganze Zeit zuwirft - er wartet wohl noch auf meine Antwort? Ich räuspere mich kurz und muss das aufsteigende Glücksgefühl erstmal verdauen und zurückdrängen, um ihm nicht gleich vor Freude an den Hals zu springen. "Deine Gehhilfe, also?", beginne ich langsam und muss über seinen plötzlich unsicheren Blick mir ein Schmunzeln verkneifen. Wahrscheinlich hat er sofort mit einer Zustimmung gerechnet?? "Jaaa.. ich möchte dich darum bitten. Einen Anderen zu fragen erscheint mir einfach als falsch - und nein, ich habe es auch noch nicht getan", lacht er leise und sieht mich darauf hoffnungsvoll an. "Ich fühle mich sehr geschmeichelt.. Natürlich werde ich dir helfen! Ich bin wirklich froh, dass du mich gleich gefragt hast.." Erneut beginnt mein Gesicht zu glühen - ich fühle es einfach!! Verdammte Verlegenheit! "Wenn du mir sagst, wann du mit dem Unterricht anfangen möchtest? Und auch wie lange wir zu diesen Zeiten üben sollen?" Inzwischen fasst er ein wenig fester bei mir zu und ich verstehe die stumme Geste, beginne langsam mich vorwärts zu bewegen, damit er mir genauso langsam folgen kann. Als wir bei dem Stuhl, zwei Meter von uns entfernt, ankommen, lässt er sich darauf fallen und holt Luft. "Also.. So, wie ich das sehe, brauche ich, damit das Training Wirkung zeigt, auf jeden Fall jeden Tag oder zumindest jeden zweiten Tag deine Hilfe. Wenn ich nur einmal pro Woche üben würde, würden wir bestimmt keine Fortschritte erzielen.." Ich nicke bestätigend. "Gut, dann sehen wir uns ab heute jeden- bis zweiten Tag!" ~~~~~*Atemu*~~~~~ Zielsicher setze ich einen Schritt vor den Anderen, freue mich über jedes lobende Wort, das mir Yugi dabei zuspricht. Selbst ich bin über jeden meiner Bewegungen froh, auch wenn ich mir wünschen würde, ich könnte schon wie jeder Andere hier herumlaufen. Seit dem Gespräch mit Yugi ist bereits eine Woche vergangen und ich bemerke, während all den Übungsstunden mit ihm, wie sehr auch ihn es aufbaut, dass ich mich täglich bessere. Wenn auch nur ein ganz kleines Stück. Wir haben uns für diese speziellen Stunden einen kleinen, unbenutzten Raum, etwas weiter weg von meinem Schlafzimmer ausgesucht, der jedoch viel Licht und eine schöne Fläche bietet. Mit einem glücklichen Seufzer komme ich an der Bankreihe vor uns an und lasse mich darauf sinken, ernte dadurch auch sofort einen anerkennenden Blick von dem Blondschopf vor mir. "Schon gut, du hast dir deine Pause verdient. Möchtest du etwas trinken? Ich hab es ausnahmsweise mal nicht vergessen", lacht er und holt einen Wasserkrug von dem Tisch direkt an der Wand neben uns. Ich nicke, lasse ihm aber, nachdem er ihn mir angeboten hat, den ersten Schluck, worauf er auch fast gierig zu trinken beginnt. Danach reicht er mir dankend den Krug und bringt sich selbst in eine bequemere Sitzlage, während er mich selbst beim Trinken beobachtet. Unbewusst ertappe ich mich dabei, extra wegen ihm noch ein wenig mehr zu trinken, als nötig - will seinen forschenden Blick länger an mir haften spüren. Doch solche verwirrenden und komischen Gefühle habe ich nicht erst seit heute.. Ich habe schon vor kurzem bemerkt, dass ich ab und zu gewisse Reaktionen von ihm gerade zu herausfordere. Etwas, das mich mehr beschäftigt, als sonstige Dinge - ich kann sie auch so gar nicht einordnen!! Genauso, wie mich meine Erfolge beim Gehen irgendwie zu stören beginnen.. Ich will zwar einerseits besser werden, aber andererseits.. Ich werde die Stunden mit ihm vermissen. Selten bekomme ich die Gelegenheit ihm so zu begegnen, ohne das Stress und Erschöpfung über ihn herrschen. Seine Gegenwart beruhigt mich, ich bin sehr gerne in seiner Nähe.. Habe mich bereits vollständig an sie gewöhnt - wieso also etwas daran ändern? Ab und zu erschrecken mich diese Gefühle aber.. Ich habe sonst nie solche Bedürfnisse gegenüber meinem Cousin gehabt und dachte auch eigentlich, dass ich sie nie haben werde. Sie verwirren mich sehr - wie auch mein Herz, das oft ein paar Takte schneller zu schlagen beginnt, wenn er mir besonders nah kommt. Aufregung? Wehre ich mich vielleicht gegen solch eine Nähe zwischen uns..? Zu viele Fragen, die in meinen Kopf kreisen und die ich einfach nur abstellen möchte!! Ich bilde mir das Alles sicher nur ein.. Dafür gibt es logische Erklärungen! Vielleicht sollte ich Mahaado doch einmal um einen dieser Tränke bitten.. Er scheint Seto auch sehr viel geholfen zu haben.. Nachdem ich fertig getrunken habe, gebe ich ihm widerwillig den Krug zurück und lasse meinen Kopf automatisch auf seine Schulter rutschen. Wieder dieses verrückte Gefühl.. - kann man mich nicht einfach mal in Ruhe lassen? "Müde??" höre ich die leise Stimme von demjenigen, um den sich meine Gedanken schon viel zu oft drehen. Ich nicke einfach, weiß, dass ihm diese Antwort auch genügt. Seine steife Haltung, die er sonst bei solchen Berührungen von mir an den Tag legt, ist schon lange einer Lockeren gewichen und ich genieße das auch. Er braucht deswegen doch nicht nervös zu werden!! Niedlich.. Sofort ermahne ich mich wieder selbst und schieße mit dem Kopf hoch - was jedoch durch ein Klopfen an der Tür als plötzliche Reaktion untergeht. Wo bleibt sein vielsagender, enttäuschter Blick? - Innerlich grummle ich und verfluche denjenigen, der es wagt zu klopfen. Mit einem Ruck hat sich Yugi auch schon erhoben und läuft zur Tür, die er zugleich öffnet. Desinteressiert blicke ich zu dem eher kleinen Sklaven, der meinem Cousin bloß eine Nachricht überbringt - anscheinend von Seto, wie es sich anhört. Er nickt bloß immer wieder, bis der Bedienstete sich mit einer Verbeugung wieder entfernt und Yugi seufzend die Tür schließt. Was ist denn jetzt..? Kapitel 21: Ungewöhnliche Handlungen ------------------------------------ ~~~~~*Atemu*~~~~~ "Atemu? Üben wir noch einmal die kleine Runde, dann muss ich hinunter - man braucht mich im Thronsaal. Seto scheint wohl diesmal seinen Stolz überwunden zu haben.." Wie? Warum das?? Er kann es doch auch sicher alleine!! Dafür braucht er nicht unbedingt Yugi.. Soll er sich einen der Priester nehmen! "Wir holen das dann morgen nach, ja? Verzeih mir, ich weiß, dass du schnell wieder richtig laufen willst.." Tröstend legt er seine Hand auf meine Schulter, worauf ich ihm auch endlich eine Antwort gebe: "Schon guut.. Du kannst ja nichts dafür, Cousin" Augenblicklich hebe ich eine Augenbraue. "Ich kann nur nicht glauben, dass sich so viel Arbeit angesammelt haben soll.. Wir drei machen so viel - jeden Tag sind bereits Angelegenheiten für den Morgigen erledigt! Was braucht er so dringend von dir?" Ich will gar nicht wütend sein.. Aber ich kann es nicht leugnen, ich bin es! Man nimmt mir die wertvolle Zeit mit.. - um laufen zu lernen!! Ich kann mir schon denken, wieso Seto ihn so plötzlich zu sich ruft.. Er erträgt es wohl nicht, dass ich Yugi nun noch mehr Aufmerksamkeit schenke - so war er schon immer. Doch er hat es sich selbst zuzuschreiben! Ich bin mir keiner Schuld bewusst.. "Ich weiß es auch nicht.. Man hat mir nichts Näheres erklärt. Aber ich gebe dir recht, es kann nichts ungewöhnlich Wichtiges sein, er will wohl einfach nur nicht alleine dort unten sitzen", grinst er und umarmt mich überraschender Weise zu guter Letzt. ..Solche Aktionen bin ich von ihm nicht.. gewohnt? Mein Herz schlägt wieder um einen Takt schneller und ich atme seinen unverwechselbaren, intensiven Geruch ein. Er konnte mich schon immer beruhigen.. Seine Anwesenheit reicht oft nur, um mich ein wenig zu besänftigen. Dies tue ich jedoch als nichts Besonderes ab - sowas ist schließlich normal? Bei jemandem, den man schon seit seiner Kindheit kennt.. Trotz allem fühle ich so etwas zum ersten Mal.. Nein, nicht ganz! In der Nacht in unserem Zelt habe ich solche ähnlichen Gefühle gehabt.. Die Vorstellung, dass er später einmal eine Frau haben wird und vielleicht auch Kinder, ist einfach nur.. irrsinnig. Das kann gar nicht sein.. - Aber jaa, mit diesem Gefühl ist es in etwa zu vergleichen.. Ich will ihn nicht teilen müssen, schließlich ist er mein Berater!! Sein Stand erlaubt es ihm nicht, dass er sich um etwas Anderes, als den Pharao und seine Angelegenheiten kümmert! Schließlich muss er tagtäglich da sein.. Und ich weiß, er macht es auch gerne. Ich zwinge ihm damit nichts auf! Yugi frisst zwar gerne seine Sorgen in sich hinein.. Aber wenn es ihm wirklich zuviel wird, dann schreit er, das habe ich schon ein paar Male miterlebt. Und solange ich mir sicher sein kann, dass er seiner Tätigkeit nicht überdrüssig ist, solange kann ich doch auch von ihm verlangen, dass er diesen nachgeht! "A-Atemu..?" Ich blicke auf, werde unerwartet aus meinen Gedanken gerissen und sehe in zwei violette Seen, die mich bereits besorgt anblicken. "Alles in Ordnung? Du bist so still.. ich.." - Oh verdammt, habe ich ihn wirklich vergessen?? "Jaa alles in Ordnung!! Ich war gerade nur in Gedanken..", versichere ich ihm und stehe mit Hilfe von ihm wieder auf. "Na gut.. Dann möchte ich die da unten nicht länger warten lassen - bringen wir schnell unsere Runde zuende!" werfe ich ein und nach einem etwas unsicheren Blick, gehe ich mit ihm auch schon durch den Raum, ehe ich mich schließlich, an der Tür angekommen, von ihm verabschiede. Normalerweise bringt er mich immer noch bis zu meinen Zimmern.. Doch dieses Mal winkt er mir nur kurz nach, zeigt nebenbei einem Sklaven, dass er sich um mich kümmern soll. Als dieser angetapst kommt und mich stützen will, fauche ich ihn bloß an und humple hochmütig durch die Gänge, ignoriere die unsicheren Blicke von dem Kleineren. Das kann ich gefälligst auch alleine.. * Doch auch die nächsten Wochen bessern sich diese urplötzlichen Störungen nicht, die meinen Unterricht mit Yugi belästigen. Jedoch nervt dies wohl nicht nur mich alleine, auch Yugis Geduld treiben diese ständigen Belästigungen an die Grenze. Oft genug mussten die Übungsstunden schon ausfallen, was mir langsam aber sich zuviel wird. Die einzige Möglichkeit aus dem Bett zu kommen, ist zu diesen Zeiten!! Ich verzichte doch schon auf so vieles.. Kann man mir diese Freude nicht wenigstens lassen? Doch es ist so gut wie jedes Mal eine Bitte Setos, den Unterricht für einen Moment zu unterbrechen, so dass es mich nur noch wütender macht. Habe bereits in Betracht gezogen, die Stunden auf die Nacht zu verschieben.. Gelangweilt starre ich in meinem Bett die Decke an, zähle in meiner Verzweiflung bereits die Schatten, die das Licht wirft, wenn es auf Gegenstände trifft. Auch heute muss ich auf Yugis Anwesenheit verzichten, doch dieses Mal ist es nicht aus dem Grund, dass er wieder einmal gebraucht wird. Nein, heute muss ich die Prozedur der Ärzte über mich ergehen lassen.. Ich weiß zwar auch so, dass die Heilung an meinem Oberschenkel gut vorangeht, aber die exakte Diagnose können eben nur meine Mediziner geben. Mir ist jedoch auch deren Anwesenheit recht, so lange ich nicht hier alleine rumsitzen muss!! Die Briefe und Angelegenheiten, die ich unterzeichnen sollte, habe ich schon längst angesehen und abgestempelt - ich muss erst warten, bis Aton fast verschwunden ist, ehe ich die Restlichen für heute bekomme. Bis dahin übernimmt Yugi für mich die schwierigeren Angelegenheiten, wo er nicht meine direkte Zustimmung braucht, da er ja nicht immer wissen kann, wie ich handeln würde. Meistens trifft er es aber genau, was auch mich ziemlich überrascht. Er muss mich wirklich gut kennen!! Ich werde jedoch schnell von meiner trostlosen Einsamkeit erlöst, als nach kurzer Zeit endlich die drei Männer - meine Mediziner - den Raum betreten und den gewohnten Gruß an mich richten. Mein Nicken reicht ihnen, um mit der routinierten Untersuchung zu beginnen, was für mich weniger Genuss, als Pflicht ist. Auf dem Weg zum Palast habe ich mich gern von Yugi pflegen lassen.. Er war immer besonders vorsichtig, hat mir nur weh getan, wenn es sein musste und mir auch dann, beruhigende Worte zugeflüstert. Aber was erwarte ich auch? Nicht jeder hat solch eine ausgeprägte sensible Seite - schon gar nicht die Menschen hier im Palast. Es ist bloß ein eintöniges Leben, ohne großartigen Sinn. Jeder geht seiner Arbeit nach, ob nun mit Freude oder nicht, scheint gleichgültig zu sein.. Nur wenige bringen in den Palast ein wenig Lebensfreude und Licht.. Ich weiß, an wen ich hierbei denke.. Aber das war auch schon so, als er kleiner war. Wir beide haben den Palast damals ziemlich auf Trab gehalten und ließen keinem eine Minute der kostbaren Ruhe. Unwillkürlich muss ich schmunzeln und mein Grinsen verblasst auch nicht, als ich die ersten Schmerzen an meinem Oberschenkel spüre. Durch seine Unterstützung fallen mir nun Tätigkeiten, wie das Gehen alleine immer leichter und inzwischen schaffe ich auch den kurzen Weg zum Speisesaal, wenn auch noch mit ein wenig Mühe. Selbst schwierigere Arbeiten in der Politik sind für mich nicht mehr allzu anstrengend, auch wenn mich dabei noch oft genug starke Kopfschmerzen überfallen.. In solchen Momenten habe ich dann aber meinen kleinen Berater an der Seite, und ich weiß, ich kann mich auf ihn verlassen! Seit dem Vorfall damals arbeitet er wirklich vorbildlich - habe sogar manchmal die Vermutung, dass er bereits mehr Übung darin hat, als ich früher. Doch genau deswegen bekomme ich ihn auch immer weniger zu Gesicht - die Lernstunden und die Versammlungen hier sind die einzigen Zeiten, die ich mit ihm gemeinsam habe. Wobei ich Ersteres da vorziehe... Deswegen hoffe ich auch, dass er heute am Speisetisch sitzen wird!! Er isst so gut wie nie zu Abend - etwas, weswegen ich ihn demnächst mal ermahnen sollte. So schafft er die ganze Arbeit doch nicht besser! Ich möchte nicht, dass er extra wegen mir noch zusätzlich mehr tut, als er sollte.. Auch er braucht mal eine Pause!! Nachdem ich mich von meinen Medizinern gründlich habe untersuchen und loben lassen, welch hervorragende Fortschritte ich mache, verlassen sie meine Räume auch wieder mit dem gewöhnlichen Gruß und der Verbeugung. Ich lege, trotz meines Amtes, nicht mehr so viel wert darauf und habe mich inzwischen auch daran gewöhnt, beachte es außerdem so gut, wie gar nicht mehr. Nur, wenn meine Priester ein Machtwort gegenüber demjenigen sprechen, der es wagt, diese Bewegung zu verweigern, schenke ich Beachtung und Aufmerksamkeit. Jedoch reißt mich mein knurrender Magen aus meinen Gedanken, worauf ich mich langsam aus meinem Bett erhebe und erstmal strecke - und muss feststellen, dass meine Bauchwunde wirklich so gut wie verheilt ist! Nur noch ein kleiner Strich ist noch zu sehen, den man aber beim ersten Hinsehen aus weiter Ferne nicht bemerken würde. Grinsend streiche ich einmal darüber, ehe ich langsam zu meinem Kleiderschrank gehe und ausnahmsweise mal selbst meine Kleidung bestimme. Ich will nicht unnötig länger auf meine Sklaven warten.. In inzwischen kurzer Zeit habe ich mich auch fertig angezogen und mache mich auch auf den Weg zum Speisesaal, ein knapper Weg von zwei Minuten. Innerlich wünsche ich mir ja dieses Mal auch auf Yugi zu treffen.. Die letzten Tage war er gar nicht dort und hat sich nur zum Mittagsmahl zeigen lassen. Ich habe die Enttäuschung in mir gespürt und mich sofort verflucht. Was ist bloß mit mir los?? Ich weiß einfach nicht, wohin ich dieses Gefühl einordnen soll.. so neu und zugleich wahnsinnig berauschend!! Eigentlich will ich es nicht loswerden... Nur die Vorstellung, dass mein kleiner Cousin, ein Freund aus Kindertagen, der Grund sein soll.. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll! Ich kann jedoch nicht leugnen, dass er auf seine Art und Weise sehr anziehend ist. Allein sein Auftreten - ich sehe ihm nicht nur ein Mal nach.. Dies habe ich früher aber nie so deutlich bemerkt und es auch als normal abgetan. Was ist daran auch falsch? Meinen Kopf schüttelnd, betrete ich den Saal und verdränge diese Gedanken weit nach hinten, ich will nicht länger darüber nachdenken! Die gewohnte Begrüßung geht durch den Raum und alle erheben sich von ihren Plätzen, als ich, mehr oder weniger, elegant zu meinem Platz gehe. Der Höflichkeit Willen, grüße ich mit einem Handgruß zurück und bitte alle so, wieder Platz zu nehmen. Ein kurzer Blick in die Runde und - mein Herz setzt für einen Moment aus. Er ist tatsächlich gekommen? Gerade heute?? Aber ich habe doch schon damit abgeschlossen!! Er kann doch nicht.. meine Welt umkrempeln.. Meine Laune hebt sich ungemein, genauso wie mein Hunger und ich beiße genüsslich in eine Feige, die eigentlich als Nachtisch gedacht ist. Bin jedoch zu gut gelaunt, als dass ich dies wirklich wichtig nehmen würde. Doch es reicht mir nicht, ihn bloß aus der Ferne zu sehen.. Ich will ihn hier neben mir sitzen haben! Warum hat er sich extra weit weg von mir gesetzt? Möchte er nicht mit mir reden?? Sonst schien er doch immer so gesprächig mir gegenüber! Und ich glaube nicht, dass ihn das Gespräch mit Seto sonderlich interessiert.. Dachte ich es mir, sein Gesichtsausdruck sagt alles! Ich warte ab, bis er seinen Blick unauffällig zu mir wirft und sich Überraschung in seinen Augen ausbreitet, als er bemerkt, dass ich ihn schon die ganze Zeit mustere. Ich deute ihm, nach einem Blick zu meinen Nachbarn, dass er zu mir kommen soll, was er auch sogleich tut. "Atemu? Was ist denn los??" Er zeigt auf mein Essen, aber ich winke bloß ab. Das hat doch Zeit.. Ich möchte mich viel lieber mit ihm unterhalten! "Ich dachte, du möchtest dich vielleicht zu mir setzen? So weit hinten.. Und ich denke nicht, dass dich das Gespräch mit Seto sonderlich interessiert?? Nebenbei kannst du mir doch von dem derzeitigen Stand der Wirtschaft berichten!" Es ist mehr Überzeugung, als Interesse, dass ich diesen Vorschlag mache, aber ich möchte ihm auch nicht auf die Nase binden, dass ich ihn jetzt hier haben will. Am Ende versteht er es noch vollkommen falsch.. "Uhm.. also.. Wenn.. es dich denn so interessiert? Ich hole nur schnell mein Essen und.." "- Lass es dir doch von den Sklaven bringen?" unterbreche ich ihn und ziehe ihn am Unterarm ins Sitzen. Ordne danach auch gleich einem meiner Untertanen an, sein Essen herzubringen. Danach widme ich mich wieder zufrieden dem kleineren Blondschopf neben mir, der bloß nervös an seinem Kelch nippt. "Und? Wie geht es dir? Ich sehe dich hier ja schon seit längerem nicht mehr..", beginne ich und blicke ihn interessiert an. Er scheint für einen Moment verwirrt - hat er wirklich geglaubt, wir reden nun über die Wirtschaft Ägyptens? Wirklich niedlich.. Das hat doch noch Zeit! "Uhm.. ja mir geht es eigentlich gut, bloß die neuen Aufträge machen mir ein wenig zu schaffen", gibt er ehrlich zu. "Da waren mir die Übungsstunden mit dir wesentlich lieber!" lacht er schließlich und trinkt einen Schluck von seinem Wasser. Ich nicke grinsend und kann ihm nur zustimmen. Oh jaa.. Die Stunden mit ihm sind wirklich mit nichts zu vergleichen... "Wieso lässt du Seto nicht ein wenig Arbeit zukommen? Er scheint mir reichlich unterbeschäftigt, wenn du bis spät in die Nacht sitzt und sogar das Abendessen ausfallen lässt..?" Ein ernster Unterton schleicht sich in meine Stimme, will ihm so klar machen, dass er sich einfach übernimmt! "Na jaa.. Ich kann Seto doch auch nicht die ganze Arbeit machen lassen.. Er übernimmt dafür die Probleme des Volkes und die Kriegsführung.. Es ist schon gerecht so, glaub mir" Ein leiser, erschöpfter Seufzer kommt über seine Lippen - und mir wird so deutlich vor Augen geführt, dass er sich eine Pause wünscht. Wer kann es ihm verübeln? Er war lange nicht hier und ist aus der Übung.. muss sich auch erst wieder daran gewöhnen. Schnell nimmt er ein paar Bissen von seiner Mahlzeit, um seinen eben herausgerutschten Laut zu überspielen und trinkt auch sogleich den Kelch leer. Ich kenne dich schon viel zu gut, als dass du mir etwas vormachen könntest, Cousin.. "Yugi, aber du solltest trotzdem nicht so viel arbeiten! Jeder braucht eine Pause.. Und ich würde dich viel lieber hier beim Abendessen sehen, als zu wissen, dass du, während andere lachen und trinken, arbeitest! Es ist nicht gut, wenn du bloß zu Mittag etwas isst.." - Und ich möchte dich auch am Abend zu Gesicht bekommen! Wenn nicht schon den Tag über.. Ein tiefer Rotton schleicht sich auf seine Wangen und lässt mich automatisch breiter grinsen. Er konnte noch nie mit solchen Kommentaren richtig umgehen und dabei ein Rot verdecken. Schmunzelnd beiße ich in eine weitere Feige. Mit einem leichten Nicken und dem Versprechen, ab jetzt häufiger hier zu sein, lasse ich das Thema und ihn somit zu Ende essen, wie auch mich. Bereits die ersten Menschen sind mit dem Essen fertig und warten nur noch auf mich - schließlich darf niemand vor dem Pharao aufstehen! Ich wende mich noch einmal an Yugi, der den letzten Bissen gerade runterschluckt. "Möchtest du mich noch bis zu meinem Zimmer begleiten, Yugi? Das Laufen.. klappt noch immer nicht so gaanz gut.." Mitleidig schaue ich ihn an - innerlich kämpfe ich aber gerade mit mir. Warum sage ich so etwas? Bei Ra.. Ich kann doch ganz gut gehen.. Schaffe es nun schon jedes Mal zu meinem Zimmer ohne Hilfe. Aber ich möchte ihn noch nicht hergeben.. Die paar kurz gewechselten Worte? Und danach soll er wieder an die Arbeit?? Alles in mir sträubt sich gegen den Gedanken, mir ist die Gesellschaft von ihm nur recht!! Ich genieße sie in vollen Zügen.. "Natürlich.. Ich helfe dir gerne..", kommt es überrascht, ehe ich zusammen mit ihm aufstehe und nach dem Verabschieden um die erste Ecke mit ihm verschwinde. Erst danach greife ich selbstverständlich an seine Hüfte und Schulter, lasse mich so von ihm langsam nach vorne bewegen. Mein Verstand schaltet sich automatisch ab, als ich seinen Geruch seit langem mal wieder wahrnehme - sofort dränge ich mich unbewusst etwas näher an ihn. Doch sein schneller Gang stört mich!! Ich humple ein wenig stärker, als ich muss, worauf er entschuldigend sofort langsamer wird. "Heute schmerzt mein Oberschenkel besonders..", nuschle ich zur Erklärung und er sieht mich nur mitleidig an. - Bei Ra, wieso muss er diese großen, intensiven Augen haben?? Doch zu meinem Bedauern sehe ich, als ich meinen Kopf wieder nach vorne wende, schon vor mir meine Tür zu meinem Gemach näher kommen und muss innerlich aufseufzen. Viel zu schnell kommen wir an dieser auch an, wo er mich langsam loslässt. Jedoch scheint auch er mich nur widerwillig herzugeben - oder kommt es mir nur so vor? "Den Rest des Weges schaffst du allein?" lächelt er mich an und ich nicke nur stumm. "Na dann.. Eine gute Nacht, möge Horus über dich wachen, Atemu!" "Dir auch, Yugi!! Und arbeite nicht wieder bis spät in die Nacht..", erwidere ich leise, ehe ich mein Zimmer betrete und mich darauf auch zugleich auf mein Bett fallen lasse. Es dauert nicht lange und ich bin bereits in einen traumlosen Schlaf geglitten. * Am nächsten Morgen sind ungewöhnlicher Weise keine Briefe und Protokolle auf meinem Schreibtisch zu sehen, die zu erledigen wären und ihn mir macht sich die Vermutung breit, dass Yugi letzte Nacht wohl alles weggearbeitet haben muss. Ach Cousin.. Was hatte ich dir gesagt? Doch um diesen Vorteil auszunutzen, nehme ich mir heute vor mal wieder mein geliebtes Tier, mein Pferd Checkmate, besuchen zu gehen. Ich habe ihn schon ewig nicht mehr gesehen, geschweige denn gepflegt! Kaum, dass meine privaten Sklaven gemerkt haben, dass ich wach bin, eilen sie auch schon herbei und führen mich in die Badehalle, wo man mich gründlich wäscht und danach auch anzieht, was ich gelangweilt geschehen lasse. Erst danach wird mein Interesse wieder geweckt und ich schlage gut gelaunt den Weg zu den Ställen ein - zuvor möchte ich aber noch Yugi abholen. Ich weiß selbst nicht, wieso ich auf die irrwitzige Idee gekommen bin, ihn mitzunehmen.. Habe es früher auch nie getan. Aber heute habe ich das Bedürfnis ihn länger zu sehen, als die letzten Tage.. Und er soll auch einmal eine Pause von der ganzen Schufterei haben! Freudig klopfe ich an seine Tür, die auch zwei Minuten später geöffnet wird und der Wuschelkopf hervorlugt. "Atemu? Was machst du denn hier??" Seine Augen weiten sich und es reicht ein Blick an ihm herunter, um zu wissen, dass er bereits wieder an seinen Protokollen hängt. "Dir auch einen guten Morgen, Yugi!" erwidere ich fröhlich und ziehe ihn auch sofort aus dem Raum. "Ich dachte mir, ich besuche mal wieder Checkmate.. Alleine wird das für mich aber schwerer gehen.. Da du aber, trotz meiner Bitte, gestern wieder so viel gearbeitet hast.." Er schaut betroffen zu Boden. ".. denke ich, dass du dir auch diese Pause verdient hast. Ich kann deine Hilfe gebrauchen!" Irgendwie ist es ja schon komisch.. Was muss er von mir denken? Andauernd bitte ich ihm dies und jenes für mich zu tun - ich will nicht, dass er glaubt, ich nutze ihn aus oder halte ihn für meinen persönlichen Sklaven!! "Natürlich nur wenn du willst! Du bist nicht verpflichtet, Yugi!!" werfe ich schnell ein. Doch ich scheine ihn bereits überzeugt zu haben, denn er nickt bloß lächelnd, blusht sogar ein wenig dabei - ein Glück hat er ein so gutes und großzügiges Herz. Zusammen machen wir uns auf den Weg zu den Ställen - den ich dieses Mal jedoch wirklich nur mit seiner Hilfe schaffe - und kommen zu meiner Erleichterung nach zehn Minuten auch dort an. Mein Gesichtsausdruck erhellt sich, als ich Checkmate schon von weitem gegen die Stalltüre klopfen höre, es scheint als wiehere er mir bereits freudig zu. Kein Wunder, wie lange habe ich ihn warten lassen? "Jaaa.. Mein Hübscher, ich komme dich auch wieder besuchen, was sagst du?" Ich klopfe ihm gegen den Hals und sofort erfüllt Staub die Luft, worauf ich kräftig husten muss. "Bei Ra.. Wann wurdest du das letzte Mal gestriegelt? Pflegt man dich nicht mehr ordentlich??" Das Personal ist auch nicht mehr das, was es einmal war.. Innerlich grummle ich. Doch ich muss nicht erst jemanden bitten, Yugi hat bereits die nötigen Gegenstände geholt und hält sie mir hin. "Oder möchtest du einen Stalljungen, der das für dich erledigt?", fragt er zur Vorsicht. Ich schüttle bloß den Kopf, nehme es ihm jedoch nicht aus der Hand. "Könntest du das nicht kurz für mich übernehmen? Ich gebe ihm nur schnell was zu Fressen, dann übernehme ich." Während ich mich nach etwas Geeignetem zum Fressen für Checkmate umsehe, beginnt Yugi meiner Bitte nachzukommen und mit einer dieser übergroßen, robusten Bürsten das Fell meines Pferdes zu striegeln. Ich kann darüber nur grinsen - er macht es viel zu sanft! Er bürstet dabei nur wenig Staub aus dem Fell! Aber ich wundere mich nicht besonders darüber, mein Cousin war schon immer besonders vorsichtig und sanft im Umgang mit seinen Tieren! Ikarus und Dädalus ging es dadurch ständig gut, wurden auch selten krank oder hatten ernstere Verletzungen. Mich überrascht es da nicht, dass er zu meinem Tier besonders sanft ist, er will ja nur das Beste für ihn.. und mir vielleicht auch zeigen, dass er sich wirklich bemüht nichts falsch zu machen. Ein Grinsen schleicht sich auf mein Gesicht, jedoch passt es nicht zu meinem fragenden Ausdruck in den Augen. Ob bei mir.. auch diese Sanftheit an den Tag legen würde? Ach, Atemu, was denkst du!! Du kennst die Antwort doch - schließlich hast du ihn jeden Tag um dich! Ich komme mit leeren Händen zurück, was Yugi aber nicht wirklich zu bemerken scheint, er streicht bloß weiter über das raue Fell. Von einem plötzlichen Verlangen ergriffen, ihm etwas näher zu sein und gleichzeitig ihm zu zeigen, wie man Checkmate richtig striegelt, stelle ich mich hinter ihn und lege meine rechte Hand auf seine, die die ganze Zeit mein Pferd bearbeitet. "A-Atemu?", kommt es total überrascht von ihm und ich spüre seinen sicheren Stand schwinden. Ich beuge mein Gesicht über seine Schulter und übe einen stärkeren Druck auf seine Hand aus, fahre dabei durch das Fell Checkmates, so dass der Staub abfällt. "Du musst fester drücken, sonst lösen sich auch nicht die hartnäckigen Flecken und der ganze Staub", raune ich ihm eher in sein Ohr und striegle so weiter, er hält bloß die Luft an und ich spüre einen Schauer durch seinen Körper jagen. Natürlich bemerke ich sofort, wie er rot anläuft - eine Reaktion bei ihm, die ich einfach immer wieder ansehen könnte! Verlegen sieht er zu Boden, unternimmt jedoch nichts gegen meine Berührungen, scheint sie stattdessen, wie auch ich, zu genießen. Und wie ich sie genieße... Fast entwischt mir ein leises Schnurren, doch bevor es dazu kommt, löse ich mich auch langsam wieder von ihm und blicke ihn leicht benebelt von hinten an. Erst, als er sich zu mir umdreht, dabei noch immer ziemlich rot im Gesicht, und ein leises ,Danke' nuschelt, besinne ich mich wieder und fasse mir automatisch an die Stirn. W-Was.. Was ist bloß mit mir los? Warum tue ich so etwas?? Natürlich.. in meiner Gefangenschaft waren Zuneigung und Nähe nicht von Bedeutung - geschweige denn bekam ich welche. Aber.. soll das der Grund sein, weshalb ich so verdammt gerne in Yugis Nähe bin? Ich kann nicht leugnen, ich berühre ihn gerne und beobachte auch noch lieber seine Reaktionen darauf. Aber das kann doch nicht auf meine Gefangenschaft zurück zu führen sein? Verwirrt betrachte ich den Blondschopf weiter von hinten, bekomme meinen Kopf von den Gefühlen nicht klar. Mein Herz rast gerade zu und ich bemerke, wie sich auch meine Atmung beschleunigt. Ich werde noch verrückt!! Was ist nur mit mir? Ich werde doch nicht etwa krank?? Doch allein die Erinnerung an diese Situation gerade zwischen uns beiden.. Mir wird sofort wohlig warm - was jedoch nicht an der alltäglichen Hitze Atons liegt. Augenblicklich zügle ich mich und meine Gedanken, schüttle ein Mal kräftig meinen Kopf, nur um fest zu stellen, dass diese Bewegung meinen Kopfschmerzen nicht gerade gut getan hat. Schluss, Aus, Ende!! Ich werde darüber jetzt nicht mehr nachdenken! Viel eher sollte ich die verbleibende Zeit mit Yugi genießen, er muss schließlich auch bald wieder an die Arbeit.. wie auch ich. Heute soll ich seit langem mal wieder auf den Thron und versuchen einen Teil der Politik selbstständig zu übernehmen.. Man fängt ja in Stückchen an und arbeitet sich immer weiter zu größeren Ebenen vor. Trotz allem habe ich wenig Lust darauf.. Auch wenn es eine willkommene Abwechslung für mich ist, da ich nun endlich nicht mehr im Bett rumliegen muss! Aber ich muss auch zugeben, ich habe diese Zeit genossen.. Und auch oft genug ausgenutzt! Schließlich kommt man als Pharao nur sehr selten dazu, sich mal um persönliche Angelegenheiten zu kümmern, muss diese stark vernachlässigen. Kapitel 22: Traute Zweisamkeit ------------------------------ ~~~~~*Atemu*~~~~~ Yugis Stimme holt mich jedoch wieder einmal aus meinen Gedanken, trotz allem hält er den Blick stur auf Checkmate gerichtet. "A-Atemu.. Ich bin dann fertig..", kommt es scheu und automatisch muss ich lächeln. "Guut.. Danke dir, du hast mir wirklich sehr geholfen. Mit meinem Bein hätte ich das sicher nicht so schnell geschafft." Er nickt nur, jedoch sichtlich errötet und rauscht schnell an mir vorbei, um die Gegenstände zum Striegeln wieder zurück zu bringen. Ich gehe inzwischen näher an Checkmater heran, streichle mein Pferd ruhig die Blesse entlang. Dieser schnaubt nur gemächlich und es scheint, als döse er einfach nur vor sich hin. "Da hat wohl jemand mal wieder einen Ausritt nötig, hm?", lache ich leise und sofort kommt mir eine Idee. Ich könnte doch mit Yugi..? Schließlich brauchen unsere beiden Pferde sowieso mal wieder Bewegung - niemand darf sie sonst reiten - und es wäre auch für mich nützlich! So könnte ich mich wieder an alltägliche Dinge, wie das Reiten mit meinem Bein gewöhnen und hätte gleichzeitig Gesellschaft! Yugi wäre wohl auch die einzige Person, die Zeit dafür hätte.. sie hängt schließlich von meiner ab - er ist mein Berater. Schließe ich meine Arbeiten im Thronsaal, sind auch für ihn diese beendet. Papierkram ist da nebensächlich und wird im Laufe des Abends oder am nächsten Morgen erledigt, je nachdem, wie viel es gerade ist. Mit einem zufriedenem Grinsen sehe ich zu Yugi auf, der inzwischen wieder zurück ist und den größten Teil seiner Röte verbannt hat. "Yugi? Sag mal, wann bist du das letzte Mal ausgeritten?", beginne ich. Er erwidert meine Frage bloß mit einem unsicheren, irritierten Blick, schüttelt aber den Kopf. "Seit wir hier angekommen sind, nicht mehr.. Wieso?" Sein Misstrauen ist verständlich - um wie viel will ich ihn denn noch bitten? "Ich dachte, du hättest vielleicht Lust mit mir auszureiten? Einfach raus aus dem Palast und sich entspannen.. Von der Arbeit weg! Und die Pferde, vor allem Checkmate habe ich gerade bemerkt, müssen mal wieder in Bewegung kommen. Ikarus doch sicher auch?", setze ich fort und versuche meine Stimme möglichst freundlich klingen zu lassen, wie auch mit viel Enthusiasmus versetzt. Yugi stattdessen sieht kurz zu der Box etwas weiter hinten von Checkmates und seufzt leise. "Jaa.. du hast schon recht, Ikarus sollte wirklich mal wieder raus. Der arme Kerl steht schon so lange in seinem Stall.. Und ich würde wirklich gern mal wieder.." Er scheint kurz ein wenig zu träumen, besinnt sich aber schnell und sieht mich um einiges strenger an. "Aber dennoch, ich werde bestimmt nicht in deinem Zustand auch noch mit dir reiten gehen!! Übertreib es nicht, Atemu! ..bitte.." Sofort stiehlt sich ein leichtes Grinsen auf mein Gesicht - seine Sorge ist wirklich süß. Ich habe damit auch schon gerechnet, aber es ist einfach ein schönes Gefühl von ihm zu hören, wie viel Angst er um mich hat, sollte ich zu gewagt handeln wollen. "Nein, nein Cousin, das verstehst du falsch! Keine Sorge, ich wollte sowieso nicht in nächster Zeit reiten.. Erst in ein, zwei Wochen! Je nachdem, wann ich mich wieder freier und ohne Hilfe von anderen bewegen kann", stelle ich richtig, worauf er erleichtert nickt. "Okaay.. wenn das so ist - dann sehr gerne...", kommt es erneut scheu von ihm, zusätzlich zu seinem Rotton auf den Wangen. Ich lächle zurück und für einen Moment verharren wir in unseren Positionen, ehe Yugi sich schließlich abwendet und wir uns zurück in den Palast begeben. Auf mich wartet Arbeit... Tief seufze ich, während ich mich auf dem Thron niederlasse - schon jetzt kommen die Kopfschmerzen angekrochen und auch mein täglicher Kelch Wasser muss den Rest des Tages dabei sein. Mit der üblichen Handbewegung empfange ich den ersten Gast. * Wie ich es mir dachte, werde ich auch die nächsten zwei Wochen noch von den Medizinern zur Erholung verdonnert, bis sie mich mit strengem Blick, aber einem Nicken endlich aus ihrer Behandlung befreien. Während dieser Zeit habe ich, trotz der Störungen seitens Seto, die Übungsstunden mit Yugi fortgesetzt, bis ich sie nicht mehr länger nötig hatte. Jetzt geht das Laufen ganz gut und auch selbstverständliche Bewegungen, wie das Springen und Rennen, schaffe ich. Meine Freude wird deshalb von jedem verstanden, weniger aber, dass ich weniger davon für die Arbeit über habe. Früher war dieses eintönige Leben noch normal für mich, jetzt ist es mir eindeutig eine Qual. Keine Abwechslung, niemand, der diesen Kreis unterbricht. Obwohl.. ab und zu besucht mich Yugi in meinen Gemächern - dass ich nicht mehr ans Bett gebunden bin, ist dabei nebensächlich. Dieser fand auch meinen Vorschlag, den schon so lang geplanten Ausritt heute zu machen, wie auch ich, ideal, um dem Alltag zu entkommen. Auch wenn ich trotzdem ein wenig Überzeugungsarbeit leisten musste.. Von alleine ist der Kleine ja kaum von seinem Schreibtisch wegzubekommen. Ich grinse in mich hinein, als ich ihn - nach etlichen Stunden im Thronsaal - schließlich noch die letzten Griffe bei Ikarus tätigen sehe, damit unser kleiner Essensvorrat auch sicher angebunden ist, ehe er sich auf sein Pferd schwingt. Ich selbst habe schon lange Checkmate herrichten lassen, wollte jetzt, wo es Abend ist, nicht länger als nötig warten. Deshalb bin ich auch der Erste, der bereits auf unseren Tieren sitzt, wo ich gemütlich meine Beine baumeln lasse. "Bei Ra..", erneut fummelt Yugi am Griff, der den Beutel für das Essen hält, herum. "Wieso geht das verdammte Ding andauernd auf?" Ich höre ihn leise grummeln, kann darauf aber nur schmunzeln. "Warum hast du auch extra noch etwas zu Essen eingepackt? Soo lange wollen wir doch gar nicht rasten?" Er nimmt die Hände von der Schnur und nimmt stattdessen die Zügel, schaut mich kurz überrascht an, ehe er sich durchs Haar fährt. "Ich dachte, es wäre eine gute Idee.. weil wir doch das Abendessen ausfallen lassen.. Und falls einer Hunger bekommt?" Ich lache kurz, nicke dann aber. "Schon guut.. Du hast ja Recht." Mit einem letzten bestätigenden Blick, treiben wir unsere Pferde an, worauf auch schon das große Tor auf der Rückseite des Palastes aufgeht und wir beide dann hinauspreschen. Das Gefühl von Freiheit fegt durch mich und ich hole tief Luft, genieße die Abendsonne und die etwas kühleren Temperaturen. Ich spüre den Wind, der mein gekämmtes Haar zerzaust, was ich nur mit einem glücklichen Seufzen zulasse. Dieses beengende Gefühl wird mit jeder von Checkmates Galoppsprüngen fortgetragen und ich fühle mich gleich besser. Auch Yugi scheint diese plötzliche Veränderung zu genießen, er lehnt den Kopf leicht nach hinten und ein glückliches Lächeln bildet sich auf seinen Lippen. Ich betrachte ihn kurz so, ehe ich mich wieder fange und den Blick gerade aus richte, wo sich bloß ein sandiger, zum Teil kieseliger Boden erstreckt. Für einen Moment überlege ich, wohin wir reiten könnten und wo es sich lohnt, zu rasten. Mein erster Gedanke ist die Oase von damals, aber ich verdränge die Idee schnell. Viel zu weit weg.. Wir würden über drei Stunden brauchen und die bei der Rückreise nochmal durchreiten? Ich glaube, darauf haben wir beide wenig Lust.. Wohin sonst? Yugi scheint ein kleines Picknick zu planen... aber doch nicht mitten im grauen, verdorrten Land?? Außerdem komme ich seit Wochen mal wieder hinaus - da möchte ich eine möglichst schöne Landschaft genießen! Mir fällt da spontan eigentlich nur eins ein: Das Nilufer. Dort kann man schön mit dem Pferd durch den Sand und die Gräser galoppieren. Unsere Tiere sind gleich auf, doch ich pariere nachdenklich bis zum Schritt durch. "Yugi! Warte mal bitte kurz!", rufe ich ihm noch unmittelbar vorher zu. Auch mein Cousin ändert sofort seine Gangart und schnell habe ich ihn, da er Ikarus einen Moment später als ich hat abbremsen lassen, wieder eingeholt und deute auf die trockene Ebene vor uns. "Hast du ein bestimmtes Ziel vor Augen? Es wird bald dunkel und wir sollten nicht mehr so weit hinaus", frage ich ihn, während wir im Schritt nebeneinander herreiten. "Also eigentlich dachte ich ja an den Nil...", kommt es nach einigem Zögern von seiner Seite. Ich lächele und streiche über das dunkelbraune Fell meines Hengstes. "Dann sind wir ja einer Meinung! Nur dann sollten wir uns etwas mehr nach rechts orientieren.." Yugi sieht sich scheinbar zweifelnd um, ehe er nickt. Daraufhin traben wir wieder an, denn die schnellere Gangart wollen wir uns für die Strecke am Flusslauf aufsparen und nicht jetzt schon die Pferde ermüden lassen. Der Ritt verläuft eher schweigend, wobei ich beinahe krampfhaft über ein Thema für uns beide nachdenke. Mir fällt jedoch nicht sehr viel ein.. für seine Hilfe und die Übungsstunden mit ihm habe ich mich schon 100 Mal bedankt... von Politik habe ich selbst genug, als das ich auch nur das geringste Interesse hätte, darüber zu reden.. Über meine Entführung haben wir auch schon groß und breit gesprochen... "Da vorne ist die Weggabelung - wir sind gleich am Wasser!", verkündet er freudig und ich nehme Checkmates Tempo ein wenig zurück, denn gleich folgt ein eher steiler Abhang hinunter zum Ufer. Wir beide lassen unsere Pferde in den Fluss hinein stürmen und wie gewohnt halten sie bereits recht weit vorne an - wir waren noch nie weiter mit ihnen draußen, dazu ist die Strömung einfach zu gefährlich. Checkmate und Ikarus senken ihre Hälse und schlucken gierig das kühle Nass. Ich seufze leise. Vor uns liegt eine mir nur allzu bekannte Strecke... Der Weg führt zu einer kleinen, vor neugierigen Blicken der Fischer oder sonstigen Schiffsfahrern geschützte Badebucht. Yugi und ich haben den letzten Kilometer über fast immer ein Wettreiten gestartet - und zu meinem Ärger hat mein Cousin so oft gewonnen! Aber damals hatten wir noch andere Pferde, ich habe meinen Hengst erst vor drei Jahren einem Händler abgekauft, weil meine Stute gestorben war. Plötzlich kommt mir eine Idee. "Yugi? Wie siehts aus..?", ich grinse ihn frech an, was dieser jedoch durch die Schatten der Dämmerung wahrscheinlich nicht unbedingt bemerken wird, "ein Wettritt bis zur Bucht?" Verwundert reißt er den Kopf hoch: "Ist das dein Ernst?" "Sicher, wieso nicht? Wir müssen doch unserer Tradition treu bleiben!", lache ich und es ist so angenehm, auch sein helles Kichern zu vernehmen. Dann wird er jedoch schnell wieder ernst, zu schnell für meinen Geschmack. "Ich weiß nicht, Atemu... Du bist noch nicht wieder ganz und vollkommen gesund... Mir ist das nicht lieb - so ein Jagdgalopp wird sehr an deinen Kräften zehren... Und das Letzte, was ich will, ist, dich ohnmächtig vom Pferd stürzen zu sehen!!" Mich rührt seine Sorge und ich schenke ihm ein warmes Lächeln. Mein Herz schlägt wie von allein schneller und ich wundere mich beinahe über mich selbst, da ich meinen Ärger fast schon vermisse. Normalerweise würde ich jetzt erst recht stur bleiben und auf einen Wettritt bestehen! Verdammt... seine sanfte Art wirft mich total aus der Bahn.. Ich darf mich nicht so sehr beeinflussen lassen... ich bin doch der Pharao! Ich darf mich nicht von meinen Beratern... Obwohl... Mit Politik hat das gerade wenig zu tun.. und ist jeder Mensch denn nicht irgendwo zu manipulieren..? Vor allem auf privater Ebene.. Yugi und ich stehen viel mehr privat zueinander als beruflich.. Ja, wir stehen wir überhaupt zueinander? Ich sollte mir langsam wirklich darüber bewusst werden... sind meine konfusen Verhaltensweisen der letzten Tage und Wochen nicht schon eine deutliche Sprache..? Früher habe ich mich doch nicht soo... so, kindisch - ja, kindisch trifft es - benommen! Ständig habe ich um Yugis Aufmerksamkeit gekämpft, wollte ihn berühren oder es von ihm werden und einfach Zeit mit ihm verbringen... so wie jetzt auch! Geschlagen lenke ich mein Pferd aus dem heiligen Fluss. "Für heute... gebe ich dir Recht! Aber glaube ja nicht, dass du dich das nächste Mal auch wieder drücken kannst, Cousin! Du kannst nicht ewig vor deiner Niederlage fliehen!", gebe ich mit etwas gespielten Spaß zu, um meine Nachgiebigkeit zu überdecken. Ich will keine Schwäche zeigen... vor allem nicht vor ihm... nein, bloß nicht vor ihm! Er folgt mir mit Ikarus und ich sehe noch im fahlen Licht, wie er mir die Zunge heraus streckt. Nanu, seit wann traut er sich das?? Oder glaubt er etwa, es wäre dunkel genug und ich würde es nicht merken? Er ist aber ganz schön mutig... und ich muss zugeben, der Gedanke gefällt mir! Das ließe sich doch bestimmt noch... weiter... ausbauen.. Ich schließe die Augen und fühle mich automatisch wie ein Magnet von ihm angezogen. Ja, wenn er nur etwas mutiger wäre... Wie gern würde ich irgendwelche Andeutungen von ihm sehen... ich warte auf Zeichen, dass er mich an sich heran lässt... nah... ganz nahe... Atemu! Jetzt übertreibe mal nicht! Was mein unschuldiger Yugi täte und wie sehr er im Erdboden versinken würde, wenn er wüsste, was in meinem Kopf so vor sich geht!! Sein armes, unschuldiges Wesen... Moment mal - mein Yugi?? "Kommst du, Cousin? Oder wolltest du hier schon rasten?" Yugi, der bereits wenige Schritte vorgeritten ist, hält an und dreht seinen Oberkörper zu mir herum. "Ja.... ja, ich komme...", säusele ich und reite neben Yugi her. "Aber wir können doch zumindest eine schnellere Gangart einlegen, oder? Das ist doch hier unsere Galoppstrecke! Wir kämpfen halt nur nicht um den Sieg..." Yugi lacht leise auf. "Stimmt schon - wir nicht. Aber die Pferde. Unsere Hengste werden sich gegenseitig angespornt fühlen. Wir sind die Rennen zwar damals nicht mit ihnen geritten, aber das sie sich gegenseitig übertreffen wollen ist doch nur ganz selbstverständlich.. Sie sind schließlich auch nur Männer..." "Ach...", grinse ich, "was willst du mir damit sagen?!" "Nichts, nichts!", versichert mein Cousin und winkt mit der Hand ab, "Los, Ikarus!" er tritt sein Pferd sanft in die Flanken und dieser streckt sich in einen anmutigen Galopp. Vielleicht habe ich auch einfach das Wettrennen abgebrochen, da ich sowieso weiß, dass ich wohl verloren hätte... Checkmate ist ein ausdauernder Läufer, nicht auf Schnelligkeit trainiert. Er ist halt ein richtiges Kriegspferd, er hat viel mehr Muskeln und ist dadurch ein wenig stämmiger als der Apfelschimmel und bei weitem nicht so schreckhaft wie er! Bevor mein Hengst Angst hat, muss schon viel passieren... eben genau richtig für die Schlacht. Ikarus würde in blinder Panik alles überrennen, was ihm gerade in den Weg käme und sich nicht lenken lassen.. Auch ich galoppiere meinen Hengst an, doch ich merke sofort, dass Yugi sein Tier zurückhält, bis auch ich gleichauf mit ihm bin. Ich zügele Checkmate, der jetzt Ikarus nur zu gerne überholen würde und sorge dafür, dass wir nebeneinander herreiten. Dabei schweift mein Blick immer wieder zu Yugi hinüber - auf seinem Gesicht hat sich ein fröhliches Strahlen gebildet und seine blonden Strähnen wirbeln nur so durch sein Gesicht, verdecken hin und wieder seine Augen, doch mir entgeht ihr Strahlen darin trotzdem nicht. Er sprüht förmlich seine momentanen Glücksgefühle hinaus - und ich kann ihn mehr als nur verstehen: Dieser Ritt löst das Gefühl purer Freiheit aus! Keine Arbeit, kein Schreibtisch, der einen fesselt, nur der Wind und der rauschende Fluss neben uns... Und zusätzlich bin ich nicht mit irgendwem unterwegs! Yugi, mein Freund aus Kindertagen ist mitgekommen! Es ist soo schön, mit ihm diese Freude teilen zu können! Mir ist, als könnten wir zwei zusammen bis ans Ende der Welt reiten! Fast gleichzeitig rutschen wir von unseren Pferden, lassen ihre Zügel los und erlauben ihnen, ihre Nase ins frische Gras zu stecken. Wir dagegen suchen uns einen Platz weiter hinten, dort stehen einige flache, längere Steine im Sand und wie auch Jahre zuvor, steuern wir auf einen weiter links zu, auf dem es sich gut zusammen sitzen lässt. Kapitel 23: Erste Versuche -------------------------- ~~~~~~*Atemu*~~~~~~ Als wir noch klein waren kamen wir so oft her... damals wussten wir noch nicht viel über Pflichten, Politik und was es heißt, ein Land zu verwalten.. Schon damals war dieser Stein unser Stammplatz, wenn wir uns von den Dienerinnen abseilen wollten, ohne die wir früher als wehrlose und unerfahrene Kinder nicht aus dem Haus durften, um etwas in Ruhe zu besprechen. Yugi war damals mein bester Freund... und ist es bis heute geblieben. Was haben wir uns damals für Geheimnisse anvertraut... Doch aus heutiger Sicht war es nichts Spektakuläres... nur Ansichten, die eine Kinderseele bewegen...Aber Yugi hat mir immer zugehört, hatte immer ein offenes Ohr und Verständnis... "Ah Atemu, du hattest auch diesen Platz im Sinn?", lächelt mein Gegenüber offensichtlich etwas verlegen, als wir vor dem Stein stehen und das, obwohl keiner dem Anderen gefolgt ist. Wie gewohnt setzen wir uns nebeneinander - der Stein ist bereits vorher aufgeteilt: ich bekomme die linke Hälfte und Yugi die Rechte. "Jaa, schon lustig, oder? Nach all den Jahren mal wieder hier zu sein. Weißt du noch? Die Aufpasserinnen haben immer dort gesessen!", ich deute mit der Hand an den Platz, "doch ich habe mich nie von ihren Worten beeindrucken lassen..." "Ohh ja, Atemu, du warst schon immer sehr stur!", lacht Yugi herzlich und sieht hinaus zum Wasser. "Aber ich kannte deine warme Seite immerhin bereits damals gut... Erinnerst du dich noch, als du mir diese zwei Steine mit hübschen Form und dem Glitzern in die Hand gedrückt hast?! Du hast gesagt, sie wären ein kleiner Schatz! Ich habe sie bis heute noch in meiner Schublade liegen... Sie sind wirklich selten und funkeln so schön!" Bei diesen Worten zieht er sich seine weißen Schleppchen aus, taucht sie ins kalte Wasser und spielt mit den nackten Zehen im Sandboden. Ich beobachte ihn lächelnd, er ist einfach zu niedlich! Aber das ihm diese Steine so viel bedeutet haben..? Mein Herz macht kleine Freudensprünge. "Du hast sie tatsächlich noch? Das freut mich wirklich! Ich hatte sie beim Tauchen aufgesammelt." Ich weiß nicht wieso, es ist ein plötzlicher Impuls, doch ich rutsche näher an ihn heran. Habe auf einmal ein schreckliches Bedürfnis nach Nähe... Körpernähe.. Ich möchte ihm nah sein... in mir lodert der Wunsch auf, seine angenehm weiche Haut spüren zu wollen.. so kuschele ich mich regelrecht seitlich an ihn heran, sorge dafür, dass sich unsere freien Oberarme bereits berühren. Zu meiner Enttäuschung sieht Yugi jedoch unvermittelt weg, sein Sitz wird ein wenig steifer, so als hätte er einen Stock verschluckt. Bin ich ihm zu nahe getreten..? Wenn, dann soll er es mir sagen! Ich... möchte gerne so weiter sitzen... meine egoistische Seite gewinnt gerade die Oberhand. "Ich weiß. Du warst doch viel lieber unter, als über Wasser! Mir dagegen war das Tauchen nie so recht geheuer...", spricht er schließlich leise zum Nil gewand. "Es hätte ja ein Flussmonster aufkreuzen können..", feixe ich und ziehe mir ebenfalls die Schuhe aus - seine Idee gefällt mir! "Lach nicht!! Das... das dachte ich wirklich!", gibt er kleinlaut zu und ich muss schmunzeln. Würde ihn jetzt zu gerne in den Armen halten... nicht, um ihn vor Wassermonstern zu schützen, sondern einfach so, weil ich das Bedürfnis habe... "Diese Angst hast du mir ja damals anvertraut... Nur wurde bis heute noch kein Einziges gesichtet!", lache ich und schrubble ihm stattdessen liebevoll durch die Haare. Offensichtlich überrascht durch meine spontane Geste wendet er den Kopf und sieht mir in die Augen. Wunderschöne, leuchtende Augen... so klar und völlig ehrlich... Hier unten am Flussufer weht der Wind öfter und vor allem stärker als bei uns in der Hauptstadt. Eine Windböe kommt auf und fegt über unsere Rücken hinweg, zerzaust unser Haar. "Und du hast meine wirklich kindischen und blödsinnigen Ängste und Fantasien nie weiter erzählt, Atemu. Dafür bin ich dir wirklich sehr dankbar... Wenn ich bedenke, was ich manchmal für ein peinliches Zeug von mir gegeben habe... Flussmonster..", er wendet den Blick ab, senkt auch den Kopf und betrachtet lieber seine Zehenspitzen, die gerade im Sand wühlen und so diesen aufwirbeln. Ich habe meine Fußspitzen bereits ebenfalls ins Wasser gesteckt, ziehe sie aber wieder hervor, nur um nochmal einzutauchen. "Das war doch selbstverständlich, Cousin. Wenn du mir deine Ängste anvertraust erzähle ich sie doch nicht herum... Du weißt, dass du noch heute offen mit mir reden kannst, daran hat sich auch über zehn Jahre lang nichts geändert..." Ich höre Yugi neben mir tief durchatmen - dann zuckt seine linke Hand, die bisher nahe meiner ruhig auf dem Stein gelegen hatte kurz und für den Bruchteil einer Sekunde habe ich das Gefühl, er wolle sie anheben. Jedoch bleibt sie schließlich unverändert dort liegen. Unbewusst seufze ich auf - hätte gern ein Zeichen von ihm, eine Bestätigung, dass ich ihm näher kommen darf.. noch näher, als ich sowieso schon bin... Doch dieses bleibt aus, stattdessen starrt er einfach das klare Wasser des Nils an, worin man den inzwischen aufgegangenen Mond sehen kann - nein, eher ein Abbild, eine Spiegelung.. Cousin, wir beide sind uns sehr ähnlich.. Bis auf ein paar kleine Details bist auch du mein Abbild. Niemand kennt mich so gut wie du, und ich muss zugeben.. ich will das auch gar nicht! Andererseits darf ich es gar nicht zulassen! Ich bin der Pharao, jemanden näher an mich heran zu lassen, den ich nicht besonders gut kenne, wäre fatal - nicht nur für mich, auch für das Volk und das ganze Land. Aber.. wie sieht es aus, wenn ich mich jemanden nähern möchte..? Es gibt kein Gesetz, keine Strafe, keine Regelung.. Wer würde es auch wagen dem Pharao Grenzen zu setzen? Davon abgesehen, dass ich die Regeln für das Land bestimme.. Sofort kommt mir das Bild von Seto in den Kopf und ich muss automatisch schmunzeln. Jaaa.. er würde es wohl wagen.. Aber ich habe bereits gemerkt, dass ich mit einem solch dominanten Charakter nicht auf eine Welle kommen kann. Viel zu viele Diskussionen und regelrechte Machtkämpfe.. Ich brauche jemanden, der mich beruhigt, meine sanfte Ader berührt.. Damit auch ich ausgeglichener werden kann.. Mit einer Kopfbewegung habe ich mich auch schon zu Yugi gedreht, dem die andauernde Stille langsam unangenehm zu werden scheint. Unruhig plätschert er mit den Beinen im Wasser, wirbelt dabei noch mehr Sand auf und lässt seine Füße dadurch verschwinden. Mein Blick fällt auf seine Hand, die ruhig noch immer auf der selben Stelle wie zuvor liegt und sich nicht mehr rührt. Warum hat er bloß gezögert..? Ich will Zeichen von ihm.. irgend eine Andeutung, dass ich den nächsten Schritt machen kann.. Doch diese sind bei ihm so verdammt rar.. Er ist auch sehr schüchtern! Aber.. vielleicht wartet er eher auf ein Zeichen von mir? Ich weiß, dass sich viele nicht trauen sich mir zu nähern, da ich so unerreichbar erscheine.. Auch wenn ich nach Zuneigung und Liebe manchmal geradezu bettle!! Ich sitze für einen Moment noch unbeweglich auf dem Stein, starre seine Hand weiter an, ehe ich langsam meine Eigene anhebe und sie vorsichtig auf seine lege. Kurz genieße ich dieses gewisse intensive Gefühl einfach, dass sich in mir breit macht, muss es aber sofort wieder unterdrücken. Ich will mehr.. Möchte seinen Arm entlang streicheln, seinen dünnen Hals nachfahren.. Erst sein überraschter Laut und die weit aufgerissenen Augen bringen mich wieder in die Realität zurück und ich sehe in sein total perplexes Gesicht - aber auch einen kleinen Funken in seinen Augen, der nur so vor Aufregung glüht. Ich kann ihm seine Gedanken regelrecht ansehen.. Automatisch schleicht sich ein kleines Grinsen auf mein Gesicht - was aber sofort wieder verblasst, als er sich bloß mit einem roten Kopf von mir wegdreht und seine Hand ruhig weiter unter meiner liegen lässt. Uhm.. was ist denn nun? Warum tut er gar nichts? Und warum, bei Ra, muss er sich immer gleich wegdrehen?? Ich möchte ihn ansehen.. habe seine Reaktion nicht richtig auskosten können, wie ich es sonst immer gern tat, wenn ich ihn mit Etwas überraschte. Entschlossen lege ich meine andere Hand unter sein Kinn und ziehe ihn wieder zu mir - er braucht sich nicht zu verstecken! Zögernd lässt er sich von mir herdrehen und sieht mich dann unruhig und atemlos an. "A-Atemu?", haucht er verwirrt, aber zugleich leise und sofort fällt mein Blick auf seine Lippen. Ich lächle ihn an, um ihm die spürbare, kleine Angst zu nehmen - er braucht sich doch nicht vor mir zu fürchten? Forschend gleitet mein Blick weiter hinauf und bleibt bei den tiefen, violetten Seen hängen. Seine Augen haben noch immer diesen gewissen Glanz, die Aufregung, die auch mich nervös werden lässt.. so ausdrucksstark.. Aber zugleich strahlen sie eine unheimliche Sanftheit aus. Doch ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als Yugi langsam die Hand hebt und sie auf meinen linken Unterarm legt, der Arm, mit dem ich auch weiter sein Kinn festhalte. Kurz übt er leichten Druck aus, doch auch jetzt lasse ich nicht los. Er soll sich nicht wieder wegdrehen! Ich möchte, dass er mir so nah bleibt.. Sein Gesicht ist kaum zehn Zentimeter von mir entfernt.. Fühlt er sich etwa bedrängt..? Ich schüttle diese Gedanken ein für alle Mal ab, habe jetzt auch gar keine Lust mehr darüber nachzudenken. Stattdessen bin ich viel zu sehr von diesen Lippen fasziniert, die einladend einen kleinen Spalt geöffnet sind - nur darauf warten von meinen in Besitz genommen zu werden.. Für einen Moment bin ich über meine eigenen Gedanken überrascht, doch finde ich sofort Gefallen an der Idee. Warum auch nicht? Yugi wehrt sich schon lange nicht mehr.. Alles in mir giert danach ihn näher zu berühren, endlich diese Schwelle von uns beiden zu überschreiten. Zugleich neues, unerforschtes Gebiet zu erkunden - aber genau das macht es doch so interessant! Noch einmal schaue ich in seine wachen Augen, ehe ich meinen Kopf langsam senke und das letzte Stück zwischen uns beiden überwinde. Ein wohliger Seufzer entkommt mir, als ich seine weichen Lippen auf meinen spüre und ich muss mich zurückhalten, um ihn nicht sofort näher an mich zu ziehen. Ein unbeschreibliches Gefühl... Genüsslich knabbere ich kurz an seiner Unterlippe, bevor ich mich verspielt seiner Operlippe widme. Ich kann einfach nicht genug bekommen! Er dagegen ist für einen Moment wie erstarrt, ehe er langsam auf mein Spiel eingeht und den entstehenden Kuss vorsichtig erwidert. Doch ich brauche nicht lange und er macht von selbst erste Schritte, lässt seine Schüchternheit hinter sich zurück. Dadurch fühle ich mich weiter angespornt, will weitergehen und die nächste Stufe erreichen! Doch ich möchte Yugi zu nichts drängen... Auch wenn mein Herz fast zu zerspringen droht - diese weichen Lippen!! Der unglaubliche, süße Geschmack, der mir schon einen Vorgeschmack auf alles weitere bieten soll. Ich spüre meinen Puls rasen, habe nur noch das Bedürfnis ihn für immer so halten zu können! Er soll nie wieder von meiner Seite weichen.. Nie wieder fortgehen, schon gar nicht so weit weg, wie die letzten Wochen! Ohne ihn würde ein wichtiger Teil in meinem Leben fehlen.. Mein Verlangen ihn jeden Tag zu sehen, ihn zu berühren, oder bloß seine Stimme zu hören, lässt sich nicht mehr abstellen... Unwillkürlich löse ich meine beiden Hände von ihm und fasse ihn an der Hüfte, so dass ich ihn besser halten kann, ziehe ihn aber sofort näher an mich. Ein Feuerwerk von Gefühlen überschwemmt mich und ich kann nicht aufhören, seine Lippen in Besitz zu nehmen. Ich weiß, dass auch sein Herz wie verrückt schlägt, er hätte sich schon längst gewehrt, wenn er das alles nicht gewollt hätte! Erst, als ich wieder richtig zu Besinnung komme und von diesen weichen Lippen wirklich ablasse, trennt auch er sich wieder ein paar Zentimeter von mir und ich höre sein heftiges Atmen. Sein Blick ist leicht benommen und kurz habe ich das Gefühl, er kippe mir gleich in die Arme, doch schnell wird er wieder klarer und ein tiefer Rotton ziert sein Gesicht. Ich schnurre glücklich und lehne mich wieder leicht nach vorne, nur um ein weiteres Mal in seine klaren, großen Augen sehen zu können. Zufriedenheit macht sich in mir breit - will diesen Moment aber zugleich festhalten. Aber möchte ich das nicht eigentlich jeden Augenblick, den ich mit Yugi verbringe? Die Zeit anhalten.. denn es ist einfach zu kurz... Ich will mehr von ihm.. Allein der Kuss hier bestätigt mir dies - und ich will mich dagegen auch gar nicht mehr wehren, es auch nicht mehr leugnen! Mir ist klar, dass nur er in mir diese bestimmte sanfte Ader wecken kann, die mich immer wieder ruhiger macht. Auch früher habe ich das bemerkt.. Bei Versammlungen, die besonders nervenaufreibend waren.. Wie oft ließ ich mich nur durch Yugi beruhigen? - Wieso habe ich bloß früher all dies nie bemerkt..? Ich streiche ihm über seine Wange, die noch immer stark gerötet ist und sehe, wie seine Augen aufgeregt und zugleich unsicher einen Punkt suchen, an dem sie festhalten können. Verlegen sieht er schließlich zu mir auf und ich muss mich beherrschen das ganze Spiel nicht doch nochmal zu wiederholen. Diese intensiven Gefühle.. nicht mal bei Seto habe ich sie gespürt! Wenn ich sie denn jemals so erlebt habe..? Doch eins weiß ich.. Ich möchte sie festhalten! Jedes Mal, wenn ich sie spüre - und das ist wohl die ganze Zeit, wenn ich mit Yugi zusammen bin. Er ist der Schlüssel zu meiner Seele, zu meinen Gefühlen. Und nach ihm will ich greifen! Wenn er denn will... Ich bin zwar der Pharao, aber ich möchte niemandem etwas aufzwingen, schon gar nicht Yugi! Ihm soll kein Leid zugefügt werden.. kein Schaden und auch keine Trauer.. Denn die strahlte er in letzter Zeit oft aus.. Und ich will derjenige sein, er ihm diese nimmt. Ich lächle ihn an, nur um ihn nicht weiter zu verunsichern und lasse endlich seine Hüfte los, wodurch ich ihn leicht aufatmen spüre. Ein weiteres Grinsen schleicht sich auf mein Gesicht - dachte er wohl, ich würde ihn hier festhalten? Doch überraschender Weise ist er derjenige, der zuerst das Wort ergreift. "A-also.. wir.. sollten dann mal.. langsam...", kommt es total verschüchtert und stotternd. Ich lege meinen Kopf leicht schief und plätschere noch einmal mit den Füßen im Wasser, ehe ich seinen Satz zuende führe: "Langsam etwas essen?" Er sieht mich für einen Moment verwirrt an, ehe er nach Luft schnappt und benommen sich selbst zunickt. "Uhm.. also.. ich dachte eher.. an den Heimritt...", beginnt er, mit fragendem Unterton, wieder und die Aufregung scheint nur so durch seine Adern zu pulsieren. Oder ist er einfach nur extrem nervös und verlegen? Auf jeden Fall gibt er ein unheimlich niedliches Bild ab! Ich sehe mich kurz um und gehe damit auf seine Antwort, die eher eine Frage war, ein. Es ist tatsächlich schon ziemlich dunkel.. Vielleicht sollten wir wirklich das Essen ausfallen lassen. Ich, für meinen Teil, habe sowieso keinen Hunger.. Ich hatte meinen kleinen Nachtisch ja bereits! "Okay, okay, überredet, Yugi.. Reiten wir heim, es ist wirklich schon ziemlich dunkel und ich möchte eine Begegnung mit Wüstenräubern vermeiden." Gut gelaunt wuschle ich ihm durchs Haar, mache mir aber langsam ein wenig Sorgen über seine steife und fast gleichgültige Handlung. Ist für ihn das Alles hier denn.. unbedeutend? Ich sehe kaum eine Veränderung.. Dabei habe ich sie mir unbewusst eigentlich gewünscht.. Das auch er aufwacht!! Nicht nur mir soll das hier die Augen geöffnet haben.. Der ganze Heimritt über verläuft mehr oder weniger schweigend. Hin und wieder versuche ich ein Gespräch aufzubauen, werfe Fragen oder Bemerkungen ein, jedoch bekomme ich ständig nur ein einfaches "Ja" oder gar ein bloßes Kopfnicken zur Antwort. Hört der Junge mir denn überhaupt richtig zu?? "Yugi, du solltest die Gangart wechseln, du kannst Ikarus nicht die ganze Strecke über galoppieren lassen!", bemerke ich und da selbiges auch für mein Tier gilt, pariere ich in den Trab durch und falle dadurch ein ganzes Stück zurück. Nein.... er hört mir garantiert nicht zu.. denn Yugi galoppiert einfach weiter.. Frustriert nehme ich die Zügel unbewusst kürzer, meine Fäuste spannen sich unregelmäßig an und ich nehme nicht mehr wahr, wie sehr ich dadurch an Checkmates Maul herumzerre. Jetzt rennt er auch noch von mir davon! Wie kann er mich bloß soo ignorieren?? Ich habe auf eine Wandlung gehofft... irgendwo.. tief in mir.. Vielleicht habe ich ihn vorhin auch geküsst.. um gewisse Gefühle in ihm wach zu rütteln.. Hatte vor, die letzte Mauer zwischen uns einreißen. Glaubte, ich könnte in ihm selbiges Kribbeln entstehen lassen, wie in mir.. Und als er erwiderte, sich nicht wehrte - ich dachte, es wäre ein Wunder geschehen! Ich hatte mich soo sehr über all das Glück gefreut! Aber jetzt? Er redet nicht mal mehr mit mir! Behandelt mich wie Luft! Was muss ich ihm nur Widerwärtiges angetan haben... Ich lasse den Kopf hängen, trabe mit meinen Hengst zurück in den Palast. Den Rest des Abends schließe ich mich halb verbittert, da meine Ehre verletzt wurde, halb traurig und enttäuscht in meinem Gemach ein, um auch ja Yugi für heute aus dem Weg zu gehen. Vor dem Einschlafen denke ich noch lange an unseren gemeinsames Ausritt - lasse die gesamte Szene am Nil noch ein mal revue passieren. Es gab kein Anzeichen von ihm, dass es ihm zu unangenehm wurde! Nichts schien so, als würde er sich eingeengt und bedrängt fühlen! Sicher hat er nicht aus Pflichtgefühl erwidert... Nein, ganz sicher nicht! Mein Gefühl sagt es mir einfach - und obwohl ich nicht immer unbedingt der Sensibelste bin.. verstehe ich Yugis Reaktion einfach nicht! Er ist schüchtern.. jaa.... aber er würde mir doch sagen, wenn ich ihm zu nahe getreten wäre.. Wie war das vorhin? Wir beide vertrauen uns doch gegenseitig immer alles an.. Ich beschließe letztendlich, meinen Cousin morgen in der Früh, noch vor dem Frühstück abzufangen! Ich muss einfach mit ihm reden! Mein Herz schmerzt und leistet ununterdrückbaren Widerstand gegen die Vorstellung, dass die Situation zwischen uns beiden nun so angespannt und distanziert bleibt. Wie ich den Kleinen kenne, wird das nämlich morgen genauso weiter gehen, wie es heute aufgehört hat! ~~~~~~*Yugi*~~~~~~ Aufgewühlt und aufgekratzt springe ich im Vorhof von Ikarus, überlasse seine weitere Versorgung dem Personal, was ich sonst wirklich nie, niemals tun würde und laufe einfach ziellos in den Palast hinein - bloß raus aus Atemus Blickfeld! Auch er wird sicher gleich nachkommen - und ihm jetzt noch in die Augen zu blicken... das könnte ich nicht! Ich lehne mich schließlich irgendwo, in einem der vielen, langen Steingänge an die kalte Wand. Es ist bereits spät genug, die Sonne ist schon lange unter gegangen und ganz besonders die unteren Gänge, hier im Kellergewölbe, werden von der Kälte heimgesucht. Fröstelnd schlinge ich die Arme um meinen Oberkörper, bestarre mir einfach meine Füße. Bei Ra! Wie kam es bloß dazu..??! Und warum habe ich mich noch darauf eingelassen? Habe auf sein Spielchen geantwortet! Verdammt, wie konnte ich mich bloß selbst so verletzen?? Als ob ich es nicht selbst ganz genau wüsste... Atemu ist der Pharao! Yugi, der Pharao! Er hat nicht nur einen Harem voll mit Frauen!! Überhaupt.. er kann jeden und jede haben - er bräuchte nur dazu mit den Fingern zu schnipsen! Vermaledeite Hoffnung, die immer gerade dann aufkeimt, wenn sie nicht soll!! Ich will doch nicht einer unter vielen sein, mit denen sich Atemu einlässt.. Will doch etwas Besonderes für ihn sein.. Ich versuche mir krampfhaft ein Schluchzen zu unterdrücken. Presse meine Lippen eng aufeinander, dass sie bereits weiß werden. Der Kloß in meinem Hals wird jedoch immer dicker, schmerzhafter und ohne, dass ich es verhindern kann, entkommt ein schluchzender, klagender Laut meiner Kehle. Atemu ist so unerreichbar.... Zwar mein Cousin... Vertrauter... Ich stehe ihm freundschaftlich sogar am Nächsten, würde ich schätzen! Aber in der Liebe... so unerreichbar fern.. Denn ich suche richtige Liebe... nicht einen kurzen, bedeutungslosen Kuss... wahrscheinlich eine Laune von ihm, ihm war wohl gerade danach. Er kennt es ja auch so - alles nur ein einmaliges Erlebnis. Noch nie hatte er eine echte Beziehung... Alles, was er hat, ist Sittah, seine Frau. Aber mit ihr hat er auch nichts Tieferes... Wahrscheinlich will er das auch gar nicht... mit niemandem... Tief traurig sinke ich an der Wand hinab in die Knie, verbuddele mein Gesicht zwischen diesen und weine stille Tränen. Meine Beine tragen das Gewicht, welches diese Erkenntnis auf mein Herz legt, nicht länger. Bin ich denn dazu verurteilt, allein zu bleiben? Ohne festen Partner auszugehen..? Ohh Yugi, das hast du doch alles selbst verschuldet! Warum musstest du dich auch in diesen Mann verlieben? Ausgerechnet... in diesen! Den Unerreichbarsten von allen.. den Sohn des Horus und einen halber Gott! Aber sonst geht's dir noch gut? Solange mein Herz sonst keine Ansprüche stellt.. Ich beginne schon aus lauter Verzweiflung sarkastische Kommentare über mich selbst zu denken! Mache mich gerade über mich selbst lustig... versuche mich so vom Ernst der Lage zu distanzieren! Auf Abstand zu gehen.. Alles ist doch nur halb so schlimm, oder?? Ich bin nicht alleine... meine Liebe ist nicht unerwidert.. Ich bräuchte nur einmal durch das reichere Gebiet der Stadt zu laufen - und ich könnte mir sogar eine der schönsten Frauen aussuchen! Da ich das Privileg habe, im Palast zu wohnen.. Jede würde sich mir zu Füßen werfen, nur, damit sie hier mitwohnen könnte! Doch eine Stimme aus meinem Hinterkopf straft mich sofort einen Lügner. Wenn ich tatsächlich eine Frau mit hierhin bringen würde... hätte das rein gar nichts mit Liebe zu tun... Ich würde mich an jemand Fremdes binden.. mein Gefängnis nur vergrößern! Meine Unterlippe und Zähne zittern, sämtliche Hautstellen frieren bereits hier in dem dunklen, kalten Kellergewölbe. Wieder schluchze ich auf, Tränen rinnen bereits unaufhaltsam über meine Wangen und Lippen, salziger Geschmack dringt in meinen ansonsten trockenen Mund. Atemu... komm zu mir... nimm mich in den Arm... sei bei mir... spreche mit deiner nur allzu gut dafür geeigneten Stimme beruhigende, tröstende Worte zu mir.. Ich brauche dich soo... Kapitel 24: Versteckspiele -------------------------- ~~~~~~*Yugi*~~~~~~ Ich habe mich nach einer ganzen Weile, nachdem ich mich etwas beruhigt hatte, für ein Bad entschieden. Es ist zwar mehr als ungewöhnlich, um diese späte Abendstunde noch die Badehalle - nicht die des Pharaos, denn die ist viel größer - aufzusuchen, aber mir war einfach danach. Ich liege im lauwarmen Wasser, habe die Augen geschlossen und versuche einfach sämtliche Gedanken und Gefühle abzustellen. Doch es geht nicht - immer wenn ich versuche, völlig zur Ruhe zu kommen und zu entspannen... es krampfhaft versuche, da es von allein ja nicht geht, dann kriechen aus allen möglichen Ecken aus dem Hinterhalt.... giftige Nebelschwaden auf. Ziehen durch die Lüfte, ich atme sie ein... erschweren mir jeden weiten Atemzug - vergiften meinen Körper. Und umso ruhiger ich bleibe, umso intensiver spüre ich das Toxin.. Beschäftige dich, Yugi! Lenk dich ab, denk an etwas Anderes! Ich schicke so die Sklaven, die mich kurz darauf waschen wollen, mit einigen kurz angebundenen Worten weg. Seife mir den Körper allein ein und wasche mir auch selbst die Haare. Ich schlüpfe nach dem Baden in mein Nachtgewand, verschwinde dann auf nackten, auf den Stein patschenden Füßen, in mein Gemach. Diese werden sofort kalt, doch das ist gerade meine geringste Sorge... Ausgelaugt und kaputt werfe ich die Tür hinter mir zu, schlürfe sofort in mein Bett. Augen zu und Tag beenden! Vielleicht erweist sich diese verdammte Tat ja alles nur als Traum...... andererseits als sehr schöner Traum - was ich wirklich nicht leugnen kann! Ich ziehe mir die Decke bis zum Mund, verschwinde ganz unter ihr! Ja, wie sehr hatte ich mir in der Vergangenheit gewünscht, dass DAS zwischen ihm und mir passieren würde..? Wir haben uns geküsst! Geküsst!! Mein Wunsch... meine Hoffnung... Nur... warum kann ich mich bloß nicht darüber freuen?! Warum bloß nicht...? ..... Weil ich einen Kuss aus Liebe möchte... Stille Tränen fließen, durchnässen meine weiße Bettdecke. Ich drehe mich auf die Seite, starre die Wand vor mir an. Ich beginne zu zittern, trotz komplett hochgezogener Decke. Sie sollte mich eigentlich schützen, mich warm halten! Sämtliche Gedanken von mir abschirmen.. Doch die Kälte kommt aus meinem Innersten... nagt dort an mir... Ich habe so panische Angst, dass sie mich auffressen wird.. Dass ich an dieser Hoffnung, die Atemu mir unwissend gemacht hat.. zerbrechen werde! Es war schwer genug, dieses Geheimnis Tag für Tag mit mir herum zu schleppen! Dem Keim, der ständig nachwuchs immer wieder die Knospen und Triebe zu stutzen... damit er klein blieb... nach Möglichkeit auch eingehen würde.. - Und dann kommt einfach Atemu daher und streut Dünger auf die hungrige Pflanze!!! Ich presse meine Augen zusammen, weitere Tränen rinnen hervor. Ich halte mir die Hand vor meine zitternden Mundwinkel, jeden Moment bereit, laut loszuschluchzen. An etwas Anderes denken, Yugi! Alles wird sich klären! Alles wird gut!! Tief atme ich durch, versuche meine Gesichtsmuskeln zu entspannen. Wenn du dich jetzt fertig machst, zerstörst du deine Seele nur weiter.. Lenk dich ab... Denk an etwas Schönes... Nur - an was? Alles was ich vorm inneren Auge sehe... worauf ich mich konzentrieren will... ich lande nach einem kleinem Umweg direkt wieder bei Atemu... dem Zentrum Ägyptens.. ** Heute ist es nicht ganz so heiß, Ra meint es wohl ausnahmsweise recht gut mit uns. Vor allem im Schatten kann man es draußen gut aushalten, also habe ich eine Schreibunterlage und meine Arbeit - in Form von Papyrusrollen - hinunter in den Palastgarten getragen. Ich habe mich für ein schattiges Plätzchen unter einer Dattelpalme entschieden, deren lange blätterartige Wedel im ab und zu aufkommendem Wind leicht hin und her wiegen und mir ebenfalls einen perfekten Fächereffekt bieten. Dort steht auch bereits, extra für solche Fälle, ein großer, rechteckiger Stein und scheint nur darauf zu warten, von mir als Sitzgelegenheit genutzt zu werden! Ein Glück ist unser Garten so schön eingerichtet, ich liebe es, hinaus zu kommen und die Natur zu genießen. Es lässt mich auf andere Gedanken kommen. Ich klemme mir das Holzbrett, welches eine dünne, spitze Kante auf der einen und davon ausgehend immer breiter und dicker im Durchmesser wird und somit eine steile Oberfläche hat, so auf den Schoß, dass die breite Seite von mir weg zeigt und mir so einen perfekten Untergrund zum Schreiben bietet. Ganz an die Kante des Steins gerückt, stelle ich vorsichtig das Tintenfass auf die Andere. Völlig konzentriert und in meine Arbeit vertieft, verliere ich jegliches Zeitgefühl dieses Tages und kann gar nicht mehr sagen, wie lange ich schon hier draußen sitze. Die linke Hand halb vors Gesicht gehalten, da vereinzelnde Sonnenstrahlen doch den Weg durch das Blätterdach finden und mich ständig blinzeln lassen, dabei den Blick aufs Papier gerichtet, funktioniert das ganze Ablenken sehr gut. Auch einen besonders großen Schatten, unmittelbar vor mir, bemerke ich zunächst nicht, schrecke erst zusammen und ziehe dabei einen ungewollten schwarzen Tintenstrich über meine Unterlagen, als mir jemand eine saftige, relativ große Frucht vors Gesicht hält und ich wie aus Reflex die Schreibfeder fallen lasse. Ich reiße den Blick hoch und werde zunächst stark geblendet, so dass ich ins hektische Blinzeln verfalle. "Hier für dich! Iss sie doch bitte! Du brauchst Nahrung und Flüssigkeit!" Ich brauch mir gar keine weitere Mühe zu geben, meinen Blick zu klären, denn diese Stimme würde ich unter Tausenden wieder erkennen... "Nein... keinen Appetit...", gebe ich tonlos zurück, ohne ihn zu grüßen - immerhin hat er es auch nicht getan! Ich will direkt die Feder wieder von der Holzplatte aufnehmen, doch meine Finger beginnen zu zittern, lassen meine ganzen Bewegungen unkoordiniert erscheinen. Tief atme ich durch. Ruhig, Yugi! Es ist doch nur Atemu! Er bietet dir nur eine Feige oder so etwas - ich habe gar nicht mal genau hingeschaut - an! Kein Grund panisch zu werden... Sicher wird er sofort wieder gehen, wenn du nicht weiter auf ihn eingehst.. Irgendwie habe ich seit Tagen das Verlangen, ihm aus dem Weg zu gehen... ihn weder zu sehen, noch zu hören.. Da ich weiß, wann er zum Essen geht und weil er den ganzen Tag über nun im Thronsaal verbringt, fällt mir das auch nicht schwer. Nur... was macht er jetzt hier?? Er muss doch arbeiten! Doch ich glaube, tatsächlich von Ra gestraft worden zu sein... Denn mein Cousin ist schon mit einer seiner fließenden Bewegungen am Palmenstamm angelangt und setzt sich genau an diesen, lehnt den Rücken an den Stamm. Aber das ist doch sonst nicht seine Art!! Seine edle Kleidung wird vom Boden völlig schmutzig! Gut... er als Pharao darf sich viel erlauben.... er darf die Arbeit unterbrechen, wann er will... kann sich setzen, wohin er möchte, seine Sklaven waschen es direkt wieder... Bloß... nie hat er seinen Stand so ausgenutzt. Na ja, ,ausgenutzt' ist die falsche Bezeichnung... Er hat nie Gebrauch von seinem überschüssigen Luxus gemacht.. Er war selbst immer eitel und darauf bedacht, ja nichts zu verschmutzen oder nur so viel von einer Sache zu nehmen, wie es notwendig war. "Du musst aber etwas trinken... Wenn du schon seit einer Woche nicht mehr mit mir sprichst.... tu mir wenigstens den Gefallen und vergesse das Lebensnotwendige vor lauter Arbeit nicht... Außerdem kannst du das oberste Stück der Rolle sowieso abschneiden und neu schreiben, mit dem Strich darauf kann ich es nicht weiter bearbeiten lassen..." Er beißt nun selbst in seine Feige, die er zweifellos aus dem Palast mitgebracht hat, denn die Früchte hier im Garten hängen viel zu hoch für uns alle und werden nur an speziellen Tagen von Sklaven mit passender Ausrüstung dafür gepflückt. Ehe ich etwas erwidern kann, winkt er schon einen Bediensteten heran und bestellt einen Krug Wasser und zwei Kelche für uns. "Atemu! Bitte, ich möchte das nicht! Ich bin auch nicht durstig! Mir geht es bestens! Und jetzt lass mich bitte arbeiten!" Ich halte seine Anwesenheit nicht länger aus! Seine geschmeidige, dunkle Stimme, seine lässige, aber trotzdem für einen Pharao anmutige Sitzhaltung im Schatten der Palme, die es mir möglich macht, ihn endlich vollständig und ohne Probleme zu sehen. Seine wachen und klaren, violetten Augen mustern mich sanft, aber dennoch kritisch und ich fühle mich so verdammt unwohl in meiner Haut! Kann mich auf nichts mehr konzentrieren... weder auf meine Schrift, noch auf meine Worte - und schon gar nicht auf meine Arbeit! Ich kann überhaupt nicht mehr klar denken! Ich fühle mich... korrekterweise... so beobachtet! Ich hasse es, wenn man mir so auf die Finger starrt! Und erst recht, wenn er es ist! Er ruft gemischte Gefühle in mir wach.. Hinter all meiner anfänglichen Verwirrung... erkenne ich sofort die Anziehung. Ja, er wirkt so schrecklich anziehend auf mich! Sein schöner Körper, seine Pose - das rechte Bein angewinkelt und seine Arme darum gelegt, während sein linkes Bein ebenfalls angewinkelt und seitlich auf dem Boden liegt, den Unterschenkel mit dem Fuß unter dem rechten Bein hindurchführend - und mich mit einem auffordernden Blick betrachtend. Alleine, dass er hergekommen ist, obwohl er sicherlich genug zu tun hat, lässt mein Herz bereits in Freudensprünge ausarten! Irgendetwas in mir möchte ihn unbedingt weiterhin hier sitzen haben! Wünscht sich eine angenehme, unbeschwerte Unterhaltung... Wie gerne würde ich mich jetzt zu ihm setzen... anlehnen... kuscheln... Aber ich kann nicht! Irgendwas in mir blockiert sich vollkommen... kann das Ereignis von neulich nicht vergessen, nicht ignorieren... Ich möchte nicht nur ein Zeitvertreib für ihn sein... Ob er nur gerade hier ist, weil er nichts zu tun hat..? Dies ist die Seite, die mich vor einer Naivität, gar einer Dummheit warnt.. Nur allein durch einen Kuss zu glauben, Atemu wolle mehr von mir... Er hat schon viele geküsst... Der Sklave mit dem Wasser kommt, reicht zuerst wie es sich gehört Atemu einen Kelch mit Wasser, dann füllt er den Zweiten und drückt es mir regelrecht in die Hand. Das große Tongefäß lässt er uns außerdem hier, damit wir uns jederzeit nachnehmen können. Kopfschüttelnd stelle ich den Kelch von mir weg, platziere ihn neben meinem Tintenfass um diesem so Gesellschaft zu bieten... Wobei es mir doch ziemlich schwer fällt, ihn aus der Hand zu geben... wenn ich es mir selbst eingestehe, dann habe ich schon Durst... Aber Atemu hat ihn ohne meine Zustimmung bestellt! Ich werde ihm sicher nicht so in die Arme spielen... Auch ich kann stur sein! Mein Cousin dagegen leert sein Trinkgefäß mit einem Zug, streicht sich danach mit den Fingerspitzen über die Lippen. Auch wenn ich auf das Papyrus vor mir starre, ich weiß, dass er mich beobachtet.. Eine Weile bleiben wir so sitzen, keiner von uns bewegt sich oder sagt etwas. Ich möchte hier weg... einfach hier weg... "Yugi...", beginnt er schließlich seufzend und erhebt sich schließlich elegant. Kurz und beiläufig wischt er sich sein Hinterteil sauber, ich starre währenddessen auf den Wasserkelch. So verlockend... Umso länger er hier steht, umso größer wird mein Durst.. Du musst durchhalten, Yugi! Wenn du jetzt nachgibst und trinkst, wirst du ihn nie los! Sicher hat er nun das Interesse verloren und will in den Palast hinein verschwinden... Also kurz vorm Ziel! Ich schließe meine Augen und stütze den Kopf auf meine beiden Handflächen, die jeweils auf meiner Wange liegen und habe ebenfalls die Ellenbogen auf die Schreibunterlage gestemmt. Will das frische, kühle Wasser, nach welchem es mich immer mehr verlangt, bloß nicht ansehen müssen! Und Atemu will ich am besten auch nicht sehen! Also zwei Fliegen mit einer Klappe.. ,Verschwinde.... verschwinde, verschwinde...', wiederhole ich in Gedanken, will nichts mehr von ihm mitbekommen! Etwas Kühles und Weiches an meinem Nacken. Augenblicklich stellen sich dort meine Härchen auf, ich bekomme eine Gänsehaut. Dort bin ich doch so empfindlich! Langsam, als wäre die Zeit stehen geblieben, lasse ich meine Hände von den Wangen sinken und wende im Zeitlupentempo den Kopf. Durch meine Bewegung lässt auch das Gefühl im Nacken nach und ich sehe gerade noch, wie Atemu seinen Kopf wieder nach oben zieht. Augenblicklich zucke ich intuitiv zusammen, als wäre ein Blitzschlag durch meinen Körper gehuscht! Scheu, aber doch mit weit aufgerissenen Augen sehe ich ihn an. Der Tintenkrug wackelt, ich muss ihn wohl unwillkürlich angestoßen haben - und kippt auch schon in der nächsten Sekunde von der Kante, zerschellt mit einem Klirren auf einem kleineren Stein. Er dagegen lächelt mich einfach nur sanft an, seine strahlenden, stolzen Augen fixieren die Meinigen und ich fühle mich regelrecht verschlungen und nichtig unter seinem Blick... Niemand interessiert sich für die auslaufende Tinte - ich realisiere sie nicht einmal! "Es ist schade, dass du nicht mit mir sprichst... Ich höre dir wirklich zu... bei allem, was auch immer dir auf dem Herzen liegen mag... Du kannst jederzeit zu mir kommen..." Dann dreht er sich um, sein dunkelroter Umhang flattert dabei im seichten Wind auf und er geht tatsächlich Richtung Palast davon. Ich fasse mir automatisch an den Nacken... an die Stelle, auf die er auch seine Lippen gelegt hatte. Bereits der zweite Kuss in kurzer Zeit... Mein Herz hüpft heftig, ohne es steuern zu können, laufe ich ein wenig rot um die Nase an. "Atemu..", hauche ich, weiß bereits, dass er außer Hörweite für diese Lautstärke ist und füge in Gedanken noch hinzu: ich würde doch gerne mit dir reden.... Aber so einfach ist das nicht.. Ich kann dir doch nicht so einfach sagen... dir offenbaren...! Ich trau' mich einfach nicht!! Will unsere jahrelange, enge Freundschaft nicht verderben... Obwohl... wo die Liebe einmal landet... ist da die Freundschaft sowieso nicht mehr das, was sie einmal war? Am nächsten Tag bemühe ich mich noch mehr, meinem Cousin sechzehnten Grades aus dem Weg zu gehen. Ich nehme extra einen Auftrag außerhalb der Palastmauer von Seto an, den eigentlich ein anderer, niedriger gestellte Beamte hätte übernehmen sollen, um so fast den ganzen Tag in Theben unterwegs sein zu können. Man schickt mich ins Tal der Könige, um die Bauarbeiten an der Grabkammer des Pharaos zu kontrollieren und den Fortschritt zu überprüfen. Keine Aufgabe für den persönlichen Schreiber, Berater und Vertrauten des Pharaos... Aber egal. Ich kehre erst sehr spät mit Ikarus an den Hof zurück, die heilige Sonne ist bereits untergegangen, ich wasche mich kurz von dem Staub und Dreck der Baustelle und verbringe den Rest des Abends in meinem Gemach. Ich werde Seto erst morgen Bericht erstatten, dass alles bestens verläuft und dass der Pharao zufrieden sein kann. Um diesem nicht beim Frühstück begegnen zu müssen, habe ich mir angewöhnt, immer erst später essen zu gehen, kurz bevor der Tisch abgeräumt wird. Atemu sitzt immerhin im Thronsaal und beratschlagt mit seinen Priestern... er wird zwar hoffen, mich zu treffen und wieder versuchen, etwas aus mir hinaus zu bekommen, aber da muss ich ihn wohl enttäuschen. Ich fühle mich langsam bereits bedrängt und unter Druck gesetzt! Ständig sieht er mich so komisch an! Er sucht Kontakt... am Morgen, nach dem Kuss, hat er sogar an meinem Gemach geklopft. Völlig überrumpelt habe ich ihm mehr oder weniger die Tür wieder vor der Nase zugeschlagen.. Tief seufze ich. Ich laufe vor ihm weg wie eine Maus vor einer Katze! Natürlich ist das falsch... ich will mich aber nicht ihm stellen... Habe Angst vor ihm! Und dem Gespräch, das uns unmittelbar bevorsteht! In dem er mir erklären wird, dass der Kuss nichts zu bedeuten hatte und es nur so über ihn gekommen war... Verdammt!! Mit jeder Erinnerung an diesen Abend zieht sich mein Herz nur noch schmerzhafter zusammen.. Ich will es einfach nicht hören!! Zögere die Wahrheit noch so lange wie möglich hinaus.. Gerade beiße ich in mein Brot mit Feigenmarmelade, da werden auch bereits beide riesigen Flügeltüren des Speisesaals geöffnet... und herein kommt.. Ich lasse vor Schreck das Brot fallen. Bei Ra! Was macht er denn hier?! Die Dienerschaft verneigt sich, ich grüße nur mit einem kurzen, mechanischem Kopfnicken. Er ist allein, nur in Begleitung von zwei Wachen.. Wie gewohnt setzt er sich auf seinen Stammplatz am Kopf der Tafel, ich nehme noch einen letzten Bissen meines Brotes, werfe es dann ein zweites Mal auf meinen Teller, springe ruckartig vom Stuhl auf und renne aus dem Saal hinaus. "YUGI!", höre ich ihn aufgebracht rufen, dann höre ich auch bereits die Tür ein weiteres Mal klappern und meine schnellen, an den Steinmauern widerhallenden Schritte sind nicht mehr die Einzigen. Ich brauche mich gar nicht umzudrehen, denn ich weiß, er folgt mir! Hastig lehne ich meinen Oberkörper nach vorne, versuche zu beschleunigen - gleich kommt die Treppe! Ich schlittere um die Ecke und flitze die Stufen hoch. "Atemu, lass mich!", keuche ich eher verzweifelt. Alle Wachen und Bediensteten bleiben auf ihrem Weg stehen, so weit ich das aus den Augenwinkeln ausmachen kann und starren uns entgeistert an. Nun ja, eine Verfolgungsjagd durch das königliche Haus kommt nicht gerade oft vor.. "Dieses Mal bestimmt nicht!", höre ich die klare Antwort beinahe unmittelbar hinter mir und eine kalte Gänsehaut fährt mir die Wirbelsäule hinab. Ich will nicht!! Und dass der Pharao selbst wie ein Kind an diesem Fangspiel beteiligt ist, irritiert sie sicher ungemein. Die Treppe macht einen Knick nach rechts, ich befinde mich gerade an den untersten Stufen der neuen Treppe, da packt er mich hart am rechten Arm. Mein Herz setzt eine Sekunde aus, ich beiße mir hart auf die Lippen: Verdammt!! "Schluss jetzt, Yugi!", zischt er scharf und zieht mich zu sich. "W-was willst du...", meine Stimme ist zittrig, heller als sonst und droht in den aufkommenden Tränen unter zu gehen. "Endlich ein offenes Gespräch mit dir! Dauernd meidest du mich, läufst weg! Irgendetwas stimmt doch nicht zwischen uns! Sag... ist es noch wegen - " "Pharao!" , Karimu steht weiter unten an der Treppe, blickt empört zu uns auf. "Entschuldigt, Euch stören zu müssen... Aber die Sitzung hat bereits begonnen! Man wartet voller Ungeduld auf Euch..." Scharf spüre ich ihn direkt neben mir die Luft einziehen. Sein Griff wird lockerer.. bis er mich loslässt. Ich traue mich jedoch nicht, mich auch nur zu bewegen. Bin total eingeschüchtert und blicke ängstlich zu ihm auf. Sein Blick durchbohrt mich und selten war ich mir so deutlich wie jetzt über seine mächtige Position in unserem Lande klar.. Es ist mir, als befehle er mir stumm: Rühr' dich, bis ich wieder komme, nicht vom Fleck! Dann eilt er die Treppen hinunter. Es dauert sicher fast fünf Minuten, ehe ich aus meiner Starre aufwache und in mein Zimmer schleichen kann. Hier habe ich auch vor, bis heute Abend zu bleiben! Ich habe schließlich noch genug Arbeit hier... und Nahrung kann ich mir zur Not von meinen Sklaven hier heraufbringen lassen.. Bloß nicht durch den Palast laufen! Noch einmal kann ich Atemu nicht entkommen.. Er ist schon vor seiner Zeit als Pharao sehr... herrisch gewesen. Schon immer stur und wenn er etwas wollte... gab er nie eher Ruhe, bis er es erreicht hatte. Ehrgeiz und Ehre trieben seinen Charakter schon immer voran.. Oft habe ich mir gewünscht, eine Großteil seiner Stärke würde auf mich abfärben.. Ich greife nach Papyrus, Feder und Tintenglas und beginne mit einem Brief an einen der Generäle bei den weiter entfernt deponierten Truppen - er muss über die momentane Kriegssituation unterrichtet werden und ich habe die Aufgabe bekommen, ihm zu befehlen, dort wo er ist zu bleiben und auf die nächsten Informationen zu warten. Gerade mal zwei Zeilen bekomme ich zu Papier... Mein Kopf rauscht und ist voll gestopft von Atemu und meinen Ängsten... Ich kann mich einfach nicht konzentrieren! Unruhe beschleicht mich weiter, Nervosität nagt an mir! Ich stehe auf, laufe durch mein Gemach - die Bewegung tut mir gut. Sie befreit und die Unruhe in meinem Bauch lässt sich besser ertragen. Kurzum: Ich muss hier raus! Ein Glück wird mein Cousin noch in dieser Besprechung stecken, sie hat ja eben erst begonnen! Tatsächlich meint es Horus gut mit mir und lässt seinen Schützling außer meiner Reichweite. Aufgewühlt stolpere ich in die Stallungen, sattele und zäume mein Pferd und reite schnellstmöglich aus der Stadt! Mein Ausritt dauert lange, ich zögere ihn extra so weit wie möglich hinaus. Erst am Nachmittag kehre ich nach Theben zurück - doch statt mich den Palastmauern zu zuwenden bleibe ich zunächst noch auf unserem Marktplatz, führe Ikarus als Handpferd durch die breiten Straßen. Letztendlich kaufe ich mir noch ein Paar neue Schuhe und esse eine Kleinigkeit, um wenigstens das gute Gefühl zu bekommen, zwei Händler erfreut zu haben und bringe Ikarus am frühen Abend zurück in seinen Stall. Ich benutze möglichst abgelegene und schmale Gänge, um in mein Gemach zu gelangen und schlage schließlich erleichtert die Tür hinter mir zu. Oh bei Ra! Ich fühle mich schon wie ein Spion oder Verbrecher, der sich heimlich in den Palast schleichen muss! Habe schon richtige Angst davor, erwischt und angehalten zu werden.. Ich versinke nur für kurze Zeit in meinen Brief von heute morgen, als es plötzlich an der Tür klopft. Mein Herz bleibt stehen. Verdammt! Das wird er sein! Er will reden! Nein, nein, nein! Darauf bin ich doch jetzt gar nicht vorbereitet! Mein Herz flattert, mein Atem geht stoßweise... er würde es mir nie verzeihen, wenn ich ihn draußen stehen lassen würde.. Ein erneutes Klopfen. Er wird auch nicht eher gehen, bis ich nachgebe... ihn hineinlasse... und dann stehe ich von Angesicht zu Angesicht mit der Wahrheit.. Obwohl.. möchte ich denn nicht endlich mit ihm reden? Dieses Versteckspiel beenden? Sämtliche Lügen und Ängste von mir werfen... und ihm einfach vertrauen können? Was wäre das wohl für ein Gefühl, wenn er von meiner.... Liebe... zu ihm wüsste..? Wenn ich mich nicht länger verstellen bräuchte? Wie einfach könnte alles sein... Zwar nie wieder so wie früher... aber er würde es sicher akzeptieren... oder? Wir sind schließlich langjährige, sehr enge Freunde! Atemu würde mich nicht aus dem Palast werfen... er würde mich nicht einkerkern.. Ein gezwungenes Lächeln erscheint auf meinen Lippen. Er ist doch kein Unmensch... Also los, Yugi! Rein in die Höhle des Löwen... Ein erneutes, ungeduldiges Klopfen. Ich atme noch mal tief durch, lege meine Hand aufs Herz und setze dann ein weiteres Lächeln auf, greife zur Klinke und öffne die Tür. Kapitel 25: Klärendes Gespräch ------------------------------ ~~~~~~*Yugi*~~~~~~ "Guten Abend... AtemRa" Zwei große, blaue Augen lächeln mich an, umgeben von langen, schwarzen Haaren und einem weiblichen Körper. "S-seid gegrüßt, Priesterin Isis..", stammele ich voller Überraschung und teilweise auch Schreck, so daneben gelegen zu haben. Sie ist gut zwei Köpfe größer als ich und ich muss wahrlich hoch zu ihr aufsehen. Ihre Millenniumskette strahlt ein sanftes, goldenes Licht im Schein der Fackeln an der Mauer aus und hebt sich damit deutlich von den schwarzen Haaren und der langen, weißen Robe ab. "Ich habe ein gewisses Anliegen.. Dürfte ich eintreten..?", fragt sie mit ihrer leisen, ruhigen und geschmeidigen Stimme. Ich nicke nur, stehe völlig neben mir und muss meine Gedanken völlig umstellen! Ich hatte doch mit Atemu gerechnet! Mit fließenden Bewegungen scheint sie über meine Teppiche zu schweben und ich biete ihr einen Sessel in der Nähe des Fensters an, dessen Gardinen ich aber bereits auf Grund des kalten Windes geschlossen habe. Irgendwie erinnert mich ihr Auftreten an eine Katze. Sie ist die einzige Frau unter den Priestern, steht als diese aber keinesfalls im Schatten der Anderen und vertritt ihre eigene Meinung. Jedoch hatte ich nie wirklich viel mit ihr zu tun... Ich verstehe mich zwar gut mit ihr, aber wir haben völlig verschiedene Arbeitsbereiche und laufen uns so selten über den Weg.. "Worum geht es..?", spreche ich nun endlich völlig irritiert aus. "Nun jaa... Vielleicht sollte ich zunächst erklären, warum ich ausgerechnet Euch mit meinem Anliegen behellige.. und ich mir von euch einen Rat erhoffe.." Sie streicht sich beim Sprechen ihre Haare hinters rechte Ohr, lächelt mich mittlerweile ein wenig verloren an. "Ihr braucht einen Rat von mir, Priesterin? Ich glaube wirklich, da solltet Ihr lieber Seto aufsuchen... Ich kenne mich mit dem Leben der Priester so ziemlich gar nicht aus...", gebe ich müde und erdrückend zurück. Aus irgend einem Grund schlägt gerade eine Welle der Enttäuschung über mir zusammen.. Kein Atemu, kein Gespräch.. keine Erleichterung.. Nur eine dumme Bitte um Rat, die ich sowieso nicht erfüllen kann.. Ich laufe voller Unruhe durch meinen Raum... vom Bett, zum Schreibtisch, zu einer Skulptur.. "Es geht auch nicht um mich", ihre klaren blauen Augen haften auf mir, scheinen mich auf der Stelle festhalten zu wollen. "Ich komme, weil ich mir Sorgen um den Pharao mache..." "Um den Pharao??", wiederhole ich aufgeschreckt. "Ja, ganz genau. Und ich komme zu Euch, Atem Ra, da ihr ihm meiner Meinung nach am Nächsten steht. Ihr kennt ihn seit Kindertagen an und umgekehrt. Und jeder im Palast weiß, dass Pharao Atemu Euch sehr mag und schätzt, AtemRa. Ich kenne viele hier aus dem Palast, die Euch für die Position als Gehhilfe des hilflosen Atemus verwunschen haben und um nichts lieber den Platz mit Euch getauscht hätten.." Ich schlucke, irgendwie wird mir gerade verdammt schwindelig. Ziellos setze ich mich schließlich auf mein Bett. Mein Hals wird trocken. Ich, derjenige, dem der Pharao am meisten vertraut? Ja, so was hat er selbst auch mal angedeutet.. Aber das ist doch lange her... Das war vor... vor diesem Vorfall! Der irgendwie zu einen Bruch zwischen uns führte.. Atemu erzählt mir nichts mehr - oder besser, ich lasse ihn nicht mit mir reden.. Isis ist überhaupt nicht mehr auf dem neusten Stand.. "Also... uhm.. Isis... Ich glaube, ich muss Euch da enttäuschen.. Was auch immer ihr über Atemu wissen wollt... Ich habe schon seit Tagen nicht mehr mit ihm gesprochen..." "Hm...", kommt es von ihr. "Ich mache mir Sorgen um unseren Herrscher... Er gefällt uns Priestern überhaupt nicht mehr.. In letzter Zeit wirkt er so... ruhig.. und in sich gekehrt. Überhaupt, manchmal völlig abwesend! Gerade heute wieder.. Der Pharao war auf der heutigen Konferenz völlig unkonzentriert! So, als bedrücke ihn irgendetwas! Ihr kennt den Pharao ja selbst, es war nie seine Art, sich so zu geben! ...Und da niemand von uns Priestern sich zu helfen weiß... So kam die Idee von mir, sich an Euch zu wenden, AtemRa." Unwillkürlich wird mir schlecht und ich muss mich in meiner Decke festkrallen, um überhaupt noch ihren Worten zuhören zu können. An mich..? Hat sie, wie auch die anderen Priester, nicht gemerkt, wie sehr ich versuche Atemu aus dem Weg zu gehen?? Krampfhaft schüttle ich den Kopf, mir wird schwindlig und schlecht zugleich. "Tut.. Tut mir leid, Priesterin Isis, ich kann Euch da nicht helfen..", gebe ich tonlos zurück und höre sie daraufhin ergeben seufzen. Ich komme doch mit meinen eigenen Problemen kaum zurecht.. Hatte eher gehofft, sie würden sich jetzt, endlich nach der langen Zeit, in Luft auflösen und mir nur noch Freiheit beschaffen.. Von dieser erdrückenden Panik!! "Und warum, wenn ich denn fragen darf, soll dies für Euch ein Problem sein? Ich dachte, vielleicht könntet Ihr mit ihm reden.. Ihn beruhigen, was auch immer er zu haben scheint! Ihr wart doch auch sonst immer für ihn da - habt ihm bei persönlichen, sowie staatlichen Problemen und Angelegenheiten geholfen!!" Ihre schönen, blauen Augen sehen mich klar und ehrlich an, ich merke schon, wie sehr sie sich um eine positive Antwort bemüht. Doch.. von alleine auf ihn zuzukommen und mit ihm zu.. reden... Vor allem, nachdem, was in der letzten Zeit vorgefallen ist! Er wird mir nichts mehr erzählen!! Sie hat ein völlig falsches Bild im Kopf!! Vor allem, was sollte Atemu auch quälen..? Er hat doch gar keine Probleme! Um was sollte er sich sorgen, außer die normalen, staatlichen Angelegenheiten, die es immer wieder gibt?? So wie er auf mich wirkte, scheint er gerade jetzt besonders viel Zeit zu haben.. viel Zeit, um mich zu bedrängen.. ja, mir sogar durch den Palast zu jagen!! Sie macht sich bestimmt umsonst Sorgen! Ihr kommt doch sicher nur das Verhalten von Atemu komisch vor.. Er hat nichts.. bestimmt... Ungewollt keimen Angst und Schuldgefühle in mir hoch. Und wenn doch? Wenn ich es bloß die ganze Zeit über nicht bemerkt habe..? Ich bin dauernd vor ihm davongelaufen!! Habe ihn nicht mal an mich herangelassen! Nicht körperlich und auch nicht emotional.. Auf keiner Ebene! Warum sollte ich also an ihren Worten zweifeln? Vielleicht hat er doch ein schwerwiegendes, bedrückendes Problem?? Und kommt die ganze Zeit zu mir, um mit mir zu reden! Um mich um Hilfe zu bitten.. Ich habe ihn ja immer verstanden.. früher.. Ich erhebe mich, inzwischen leicht zitternd, und streiche mir abwesend immer wieder den Umhang glatt. Erschrecke mich jedoch sofort, als sie auf mich zukommt und eine Hand auf meine Schulter legt. Ich seufze schwer und schließe die Augen demonstrativ, will ihr damit klar machen, dass meine Antwort sich trotzdem nicht ändern wird. Doch sie schweigt bloß, wartet stattdessen geduldig hinter mir, wodurch mir ein Schauer über den Rücken läuft. Selten begegne ich so einer ruhigen Person! Meistens bin ich derjenige, der so ruhig und geduldig bleibt - vor allem bei Atemu! "Priesterin Isis... Ich glaube nicht, dass Atemu noch in irgend einer Weise mit mir reden möchte.. Wenn er sich eine Seelsorge sucht, dann sollte er sich womöglich doch Euch zum Vorlieb nehmen? Ihr seid eine Frau, Ihr habt Gespür und Tiefsinn für solche Angelegenheiten.. Atemu und ich dagegen haben uns doch bereits ein großes Stück voneinander entfernt.. Darum solltet Ihr wohl besser Euer Glück versuchen." Ihre Hand gleitet nicht von meiner Schulter, stattdessen klopft sie ein paar Mal auf diese. Ich bin noch nie aus Frauen schlau geworden!! Bereits mit einem verzweifelten Gesichtsausdruck, drehe ich mich zu ihr um, sehe sie aber nur mich freundlich und geduldig ansehen - sie scheint gar nicht daran zu denken, sich mit meinen Worten zufrieden zu geben! "Wollen wir uns nicht setzen, AtemRa? Eure Worte klingen nicht nach Euch, wenn Ihr mich fragt. Vielleicht tut Euch ein wenig reden selbst mal gut? Ich kann mir vorstellen, dass es nicht leicht ist der Vertraute des Pharaos zu sein... So vieles, was nicht in falsche Hände geraten darf.. Eine große Verantwortung.. Und Ihr scheint ja selbst viele Probleme zu haben. Manchmal ist es sehr erleichternd, wenn man sich seine Sorgen von der Seele redet! Das solltet Ihr doch wissen, AtemRa..", erwidert sie weiterhin lächelnd und mit einer gewissen Sanftheit in der Stimme. Ich lasse mich von ihr zum Bett führen, wo wir uns erstmal hinsetzen - ich bin also wieder ganz am Anfang. Ihr meine Probleme erzählen? Ob sie mich denn verstehen würde..? Ich habe noch nie mit jemandem über meine Liebe zu Atemu gesprochen.. Nie geglaubt, dass es überhaupt jemanden interessieren würde! Dachte und denke eigentlich auch, dass es für andere wohl eher lächerlich klingt.. Verliebt in den Pharao! Der mächtigste Mann in Ägypten!! Jaa.. Wer würde nicht alles dafür geben solch eine Aufmerksamkeit von ihm zu bekommen? Ich erwidere ihren Blick mit einem gewissen Hauch von Verzweiflung und Trauer, bevor ich mich seufzend von ihr abwende. Nein.. Nein, sie würde nur lachen!! Sie ist eine Priesterin.. Wer weiß, was sie dazu sagen wird! Wir kennen uns nicht.. begegnen uns bloß ab und zu mal im Gang.. oder im Thronsaal.. Warum sollte ich mich ihr gegenüber öffnen..? "AtemRa? Alles in Ordnung? Ihr seht so bleich aus.. Soll ich Euch ein Glas Wasser bestellen??", fragt sie plötzlich besorgt und ich schüttle bloß mit dem Kopf, kann ihre wirklich aufrichtige Sorge aber einfach nicht ignorieren! "Es.. Es geht schon, aber.. wisst Ihr, Priesterin Isis, ich glaube nicht, dass Ihr mich verstehen könnt.. Ihr seid zwar eine Frau, aber.. in gewissen Punkten würdet Ihr vielleicht bloß lachen..", scheu sehe ich auf den Boden und kann es nicht verhindern dabei leicht rot anzulaufen. Sie streicht mir, anscheinend betroffen über meine Reaktion, immer wieder über den Rücken, bis sie ihre Hand schließlich zurückzieht und sie, zusammen mit ihrer Anderen, auf ihrem Schoß ablegt. "Wisst Ihr, AtemRa.. Ihr müsst auch bedenken, dass ich Euch nicht besonders gut kenne.. Was natürlich ein wichtiger Punkt ist, weshalb Ihr mir private Angelegenheiten nicht erzählen wollt! Aber ich möchte Euch trotzdem sagen, dass ich gerne für euch da bin, und auch es begrüßen würde, wenn ihr mir eure Sorgen erzählt. Ich bin zwar vielleicht eine Fremde für Euch, aber schließlich fangen doch alle Freundschaften irgendwo an, nicht?" Der warme Ausdruck in ihren Augen bringt das Eis um mein Herz langsam zum Schmelzen - ihre Worte scheinen so ehrlich gemeint! Und das sind sie auch.. Ich weiß es einfach! Und.. sie hat Recht.. Ich weiß, dass man nie einem Menschen vertrauen kann, wenn man es denn nicht wenigstens versucht und dem Anderen eine Chance gibt! "Ihr könnt mir vertrauen.. Ich werde bestimmt nicht darüber lachen", kommt es nochmal leise und darauf muss ich ihr Lächeln schließlich erwidern. Erleichterung macht sich in meinem Herzen breit und langsam beginne auch ich aufzutauen.. Wenn ich es schon nicht Atemu erzählen kann.. wenn ich es auch nur einem Menschen erzählen kann, der mich kaum kennt.. Es tut jetzt schon gut zu hören, wie sie sich um mich sorgt.. Das Gefühl ist angenehm warm und beruhigend - lässt mein Herz aufhören zu flattern und die Panik ein wenig weichen. Tief hole ich Luft, sehe sie noch einmal unsicher an. "Ihr.. Ihr werdet mich wirklich nicht auslachen? Ich.. Vielleicht könnt Ihr mich dann.. ja etwas besser verstehen..", ich lache scheu auf und verbuddle meine Arme in meiner Schoß, was ich nur allzu gern tue, wenn ich außergewöhnlich nervös bin. Sie nickt noch einmal aufmunternd und schließlich lasse ich meinen Kopf in den Nacken fallen und schließe die Augen. "Ich.. Ich bin.. also.. schon seit längerem.. Ich bin verliebt in Atemu..", rutscht es mir von der Seele und ich spüre, wie die Hitze in meinen Kopf schießt, meine Wangen zu glühen beginnen. Eine Zeit lang bleibt es kurz still - sie scheint nicht zu lachen..? Ich drehe mich scheu zu ihr, sehe sie aber nur mich weiterhin anlächeln und geduldig warten. Total nervös und aufgewühlt streiche ich mir durchs Haar und fahre fort: "Er.. ist.. unerreichbar fern, das wisst Ihr ja.. Und.. vor kurzem.. Ach, lassen wir das - ich sollte ihn sowieso aus meinem Herzen streichen!! Isis, dass ist einfach.." In dem Moment bemerke ich, wie ich bereits anfange sie zu duzen und werfe hektisch einen entschuldigenden Blick zu ihr. Was.. Was muss sie sich jetzt von mir denken? "Sagt doch was..", flüstere ich enttäuscht, als sie ein weiteres Mal nur mir lauscht - es verunsichert mich mit einem Mal so!! Ich habe doch noch nie mit jemandem darüber geredet.. "Ihr seid also verliebt..", sie steht auf und verschränkt die Arme unter der Brust, bevor sie sie mit einem Mal zusammenschlägt und ich aufzucke. "Das ist doch wunderbar! Liebe ist etwas schönes, Yugi! Was habt Ihr bloß gegen Eure Gefühle? So wie es sich anhört, scheint Ihr ziemlich daran interessiert, sie loszuwerden!", schmunzelt sie und lässt sich wieder aufs Bett fallen, diesmal jedoch mit weniger Anmut. Verwirrt blicke ich auf, kann ihrem Gedankengang überhaupt nicht folgen! "W-Was? Das.. Ihr versteht das wohl nicht! Er.. er ist der Pharao!!" Sie nickt daraufhin verständnisvoll. "Ich habe auch nicht gesagt, dass es dementsprechend gut ist, dass Ihr Euch ausgerechnet in den mächtigsten Mann Ägyptens verliebt habt. Aber.. Man kann es sich doch auch nicht aussuchen, oder?" Ihre Worte sind so ehrlich.. so gut gemeint.. Doch soll ich.. wirklich? Meine Zweifel gegenüber ihr, als fremde Person, nehmen noch ein Mal Überhand und ich muss tief durchatmen, damit ich einen klaren Kopf bewahre. Meine Lippen zittern leicht und ich bin total aufgeregt, kann gar nicht fassen, dass ich ihr wirklich schon mein größtes Geheimnis anvertraut habe!! Sie kann mit diesem Wissen sehr viel machen.. mich erpressen.. ja sogar es dem Pharao persönlich erzählen! Aber gut, das wäre wohl nicht das größte Problem.. Ich fürchte mich eher vor Atemus Reaktion.. Wie er wohl reagieren würde? Aber.. ich denke auch, dass mein Geheimnis bei Isis in guten Händen ist. Sie würde wohl nicht zum Spaß einfach so nach meinem Wohlergehen fragen..? Ich will ihr vertrauen, so schwer es mir gerade auch fällt.. Denn ich habe noch nie jemandem darüber etwas erzählt, gar irgendwie versucht, es jemandem bei zu bringen! Ich stand immer damit alleine da.. Und jetzt - jemand interessiert sich dafür!! Mein Zögern ist doch wohl unnötig, oder..? Erneut beginnt sie mir tröstend über den Rücken zu streicheln und ich werde wieder lockerer.. entkrampfe mich.. "Es.. Es ist ziemlich irritierend. Ich.. bin schon so lange in den Pharao verliebt.. Und vor kurzem..", meine Stimme wird automatisch leiser, "..hat er mich.. geküsst." Ihre Augen blitzen auf und sofort erinnert sie mich wieder an eine Katze, die ihr Ziel, in dem Fall wohl mich, die Maus, entdeckt hat. "Ich kann ihn einfach nicht verstehen! Warum hat er das gemacht..? Er kann doch sooo viele Frauen und Männer haben.. Hat einen ganzen Harem voll davon! Die schönsten und begehrtesten Frauen aus ganz Ägypten!! Ich.. ich will nicht nur für eine Nacht für ihn da sein.. Darum lasse ich mich auch gar nicht erst von diesem einen Kuss irritieren! Ich will ihn auch gar nicht wahrhaben! Wisst Ihr.. irgendwie.. ist er nicht passiert. Auch wenn es ein Wunschtraum von mir war.. Habe es mir schon sehr oft gewünscht! Aber aus Liebe.. Es ist sehr enttäuschend, dass Atemu wohl nicht der gleichen Ansichten ist, wie ich.. Er war schließlich auch noch nie an einer richtig, festen Beziehung interessiert!! Er springt von Einem zum Anderen...", seufze ich schließlich und kann gar nicht widerspiegeln, wie ich das Alles plötzlich so einfach über die Lippen bekommen habe.. Es ist zwar, bei Ra, nur grob gesagt - denn meine Gedanken und Gefühle sind umso verwirrender! - aber ich denke, sie kann sich ein Bild machen. Sie nickt ein weiteres Mal verständnisvoll und schließt schlussendlich ihre Augen. "Eine verzwickte Sache..", entkommt es ihr leise und ich kann bloß stumm auf den Boden sehen. "Aber.. AtemRa, so sehr ich Euch auch verstehen kann.. Wäre es nicht fair, dem Pharao wenigstens die Chance zu geben ein Mal mit Euch zu reden?" Schnell schießt mein Kopf hoch und ich winke sofort ab, sie verwechselt da etwas! "Ich.. Er hat schon versucht mit mir zu reden.. Bloß.. ich habe ihn nicht an mich heranlassen.. Ich wollte mir seine verletzenden Worte ersparen und auch seine eigene Seite der Geschichte nicht wissen. Ich dachte.. vielleicht ist es besser, wenn es einfach nicht zur Sprache kommt! So tut er mir nicht unnötig weh..", seufze ich leise. Isis räuspert sich kurz und sieht mich durchdringlich an: "Und .. wenn Ihr mit ihm redet? Er kann schließlich nicht Gedanken lesen, auch wenn wir das alle bedauern", sie lacht kurz auf und auch ich muss leicht schmunzeln, "aber immerhin wird er sich Euch anhören und bestimmt Eure Seite versuchen zu verstehen. Atemu ist kein Monster.. Im Übrigen kennt Ihr seine Meinung dazu überhaupt nicht! Also urteilt bitte nicht zu schnell und vor allem voreilig! Und die Tatsache, dass er Euch durch den Palast gefolgt ist - man bedenke bei einem Fangspiel - sagt doch schon so einiges, oder?", zwinkert sie mir zu und ich muss unwillkürlich wieder rot anlaufen. "Er scheint sich sehr um Euch zu sorgen.. Oder zumindest lässt es ihn nicht kalt, das kann ich Euch versichern!!" Ich sehe sie ungläubig an und mein Herz schlägt erneut so schnell, als hätte ich gerade die ganze Strecke von Theben nach Luxor durch die Wüste hinter mir. Er.. Sie meint wirklich.. Er sorgt sich um mich? Gut, seine Geste in den Gärten war ziemlich eindeutig.. Aber ich kann einfach nicht glauben, dass er mir deswegen die ganze Zeit nachgelaufen sein soll! Doch wohl eher, weil er endlich alles aufklären will..? Aber vielleicht hat Isis ja auch Recht und ich sollte wirklich mal mit ihm reden.. Ihm die Chance geben, dass er es versteht. Meine Reaktionen, die er wohl nur noch als Laune abtut. "Ich werde darüber nachdenken..", gebe ich leise zurück und sie nickt erfreut. "Ich kann aber nicht versprechen, dass ich sofort mit ihm reden werde.. Oder das sogar in nächster Zeit möchte.. Wisst Ihr, ihm das zu sagen, wird schwieriger, als Euch gerade.. Er will mehr wissen! Fragt nach!! Und ist vielleicht ungeduldig! Ich.. Ich kann unter solchen Umständen immer schlecht mit ihm reden.. Er steht so oft unter Spannung.." Ich schlucke leicht und spüre, wie das Bett an Gewicht verliert - Isis aufsteht. "Es bleibt Euch überlassen, wann Ihr mit ihm reden wollt", freundlich hell und klar ist ihre Stimme und ich fühle mich unter diesem Gefühl, keinen Zeitdruck zu haben, außergewöhnlich frei.. "Aber bedenkt, dass der Pharao Euch früher oder später um eine Erklärung bitten wird, AtemRa." Mein Kopf rauscht nach oben und kurz steigt das allzu bekannte Gefühl von Panik wieder in mir auf. Natürlich.. Wie konnte ich das auch vergessen..? Durch ein einfaches, aber wirklich erlösendes, Gespräch mit Isis ist es nicht getan.. Ich muss selbst die Fäden in die Hand nehmen! Tief seufze ich und stehe ebenfalls auf, öffne ihr schließlich auch noch freundlicher Weise die Tür. Sie streicht mir zuvor aber noch kurz durchs Haar, schaut mich zuletzt aufmunternd an. "Ihr macht das schon! Ich bin auf jeden Fall sehr froh, dass ich Euch ein wenig zur Seite stehen konnte.. Auch, wenn das Problem mit Atemu dafür noch nicht ganz geklärt ist.. Eventuell ergibt sich ja für Euch demnächst doch eine Chance mit ihm darüber zu reden! Ich glaube wirklich nicht, dass er sich gerade mir öffnen sollte - Ihr habt dagegen einen viel größeren Einfluss auf ihn, AtemRa. Obwohl-", sie zwinkert mir kurz zu und ich muss ein weiteres Mal ziemlich rot anlaufen, "ich kann mir durchaus vorstellen, dass er sich nur aus Sorge um Euch so komisch benimmt.. Aber na ja, das sind nur die Hirngespinste einer Frau!", lacht sie auf und fährt munter weiter fort. "Ansonsten hoffe ich bloß, dass sich das Alles schnell klären wird!! Und Ihr auch mal zur Ruhe kommt.. - Ihr seht wirklich nicht allzu gut aus.. Ich wünsche Euch eine gute Nacht!!" Und schon ist sie aus der Tür, lässt mich alleine hier im Zimmer zurück. Ich wandere langsam zurück zu meinem Bett und lasse mich, irgendwie total entspannt, darauf fallen. Spüre die weiche, flauschige Decke unter mir, die mir für einen Moment das schöne Gefühl von Sicherheit verschafft. Jaaa.. Es tat wirklich gut mit ihr zu reden.. Auch wenn mein Problem damit nicht gelöst ist! Sie hat Recht, ich sollte bald mit ihm reden - und wenn er sich wirklich sorgt, wird er meine Lage vielleicht auch.. ein kleines Bisschen.. ein winziges Stück... verstehen können. Er ist schließlich, wie sie gesagt hat, kein Monster! Ich reibe mir ein Mal über meine müden Augen, um mich auch ja wach zu halten, bevor mir mit plötzlich total entnervtem und nervösen Gefühl etwas einfällt. Ich.. Ich hatte es total vergessen!! Wie konnte ich bloß..?? Und ich wundere mich, wieso er heute Abend nicht erschienen ist! Alles wird klar!! Ich schlage mir die Hand vor die Stirn und rolle mich, total genervt von mir selbst, auf den Bauch. Wie konnte ich so dumm sein? Ich hätte mich gar nicht so verrückt machen brauchen! Es war völlig klar, dass Atemu gerade heute noch unbedingt mit mir sprechen wollte... Sonst jagt er mich ja auch nicht deswegen durch den Palast.. Seine Reise! Er muss doch für vier Tage lang in eines unserer Nachbarländer fahren!! Wegen dem Krieg haben wir bereits viele Truppen verloren und Atemu hat kurzerhand beschlossen ein Bündnis einzugehen, damit die Gefahr nicht mehr besteht, dass sich andere Länder den Römern anschließen. Außerdem ist es ein guter, strategischer Zug, denn so können wir im Notfall auch dieses Land um Hilfe bitten - und auch für die Lieferung von neuen Nahrungsgütern sorgen! Es bringt also sehr viele Vorteile, wenn wir dies tun. Die knappe Geldkasse hier versucht man dagegen zu ignorieren.. noch... Ich weiß selbst nicht, wie Atemu sich das Alles finanzieren will.. Aber demnächst spreche ich sowieso mit ihm! Da kann ich ihn auch gleich deswegen fragen!! Aber er ist sicher schon seit Stunden weg! Ich habe ja noch vor ein paar Tagen gehört, wie sie die Planung durchgenommen haben und Schritt für Schritt diskutiert. Ich schüttle immer wieder den Kopf und sofort ist meine Entspannung davon. Missmutig gehe ich zum Kleiderschrank, angle mir mein Nachthemd heraus und ziehe mich schnell um - will diesen wirklich total verqueren Tag einfach vergessen! Morgen.. Morgen bin ich frei.. Ich kann mir alles gut überlegen. Und, wenn er dann nach vier Tagen zurückkommt, werde ich mich bei der nächsten Gelegenheit an ihn wenden! Er soll mir nicht mehr nachlaufen.. Ich will seine Neugierde und vielleicht auch seine Sorge stillen. Mit diesem Gedanken und der Aussicht, bald endlich wieder ein normales Leben führen zu können - mit Atemu! - schlafe ich ruhig und entspannt ein. * Die nächsten paar Tage verlaufen ungewöhnlich ruhig im Palast, ich beginne mich sogar beinahe zu langweilen - wenn da nicht noch die Arbeit wäre. Ich habe mir in der Zeit angewöhnt bis spät in die Nacht zu arbeiten, um für die nächsten paar Tage dann frei zu sein. Deshalb genieße ich heute, wo auch Atemu zurückkommen soll, meine ersten paar Stunden in vollkommener Freiheit. Isis hatte Recht.. Diese Auszeit habe ich wirklich gebraucht! Ich liege leise schnurrend im Garten im Gras, was eigentlich überhaupt nicht meine Art ist, und habe meine Beine so weit es geht, ausgestreckt. Sonst habe ich kaum Zeit für sowas, würde auch nie auf so eine Idee kommen! Doch heute war mir irgendwie danach.. In meinem Bauch kribbelt es angenehm und ich bekomme durch diese Stille, die nur ab und zu von Vogelgezwitscher unterbrochen wird, das Gefühl, ich bin der einzige Mensch hier. Irgendwo stimmt es ja auch.. Selten sieht man hier Bedienstete im Gras im Garten liegen! Eine Zeit lang ist es weiterhin so angenehm still, bis ich plötzlich mit einem Mal die Augen erschreckt aufreiße, als das schrille Läuten ertönt, was für alle heißt: Der Pharao ist zurückgekehrt. Kurz blinzle ich mehrmals, bevor ich mich langsam aufsetze und seufzend meine Knie betrachte. Atemu ist also zurück.. Ob er sofort nach mir suchen wird? Oder habe ich noch ein paar Stunden Ruhe, ehe sein Bedürfnis zu stark wird und er das Gespräch fortführen will..? - Was heißt fortführen? Wir haben nie begonnen!! Doch kaum, dass ich eine halbe Stunde auf meinem schönen, sonnigen Platz sitzen bleibe, kommt auch schon ein Sklave an mich herangetreten und überbringt mir die Nachricht von Atemu, sofort zu ihm zu kommen. Ich seufze leise und nicke bloß, bevor ich mich langsam auf meinen Rücken fallen lasse. Also.. keine Zeit.. Aber ich habe mich gut vorbereitet!! Kapitel 26: Neue Strategien --------------------------- ~~~~~~*Yugi*~~~~~~ Ich habe alles genau durchdacht und bin mir ziemlich sicher, dass ich es ihm nun ohne Zögern klar machen kann! Auch wenn ich nicht weiß, ob das ganz ohne meine Nervosität geht.. und die hat mich schon oft in dumme Situationen hineingeritten! Allein durch das Wissen, dass ich nun zu ihm gehen muss, beginnen meine Hände leicht zu schwitzen und mein Herz schlägt einen Takt schneller. Ich stehe langsam auf und putze mir nochmal ordentlich meine Kleidung ab, damit auch jeglicher Staub von ihr befreit wird, und schreite dann zu dem Tor, das in den Palast zurückführt. Sooo nervös... Ich.. ich will doch nicht.. Was, wenn er mich abweist..? Wenn er.. mich fortschickt?? Ich will nicht von hier weg!! Ich hab es mir doch endlich eingestanden! Habe mit Isis sogar geredet und mich darauf vorbereitet!! Ich will ihn nicht verlieren... nicht durch dieses dumme Geständnis!! Schutzsuchend klammere ich mich in meinen Lendenschurz und versuche so zugleich ein wenig ruhiger zu werden. Es passiert dir doch nichts, Yugi! Du musst dich beruhigen.. Es ist schließlich nur Atemu! Doch noch immer sichtlich nervös, gehe ich die letzten Schritte zu Atemus Gemach und bleibe schließlich vor seiner Tür stehen. Er wird dir nicht den Kopf abbeißen!! - mache ich mir Mut und klopfe ein Mal sehr deutlich an das schwere Holz, bevor ich meinen Blick stur gegen den Boden richte. Alles wird gut.. Gleich.. gleich hast du es hinter dir, Yugi! Mein Herz hämmert so laut gegen meine Brust, dass ich das Gefühl habe, jeder, der an mir vorbei geht, kann es hören - und nur ich kann es beruhigen. Schweres Gold liegt auf ihm und es wird nicht aufhören so laut zu schlagen, bis ich Atemu nicht endlich das gestanden habe, was ich schon lange hätte tun sollen! Die Tür geht auf und mit ziemlich überraschtem Blick sieht Atemu auf mich hinunter. "Yugi..", beginnt er langsam und ich will schon, wie aus Gewohnheit, um die nächste Ecke verschwinden, als er mich mit einem Mal an der Schulter festhält! Von totaler Panik angetrieben reiße ich mich sofort los, doch bleibe wie betäubt auf einem Fleck stehen. Er.. Ich will hier weg!! Meine Worte sind vergessen.. Die ganzen gut durchdachten Argumente, die ausführlichen Begründungen.. alles ist verschwunden.. Mein Kopf gleitet wieder nach unten ab und ich verliere mein Selbstvertrauen mit einem Schlag, was ich mir so mühsam aufgebaut habe - nur für dieses Treffen. Frustriert und schon bereit, ihm irgendwie zu erklären, dass ich das Gespräch doch auf später verschieben möchte, da mich ganz "plötzliche Bauchschmerzen" quälen. Ein Schütteln seinerseits holt mich schließlich aber wieder zurück und ich fühle mich mit einem Mal wieder total von ihm bedrängt! ".. Yugi, wo sind deine Papyrusrollen?! Du kommst ohne deine Arbeiten zu mir?? Was denkst du denn? Ich brauche doch die Bestätigungen und Absagen, die du bis heute hättest schreiben sollen!!" fährt er mit leicht empörtem Blick fort, während ich mit weit aufgerissenen Augen zu ihm nach oben sehe. W-Was..? Unterlagen? Bestätigungen?? Meint er die, die ich bereits seit zwei Tagen fertig habe - und ihm auch auf den Schreibtisch gelegt habe? Verwirrung macht sich in mir breit, hatte nicht damit gerechnet, dass er ausgerechnet so beginnt! Aber gut, vielleicht lässt sich das Geschäftliche ja noch kurz klären.. und er kommt dann zum privaten Teil..? Mit ziemlich unsicherem Blick betrete ich kurz den Raum, mache mich schon auf ein längeres Gespräch gefasst, als er mich erneut an der Schulter festhält und zurückzieht. "Sag mal.. Alles in Ordnung, Yugi? Du läufst in die völlig falsche Richtung! Dein Gemach liegt diesen Gang entlang!!" Völlig irritiert lasse ich mir nun von seiner Hand den rechten Weg zeigen, bevor er mich seufzend nach vorne stupst. "Man kann dich wohl wirklich nicht alleine lassen, hm? Nun hol mir doch bitte endlich deine Unterlagen, ich brauche sie wirklich! Was stehst du denn noch da?? Na los!" Wie.. bitte? Kein Gespräch?? Keine Erleichterung? W-Was ist hier los? Ich träume doch wohl nicht! "Yuuuugi!! Nun setz dich doch in Bewegung!" wiederholt er nochmals und gibt mir einen Schubs, so dass ich ein paar Schritte mache, aber sofort wieder stehen bleibe. Er.. Was ist hier passiert? Das kann doch nicht wahr sein!! Total unsicher und perplex drehe ich mich mit dem Kopf zu ihm, worauf er nur eine Augenbrauche hochzieht und seine Arme verschränkt. Ich.. Ich will das nicht glauben! Was geschieht hier gerade..? Ich muss wirklich träumen!! Mein Gespräch mit ihm! Wann.. wo ist es hin?? Er ist wie ausgewechselt! Scheint sich nicht mehr dafür zu interessieren.. Völlig entgeistert drehe ich mich wieder um und starre zu ihm auf, suche seinen Blickkontakt, den er mir aber verweigert und stattdessen sich meine Kleidung besieht. "Wo warst du überhaupt? Grasflecken passen wirklich nicht zu so einem edlen, gelben Gewand.. Aber jetzt hopp, hopp! Ich hab noch was zu tun!!" kommentiert er mit einem Grinsen, was mich schließlich aus meiner Starre befreit. "Ich.. ich..", unsicher komme ich wieder ein paar Schritte auf ihn zu und dränge mich zu ihm ins Zimmer zurück, "Ich habe sie dir doch.. auf den Schreibtisch gelegt.. schon vor zwei Tagen. Aber da musst du wohl.." "- Jaa da war ich bereits auf Reisen!", unterbricht er mich nun selbst ein wenig verwundert und läuft zu seinem Schreibtisch, wo er kurz wühlt und zu guter Letzt auch die gewünschten Unterlagen findet. "Aahhh! Na das ist ja praktisch.. Danke, Yugi! Dann kannst du jetzt gehen..", mit einem zufriedenem Lächeln beugt er sich näher über die Papyrusrollen, während ich noch immer verunsichert im Raum stehen bleibe. Er kann doch nicht...? W-Was?? "Yugi, du kannst gehen!!" Seine Stimme wird ernster, aber die Verwunderung bleibt trotzdem. Total geplättet drehe ich mich um und muss unwillkürlich einen Redeschwall unterdrücken - ich habe tausend Fragen auf der Zunge!! Er kann mich doch nicht... nicht so einfach... Atemu!! Vor ein paar Tagen wolltest du noch mit mir reden! Verdammt, dreh dich um und sag mir.. frag mich, was mit mir los ist! Was ich habe!! Irgendwas, bei Raaa!!! Doch er bleibt nur desinteressiert mit dem Blick bei seinen Unterlagen, so dass ich schweren Herzens den Raum verlassen muss. Als ich die Tür leise hinter mir geschlossen habe, unterdrücke ich einen schweren Seufzer und atme erstmal ruhig ein und aus. Er.. er hatte zuviel zu tun... Atemu ist dieses Gespräch wichtig! Das wird ihm doch nicht sooo schnell egal geworden sein? Mit immer noch laut klopfendem Herzen, verlasse ich rasch den Gang und mache mich auf, um schnellstmöglich in den Speisesaal zu kommen. Wenn ich Glück habe, bin ich heute der Erste! Und ich brauche diese Ruhe gerade wirklich.. Meine Gedanken - ein einziges, großes Knäuel, voll von irreführenden Fäden, die sich selbst immer weiter verspinnen.. Und nur noch Verwirrung in mir zurücklassen.. In den folgenden Stunden muss ich feststellen, dass ich außer dem Abendessen, überhaupt nichts verdauen kann! Tausend Fragen spuken mir durch den Kopf, lassen mich nicht abschalten oder zur Ruhe kommen. Wie konnte er mich nur für so eine unwichtige Angelegenheit rufen lassen? Und dann überhaupt nicht auf mich eingehen?? So tun, als wäre nichts gewesen? Hat er denn alles vergessen?? Gibt es bei ihm wieder eine heile Welt? Sieht er mich denn nicht leiden...? Ich verstehe es nicht, bei Ra, ich verstehe es einfach nicht!! Er war doch soo versessen darauf, zu erfahren, was mit mir nicht stimmt!! Jetzt bin ich bereit, es dir zu sagen! Hörst du, Atemu? Ich will dir ins Gesicht schleudern, dass ich dich liebe!! Ich will es endlich los werden, mir von der Seele werfen! Höre mich doch an, nimm dir Zeit für mich!! Schau mich doch bitte an.... mit anderen Augen an... Erkennst du denn meine Fassade nicht mehr? Übersiehst du mein falsches Lächeln und meine Augen, die jedes Wort von mir als Lügen strafen? Bist du denn blind geworden, Atemu?? Was ist mit dir.... Ich glaube es nicht... Ich glaube es nicht!! Ich bin so enttäuscht... so voller Unverständnis... so frustriert... Ich könnte schreien!! Ich möchte den gesamten Hofstaat zusammen schreien!! Die letzten Tage bist du mir immer nachgelaufen!! Hast du denn jetzt keine Zeit mehr dafür...? Sicher, die Regierung ist durchaus wichtig... aber... aber ich dachte doch, ich wäre ihm wichtiger..? Zumindest hatte er bisher immer die Regierung für mich oder einen der Priester zurück gestellt... Wir sind doch so etwas wie seine Familie??! Ihm waren Menschen, die ihm am Herzen lagen, immer wichtiger als alle seine politischen Arbeiten! Atemu!! Du bist nicht mehr du selbst!! Was hat man dir angetan!!? Es kann doch nicht an mir liegen?? Kann doch nicht... Ich... ich bin doch auch nicht anders als vor einer Woche, oder? Das Gespräch mit Isis hat mich doch nicht verändert..? Auch wenn ich manchmal wünsche, es wäre so... Hat man ihn auf seiner Reise eine Gehirnwäsche unterzogen?? Sorge beginnt in mir aufzusteigen, lässt die anfängliche blinde Wut abschmelzen. Vielleicht ist Fremdeinwirkung Schuld? Aber er hat sich doch nie sonderlich von außerhalb beeinflussen lassen! Zwar wurde es von einigen versucht, ihn, die Machtquelle, wie eine Marionette zu lenken und selbst zu den Fädenziehern der Politik zu werden... Aber der junge Pharao hatte stets jeden durchschaut und war unabbringlich stur geblieben und sein Amt nach eigenen Vorstellungen ausgeführt. Ich habe schon immer seine eigene Stärke bewundert... Nicht nur, dass er all seine Arbeit gewissenhaft ausführt.. er geht dabei noch seinen eigenen Weg! Ob man Atemu verhext hat?? Manche Priester und Magiere wären dazu durchaus in der Lage. Ihm gewisse Mixturen unterwegs im Reisechaos unter zu jubeln wäre sicher nicht allzu schwer... Ach Yugi!! Hör auf dir so einen Mist zusammen zu reimen! Atemu wird seine Gründe für sein Verhalten haben! Wahrscheinlich ist er völlig überarbeitet... es gibt halt so viel zu tun, dass ihm ein Gespräch mit so völlig unwichtigen Dingen wie mir einfach nicht mehr wichtig genug ist... Trotzdem kann ich nicht leugnen, verdammt enttäuscht zu sein... *** Doch auch bis zum nächsten Morgen in aller Frühe sind keine plötzlichen Antworten oder Erklärungen vom Himmel gefallen. Im Gegenteil... für mich regnete es weitere Fragen und Bäche von Verwirrung drohen mich zu ertränken! Es hat mich einfach alles in mir zu dem einzigen Wesen hingezogen, welchem ich wirklich alles erzählen kann... Jedes Detail.. Er hört mir zu und ich fühle mich verstanden. Die Arme um den silbrig, weißen Hals geschlungen und das Gesicht in seiner Mähne vergraben, steht Ikarus einfach dösend vor mir und scheint mich aus den Augenwinkeln zu beobachten. "Oh Ikarus... Ich bin ja so verzweifelt! Ich.. weiß weder ein noch aus! Ich... ich.. weiß gar nicht mehr, was ich fühlen oder denken soll, verstehst du?" Ich schniefe leise, kraule sanft sein weiches Fell neben meiner Wange. "Gerade habe ich gedacht, ab jetzt wird alles gut! Es gab endlich ein Licht am Horizont! Ich musste mich zwar zuerst quälen... mich Isis stellen... und dann mir selbst... aber endlich, endlich dachte ich, den einzig richtigen Weg gefunden zu haben! Habe bereits das Ziel vor Augen gehabt... Eine Versöhnung mit Atemu... Und kaum sehe ich mich dabei, dieses Ziel umzusetzen... entpuppt es sich nur als neues Knotenpunkt für viele tausend Irrwege..." Warum?? Warum bloß, füge ich in Gedanken hinzu. Aus welchem Grund hat der Pharao so plötzlich das Interesse an mir verloren? An meinem seelischen Zustand? Er kann doch wohl kaum der Meinung sein, es ginge mir mittlerweile besser! "Ich... kann ihm doch wohl nicht plötzlich egal geworden sein..." Ich ziehe ein paar kleine, getrocknete Würfel aus Brot aus meiner Gewandtasche, die ich extra für meinen Hengst mitgenommen habe und halte sie ihm mit einem erwartungsvollem Lächeln hin. Tatsächlich senkt mein gefräßiges Tier den Kopf und nimmt das dargebotene Futter sanft mit seinen weichen Lippen auf, pustet warmen Atem durch seine Nüstern. "Jaa, mein Junge... Wenn ich dich nicht hätte..." Ich streichele ihm die gesamte Stirn hinauf und erreiche schließlich seinen langen, weißen Pony, den ich freudig durchwuschele. "Du weißt auch nicht, was Atemu zu solch einem Verhalten bewegt, oder..? Du kannst mir wohl auch nicht helfen. Ich verstehe es nicht, Ikarus... Ich würde aber so gerne..." Um den Kopf frei zu bekommen sattele ich meinen Hengst schließlich, führe ihn aus der königlichen Stallgasse und begebe mich auf einen Ausritt, der mich auf andere Gedanken bringen soll. Es ist früher Mittag, als ich mit Ikarus in den Vorhof des Palastes zurück kehre. Nicht nur ich bin völlig erschöpft und verschwitzt, auch meinem Pferd geht es nicht anders. Um Ikarus einen Gefallen zu tun, lenke ich ihn also nicht direkt zurück in den Stall sondern über den gesamten steinernen Vorhof bis zu meinem Ziel, dem Brunnen. Ich habe vor, ihn mit einigen Eimern Wasser zu erfrischen und so etwas Gutes zu tun - ich selbst werde direkt danach ein Bad nehmen. Ich schwinge mich am Brunnen von Ikarus' Rücken und nehme ihm die Sitzdecke ab, lege sie auf eine kleine Ablagestelle auf der anderen Brunnenseite, die eigentlich den Sklavinnen zum Abstellen der Waschbehälter dient, um die Decke von der Sonne trocknen zu lassen. Ich zucke zusammen, als ich plötzlich noch weiter entferntes Hufgetrappel auf dem Steinpflaster wahrnehme. Ich wirbele herum und wie erwartet steht mein Apfelschimmel noch brav an seinem Platz, hat den Hals gesenkt und trinkt durstig aus dem Wassereimer, den ich ihm gerade noch hingestellt hatte. Er rührt sich ohne mein Zeichen nicht vom Fleck! Irritiert hebe ich den Kopf, muss jedoch zuerst um den Brunnen herum und zurück zu meinem Pferd gehen, ehe ich den anderen Reiter erblicken kann. Ungläubig starre ich auf das braune Pferd, welches am langen Zügel vor sich hintrottet. Der weiße Stern auf der Stirn des Tieres sticht mir sofort entgegen. Mein Blick gleitet wie zur Bestätigung nach oben. Aber im Grunde brauche ich keine. Denn ich weiß, niemand außer ihm darf sich auf diesen Hengst schwingen. Absolut niemand... Mit der Ausnahme von mir, in den seltesten Fällen natürlich nur. Tatsächlich... er ist es. Hier draußen im Vorhof. Er sitzt aufrecht und erhobenen Hauptes auf seinem Checkmate, sein heute smaragdgrüner Mantel weht ein wenig im hin und wieder schwach aufkommenden Wind. "Hallo, Yugi!", lächelt er mir zu, bleibt mit sein Pferd unmittelbar neben Ikarus stehen. Diesen scheint die plötzliche Gesellschaft seines Artgenossen nicht im Mindesten zu stören. Seelenruhig hat er bereits seine Nüstern aus dem Eimer genommen und schaut mich erwartungsvoll an. Und damit ist er nicht der Einzige. Ich spüre Atemus Blick von oben auf mich ruhen. Kann fühlen, wie er jede meiner Bewegungen beobachtet und mitverfolgt und auf eine Reaktion wartet. Jedoch bleibe ich nicht mal annähernd so ruhig wie mein Pferd. Mein Herz rast vor Anspannung und Aufregung. Er ist hier!! Steht hier vor mir! Wir sind allein! Er scheint ausreiten zu wollen! Er hat Zeit! Sicher will er mich jetzt zur Rede stellen! Will ein ernsthaftes Gespräch mit mir... Will hören, warum ich ihm so oft aus dem Weg gegangen bin.. Sicher hatte er gestern zu viel um die Ohren, einfach zu viel Stress. Er war gerade erst zurück gekehrt... da ist es klar, dass er keine Zeit für mich hatte! "H-Hallo, Atemu..", erwidere ich scheu, traue mich noch immer nicht, zu ihm aufzusehen. Stattdessen greife ich zu dem hölzernen Eimer, nehme die Schnur, an der er hängt in die andere Hand und lasse ihn vorsichtig hinunter in den tiefen Schlund in die Erde gleiten. "Ich habe dich vorhin bereits überall im Palast suchen lassen, Cousin. Ich wollte die eigentlich fragen, ob du jetzt mit mir ausreiten möchtest. Aber wie ich sehe... warst du das wohl gerade schon... was ich zu tiefst bedauere." Seine Stimme klingt ein wenig tiefer und auch trauriger als sonst, aber da ich ihn kenne weiß ich sofort, dass es gespielt ist. Er ist aller bester Laune - und es wirkt keines Wegs so, als läge ihm irgend eine Last auf dem Herzen. Er scheint kein Gespräch zu suchen.. es gibt wohl gerade in seinem Leben nichts, was ihn zum Nachdenken oder zur Besorgnis erregt. Isis hatte Unrecht... Mein Problem und das des Pharaos haben absolut nichts miteinander zu tun. Wenn auch ihn etwas bedrückt hat... Dann war ganz sicher nicht mein Verhalten der Grund! Denn zwischen uns hat sich rein gar nichts geklärt.. Und seine Sorgen scheinen ja nun bereinigt.. "Ja. Es tut mir leid, Cousin. Ich war bereits unterwegs. Ich wusste ja nicht -" "Schon gut", er seufzt leise, dann zupft er an Checkmates Trense herum und mir fällt auf, dass er dieses Mal fast keinerlei Schmuck trägt! Normalerweise ist er behangen mit Gold und Edelsteinen, der Ausstattung des königlichen Pferdes! "Ich habe nachdem du unauffindbar warst sowieso meinen Plan geändert. Mir ist bewusst geworden, dass ich schon lange Zeit nicht mehr trainiert habe! Ich bin gerade auf dem Weg zum Übungsplatz." Deshalb die fehlende Verzierung! Atemu hat vor, für den Kampf zu üben! Natürlich... unser bestens dafür ausgestattete Trainingsplatz für den Krieg befindet sich auf der anderen Seite dieses Vorhofes! Deshalb kam er hier lang! Denn normalerweise kreuzen die Pferde diesen Hof nicht. Von den Stallungen führt ein direkter Weg aus den Palastmauern! Es sei denn... Man will gar nicht erst hinaus reiten! "A-achso...", antworte ich nur, nicht genau wissend, was ich weiteres sagen soll. Ich ziehe den gefüllten Schöpfeimer aus dem Brunnen hervor und verteile das Wasser gleichmäßig an den Beinen meines Pferdes, ehe ich ihn erneut fülle. "Ich... Ich... soll ich dir Gesellschaft leisten, Atemu? Ich versorge nur schnell noch Ikarus." Ich schlucke unsicher. Ich hatte eigentlich nicht vor, jetzt Zeit mit ihm zu verbringen. Ich wollte Ikarus in den Stall bringen, ein Bad nehmen und mich dann an meinen Schreibtisch setzen! Ich habe Arbeit vor mir... habe extra mir den gesamten Morgen und Vormittag frei genommen, weil ich mich vor lauter Fragen und Verwirrung sowieso nie hätte auf meine Schriftrollen konzentrieren können! Und jetzt biete ich mich auch noch freiwillig an! Denn ich erhoffe mir ein Gespräch mit ihm... ein Klärendes. Innerlich seufzend, leere ich den zweiten Eimer Wasser über den weißen, verschwitzen Rücken meines Tieres, auf dem ich gesessen hatte. Also gut... Jetzt oder nie! Muss das Bad halt warten... Ich erhoffe ich mir so endlich eine Gelegenheit, mit ihm alleine zu sprechen! Vielleicht nach getaner Arbeit... Ohne Priester um uns herum, ohne Sklaven... nur wir beide! Sicher wird er mich dann ansprechen! Mir eröffnen, dass er gestern nur viel zu gestresst und beschäftigt war, um mit mir zu sprechen. Für die nächsten Stunden scheint er ja Zeit zu haben! Ich... ich muss einfach mit ihm reden!! Ich habe diese Last schon lange genug mit mir herum geschleppt! Er will doch sicher auch wissen, was mit mir ist! Wie verrückt war er auf eine Erklärung von mir über meine abweisende Haltung!? Ja, ich werde es nicht noch weiter aufschieben!! Schon vor fünf Tagen wollte ich ihm es bereits sagen!! Wann ist die Gelegenheit besser als an seinem freien Nachmittag? Wenn sein Training gut klappt und er gute Laune hat... Ich werde mein Bestes geben und ihn mental auf dem Platz unterstützen! Ihm vielleicht auf eventuelle Fehler aufmerksam machen... Auf Probleme hinweisen, dessen Lösung man von oben auf dem Pferderücken nur schwer erkennen kann. Und für seine Fortschritte loben... dann freut er sich! Wie zufällig... rutscht unser Gespräch dann in tiefere Angelegenheiten. Ich will mich endlich frei und unbeschwert fühlen... Dieses Geheimnis loswerden. Isis hatte recht... er ist kein Monster. Und wenn ich hoch zu ihm sehe und sein goldenes Diadem zusammen mit seinen Augen in der strahlenden Sonne um die Wette glitzern... Dieser anmutige Blick... der geborene Pharao... Sein Mund öffnet sich, seine Lippen umspielt ein weiches Lächeln. Mein Herz schlägt so laut... ich könnte schmelzen... "Danke, Yugi. Das ist wirklich ein nettes Angebot! Wirst du dann gleich nachkommen? Ich werde mich schon einmal hinbegeben und mich solange einreiten. Ich habe zwei Sklaven hinunter geschickt, sie machen bereits alles startklar und warten sicher schon auf mein Eintreffen. Es war gerade kein Stallknecht anwesend... Ich habe mir Checkmate selbst satteln müssen!", seine Worte klingen so anklagend, als gebe er mir die Schuld für das Fehlen der Diener. "Ich habe mir übrigens die Trense von Dädalus geliehen... Ich hoffe, das geht in Ordnung? Ich fand es einfacher, ohne den ablenkenden Schmuck zu trainieren." "K-kein Problem..", stammele ich etwas überrannt von seinem etwas plötzlichen Themenwechsel. Ich hatte wenigstens noch mit einem Kommentar zu meinem Angebot gerechnet... Was er davon hält? Ob er sich freut..? "Ja... Ich werde dir gleich folgen, Cousin!", versuche ich ihm zuzulächeln, werde trotz allem ständig nervöser, als mir bewusst wird, was diese Verabredung für mich bedeutet! "Dann ist ja gut. Aber okay, ich sehe, du bist beschäftigt. Ikarus möchte sicher nicht den ganzen Tag hier im Vorhof herum stehen!", er lacht amüsiert auf. "Ich muss jetzt auch weiter, man erwartet mich schließlich. Bis gleich!" Er nimmt die Zügel wieder auf, rutsch ein Stück weiter nach vorne und macht sich aufbruchbereit. "Wir werden uns heute Abend übrigens nicht im Thronsaal sehen. Ich habe mir für den Rest des Tages frei genommen und werde ihn in aller Ruhe in meinem Gemach verbringen!" Für den Bruchteil einer Sekunde scheint es so, als würde er mir zuzwinkern, doch da das völlig ausgeschlossen ist und ich mir absolut keinen Reim darauf machen kann, beschließe ich Ra's grellem Licht die Schuld zu geben. Er musste sicher nur blinzeln.. Schon drückt er die weißen Absätze seiner Schuhe in Checkmates dunkelbraune Flanken und trabt mit lautem Hufeklackern über den Steinboden. Jaa.... Ich weiß, dass er heute frei hat.. Genau deswegen will ich doch die Gelegenheit nutzen, um mit ihm zu reden! Aber wieso erzählt er mir das..? Was geht es mich an, ob er den Abend in seinem Gemach verbringt oder woanders? Will er mir damit etwas sagen? Ob er auch reden möchte..? Vielleicht war das gestern nur ein dummer Scherz um mich auf die Probe zu stellen..? Kapitel 27: Unruhe im Herzen ---------------------------- Halloha alle miteinander!! ^.^ So, nach einem kleinen Päuschen (wer oder was beansprucht wohl die meiste Zeit der Autoren? >-<) melden wir beide uns mit dem nächsten Teil zurück!! ^^ Wir freuen uns echt riesig, dass die FF so gut ankommt und ihr alle so liebe Kommis hinterlasst und all die Zeit (Juhu, Strange Melodies ist bereits 11 Monate alt... bald hat es Geburtstag ^.-) hinter uns steht und uns so zum Weiterschreiben animiert!! ^-^ Wir hoffen, dass ihr auch weiterhin so viel Spaß beim Lesen habt!! - Bzw sogar bald ja noch mehr..? XD Einen speziellen Dank möchten wir an Dreamdanzer, die ein FanArt zu dieser Story gemalt hat, richten!! Und ein sooo super schönes und knuffiges noch dazu!! Wir sind wirklich, sehr, sehr stolz!! ^_______^ Hier für alle: http://animexx.4players.de/fanarts/output/?fa=584335&sort=empfehlungsliste&sort_def=4652 Kagu & Polarstern ~~~~~~*Yugi*~~~~~~ Ich schnappe mir den Sattel und meinen Apfelschimmel, der bereits wieder getrocknet ist und führe ihn in die Stallungen zurück, wo ich alles an seinen gewohnten Platz bringe und schließlich noch meinen Hengst sein Futter in den Trog kippe. Daraufhin mache ich mich mit feuchten Händen auf den Weg zurück über den Hof zum Übungsplatz. Mein Herz trommelt bereits so stark, als müsse ich ihm jetzt alles gestehen und ich fahre mir immer wieder nervös durchs Haar. Nun gibt es keinen Ausweg mehr... Eher gesagt, ich will überhaupt nicht, dass es einen gibt! Hoffe zumindest nicht, dass Atemu einen findet... Ich habe zwar wahnsinnige Angst davor, ihm meine Gefühle zu offenbaren... Aber ich habe jetzt die andere Seite kennen gelernt und daraus gelernt. Wenn ich es ihm nicht sagen kann, bin ich nicht glücklich... Im Gegenteil. Wenn es ihn gar nicht interessiert... dann ist diese Qual sicher noch schlimmer als über jegliche Abweisung. Ich atme tief durch und biege dann um die letzte Ecke des Palastes, welche mich vom Trainingsplatz trennt. Mein Cousin galoppiert bereits anmutig seine Runden außen um sämtliche Hindernisse herum und wärmt vor allem die Muskeln seines Tieres auf. Er hebt kurz seine Hand zum Gruß, als er mich sieht und ich nicke nur mit einem verklemmten Lächeln. Ich klettere auf den Holzzaun, welcher den Platz umgibt und suche mir dort einen festen Halt und Sitzplatz. Atemu beginnt nach einer kleinen weiteren Weile seinen Parcours und ich folge jeder seiner Bewegungen mit dem Auge. Er wird tatsächlich immer geschickter. Ich habe ihm schon ewig nicht mehr beim Training zugesehen! Aber dies liegt eher daran, dass er seit er aus der verlorenen Schlacht vor wenigen Monaten überhaupt nicht mehr trainiert hat! Zuerst hatte er zu viel zu tun... und dann gab es da noch die Entführung und ihre Folgen. Ich bin wirklich froh, dass er keinerlei bleibende Schäden zurück behalten hat. Sicher nur einige Narben von den Wunden Aber die werde ich wohl nie zu Gesicht bekommen... Ohne es überhaupt zu wollen, tauchen gewisse Bilder vor meinem inneren Auge auf. Bilder von ihm... mit einem äußert kurzem Lendenschurz bekleidet. Sofort flammen meine Wangen heiß auf. Seine Wunden waren am rechten Oberschenkel und der rechten Seite und Bauch. Wenn ich seine Narben sehen wollte... Wie gerne würde ich ihm über die Haut streicheln... die Zärtlichkeiten auf den ganzen Bauch ausweiten. Ich sehe ihn vor mir, er reitet mit all seiner Hingabe, steckt so viel Eifer in seine Arbeit.... sieht dabei so... königlich aus. Sein grüner Mantel weht hinter ihm her. Seine Augen blitzen voll in Konzentration versunken, seine schlanken Beine treiben das Pferd vorwärts. Oh bei Ra, ich möchte ihn anfassen.. ihn streicheln! Und er soll mich genauso.... überall... Ich schließe die Augen beschämt, spüre das Blut schneller rauschen, es wird wie magisch angezogen von einem gewissen Punkt weiter unten... Nein!! Das darf nicht passieren!! W-was denke ich da überhaupt?? Tief atme ich durch, vertreibe meinen Cousin, den Pharao, sofort aus meinem Kopf. Zumindest diese Art von Bildern. Meine Atmung beruhigt sich wieder etwas, kann den Vorgang in meinem Körper noch rechtzeitig unterdrücken, wenn auch nur knapp. Es war nicht das erste Mal, dass ich... so abweiche... Solche Art von Gedanken bekomme! Wie komme ich dazu? Ich habe mir nichts mit dem Pharao vorzustellen! Wenn dieser wüsste, wozu meine Fantasie ihn so missbraucht.. Abends, wenn ich allein in meinem Gemach bin.. Mein Puls wird wieder schneller. Schluss jetzt, Yugi! Es dauert nicht mehr lange, da trabt Atemu auch bereits auf mich zu. Ich schlucke trocken, lächele ihn dann aufgesetzt und ein wenig missmutig an. "Und? Was hast du beobachtet? Ich nehme sämtliche Kritik entgegen!" Er lächelt mich ebenfalls an, doch ich sehe sofort, dass es ein Ehrliches ist, eins aus dem Herzen. "Ich muss ehrlich sagen... Du hast dich sehr gut durchgeschlagen, Atemu! Das war wirklich geschickt. Nur, wenn ich das sagen darf.." Da der Zaun fast genauso hoch ist wie Checkmate sitze ich nur ein kleines Stückchen tiefer als er selbst. Um mich ein wenig abzulenken von der plötzlichen Nervosität, dem starken Herzklopfen und dem Druck, der auf mir lastet, strecke ich den Arm aus und tätschele dem Hengst den Hals. "Du darfst mir alles sagen, Yugi", grinst er, nimmt seine linke Hand, die Seite, an der ich sitze, von den Zügeln und ich halte erschrocken die Luft an, als er seine Hand sanft auf meine legt. "A-also... Pharao..." "Sag, was du sagen wolltest, Cousin." Seine Finger beginnen sich auf meinen zu bewegen, meinen Handrücken zu streicheln. Was?? Warum tut er das? Wieso? Ich... ich dachte doch... War ich ihm nicht plötzlich unwichtig geworden?? Sein stechender, wartender Blick auf mir, reißt mich aus meiner Welle der Verwirrung. "Ich wollte hinzufügen..", ich seufze schwermütig, kann mich kaum auf meine Worte konzentrieren, die ich eben noch vor gehabt hatte zu sagen! In seiner Gegenwart zerrinnen sämtliche Sätze in mir zu Sand.. "Dass du noch etwas öfter trainieren solltest... Vor... vor deiner Entführung... Die lange Ruhezeit muss dich aus der Übung gebracht haben..." "Danke, Yugi", lächelt er und nimmt meine Hand schließlich in seine. Was bei Ra ist denn jetzt los? Ich kann aber nicht leugnen, dass er gerade wieder hunderte von Skarabäen in mir freisetzt, die sich auf ihre Reise durch meinen Körper begeben und diesen erwärmen. "Wofür?", hake ich verunsichert nach. "Für deine Ehrlichkeit." Wie zum Unterstreichen dieser Worte nickt er mir zu. "Ich werde noch einige Durchgänge proben..", verkündet er schließlich. "Du brauchst übrigens nicht auf mich warten. Du kannst ruhig wieder rein gehen. Ich werde mich auch in den nächsten Runden nicht stark bessern.." Ein Seufzen folgt. Ich beiße mir auf die Lippe. Schiebt er mich ab?? Ob er mich loswerden möchte? Soll ich gehen..? Ich schließe kurz die Augen. Keine schwere Entscheidung. Nein. Ich habe mir vorgenommen, bis zum Ende zu warten! Eine Möglichkeit zum Reden abzupassen! Im Palast wird er nachher sicher wieder von Anderen belagert.. Andererseits.. er scheint nicht gerade auf ein ernstes Gespräch aus zu sein? Vielleicht bilde ich mir ein bestehendes Interesse, das doch irgendwo noch da sein muss, auch nur ein?? Schließlich hat er seit seiner Rückkehr keine Versuche mehr unternommen.. Genauso keine Andeutungen mehr gemacht.. Obwohl ich innerlich gebetet und gefleht habe, dass es jetzt endlich zur erlösenden Aussprache kommt.. ein Wort... Bin ich.. wirklich so naiv..? Habe ich wirklich mir das Alles nur eingebildet? Ein Trugbild in meinem Kopf erschaffen, dem ich verzweifelt hinterhergejagt habe?? Leise seufzend schüttle ich den Kopf, öffne währenddessen meine Augen wieder, um ihn ansehen zu können. "Nein, ich bleibe noch. Ich habe sowieso gerade nichts Bestimmtes vor.." Meine eigene Antwort nur verschmitzt belächeln könnend, sehe ich ihn mit einem Nicken wieder umdrehen und erneut den Parcours starten. Wieder könnte ich mich über mich selbst ärgern - Was rede ich eigentlich hier? Ich habe nichts Bestimmtes vor?? Mindestens drei Stapel voll mit Formularen und Briefen zu bearbeiten und zu unterschreiben!! Damit werde ich doch niiie über Nacht fertig.. Ein weiteres tiefes, aber kaum hörbares Seufzen. Und ich denke, das weiß er auch.. Er ist der Pharao - nichts bleibt vor ihm verschlossen! Auch die kleinsten Dinge nicht.. Kurz stocke ich, halte erstarrt meinen Atem an. Die.. kleinsten.. noch so unwichtigsten.. Ob er...? Mein Herz beginnt immer schneller zu schlagen, während ich ihn mit meinen Augen weiter verfolge, jeden seiner Sprünge und Schritte bewache. Das.. das kann nicht sein! Denk nicht sowas, Yugi!! Er hat keine Ahnung!! Was schwirrt dir bloß wieder durch den Kopf?? Du wirst doch jetzt nicht schon komplett durchdrehen..? Mein Herz schlägt wieder einen Takt langsamer, während ich mehrmals nach Luft schnappe. Die Wahrscheinlichkeit, dass er es herausgefunden, gar bemerkt hat, ist soo gering.. Nie habe ich direkt auf mich aufmerksam gemacht.. Zwar ihm immer verstohlene Blicke zugeworfen und heimlich belächelt, meine Gedanken in eine andere, wesentlich leichter zu ertragende Richtung gelenkt, aber nie ihm direkt etwas zukommen lassen. Trotzdem habe ich nicht mit kleineren Versuchen gespart! Aber zu mehr kam es einfach nicht.. Verdammte Schüchternheit!! Etwas, dass ich an Seto dafür so bewundert habe - und es auch jetzt noch tue. Er überlegt nicht allzu lange, er zieht das, was er sich vorgenommen hat, einfach durch. Ein wenig von diesem Mut und ich wäre jetzt nicht in dieser Situation.. Obwohl.. hätte ich dann überhaupt noch Chancen bei ihm? Würde ich Seto ähnlicher sein?? Ich habe nie genaueres über die kurzfristige Beziehung der beiden, während meiner Abwesenheit hier, erfahren.. Niemand verschwendet darüber mehr Worte als nötig! Aber ich wollte und will es so gern erfahren.. Ob Seto ihm auch seine Gefühle gestanden hat? Wurde er abgelehnt?? Und wenn ich.. wird er dann auch...? Ich beiße mir unsicher, verwirrt und verzweifelt auf meine Unterlippe und wippe mit einem Fuß gleichmäßig nach vor und zurück, um mich zu beruhigen. Das ist doch alles... Bei Ra, was denke ich bloß? Atemu ist kein Monster! Und bestimmt nicht so, wie ich es mir immer wieder ausmale und einbilde.. - Nur warum verdammt ignoriert er mich dann andauernd?? Wieso sagt er kein Wort mehr über den Ausritt? Über mein Verhalten? Meine ganze Stimmung!! Er kennt mich doch seit ich klein bin... Seit ich hier in den Palast kam und zum ersten Mal mit ihm gespielt habe. Diese kindlichen Spiele - Verstecken, Fangen.. Aber er hatte eigentlich kaum Zeit dafür, wenn ich zurückdenke. Wir sahen uns sonst nur durch den Unterricht, der bei uns in vielen Fächern gleich war und ich bin auch dankbar dafür. Wahrscheinlich hätte ich ohne diesen kaum Berater des Pharaos werden können. Ich blicke demonstrativ auf, nehme so Atemus Handeln wieder wahr und bemerke erst jetzt, dass er inzwischen abgestiegen ist und nun.. auf mich zukommt..? Verwirrung steigt in mir auf - Er war aber nicht mehr allzu lange auf dem Pferd?? Meinte er nicht, er möchte noch ein wenig üben? Aber vielleicht ist ihm auch die Lust vergangen.. oder die Zeit zu schnell. Ich sehe auf eine der naheliegenden Sonnenuhren und bemerke erst jetzt, dass der Schatten bereits auf einem vollkommen anderen Punkt steht! Ist es wirklich schon so spät?? Ich beiße mir nervös auf die Unterlippe, während ich mit sicherem Griff den Holzzaun wieder runterklettere und so Atemu direkt ansehen kann. Er dagegen kommt mit einem eher undefinierbaren Blick auf mich zu - für einen Moment sehe ich ein Lächeln, ja fast ein Grinsen auf seinem Gesicht! - dann aber ist wieder dieser unbestimmbare Ausdruck zu lesen. Ich halte kurz die Luft an, als er gefährlich nahe auf mich zukommt und schließlich unmittelbar vor mir stehen bleibt, die Zügel von Checkmate noch immer in einer Hand. "Du.. du bist schon fertig..?", höre ich mich selbst leise sprechen und gehe unter diesem durchdringlichen Blick regelrecht unter. Was.. ist denn jetzt? Ich hab doch wohl nichts falsch gemacht?? Vielleicht hat er meine innere Abwesenheit während seines Ritts bemerkt.. meine Gedanken ganz woanders.. Ich- "Jaa, ich habe beschlossen noch ein Bad zu nehmen und mich seit langem endlich mal wieder zu entspannen.. Und Checkmate ist sowieso nach dem dreimaligen Durchlauf des Parcours sicher auch nicht mehr allzu fitt.." Er grinst mich kurz an, bevor er mit einem Mal seine Hand nimmt und langsam damit meinen Hals entlang fährt. W-Was.. er.. bei.. bei Ra... Erstarrt und total konfus halte ich die Luft an, spüre meinen Körper unter seiner Berührung erzittern und mein Herz in völlig unregelmäßigen Abständen schlagen. Was.. Was tut er..? Er.. ich... Ich dachte, dass er.. So plötzlich wieder Aufmerksamkeit? Meine Knie werden weich und von der Stelle, die er entlang fährt, jagen immer wieder neue Schauer über meinen Rücken, lassen meine Atmung für einen Moment aussetzen. Was soll das? Was tut er.. ich verstehe nicht.. Ich war ihm doch die ganze Zeit egal? Wieso plötzlich diese.. Gesten.. Schon wieder? Er hatte doch damit aufgehört.. sein Interesse ist doch begraben!! Oder bilde ich mir das wieder ein? Kann ich jetzt an keinem Gedanken mehr festhalten?? Total perplex hebe ich den Kopf ein wenig und halte währenddessen erstarrt weiter die Luft an, suche Blickkontakt, doch kaum, dass ich mich ein wenig aufgerichtet habe, spüre ich auch schon seinen warmen Atem an meinem Ohr, wodurch ich sofort einen Schritt nach hinten stolpere, mich haltsuchend an eine Stange des Zaunes klammere. Was tut er?? A-Atemu.. Bei Horus.. Hör auf damit!! Lass mich nur mit dir reden! Spiel nicht mit mir!! Nur sagen, was ich empfinde.. Wieso kannst du mir nicht in dem Punkt deine ganze Aufmerksamkeit schenken?? Verzweiflung kriecht langsam in mir hoch - Gibt es nichts, was ich tun kann, damit das endlich aufhört?? Kurz schnappe ich nach Luft und reiße meine Augen auf, während ich Atemu noch immer nahe meinem Ohr spüren kann. Alles geht so schnell und doch erscheint es mir wesentlich länger.. Stunden vergehen, in denen mein Herz still steht und ich zugleich begierig nach irgendwelchen Worten lausche.. Erklärungen.. Entschuldigungen - bloß nicht wieder diese unerträgliche Stille!! Ohne seine Gesten zu verstehen, allein gelassen werden! "Yugi.. Darum wollte ich dich bitten, dass du Checkmate schnell versorgst.. Zumindest dich um ihn kümmerst und waschen lässt. Ich möchte wieder in den Palast zurückkehren.. Kann ich mich auf dich verlassen?" Langsam gleitet sein Kopf zurück, wobei ihm seine goldenen Strähnen kurz ins Gesicht fallen, die er sich beiläufig zur Seite streicht, während er mich mit einem Lächeln ansieht. Unfähig, irgendetwas zu tun, sehe ich ihn weiter an, warte noch immer auf ein Zeichen.. Das kann doch nur ein Scherz sein!! Er.. er kann doch nicht deswegen.. Wieso spielt er mit mir? Was ist mit ihm?? Welcher Zauber vernebelt ihm seinen Kopf und lässt mich noch wahnsinnig werden?? Ich möchte nur noch schreien!! Ich will ihm endlich meine Gefühle offenbaren und ihm sagen, was mit mir ist.. Doch ohne Interesse... Ich bin hilflos! Pure Verzweiflung fließt durch meine Adern, ich spüre sie überall pochen und beinahe wollen die lang ersehnten Worte einfach aus meinem Mund kommen, da nickt er auch schon zufrieden und entfernt sich mit einer flüchtigen Armbewegung. "Sollte noch etwas sein.. Du weißt ja, wo du mich findest." Ein vielsagendes Zwinkern, ehe er auch schon um die nächste Ecke gebogen ist. Restlos verwirrt sehe ich ihm für einen Moment mit weit aufgerissenen Augen nach, bevor ich merke, wie sich mein Herz langsam wieder beruhigt, sowie meine Atmung sich normalisiert. Langsam lasse ich mich zu Boden gleiten, Checkmates Zügel in der einen Hand, in der anderen Sand, den ich immer wieder durch meine Handfläche aufhebe und wieder fallen lasse. Was soll das..? Ich will eine Erklärung!! Ich will Antworten! Schon wieder dieses Alleinlassen.. ohne irgendwelche Worte, die mir Verständnis bringen und das Wissen, dass ich ihm nicht egal bin.. Wieso kann er mich nicht verstehen?? Oder es versuchen? Warum, bei Ra, interessiert ihn das Alles nicht mehr? Was hat ihn verhext? Wer ihm seine Sorge ausgeredet?? Und warum gerade dann, wenn ich bereit bin mit ihm zu reden..? Ich will es endlich verstehen!! Klarheit und die Last von meinen Schultern einfach verschwinden lassen! Warum darf ich bloß nicht..? Ein schweres Seufzen entkommt meinen Lippen und ich lehne meinen Kopf gegen den Zaunpfahl. Ich kann einfach nicht mehr.. Muss ich wirklich.. soll ich.. Sollte ich besser von alleine zu ihm kommen? Diese Andeutungen - oder interpretiere ich mal wieder falsch? - vielleicht wäre es wirklich besser, wenn ich ihn heute von selbst aufsuche. Und wenn er nicht reden möchte?? Ich bilde mir vielleicht nur wieder zuviel auf seine Gesten ein.. doch.. das kann einfach nicht sein!! Das Gespräch mit Isis.. meine Reise nach Luxor.. sein Finden.. Das kann nicht umsonst gewesen sein! Fest umschließe ich den Sand in meinen Händen, grabe meinen Griff tief in das weiche Material. Noch immer sind meine Knie ganz weich und mein ganzer Körper berauscht von seinen Berührungen, doch stehe ich trotzdem wieder auf, suche stattdessen Halt an den Zügeln von Checkmate. Bewusst über die Schwere meiner Worte und Gedanken bekommt mein Herz selbst wieder ein paar weitere feine Risse, die nie bemerkt werden, wenn man nicht genau hinsieht.. und sie anfängt wieder zu heilen.. Müde setze ich ein Bein vors Andere, komme so schnell auf den Weg zurück, den Atemu zum Übungsplatz gegangen ist und gehe auf erneut in Richtung Ställe. Dort angekommen suche ich mir den erstbesten Sklaven - ich habe jetzt wirklich nicht den Nerv und die Geduld mich persönlich um das Pferd zu kümmern! - und beauftrage ihn mit der Pflege und dem Waschen von Checkmate, ehe ich taumelnd zum Eingang des Palastes gehe. Ich bin einfach so verwirrt.. weiß weder aus noch ein.. Es gibt keine klare Lösung, nur Fragen und Vorwürfe, unausgesprochene Wahrheiten und gesagte Lügen.. Was soll ich glauben? Seinen Gesten?? Oder seinen nie gesprochenen Worten, die aber so einfach zusammen zufügen sind? Es scheint so einfach.. aber ich will nicht wieder in ein Loch stürzen! Ich möchte nicht wieder mein Zuhause aus Verzweiflung und Wut über mich selbst verlassen.. Ich weiß, das nächste Mal ist es nicht nur bloß für Wochen.. wohl eher für immer.. Schmerzhaft zieht sich mein Herz zusammen. Ich will doch nur die Wahrheit wissen!! Ist das wirklich zuviel verlangt..? * Seufzend tunke ich die Feder in das Tintenfass, ehe ich die Spitze an das Papier setze und meine Unterschrift unter die Bitte setze - eine eindeutige Zustimmung. Ich habe, nachdem ich Checkmate habe versorgen lassen, mich dazu entschlossen das Abendessen für heute ausfallen zu lassen und stattdessen mich an meine Arbeiten zu setzen. Es hätte doch sowieso keinen Sinn.. und Hunger habe ich auch keinen.. Mir ist klar, dass ich damit wieder Aufmerksamkeit im ganzen Palast erregen werde, aber das ist mir gerade gleichgültig. Viel zu verwirrt bin ich von Atemus Versuch.. seiner Geste. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, erscheint es mir noch unlogischer als zuvor.. Der Schock hat wohl überwogen. Zwar bin ich nun um einiges ruhiger.. Aber was bringt mir das? Dass ich jetzt besser nachdenken kann?? Ich bin trotzdem zu keiner Lösung gekommen.. nicht mal ein Stück... Anscheinend lässt sich die Wahrheit nicht einfangen - und von mir wohl schon gar nicht! Zuu gern will ich es endlich verstehen.. oder zumindest alles sagen! Noch nie war das Bedürfnis mich auszusprechen, jedes Detail von der Seele zu reden so groß!! Ist das denn kein Fortschritt? Sollte ich es dann nicht einfach tun..? Bei Ra, was hält mich hier?? Ich kann mich sowieso nicht konzentrieren.. Meine Gedanken kreisen immer nur um Atemu! Jede Brücke, die ich mir baue, führt geradewegs zu ihm.. Jedes Stück Papyrus, das ich unterschreibe - bei jedem Detail steht er im Hintergrund!! Und ich werde ihn nicht los.. Wie die Wüste wohl auch nie zurückweichen und fruchtbares Land hinterlassen wird. Müde lasse ich meine Augen über das Papier gleiten und lese mir noch einmal alles durch, bevor ich es zusammenrolle und auf den Stapel neben mir lege. Was bloß tun..? Ich möchte mit ihm reden, bei Ra!! Jetzt!!! Er ist in seinem Zimmer.. er hat nichts zu tun.. er wird doch nur darauf warten! Vielleicht eine.. Falle?? Wieder eines seiner Spielchen..? Nun hör aber auf, Yugi!! Was fantasierst du dir wieder zusammen? Du wirst hineingehen, ihn bitten, dass er dir zuhört.. und dann sagst du es.. frei heraus, ohne großes Zögern, ohne Unterbrechung irgendwelcher Sklaven. Er wird in seinem Bett liegen, nicken und dann.. dann gehst du aus dem Zimmer und.. und.. - hast es hinter dir. Mein Herz wird um einiges schwerer, ehe ich bitter leise auflache. Ja, was denke ich auch..? Dass er genau dann mir gesteht, dass auch er mich liebt?? In welchem Wunschtraum bist du jetzt schon wieder gefangen, Yugi.. Mit einem letzten Seufzen werfe ich die Papyrusrollen auf einen kleinen Haufen zusammen und lasse sie so am Schreibtisch herumliegen, bevor ich aufstehe und zu meinem Schrank gehe. Inzwischen bin ich bereits in meinem Schlafgewand - ich habe nicht damit gerechnet noch einmal mein Zimmer zu verlassen - und schäle mich aus dem langen, weißen Samtstoff, welchen ich so gern habe. Stattdessen nehme ich mir einen schmucklosen Gürtel und meinen Lendenschurz, welches ich mir beides anlege, sowie den violetten Umhang von heute. Ich denke nicht, dass ich jetzt noch etwas Besonderes anziehen muss, vor allem, da er mich ja nur für kurze Zeit sehen wird. Und noch ehe ich mich versehe.. habe ich es sicher auch schon hinter mir! Mit diesem Gedanken gehe ich, trotz meiner weichen Knie, aus meinem Zimmer hinaus, durch den inzwischen kühlen Gang, den Weg entlang zu Atemus Gemach. Meine Finger beginnen nervös zu zittern und ich merke, wie sie immer feuchter werden - schließlich auch sehr unsicher die Klinke der Tür vor mir umschließen. Ich schnappe kurz nach Luft, um mich auch ja irgendwie noch zu beruhigen, lege mir die eine freie Hand aufs Herz, ehe ich zweimal deutlich gegen das Holz klopfe. Ein gedämpftes "Bitte" ist zu hören, worauf mir erst richtig schlecht wird und ich die Lippen zusammenpresse. Es.. es geht alles gut.. Gleich stehst du wieder hier im Gang und bist total entspannt und ruhig.. Es passiert nichts Weltbewegendes.. Langsam und mit Vorsicht bewege ich die Klinke ganz hinunter, drücke die Tür nach vorn und trete so mit leisen Schritten in sein Gemach ein. Benebelt und zugleich irritiert von den Düften, die mir plötzlich in die Nase steigen, lasse ich meinen Blick unsicher durch das Zimmer wandern - bin ich denn auch richtig? - bevor ich ihn ruhig und mit ausgeglichenem Ausdruck in den Augen am Bett sitzen sehen kann. Für einen Moment bin ich zuu erstaunt und vergesse meine Nervosität, kann nur auf die vielen kleinen Kerzen achten, die in dem Raum platziert sind. "Seit wann.. hast du denn Kerzen hier stehen? Und Duftlampen??", kommt es irritiert von mir, während ich einen Schritt nach vorne mache und gleichzeitig so die Tür ins Schloss fallen lasse. "Dir auch einen schönen Abend, Cousin!", erwidert er mit einem Grinsen im Gesicht, erhebt sich gleichzeitig aus seinem bequemen Sitz und kommt auf mich zu. *** to be continued.. ^.~ Kapitel 28: Tränen der Mutlosigkeit ----------------------------------- ~~~~~~*Yugi*~~~~~~ Ich nehme ihn jedoch nur entfernt wahr, bin noch immer einfach nur verwirrt. Was soll das denn? Kerzen..? Er war wirklich nie der Typ dafür.. Hat bei meiner Leidenschaft sie zu sammeln immer nur geschmunzelt und den Kopf leicht geschüttelt. Und dann jetzt noch so viele?? Guut.. sie stehen nur in den kleineren Ecken, um anscheinend die Leere dort auszufüllen.. Aber noch nie habe ich sein Zimmer so gesehen!! Wirklich.. gemütlich und entspannend. Aber er meinte sowieso, dass er sich entspannen wollte, wieso also- "Naa Yugi? So überrascht?" Eine Hand legt sich auf meine Schulter und ich zucke automatisch auf, ehe ich ihm ins Gesicht sehe und nach einem Zögern auch leicht nicke. "Nun jaa.. Ich dachte mir, es täte zur Entspannung vielleicht gut - du meintest doch immer, dass es so wunderbar beruhigend wirkt. - Und ich gebe dir Recht, es ist wirklich sehr angenehm", schnurrt er leise, während seine Hand von Schulter aus meinen Arm hinunter streichelt. Ein Schauer geht von den Berührungspunkten aus, der so unerwartet kommt, dass ich den Arm automatisch zurückziehe. Uhmm.. rede Yugi.. sag etwas... Ich spüre seinen verwirrten Blick auf mir haften, bevor er sich wegdreht und zurück zu seinem Bett läuft. "Aber nun rede - Was führt dich zu mir? Ich hatte gar nicht mit deiner Gesellschaft heute Abend noch gerechnet..", lacht er und nimmt einen Schluck von dem Kelch, den er neben dem Bett stehen hat. Unsicher sehe ich auf, bin immer noch verwirrt durch die ganzen neuen Eindrücke und kann mich nicht so recht auf meine Worte konzentrieren. Dabei habe ich es doch soo oft im Kopf schon wiederholt! "Also.. Ich wollte.. eigentlich.." Er sieht mich erwartungsvoll an, hebt dann aber plötzlich die Hand auf der er ein Tablett trägt. "Weintrauben?" Ich lehne nur mit einem verschmitzten Lächeln und leichtem Kopfschütteln ab - Essen ist wohl wirklich das Letzte, was mir gerade in den Sinn käme! "Atemu.. ich.. ich wollte mit dir reden", schaffe ich schließlich zögernd den Anfang und sehe ihm damit direkt in die wunderschönen, violetten Augen. ~~~~~~*Atemu*~~~~~~ Ich lache leise in mich hinein. "Das dachte ich mir schon.. Warum sonst solltest du mich in meinem Gemach aufsuchen? Ich höre dir zu... Womit kann ich dir helfen, Cousin?" Wie schüchtern er doch ist... richtig niedlich. Bei Horus... Ich hätte nicht gedacht...! Er ist wahrhaftig hierher gekommen... Ich hätte dies so schnell nicht für möglich gehalten! Auf seine Antwort wartend, zupfe ich mir selbst eine Weintraube von der Rebe, auf dem Tablett, welches ich vor mir liegen habe, ab und stecke sie mir langsam in den Mund, um in gleicher Geschwindigkeit auf ihr zu kauen. Ich liege seitlich auf einer Hälfte meines Bettes, die Beine angezogen und den Kopf auf meinen linken Arm gestützt, dessen angewinkelter und im Kissen vergrabener Ellenbogen mich stützt. Mit der rechten Hand pflücke ich mir eine weitere Traube vom Tablett. Auch ich muss mir selbst eingestehen, dass mich sein Besuch auf eine gewisse Art ebenso nervös macht. Er stand so plötzlich in meinem Zimmer... ganz in weiß gekleidet mit dem dunkelvioletten Umhang - so einfach und schmucklos gekleidet... und trotzdem faszinierend. Der Schein der Kerzen tut sein Übriges, durch das flackernde, ungleichmäßige Licht im Halbdunkeln wirkt Yugi noch eine Spur mysteriöser und zarter als sonst. Seine Augen leuchten voller Entschlossenheit, sind sogar eine Spur dunkler als gewohnt - oder scheint es jetzt am Abend bloß so zu sein..? Trotz allem wird sein Gesichtsausdruck von Zweifel... und ja, auch Furcht geprägt... Warum nur?? Er ist schließlich freiwillig gekommen... Der berühmte Wink mit dem Zaunpfahl schien also doch funktioniert zu haben.. "A-also Atemu... ich.. ich... Ich wollte mit dir reden... im Vertrauen... und.. wir sind doch Freunde...oder? Egal, was auch immer passieren mag? Ich muss das vorher wissen!! Du musst mir bitte bestätigen, dass wir Freunde sind! Wir... wir kennen uns doch jetzt schon soo lange... und... Ach, bei Raa.." Verwirrt lege ich den Kopf schief. Er kommt, um mit mir über Freundschaft zu reden..? Was soll das? Warum tut er das?? Ist ihm denn nicht klar... dass wir irgendwie schon... viel mehr geworden sind? Ganz von allein... es hat sich so ergeben... Und wir sind in etwas hineingerutscht.. Jedes Mal, wenn wir miteinander redeten, ein Wort wechselten... wenn wir uns gegenseitig ansahen.. eine flüchtige Berührung austauschten... Ich hatte das Gefühl, dass es für uns beide etwas ganz Spezielles war - nicht etwa der ganz normale Umgang zweier langjähriger Freunde miteinander. Ich hatte das Gefühl, dass sich ein gewisses Spannungsverhältnis zwischen uns aufgebaut hatte... eine knisternde Spannung. Die jeglicher unserer alltäglichen Gesten einen besonderen Stellenwert zusprach. Dies führte dazu, dass ich mein gesamtes Verhalten gegenüber Yugi geändert habe... Ich habe versucht, ihm klar zu machen, dass sich zwischen uns etwas verändert hat. In keinstem Sinne negativ verändert. Aber unsere Beziehung zueinander ist nicht mehr dieselbe, wie sie es einst war. Von beiden Seiten aus. Und genau darum sollten wir nicht krampfhaft an vergangenen Denkweisen festhalten. So tun, als hätte sich nichts verändert... Denn das hat es sich. Nach langem Nachdenken habe ich eingesehen: Ich liebe Yugi. Und sein Verhalten ist so eindeutig... dass es keine einseitige Liebe sein kann. Warum reagierte er also nicht auf sämtliche meiner Andeutungen? "Freunde?", wiederhole ich lächelnd und stelle dabei geistig abwesend das Tablett zur Seite. "Sicher sind wir das... Auf gewisse Weise... Wir kennen uns jetzt schon eine halbe Ewigkeit... Wissen alles über den Anderen, kennen seine Stärken und Schwächen und wir vertrauen uns, richtig? Aber ich verstehe nicht, wo dein Problem liegt?" Nach außen ernst bleibend, bildet sich in meinem Inneren ein verschwörerisches Grinsen. Ich glaube... Ich verstehe, woraus er hinaus will. Aber so einfach werde ich es ihm nicht machen... Er hat extra den Mut aufgebracht, mich hier aufzusuchen... Wahrscheinlich um genau das zu klären, was zwischen uns bereits unabbringlich in der Luft schwebt. Die Veränderung ist da.. und ich begrüße sie. Jetzt muss das Kind nur noch beim Namen genannt werden... Jeder von uns beiden weiß, wie sich diese Anziehungskraft, die uns beide wie zwei Magnete ständig voneinander fesseln lässt, nennt. Und nun ist Yugi also gekommen, um den letzten Schritt zu wagen... Also wird er auch brav einen Fuß vor den Anderen setzen müssen - und ich werde auf der Stelle stehen bleiben und warten, bis er bei mir ankommt. Nur so wird er stärker werden und Vertrauen fassen... Nicht, wenn ich ihm entgegen komme... Mein mentales Grinsen wird breiter. Genau deshalb habe ich ihm auch die Freundschaft bestätigt. Liebe wächst aus Freundschaft, sie braucht diese Grundbasis... ansonsten zerfällt sie viel zu schnell bereits wieder. Außerdem kenne ich meinen Cousin 16. Grades nur zu gut... Wenn ich ihm nun offenbart hätte, dass eine Freundschaft wie bisher nicht in meinem Sinne läge... ohne zu erwähnen, dass ich an viel mehr interessiert wäre, da ich ihm damit alles zu sehr erleichtern würde... Nein, dann hätte ihn komplett der Mut verlassen! Dies ist hier wohl die einzige Chance für ihn - und wohl auch die letzte. Immerhin hat er schon genug vertan... Ansonsten müsste ich die Initiative ergreifen... Und das versuche ich bereits seit soo vielen Wochen zu verhindern - denn ich neige dazu, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Wer könnte es einem Pharao verübeln? Aber ich habe mit mir selbst ausgemacht, dass ich die magischen Worte von Yugi zuerst hören möchte. Nur so lernt er dazu und gewinnt mehr an Selbstvertrauen. Doch seinen Gesichtsausdruck scheint auch diese Aussage nicht zu beruhigen und auch noch immer bekommt er keinen flüssigen Satz über die Lippen: "Freunde... J-ja... wir sind Freunde... für immer.. Das.... das ist gut...", er schluckt trocken, ich kann beinahe hören, wie ausgetrocknet sein Mund sein muss, seine Stimme klingt so rau. "Sicher, dass du doch keine Weintraube möchtest?", lenke ich fürsorglich ein und versuche die Atmosphäre so zwischen uns zu aufzulockern. Yugi steht einfach nur wie versteinert da, lässt mutlos die Arme hängen und starrt den scheinbar interessanten Steinboden an. Ach, mein Kleiner... Sag es mir doch einfach... es ist doch offensichtlich, was dir auf dem Herzen liegt... "Nein... keine Weintraube....", murmelt er einfach nur mit immer leiser werdender Stimme und ich kann den Kloß in seinem Hals trotz der Entfernung und des schwachen Lichtes deutlich stetig anschwellen sehen. Missmut schleicht sich auf seine Gesichtszüge, sein Kopf senkt sich und ich sehe ihn innerlich mit sich selbst kämpfen. Oh bitte.. Ihn so zu sehen versetzt mir Stiche im Herzen! Bei Ra, ich kann ihn doch nicht so hilflos und verlassen dort stehen lassen! Er schafft es wohl doch nicht alleine... habe ich ihn unterschätzt?? Er... sieht so verletzlich aus... So traurig.. Schuldgefühle machen sich in mir breit. Ich mache es ihm extra schwer... Ob ich... ob ich nun doch aufstehen sollte..? Zu ihm gehen... Ihn in den Arm nehmen, schützend an mich pressen... und dann in seine tiefen, treuen, wunderschönen Amethyste schauen? Dann würde ich jegliche Vorsätze und Pläne vergessen. Ich kann ihn nicht leiden sehen.. Ich würde ihm mal wieder völlig verfallen... ihn küssen und direkt im Anschluss meine Gefühle gestehen... Nur um ihn wieder Lächeln zu sehen. Ja, um ihn zum Strahlen zu bringen - in sein glückliches Gesicht zu blicken! Ihn so unendlich glücklich zu sehen, wenn er erfährt, dass wir offensichtlich das Gleiche fühlen...macht auch mich unbeschreiblich froh. Ich möchte ihn für immer in meinen Armen halten und nie wieder loslassen! "Atemu! Bitte! Ich... Ich.. Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll... Ich... kann mein Anliegen nicht in Worte fassen... Ich..." Seine Stimme wird von Wort zu Wort höher, piepsiger. Ich seufze leise, aber tief. Ich kenne dieses Zeichen - so kündigte er schon immer an, dass er den Tränen so nahe war... "Komm her... Yugi...", flüstere ich ebenso, um die um uns entstandene, ruhige Atmosphäre nicht mit lauten Worten zu zerbrechen. Eigentlich hatte ich auch genau um diese Stimmung für mich selbst zu erzeugen einige Kerzen im Raum aufgestellt - ich wollte eine ruhige, zum Entspannen gut geeignete Atmosphäre schaffen. Nach den letzten, anstrengenden Tagen hielt ich es für ein gutes Mittel, einfach besser abschalten zu können. Daraufhin richte ich mich aus meiner halb liegenden Haltung auf und schiebe das Obsttablett zurück auf den Nachttisch, um mich an den Bettrand setzen zu können. Mit meiner rechten Hand klopfe ich auf den großen, freien Platz neben mir, deute ihm so, sich zu mir zu setzen. Der Drang, ihn in den Arm nehmen zu wollen und einfach ganz nah bei ihm zu sein, ihm zu zeigen, sich bei mir sicher zu fühlen, wird immer stärker. Doch er schüttelt nur den Kopf, dass seine blonden Strähnchen nur so fliegen und fixiert mich wieder mit großen, feucht glänzenden Augen. "Nein! Ich wollte es doch so schnell wie möglich hinter mich bringen!" , jappst er sicher enttäuscht über sich selbst und ich kann ihn sich im schwachen Licht der Kerzen auf die Lippen beißen sehen. Natürlich ist er frustriert über sich selbst... Gib nicht auf, Yugi... Ich weiß, du hast diese Kraft! Außerdem... solltest du ein bisschen besser nachdenken. Ich seufze ein zweites Mal, dieses Mal leiser und kürzer. Auch wenn ich nicht schon in den ganzen letzten Tagen - und gar Wochen - erkannt hätte, was du für mich fühlst... Das, was du mir nun sagen möchtest... ist ziemlich offensichtlich. Die Formulierungen... das Gestammele.. Ich glaube so ziemlich jeder an meiner Stelle wüsste nun zumindest, in welche Richtung sich dein Anliegen sich richtet, kleines Licht... Ich muss unwillkürlich lächeln. Er ist ja so süß naiv... Er hat es nicht verdient, dass ich ihn so zappeln lasse... Aber andererseits meine ich es doch nur gut.. Ich kann ihm nicht jede Situation im Leben aus der Hand nehmen! "Nun komm schon her... Du kannst mir auch hier erzählen, was dich bedrückt.." , flüstere ich erneut mit möglichst sanfter und verständnisvoller Stimme. Es wäre ein riesiger Vertrauensbeweis für mich, wenn er sich tatsächlich überwinden könnte, mir seine Liebe zu gestehen.. Ich rücke nur als pure, optische Geste ein Stückchen weiter zum Kopf meines Bettes, um es so wirken zu lassen, als schaffe ich extra für ihn einen Sitzplatz neben mir. Denn natürlich ist mein Bett noch lang genug, dass außer ihm noch fünf weitere Personen hätten Platz finden können... Ich strecke den rechten Arm aus und lächele ihn freundlich an. Es dauert noch einige weitere Sekunden, ehe er sich wie durch ein plötzliches Signal von seinem Standort löst und wie in Zeitlupe zu mir herüberkommt. Ich greife nach einem seiner Arme und zwar dem, der sich am besten für mich erfassen lässt und ziehe ihn das letzte Stück zu mir heran. Doch Yugi macht keinerlei Anstalten, sich neben mich zu setzen. Sein Blick noch immer auf seine - oder auch mittlerweile meine, da diese direkt an die seinigen angrenzen - Füße gerichtet, steht er unbeweglich vor mir, als habe er einen Stock verschluckt. "Pharao...", entflieht es seiner Kehle und anhand der merkwürdig verzerrten, hohen Stimme weiß ich sofort, dass er innerlich bereits weint - sich nur äußerlich noch krampfhaft die Tränen zurückpresst. "Sscchht... Schon gut... Erzähl es mir gleich..", lenke ich ab und schlinge meinen rechten Arm um seine schmächtige Taille, drücke ihn einen Schritt weiter nach rechts und ziehe ihn dann mit einem kleinen Ruck seitlich auf meinen Schoß, was Yugi nur mit einem erstickten Quietschen beantworten kann. Große, traurige und verbitterte Augen sehen mich verständnislos und fragend an - und schon im nächsten Moment spüre ich auch schon seine Arme sich wie Kletterpflanzen um meinen Hals winden und sein Gesicht vergräbt sich in meinem goldenen Nachtgewand. Hemmungslos schluchzt er auf, drückt mich mit den Armen ganz fest an sich, als befürchte er, ich würde ihn bereits im nächsten Moment achtlos und gefühlskalt davon stoßen - klammert sich an mich, als wäre ich sein letzter Rettungsmast. Und schon im nächsten Moment spüre ich nasse, aber heiße Tränen durch den Stoff auf meine Brust sickern. Ist... ist das jetzt meine Schuld..? Was habe ich getan? Ich hebe meinen rechten Arm an und suche mir mit der Hand den Weg unter sein dichtes Haar am Hinterkopf, wo ich ihn sanft und beruhigend zu kraulen beginne. Ab und zu flüstere ich ein paar leise, beruhigende Worte zu ihm, einfach um zu zeigen, dass ich für ihn da bin - dass er sich immer an mich wenden kann. Und natürlich auch um ihn zu ermutigen! Damit er sich wieder fängt und spürt, dass ich es wirklich ernst mit ihm meine. Ob er dann seine Angst besser überwinden kann? Wenn er spürt, dass uns tatsächlich ein festes Band verbindet? Lange Zeit ist einfach nur sein Schniefen und Schluchzen zu hören, bis dies zusammen mit seinen Tränen ein wenig nachlässt und eher seine schwere Atmung zu hören ist. Der erste, heftige und unkontrollierte Gefühlsausbruch hat nachgelassen, stattdessen sitzt er einfach weiter auf meinem Schoß, die rechte Wange an meine Brust gebettet. "Ich bin sooo unfähig...", kommt es nach einer Zeit des gemeinsamen Schweigens von ihm. Ich streiche ihm einfach gleichmäßig über die linke Wange, wische ihm so die hin und wieder nachrinnenden feuchten Tropfen von dieser. "Nein, das bist du ganz sicher nicht. Und ich könnte es dir sicher noch besser ausreden, wenn du mir eröffnest, worum es überhaupt geht..." Ein schweres, tiefes Durchatmen ist die Resonanz. "Ich habe Angst, Atemu... einfach Angst... Ganz schreckliche Angst..." "Wovor?", antworte ich und senke meinen Kopf dazu ein wenig, um ihm meine Worte genau ins Ohr hauchen zu können. Will ihm so meine Zuneigung signalisieren... mein Bedürfnis nach Nähe und Körperkontakt. Statt einer Antwort erkenne ich als Reaktion auf mein Tun eine Gänsehaut, die scheinbar ganz plötzlich seitlich an seinem Nacken in Ohrnähe auftaucht. "Vor Veränderungen... Vor der Zukunft...", wispert er schließlich erschöpft, nachdem ich eine weitere Minute gewartet habe. "Das haben wir alle, Aibou.." gebe ich seufzend zurück und streiche ihm dabei ein paar lästige Strähnen aus dem Gesicht. "Ja... aber ich meine eine ganz besondere... Wie hast du mich eben genannt?" Mit einem unerwarteten Ruck reißt er seinen Kopf hoch, dreht sein Gesicht ein wenig, so dass er mir genau in die Augen sehen kann. Ich versinke in seinen glitzernden, traurigen aber gerade vor Verwunderung und Überraschung funkelnden, violetten Spiegeln der Seele. "Aibou", wiederhole ich ruhig und ohne den entstandenen Augenkontakt zu brechen, weiß, dass er mich trotz der fremden Sprache verstanden hat und schaue ihn weiter fest an, "gefällt dir der Spitzname nicht?" Ein leichter Rotschimmer schleicht sich auf seine Wangen, was ihn einfach nur zum Vernaschen niedlich macht! Oh bei Osiris - wie süß er doch ist! Wie gerne würde ich ihn jetzt einfach küssen... Sein Gesicht ist so nahe... er sieht mich einfach an.. die Atmosphäre ist ruhig, wir sind ungestört... Und sicher würde ich ihn unbeschreiblich glücklich machen, wenn er merkt, wie viel er mir bedeutet.. Aber... würde ich ihm mit einem Kuss denn nicht sämtliche Worte aus dem Mund nehmen? Mit diesem Schritt würde ich ganz klar mein eigenes vorgehen, meinen Plan, selbst zunichte machen. So zaubere ich einfach für ihn ein warmes Lächeln auf die Lippen. "D-doch... der Name geht in Ordnung.. Ich meine.. er ist schön.. aber... aber...? Partner?? Ich?? Warum? Wieso?? Atemu, ich verstehe nicht!" Ich streife mit der Hand, die bisher an seiner Wange gelegen hatte, über seinen zierlichen, schönen Hals und genieße die weiche Haut unter meinen Fingern, während er mich einfach nur mit weit aufgerissenen Augen anstarrt. "Warum denn auch nicht? Wir arbeiten doch nicht nur beruflich zusammen.. sondern stehen doch auch privat im tiefsten Vertrauen und Zuneigung zueinander... Ich finde die Bezeichnung für dich einfach passend!" Meine Hände wandern ein weiteres Stück abwärts bis zu seinem Brustansatz und fahre dort erst sein linkes, dann das rechte Schlüsselbein verspielt mit Zeige- und Mittelfinger nach. Scharf zieht er daraufhin die Luft ein, hält zuerst starr wie eine Statue inne, dann zucken seine Beine einmal und Yugi rutscht innerhalb von Bruchteilen von Sekunden ein klein wenig auf meinem Schoß nach vorne. Alles wirkt so, als würden seine Füße Bodenkontakt suchen, als wollte er aufspringen und wegrennen. Doch er bleibt sitzen, seine Finger krallen sich lediglich verstört tiefer in mein Oberteil - ich kann den Griff sich festigen spüren - und starrt ungläubig auf meine Hände an seiner Brust. "Ich... ich... nein, Atemu... nicht... Ich... muss gehen...", flüstert er mit trüber, kraftloser Stimme. "Ich... muss schlafen... bin... überarbeitet...", brabbelt er weiter vor sich hin und sein Blick, als ich ihm endlich wieder in die Augen sehen kann, wirkt so leer. So schmerzhaft und enttäuschend leer. "Ssscht...", hauche ich zurück und hebe meine rechte Hand von seiner Brust, lege ihm sachte zwei Finger auf die Lippen. "Das bist du nicht... weder noch... Ich dachte, du bist gekommen, um mit mir zu reden?", erinnere ich ihn, versuche so, seinen offenbar bereits wieder den Nil herab geschwommenen Mut hinterher zu jagen. Währenddessen streiche ich sanft mit den Fingerkuppen die Konturen seiner Lippen nach. Sie sind ja so weich... so süß... und sie schmecken noch viel besser, als sie aussehen... Ein einfaches Kopfschütteln folgt. Seine Beine strecken sich, seine Zehenspitzen erreichen schließlich den Boden - gerade will ich ihn aufhalten, da muss ich bereits feststellen, dass er anscheinend gar nicht vor hat, mal wieder vor seinen Problemen und Sackgassen, in die er sich verirrt hat, davon zu rennen - er bleibt ruhig auf meinem Schoß sitzen, nur seine Zehenspitzen ziehen nervöse, kleine Kreise auf dem dunklen, kalten Steinboden. Für mich ein direkter Hinweis darauf, dass er nicht wirklich vorhatte, zu flüchten. Es ist also noch genug Stärke in ihm vorhanden, den Schritt durchzuziehen, für den er mich extra an meinem freien Abend aufgesucht hat. Und in diesem Moment forme ich meine bisherigen Vorstellungen um und erschaffen einen radikalen Entschluss: Yugi wird mein Gemacht nicht eher wieder verlassen, bis er sein Geständnis über die Lippen gebracht hat! Und wenn es die ganze Nacht dauern sollte... Ich habe Zeit... Und ich kann wahrlich sagen, dass mir zur Zeit nichts lieber als seine Gesellschaft ist! Und wenn er erstmal damit rausgerückt ist... dann werde ich ihm auch meine Gefühle gestehen... und er wird freiwillig bei mir bleiben... Wenn er es sich selbst, beziehungsweise uns doch nicht so schwer machen würde!! Sein verletztes Gesicht... sein Leid zerreißt mir fast das Herz! Ich meine es doch nur gut mit dir, Yugi! Springe doch endlich über deinen eigenen Schatten... *** Kapitel 29: Strange Melodies ---------------------------- ~~~~~~*Atemu*~~~~~~ "Ach... Yugi..." Leise lasse ich die Luft aus der Nase ausströmen. Was mache ich nur mit dir? Meine Arme wandern abwärts, bis zu seiner Hüfte, die ich dann auch mit diesen umschließe. Ich sorge für einen sicheren Halt - ehe ich einfach das Gewicht nach hinten verlagere und er mit mir haltlos nach hinten aufs Bett kippt und auf mir zum Liegen kommt. Ein erstickter, erschrockener Schrei verhallt gerade noch bei der Landung und riesengroße, verstörte, violette Augen starren mich halb panisch, zur anderen Hälfte gefüllt von Unverständnis und auch ein wenig ängstlich an. "Atemu!!", quietscht er aufgebracht, scheint es im ersten Moment für einen echten Unfall gehalten zu haben und augenblicklich heben sich Rücken und Hüfte an, im Versuch sich schleunigst wieder aufzurichten. "Hast du dich verletzt?!" Doch meine Arme sind noch immer fest um seine Taille geschwungen, dass er gar keine Chance dazu hat und ihm einfach nur ein überraschter Laut entweicht. Ich kichere leise in mich hinein. "Nein, mir geht es gut, danke", lächele ich, löse meinen Griff um seine Hüfte und streiche ihm stattdessen durchs Haar. Na komm schon, Cousin.. Wie deutlich muss ich noch werden..? Du kennst mich doch! Du weißt, dass ich sonst nicht so zu jedem bin! Genau genommen, dass ich bei niemanden außer dir je so übermütig war... Mich nirgends so wohl und geborgen gefühlt habe, wie bei dir... Wenn du bei mir bist, kann ich mich auch richtig entspannen.. Warm betrachte ich ihn, versuche ihn mit Blicken geradezu aufzufordern, es mir endlich zu sagen! Yugi allerdings seufzt nur schweren Herzens und ehe ich reagieren kann, ist er auch schon seitlich an mir herab gerutscht, liegt einfach platt und mental erschlagen auf der Seite, den Kopf von mir weggedreht. "Yugi? Ist denn auch alles in Ordnung mit dir? Hast du Schmerzen?", versuche ich ihm entgegen zu kommen und richte meinen Oberkörper auf, rutsche dann genau hinter ihn und setze mich in den Schneidersitz. Ohne auf eine Antwort zu warten, lege ich eine Hand auf seinen Rücken und beginne ihn dort beruhigend zu streicheln. Als würde er stumm die langsamen Berührungen genießen, dauert es eine halbe Ewigkeit, bis er antwortet: "Ja... alles in Ordnung... Nur müde... ehrlich... Dein Bett ist so schön warm und weich..", nuschelt er mit deutlicher Traurigkeit und einer Leere an Emotionen, wie ich es kaum von ihm kenne. "Ich könnte auf der Stelle einschlafen...", setzt er nach einer Weile noch hinzu. Ich glaube noch nicht einmal, dass das unbedingt eine Lüge ist. Er ist sicher erschöpft - aber das nicht unbedingt wegen Schlafmangels. So viel Druck, Angst, Stress und Zweifel, wie er sich macht, ist es kein Wunder, dass er sich körperlich am Ende fühlt... Und warum das alles? Warum? Nur weil er Angst vor diesen drei Worten hat..? Was sollte ihm denn dabei passieren..? Das Schlimmste, was ihm passieren könnte wäre doch, dass ich seine Gefühle entschuldigend von mir weisen müsste... Ich würde es ihm so vorsichtig wie möglich beibringen, um ihn so wenig wie möglich zu verletzen! Aber... ist denn meine Antwort nicht schon soo offensichtlich?? Damit will ich es ihm gerade erleichtern.. Vielleicht muss ich auch erst noch einen Schritt weiter gehen..? "Mhm... Wenn du so erschöpft bist, dann entspann dich einfach...", raune ich ihm in die Nähe des Öhrchens, nachdem ich mich vorgebeugt habe, um meine Hand besser unter sein Gewand schieben zu können. Wie auf Kommando spannt mein Cousin sämtliche Muskeln an - ich habe beinahe das Gefühl, er krümmt sich bereits zusammen. Seine Atmung wird ebenfalls lauter und da es völlig still im Raum ist, kommt mir deutlich zu Ohren wie unregelmäßig und stoßweise sie doch geht. "Ich meine es doch nur gut mir dir..", versuche ich zu beruhigen. Oh bei Horus... seine Haut ist so wunderbar warm und glatt.. wie die eines kleinen Kindes. Wie kleine Blitze von meiner Handfläche aus kommend, zucken dauernd winzige Stromschläge durch meinen Arm, die sich als angenehmen Kribbeln im ganzen Körper ausbreiten. Es fühlt sich soo gut an, ihn zu streicheln.. so interessant.. aufregend! Meine Hände werden forscher, suchen sich den Weg zu seiner Seite, die frei nach oben liegt und die er mir damit so wunderbar anbietet. Auch lässt meine Rücksicht nach, da ich deutlich spüren kann, wie die Verspannung langsam, sehr langsam abschwillt - jedoch ein wenig die ganze Zeit über erhalten bleibt. Es liegt eine ebenso angespannte und unnatürliche stille Atmosphäre im Raum, während meine streichelnden, kraulenden Hände überall auf seinem Rücken und der Seite jeden Zentimeter seiner Haut erkunden. Besonders ziehen Hüfte und die schmale Taille meine Aufmerksamkeit auf sich, werden besonders intensiv gestreichelt oder ich fahre sanft mit dem Finger die Konturen nach, die der Hüftknochen verraten lässt. Minutenlang passiert nichts weiter - und ich warte, warte auf eine Reaktion von ihm. Hoffe, dass er sich beginnt, wieder wohler zu fühlen.. wieder Mut zu finden. Ich möchte, dass er die Streicheleinheiten genießt... mich vielleicht dazu auffordert, sie an seinem gesamten Körper auszuweiten, wonach es mich nur all zu sehr verlangt. Immer schwerer kann ich mich zurück halten... Es wäre so einfach... ich müsste einfach nur von der Seite weiter hinunter rutschen... und seine Brust verwöhnen.. Eine kleine Welle von Lust schäumt in mir empor. Was wir alles machen könnten... wenn wir endlich ein Paar sein würden... wenn er sich mir nur hingeben würde... Raaa... Rede, Yugi! Rede! Ich schließe die Augen, atme tief durch und zwinge mich zur Vernunft. Ein Glück kann er keine Gedanken lesen.. Wenn er das eben mitbekommen hätte.. Ich möchte doch nicht nur mit ihm zusammen sein, um seinen Körper zu bekommen!! Nein, niemals wäre das mein Ziel - ich liebe sein Wesen, sein Inneres - und seinen Körper nur zweitrangig. Und ich weiß genau, dass Yugi schrecklich schüchtern ist.. und misstrauisch und verletzlich... Ich habe noch zu warten. Wenn ich ihn in etwas hinein dränge, wenn wir gerade erst zusammen sind... Er braucht Zeit. Und genau diese Einstellung schätze ich auch so an ihm. Ob er wohl... deswegen noch.. eine Jungfrau ist? Ich grinse in mich hinein. Sicher ist er das... ganz sicher. Und der Gedanke reizt mich... Für ihn gibt es solche Spielchen und Genüsse ganz sicher nur aus tiefster Liebe und Vertrauen heraus. Er war niemals der Mensch, den man für eine Nacht, ein Abenteuer haben konnte. Es ist verständlich, dass er sich benutzt vorkäme... Aber vielleicht.. ja, vielleicht... Meine Fingerspitzen krabbeln langsam von seiner Taille aus weiter nach vorne, erkunden Zentimeter für Zentimeter neue Haut. Erreichen schließlich seinen Bauch und ziehen probeweise einen kleinen Kreis auf der warmen Fläche, die sich plötzlich wie verrückt im Takt der Atmung hebt und senkt Und schon sehe ich einen seiner Arme zucken und bereits im nächsten Moment hält er meinen forschenden Unterarm fest. "Was... was tust du...Warum.. Ich..", sein seitlich liegender Kopf hebt sich an und dreht sich ein Stück nach hinten, um Blickkontakt mit mir zu suchen. Geweitete, verständnislose und ängstliche Augen starren mich an, warten auf Erklärung. Er ist ja so niedlich... so wunderschön... "Jaa? Was ist denn los, Yugi?", frage ich ihn mit möglichst unschuldig klingender Stimmlage und verführerischem Blick. Dann ziehe ich meinen Arm unter seinem Oberteil, der noch immer auf seinem Bauch gelegen hatte, hervor, und lasse es so aussehen, als wolle ich ihn komplett von seinem Körper nehmen. Wie erhofft reagiert Yugi und lässt seinen Griff ebenfalls los, so dass seine Hand zurück sinkt. "Ich möchte nur dafür sorgen, dass du dich entspannst. Gefallen dir die Streicheleinheiten denn nicht? Mir ist es wichtig, dass du dich bei mir wohl fühlst...", schnurre ich direkt über seinem Gesicht und versuche ihn ein wenig einzulullen. Meine rechte Hand legt sich währenddessen auf seine oben liegende Schulter und ehe er reagieren kann, drücke ich ihn fest und trotzdem sanft hinunter, so dass mein Cousin vor mir auf dem Rücken liegt. "Atemu!!", quietscht Yugi erneut und will sofort aufspringen - doch ich halte ihn mit sanften Druck auf der Brust nach unten. "Sscchhh... es ist doch nichts passiert... Bitte bleib doch noch etwas bei mir... Ich fühle mich sonst so allein..", hauche ich und streiche ihm liebevoll dabei über die Wange. "Es wäre schön, wenn du diese Nacht bei mir verbringen könntest... Ich... ich wollte dich schon die ganze Zeit darum bitten, Cousin... Aber da ich dachte, du würdest mir zuerst von deinem Anliegen berichten... wollte ich dich nicht unterbrechen." Ich ändere meine Sitzposition so, dass ich seitlich genau neben ihm sitze, die Beine flach angewinkelt, so dass ich das linke durch mein Nachtgewand ein wenig anheben kann. "Ich habe schon den ganzen Abend so schreckliche Schmerzen an meiner Narbe... Der Speereinstich von damals... Ich glaube, ich habe die Stelle beim Training vorhin zu stark angespannt und beansprucht... Ich fühle so einen reißenden, stechenden Schmerz! Und..." Ich nehme meine Hand von seiner Wange, ziehe ein unschuldiges, leidendes Gesicht und sehe an Yugis erschrockener Mimik sofort, dass er jedes Wort für absolut wahr erachtet. Seine Wangen werden ein wenig fahl und deutlich ist ihm der Schreck und die Sorge abzulesen. Ich greife nach seiner rechten Hand und platziere sie schön weit oben auf meinem noch immer leicht angehobenen Schenkel. "Fühl mal... die Stelle ist schon ganz warm..." Es fällt mir nicht schwer, die Stimme ein wenig rauer und tiefer zu stellen, passend um ihn einzuwickeln. Yugi sorgt schon in diesen Minuten mit seinem unheimlich süßen und schüchternen Verhalten fast allein dafür, dass ich dieses verführerische Verhalten an den Tag lege. Er dagegen verharrt einfach nur wie versteinert neben mir in seiner halb sitzenden, halb liegenden Position - er musste sich ein wenig mit dem Oberkörper aufrichten, um meine Narbe zu erreichen - und als wäre sein Kopf aus Glas, kann ich es darin arbeiten sehen. Habe ich ihn etwa überfordert...? "Ihr.. ihr solltet nach einem Mediziner schicken, Atemu! B-bevor.. etwas ernsteres-" "Ich habe aber eine persönliche Abneigung gegen diese lästigen Menschen! Ich hatte wahrlich genug mit ihnen zu tun.... Unterwegs hast du mich doch auch so gut versorgen können! Ohne dich hätte ich sogar überhaupt nicht bis nach Theben überlebt... Magst du es dir... denn nicht wenigstens mal anschauen? Vielleicht weißt du Rat..." Ohne auf eine Antwort zu warten, denn außer einem trockenem Schlucken seiner Kehle erkenne ich keine sonstige Resonanz seiner Lippen, die sich teilen müssten um zu antworten, mache ich mich daran, mein Nachtgewand langsam hinauf zu schieben. Auch wenn Yugi diese Stelle meines Körpers bereits kennt... der Umstand damals war ein anderer als jetzt... Und er scheint das auch genauso zu sehen... sonst würde sich sein Lidschlag nicht so unnatürlich oft erhöhen und mir so seine Anspannung und Nervosität verraten. Mit einem leisen Räuspern, setzt er sich schließlich auf, scheint jedoch es dabei nicht zu wagen den Blick auf etwas Anderes zu richten, als meine Narbe, die nun Stück für Stück zum Vorschein kommt. Ich sehe in sein Gesicht und das Bild, was er mir liefert, lässt nun mich auch selbst erschaudern.. Unschuldige Gier lese ich in seinen Augen.. Yugi, Yugi.. Dabei kennst du diese Stelle meines Körpers doch schon. Ein leichtes Grinsen zieht sich über mein Gesicht, als er schließlich, nach einem kurzen, bloß sichtbaren Schlucken, meinen Oberschenkel berührt und dabei die Narbe leicht entlang fährt.. Mhmm.. unglaublich.. ,Höher..', kommt es mir unmittelbar in den Kopf, doch sofort unterdrücke ich den Gedanken - wohl eher die Bilder! - und konzentriere mich stattdessen wieder auf Yugis Tun und Handeln. Doch dieser scheint gar nicht zu merken, was er mit dieser einfachen Streichelei anrichtet! Nicht nur er.. sucht.. - Heftig beiße ich mir auf die Unterlippe als er oben angekommen ist, erschaudere. Ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen! Ein angenehmes Kribbeln geht inzwischen von der Stelle aus.. Bei Raaa.. einfach zu angenehm, um es zu ignorieren... Was für eine süße Tortur habe ich mir jetzt schon wieder aufgehalst..? Und das freiwillig... Doch wer kann auch bei dem Wesen vor mir lange seine Hände still halten? Und noch länger zu warten, würde selbst mir zu lange dauern!! Ich unterdrücke den Impuls mein Becken zu heben und seine Hand die letzte Strecke nach vorne zu bringen, denn damit hätte ich ihn dann wohl endgültig vertrieben! Auch wenn es mir unglaublich verlockend erscheint.. Der süße, erschrockene Ausdruck in seinen Augen und der tiefe Rotton in seinem Gesicht gibt ihm immer ein besonders anziehendes Bild. Vielleicht sollte ich doch... -"Tut.. es wirklich so weh..?", huscht es über seine Lippen, worauf ich überrascht meine halbgeschlossenen Augen wieder auf Yugi richte und benebelt weiter zu ihm starre. Zwar hat er ziemlich leise gesprochen, aber doch habe ich es verstanden - sogar viel zu deutlich. Seine Stimme ist mit Sorge getränkt, trotzdem schwingt dieser raue, verlockende Unterton mit, was er selbst anscheinend gar nicht richtig wahr nimmt. Weh tun..? Oh Horus.. Wenn es doch nur das wäre!! Wohl eher eine süße Qual... Und er soll bloß nicht aufhören! Doch statt ihm direkt zu antworten, nicke ich nur, traue meinem Mund, dem inzwischen immer wieder leise Laute der Zufriedenheit entwischen wollen, nicht mehr. Währenddessen versuche ich einen möglichst schmerzverzerrten Gesichtausdruck hinzubekommen, etwas, das mir aber inzwischen nicht mehr allzu schwer fällt.. Viel zu gefangen bin ich in meinen Gefühlen.. denn er hört trotz meines Nickens nicht auf meine Hautstelle auf- und abzufahren... Yuuugi.. Weißt du, was du hier anstellst..? Doch statt dem naiven Gesichtsausdrucks meines Gegenübers zu trauen, sammle ich meine Stimme wieder und die Entschlossenheit kehrt in meinen Geist zurück. Noch bin ich nicht fertig.. Im Gegenteil, unser Spiel hat gerade erst angefangen! Du musst noch immer ein kleines Geständnis loswerden, Cousin... Und wenn nicht jetzt.. wir haben die ganze Nacht für uns, Yugi... "Du könntest mich doch mit einer deiner Salben eincremen?", schnurre ich ihm entgegen, rücke demonstrativ ein Stück näher, worauf sich seine Haltung wieder ein wenig verspannt. "Die wirkten schließlich wahre Wunder während unserer Reise.. - Und ich hätte ein paar hier! Die Mediziner waren so vorsorglich und haben mir das Nötigste an Medizin dagelassen. Möglicherweise sind sie ja deinen ähnlich..?" Ich hebe langsam meine Hand, streiche seinen Oberarm, den ich ohne Probleme nun erreichen kann, intensiv entlang und spüre ihn sofort erschaudern, dann jedoch zögern. "Ich.. ich könnte.. In meinem Zimmer.. da wären...-" Mit einem schnellen Ruck ziehe ich ihn das letzte Stück, welches uns trennt, zu mir und flüstere mit zittriger Stimme in sein Ohr: "Ich bin mir sicher.. die Salben von den Medizinern tun es auch..?" Das - oder wohl eher der bebende Unterton von mir - überzeugen Yugi schließlich komplett und er nickt leicht verstört, während ich ihn nach Luft schnappen höre, als ich heißen Atem über seinen Hals gleiten lasse. Einfach zu verführerisch.. Ein kleines Stück näher und ich könnte daran knabbern.. Die weiche Haut kosten.. beißen... Doch ich unterdrücke meine Instinkte ein weiteres Mal, hebe stattdessen den Kopf und suche mit einem auffordernden Blick Augenkontakt, den mir Yugi verwehrt. "Ich.. kann ja mal...", kommt es wispernd - dann ein kleiner Ruck, bevor ich ein Gewicht weniger auf meinem Bett spüre. Sein Rotschimmer auf den Wangen wird immer deutlicher, während er zu meiner Schublade läuft - die Tatsache, dass sein Gang dabei ziemlich schwankt, lässt mich langsam wieder in die Realität finden. Ich habe es doch wohl nicht übertrieben..? Ich will ihn ja nicht einschüchtern.. Im Gegenteil!! Ich möchte endlich, dass er aus seinem kleinen Schutzloch herauskriecht.. Endlich seine Schüchternheit ablegt und sich mir genauso entgegenbringt, wie ich ihm! Die letzten Mauern fallen lässt, die mich davon abhalten sein Herz direkt zu berühren.. Ich habe nicht vor es zu verletzen, wie vielleicht so viele zuvor es getan haben. Dieses vor solchen Schmerzen und Stichen zu beschützen ist doch mein Ziel! Merkt er das wirklich nicht? Ist das nicht bereits offensichtlich?? Ich bin, bei Ra, sicher nicht bloß auf seinen Körper aus.. Er sollte mich doch kennen... Meinen Blick auf ihn fixierend, sehe ich ihn kurz zu mir schielen, ehe er langsam zurück zum Bett tapst, die Salbe - eine hölzerne Schale mit einer grünlichen, festen Flüssigkeit darin - in seiner Hand. Doch dieses Mal setzt er sich deutlich weiter weg, als zuvor, versucht anscheinend so Abstand zwischen uns zu bringen. Ich kann über seine Verklemmtheit inzwischen bloß grinsen, sage jedoch nichts weiter dazu - ich bin mir sicher, dass mein Blick dagegen Bände spricht!! Wenn ich mir Yugi so ansehe.. Nein, selbst wenn es so aussieht, unangenehm war es ihm bestimmt nicht.. Er hat es aufs Höchste genossen. Und ich kann es nur zurückgeben.. Es ist so angenehm ihn um mich zu haben.. ihn zu berühren... Ich kann gar nicht genug kriegen! Diese weiche Haut, die unschuldigen Blicke.. Es macht einen einfach wahnsinnig! Seine Aktion ignorierend, rücke ich so zu dem Kissen nach vorne, wo Yugi es sich ebenfalls bequem gemacht hat und strecke, angekommen, meine beiden Beine aus. Lasse dabei eins zuufällig einfach unter das meines Cousins rutschen, worauf dieser leicht aufzuckt und für einen Moment versucht nun widerrum seinen Fuß zu heben, damit ich freikomme. Doch stattdessen lege ich mein zweites Bein einfach über sein obenliegendes, verknote uns so kurzerhand, so dass er gefangen ist - nur ich kann uns wieder entwirren. Und ich habe nicht vor dies in nächster Zeit zu tun.. Schnurrend fahre ich seinen Unterschenkel entlang, weiter hinauf so gut es geht zu seinem Oberschenkel und schließlich das ganze Stück wieder nach unten, bekomme dadurch ein überraschtes Keuchen von ihm zu hören. Musik für meine Ohren... "A.. Atemu..", haucht er, die Verwirrung in ihm wird immer größer, wie ich deutlich heraushöre, doch das ist zweitrangig. Er soll viel mehr über meine Andeutungen nachdenken! Sie verstehen!! Ich mache das nicht, um ihn zu verführen.. ich will ihn auffordern.. drängen.. endlich reden lassen! Wieso kannst du nicht einfach mir sagen, was in deinem Herzen vorgeht, Cousin? Ich mache es dir doch bereits so leicht ich kann.. Kurz fahre ich mir mit meiner Zunge über die Lippen, achte gar nicht auf den leisen Protest seinerseits, drücke mich bloß immer näher an ihn. Mein Kopf reckt sich das letzte Stück schließlich alleine nach vorn, bis ich die verführerische Haut an seinem Ohrläppchen erreicht habe - und genüsslich daran herumknabbere. Mhhm.. mehr... Ein kurzes Keuchen, bevor ich ihn plötzlich nach Luft schnappen höre, spüre, wie er gegen den Drang ankämpft seinen Kopf einfach nach hinten fallen zu lassen und sich diesem Gefühl hinzugeben.. Dabei hält ihn doch sowieso nichts mehr... Nicht mal die alltäglichen Pflichten können ihn diesmal retten - ich grinse in mich hinein. Seine Hände dagegen zucken kurze Zeit ungewöhnlich, bis dieses von einem Zittern abgelöst wird, das durch seinen ganzen Körper läuft und ihn schließlich ein weiteres, ungewolltes Keuchen entlockt. Ich grinse, lasse von seinem Ohr ab und nehme ihm stattdessen die Schale mit der Salbe darin aus der Hand, die bloß noch ein lockerer Griff am Herunterfallen hindert. Kann aber einem kurzen, letzten Biss an seinem Hals nicht widerstehen. "A-Atemu.. Atemu, ich..", kommt es über seine Lippen, welche die Verführung überhaupt sind. Zuu gern.. ein kleiner, einzelner.. winziger Kuss... Innerlich schüttle ich jedoch den Kopf - zuu weit darf ich auch nicht gehen! Ein Kuss würde ihn wohl gänzlich erschrecken und verjagen.. Dabei sind wir nicht einen Schritt weiter! Nicht mal der Ansatz in die Richtung, in die unser Gespräch verlaufen sollte, ist da.. Ein kurzes Knabbern an der eigenen Unterlippe, bevor ich meine Augen schließe und nun selbst einmal nach Luft schnappe. Aber wenn ich ihn schon nicht mit Worten überzeugen kann.. Mit einem kurzen Handgriff habe ich auch schon seinen Arm genommen und gebe nun etwas von der grünlichen Salbe auf seine Handfläche, die immer unruhiger zu zucken beginnt. Innerlich kann ich mir erneut ein Grinsen nicht verkneifen.. Wieso so nervös, Yugi..? "Danke vielmals, Aibou.. Ich wusste, ich kann mich auf dich verlassen", schnurre ich dem nun komplett verwirrten Bündel neben mir ins Ohr, ehe ich mich einfach zurücklehne und ihm seiner Arbeit überlasse. Eine, die sich besonders gut anfühlt... Scharf ziehe ich die Luft ein, als ich auch schon seine zögernden, zitternden Finger wieder auf meiner Haut fühle, wo sie kurz verharren, ehe sie auch schon die Narbe und die leicht geröteten Stellen daneben entlang fahren. Kein Stück lassen sie auf ihrem Weg aus, bevor sich seine Finger, mit einem leisen, enttäuschten, jedoch unhörbaren Seufzen meinerseits, umdrehen und den Rest der Wunde nach unten abfahren. "Sag mir.. wenn es weh tut, ja?", flüstert er mir zu, worauf ich meinen Kopf tief schnurrend auf seiner Schulter ablege, ziellos immer wieder über den dazugehörigen Arm streiche. Ein beiläufiges Nicken liefert ihm die gewünschte Antwort von mir. Wieder steigt mir der unglaublich gute Duft von ihm in die Nase - Vanille und Zimt, wenn ich mich nicht täusche - worauf ich meine Kopf automatisch näher an seinen Hals drücke, meine Nase leicht dagegen reiben lasse. Dieser süße, zarte Duft.. einfach nur berauschend!! Ob er selbst weiß, dass man allein daran zergehen könnte..? Ich betrachte ihn von der Seite, sehe wie bei jeder meiner Streicheleinheiten sich seine Nackenhärchen aufstellen und ein kleiner Schauer ihn überfällt. Bestimmt nicht... Ich kenne dich doch, Cousin. Langsam lockere ich den Griff meiner Beine, die sein eigenes festhalten, ziehe das Obenliegende ein Stück weiter hinauf, so dass es bereits auf seinem Oberschenkel liegt und gut für ihn zu erreichen ist. Alles an ihm so verlockend - und jetzt so nah... Doch ich unterdrücke die Versuchung weiterzugehen.. möchte nicht am Ende in einen Rauschzustand verfallen und vielleicht dann doch den Anschein erwecken, ich würde nur mit Yugi schlafen wollen. Sooo leicht entkommt mir der Kleine nicht.. Nicht heute und bestimmt nicht die nächste Zeit, wie er es zuvor dauernd versucht hat! Bei Horus, es war aber auch nicht einfach mit ihm.. Wieso hatte er mir nicht bereits damals gesagt, was los war? Warum lief er vor seinem Problem, vor mir davon..? War ich in seinen Augen so angsteinflößend?? Obwohl.. Bin ich wirklich sein Problem? Eher wird er vor meiner Reaktion Angst haben.. Wie ich für ihn fühle. Warum kann er denn einfach nicht erkennen, dass seine Liebe erwidert wird? Warum verschließt er vor den wirklich wichtigen Dingen die Augen und kriecht lieber zurück in sein schwarzes Loch, baut Mauern auf, die ihn vor bloßer Angst schützen sollen? Dabei macht er sich doch genau damit nur noch Größere.. Aber er scheint wohl auch jetzt noch immer es nicht verstanden zu haben.. Der Faden unseres Gespräches ist irgendwie abgerissen - genau das, was ich verhindern wollte! Ihn scheint mehr der Mut verlassen zu haben.. Doch ich weiß, wie ich ihn zum Reden bringe.. Wie ich die letzten Mauern zum Einsturz bringe und seine Fassade dadurch bröckeln lasse. Nicht umsonst kennen wir uns schon seit unserer Kindheit, Cousin.. Wer hätte auch gedacht, dass gerade du, derjenige, der mich in und auswendig kennt.. Seit unserer Kindheit immer an meiner Seite war.. Dass gerade du - .. dass ich mich in dich verlieben würde? Aber ich bin froh, dass es passiert ist. Seto konnte damals mein Herz nicht ausfüllen, nicht mal ansatzweise so berühren, wie du es tust. Und, bei Ra, das sollst du nun endlich wissen! Wahrscheinlich wäre dies alles gar nicht passiert, wenn du es nicht zuerst getan hättest.. Mir dein Herz geschenkt hättest. Aber wie meinst du, dass ich merken soll, dass ich es die ganze Zeit besitze, wenn du dich so vor mir versteckst? Nun ja.. diese Schuld - ich muss leicht schmunzeln - die hast du nun zu tragen! Wenn man den Pharao zu einem Spiel herausfordert, muss man sich bewusst sein, dass er es zu Ende spielen wird. Und unseres hat doch gerade erst begonnen.. nicht wahr? Ich lasse meine linke Hand langsam den Weg unter Yugis Oberteil finden, versuche so seine Aufmerksamkeit wieder zu bekommen, worauf ein erstickter Laut seinen Lippen entweicht und sofort das Eincremen meiner Narbe stoppen. Seine Augen weiten sich auf das Doppelte ihrer Normalgröße und zum ersten Mal sieht er mich dabei auch an - sein vorwurfsvoller, bittender und doch zugleich überraschter Blick trifft meinen. Das Verlangen ihm noch näher zu sein, als ich es schon bin, wird immer größer, doch für diesen Moment zügle ich mich wieder. "Atemu.. ich.. ich.. Ihr wolltet doch.. Die Salbe muss doch noch einwirken..", bemerkt er verzweifelt und lässt seinen Blick sofort zu meiner Narbe wandern, die inzwischen kaum noch zu sehen ist. Stattdessen überdeckt eine dicke Schicht der Salbe diese - ich muss erneut leise schmunzeln. Das er beim Eincremen mit seinen Gedanken woanders war, habe auch ich bemerkt. "Bitte bleibt ruhig.. ruhig sitzen..", versucht er es weiter, während ich seine Seite hinaufstreichle. "Ich sitze doch ruhig..?", raune ich ihm zu. "Ich habe es eigentlich ganz bequem hier.. Und das Eincremen ist auch sehr entspannend.." Doch trotz meiner Aussage hält er diesmal meinen Arm gezielt fest, schließt kurz verkrampft die Augen und presst seine Lippen zusammen. Ein eindeutiges "Nein" für meine Handlungen, die ich kurzerhand abbreche und auf seine nächste Reaktion warte. Warte darauf, dass er endlich zum Punkt kommt.. Tjaa.. Wieso stoppen, Aibou..? Doch über seine Lippen dringt kein einziger Laut, stattdessen bleibt er einfach sitzen und wartet darauf, dass ich ihn von dieser Stille erlöse. Noch einen kurzen Moment hoffe ich auf einen kleinen Ansatz.. vielleicht eine kleine Andeutung, doch auch diese bleibt aus, worauf ich ergeben seufze. "Cousin.. wenn du dich nicht endlich entspannst.. Ich möchte nur, dass du ruhiger wirst. Lass dich doch einfach fallen..", ich ziehe meine Beine von ihm, höre ihn danach selbst dankbar seufzen, bevor er mir einen unsicheren Blick zuwirft. Enttäuschung breitet sich auch in mir aus.. Dabei dachte ich, er würde endlich reden! Reichen meine Andeutungen nicht? Das, was ich inzwischen schon tue? Ich kenne seine Grenzen.. Habe ich sie denn noch nicht längst überschritten..? Tief seufze ich - er macht es mir wirklich schwer.. "Ich.. ich denke, ich bin entspannt genug... Ihr braucht noch etwas.. Pharao?", kommt es leise und inzwischen doch leicht erschöpft, während er nach einer seiner Strähnen greift und diese leicht einwickelt. Ich merke, wie seine Ruhe zurückkehrt, sein Herz sich wieder beruhigt und das Blut, welches wohl eher abwärts geflossen sein muss, wieder Richtung Kopf wandert - und er automatisch leicht blushen muss. Natürlich ist ihm diese Stille unangenehm.. Doch ich habe nicht vor es so zu belassen und ihn damit einfach gehen! Stattdessen fasse ich mich wieder und versuche es erneut. Ich lächle ihn ermutigend an und nehme gleichzeitig seine Hand in meine. "Natürlich.. Dich. Das weißt du doch..", beginne ich erneut, was mir endlich die Aufmerksamkeit verschafft, nach der ich schon die ganze Zeit verlange. "Bleib doch bei mir.. Zumindest heute Nacht." Vorsichtig streiche ich seinen Bauch entlang, höre ihn leise wimmern und schließlich seufzen - jedoch eher voll von Unverständnis. "Es wäre sehr viel praktischer für mich..", füge ich hinzu, damit er nicht auf falsche Gedanken kommt und streiche demonstrativ über meinen Oberschenkel, "Ich müsste dich nicht extra holen lassen, falls die Schmerzen die Stunden über schlimmer werden... Und ich hätte dich sehr.. sehr gerne heute bei mir.." Ich stütze mich wieder auf, stehe von meinem Bett auf, was Yugi doch sichtlich überrascht und er - nun zu meiner Verwunderung - ebenfalls aufsteht und mir mit besorgter Miene folgt. "Was tust du? Du musst doch liegen bleiben!! Deine Verletzung.. sie.." Mit einem etwas empörten Gesichtsausdruck, dass ich seinen Worten keine wirkliche Beachtung schenke, läuft er mir zu meinem Schrank nach, den ich auch sogleich öffne und zwei Nachtgewänder heraushole. Jedoch begrüße ich seine Aktion.. Immerhin macht er es mir so umso einfacher.. Und ich weiß, dass ich bei ihm noch nicht verspielt habe - noch möchte er nicht gehen!! "Aibouuuu..", säusle ich ihn bloß an und stupse Yugi auch zugleich auf seine zierliche Nase. Überrumpelt tapst er zwei Schritte nach hinten, schielt unentwegt auf den berührten Punkt, worauf ich leise lachen muss. Ein paar Schritte und ich bin auch schon bei ihm, lasse das eben herausgeholte Gewand einfach auf den Boden fallen: "Ich pass' schon auf mich auf.. Und ich weiß ja, dass du es auch tust." Langsam ziehe ich ihn an seiner Hüfte zu mir, was ihn nur umso mehr irritiert und seine Augen sich erstaunt weiten. Jedoch kann ich spüren, wie er sich versucht zu wehren - wie ein Kampf in ihm tobt, ob er mich jetzt wegstoßen soll oder nicht. Doch ich nehme ihm die Entscheidung ab, habe gar nicht vor ihn auch nur eine Sekunde lang loszulassen! Er soll bei mir bleiben.. muss bei mir bleiben! Und das scheint er auch schnell zu begreifen. Konfus sieht er zu mir auf, sofort schießt ihm die Röte ins Gesicht, was ich nur belächeln kann. Bei Ra... unglaublich niedlich.. Für einen Moment bin ich zuu fasziniert von diesen süßen Lippen, fühle mich wie ein Magnet von ihnen angezogen, doch besinne mich jedoch ganz kurz davor wieder. Sollte ich wirklich..? Ist es nicht falsch? Seine Augen bloß noch zwei große Teller, die mich aus purer Panik... und doch ein wenig Neugier ansehen. Mein Herz zieht sich ein wenig zusammen und ich ziehe meinen Kopf wieder ein Stück zurück, suche nun den Abstand von alleine. Es ist noch zu früh.. Und ich wollte und will nicht den ersten Schritt machen. Wenn ich ihn dazu bekommen möchte, muss er dies tun - und nur er. Kapitel 30: Verschenkte Herzen ------------------------------ ~~~~~~*Atemu*~~~~~~ "Danke für deine Sorge, Aibou..", flüstere ich, innerlich seufzend, weiß, dass er meinen Atem noch immer auf seiner Haut spüren kann, "aber.. ich glaube, wir suchen jetzt erstmal für dich etwas zum Umziehen.." Unverständnis breitet sich in Yugis Gesicht aus, er bekommt erneut diesen unwiderstehlichen Glanz in den Augen, worauf ich einfach nicht anders kann.. Alle Vorsätze sind vergessen für diesen kurzen Moment - und er ist meines Erachtens wirklich zu kurz. Flüchtig berühre ich seine Lippen mit meinen eigenen, die die ganze Zeit nur darauf gewartet zu haben scheinen. - Flüchtig, fast ein Windhauch, aber er hat es gespürt.. Ich lächle leicht, während er total überrumpelt nach hinten stolpert und schließlich die Bettkante wieder findet. Schnell hält er sich an ihr fest, sucht wohl Halt, den er selbst nicht mehr hat. Schließlich knicken seine Knie ein - kurz selbst für mich ein Schock - als ich auch schon sehe, wie er einfach auf mein Bett sinkt und dort sitzen bleibt. Inzwischen bücke ich mich nach unserem Schlafgewand, welches noch immer auf dem Boden liegt, betrachte ihn dabei aber die ganze Zeit, wie er sich total verstört die Lippen nachfährt und anscheinend gar nicht glauben kann, dass dies gerade passiert ist. Doch es kann noch viel mehr passieren.. wenn du über deinen Schatten springst.. und du es mich machen lässt, Aiboulein... Mit zwei schnellen Schritten laufe ich zu ihm nach vorne, suche kurz Blickkontakt, bevor ich ihm die Kleidung einfach vor die Nase halte - seine bestimmt völlig wirren Gedankengänge damit unterbreche. Dies scheint Yugi auch zurück zu holen und er hebt langsam den Kopf, um mich mit seinem undeutbaren Blick anzusehen. Was geht bloß grad in dir vor, Aibou? Versuche nicht wieder eine Möglichkeit zu finden dich irgendwie hier raus zu bringen - bring lieber zuende, wofür du hergekommen bist. Aufmunternd lächle ich ihn an, wuschle einfach durch sein üppiges Haar um die Stimmung wieder ein wenig aufzulockern. "Ich weiß, ich habe weder deine Zustimmung, noch deine Ablehnung.. Aber ich glaube, eine Nacht außerhalb deines einsamen, öden Zimmers tut auch dir gut..", schmunzle ich und der normale Glanz in seinen Augen kehrt zurück, ehe er verstört nach hinten rutscht und sich räuspert. Er kann sowieso gerade kaum alleine Entscheidungen treffen.. Die Verwirrung ist ihm ins Gesicht geschrieben - wortwörtlich. Aber er soll nicht bloß konfus sein.. und schon gar nicht die ganze Zeit über so eingeschüchtert und ängstlich reagieren! Ich will, dass auch von ihm etwas kommt.. Eine Aufforderung.. eine Bitte.. ein Wunsch... Obwohl mir natürlich am allerliebsten ein Geständnis wäre.. Drei kleine Worte, die du sofort über die Lippen gebracht hast, Cousin! Dies scheint auch Yugi durch den Kopf gegangen zu sein, denn ohne ein weiteres Wort nimmt er mir eines der beiden Schlafgewänder aus der Hand und lächelt leicht. "Jaa.. jaa.. Vielleicht hast du recht.." Ein leises Nuscheln. Mit einem kurzen Griff nach meinem Oberarm, um sich vom Bett zu ziehen, ist er auch schon auf den Beinen und macht sich auf den Weg ins Nebenzimmer - als ob ich es nicht hätte vorhersehen können! Müde seufze ich, kann aber seine Schüchternheit trotzdem nur belächeln, bevor mir ein reizvoller Gedanke kommt. Jaa.. ihm einfach zu folgen.. Einfach beobachten, auch das hätte etwas für sich. Doch ich rufe mich zugleich wieder in die Realität und somit zur Ordnung und nehme stattdessen mein eigenes Gewand zur Hand. "Bei Horus, ich sollte auch über andere Dinge nachdenken..", entkommt es mir grummelnd, ehe ich mich aus meinem Lendenschurz schäle und diesen durch das lange, weiße Hemd ersetze. Ich könnte besseres als diesen einfachen Stoff haben, das weiß ich.. Doch genau dieser liegt mir besonders am Herzen - er ist weicher, gemütlicher zu tragen. Schließlich lösche ich die vielen Kerzen in meinem Zimmer, decke einiger der Schüsseln mit dem würzigen, angenehm berauschenden Duft zu und setze mich wieder auf mein Bett, wo ich sofort unter meine Decke krabble. Inzwischen beginnt - trotz allem - auch mein Herz etwas schneller zu schlagen. Wenn ich bedenke.. schon morgen sind wir vielleicht...vielleicht.. Uhhm.. Nervös drehe ich mich der Tür zum Nebenzimmer zu. Wann kommt er denn endlich? Warum braucht er denn so lange?? Soviel hat er auch wieder nicht getragen.. Zumindest ist es nichts, was ich ihm nicht mit ein paar Handgriffen hätte abnehmen können.. Ein wohlig warmes Gefühl breitet sich in meinem Bauch aus, als er schließlich wieder auftaucht, seine Kleidung auf dem Arm und mich nun doch scheu anlächelnd. Ich muss zugeben.. ich bin wirklich überrascht, dass er noch immer in dieser gewissen Ruhe ist.. Und nicht schon längst zur Tür hinaus. Obwohl es mich auch nicht verwundern sollte.. So verwirrt, wie er inzwischen ist - ich habe wirklich ganze Arbeit geleistet. Leise schmunzle ich. Nach all dem, was er jetzt bereits von mir bekommen hat.. Auch wenn es vielleicht angenehm für ihn war, er kam doch zu keiner Übereinstimmung zwischen Herz und Kopf. Und wie könnte ich ihm das auch verdenken? Er weiß nichts von meinen Gefühlen.. Vielleicht sollte ich doch die Initiative ergreifen..? Uns beide einfach von dieser Ungewissheit erlösen? Nein! Diesen Schritt muss Yugi ganz allein machen!! Ich darf nicht aufgeben.. schon gar nicht, wenn ich so kurz vorm Ziel bin! Vielleicht war seine Zustimmung auch der Anfang? Sein Anfang? Zumindest wäre es für mich so wesentlich leichter.. Er würde uns viel ersparen. "Kommst du, Aibouu?" Ich lege den Kopf leicht schief und hebe meine Decke an, worauf er kurz blinzelt. Was ist denn jetzt? "Ist.. gibt es.. Wo ist denn die zweite Decke..?", haucht er verwirrt, zupft unnatürlich oft an seinem Lendenschurz herum, bevor er schließlich beginnt das dazugehörige Oberteil glatt zu streichen. Ich kann nur grinsen - Natürlich, das hätte ich wissen sollen. So ohne Aufforderung kommt er nicht zu mir unter die Decke.. Innerlich kann ich nur immer wieder über ihn grinsen. Wann hat er sich bloß diese Schüchternheit angewöhnt? Aber das gehört wohl einfach zu ihm.. Vielleicht lässt es sich ja eines Tages ablegen. "Eine wird doch bestimmt für uns beide genügen, oder?", unterbreche ich ihn stattdessen und ziehe ihn kurzerhand einfach aufs Bett, was mit einem hellen, erschrockenen Quietschen seinerseits beantwortet wird. Vorsichtig strecke ich meine Beine wieder aus, lege mich auf die Seite und ziehe Yugi einfach neben mich, der flach atmend auf dem Rücken liegt und sich anscheinend nicht traut, auch nur mit der Wimper zu zucken. Sind wir also wieder am Anfang? Ich drehe mich auf die Seite, betrachte ihn so ihm dunkeln und eine Weile lang ist es still zwischen uns, keiner sagt auch nur ein Wort. Ich höre bloß sein unregelmäßiges Atmen, während er krampfhaft die Augen geschlossen hält. Ein Seufzen entkommt meinen Lippen, für einen Moment bin auch ich unentschlossen, was ich nun tun soll. Er soll sich doch entspannen!! Ich beiße ihn doch nicht.. noch nicht.. Doch ehe ich noch reagieren kann, hat er mir auch schon seinen Rücken zugedreht, worauf ich nur komplett überrascht blinzeln kann. W-Was..? Schnell strecke ich die Hand aus der Decke hervor, will ihn berühren und wieder umdrehen, als ich doch inne halte und mir ein neuer Gedanke kommt. Nun gut.. wenn er spielen möchte.. Ich nehme das als offizielle Herausforderung.. Langsam rücke ich näher an ihn heran, kann in der Dunkelheit seine Umrisse wahrnehmen, die immer deutlicher werden, und hauche schließlich warmen Atem in seinen Nacken. Sofort spüre ich den Körper neben mir aufzucken, doch es passiert nichts weiter - nur das plötzlich hektische Atmen ist zu hören. Ich grinse in mich hinein. So so.. Also muss ich deutlicher werden? Nein, Aibou, ich möchte nicht deinen Rücken sehen... Mit einem kurzen Rascheln der Decke, habe ich auch schon meine Hände fest um seine Hüfte geschlungen, ziehe ihn so nah wie möglich an mich und knabbere verlangend an seinem Nacken, spüre zugleich, wie sich Yugis gesamter Körper versteift. "A-Atemu..!", kommt es vollkommen unerwartet durch die Stille und ich sehe von meiner Position aus, wie sich seine Hände in die Decke krallen - bevor ein noch überraschenderes Keuchen seinen Lippen entkommt. Doch diesmal antworte ich nicht, bin sowieso viel zu beschäftigt damit seine weiche Haut zu erkunden, zu beknabbern.. und schließlich auch leicht hineinzubeißen. Einfach unglaublich verlockend.. Ein weiteres Mal beiße ich sanft hinein, hinterlasse kleine Liebesbisse. Ein Wimmern kommt von dem Wesen in meinen Armen, worauf mein Griff unwillkürlich fester wird - Bei Ra, Yugi.. Jedoch lasse ich erstmal von seinem Nacken ab, warte gespannt auf eine Reaktion seinerseits, die aber zuerst ausbleibt. "Uh-hm.. A..Atemu.. Bitte..", wispert er, seine Stimme nicht mehr so fest, wie sie zu Anfang war, doch bleibt er trotzdem still in meinen Armen liegen. Ich weiß, dass er es genießt.. trotz allem wird er nicht von mir weggehen.. Dafür kenne ich ihn gut genug. Und in der Situation, in der er sich grad befindet, wird er wohl eher gerade mit sich kämpfen, als dass er auch nur einen Gedanken daran verschwendet sich jetzt irgendwie zu befreien. Und ich bin froh darüber.. Denn ich bin noch lange nicht fertig. Langsam löse ich den Griff meiner Hand, die um den Bauch von Yugi geschlungen ist, lasse sie stattdessen unter sein Oberteil verschwinden, wo sie auch sofort den Weg zu seinem Bauch wiedergefunden hat. Kurz bleibe ich dort, streichle sanft über die Stelle, lasse keinen Zentimeter Haut unberührt, bevor ich weiter nach oben wandere und seine Rippen Stück für Stück nachfahre. Sofort krümmt er sich zusammen, versucht meine Hand aus seinem Nachtgewand so zu verbannen, doch erreicht eigentlich genau das Gegenteil damit. Ich merke, wie er immer unruhiger wird - jedoch eher aus dem Grund, weil er nicht weiß, was er tun soll. Wie schon so oft ist er einer Situation hilflos ausgeliefert.. - Wie er meint. Dabei ist es ganz einfach, Aibou.. Stopp mich, sag mir endlich, was mit dir los ist.. Warum kann ich es nicht tun? Warum darf ich dich nicht verführen? Drei kleine Worte - und ich werde sofort aufhören. Kurz halte ich meine Hand wieder still, achte nur auf das schnelle Heben und Senken seines Brustkorbs, ehe ich weiter nach oben wandere und ihn erstickt aufschrecken höre. Erst jetzt beginnt er sich wirklich gegen meinen Griff zu wehren, spannt seinen ganzen Körper an, um meine Hand wieder nach unten zu bewegen. Nimmt schließlich auch zusätzlich seine eigenen Hände und packt mich am Unterarm, versucht mich so nach unten zu ziehen. Ich gebe demonstrativ ein leises, tiefes Schnurren von mir, lasse jedoch meinen Griff nicht lockerer. "Was hast du denn, Aibou..?", hauche ich in sein, mir naheliegendes Ohr, werde aber inzwischen selbst unruhiger. Ich will ihn schließlich am Ende nicht noch wütend machen.. Ich möchte ihn nur bis an die Grenze treiben. Seine Seele soll von allein nach Erlösung schreien! Doch ich bekomme nur ein verzweifeltes Ziehen an meinem Oberarm zurück, ehe sein Griff schließlich nachlässt und er stumm wieder in meinen Armen liegt. Kurz bin ich selbst verwirrt - Was ist denn jetzt los..? Sorge keimt in mir auf, doch ich unterdrücke sie noch so gut es geht, übe mich noch in Geduld, dass er etwas sagen wird.. oder etwas tun. Jedoch bleibt diese Reaktion, was mich nun wirklich überrascht und leicht aus der Bahn wirft, aus und stattdessen wird es wieder unnatürlich ruhig in dem Raum, ich höre nur sein flaches Atmen. Nervös beiße ich mir auf die Unterlippe - ich habe es doch nicht zu weit getrieben? Weiß er nicht, was er machen soll? Ich wollte ihn bestimmt nicht verletzen.. Ein leises Räuspern seinerseits, was mich unerwartet aus meinen Gedanken bringt, bevor er einfach still liegen bleibt und sich wieder unter mir entspannt. Ich höre ein leises Seufzen von ihm, dann ist es erneut kurz still - bis er sich überraschend in meinen Armen umdreht und mich mit einem kräftigeren Ruck von sich weggedrückt hat. Nun ist es an mir, dass sich meine Augen weiten, während ich in seine klaren, violetten Seen starre, wo am Rand vereinzelt Tränenansätze zu sehen sind. Kleine Risse bilden sich in meinem Herz. Oh Horus.. Yugi... "Bitte.. bitte, lass das...", kommt es wispernd, zugleich zieht er seine Hände von meiner Brust zurück, die noch immer von dem Stoß dort gelegen haben. Jedoch habe ich gar keine Chance irgendwie einzugreifen, da redet er auch - zu meiner großen Überraschung - weiter: "Ich.. ich kann das nicht. Nicht mit dir.. Nicht heute.. n-nie.." Sein Kopf fällt leicht nach vorne, so dass seine Augen von seinen goldenen Strähnen verdeckt werden, die meinen so ähnlich sind. Verwirrt blinke ich und weiß für einen Moment nicht genau, was ich darauf sagen soll. Habe ich es wirklich so weit getrieben..? Zu weit? "Aibou..?", flüstere ich verwirrt, will wieder näher rücken, doch er hält mich sicher auf Abstand, als er den Kopf wieder hebt und mich aus klaren, funkelnden Augen ansieht. Langsam steigen - obwohl ich doch weiß, dass es richtig war wie ich gehandelt habe! - Schuldgefühle in mir hoch und mein Blick wird eine Spur sanfter. Die Verwirrung und der Schock verschwinden, ich kann wieder klarer denken, während ich in das verletzte Gesicht vor mir starre. Verzweiflung, Trauer, Hilflosigkeit.. - Mit welchen Gedanken musst du dich jetzt schon wieder quälen, Aibou? Leise seufze ich, weiß trotz allem noch immer nicht so recht, wie ich antworten soll, was bei mir wirklich selten ist. Normalerweise habe ich immer eine Antwort parat! Wie es sich für den Pharao gehört.. Doch Yugi scheint auch mein kleiner Ausruf zu reichen, denn kurz darauf schnappt er nach Luft, beginnt an seiner Unterlippe herumzukauen und drückt die Decke abwechselnd in seinen Händen. "Ich.. ich bin eigentlich heute nur gekommen.. um.. gekommen um dir etwas zu sagen. Vielleicht hätte ich das schon vorhin..", verzweifelt lacht er auf, "dann hättest du es womöglich nicht missverstanden.. Oder was auch immer.. das.. hier.. sollte." Seine Stimme wird immer zittriger und ich habe bereits das Gefühl, dass er kurz gar nicht mehr weiterreden kann und will, doch gerade jetzt bringt er seine Willenskraft auf. Ich kann aus seinem Gesicht lesen, wie verzweifelt er nach Worten ringt, versucht, seine Gefühle, Gedanken und vor allem die Wahrheit zu erklären, die ich schon den ganzen Abend hören will.. Und ich möchte sie ihm abnehmen.. Die schwere Last mit einem letzten Ruck auf meinen Rücken werfen - er soll mich bloß nicht mit solch einem Ausdruck im Gesicht ansehen!! Vorsichtig strecke ich meine Hand nach ihm aus, lasse sie über das Bettlaken gleiten, doch hat Yugi dies bereits bemerkt und wendet sofort den Kopf um mir zu zeigen, dass er keine aufmunternden Gesten gebrauchen kann. Oder missverstehe ich es..? Ein tiefes Seufzen - ich wünschte, es wäre so.. "Die.. Sache ist die..", sammelt er wieder seine Stimme und knabbert weiter unentwegt an seiner Unterlippe, versucht anscheinend den ganzen Stress, die Verzweiflung und die Angst abzubauen, "Ich.. ich... Bei Ra, ich muss mich aufsetzen..", bricht er, komplett mit den Nerven fertig, ab und wischt sich mit einer Hand durchs Gesicht, während er seinen Oberkörper langsam aufrichtet. "Yugi.. ich.." Auch ich erhebe mich, möchte es ihm endlich leichter machen! Jedoch wehrt er ein weiteres Mal meine Hilfe ab, verbirgt sein Gesicht kurz in seinen Händen, ehe er mich mit einem traurigen Lächeln ansieht. "Ich will das jetzt endlich hinter mich bringen.. Es ist spät.. Ich.. ich muss dann nachher.. noch zurück..", bringt er leise über die Lippen, atmet kurz tief durch und schielt dann von der Seite aus zu mir, ehe er seinen ganzen Kopf in meine Richtung dreht. "Ich weiß, dass es mir eigentlich nicht.. gestat- dass ich es eigentlich nicht sollte.. Aber es ist mir, trotz meiner Versuche es zu ignorieren.. zu vergessen und einen Neuanfang zu starten, einfach nicht gelungen.. Und ich kann es nicht länger mit mir herumtragen.. Ich.. ich gehe dabei kaputt!! Die ganzen Hoffnungen.. Träume.. Ich will mir nichts mehr vorstellen, wenn ich doch die Wahrheit kenne.. und bestimmt auch gleich hautnah spüren muss.." Unentwegt streicht er sich seine goldene, kürzere Strähne hinters Ohr, die nicht halten will, sucht die passenden Worte, die richtigen Formulierungen - dabei weiß ich doch, dass er vergeblich sucht. Und das meiste, was ich höre, lässt mich innerlich einfach nur seufzen.. Wie viele müssen ihm Unsinn in den Kopf gesetzt haben? Oder hat er das selbst..? Yugi ist ja ein Meister darin sich selbst in seinen Gedanken zu verlieren... "Mein Herz.. es.. hat schon so viele Risse - die wenigen, die jetzt noch dazukommen werden, stören mich nicht weiter..", lacht er bitter auf und reißt mich damit selbst nun aus meinen Gedanken, "Aber.. um es auf den Punkt zu bringen: Ich habe es verschenkt. Verschenkt an eine unerreichbare.. oder besser: für mich unerreichbare Person. Schon komisch, nicht? Da verliebe ich mich einmal.. ein einziges Mal! Und dann ist es ausgerechnet die, die ich nie haben werden kann." Zähne knirschend schaue ich auf den kleinen Engel vor mir - Ich kann einfach nicht glauben, was er sagt!! Wann hat er sich das zusammen gereimt bloß? Ich will es nicht so hören.. Es zerreißt mir selbst das Herz, wenn ich sehen muss, wie sehr er sich damit quält und herumschlägt.. Ich.. Vielleicht hätte ich selbst früher eingreifen sollen.. Hätte uns beiden deutlich mehr erspart.. Stattdessen ringt er noch immer nach Worten, wird mit jeder Minute, die verstreicht verzweifelter.. wie auch ich. Sag es einfach, Aibou, bitte, sag es einfach.. Tu mir- uns den gefallen und bring zu Ende, was gerade begonnen wurde. Mach mir nicht noch mehr Schuldgefühle... Unbewusst rutsche ich ein Stück näher an ihn heran, was er inzwischen kaum mehr wahrnimmt. Viel zu versponnen ist er in seine Gedanken und Worte, die ihm langsam nicht mehr von den Lippen kommen wollen.. Süßer Honig, der das Sprechen umso schwerer macht... Ich sitze ihm inzwischen direkt gegenüber, kann vereinzelt die Tränen in seinen Augenwinkeln sehen und auf den Wangen die salzigen Spuren, sie sogar genau nachfahren, wenn ich wollte. Oder besser, wenn Yugi es wollen würde.. Und er auch endlich verstehen, dass ich ihn heute nicht enttäuschen werde - und schon gar nicht im Stich lassen!! Wie könnte ich.. Merkt er nicht nach all dem, was ich heute getan habe, wie ich wirklich empfinde? Kann er es nicht ablesen?? Doch statt auf meine ungestellte Frage zu antworten, redet er weiter, rammt mir einen unsichtbaren Dolch immer wieder mitten in die Brust. Du redest doch von mir, Aiboulein... "Jedoch.. muss ich es der Person trotzdem sagen.. Ich will mit dieser Lüge nicht mehr länger weiterleben. Mein Herz zerspringt doch jedes Mal.. wenn...wenn.. - Es.. es gehört dir..", haucht er hoffnungslos, weiß sich nicht mehr anders zu helfen, als es einfach.. auszusprechen. Und ich spüre bereits, wie nah er den Tränen ist. Doch das Glück in meiner Brust, dass sich nur sehr langsam ausbreitet, vertreibt meine Schuldgefühle und für diesen Moment bin ich sehr froh, dass er es alleine geschafft hat. Mir dieses Geständnis von sich aus gemacht hat.. Er hat es ganz allein gemeistert. Und ich möchte ihn nun selbst nicht weiter im Unwissen lassen.. Auch ich will dir jetzt die Wahrheit sagen, Aibou... Jetzt ist es an mir die passenden Worte zu finden... Meine rechte Hand findet inzwischen ihren Weg zu seinem Kinn, hebt es sanft an und lässt ihn so direkt in mein Gesicht schauen, wo ich die Tränen in seinen Augen glitzern sehen kann. Und er wartet nur auf Zurückweisung, um sie freizulassen.. Mit einem milden Lächeln auf den Lippen betrachte ich ihn einfach weiterhin vertrauensvoll, zeige ihm so die Liebe und Wärme, die ich nur für ihn aufgehoben habe. Doch statt ihn weiter mit Worten um den Verstand zu bringen, lasse ich mir eine viel angenehmere Art einfallen ihm zu antworten - und die spürt er auch sogleich mit einem überraschten Laut auf seinen Lippen. Schnell habe ich das letzte Stück zwischen uns überwunden und drücke langsam meine Lippen auf seine, schließe einfach nur genüsslich die Augen. Wie lang, wie oft wollte ich das schon heute Abend tun... Diesmal kann ich aber von seinen Lippen nicht genug bekommen.. ich möchte ihn schmecken.. vollkommen kosten. Und, wie soll er sonst verstehen, dass ich es ernst meine..? Mit einem zufriedenem Schnurren knabbere ich langsam und schon fast betäubt von der Weichheit seiner Lippen an diesen, ehe ich vorsichtig meine Zunge nach vorne schiebe, um seine zu treffen. Doch Yugi scheint zu überrascht, als das er auch nur daran denken würde sich zu bewegen, worauf ich kurzerhand die Initiative ergreife, seine Mundhöhle meinerseits erkunde. Immer wieder.. und dieser süßliche Geschmack... Ich kann gar nicht genug bekommen - wie sonst auch bei ihm! Er ist wohl eine einzige Sünde.. Unbewusst muss ich grinsen, bevor ich nun widerrum Yugis Zunge sanft anstupse, sie zu einem Spiel einlade, auf das diese auch zögernd eingeht. Noch total unerfahren reibt er sie gegen meine, lässt sie tanzen und schließlich - um Yugis Verwirrung vollkommen zu machen - löse ich mich mit einem leisen, kaum hörbaren Keuchen wieder von ihm. Mein Lächeln ist umso deutlicher geworden, während ich mit der rechten Hand hinauf zu seiner Wange gewandert bin und diese auf- und abstreichle, die vielen Tränen- und Tränenspuren mitnehme. "Weißt du, Aibou.. Mir geht es ähnlich", beginne ich genauso im Flüsterton, "nur war mein Problem bis vor kurzem mehr dieses, dass meine Liebe vor mir davongelaufen ist.. Es wohl bis zum Ende sogar getan hat..", schmunzle ich leise, drücke ihm flüchtig einen Kuss auf die Nase, worauf er nur leise schnieft. "Doch.. jetzt..", ich lehne meine Stirn demonstrativ gegen seine, schaue ihm für einen Moment intensiv in die Augen, ".. konnte ich sie einfangen." Yugis Augen weiten sich etwas, er kann es wohl noch gar nicht glauben, was ich da sage. Ich kann mir vorstellen, was für ein Chaos nun in ihm ausgebrochen sein muss.. Wie irritiert er sein muss - Ich habe schließlich, mal wieder, sein ganzes Bild, was er sich so mühevoll aufgebaut hat, mit einem gezielten Schlag zerbrochen und zerstört! Habe ihn aus seiner Wunsch- und Traumwelt in die Realität gerissen, die er wohl nun mehr als einen Traum, eine Vorstellung, statt der Wirklichkeit betrachtet. Aber doch, Aibou.. Was ich sage ist nur mehr als real. Es ist die Wahrheit. Ich schaue ihn mit einem warmen Blick an, worauf auch seine Augen nunmehr bloße Freude und Verwirrung ausstrahlen, statt der erdrückenden Verzweiflung von vorhin.. Ein Bild, das mir wesentlich lieber ist! Ich lege meine rechte Hand schließlich auf seine Brust, worauf er mir auch kurz verwirrt mit den Augen folgt, dann aber Röte seine Wangen ziert. Mein Schmunzeln bricht das Schweigen jedoch nur kurz, bevor ich schon fortfahre: "Ich bin sehr froh, dass du mir dein Herz geschenkt hast.. Umso glücklicher bin ich jedoch, dass ich jetzt sicher sein kann, dass du auf meines genauso gut aufpassen wirst - denn das wirst du bestimmt, nicht?", noch unglaubwürdiger wird sein Blick, seine Wangen umso stärker gerötet - beinahe ungesund auf den ersten Blick - doch fängt er sich auch sogleich wieder und nickt leicht zitternd, während ein leises Schluchzen über seine Lippen kommt. Lieb wuschle ich ihm durchs Haar und ziehe ihn schließlich einfach in meine Arme, kann ihn nun selbst nicht mehr bloß ansehen. Dankbar schlingt er sofort nun seine um meine Hüfte, scheint mich gar nicht mehr loslassen zu wollen, was mir nur gerade recht kommt. Ich doch auch nicht, Aibou... Kurz streiche ich ihm immer wieder über seinen Rücken, fahre hinauf und hinunter und gebe ihm alle Zeit der Welt sich zu beruhigen. Denn die haben wir wahrlich... Ich greife ein letztes Mal das Wort auf, um nun selbst diese drei magischen Worte zu sagen, die er wohl schon die ganze Zeit von mir hören möchte - nur um sich auch ganz, ganz sicher zu sein: "Und.. damit ich nun auch sicher sein kann, dass du das hier auch richtig verstehst.. - im Gegensatz zu meinen vorigen, vergeblichen Versuchen", demonstrativ beuge ich mich nach vor zu seinem Ohr und ein leises Lachen entkommt mir, ".. will ich, dass du es jetzt weißt, Aibou.. Und nicht vergisst", meine Stimme nur noch ein einziges Flüstern, während ich ihn weiter fest gegen meine Brust drücke, wo er sich die ganze Zeit schon so klein wie möglich macht und anscheinend lang gewünschten Schutz sucht. "Ich liebe dich." Als ob die drei kleinen Worte eine magische Zauberformel gewesen wären, erwacht nun auch Yugis Geist wieder aus seiner Starre, als ich bereits seine süßen Lippen erneut auf meinen spüre, wenn auch nur flüchtig. Scheu sieht er mich an, pures Glück und Freude scheint durch seinen ganzen Körper zu pulsieren und ich merke schon, wie sehr er sein helles Aufquietschen und die Freudentränen zurückhält. Stattdessen breitet sich ein strahlendes Lächeln auf seinem Gesicht aus, das ich nur allzuuu gern erwidere!! Auch mein Herz fühlt sich von ihm beflügelt, ich kann gar nicht anders als mich mit ihm zu freuen. Denn ich habe auch allen Grund dazu.. Ich- Wir haben es tatsächlich geschafft. Yugi und ich.. Und ich bin sicher, dass ich jetzt nicht träume? Nein, nein.. bestimmt nicht. Dieser Ausdruck in seinen Augen kann gar nicht lügen! Fest drücke ich ihn wieder an mich, nur um auch ja sicher zu gehen und lasse mich dabei mit ihm zugleich wieder langsam zurück ins Bett fallen, wo ich die Decke schnell über uns gezogen habe. Ihm scheint inzwischen alles egal geworden zu sein, stattdessen ist er viel zu sehr damit beschäftigt sich eng an mich zu schmiegen und immer wieder leise etwas in den Stoff meines Nachtgewandes zu flüstern Nur manchmal verstehe ich seine leisen Worte, oft werden sie von seinen Tränen verschluckt, doch mehrmals höre ich noch ein ,Bei Isis..' und zum Schluss noch eine gehauchte Erwiderung meines Geständnisses: "Ich.. dich doch auch.. Bei Ra.. schon so lange.." Sein Kopf hebt sich seit langem mal wieder und ich kann wieder dieses Schimmern in dem Violett sehen, wodurch ich sofort bemerke, dass er an der Grenze von Verwirrung und Unglauben steht. Wie lang muss er schon davon geträumt haben, wenn er es jetzt noch nicht glauben kann..? Doch ich beschließe ihn wieder aus seinen Gedanken zu holen, nachdem ich ihm einen weiteren, kleinen Kuss auf die Lippen gedrückt habe. "Ich hoffe doch, dass du jetzt nicht verschwinden wirst..", grinse ich ihm von oben noch zu, worauf er mich bloß kurz irritiert ansieht - dann aber schmunzeln muss. "Nein.. Nein, ich ziehe es doch.. eher vor hier zu bleiben..", haucht er zurück, seine Stimme voller Glück, ehe er sich zurück in meine Arme kuschelt und unsere Füße nun sogar von sich aus miteinander verhakt. Mit einem eigenen seligen Lächeln nun auf den Lippen, drücke ich ihn weiter fest an mich, kann gar nicht beschreiben wie glücklich ich selbst bin!! Es hat sich gelohnt.. Trotz der vielen Vorfälle, der ganzen Verzweiflung.. Ich weiß, dass es nicht umsonst war -spätestens jetzt wird mir das bewusst. Und zugleich ziehen wir uns beide aus der Einsamkeit... Wer hätte jemals gedacht, dass ich mich wirklich eines Tages in meinen eigenen Vertrauten und Berater verlieben würde? Meinen Freund aus Kindertagen?? Wir kennen uns schon so lange.. Und jetzt liegen wir im selben Bett, jeder von der ganzen, vollkommenen Wahrheit wissend und einfach.. glücklich. Erst jetzt wird mir bewusst, was ich all die Jahre vermisst habe.. was mir gefehlt hat, damit ich mich auch als Ganzes fühlen kann, wie so viele es beschrieben haben. Es sollte nicht irgendjemand sein.. Nein, es war schlicht und einfach: Yugi. Seine Art, sein Wesen.. er ergänzt mich, füllt mich in meinem Innersten aus. Ob du das überhaupt weißt, Aibou..? Ich grinse zu dem Bündel in meinen Armen, welches auch zugleich gähnt und müde die Augen schließt, was mich schlussendlich auch aus meinen Gedanken reißt. Doch kaum sieht er zu mir auf, überkommt auch mich der Drang zu gähnen, worauf ich genüsslich die Augen schließe und meine Nase in seinen Haaren vergrabe. Mhm.. Zimt und Vanille... Ich höre ihn noch ein leises "Gute Nacht.. Atemu", wispern, bevor ich auch ihn seinen Körper entspannen und fallen lassen spüre. Zufrieden nuschle ich in das weiche Haar hinein, bevor ich auch schon, genauso wie Yugi kurze Zeit darauf, ins Land der Träume verschwunden bin. ~~~~~~~ THE END ~~~~~~~ Ja, genau... ihr lest richtig. Die FF ist beendet. Oder vielleicht trifft es abgebrochen besser... aber nun ja, wir denken, an diesem Punkt kann man es bereits als Ende bezeichnen. Und es tut uns wirklich sehr leid, euch dies mitteilen zu müssen. Denn die Story war eigentlich noch weiter geplant.. Es sollte noch das ein oder andere passieren - und es stehen auch noch einige Fragen und Unklarheiten im Raum. Aber diese FF endet nun hier, da sich das Autorenteam Polarstern & Kagu-chan aus privaten Gründen getrennt hat - wir werden nichts mehr zusammen schreiben. Und da es eine Gemeinschafts-FF ist, wird sie auch im gemeinsamen Interesse von uns beiden beendet und nicht etwa nur von einer von uns beiden weiter fortgeführt. Wir hoffen, ihr habt Verständnis dafür und seid nicht allzu sauer und traurig, dass es nicht mehr weiter gehen wird. Vielleicht ist es zumindest ein kleiner Trost, zu enden, nachdem die Beiden nun endlich zusammen gekommen sind, obwohl es eher reiner Zufall war, dass unsere Entscheidung aufzuhören, genau nach dieser Szene fiel. (Wir waren mit dem Schreiben schon immer weiter voraus als wir online gesetzt haben und so ist das letzte Kapitel schon wenige Wochen alt.) Noch einmal möchten wir uns für die wirklich lange Lesertreue, (das erste Kapitel von "Strange Melodies" ist ja nun genau ein Jahr alt ^^) all das Feedback, die Empfehlungen - ja, und stolz können wir sagen: auch das FanArt! - sehr herzlich bedanken!!! Es freut uns, dass die FF gut ankam und ihr immer wieder Spaß am Lesen hattet! ^^ Damit verabschieden wir uns von dieser Story Lieben Gruß Polarstern & Kagu-chan Schreibzeit: Ca. 15.12.2004 Bis ca. 10.12. 2005 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)